Gäste-Journal - Schwarzwälder Bote
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26 Schwarzwald <strong>Gäste</strong>-<strong>Journal</strong><br />
Eingezuckert und zugedeckt<br />
Wie die Pflanzen und<br />
Tiere des Schwarzwaldes<br />
unbeschadet den<br />
Winter überstehen.<br />
Von Reinhold Wagner<br />
Foto: © Reinhold Wagner<br />
Die Zugvögel haben‘s einfach. Sobald ihnen<br />
kalt wird, fliegen sie in den warmen<br />
Süden. Und auch viele Schmetterlinge,<br />
Marienkäfer und die Gottesanbeterinnen<br />
vom Kaiserstuhl machen sich auf einen<br />
Schwarzwald<br />
Urlaubs-Tipps<br />
langen Weg, um dem Winter zu entkommen.<br />
Was aber machen Tiere, die keine<br />
so weiten Strecken zurücklegen können?<br />
Und was Pflanzen, die sich erst gar nicht<br />
von der Stelle bewegen können?<br />
Ein dicker Speckmantel hilft schon mal<br />
den einen. Also heißt es für Mäuse, Igel<br />
oder Siebenschläfer: »Futter sammeln<br />
und in sich reinschaufeln, was geht.«<br />
Wenn es dann an der Zeit ist, verkriechen<br />
sie sich in ihren weich gepolsterten Bau<br />
und machen die Augen erst wieder auf,<br />
wenn die Frühlingssonne in der Nase<br />
kitzelt. Oder auch mal zwischendurch für<br />
kurze Zeit. Wie das Eichhörnchen, das<br />
eifrig nach Nüssen, Eicheln und Bucheckern<br />
sucht, solange es noch reichlich<br />
davon findet. Die vergräbt es an Stellen,<br />
die es sich leicht merken kann. Drückt im<br />
Winter der kleine Hunger auf den leeren<br />
Magen, springt es aus dem Nest, rennt<br />
zu den Orten, die es sich eingeprägt hat<br />
und wühlt unter der schützenden Schneedecke<br />
nach vergrabenen Essensvorräten.<br />
Aus den Samen, die es vergisst, wachsen<br />
im nächsten Frühjahr neue Bäume, so<br />
dass auch der Wald etwas davon hat.<br />
Der Stoffwechsel der Winterschläfer<br />
ist während der kalten Zeit so stark heruntergedrosselt,<br />
dass diese Tiere nur ein<br />
Minimum an Energie verbrauchen. Ihre<br />
Fettreserven reichen gerade aus, um das<br />
Herz und die lebenswichtigen Organe in<br />
Gang zu halten. Mehr ist nicht nötig. Nur,<br />
Foto: © Reinhold Wagner<br />
Winterstarre: Die Kreuzspinne lässt<br />
sich einfrieren und übersteht schadlos<br />
die kalte Jahreszeit.<br />
Wenn die Bäume Schnee und Eiskristalle tragen, nehmen sich viele Pflanzen und Tiere eine Auszeit.<br />
wenn eine unerwartete Störung eintritt,<br />
beispielsweise ein paar außergewöhnlich<br />
milde Wintertage, nach denen nochmals<br />
Frost einsetzt, kann es manchmal kritisch<br />
werden. Dann kommt so mancher Igel<br />
vorzeitig verschlafen aus seinem Reisighaufen<br />
hervorgekrochen und wundert<br />
sich, dass schon Zeit ist zum Aufstehen.<br />
Erdkröten graben sich im Winter eine<br />
Höhle und nisten sich dort ein bis es<br />
wieder wärmer wird. Wasserfrösche und<br />
andere im Wasser lebende Amphibien<br />
entgehen dem Erfrieren, indem sie sich<br />
einen geschützten Platz am Gewässergrund<br />
suchen und dort bei wenigen<br />
Plusgraden überwintern. Dabei genügt<br />
ihnen der geringe Sauerstoffgehalt, der<br />
im Wasser gelöst ist, um zu überleben.<br />
Sie nehmen das Nötige über die Haut<br />
auf und reduzieren dank ihrer Wechselblütigkeit<br />
die Körpertemperatur so weit,<br />
dass sie nicht frieren. Wasserschildkröten<br />
können aufgrund ihres harten Panzers<br />
keine Hautatmung betreiben. Sie schalten<br />
daher auf Enddarmatmung um.<br />
Ganz raffiniert schaffen es Kreuzspinnen,<br />
in ihren Netzen hängend heil über<br />
den Winter zu kommen: Sie bilden das<br />
Frostschutzmittel Glykol in ihrem Blut<br />
und frieren so ein, ohne dass sich in ihren<br />
Zellen tödliche Eiskristalle bilden. Im<br />
Frühjahr tauen sie langsam wieder auf<br />
und beginnen ein neues Leben.<br />
Und wie halten es die Pflanzen? Durch<br />
Anreicherung hoher Zuckerkonzentrationen<br />
im Zellsaft wehren sich der Efeu und<br />
die Stinkende Nieswurz erfolgreich gegen<br />
Spätfröste. Der Süßstoff senkt die Gefriertemperatur,<br />
die Pflanze bleibt so unbe-<br />
Erdköten bauen<br />
sich eine Höhle<br />
und warten<br />
dort auf den<br />
Frühling.<br />
Foto: © Reinhold Wagner<br />
schadet. Auch Fichten, Birken, Weiden<br />
und Zitterpappeln bedienen sich dieses<br />
Schutzes. Eine dicke Wachsschicht und<br />
eine feste, dichte Außenhaut mit geringer<br />
Verdunstungsfläche und abschließbaren<br />
Poren machen Nadelbäume zu wahren<br />
Überlebenskünstlern. Dank dieser Kälteresistenz<br />
können die meisten von ihnen<br />
ihre grünen Nadeln den gesamten Winter<br />
über behalten und weiter assimilieren.