Gäste-Journal - Schwarzwälder Bote
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32 Schwarzwald <strong>Gäste</strong>-<strong>Journal</strong><br />
Die Gesichter<br />
der Fasnet<br />
Manfred Merz ist einer<br />
der ganz großen Maskenschnitzer<br />
im Südwesten.<br />
Viele seiner<br />
Werke hängen heute<br />
schon im Museum.<br />
Von Reinhold Wagner<br />
Mit einem Villinger Narro fing alles an.<br />
Bis dahin hatte Manfred Merz, wie zuvor<br />
auch schon sein Vater, eine klassische<br />
Ausbildung zum Holzbildhauer durchlaufen<br />
und Brunnenfiguren, Wappen,<br />
Grabmale und Denkmäler geschnitzt.<br />
1948, kurz nach Kriegsende, übernahm<br />
er die Werkstatt seines Vaters in Villingen<br />
und setzte sich fortan für die Wiedergeburt<br />
der Fasnet in seiner Heimatstadt<br />
ein. Merz war einer der ersten, die ein<br />
komplettes Häs trugen, den Villinger Narro.<br />
Nur eines fehlte dem 20-Jährigen zur<br />
Vollkommenheit: eine handgeschnitzte<br />
Maske, in Villingen »Scheme« genannt.<br />
Merz überlegte nicht lange: Seine erste<br />
selbstgeschnitzte Scheme sollte die eigene<br />
sein. Und sie musste ein Meisterstück<br />
werden. Aus einem Klotz Lindenholz<br />
fertigte er das erste Wahrzeichen der<br />
Villinger Fasnet: die Scheme des Narro. In<br />
den Folgejahren schnitzte der Bildhauer<br />
Jahr für Jahr bis zu 30 Masken und erhielt<br />
einen Auftrag nach dem anderen. Der<br />
Foto: © Reinhold Wagner<br />
Schwarzwald<br />
Urlaubs-Tipps<br />
In Narrenmuseen wie zum Beispiel<br />
den Narrenstuben im Schloss Bonndorf<br />
können die Figuren der schwäbisch-alemannischen<br />
Fasnet das<br />
ganze Jahr über besichtigt werden.<br />
heute 85-Jährige erinnert sich noch gut<br />
an seinen ersten Auftritt an der Fasnet<br />
1949: »Damals hat man noch nicht mal<br />
einen Faden gekriegt. Ein komplettes Häs<br />
mit handgeschnitzter Scheme war eine<br />
Sensation. Es war mein ganzer Stolz, den<br />
ich da trug.«<br />
Die erste Holzmaske für eine Frauenfigur,<br />
die Altvillingerin: auch sie war<br />
ein Entwurf von Merz und bald darauf<br />
Vorbild für alle, die noch folgen sollten.<br />
Nie erlaubte sich der Meister einen groben<br />
Schnitzer. Im Jahr 1998 schließlich<br />
überreichte ihm der Ministerpräsident die<br />
silberne Landesehrennadel für ein halbes<br />
Jahrhundert aktiver Brauchtumspflege:<br />
50 Jahre Einsatz für die traditionelle<br />
Villinger Fasnet, 50 Jahre Schemenschnitzer<br />
und 50 Jahre aktive Teilnahme an der<br />
Fasnet im Häs des Villinger Narro. Wenig<br />
später wurde Merz zum fünften Träger<br />
des Kulturpreises der Deutschen Fasnacht<br />
und Ehrennarr der Schwäbisch-Alemannischen<br />
Narrenvereinigung erhoben. Seit<br />
2008 trägt er das Bundesverdienstkreuz.<br />
Und im Jahr 2011 vermachte der hochdekorierte<br />
Meister die Herzstücke seiner<br />
wertvollen Privatsammlung einem Ort,<br />
an dem er sicher sein konnte, dass sein<br />
Erbe in guten Händen und dauerhaft für<br />
die Öffentlichkeit zugänglich sein würde:<br />
dem Narrenschopf in Bad Dürrheim.<br />
Es war das Jahr, in dem das größte und<br />
bekannteste Fasnetsmuseum im Land gerade<br />
erweitert und neu konzipiert wurde.<br />
Zeitgleich mit der feierlichen Wiedereröffnung<br />
der neuen Dauerausstellung im<br />
Januar 2012 erhielt Manfred Merz eine<br />
eigene Wand und mehrere Glasvitrinen.<br />
»In einer befinden sich meine ersten<br />
Skizzen und sämtliche Einzelschritte von<br />
der Entstehung eines Surhebels bis hin<br />
zur Bemalung der fertigen Scheme«,<br />
gerät Merz ins Schwärmen. Zwei weitere<br />
enthalten Urkunden und Masken, darunter<br />
die älteste barocke Maske aus dem<br />
Besitz von Merz. Sie stammt aus dem<br />
Jahr 1689.<br />
Insgesamt stellt das Museum rund<br />
400 Originalmasken und 350 Figuren<br />
aus allen acht Regionen der schwäbischalemannischen<br />
Fasnet aus. Die mehr als<br />
1200 Quadratmeter große Ausstellungsfläche<br />
ist aufgegliedert in die einzelnen<br />
Regionen und befindet sich unter den<br />
Dächern eines architektonisch ansprechenden<br />
Kuppelbaus auf dem Gelände<br />
des Kurparks.<br />
Neben dieser Hauptadresse gibt es<br />
eine Reihe kleinerer, aber sehr liebevoll<br />
gepflegter Museen mit unterschiedli-