Nº 76 - Bundesverband Geothermie
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22 Forschung und Entwicklung<br />
Kühlsystem<br />
für Messeinrichtungen in tiefen Bohrlöchern<br />
TEXT: Benedict Holbein<br />
Für Tiefengeothermie-Projekte sind umfassende Informationen zu den Gegebenheiten<br />
in den Bohrlöchern und deren Umgebung wichtig. Das gilt für die Erschließung,<br />
aber auch für den Betrieb geothermischer Anlagen. Um direkte Daten zu gewinnen ist<br />
es notwendig, in die Bohrlöcher zu gehen und dort langzeitige Messungen durchzuführen.<br />
Damit unterschiedliche Messeinrichtungen und zugehörige Steuerungs- und<br />
Datenerfassungselektronik dort einsetzbar sind, ist ein Kühlsystem notwendig,<br />
welches in der speziellen Umgebung zuverlässig und ohne Zeitlimitationen funktioniert.<br />
Herausforderungen<br />
Für den Einsatz in tiefen Bohrlöchern<br />
müssen die Komponenten<br />
des Kühlsystems nicht nur den<br />
hohen Temperaturen und Drücken<br />
sowie korrosiven Thermalwässern<br />
standhalten, sondern<br />
dabei auch die Kühlfunktion zuverlässig<br />
gewährleisten. Für die<br />
erste Ausrichtung soll als Minimalanforderung<br />
eine Einsatzzeit<br />
von mehreren Wochen bei Umgebungsdrücken<br />
von 600 bar und 200 °C Umgebungstemperatur<br />
erreicht werden. Weil Standardelektronik einsetzbar<br />
sein soll, darf die Kühlraumtemperatur<br />
dabei 70 °C nicht überschreiten. Um in 8 ½ Zoll<br />
Bohrlöchern arbeiten zu können, darf der Außendurchmesser<br />
des Systems nicht über 170 mm<br />
liegen. Diese Bedingungen erfordern kompakte<br />
Konstruktionen mit korrosionsbeständigen Materialien<br />
und einen speziell ausgelegten thermodynamischen<br />
Kühlprozess.<br />
Abb. 1: Kühlsystem für Bohrlochsonden<br />
Das Konzept<br />
Für die dauerhafte Kühlung wird ein Gesamtkonzept<br />
aus Wärmedämmung und aktiver<br />
Kühlung durch einen thermodynamischen<br />
Kreisprozess verfolgt [Holbein, 2011]. Um den<br />
Wärmeeintrag von außen zu minimieren, werden<br />
MLI (Multi Layer Insulation) und Vakuumdämmung<br />
in der Wand des Kühlgehäuses und<br />
Teflon in axialer Richtung eingesetzt. Die eindringende<br />
Wärme und die Wärme, die durch die<br />
Elektronik selbst erzeugt wird, muss aus dem<br />
zu kühlenden Bereich gebracht werden. Dafür<br />
ist im Kühlraum ein Verdampfer installiert, der<br />
die Wärmeübertragung auf ein Kältemittel ermöglicht.<br />
Das Kältemittel verdampft und nimmt<br />
Wärme aus dem Kühlraum auf. Im gasförmigen<br />
Zustand wird es verdichtet und kondensiert<br />
anschließend im Kondensator. Bei der Kondensation,<br />
die oberhalb der Bohrloch-Temperatur<br />
stattfindet, wird die zuvor aufgenommene Wärme<br />
an die Bohrlochumgebung abgegeben. Eine<br />
Drossel entspannt das verflüssigte Kältemittel<br />
zurück auf den Ausgangszustand und schließt<br />
somit den Kühlkreislauf.<br />
Kühlprozess und Komponenten<br />
Damit der Kühlprozess funktioniert, müssen die<br />
zentralen Komponenten eigens für die besonderen<br />
Einsatzbedingungen ausgelegt werden.<br />
Als Kältemittel wird aktuell Aceton präferiert.<br />
Abbildung 2 zeigt den Kühlprozess mit Aceton.<br />
Die charakteristischen Teilprozesse sind durch<br />
Nummern gekennzeichnet.<br />
Die Verdampfung (Übergang 41) findet bei<br />
56,5 °C (~1 bar) statt. Sie verläuft isobar und<br />
isotherm. Die maximal erreichbare Kälteleistung<br />
entspricht in etwa der Enthalpie-Differenz<br />
zwischen Punkt 1 und 4. Nach einer leichten<br />
Überhitzung wird das gasförmige Aceton im<br />
Verdichter auf 40 bar komprimiert (1*-2). Bei