Jahresbericht 2005/06 - Gymnasium Liestal
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Es geht weiter … 33<br />
Ausschnitte aus der Maturrede<br />
von Aline Masé, 4FIZ, und Eva Locher, 4GL<br />
«Das <strong>Gymnasium</strong> <strong>Liestal</strong> hat eine graue Aussenfassade.<br />
Abschreckend, ablehnend.<br />
Ist das alles? Ist das die Stimmung, die uns von<br />
unserer Schulzeit hier in Erinnerung bleiben wird?<br />
Grau?<br />
Der Alltag war nämlich alles andere als grau.<br />
Turbulent, farbig, lebendig, mit Höhen und Tiefen,<br />
anstrengend und amüsant, abwechslungsreich und<br />
gleichzeitig langweilig. Manchmal ging alles fliessend<br />
vorwärts, aber ab und zu sind wir an Ecken und<br />
Kanten gestossen. Anstossen schmerzt manchmal.<br />
Wenn man damit nichts erreicht, wenn man nicht<br />
verstanden wird, wenn man gar nicht weiss, welche<br />
Kante man berührt hat. Kanten, gerade Linien, die<br />
einen zurückschieben. Weiter, weiter, das Ziel kennt<br />
man schliesslich. Auch wenn es manchmal unerreichbar<br />
weit weg schien.»<br />
«Es gibt aber noch andere Leute, die eine Aufgabe<br />
erledigen, die nicht so viel Beachtung findet. Eine<br />
Tätigkeit, die sich nicht in so wichtige Worte fassen<br />
lässt. Putzen. Die Putzfrauen, die ständig hinter allen<br />
herwischen, die schmutziges Geschirr wegräumen<br />
müssen, die darüber verzweifeln könnten, meistens<br />
aber doch noch ein Lachen übrig haben. Sie haben<br />
auch Aufwand.<br />
Und Aufwand haben schliesslich auch die Schüler.<br />
Mit Prüfungen, Vorträgen, Hausaufgaben, Maturarbeiten<br />
… Und um ihr Obst müssen sie sich auch<br />
selbst kümmern. Um den Kaffee ebenso. So sind<br />
wir immerhin alle wieder gleich weit.<br />
Lehren, lernen und putzen. Und das eine würde<br />
ohne das andere nicht gehen.<br />
Der Alltag an dieser Schule beschränkt sich aber<br />
zum Glück nicht nur auf harte Denkarbeit. Kultur<br />
spielt auch eine Rolle. Wir können Theater spielen,<br />
im Chor singen oder unsere musikalischen Fähigkeiten<br />
im Orchester oder in der Big Band weiterentwickeln.<br />
Manchmal bringt das auch viel Aufwand mit<br />
sich, aber den nimmt man meistens gern auf sich.<br />
Nur kann es problematisch werden, wenn gewisse<br />
Lehrer/-innen das Kulturkonzept nicht kennen. Denn<br />
Schüler/-innen sollten während der Intensivprobezeit<br />
in Sachen Prüfungen entlastet werden. Theoretisch.<br />
Die Praxis sieht leider noch ein wenig anders<br />
aus. Aber es ist nie zu spät für Verbesserungen und<br />
gewisse Lehrer/-innen haben das Konzept auch<br />
schon ganz brav und lobenswert umgesetzt. Somit<br />
hätten die anderen ein gutes Beispiel.»<br />
«Kultur ist wichtig. Trotzdem nimmt man hier an<br />
der Schule einen aus unserer Sicht unnötigen Aufwand<br />
auf sich, um speziell für Viertklässler Marken<br />
für den Schülerausweis zu drucken, die genau auf<br />
Ende Jahr ablaufen. Wo bleibt da der Sinn für Kultur?<br />
Alles ist so klar strukturiert, dass wir nicht einmal<br />
mehr von vergünstigten Kino- oder Theatereintritten<br />
profitieren können, sobald wir diese Schule verlassen<br />
haben. Anscheinend gibt es eine klare Grenze<br />
zwischen Schulkultur und anderer Kultur.<br />
Eine klare Grenze wurde auch zwischen den einzelnen<br />
Schulstunden gezogen – gekennzeichnet<br />
durch die Schulglocke: Was zu Beginn noch ein<br />
aufdringlicher Laut war, ja fast ein Angriff auf das<br />
Trommelfell, war in den letzten paar Monaten eher<br />
eine allzu bekannte Hintergrundmelodie. Man nahm<br />
das Läuten als Lockruf der Bücherwelt kaum mehr<br />
wahr, sodass die Pausen zum Ärger einiger Lehrer<br />
immer länger wurden … Natürlich war das keine<br />
Absicht. Vielleicht ein bisschen. Aber intellektuelle<br />
Erziehung ist ja nicht alleine Sache der Lehrerschaft,<br />
sondern auch der Gleichaltrigen. Diese waren wichtige<br />
Diskussionspartner und einflussreiche Mitleidende<br />
auf dem Weg der geistigen Entwicklung.<br />
Und werden es in Zukunft wohl umso mehr sein<br />
müssen, denn ausgelernt haben wir noch lange<br />
nicht. Es geht weiter.»