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AnsichtsPDF_Zusammen:Österreich - Styria Multi Media Corporate

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FoKuS<br />

Engagement, Ehrenamt und <strong>Zusammen</strong>leben<br />

Kontroverse<br />

Wann<br />

gehört<br />

man<br />

dazu?<br />

Migranten gründen oft<br />

eigene Vereine, statt sich in österreichischen<br />

zu engagieren. Warum<br />

das so ist und ob Migrantenvereine<br />

die Integration hemmen,<br />

hat ZUSAMMEN:ÖSTERREICH<br />

zwei Ehrenamtliche gefragt.<br />

INTERVIEW<br />

Franziska Troger<br />

Manche loben sie als wichtige Einstiegshilfe<br />

für Neuzuwanderer, andere<br />

sehen in ihnen Zeichen der<br />

Abschottung: Die Rolle von Migrantenvereinen<br />

für die Integration ist umstritten.<br />

Wir haben zwei Insider um ihre Meinung<br />

gefragt.<br />

Viele Migranten engagieren sich –<br />

allerdings nicht in traditionell österreichischen<br />

Organisationen, sondern in<br />

Migrantenvereinen. Warum ist das so?<br />

Stijaković: Vielen Migranten haben keine<br />

Anknüpfungspunkte zu traditionellen Vereinen<br />

wie der Feuerwehr. Ihnen fehlen die<br />

Informationen darüber, wie man sich engagieren<br />

kann. Für andere ist es schlicht eine<br />

zu große Überwindung, sich in einem für<br />

sie völlig unbekannten Bereich einzubringen.<br />

Einige Migranten schaffen es trotzdem:<br />

Kinder eines Bekannten von mir sind<br />

zum Beispiel bei den Wiener Sängerknaben.<br />

Kaltak: Gerade in letzter Zeit explodiert außerdem<br />

die Berichterstattung zum Thema<br />

Freiwilligenarbeit. Langfristig werden sich<br />

hoffentlich mehr Migranten in österreichischen<br />

Vereinen engagieren.<br />

Muss man denn in einem österreichischen<br />

Verein engagiert sein, um dazuzugehören?<br />

Kaltak: Es gibt viele Möglichkeiten, sich in<br />

unsere Gesellschaft zu integrieren, aber natürlich<br />

ist das freiwillige Engagement ein<br />

erster, wichtiger Schritt. So lernt man das<br />

Land und die Leute schneller kennen und<br />

kann auch zum Brückenbauer zwischen<br />

den Kulturen werden.<br />

Stijaković: Sicher hilft es bei der Integration,<br />

wenn man Kontakt mit <strong>Österreich</strong>ern hat.<br />

Aber ich denke, dass das Engagement auch<br />

mit den eigenen Interessen übereinstimmen<br />

sollte. Leute zu zwingen, zu einem Verein zu<br />

gehen, nur um dabei zu sein – das hat doch<br />

nichts mit gelungener Integration zu tun.<br />

Herr Stijaković, Sie sind in der<br />

<strong>Österreich</strong>isch-Serbischen Gesellschaft<br />

Migrantenvereine<br />

richten sich oft an<br />

ältere Personen, die<br />

sich unter Landsleuten<br />

zu Hause fühlen.<br />

Alexander Stijaković (24)<br />

engagiert sich in der<br />

<strong>Österreich</strong>-Serbischen<br />

Gesellschaft im Bereich<br />

Jugend.<br />

aktiv. Solche ethnisch geprägten Migrantenvereine<br />

werden oft als integrationshemmend<br />

kritisiert.<br />

Stijaković: Das sehe ich nicht so. Man muss<br />

verstehen: Viele dieser Vereine richten sich<br />

speziell an ältere Personen. Die fühlen sich<br />

unter Landsleuten zu Hause. Die Vereine<br />

bieten ihnen eine Nostalgiewelt, die außerhalb<br />

gar nicht mehr existiert. Meine Organisation<br />

ist im Gegensatz dazu offen gegenüber<br />

Neuem und bemüht sich, beide<br />

Traditionen – die österreichische und die<br />

serbische – zu leben und zu pflegen. Bei unserem<br />

traditionellen Ball in Wien wird zum<br />

Beispiel Wiener Walzer und serbische Folklore<br />

getanzt. Wir laden auch Menschen aus<br />

allen Communitys ein, bei unseren Veranstaltungen<br />

vorbeizuschauen.<br />

Kaltak: Ich kann schon verstehen, dass Migrantenvereine<br />

vor allem für Menschen<br />

wichtig sind, die erst kurz in <strong>Österreich</strong><br />

sind. Doch nach einer gewissen Eingewöhnungszeit<br />

wäre es sinnvoll, neue Wege einzuschlagen<br />

und sich in einem einheimischen<br />

Verein zu engagieren. Ein wichtiger<br />

Schritt könnte es sein, den Austausch zwischen<br />

einheimischen und Migrantenvereinen<br />

zu intensivieren.<br />

Stijaković: Also für mich war das umgekehrt:<br />

Ich bin in <strong>Österreich</strong> geboren und<br />

IllustratIonen: nIel Mazhar<br />

Nach einer<br />

Eingewöhnungszeit<br />

in <strong>Österreich</strong> wäre<br />

es sinnvoll, sich<br />

in einem einheimischen<br />

Verein zu<br />

engagieren.<br />

Aida Kaltak (21) hat<br />

serbische Wurzeln und ist beim<br />

Roten Kreuz ehrenamtlich als<br />

Lernbuddy sowie als<br />

<strong>Media</strong>torin tätig.<br />

aufgewachsen. Bis vor einigen Jahren hatte<br />

ich kaum Kontakt mit Austro-Serben und<br />

wusste nichts über serbische Traditionen.<br />

Mein Engagement in der <strong>Österreich</strong>isch-<br />

Serbischen Gesellschaft hat mir dabei geholfen,<br />

diesen Teil meiner Identität kennen<br />

zu lernen.<br />

in Organisationen, z. B. Vereinen<br />

0 %<br />

<strong>Österreich</strong><br />

ex-Jugoslawien<br />

türkei<br />

14,1 %<br />

Frau Kaltak, Sie engagieren sich<br />

beim Roten Kreuz für Kinder aus benachteiligten<br />

Familien. Wie sind Sie dazu gekommen<br />

und worin besteht Ihre Arbeit?<br />

Kaltak: Ich bin als Flüchtlingskind ohne<br />

Deutschkenntnisse nach <strong>Österreich</strong> gekommen.<br />

Wegen dieser Erfahrung war es<br />

im Privatbereich, z. B. Nachbarschaft<br />

27,7 %<br />

25 %<br />

ZAhleN & FAKteN<br />

Wer engagiert sich in Welchem Bereich?<br />

Freiwillige Arbeit nach Geburtsland<br />

Quelle: BMASK/FreiWilligeNBericht 2009<br />

36,4 %<br />

38,5 %<br />

42,4 %<br />

10 % 20 % 30 % 40 % 50 %<br />

mir immer wichtig, Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

zu unterstützen und ihnen<br />

Mut zu machen. So bin ich beim Roten<br />

Kreuz gelandet. Als Lernbuddy helfe ich<br />

Kindern aus benachteiligten Familien beim<br />

Deutschlernen und mache als <strong>Media</strong>torin<br />

Workshops in Klassen zu Themen wie Integration,<br />

Rassismus und Vorurteile.<br />

Was würden Sie Jugendlichen raten,<br />

die sich engagieren wollen?<br />

Kaltak: Sei neugierig und vielseitig, bring<br />

dich und deine individuellen Fähigkeiten<br />

ein. Jeder Verein lebt von Vielfalt!<br />

Stijaković (lacht): Komm bei uns vorbei!<br />

Wer engagiert sich in welchem<br />

Bereich? Einheimische engagieren sich<br />

eher in Organisationen, Migranten eher im<br />

Privatbereich: Das zeigen die Zahlen des<br />

Freiwilligenberichts. Im Bereich der Nachbarschaftshilfe<br />

sind Menschen mit türkischem<br />

Geburtsland sogar die aktivsten.<br />

Umgekehrt sind Zuwanderer deutlich seltener<br />

in Organisationen aktiv – und wenn,<br />

dann meist in eigenen Vereinen. Die große<br />

Zahl von Islam-Vereinen ist laut Experte<br />

Kenan Güngör ein Grund, warum Türken<br />

mit 25 Prozent einen höheren Organisationsgrad<br />

aufweisen als Ex-Jugoslawen:<br />

Letztere seien in der Mehrheit Christen<br />

und könnten daher an bestehende einheimische<br />

Vereinigungen andocken. Die überwiegend<br />

muslimischen Türken müssten<br />

hingegen neue Vereine gründen.<br />

012 <strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong><br />

<strong>Zusammen</strong>:<strong>Österreich</strong> 013

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