Download - Augustenstift zu Schwerin

Berichte aus den Einrichtungen
Jhg. 5 Ausg. 19
Altweibersommer — die zauberhafte fünfte Jahreszeit
Der verregnete Sommer dieses
Jahres lässt uns nun auf einen
guten Herbst, insbesondere auf
den Altweibersommer hoffen.
September, die Sonne hat noch
fast die Kraft des Sommers, klare
warme Tage und kalte Nächte,
warmes Ausklingen des
Sommers. Das sind die Voraussetzungen
für einen wunderschönen
Altweibersommer.
Dieser Sommer ist der Einzige,
auf den Verlass ist! In Wetterstatistiken
ist er seit 200 Jahren
nachweisbar und entsteht durch
eine besondere Hochdrucklage
im September.
Durch den wolkenlosen Himmel
kühlt sich die Luft in den Nächten
stark ab, es kommt zu starker
Taubildung. Durch dieses
Wetter wird die Laubfärbung begünstigt.
Überall in Büschen,
zwischen Zaunlücken, vor Fenstern,
von einem Grashalm zum
andern haben Spinnen, speziell
die Baldachinspinne, ihre Netze
gespannt. Viele lassen auch von
einem erhöhten Punkt aus einen
Seidenfaden in die Luft wachsen.
Wenn dieser lang genug ist,
wird er vom Wind über eine große
Distanz getragen, die Spinne
fliegt mit, um an andere Stelle
den Faden zu befestigen. Die feinen
Gespinste werden vom Tau
benetzt und sind durch das goldene
Sonnenlicht besonders gut
wahrzunehmen. Die Fäden lassen
Gedanken an das Silber-
haar älterer Menschen aufkommen.
Nicht nur bei uns gibt es den
Altweibersommer, er heißt in
Nord-Amerika Indian Sommer,
in Finnland Ruska-Aika – Zeit
der Braunfärbung. In Schweden
heißt er Brigitta–Sommer
und fällt mit der beginnenden
Polarnacht zusammen. In all
diesen Ländern tritt diese Wetterlage
Anfang Oktober ein. Am
Mittelmeer erwartet man das
schöne „Sommerausklangswetter“
im November, den St.
Martins-Sommer. In Japan ist
es Sitte, Ausflüge in die gepflegten
Parks und Grünanlagen
zu unternehmen. Einige Legenden
ranken sich um den Altweibersommer,
so sollen die
Herbstfäden durch das Wirken
der Schicksalsgöttin entstanden
sein, die die Lebensfäden
der Menschen spinnt.
Übrigens ist der Beginn des Oktoberfestes
in München wegen
des zuverlässigen Wetters in
den September vorverlegt worden!
Eine 78-jährige alte Dame
hat gegen die Verwendung des
Begriffs – Altweibersommer –
geklagt, weil sie sich davon
persönlich verunglimpft fühlte.
Das Gericht sprach 1989 ein Urteil,
nach dem der Begriff wie
eh und je verwendet werden
darf.
Genießen sie diese zauberhafte
fünfte Jahreszeit! Chr. Oldag
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