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09/2013 - Gemeinde Eppendorf

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31.08.<strong>2013</strong><br />

Informationen S. 8<br />

MUSIK WAR IHR LEBEN<br />

IDA FLEISCHER 30.9.1894 – 12.3.1983 – Musikpädagogin mit viel Herz für Kinder<br />

Fortsetzung zu den Ausgaben März, April, Mai <strong>2013</strong> und Abschluss<br />

Am 30. September jährt sich ihr Geburtstag zum 119. Male.<br />

Gerd Naumann schrieb uns Ende Juli <strong>2013</strong><br />

folgende E-Mail:<br />

Erinnerungen an meinen Geigenunterricht<br />

bei Fräulein Fleischer<br />

Vieles aus meinen Erinnerungen an Fräulein<br />

Fleischer ist in den bisherigen Beiträgen<br />

schon angeklungen.<br />

Es muss wohl im Herbst 1957 gewesen<br />

sein, als mein Bruder Frank und ich uns an<br />

einem Sonntagvormittag auf den Weg zum<br />

Haus an der Tankstelle Richter machten. Im<br />

Dachgeschoss angekommen, klopften wir<br />

zunächst an der seitlichen Tür mit Vorhängeschloss.<br />

Nichts zu hören. Dann an der<br />

anderen Tür, ebenfalls mit Halterung für ein<br />

Vorhängeschloss. Hier vernahmen wir eine<br />

leise Stimme: „Wer ist da?“ Wir sagten<br />

unsere Namen und unseren Wunsch, Unterricht<br />

bei ihr zu nehmen:<br />

Frank Blockflöte und ich Geige. Fräulein<br />

Fleischer antwortete: „Wenn ich „Jetzt“<br />

sage, könnt Ihr hereinkommen“. Mein Bruder<br />

rannte vor Schreck eine halbe Treppe<br />

tiefer. (Hier möchte ich erwähnen, dass im<br />

Dorf die Meinung bestand, Fräulein Fleischer<br />

sei etwas wunderlich. Viel später habe<br />

ich erst verstanden, wie schwer das Schicksal<br />

für Umsiedler war.) Wir haben aber Mut<br />

gefasst und die Tür geöffnet. Die Erklärung<br />

war ganz einfach: Frl. Fleischer lag mit<br />

Erkältung im Bett, musste den Riegel<br />

zurückschieben und hat sich danach wieder<br />

hingelegt. Von den bescheidenen Lebensbedingungen<br />

haben wir somit gleich bei der<br />

ersten Begegnung einen Eindruck bekommen.<br />

In Schlesien hatte die Familie eine<br />

großzügige Wohnung mit Musikzimmer.<br />

Frl. Fleischer war ohne zu zögern bereit,<br />

uns zu unterrichten. Man kann nicht oft<br />

genug ihren Idealismus hervorheben:<br />

Unterricht, Instrumente und Zubehör sowie<br />

Noten kostenlos, Beharrlichkeit, Ausdauer<br />

und Geduld (wenn man geübt hatte) nach<br />

ihrem Schuldienst in Breitenau.<br />

So begann mit dem für den darauffolgenden<br />

Sonnabend vereinbarten Einzelunterricht<br />

und der etwas späteren Teilnahme an der<br />

Musikgruppe ein langer Weg der Begegnungen<br />

mit Frl. Fleischer, die mein Leben<br />

entscheidend beeinflusste.<br />

Handschriftliche Noten für den Unterricht,<br />

die Frl. Fleischer immer mit großer Klarheit<br />

anfertigte, besitze ich leider nicht mehr.<br />

Aber im ersten Etüdenheft kann ich über<br />

einen langen Zeitraum hinweg nachvollziehen,<br />

dass ich ab 25.1.58 wöchentlich vier<br />

bis sechs Zeilen darin zu üben hatte.<br />

Frl. Fleischer vermerkte nämlich immer das<br />

Datum – meist mit Füllfederhalter. Das<br />

erste längere Solostück war dann am<br />

18.10.1958 der „Reigen seliger Geister“<br />

von Ch. W. Gluck.<br />

1961 wurde an der Musikhochschule in Leipzig<br />

eine Kinderförderklasse gegründet. Frl.<br />

Fleischer bemühte sich mit Erfolg darum,<br />

dass ich dort aufgenommen wurde. Der Tag<br />

meiner Aufnahmeprüfung ist mir noch ganz<br />

genau in Erinnerung. Die Zeit, die ich an<br />

der inzwischen abgerissenen Ruine des<br />

alten Gewandhauses auf das „Urteil“ über<br />

meinen „Fall“ wartete, kam mir endlos vor.<br />

Die Schwierigkeit bestand auch darin, dass<br />

die Hochschule über kein eigenes Internat<br />

verfügte und Frl. Fleischer durch regen<br />

Schriftwechsel erreichte, dass ich ab September<br />

1961 im Internat der Rudolf-Hildebrand-Schule<br />

in Leipzig – Markkleeberg<br />

unterkam. Wir drei Musikschüler (davon<br />

zwei Pianisten) waren allerdings Exoten in<br />

diesem Haus und besonders ich bin mit<br />

meiner Geige den 60 Mitschülern mächtig<br />

auf die Nerven gegangen. Nach drei Jahren<br />

hatte ich dann die Möglichkeit für ein<br />

Direktstudium an der Hochschule in Leipzig,<br />

das ich aber nach zwei Jahren abgebrochen<br />

habe – hauptsächlich wegen eines<br />

unglücklichen Lehrerwechsels. Ich hielt<br />

mich aber auch wegen meines furchtbaren<br />

Lampenfiebers nicht geeignet für den Musikerberuf,<br />

obwohl er ursprünglich mein<br />

großer Wunsch gewesen war. Frl. Fleischer<br />

habe ich mit dieser Nachricht schwer enttäuscht,<br />

war es doch ihr Werk, mir ein<br />

Musikstudium zu ermöglichen.<br />

Aber der Kontakt zu ihr ist nie abgebrochen.<br />

Nur in den letzten Monaten vor ihrem<br />

Tod habe ich sie leider nicht besucht. Mein<br />

Bruder erkrankte im Herbst 1982 schwer<br />

und verstarb Ende Dezember.<br />

Gern denke ich an die gemeinsamen Auftritte<br />

mit dem Chor sowohl in der HO-Gaststätte<br />

als auch auswärtig, z. B. in der Baumwollspinnerei<br />

Flöha. Das war immer sehr<br />

festlich. Bei Solostücken hat mich am Klavier<br />

unser Kantor, Herr Kurt Stefan, begleitet.<br />

Das Büchlein „Eine fröhliche Familie“<br />

mit Widmung von Frl. Fleischer erinnert<br />

mich an den sonnigen Morgenspaziergang<br />

im Juli 1958 zur Schulentlassungsfeier in<br />

Breitenau. Noch ein weiteres Geschenk<br />

habe ich von ihr erhalten: einen mit Bernstein<br />

verzierten Brieföffner.<br />

Die Strenge von Frl. Fleischer habe ich<br />

auch erlebt: Bei einer Probe der Musikgruppe<br />

– ich saß oft mit Heinz Rüger an einem<br />

Pult – hat sie mich 1961 nach Hause<br />

geschickt, weil ich geschwatzt hatte.<br />

Frl. Fleischer bin ich sehr dankbar. Die Geige<br />

hat mich nach kurzer Pause bis zum heutigen<br />

Tag begleitet, ob im Kammerorchester<br />

der Moskauer Universität oder danach im<br />

Stadtkirchenorchester in Weimar. Mit meinem<br />

Bruder habe ich oft bei den Eltern<br />

Weihnachtslieder gespielt. (Frl. Fleischer<br />

hatte für Frank übrigens auch eine teure<br />

Querflöte gekauft.) Der Aufenthalt in Leipzig<br />

hat mir durch Gewandhausorchester,<br />

Oper oder Thomanerchor eine Fülle unvergesslicher<br />

musikalischer Erlebnisse, aber<br />

auch wunderbare Freundschaften gebracht.<br />

In unserer Familie wird regelmäßig musiziert<br />

und die Musik spielt im Alltag eine<br />

große Rolle.<br />

Gerd Naumann hat uns auch von Frieder<br />

Siegert ein Foto aus dem Jahre 1952<br />

geschickt.<br />

von links: Karl-Heinz Zittrich, Frieder<br />

Siegert, Ida Fleischer, Fritz Ducksch<br />

Über Gerd Naumann war nun der Kontakt<br />

zu Frieder Siegert hergestellt. Frieder teilte<br />

uns in einer E-Mail vom 13.08.<strong>2013</strong> noch<br />

folgendes mit: Fräulein Fleischer ist mir<br />

noch in guter Erinnerung. Sie hat mir die<br />

ersten Begriffe in der Musik gelehrt und mir<br />

das Geigespielen beigebracht. Ich bin ihr<br />

deshalb sehr dankbar. Das Foto wurde im<br />

August 1952 zur Hochzeit meines ältesten<br />

Bruders Günter in Kleinhartmannsdorf aufgenommen.<br />

Wir hatten ein kleines Ständchen<br />

gespielt. ... Mit einigen Pausen<br />

(Militärzeit, Studium, Familie) habe ich das<br />

Geigespielen weiterhin gepflegt und noch

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