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ISSN Nr. 977 1865-3391<br />

<strong>Beruf</strong>: <strong>Schulleitung</strong><br />

6. Jahrgang Juli 2012 5,60 e<br />

:Unser Titelthema<br />

Schulsysteme in Europa<br />

Unerschlossenes Terrain<br />

:Außerdem<br />

Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

<strong>Schulleitung</strong> zwischen Autonomie und Fremdbestimmung<br />

Herausgegeben vom ASD - Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschland e.V.


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Inhalt<br />

:Vorwort<br />

3<br />

4<br />

5<br />

8<br />

10<br />

14<br />

15<br />

16<br />

18<br />

19<br />

21<br />

22<br />

23<br />

27<br />

30<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

Aktuell<br />

Aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />

Titelthema – Bildungssysteme in Europa<br />

<strong>Schulleitung</strong>shandeln und <strong>Schulleitung</strong>s-<br />

Qualifizierungsmaßnahmen in Europa<br />

Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />

Der Mythos der nordischen Bildungssysteme<br />

Mehr Europa in der Schule<br />

Thema – Schultrojaner<br />

Ende der Debatte?<br />

Thema – Inklusive Architektur<br />

Raum für Inklusion<br />

thema – <strong>Schulleitung</strong>ssymposium<br />

Führung und Partizipation<br />

Thema – ASD-Frühjahrstagung<br />

Auf dem Prüfstand<br />

Thema – Weiterbildungsstudiengang<br />

„Inklusive Pädagogik”<br />

Thema – ASD-Länderberichte<br />

Die Entstehung von (Schulleiter-)Glück<br />

Titelthema – Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

Alles Käse?<br />

Teilautonome Schulen, Bildungsstandards und<br />

Qualität der Schulen<br />

Kooperationen mit Partnern der Region<br />

Thema – Schul-Intranet<br />

Das digitale Schwarze Brett zum Nulltarif<br />

Thema – Schulfilter<br />

Datenkrake Soziale Netzwerke<br />

Thema – Bildungsinitiative<br />

„Du bist smart!”<br />

Recht<br />

Gefahr durch großzügige Geschenke<br />

„Der Avenarius”<br />

Vorwort der Redaktion<br />

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,<br />

liebe Leserinnen und Leser!<br />

Die beiden Themen, die wir in der aktuellen Ausgabe Ihres Fachmagazins<br />

„<strong>Beruf</strong>: <strong>Schulleitung</strong>” näher beleuchten wollen, stehen in einem<br />

unmittelbaren Zusammenhang, auch wenn dieser nicht auf den ersten<br />

Blick erkennbar sein mag.<br />

Denn schließlich unterscheiden sich die verschiedenen „Bildungssysteme<br />

in Europa” maßgeblich im Hinblick auf die im Titel dieses<br />

Magazins gestellte Frage „Wie weit ist die Selbstständige Schule?” Das<br />

betrifft im Detail vor allem den Grad an Autonomie, der Schulleitern<br />

in den einzelnen Ländern zugestanden wird. Ein spannender Artikel<br />

dazu leitet den zweiten Teil des Heftes ein: Im Interview reflektiert Rinnie<br />

van der Horst die Entwicklungen im niederländischen Schulsystem<br />

seit den 60er Jahren und legt dabei einiges offen, das der deutsche Leser<br />

in ähnlicher Weise auch aus dem eigenen Land kennen mag.<br />

Dass es abseits aller Unterschiede in der europäischen Bildung<strong>sl</strong>andschaft<br />

auch Bemühungen gibt, einen einheitlichen Referenzrahmen<br />

für <strong>Schulleitung</strong>shandeln zu schaffen, zeigt „Partners in Leadership”.<br />

Die Erkenntnisse und Empfehlungen dieses internationalen<br />

Netzwerks können Sie auf den Seiten 5 bis 7 nachlesen.<br />

Wenn es um Uneinheitlichkeit geht, muss man leider noch nicht<br />

einmal über die Grenzen der Republik hinausgehen – die föderalistische<br />

Struktur Deutschlands gibt schon genügend Anlass zu berechtigter<br />

systemischer Kritik. Doch auch hierzulande gibt es mit dem<br />

Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands einen Zusammenschluss,<br />

der Kompetenzen bündelt und überregional aktiv ist, um die<br />

Belange von Schulleitern zu vertreten. Näheres zur konkreten Arbeit<br />

unseres Verbands erfahren Sie auf den Seiten 18 und 22.<br />

Nun aber wünsche ich Ihnen erhellende Lektüre – genießen Sie die<br />

Sommerzeit!<br />

Ihre<br />

Gudrun Wolters-Vogeler<br />

ASD-Vorsitzende<br />

38<br />

Die DAPF-Seite – Neues aus der SL-Forschung<br />

Welche Einflussstrategien helfen Schulleitern Veränderungen<br />

umzusetzen?<br />

39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

Rückspiegel<br />

Im Rückspiegel: didacta 2012<br />

Rubriken<br />

Fortbildung<br />

Lesestoff – Informationen für <strong>Schulleitung</strong>en<br />

Adressen, Impressum<br />

Herausgegeben vom ASD – Allgemeiner<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e.V.<br />

Titel: Anna Magnus, fuenffreunde.de<br />

b:<strong>sl</strong> 01: 2012


4<br />

:Aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />

Kurznachrichten aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />

Wissenswerte Neuigkeiten – von der Redaktion zusammengestellt<br />

Baden-Württemberg<br />

Ausbau der Ganztagsschulen ist wichtig<br />

Das baden-württembergische Kultusministerium sieht den weiteren<br />

Ausbau der Ganztagsangebote an Betreuungseinrichtungen und Schulen<br />

im Land als wichtigen Schritt auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit.<br />

Durch den rhythmisierten Ganztagsunterricht könnten<br />

diejenigen, die bisher benachteiligt sind, vor allem die Kinder und Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund, besser gefördert werden.<br />

„Gerade bei den Ganztagsangeboten an den Grundschulen müssen<br />

wir aufholen”, erklärt Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer.<br />

Da immer mehr Eltern für ihre Kinder die ganztägige Betreuung<br />

in den Kindertagesstätten in Anspruch nähmen, drohe beim Übergang<br />

an Grundschulen ohne Ganztagsangebote eine Betreuung<strong>sl</strong>ücke. Hier<br />

wirke sich die Politik der Vorgängerregierung aus.<br />

„Wir werden mit den Kommunen über die Weiterentwicklung der<br />

Rahmenbedingungen und der Ressourcen zum Ausbau der Ganztagsangebote<br />

verhandeln. Klar ist aber auch, dass der Ausbau der Ganztagsschulen<br />

in Zeiten enger finanzieller Spielräume große Kraftanstrengungen<br />

bedeuten wird”, betont Warminski-Leitheußer. Wie sich<br />

dieses notwendige Vorhaben finanzieren lasse, müsse geklärt werden.<br />

Hessen<br />

Jetzt doch Wahl zwischen G8 und G9?<br />

Der hessische Ministerpräsident Bouffier hat dem Land eine neue<br />

Schuldebatte beschert, berichtet die Frankfurter Rundschau in einem<br />

Online-Bericht vom 18. Juni 2012. Er hatte beim CDU-Landesparteitag<br />

erklärt, die Gymnasien sollten selbst entscheiden, ob sie Schüler in acht<br />

oder wie früher in neun Jahren zum Abitur führen. Die neue Kultusministerin<br />

Nicola Beer (FDP) hatte bei Amtsantritt Anfang Juni noch<br />

gesagt, es bleibe bei der verkürzten Schulzeit.<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Schulbauprogramm: Land fördert 2012 insgesamt 225 SchulbaumaSSnahmen<br />

115 Schulbauvorhaben konnten 2012 neu in das Förderprogramm des<br />

Landes aufgenommen werden. „Trotz enger werdender finanzieller<br />

Spielräume im Rahmen der Konsolidierung des Landeshaushaltes<br />

kommen in diesem Jahr damit insgesamt 225 Schulbauprojekte in den<br />

Genuss einer Unterstützung bei Neubau-, Ausbau- und Erweiterungsmaßnahmen.<br />

Die Förderung durch das Land wird auf hohem Niveau<br />

fortgesetzt”, sagte Bildungsministerin Doris Ahnen heute und stellte<br />

damit die Details des Landesschulbauprogramms 2012 vor.<br />

Von den insgesamt im Landesetat veranschlagten mehr als 40 Millionen<br />

Euro würden bereits in Kürze rund 23 Millionen Euro in Form<br />

von Bewilligungsbescheiden für 155 Projekte freigegeben. Weitere<br />

Bewilligungen könnten folgen, sobald alle erforderlichen Unterlagen<br />

vorgelegt und geprüft worden seien. 2011 umfasste das Landesschulbauprogramm<br />

218 Projekte.<br />

Quelle: bildungsklick.de<br />

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Informationen & Antragsunterlagen unter www.kmk-pad.org/programme/studienbesuche<br />

Was sind Studienbesuche?<br />

Was wird gefördert?<br />

Wer kann teilnehmen?<br />

Wann und wo muss ich<br />

mich bewerben?<br />

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informieren?<br />

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Studienbesuche ermöglichen den Informations- und Erfahrungsaustausch zu länderübergreifenden<br />

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Zur Teilnahme berechtigt sind Führungskräfte aus allen Bereichen des Bildungs- und<br />

<strong>Beruf</strong>sbildungssystems (allgemeine, berufliche, technische Bildung und <strong>Beruf</strong>sbildung,<br />

Sozialpartner), die auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene Verantwortung tragen.<br />

Förderanträge können vom 23. Juli bis 12. Oktober 2012 beim Pädagogischen Austauschdienst<br />

(PAD) der Kultusministerkonferenz gestellt werden. Die Studienbesuche<br />

der Förderrunde finden zwischen März und Juni 2013 statt.<br />

Unter www.kmk-pad.org/programme/studienbesuche finden Sie Informationen zu Studienbesuchen<br />

und zum Antragsverfahren. Das Studienbesuchsteam beim PAD erreichen<br />

Sie unter (02 28) 501-364 oder per E-Mail unter studienbesuche@kmk.org.


:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

5<br />

<strong>Schulleitung</strong>shandeln und <strong>Schulleitung</strong>s-<br />

Qualifizierungsmaßnahmen in Europa<br />

Die Entwicklung eines europäischen Referenzrahmens für <strong>Schulleitung</strong>shandeln als Ergebnis des<br />

EU-Comenius Netzwerks „Leadership in Education”<br />

Ende 2008 fiel der Startschuss für das dreijährige EU-Projekt „Leadership in Education”, in dem 13 Partnerländer<br />

und nochmal so viele Tandemländer das gemeinsame Ziel verfolgten, einen Referenzrahmen für<br />

<strong>Schulleitung</strong>shandeln zu entwickeln und Qualifizierungsmaßnahmen für <strong>Schulleitung</strong>en – ob bestehend oder<br />

neu im Amt – in den Ländern zu identifizieren und vorzustellen. Die länderübergreifende Zusammenarbeit<br />

wurde von der Gruppe „Europa und Internationales” im Niedersächsischen Landesinstitut für schulische<br />

Qualitätsentwicklung ( NLQ ) in Hildesheim koordiniert. Die eindrucksvollen Ergebnisse der internationalen<br />

Kooperation liegen nun in fast allen Sprachen der EU-Länder vor.<br />

Europäischer Kontext und Projektziele<br />

Führung ist wirksam und nachhaltig, wenn effiziente Strukturen der<br />

Kommunikation, der Entscheidungsfindung und der Verantwortung<br />

etabliert sind. Das Ziel des Netzwerks war es daher, erstmalig Informationen<br />

über Qualifizierungskonzepte von <strong>Schulleitung</strong>en zu sammeln<br />

und Programme zu Schulentwicklung und Führung zu gliedern.<br />

Das erarbeitete gemeinsame Verständnis der Kernleitbilder von<br />

Führung im Bildungssektor ist einer interessierten Fachöffentlichkeit<br />

in Form des Referenzrahmens und der Empfehlungen zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

In einem ersten Projektschritt wurden die europäischen Schulsysteme<br />

im Bereich <strong>Schulleitung</strong> und <strong>Schulleitung</strong>squalifizierung beschrieben.<br />

Sowohl die Entwicklung dieser „Europäischen Synopse<br />

über Führung im Bildungsbereich” als auch die Nachfrage nach Materialien<br />

und Bezugsquellen zum Thema Schulführung und <strong>Schulleitung</strong>sentwicklung<br />

führte in einem zweiten Schritt zur Entstehung<br />

des aktuellen Referenzrahmens. Diesem Prozess lagen nachfolgende<br />

Betrachtungen zugrunde:<br />

1. Die Länderberichte, auf deren Basis begrenzte Systemvergleiche<br />

möglich sind, stellen die Grundlage für die Herausarbeitung der<br />

Themen dar, die Führungskräfte im Bildungsbereich sowie politische<br />

Entscheidungsträger gleichermaßen europaweit im Fokus<br />

ihres Interesses haben. Diese Themen werden im Referenzrahmen<br />

aufgenommen und regen zur Analyse eigener nationaler / regionaler<br />

/ lokaler Praxis der <strong>Schulleitung</strong>sentwicklung an. In bestimmten<br />

Bereichen, die in den Domänen und den abgeleiteten<br />

Komponenten im Referenzrahmen abgebildet sind, können mit<br />

Blick auf Stärken und Schwächen eigene systematische Untersuchungen<br />

vorgenommen werden.<br />

2. Die in den Domänen und Komponenten erfassten Schlüsselthemen<br />

sind eng mit Ergebnissen der internationalen Schulentwicklungsforschung<br />

verknüpft, im Besonderen der Erforschung der Wirksamkeit<br />

von <strong>Schulleitung</strong>shandeln, u.a. in den Arbeiten von Leithwood und<br />

Riehl (2005), die vier zentrale Funktionen von Führung definieren.<br />

3. Schließlich bildet der Referenzrahmen zugleich das Ordnungsprinzip,<br />

das die Anwendung vereinfacht und eine Anleitung für die<br />

systematische Suche nach Modulen und Materialien für die eigene<br />

Aus- und Weiterbildungspraxis bietet.<br />

Europäische Trends aus den Länderberichten<br />

Um die Bandbreite der Diversität und Similarität der europäischen Bildungssysteme<br />

abbilden zu können, werden allgemeine Trends beschrieben,<br />

die aus den in den Länderberichten erörterten politischen und administrativen<br />

Rahmen für Schule und <strong>Schulleitung</strong> abgeleitet wurden.<br />

Die Vergleichbarkeit wird durch ein verbindliches und strukturierendes<br />

Inhaltsverzeichnis gewährleistet, das u.a. diese Themen vorgibt:<br />

1. Trends im Bereich der Führungs- und Verwaltungsstrukturen<br />

In vielen Ländern ist ein Trend zur Dezentralisierung zu beobachten.<br />

Die Gründe für diese Entwicklung liegen in den demografischen und<br />

gesellschaftlichen Veränderungen und den damit oftmals verbundenen<br />

finanziellen Zwängen. Damit einher geht ein Trend zur Bildung<br />

größerer / großer Schulsysteme.<br />

Die Anzahl der Führungsebenen unterscheidet sich von Land zu<br />

Land: föderal, regional, lokal, kommunal und schulisch. Somit ist auch<br />

die Anzahl der Akteure divergent: Politiker, Beamte, Experten und<br />

Schulträger. Der Trend, Führung zu zentralisieren, zeigt sich in den<br />

Bereichen Schulbudget und rechtlichen Angelegenheiten, Inspektion<br />

und Evaluation.<br />

Die Einflussnahme der Bildungsadministration ist aufgrund nationaler<br />

Rahmenbedingungen zum Teil sehr unterschiedlich: von harter<br />

Führung durch Gesetze und Anordnungen zu eher weicher Führung<br />

im Diskurs durch Beratung und partizipativer Formen der Zusammenarbeit<br />

zwischen Schulen, Schulträgern und Schulbehörden.<br />

2. Neue Impulse in <strong>Schulleitung</strong>skonzepten<br />

In vielen Ländern gibt es klare Hierarchien: von der Regierung über die<br />

verschiedenen Ebenen zu den <strong>Schulleitung</strong>en. Darunter gibt es eini-<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


6<br />

:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

ge Länder, die Führungsaufgaben und<br />

-verantwortung an die <strong>Schulleitung</strong>en<br />

delegieren.<br />

Die Tendenz starker top-down<br />

Führung ist unverkennbar, wenn es<br />

um die Umsetzung der Curricula (Bildungsstandards<br />

und Beurteilungskriterien)<br />

geht, jedoch wird die Interpretation<br />

der Ziele den regionalen, lokalen<br />

oder Schulebenen zugestanden.<br />

Politische Anforderungen an Führungsstile<br />

unterscheiden sich von den<br />

neuen Bedürfnissen nach Formen der<br />

Kollaboration im Bereich Führung. In<br />

allen Ländern werden <strong>Schulleitung</strong>en<br />

stärker gefordert. Sie sollen durch pädagogische<br />

Führung Einfluss auf die<br />

Lehr- und Lernergebnisse nehmen und<br />

diese sicherstellen.<br />

3. Trends der Schulführung mit<br />

Blick auf<br />

• Lernen und Lehren<br />

In stark gesteuerten Systemen ist es<br />

eher Aufgabe von <strong>Schulleitung</strong>en, die<br />

an Schule herangetragenen externen<br />

Anforderungen wie Bildungsstandards<br />

und Curricula administrativ<br />

umzusetzen. Priorisierungen liegen<br />

hier vielmehr auf Verwaltung der<br />

Schule. „Bildung” wird den Standardisierungs-<br />

und Rechenschaftlegungssystemen<br />

überlassen. In weniger stark<br />

gesteuerten Systemen haben <strong>Schulleitung</strong>en<br />

mehr Gestaltungsautonomie<br />

und wählen sowohl direkte als auch indirekte<br />

Wege der Einflussnahme (Beobachtungen<br />

im Klassenraum, Formen<br />

der Beratung, Personaleinsatz und -entwicklung, etc.).<br />

Insgesamt ist eine Tendenz zu stärkerer Steuerung im Hinblick auf<br />

die Umsetzung der Curricula und Verbesserung der Schülerleistungen<br />

erkennbar.<br />

• Richtungsweisende Schulentwicklung<br />

Beschreibungen der Trends in diesem Bereich erweisen sich als schwierig,<br />

da eine starke Abhängigkeit zwischen Führungspraxis und den<br />

Herrschaftssystemen der einzelnen Länder besteht: eher zentralistische<br />

Führungsansätze oder raumgebende Ansätze für mehr lokale Autonomie.<br />

Externe Erwartungen werden mancherorts recht rigide umgesetzt,<br />

andernorts werden größere (Ver-)Handlungsspielräume gewährt.<br />

4. Zusammenarbeit in Netzwerken<br />

Es gibt eine starke Tendenz zur Zusammenarbeit in Schulnetzwerken.<br />

<strong>Schulleitung</strong>en und Schulen schließen sich zusammen, um Erfahrungen<br />

und Wissen miteinander auszutauschen. Eine Öffnung der<br />

Schulen nach außen und das Netzwerken mit externen Partnern gestaltet<br />

sich in einigen europäischen Ländern schwierig, wird aber seit<br />

einiger Zeit in den Fokus genommen.<br />

5. Attraktivität des <strong>Beruf</strong>s <strong>Schulleitung</strong><br />

In den meisten Ländern sind <strong>Schulleitung</strong>spositionen aufgrund hoher<br />

Arbeit<strong>sl</strong>ast und der Vielzahl von administrativen Tätigkeiten unattraktiv.<br />

Die große Verantwortung, die mit der Übernahme des Amtes<br />

einhergeht, spielt in Relation zur Entlohnung eine nicht unerhebliche<br />

Rolle bei der Bereitschaft zur Übernahme eines Amtes.<br />

6. Herausforderungen<br />

Schulen stellen sich drei maßgeblichen Herausforderungen: Erstens<br />

reagieren sie auf gesellschaftliche Veränderungen in Bezug auf Heterogenität<br />

und Individualisierung sowie die Erwartungen an Bildung,<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

7<br />

Hinblick auf Entwicklung und Führung<br />

unter dem Aspekt potenzieller<br />

Stärken und Schwächen zu analysieren.<br />

Der Referenzrahmen kategorisiert<br />

Kernthemen von Schulführung<br />

in Domänen und deren Komponenten,<br />

denen wiederum von den jeweiligen<br />

Ländern durchgeführte „good<br />

practice” Qualifikationsmodule zugeordnet<br />

werden. Die Zusammenstellung<br />

veranschaulicht einerseits<br />

die beträchtliche Diversität der Länder,<br />

andererseits die große Schnittmenge<br />

gemeinsamer Interessen und<br />

Belange.<br />

Diese Gemeinsamkeiten wurden<br />

mit dem aktuellen Forschungsstand<br />

zur Wirksamkeit von Schulführung<br />

abgeglichen und fließen in die Empfehlungen<br />

für die Politik und Praxis<br />

ein.<br />

Die Länderberichte und der Referenzrahmen<br />

machen deutlich, dass<br />

eine Schnittmenge identischer oder<br />

ähnlicher Bedingungen und Herausforderungen<br />

für <strong>Schulleitung</strong>en in<br />

den Ländern existiert und bilden die<br />

Grundlage für die systeminhärenten<br />

Empfehlungen für politische Entscheidungsträger<br />

auf europäischer,<br />

nationaler und lokaler Ebene.<br />

Autorin: Iris Jansohn<br />

indem sie grundlegende Fähig- und Fertigkeiten vermitteln. Zweitens<br />

werden sie Tendenzen der Staatsführungen zu engeren Formen von<br />

Kontrolle und Rechenschaft<strong>sl</strong>egung gerecht. Drittens werden sie mit<br />

wiederkehrenden Bestrebungen der De- bzw. Re-Zentralisierung der<br />

Bildungssysteme konfrontiert.<br />

Europäischer Referenzrahmen und Empfehlungen<br />

Der Referenzrahmen nimmt die Kernpunkte auf, die in der Europäischen<br />

Synopse thematisiert sind und strukturiert sie im Bereich<br />

Schul-Führung. Gemeinsam mit dem ebenfalls im Referenzrahmen<br />

zusammengestellten Katalog der Module zur <strong>Schulleitung</strong>squalifikation<br />

bieten sie allen im Bildungsbereich tätigen Personen und politischen<br />

Entscheidungsträgern die Möglichkeit, die eigene Praxis im<br />

Leadership in Education<br />

Alle Materialien und Informationen können auf www.leadershipin-education.eu<br />

herunter geladen werden.<br />

Wir verschicken auch gerne alle Materialien und Veröffentlichungen<br />

in Druckform. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf:<br />

Kontakt:<br />

Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung<br />

(NLQ)<br />

Keßlerstr. 52<br />

31134 Hildesheim<br />

Fon: 05121-1695-270, -293, -271<br />

europa@nlq.nibis.de<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


8<br />

:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />

„Dieses Europa, das jenseits aller nationalen Grenzen, die sich so oft und so beliebig verschoben haben, seit<br />

Jahrhunderten aus ununterbrochenen Wanderungsbewegungen, aus der Vermischung ganzer Völker besteht,<br />

ein Kontinent aus Emigration und Immigration, der gerade darin seine Identität findet, denn hier hat keiner<br />

lange für sich gelebt, hier haben alle Wurzeln in anderen Ländern, ein jahrhundertealtes Durcheinander von<br />

Menschen, Lebensformen, Sprachen und Traditionen, dieses Europa kann uns allen nur in Toleranz und Offenheit<br />

eine wirkliche neue Heimat sein.”<br />

Dieter Forte<br />

Ausgang<strong>sl</strong>age<br />

Die Vielfalt in der Einheit macht Europa so einzigartig und gleichzeitig<br />

so schwierig. Neben der Sprachenvielfalt und den Systemunterschieden<br />

als vermeintliche Barrieren, lassen sich aber mehr und mehr Gemeinsamkeiten<br />

feststellen oder zumindest Tendenzen und Annäherungen<br />

auf dem Weg dahin erkennen:<br />

• So wie in einer größer werdenden Europäischen Union die Regionen<br />

immer mehr an Bedeutung gewinnen, so geht der Trend bei<br />

Schulen von zentralen zu dezentralen bzw. regionalen Strukturen.<br />

• Fast alle Länder Europas führen ihre Schulen in integrierter<br />

Form, um die Chancengleichheit und damit die Konkurrenzfähigkeit<br />

in der globalisierten Weltwirtschaft zu erhöhen.<br />

• Mehr und mehr werden Schulen autonom und bedürfen eines<br />

neuen Leitbildes von <strong>Schulleitung</strong>.<br />

Diese Entwicklung muss begleitet werden durch eine Angleichung der<br />

Curricula, die Entwicklung europäischer Standards und die Schaffung<br />

vergleichbarer Bedingungen für Abschlussprüfungen, verbunden mit<br />

der gegenseitigen Anerkennung aller Abschlüsse. In diesem Prozess<br />

werden Schulleiterinnen und Schulleiter zu den zentralen Figuren der<br />

Schulentwicklung regional, aber auch national und international. So<br />

wie die Position der <strong>Schulleitung</strong> in den einzelnen europäischen Ländern<br />

geregelt wird, zeigt sich allerdings ein erheblicher Handlungsbedarf.<br />

Unterschiedliche Stellung der Schulleiterin<br />

des Schulleiters / in Europa<br />

Die Stellung des Schulleiters in Europa ist uneinheitlich definiert.<br />

Zwischen den Extremen Schulen ohne <strong>Schulleitung</strong> (wie in Frankreichs<br />

oder Luxemburgs Grundschulen) und den Niederlanden oder<br />

Großbritannien, wo Schulleiter in relativ autonomer Stellung und mit<br />

Gesamtbudget für mehrere Schulen, Schulzentren oder Schulverbünden<br />

zuständig sind, gibt es viele unterschiedliche Ausprägungen. So<br />

werden z.B. in Portugal die Schulleiter alle drei Jahre aus dem Kollegium<br />

bestimmt, woanders werden Schulleiter auf Zeit gewählt oder<br />

sind Lebenszeitbeamte. Oft gibt es große Disparitäten zwischen den<br />

einzelnen Schulen, wie z.B. in den deutschen Bunde<strong>sl</strong>ändern, wo die<br />

Bandbreite vor allem in den Flächenstaaten von Zwergschulen bis zu<br />

<strong>Beruf</strong>skollegs mit mehreren tausend Schülern reicht. Zentrale, dezentrale<br />

oder föderalistische Systeme schaffen besondere Bedingungen<br />

und bringen unterschiedliche Leitbilder von <strong>Schulleitung</strong> hervor.<br />

Forderungen für eine europäische <strong>Schulleitung</strong><br />

Daraus ergeben sich auf europäischer Ebene folgende Forderungen zur<br />

Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen von <strong>Schulleitung</strong>en:<br />

• <strong>Schulleitung</strong> sollte respektiert und anerkannt werden als ein <strong>Beruf</strong><br />

mit hoher gesellschaftlicher Verantwortlichkeit.<br />

• Der <strong>Beruf</strong> der Schulleiterin/des Schulleiters verlangt klar definierte<br />

Kriterien und Qualifikationsmerkmale und muss mit<br />

einem Diplom für <strong>Schulleitung</strong> abgeschlossen werden, um die<br />

Professionalität und die Vergleichbarkeit für den <strong>Beruf</strong> zu unterstreichen.<br />

• Schulleiter in selbständigen Schulen brauchen die Hoheit über<br />

das Personal, das Budget, die Kapitalisierung und die Kontrolle<br />

des Curriculums.<br />

<strong>Schulleitung</strong> auf nationaler und internationaler Ebene braucht dringend<br />

Formen der Zusammenarbeit, um Bildung und Erziehung insgesamt<br />

zu verbessern und den Austausch über Elemente guter Praxis und<br />

Ressourcen zum Nutzen der Schüler zu ermöglichen.<br />

Die Europäische <strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />

ESHA als Organisationsrahmen<br />

Um diese Forderungen in Europa politisch durchzusetzen bedarf es einer<br />

europäischen Organisation, die sich mit ihrem Einfluss in Brüssel<br />

und bei den nationalen Regierungen für dieses Ziel einsetzt.<br />

• In Europa haben sich <strong>Schulleitung</strong>svereinigungen gegründet<br />

mit dem Ziel der Kontaktaufnahme, des Erfahrungsaustauschs<br />

und der Entwicklung und Durchsetzung eines gemeinsamen<br />

<strong>Beruf</strong>sbildes „<strong>Schulleitung</strong>”. Sie sind Mitglied im Dachverband:<br />

ESHA (European School Heads Association).<br />

• ESHA ist durch Verträge mit den außereuropäischen Partnern<br />

in allen Kontinenten verbunden und arbeitet eng mit der OECD<br />

zusammen.<br />

• ESHA ist eine professionelle Organisation für Europäische<br />

<strong>Schulleitung</strong>en. Mitglieder sind nationale Organisationen für<br />

<strong>Schulleitung</strong>en in Grundschulen, Sekundarschulen und <strong>Beruf</strong>sschulen.<br />

Gegenwärtig vertritt die Organisation Schulleite-<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

9<br />

rinnen und Schulleiter aller Schulformen aus 36 Ländern von<br />

Lissabon bis Moskau, von Reykjavik bis Jerusalem. Fast alle europäischen<br />

Länder (EU- und außereuropäische Länder) sind in<br />

ESHA vertreten mit einer oder mehreren Organisationen (2009:<br />

47 Organisationen aus 36 Ländern).<br />

• ESHA ist eine internationale Gemeinschaft, in der Erfahrungen,<br />

Visionen und Ansichten zwischen den Mitgliedern ausgetauscht<br />

und neue Ideen geboren werden. ESHA ist ein anerkannter und<br />

geschätzter Diskussionspartner für die Europäische Kommission,<br />

einer der wichtigsten Interessenvertreter in den Arbeitsgruppen<br />

in Brüssel, verfügt über direkte Kontakte zur Europäischen<br />

Kommission und zum europäischen Parlament und beeinflusst<br />

somit die Politik der europäischen Bildungsinstitutionen.<br />

In diesem europäischen Netzwerk, das weltweit mit den Schulleiterorganisationen<br />

außerhalb Europas verbunden ist, arbeiten die <strong>Schulleitung</strong>svereinigungen<br />

an der Entwicklung eines <strong>Beruf</strong>sbildes für <strong>Schulleitung</strong>en,<br />

um gleiche Arbeitsbedingungen für alle <strong>Schulleitung</strong>en in<br />

Europa durchzusetzen. Dies ist im Einklang mit dem Lissabon-Protokoll<br />

und den Nachfolgeprotokollen zu sehen. Hierin hat die Europäische<br />

Kommission Leitlinien für die Bildungspolitik in Europa formuliert.<br />

„Leben<strong>sl</strong>anges Lernen, Schlüsselqualifikationen, Mobilität, Gleichheit<br />

und Effizienz” werden von Europäischem Rat und Europa-Parlament<br />

seit der Konferenz von Lissabon als Ziele ausgegeben. Um Gerechtigkeit<br />

und Effizienz in der europäischen Bildung<strong>sl</strong>andschaft anstreben zu<br />

können, ist leben<strong>sl</strong>anges Lernen die wichtigste Grundlage. Die Schlüsselqualifikationen<br />

für leben<strong>sl</strong>anges Lernen, wie sie von Europäischem<br />

Parlament und Kommission empfohlen werden, sind eine notwendige<br />

Basis, die wir als Schulleiter in Europa akzeptieren und unterstützen.<br />

Regionalisierung<br />

Wichtige Entwicklungen, die sich zukünftig auf alle politischen Bereiche<br />

und Organisationen auswirken werden, sind regionale Partizipation<br />

und Selbstverwaltung. Durch sie bildet sich ein demokratisches<br />

Gegengewicht zu sonst abgehobener politischer und globaler Zentralgewalt,<br />

die die Interessen der Bürger wegen der Größe der neuen Unionen<br />

nicht mehr wahrnehmen kann. Es ist ein Schritt zu Transparenz,<br />

Kommunikation und Verantwortungsübernahme für die eigenen Angelegenheiten.<br />

In ESHA ist dieser Schritt schon vollzogen durch die<br />

an gemeinsame Sprache gebundenen Regionen, die Ländergrenzen<br />

überschreiten.<br />

• 2006 wurde in Potsdam vom ESHA General Board die Regionalisierung<br />

ESHAs nach Sprachgebieten beschlossen. Drei Festsetzungen<br />

lagen dem zu Grunde:<br />

• Es wurden acht Regionen unterteilt und eine Verbindung zu den<br />

außereuropäischen Schulleiterorganisationen geschaffen.<br />

• Die Entwicklungsfortschritte in den einzelnen Regionen sind<br />

unterschiedlich. Die deutschsprachige Region in ESHA hat sich<br />

bisher am stärksten entwickelt.<br />

• Es ist inzwischen eine Tradition geworden, dass Schulleiterinnen<br />

und Schulleiter, Vorsitzende der Schulleitervereinigungen und<br />

Vertreterinnen und Vertreter der Schulverwaltung der deutschsprachigen<br />

Regionen in Europa einmal im Jahr zusammen kommen,<br />

um die neuesten Entwicklungen im Bildungsbereich zu<br />

erörtern und die Ergebnisse der Konferenz in einer Erklärung<br />

zusammenzufassen.<br />

Österreich, Südtirol, die Schweiz, die deutschen <strong>Schulleitung</strong>sverbände,<br />

Fünfkirchen in Ungarn, Luxemburg und die Deutsche Gemeinschaft<br />

in Belgien sind inzwischen im Verteiler dieser Region. Erste<br />

Kontakte mit Schulen in deutschsprachigen Regionen weiterer Länder<br />

sind angebahnt.<br />

Margret Rös<strong>sl</strong>er<br />

German speaking<br />

regions<br />

Robert Bohnert<br />

French speaking<br />

regions<br />

Solveig Dahl<br />

Scandinavia<br />

Jaume Prat<br />

Southern Europe<br />

Autor: Dr.Burkhard Mielke, ESHA Ehrenpräsident<br />

Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />

Der hier abgedruckte Text ist auch als Infoflyer „Europäisches<br />

<strong>Schulleitung</strong>shandeln” direkt von der Geschäftsstelle des Allgemeinen<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverbands Deutschlands e.V. beziehbar. Als<br />

ansprechend gestaltete Handreichung bietet er sich an zur Verteilung<br />

im Kollegium und als Informationsbroschüre für alle an<br />

Schule Interessierten.<br />

Kontakt:<br />

ASD Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband<br />

Deutschlands e.V.<br />

c/o FÜNF FREUNDE<br />

Osnabrücker Straße 7<br />

10589 Berlin<br />

Burkhard Mielke<br />

International Contacts<br />

Overseas<br />

Regionalisation<br />

Gorica Ilijoska<br />

South East Europe<br />

Chris Harrison<br />

English speaking<br />

regions<br />

Jorma Lempinnen<br />

Baltic States +<br />

Poland<br />

Irina Kozina<br />

Eastern Europe<br />

Russian speaking<br />

regions<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


10<br />

:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

Der Mythos der nordischen Bildungssysteme<br />

Eine Bestandsaufnahme<br />

Für eine kleine Gruppe von Touristen galt der Norden schon immer als Geheimtipp. Mit der Veröffentlichung der<br />

ersten PISA-Ergebnisse (Baumert et al. 2001b; OECD 2001) zog es, unabhängig von der Reisesaison, eine andere<br />

Gruppe in die nördlichen Staaten Europas: Bildungspolitiker und -politikerinnen, Vertreterinnen und Vertreter<br />

von Lehrerverbänden, Journalisten und Journalistinnen sowie Fachleute für Unterricht und Schule. Finnland<br />

war die Überraschung der ersten Runde des „Programme for International Student Assessment” (PISA). Schweden<br />

oder auch I<strong>sl</strong>and arrondierten mit sehr guten Ergebnissen den Eindruck des bildungsstarken Nordens.<br />

Zum schlagartig einsetzenden Interesse an den Bildungssystemen<br />

der nordischen Staaten könnte auch der Übergang von TIMSS<br />

(Third International Mathematics and Science Study) zu PISA beigetragen<br />

haben. In Deutschland hatten bereits die TIMSS-Befunde (Baumert<br />

et al. 1997; Beaton et al. 1996) Aufmerksamkeit gefunden und einen<br />

„Schock” ausgelöst. Bei dieser auf Mathematik und Naturwissenschaften<br />

fokussierten Vergleichsstudie zeigten asiatische Staaten (insbesondere<br />

Japan) Leistungsergebnisse, von denen Deutschland nur träumen<br />

konnte. Die Vergleichsdistanz über die Kulturräume war allerdings beträchtlich.<br />

Schweden war bei TIMSS zwar durchaus erfolgreich und insbesondere<br />

in den Darstellungen der Bildungssysteme gewürdigt worden<br />

(Robitaille 1997); doch Finnland hatte auf eine Teilnahme an TIMSS<br />

sowie an weiteren Studien der „International Association for the Evaluation<br />

of Educational Achievement” (IEA) verzichtet.<br />

Im härteren Vergleich der OECD-Staaten, der nun auch das Leseverständnis<br />

einbezog, erschienen die in verschiedener Hinsicht näher<br />

an Deutschland liegenden nördlichen Länder als sehr viel kritischere<br />

Vergleichsgruppe. Das Image der nordischen Staaten stand auch nicht<br />

im Verdacht für angepasstes oder stures Lernen. Die in den Medien<br />

Deutschlands präsentierten Reiseberichte verstärkten das Interesse an<br />

den Bildungssystemen der nordischen Staaten. Aber auch eher nüchterne<br />

Vergleiche von erfolgreichen Bildungssystemen (Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung 2003) bekräftigten den Eindruck,<br />

dass man im Norden Europas die Perspektiven für die Schule der Zukunft<br />

finden könnte: Erfolgreiches gemeinsames Lernen bis zum Ende<br />

der Sekundarstufe, keine Ausgliederung von Schülerinnen und Schülern<br />

an Sonder- oder Förderschulen, spät einsetzende Zensuren, aber<br />

dennoch ausgezeichnete Kompetenzen bei einer geringen Leistungsstreuung<br />

und relativ schwachen Zusammenhängen mit sozialer Herkunft<br />

(vgl. auch OECD 2001, 2004, 2007a). Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler aus nordischen Staaten skizzierten geteilte Grundüberzeugungen<br />

wie eine hohe Wertschätzung von Bildung, Chancengerechtigkeit<br />

und individueller Förderung (Hautamäki et al. 2008; Lie<br />

et al. 2003). Solche Darstellungen wurden und werden ebenso gerne<br />

aufgegriffen wie begeisterte Berichte von Austauschlehrkäften. Große<br />

Kreise pädagogisch Interessierter goutierten die ausführlichen und<br />

einfühlsamen Mediendokumentationen (z.B. Kahl 2003), die Besonderheiten<br />

der Schulen in Finnland und Schweden anschaulich werden<br />

ließen. Bis heute wird solchen Berichten (z. B. Sarjala u. Häkli 2008) aus<br />

dem Norden in Deutschland große Aufmerksamkeit zuteil.<br />

Obwohl die Ähnlichkeiten der nordischen Bildungssysteme häufig<br />

hervorgehoben werden, findet man – bei genauer Betrachtung – auch<br />

nennenswerte Unterschiede zwischen ihnen. So gibt es zum Beispiel<br />

in Dänemark ein dezentral angelegtes Bildungssystem mit viel Entscheidungsspielraum<br />

für einzelne Schulen, wohingegen die Schulen in<br />

Norwegen stark zentral gesteuert werden. Auch Schweden und Finnland<br />

zeichneten sich lange durch ein zentralisiertes Schulsystem aus.<br />

In den letzten 20 Jahren gibt es in diesen Staaten jedoch eine starke<br />

Tendenz zur Dezentralisierung. Weitere Unterschiede bestehen etwa in<br />

den Anteilen und der Rolle von Privatschulen in den nordischen Bildungssystemen,<br />

die nur in Dänemark und Schweden von knapp zehn<br />

Prozent der Schülerinnen und Schüler besucht werden; in den anderen<br />

nordischen Staaten beträgt ihr Anteil weniger als fünf Prozent (Matti<br />

2009). Weitere Unterschiede betreffen beispielsweise die Entscheidungsspielräume<br />

der Eltern bei der Wahl der Schule, die Art der (einheitlichen)<br />

Abschlussprüfungen und die Notenstufen.<br />

Die Darstellungen nordischer Bildungssysteme und ihrer Erfolge<br />

haben sich möglicherweise bereits zu einer Idealvorstellung einer optimalen<br />

Lehr-Lern-Landschaft verfestigt, die auf allen Ebenen des Bildungssystems<br />

vorbildlich ist und somit als realistischer Bezugspunkt<br />

für die Weiterentwicklung des Schulsystems in Deutschland dienen<br />

kann. Sicher kann eine Funktion von internationalen Vergleichen<br />

durchaus darin gesehen werden, konkrete Visionen oder Benchmarks<br />

für die Weiterentwicklung von Bildungssystemen anzubieten (Seidel u.<br />

Prenzel 2008). Ist aber eine Idealisierung des nordischen Bildungssystems,<br />

das in Finnland und Skandinavien in den Grundzügen gleich<br />

angelegt ist, wirklich gerechtfertigt? Gelingt es diesen Staaten gleichermaßen,<br />

einer großen Zahl ihrer Schülerinnen und Schüler die Kompetenzen<br />

zu vermitteln, die sie für das Leben und Weiterlernen in einer<br />

Wissensgesellschaft benötigen? Garantiert die Anlage der Bildungssysteme<br />

in den nordischen Staaten stabile Lernerfolge über längere<br />

Zeiträume und mit Blick auf die Zukunft?<br />

Mit diesen Fragen befasst sich der vorliegende Überblicksartikel.<br />

Grundlage sind Daten aus der internationalen Schulleistungsuntersuchung<br />

PISA, die seit dem Jahr 2000 alle drei Jahre durchgeführt wird<br />

(OECD 2001, 2004, 2007a). PISA untersucht die Kompetenzen von<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

11<br />

fünfzehnjährigen Jugendlichen (in vielen Staaten also am Ende der regulären<br />

Schullaufbahn), die sowohl für individuelle Lern- und Lebenschancen<br />

als auch für die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche<br />

Weiterentwicklung<br />

bedeutsam sind. Hierbei<br />

konzentrieren sich die Erhebungen<br />

auf die drei Domänen<br />

Lesen, Mathematik<br />

und Naturwissenschaften<br />

(Prenzel et al. 2007a). Neben<br />

den Kompetenzen der<br />

Jugendlichen werden auch<br />

eine Reihe von Kontextfaktoren<br />

auf der Ebene der<br />

Länder, Schulen und der Individuen<br />

erfasst (Baumert et<br />

al. 2001a; Prenzel 2005), um<br />

Zusammenhänge zwischen<br />

ihnen und den Bildungsergebnissen<br />

von Schülerinnen<br />

und Schülern zu beschreiben.<br />

Damit werden in PISA Daten erfasst, mit deren Hilfe die Frage<br />

nach dem Erfolg der nordischen Bildungssysteme im Hinblick auf einige<br />

entscheidende Indikatoren beleuchtet werden kann.<br />

Da offensichtlich die erste PISA Datenerhebung im Jahr 2000<br />

(OECD 2001) den Mythos der erfolgreichen Bildungssysteme der nordischen<br />

Staaten begründete, sollen die Befunde der nordischen Staaten<br />

in dieser Erhebung genauer betrachtet und dann auf die Ergebnisse<br />

der nachfolgenden Erhebungsrunden bezogen werden. Anschließend<br />

wenden wir uns der Frage zu, wie unterschiedliche Kontextfaktoren in<br />

den nordischen Länder mit den Bildungsergebnissen von Schülerinnen<br />

und Schülern zusammenhängen. Auch diese Analysen können Hinweise<br />

darauf liefern, wie erfolgreich die nordischen Bildungssysteme<br />

insbesondere auch im Hinblick auf eines ihrer wichtigsten Ziele – die<br />

Chancengerechtigkeit – tatsächlich sind.<br />

Wie erfolgreich sind die nordischen Bildungssysteme?<br />

Befunde aus drei PISA-Runden<br />

Anhand der Ergebnisse bei PISA kann untersucht werden, inwieweit<br />

die nordischen Staaten und Bildungssysteme Schülerinnen und Schüler<br />

insgesamt und in ähnlicher Weise in der Entwicklung relevanter<br />

Kompetenzen unterstützen. Wir berichten zunächst die Befunde für<br />

PISA 2000 und betrachten dann die Veränderungen über die bisherigen<br />

PISA-Erhebungen (2000, 2003, 2006).<br />

Kompetenzen der Jugendlichen in den nordischen Staaten bei<br />

PISA 2000<br />

Das Interesse für das Bildungssystem in Finnland und den anderen<br />

nordischen Staatenwurde durch die Ergebnisse der ersten PISA-Erhebung<br />

im Jahr 2000 (OECD 2001) geweckt. In Tab. 1 sind die Kompetenzmittelwerte<br />

und Standardabweichungen für die nordischen<br />

Staaten bei PISA 2000 dargestellt (vgl. auch Baumert et al. 2001b). Als<br />

Lesen Mathematik Naturwissenschaften<br />

Staat M (SE) SD M (SE) SD M (SE) SD<br />

Dänemark 497 (2,4) 98 514 (2,4) 87 481 (2,8) 103<br />

Finnland 546 (2,6) 89 536 (2,2) 80 538 (2,5) 86<br />

I<strong>sl</strong>and 507 (1,5) 92 514 (2,3) 85 496 (2,2) 88<br />

Norwegen 505 (2,8) 104 499 (2,8) 92 500 (2,8) 96<br />

Schweden 516 (2,2) 92 510 (2,5) 93 512 (2,5) 93<br />

Deutschland 484 (2,5) 111 490 (2,5) 103 487 (2,4) 102<br />

OECD-Durchschnitt 500 (0,6) 100 500 (0,7) 100 500 (0,7) 100<br />

Bold-Werte liegen signifikant über dem OECD-Mittelwert<br />

Bold/Kursiv-Werte liegen signifikant unter dem OECD-Mittelwert<br />

Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Kompetenzwerte<br />

in den Domänen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften<br />

für die nordischen Länder und Deutschland bei PISA 2000<br />

(vgl. OECD 2001, S. 253, 259, 261)<br />

Bezugspunkte werden auch die OECD-Kennwerte und die Ergebnisse<br />

der deutschen Schülerinnen und Schüler aufgelistet.<br />

Die in Tab. 1 zusammengefassten Befunde zeigen, dass alle nordischen<br />

Staaten in den drei Kompetenzbereichen – mit Ausnahme<br />

der naturwissenschaftlichen Kompetenz in Dänemark – (signifikant)<br />

besser abschneiden als Deutschland, das durchgehend signifikant<br />

unter dem OECD-Mittelwert liegt. Dieses Bild einer weitreichenden<br />

Überlegenheit in den Leistungsvergleichen könnte aus deutscher Perspektive<br />

tatsächlich die Basis für einen Mythos bilden.<br />

Ein stärker fokussierter Blick auf die Befunde offenbart jedoch,<br />

dass letztlich nur zwei der fünf nordischen Länder – nämlich Finnland<br />

und Schweden – bei PISA 2000 in allen drei Domänen Kompetenzwerte<br />

erzielten, die signifikant über dem OECD-Durchschnitt liegen.<br />

In den drei anderen nordischen Ländern sind die Befunde insgesamt<br />

weniger beeindruckend. Die Kompetenzwerte liegen in diesen Staaten<br />

nur vereinzelt signifikant oberhalb des OECD-Durchschnitts, beispielsweise<br />

die Lesekompetenz der i<strong>sl</strong>ändischen Jugendlichen oder die<br />

mathematische Kompetenz der Fünfzehnjährigen in I<strong>sl</strong>and und Dänemark.<br />

Besondere Beachtung verdienen die Leistungsstreuungen in den<br />

nordischen Ländern und hier besonders in Finnland und Schweden,<br />

die deutlich geringer ausfallen als im Durchschnitt der OECD.<br />

Diese Befunde widersprechen der damals in Deutschland weit verbreiteten<br />

Auffassung, dass man eine hohe Leistungsstreuung in Kauf<br />

nehmen muss, wenn man ein im Mittel sehr hohes Leistungsniveau<br />

erreichen will. Finnland und Schweden sind Beispiele für die pädagogische<br />

Wunschvorstellung, hohe und zugleich wenig heterogene Leistungen<br />

zu erreichen. Dieses Ergebnis war tatsächlich von einer besonderen<br />

Qualität.<br />

Obwohl das Abschneiden der nordischen Länder bei PISA 2000<br />

beeindrucken kann, bleiben Zweifel, ob die nordischen Staaten insgesamt<br />

als Spitzengruppe bezeichnet werden können. Zwei der nordischen<br />

Länder, namentlich Finnland und Schweden, liegen in allen<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


12<br />

:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

Domänen oberhalb des OECD-Durchschnitts, wobei nur Finnland<br />

der absoluten Spitze im Vergleich aller OECD-Staaten zuzurechnen<br />

ist. Die drei weiteren nordischen Staaten sind hingegen eher im Mittelfeld<br />

der Rangreihe platziert. Somit weisen die Befunde der ersten<br />

PISA-Erhebung nicht generell darauf hin, dass<br />

die nordischen Staaten im gleichen Maße erfolgreich<br />

sind. Trotz der großen Ähnlichkeit ihrer<br />

Bildungssysteme und ihrer Werthaltung gegenüber<br />

Bildung variieren ihre Bildungsergebnisse<br />

in einer Größenordnung von bis zu 50 Punkten<br />

auf der PISA-Skala (z. B. zwischen Finnland und<br />

Dänemark im Lesen und in den Naturwissenschaften).<br />

Es sind also insbesondere die Schülerinnen<br />

und Schüler in Finnland, die sich im internationalen<br />

Vergleich auszeichnen, sich zugleich aber<br />

von den Jugendlichen in den anderen nordischen<br />

Staaten unterscheiden.<br />

550.00<br />

540.00<br />

530.00<br />

520.00<br />

510.00<br />

500.00<br />

Finnland<br />

Schweden<br />

*I<strong>sl</strong>and<br />

*Norwegen<br />

OECD<br />

Dänemark<br />

Deutschland<br />

490.00<br />

Veränderung der Kompetenzen in den nordischen<br />

Staaten von PISA 2000 bis PISA 2006<br />

Es war die Absicht der OECD, PISA so anzulegen,<br />

dass Vergleiche über die Erhebungen im<br />

480.00<br />

dreijährigen Abstand angestellt werden können<br />

(vgl. Carstensen et al. 2008). Damit kann auch beurteilt werden, ob<br />

das in einer Runde beobachtete Kompetenzniveau in den Staaten stabil<br />

bleibt, sich verbessert oder verschlechtert. Inwieweit erweisen sich also<br />

die Kompetenzergebnisse in den nordischen Staaten als stabil über die<br />

Zeit? Stabil positive oder gar steigende Kompetenzwerte wären tatsächlich<br />

ein Grund, die nordischen Staaten mit ihren Bildungssystemen als<br />

Ideal für andere Länder zu betrachten.<br />

Für den Bereich der Lesekompetenz besteht eine ausreichend große<br />

Datenbasis, um die Veränderungen über alle drei Erhebungszeitpunkte<br />

hinweg zu berichten (Carstensen et al. 2008; Carstensen et al. 2007).<br />

Diese Veränderungen sind in Abb. 1 für die nordischen Länder, für<br />

Deutschland und im OECD-Durchschnitt dargestellt (vgl. Drechsel u.<br />

Artelt 2007).<br />

Die Abb. 1 lässt sehr schön erkennen, dass Finnland in der Lesekompetenz<br />

– nicht nur im Vergleich zu Deutschland und zum OECD-<br />

Mittel, sondern auch zu den anderen nordischen Staaten – auf einem<br />

deutlich höheren Niveau liegt. Gleichzeitig zeigt die Abbildung, dass<br />

der Erfolg Finnlands über alle drei Erhebungszeitpunkte stabil bleibt.<br />

In Norwegen und I<strong>sl</strong>and hingegen hat sich die Lesekompetenz der<br />

Fünfzehnjährigen über die drei Erhebungszeitpunkte statistisch bedeutsam<br />

verschlechtert. Ein massiver Abwärtstrend ist insbesondere in<br />

I<strong>sl</strong>and zu beobachten: Dort erreichten die Schülerinnen und Schüler<br />

bei PISA 2000 im Lesen noch signifikant bessere Kompetenzwerte als<br />

der OECD-Durchschnitt, aber auch als Deutschland. Bei PISA 2006<br />

liegen die Kompetenzwerte der i<strong>sl</strong>ändischen Fünfzehnjährigen nun<br />

deutlich unter dem OECD-Durchschnitt und auch unter dem Wert der<br />

deutschen Schülerinnen und Schüler.<br />

Die tendenziellen Zunahmen in Deutschland können ebenso wenig<br />

statistisch abgesichert werden, wie die tendenziellen Abnahmen in<br />

Schweden und in Dänemark. Zusammen mit den signifikanten Abnahmen<br />

in I<strong>sl</strong>and und Norwegen lässt sich für die Gruppe der nordischen<br />

Staaten (mit Ausnahme von Finnland) keine Stabilität auf einem hohen<br />

Niveau der Lesekompetenz feststellen. Nur in Finnland finden wir für<br />

die Lesekompetenz tatsächlich stabile Werte.<br />

PISA 2000 PISA 2003 PISA 2006<br />

Abb. 1: Veränderung der Lesekompetenz in den nordischen<br />

Ländern, in Deutschland und im OECD-Durchschnitt von PISA<br />

2000 bis PISA 2006 (vgl. Drechsel u. Artelt 2007, S. 412)<br />

Die Veränderungen der mathematischen Kompetenz lassen sich<br />

nicht über alle drei Erhebungszyklen abbilden, da hierzu die Menge<br />

und Zusammensetzung der verwendeten Aufgaben nicht ausreicht<br />

(Carstensen et al. 2007; Carstensen et al. 2008). Deswegen wird im Folgenden<br />

nur die Entwicklung auf der Mathematikgesamtskala zwischen<br />

PISA 2003 und PISA 2006 betrachtet. Abbildung 2 stellt diese Veränderung<br />

in den nordischen Ländern, in Deutschland und im OECD-<br />

Durchschnitt graphisch dar.<br />

Ähnlich wie für die Lesekompetenz sind auch für die mathematische<br />

Kompetenz stabile Werte für Finnland – auf gleichbleibend hohem Niveau<br />

– aber auch für Dänemark und Deutschland auf der Gesamtskala<br />

von 2003 zu 2006 zu verzeichnen. In Norwegen sind die Unterschiede<br />

zwischen 2003 und 2006 nicht statistisch bedeutsam. In zwei der nordischen<br />

Länder – I<strong>sl</strong>and und Schweden – wird hingegen eine deutliche<br />

Abnahme der mathematischen Kompetenz zwischen PISA 2003 und<br />

PISA 2006 und damit eine negative Veränderung beobachtet.<br />

Die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Kompetenz lässt<br />

sich ausschließlich zwischen PISA 2000 und PISA 2003 über alle Staaten<br />

reliabel beschreiben (Carstensen et al. 2007; Carstensen et al. 2008).<br />

In Abb. 3 sind diese Entwicklungen in den nordischen Staaten, im<br />

OECD-Durchschnitt und in Deutschland dargestellt.<br />

Die dargestellten Befunde zeigen, dass die durchschnittliche naturwissenschaftliche<br />

Kompetenz der finnischen Schülerinnen und Schüler<br />

sich zwischen PISA 2000 und PISA 2003 bedeutsam verbessert hat und<br />

damit stabil oberhalb des OECD-Durchschnitts und auch der deutschen<br />

Ergebnisse liegt. Doch auch in Deutschland ist ein bedeutsamer<br />

Anstieg der naturwissenschaftlichen Kompetenz zu verzeichnen. Eine<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

13<br />

negative Entwicklung der naturwissenschaftlichen Kompetenz zeigt<br />

sich hingegen in Norwegen und Dänemark, die bei PISA 2003 Kompetenzwerte<br />

erreichen, die deutlich unter dem OECD-Durchschnitt und<br />

auch unter dem deutschen Wert liegen. Nur in I<strong>sl</strong>and und Schweden<br />

weisen die Fünfzehnjährigen bei PISA 2000 und bei PISA 2003 ähnliche<br />

Kompetenzwerte in den Naturwissenschaften auf.<br />

550<br />

540<br />

530<br />

Finnland*<br />

550<br />

540<br />

530<br />

520<br />

510<br />

500<br />

490<br />

480<br />

Finnland<br />

Dänemark<br />

PISA 2003 PISA 2006<br />

Abb. 2: Veränderung der mathematischen Kompetenz auf der<br />

Gesamtskala in den nordischen Ländern und in Deutschland<br />

von PISA 2003 bis PISA 2006 (vgl. Frey et al. 2007, S. 265)<br />

I<strong>sl</strong>and*<br />

Deutschland<br />

Schweden*<br />

OECD*<br />

Norwegen<br />

Der Blick auf die Veränderung der Kompetenzen in den drei Domänen<br />

zeigt, dass die Ergebnisse keineswegs in allen nordischen Ländern<br />

stabil und auf einem hohen Niveau bleiben. Einzig in Finnland sind die<br />

Kompetenzwerte in allen drei Domänen über die drei Erhebungszeitpunkte<br />

hinweg stabil oder werden sogar besser (z.B. in den Naturwissenschaften).<br />

In allen anderen nordischen Ländern treten in einer oder<br />

mehreren Domänen negative Veränderungen der durchschnittlichen<br />

Kompetenz über die drei Erhebungszeitpunkte hinweg auf. In Deutschland<br />

hingegen verändern sich die Kompetenzen tendenziell positiv.<br />

Fazit – Sind die nordischen Bildungssysteme<br />

im internationalen Vergleich besonders<br />

erfolgreich?<br />

Die Befunde aus den drei PISA-Erhebungen in den Jahren 2000,<br />

2003 und 2006 zeigen, dass die nordischen Länder im internationalen<br />

Vergleich keineswegs durchgängig Spitzenpositionen einnehmen,<br />

die eine Idealisierung der nordischen Bildungssysteme rechtfertigen<br />

könnten. Das Bild, das die PISA-Erhebungen zeichnen, ist deutlich<br />

differenzierter.<br />

Im internationalen Vergleich schneiden allein die finnischen<br />

Fünfzehnjährigen konstant herausragend ab.<br />

Finnland erreicht in allen Domänen Spitzenplätze und die Kom-<br />

520<br />

510<br />

500<br />

490<br />

480<br />

470<br />

Abb. 3: Veränderung der naturwissenschaftlichen Kompetenz<br />

in den nordischen Ländern und in Deutschland von PISA 2000<br />

bis PISA 2003 (vgl. Rost et al. 2004, S. 121)<br />

petenzen der finnischen Schülerinnen und Schüler sind auch über die<br />

drei Erhebungszeitpunkte stabil. In keinem anderen nordischen Land<br />

ist der Erfolg des Bildungssystems so konstant wie in Finnland. Obwohl<br />

Schweden in der ersten PISA-Erhebung im Jahr 2000 bedeutsam<br />

oberhalb des OECD-Durchschnitts lag, haben sich die Kompetenzen<br />

der schwedischen Fünfzehnjährigen tendenziell und in einigen Bereichen<br />

signifikant negativ entwickelt.<br />

Doch auch in anderen nordischen Staaten zeichnen sich Stagnationen<br />

oder Abnahmen in den Kompetenzwerten über die PISA-Erhebungen<br />

ab. Ein Grund hierfür liegt eventuell in den fortlaufenden<br />

Reformen, die besonders im schwedischen, aber auch in anderen nordischen<br />

Bildungssystemen seit den 1990er-Jahren vorangetrieben wurden<br />

und die ihre Wirkung im Verlauf der drei PISA-Erhebungszyklen<br />

entfaltet haben (Matti 2009). Damit liefern diese Befunde jedoch keine<br />

Belege dafür, dass eine ähnliche Bildung<strong>sl</strong>andschaft mit einer hohen<br />

Wertschätzung für Bildung – wie sie in den nordischen Staaten zu finden<br />

ist – zwang<strong>sl</strong>äufig zu erfolgreichen Bildungsergebnissen führt. Sie<br />

weisen aber auch darauf hin, dass Reformen im Bildungswesen sich auf<br />

unterschiedliche Art und Weise auf die Bildungsergebnisse eines Landes<br />

auswirken können.<br />

Dänemark<br />

Deutschland<br />

Finnland<br />

I<strong>sl</strong>and<br />

PISA 2000 PISA 2003<br />

Schweden<br />

Deutschland*<br />

OECD<br />

I<strong>sl</strong>and*<br />

Norwegen<br />

Dänemark<br />

Autoren • Grafiken: Mareike Kobarg, Manfred Prenzel<br />

Norwegen<br />

Schweden<br />

OECD<br />

Statistisch bedeutsame Veränderung der Mittelwerte sind mit einem<br />

Stern (*) gekennzeichnet<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


14<br />

:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />

Mehr Europa in der Schule<br />

Ein Thema, das Lehrer verunsichert<br />

Aktuell steht Europa verstärkt im Fokus der Medien, schließlich wird gegenwärtig nach einer Lösung für die<br />

Eurokrise gesucht. In den deutschen Klassenzimmern gibt es dagegen wenig Information zu Europa und der EU.<br />

Europabezogene Gegenstände sind in den Lehrplänen der verschiedenen<br />

Schularten weit über den sozialkundlichen Unterricht<br />

hinaus breit verankert. Für seine Bearbeitung im Unterrichtsalltag<br />

steht eine beinahe unüberschaubare Menge an Unterrichtsmaterialien<br />

zur Verfügung und an Informationen für Lehrkräfte besteht ebenfalls<br />

kein Mangel. Trotzdem sei Europa sowohl bei Lehrern als auch<br />

bei Schülern laut wissenschaftlicher Untersuchungen ein ungeliebtes<br />

Thema und werde gern bei der Unterrichtsplanung außen vor gelassen,<br />

erklärt Prof. Dr. Helmar Schöne von der Pädagogischen Hochschule<br />

Schwäbisch Gmünd.<br />

Jetzt haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Immerfall<br />

und Prof. Dr. Helmar Schöne Referenten aus ganz Deutschland<br />

an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd im Rahmen<br />

eines Workshops gefragt, warum Europa in den Schulen nicht ankommt.<br />

„Scheinbar scheuen sich Lehrern dieses Thema zu unterrichten, da<br />

die Zusammenhänge oftmals komplex und schwierig zu erfassen sind<br />

und sie selbst oft nicht ausreichend informiert sind. Eine Ursache dafür<br />

ist, dass Lehrern Gemeinschaftskunde oft fachfremd unterrichten und<br />

nicht dafür ausgebildet sind”, so Helmar Schöne. Werde Europa und<br />

die EU dann doch zum Unterrichtsthema, stehe meistens das institutionenkundliche<br />

Lernen im Vordergrund – eine für die Schülern sehr<br />

trockene Art des Lernens. Das erleichtere ihnen nicht unbedingt den<br />

Zugang zu Europa.<br />

Während des Workshops haben die Referenten jedoch deutlich<br />

aufgezeigt, dass es interessante Angebote gibt, mit denen Lehrer das<br />

Interesse der Schüler für Europa wecken können. Ein interkultureller<br />

Austausch mit Partnerschulen, verschiedene Projekte, Planspiele<br />

oder Exkursionen lockern den Unterricht auf, motivieren Schüler und<br />

vermitteln politische Zusammenhänge lebensnah. Alfons Scholten,<br />

Lehrer am Theodor- Fliedner-Gymnasium in Düsseldorf, bestätigt:<br />

„Meine Schüler fühlen sich nach dem Austausch mit Schülern unserer<br />

Partnerschulen in Polen und den Niederlanden als Europäer”. Deswegen<br />

plant Alfons Scholten auch schon das nächste Comeniusprojekt.<br />

Diesmal soll die EU im Mittelpunkt stehen, damit sich die Schüler stärker<br />

damit auseinander setzten können.<br />

Wenn Schüler sich im Unterricht mit dem Thema Europa befassen,<br />

setzen sie damit nachhaltig einen Grundstein für ihre weitere politische<br />

Teilhabe als Bürger in der EU, weiß Prof. Dr. Monika Oberle<br />

von der Universität Göttingen: „Wer sich in der Schule mit Europa beschäftigt<br />

hat, weiß auch als Erwachsener besser Bescheid und setzt sich<br />

mit Politik auseinander.” Erwachsene greifen nachhaltig auf politisches<br />

Wissen aus dem Schulunterricht zurück. Was Schüler im Unterricht<br />

über Europa und die EU lernen, hat damit einen Einfluss darauf, ob<br />

und wie sie als Erwachsene ihre Bürgerrechte in der EU wahrnehmen<br />

und nutzen.<br />

Wichtig seien jedoch auch Angebote für Lehrer, die ihnen helfen,<br />

sich besser in das Thema einzuarbeiten und sich so ein fundiertes Wissen<br />

über Europa aneignen zu können. Denn werde ein Thema durch<br />

Lehrer interessant und lebhaft vermittelt, steige auch das Interesse bei<br />

den Schülern. Europa und die EU ist zum Beispiel fester Bestandteil<br />

der Lehrer-Ausbildung in der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch<br />

Gmünd. "Leider ist das in Deutschland nicht überall der Fall", berichtet<br />

Monika Oberle.<br />

Mit dem Workshop startete die Pädagogische Hochschule Schwäbisch<br />

Gmünd das Projekt „EU unterrichten: Wissensbestände sichern,<br />

Schulpraxis reflektieren, Verständnis wecken”, in dem Europa und die<br />

EU verstärkt als Thema in der Lehrer-Aus- und -fortbildung eingebunden<br />

werden soll, auch über Schwäbisch Gmünd hinaus. Das Projekt<br />

wird über ein Jahr durch das Jean-Monnet-Programm „Learning EU<br />

at school” der Europäischen Kommission gefördert.<br />

Text: bildungsklick.de • Foto: Fotolia<br />

Europa – zu komplex für<br />

den Schulunterricht?<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Thema Schultrojaner<br />

15<br />

Ende der Debatte?<br />

Weiteres Vorgehen nach Aus für Schultrojaner unklar<br />

Das Problem ist alles andere als neu, wenn auch erst in den letzten Jahren in das Bewusstsein der Öffentlichkeit<br />

gelangt. Die Rede ist von der Verwertung geistigen Eigentums im digitalen Raum. Die Musikbranche<br />

leidet schon seit Jahren unter Umsatzeinbußen durch unautorisierte Vervielfältigungen, und auch die Verlage<br />

geraten angesichts des Siegeszugs von Kindle & Co. allmählich unter Zugzwang.<br />

So ist auch der Vorstoß der Bunde<strong>sl</strong>änder in Kooperation mit den<br />

Verlagen zu verstehen, Schulrechner auf digitale Kopien urheberrechtlich<br />

geschützter Texte hin zu untersuchen. Bereits seit Jahren<br />

existierten Pläne, mittels einer Scansoftware stichprobenartig Untersuchungen<br />

anzustellen – das Vorhaben wurde unter der unrühmlichen<br />

Bezeichnung „Schultrojaner” und durch die umfangreiche mediale Berichterstattung<br />

einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Rechtliche Grundlage<br />

sollte der „Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen”<br />

bilden, den die zuständigen Landesministerien bereits 2010<br />

mit den Bildungsverlagen abgeschlossen hatten.<br />

Das geplante Vorgehen löste von Beginn an heftige Proteste aus.<br />

Beispielhaft dafür steht der offene Brief eines Frankfurter Lehrers (zu<br />

finden unter http://herrlarbig.de/2011/11/01/betreff-schultrojaner-liebeschulbuchverlage/#more-26883),<br />

der nicht nur völlig zurecht moniert,<br />

dass sämtliche Schulen unter Generalverdacht gestellt würden, sondern<br />

auch giftig auf die Jahresbilanz der Verlage verweist, in denen<br />

unter anderem von der erfreulichen Entwicklung des Schulbuch-Geschäfts<br />

die Rede ist.<br />

Auch der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-<br />

Peter Meidinger, äußerte sich außerordentlich kritisch zum Vorhaben<br />

der Länder, so etwa zur Forderung Niedersachsens, die Schulen sollten<br />

entsprechende Informationen offenlegen: „Von den <strong>Schulleitung</strong>en<br />

werden damit eine Vorgehensweise und eine Erklärung gefordert, denen<br />

sie gar nicht nachkommen können. Für die Abgabe der Erklärung<br />

müssten sie alle Dateien und Ordner von Lehrkräften und Schülern<br />

auf allen lokalen und externen Schulrechnern durchforsten, wozu sie<br />

weder in der Lage noch berechtigt sind. Einerseits stehen den <strong>Schulleitung</strong>en<br />

dazu die erforderlichen technischen Hilfsmittel nicht zur Verfügung,<br />

zum anderen würden dadurch die Persönlichkeitsschutzrechte<br />

von Lehrkräften massiv verletzt!”, erklärte Meidinger.<br />

Unter anderem wegen dieser harschen Proteste wurde das Vorhaben<br />

nun auf Eis gelegt. Dabei hätte es die Verlagsbranche eigentlich von Anfang<br />

an besser wissen müssen, schließlich hat die Musikindustrie in den<br />

letzten Jahren bereits in ähnlicher Weise vorgeführt, wie es nicht geht:<br />

Drakonische Strafen für vergleichsweise geringe Verstöße und eine Politik<br />

der Repression haben das Ansehen der Branche nachhaltig geschädigt,<br />

ohne entscheidende wirtschaftliche Verbesserungen zu bringen.<br />

Immerhin zeigen die Beteiligten mittlerweile Einsicht. So soll nun<br />

gemeinsam mit Lehrerverbänden und anderen Betroffenen eine Lösung<br />

erarbeitet werden, Gespräche hierzu sollen bereits im Sommer<br />

beginnen; dies ließ der Verband Bildungsmedien in seiner Pressemitteilung<br />

vom 7. Mai 2012 verlauten.<br />

Die im Rahmen dieser Gespräche entwickelte Lösung soll „alltagstauglich<br />

und praxisorientiert” sein, heißt es darin. Rechtekontrollen<br />

sollen in der Folge überflüssig werden, Rechtssicherheit für die Schulen<br />

gewährleistet sein.<br />

Auch Meidinger begrüßt diesen Ansatz: „Die Vernunft hat sich<br />

letztendlich durchgesetzt. Es ist wohl jedem der Beteiligten bewusst geworden,<br />

dass die Entwicklung und der Einsatz einer solchen Software,<br />

die den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt, nicht möglich<br />

ist. Zudem steht es gerade den Schulministerien als fürsorgepflichtige<br />

Dienstherrn der Lehrkräfte schlecht an, diese unter Generalverdacht<br />

zu stellen”, betonte der Verbandschef.<br />

Ob es sich bei der Neuausrichtung tatsächlich um die erhoffte Weichenstellung<br />

handelt, muss sich allerdings erst noch erweisen. Schließlich<br />

wurden bi<strong>sl</strong>ang weder die Parteien benannt, die an den Verhandlungstisch<br />

gebeten werden sollen, noch konkrete Ansätze vorgestellt,<br />

die zur Diskussion stünden.<br />

Autor: Michael Smosarski • Foto: Fotolia<br />

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b:<strong>sl</strong> 03:2012


16<br />

:Thema Inklusive Architektur<br />

Raum für Inklusion<br />

Architektonische Konzepte für die Schule der Zukunft<br />

Das Wort Inklusion erobert allmählich unsere Kommunikation. Kannte es vor wenigen Jahren kaum einer, ist<br />

es nun ein fester Begriff in der Bildung<strong>sl</strong>andschaft und darüber hinaus. Gesagt, getan: Inklusion ist beschlossene<br />

Sache und wird die Förderschule abschaffen. Baulich bedeutet dies eine Herausforderung, architektonisch<br />

für viele Kinder sogar einen Rückschritt. Sollte nicht jede Schule eine Förder-Schule sein?<br />

Schulneubau für die Diakonische<br />

Stiftung Wittekindshof<br />

Ende 2006 haben die Vereinten Nationen das Übereinkommen<br />

über die Rechte von Menschen mit Behinderung verabschiedet.<br />

Mit ihrer Unterzeichung hat sich die Bundesregierung verplichtet, die<br />

Rechte von Menschen mit Behinderungen durchzusetzen. Zwar ist per<br />

Grundgesetz die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen<br />

verboten (Art.3 Abs.3) und ihre gesellschaftliche Teilhabe im Sozialgesetzbuch<br />

festgelegt (SGB IX), jedoch weist insbesondere das deutsche<br />

Schulsystem Mängel in der Gleichstellung auf. Für die Bunde<strong>sl</strong>änder<br />

bedeutet die Umsetzung der Forderungen erhebliche Mühen.<br />

Lang genug hatte das dreigliedrige Schulsystem ein viertes Standbein,<br />

die Förderschulen. Noch vor einigen Jahren als „Sonderschule”<br />

bezeichnet, ist diese ein Wiedergänger der ehemaligen „Hilfsschule”<br />

für die vermeintlich wenig begabten Jungen und Mädchen. Dabei sortierte<br />

das Schulsystem fleißig diejenigen aus, die nicht in die Regelschule<br />

sollten; eine Einrichtung pro Behinderungsart.<br />

Beinahe fünf Prozent der Schüler eines Jahrgangs werden ausgesiebt,<br />

weil sie an herkömmlichen Schulen nicht zu beschulen seien.<br />

Zurzeit besuchen ca. 11,5 Millionen Schüler eine Schule, davon 500.000<br />

eine Förderschule. Auch Rückschulquoten entschuldigen nicht, dass<br />

das Förderschulsystem für viele eine Einbahnstraße ist.<br />

Im internationalen Vergleich ist das Förderschulsystem eine absolute<br />

Besonderheit, in den meisten Nachbarländern liegt der Anteil der<br />

Sonderschüler im Promillebereich. Neidisch macht es, wenn auf einem<br />

Kongress der Leiter eines Schweizer Schulsprengels verkündet, Inklusion<br />

beschäftigte ihn nicht; bei ihm gingen Kinder unterschiedlichster<br />

Fähigkeiten seit eh und je gemeinsam in den Unterricht.<br />

Erstaunlich ist, was unter dem Begriff „Behinderung” verstanden<br />

wird. Kinder, deren Verhalten von dem abweicht, was sozial erwünscht<br />

ist, gelten genauso wie Kinder, die weniger zügig lernen, als behindert.<br />

Auffälig ist, dass die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler der Förderschule<br />

aus von Armut bedrohten Elternhäusern stammen. Armut,<br />

Chancen und Bildung hängen in Deutschland zusammen wie in einem<br />

Land der sogenannten dritten Welt.<br />

Die gemeinsame Beschulung von Kindern aller Fähigkeiten wird<br />

das Thema Integration überholen und als Zwischenlösung ablösen.<br />

Ging man lange von homogenen Lerngruppen aus und sonderte alle<br />

Schüler, die nicht in das Schema „normal” passten aus, sahen integrative<br />

Ansätze die Aufnahme einzelner, besonderer Schüler in eben<br />

diese als homogen verstandene Gruppe vor. Integrative Ansätze gibt<br />

es schon lange, so haben beispielsweise Gesamtschulen integrative<br />

Klassen, in denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam am<br />

Unterricht teilnehmen.<br />

Der Begriff Inklusion soll die Unterscheidung von behindert und<br />

nicht-behindert aufheben. Vielmehr, Inklusion ist eine Einstellung, die<br />

ohne solche Kategorien auskommen will. Vielmehr werden Menschen<br />

in ihren individullen Eigenschaften angenommen, ihre Stärken betont.<br />

Inklusion setzt die Unterschiedlichkeit von Menschen voraus. Kulturelle<br />

Eigenschaften, Sprachen, Geschlechterrollen und Weltanschauungen<br />

gehören dazu wie körperliche oder geistige Voraussetzungen.<br />

Was kann eine inklusive Schule? Sie eröffnet allen Kindern gleiche<br />

Bildungschancen. Sie ist ein Ort, an dem Verschiedenheit gelebt und<br />

an dem Vielfalt gewünscht ist. Eine gute Schule ist eine, die Alle willkommen<br />

heißt.<br />

In unserer Sprache unterscheiden wir nicht zwischen der Schule<br />

Elke Maria Alberts ist Architektin in Bielefeld, Schulbau ihre Leidenschaft. Neben Neubauten im Bildungsektor<br />

engangiert sie sich in der gebauten Schulentwicklung. Zusammen mit ihrem Büro alberts.architekten<br />

BDA, zu dem auch der Pädagoge Marc Wübbenhorst gehört, berät sie Schulen, wie diese im ”Pädagogischen<br />

Bauausschuss” Lösungen für die Weiterentwicklung von Schule erarbeiten. Internet: www.alberts-architekten.de<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Thema Inklusive Architektur<br />

17<br />

und dem Schulgebäude, das System und das Gebäude verschmelzen<br />

sowohl im Sprachgebrauch als auch in der Wahrnehmung. Das Lernen<br />

hat immer einen Ort, nimmt Raum ein, hat ein Zuhause.<br />

Architektur bildet Vorstellungen von Bildung und Erziehung ab.<br />

Sie übersetzt diese in gebauten Raum. Sollten unsere zivilisatorischen<br />

Überreste nach 5000 Jahren ausgegraben werden, so ließen sich anhand<br />

unseren Bauwerken Bildungsideale und Ordnungsvorstellungen<br />

deuten.<br />

Die demokratischen Bauten der siebziger und die altehrwürdigen<br />

Gymnasien der Kleinstadt sind hierfür sicher prägnante Beispiele. Für<br />

den Außenstehenden wirkt die erzieherische Aussage einer Schule im<br />

Vorbeigehen: Wie oft sieht man ein Schulgebäude und schließt auf die<br />

Qualität der dort gebotenen Bildung?<br />

Aus dem Schulprogramm erwächst der Anspruch an den Raum.<br />

Natürlich hat eine berufsvorbereitende Schule mehr Räume für den<br />

praktischen Unterricht, seien es Computerräume oder Werkstätten.<br />

Viele Schulen scheinen auf den ersten Blick ohne ein besonderes<br />

Raumprogramm auszukommen. Zu lange hatte der Frontalunterricht<br />

ein Raumkonzept herausgebildet, eine Tafel, das wuchtige Lehrerpult<br />

und genügend Tische und Stühle für 30 Schüler reichten aus. Für offene<br />

Unterrichtsformen sind diese Räume selbstredend nicht geeignet,<br />

selbst das verschieben der Tische für Gruppenarbeit stellt den Unterricht<br />

im 45-Minuten-Takt vor eine Herausforderung: Schon wieder Tische<br />

hin- und herschieben? Unglücklich, dass eben solche Räume zum<br />

Lebensmittelpunkt von Jugendlichen werden.<br />

Schulen mit neuen Unterrichtskonzepten haben auffallende Raumkonzepte.<br />

So kommt die Bielefelder Laborschule ganz ohne Klassenräume<br />

aus. Förderschulen bieten in der Regel mehr Platz für weniger<br />

Kinder, eine Förderschule für Kinder mit körperlichen Beeinträchtigen<br />

benötigt Pflegeräume, die im besten Falle nicht funktional, sondern<br />

liebevoll gestaltet sind. Standdardmäßig lassen Gruppenräume individuelle<br />

Förderung zu.<br />

Die meisten Förderschulen, besonders die für Kinder mit geistigen<br />

und körperlichen Behinderungen, sind hervorragend ausgestattet. Sie<br />

bieten Kindern und Jugendlichen ein angemessenes Umfeld und dieses<br />

beschränkt sich eben nicht nur auf ein paar zusätzliche Behindertentoiletten.<br />

Sie bieten Flächen zum Spielen, Toben, Kochen und Basteln. Sie<br />

hüllen Flure in spannendes Licht und strahlen Wärme aus.<br />

Diese Schulgebäude aufzugeben, bedeutet Qualität zu verlieren.<br />

Viele Kinder würden also architektonisch einen Rückschritt erleben.<br />

Braucht Unterricht eigentlich Raum? Dazu passt das Bild, in dem<br />

der griechische Philosoph unter dem Olivenbaum seinen wenigen<br />

Schülern anhand eines Kiesels die Welt erklärt und ein paar flüchtige<br />

Striche mit dem Finger in den Sand zeichnet. Auch hier hat das<br />

Lernen den richtigen Ort. Der Olivenbaum spendet dem Philosphen<br />

Schatten, und die ruhige See übertont das Wort des Meisters nicht,<br />

der Sand ist das Schreibgerät, die Natur reich als Anschauungsmaterial.<br />

Die Situation ermöglicht auf jeden Schüler angemessen einzugehen.<br />

Raum und Pädagogik gehören zusammen, sie unterstützen und<br />

bedingen sich.<br />

Pädagogische Architektur regt das Lernen an. Der „Raum als<br />

dritter Pädagoge” erhält zurzeit zunehmend Aufmerksamkeit. Der<br />

Dreiklang geht so: Der Lehrer ist der erste, die Schüler der zweite und<br />

der Raum der dritte Pädagoge. Gelungene Architektur leistet einen<br />

Beitrag zur Pädagogik und im Umkehrschluss benötigt Bildung gute<br />

Architektur.<br />

Inklusion ist eine wichtige Aufgabe, die zurzeit erst einmal strukturell<br />

gelöst wird. In einigen Städten werden Förderschulen bereits<br />

nach und nach aufgelöst. Strukturelle Lösungen bedeuten, dass Regelschulen<br />

Kinder mit Förderbedarf aufnehmen und Sonderschullehrer<br />

im Unterricht dieser Schulen mitwirken.<br />

Welche baulichen Antworten die Länder finden wollen, ist noch<br />

nicht beantwortet. Lediglich Hinweise finden sich, wenn von Seiten der<br />

Schulträger dargestellt wird, dass auch bauliche Maßnahmen notwendig<br />

werden, wenn man es mit der Inklusion ernst meint.<br />

Schulen stehen somit vor dem Problem, dass ihre Gebäude für die<br />

Aufnahme von Kindern mit besonderem Förderbedarf oft nicht geeignet<br />

sind und es an Notwendigem fehlt. Die Forderung, dass kein Kind<br />

noch länger von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen werden<br />

soll, ist richtig. In naher Zukunft muss aber die Frage nach räumlichen<br />

Veränderungen dringend beantwortet werden.<br />

Wie soll ein Kind im Liegerollstuhl am Unterricht teilhaben, wie<br />

wird man einem Kind gerecht, dass blind ist? Natürlich hat ein Kind,<br />

das einen erhöhten Pflegebedarf aufweist, das Recht, die örtliche<br />

Grundschule zu besuchen. Aber wie, wenn Pflegeräume fehlen? Und<br />

trotzdem, nur durch Pflegeräume Chancengleichheit ermöglichen zu<br />

wollen, ist zu kurz gedacht. Vielmehr muss das Schulgebäude Angebote<br />

für Alle bereit stellen, Möglichkeiten bieten und sollte einen auffordernden<br />

Charakter haben.<br />

Von der Chinesischen Mauer stammt ein schönes Beispiel, dass an<br />

dieser Stelle genannt werden soll. Dem amerikanischen Rollstuhlfahrer<br />

gelingt es, diese zu besuchen, weil ihn hilfsbereite Einheimische wie<br />

selbstverständlich die unzähligen Stufen hinauftragen. Die inklusive<br />

Gesellschaft beginnt im Kopf.<br />

Für die inklusive Regelschule wird es eine allumfassende Lösung<br />

erst einmal nicht geben. Aber den Rat, sich an der Qualität der Förderschulen<br />

zu orientieren. Für die Schule im Ort, auf die das Thema<br />

Inklusion zurollt, zählen die kleinen Schritte. Die innere Haltung,<br />

individuelle Lösungen abgestimmt auf einzelne Schüler, erste notwendige<br />

bauliche Anpassungen und das große Ziel, die Schule der<br />

Zukunft zu einem anregenden Lernort und zu einer Schule für Alle<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Autorin: Elke Maria Alberts • Fotos: Peter Wehowsky<br />

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b:<strong>sl</strong> 03:2012


18<br />

:Thema <strong>Schulleitung</strong>ssymposium<br />

Führung und Partizipation<br />

Das 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium lädt ein<br />

Am 20. und 21. September 2012 findet das 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium zum Thema „Führung und Partizipation”<br />

statt, zu dem die Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein e.V.,<br />

die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-<br />

Holstein (IQSH) herzlich einladen. Die Veranstaltung wird von vielen Kooperationspartnern und Verbänden,<br />

u.a. auch dem Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands (ASD) unterstützt.<br />

Nach einer Begrüßung durch die Veranstalter werden sich die<br />

Referenten am ersten Veranstaltungstag mit dem Thema Führung<br />

und Partizipation aus bildungstheoretischer, ethischer und kognitionspsychologischer<br />

Sicht beschäftigen. Wir freuen uns, zu diesen<br />

Vorträgen mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers (Universität Zürich),<br />

Herrn Prof. Dr. Peter Fischer (Universität Regensburg) und Frau Prof.<br />

Dr. Elsbeth Stern (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich)<br />

renommierte und ausgewiesene Experten gewonnen zu haben. Mit<br />

diesen Beiträgen und der anschließenden Podiumsdiskussion unter<br />

Leitung von Herrn Martin Spiewak (Wochenzeitung DIE ZEIT) sollen<br />

das Spannungsfeld zwischen Führung und Partizipation aufgezeigt<br />

und Chancen und Risiken für den Führungsalltag verdeutlicht werden<br />

(siehe hierzu auch das Interview mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers).<br />

Im Anschluss wird bei einem gemeinsamen Abendbuffet zum informellen<br />

Austausch in das Steigenberger Hotel Kiel geladen.<br />

Am zweiten Veranstaltungstag wird der Direktor des IQSH, Herr<br />

Dr. Thomas Riecke-Baulecke, einen Rückblick und Perspektiven zu<br />

den im Jahr 2004 verabschiedeten Kieler Thesen geben. Im Anschluss<br />

spricht Frau Prof. Dr. Felicitas Thiel (Freie Universität Berlin) zu den<br />

Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche <strong>Schulleitung</strong>. Workshops<br />

zu verschiedenen Einzelthemen (z.B. IT-gestützte Kommunikationsprozesse<br />

in der <strong>Schulleitung</strong> und im Kollegium, Lehrergesundheit als<br />

Führungsaufgabe, Arbeit mit Elternvertretern, Was wir über guten Unterricht<br />

wissen - Hinweise aus der Hattie-Studie und Schule verbessern<br />

– von Daten zu Taten) runden die Veranstaltung weiter ab. Zum Abschluss<br />

spricht Herr Prof. Dennis Snower, Ph.D. (Präsident des Instituts<br />

für Weltwirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität Kiel) zum<br />

Thema Partizipation konkret: Junge Menschen übernehmen Verantwortung<br />

für globale Probleme.<br />

Anmeldungen zum 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium sind möglich<br />

bis zum 27. August 2012 per E-Mail an Frau Köhl (tanja.koehl@<br />

iqsh.landsh.de). Bitte geben Sie bei Ihrer Anmeldung Ihre Dienstadresse<br />

an und informieren Sie uns, ob Sie auch an der Abendveranstaltung<br />

teilnehmen möchten. Der Tagungsbeitrag beträgt 40,- € (70,- € mit Buffet<br />

am Abend).<br />

Weitere Informationen, u.a. auch zu Übernachtungsmöglichkeiten<br />

finden Sie unter http:// www.kieler-schulleitungssymposium.de<br />

Interview mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers (Universität Zürich)<br />

Christian Buske: Das Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium findet dieses<br />

Jahr zum fünften Mal statt. Sehen Sie Fortschritte bei der Schulleiterqualifizierung<br />

in Deutschland und nennenswerte Auswirkungen<br />

auf die Qualität von Schule und Unterricht?<br />

Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Grundsätzlich:<br />

<strong>Schulleitung</strong>en sind eigene<br />

<strong>Beruf</strong>sfelder, die eine geordnete<br />

Ausbildung verlangen. Die<br />

heutige Qualifizierung für diesen<br />

<strong>Beruf</strong> geschieht immer noch unterschiedlich<br />

und im Blick auf die<br />

Effekte wenig kontrolliert. Konsensfähige<br />

Standards scheint es<br />

nicht zu geben. Auf der anderen<br />

Prof. Dr. Jürgen Oelkers<br />

Seite hat sich die herausgehobene<br />

Stellung der <strong>Schulleitung</strong> immer<br />

mehr durchgesetzt und man kann daher sicher von einem Mentalitätswandel<br />

sprechen.<br />

Christian Buske: Das diesjährige <strong>Schulleitung</strong>ssymposium steht<br />

unter dem Motto „Führung und Partizipation”. Wie kann man als<br />

<strong>Schulleitung</strong> die Sicherheit erlangen, immer wieder zwischen diesen<br />

beiden Aspekten ausgewogen handeln zu können?<br />

Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Schweizer Studien zeigen, dass Lavieren<br />

nicht belohnt wird. Die <strong>Schulleitung</strong> wird mit einem persönlichen<br />

Stil ausgeübt, der sich im Laufe des Prozesses bildet. Erfolgreiche<br />

Schulleiterinnen können beides, Führen und Partizipation anregen.<br />

Kein Kollegium lässt sich etwas vorschreiben, aber jedes Kollegium<br />

ist dankbar, wenn die <strong>Schulleitung</strong> gute Ideen annimmt, selber Ideen<br />

hat und vor allem sie umsetzen kann, egal woher sie kommen.<br />

Christian Buske: Was muss Schule leisten, damit junge Menschen<br />

noch mehr als bisher Verantwortung für globale Probleme übernehmen<br />

können?<br />

Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Junge Menschen engagieren sich vielfältig,<br />

aber nicht für abstrakte Ideale oder nur soweit, wie sie sich konkretisieren<br />

lassen. Das Engagement muss Sinn und Spass machen, aber es<br />

muss auch abschliessbar sein und Zeit für anderes lassen. Oft schaffen<br />

die Schulen Zugänge zu den entsprechenden Projekten. Wenn die<br />

<strong>Schulleitung</strong>en wachsam sind, wird sich dieser Trend mit der Einführung<br />

von Ganztagsschulen verstärken. Gelegenheiten gibt es genug<br />

und an den Schülern wird es nicht scheitern.<br />

Text & Interview: Christian Buske • Foto: privat<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Thema ASD-Frühjahrstagung<br />

19<br />

Auf dem Prüfstand<br />

Diskussionen und Ergebnisse der ASD-Frühjahrstagung<br />

Wir schreiben das Jahr 2012, doch so futuristisch diese Zahl auch klingen mag, so grundsätzlich unverändert<br />

ist der Zustand der Bildung<strong>sl</strong>andschaft hierzulande. Immer noch besteht die Bildungsrepublik Deutschland<br />

aus sechzehn bunten föderalen Flicken, und jedes Bunde<strong>sl</strong>and darf sein eigenes Süppchen kochen, was Schule<br />

und das Drumherum betrifft. Wozu also ein länderübergreifender <strong>Schulleitung</strong>sverband wie der ASD? Macht<br />

übergeordnete Verbandsarbeit wirklich Sinn angesichts der Realitäten der hiesigen Bildung<strong>sl</strong>andschaft? Diese<br />

und weitere Fragen wurden auf der diesjährigen Frühjahrstagung des ASD aufgeworfen – und beantwortet.<br />

Organisiert vom Berliner Landesverband IBS begaben sich die<br />

Delegierten des Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverbands Deutschlands<br />

im April drei Tage lang in Klausur. Auf der Tagesordnung stand<br />

unter anderem das Thema „Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln”. Um<br />

eine Gesprächsbasis zu schaffen, referierten mit Maja Dammann und<br />

Siegfried Seeger zwei ausgewiesene Experten zum Forschungsstand<br />

auf diesem Gebiet.<br />

Konsequent wurden ihr Input und die Diskussionsergebnisse in<br />

Handlungsmaximen für die <strong>Schulleitung</strong>spraxis umgemünzt. So gehört<br />

nach Ansicht des ASD zur gesundheitlichen Vor- und Fürsorge<br />

neben einer umfangreichen <strong>Beruf</strong>squalifizierung auch die uneingeschränkte<br />

Dienstvorgesetztenfunktion, die Schulleitern überhaupt erst<br />

konkrete Handlungsspielräume eröffnet. Klar umrissen werden müssen<br />

zudem die Aufgaben- und Hoheitsbereiche von <strong>Schulleitung</strong>en auf<br />

der einen und Schulaufsicht auf der anderen Seite. Zu häufig ist das<br />

Verhältnis derzeit geprägt von Unsicherheiten.<br />

Auch die Politik muss ihre Planungen an den Gegebenheiten der<br />

schulischen Praxis orientieren und lernen, in pädagogischen Sieben-<br />

Jahres-Zyklen statt in vierjährigen Legi<strong>sl</strong>aturperioden zu denken.<br />

Um einerseits breit zu informieren und andererseits ein politisches<br />

Instrument zur Hand zu haben, wird der ASD diese Arbeitsergebnisse<br />

in angemessener Form publik machen. Das Besprochene wird redaktionell<br />

bearbeitet und in Kürze als Informationsbroschüre und Forderungskatalog<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Dem Föderalismus zum Trotz<br />

Es gehört zur Dialogkultur eines funktionierenden Verbandes, das<br />

eigene Handeln von Zeit zu Zeit zu hinterfragen, und spätestens seit<br />

Descartes dürfte klar sein, das so manches erst bezweifelt werden muss,<br />

bevor es bestätigt werden kann. So stand auf der Frühjahrstagung des<br />

ASD auch die Frage nach den eigenen Handlungsspielräumen auf der<br />

Tagesordnung.<br />

Tatsächlich, so das Ergebnis des offenen Austauschs, ist die Arbeit<br />

des Verbands mehr als berechtigt – sie ist dringend notwendig. Denn<br />

viele Probleme betreffen <strong>Schulleitung</strong>en in allen Bunde<strong>sl</strong>ändern gleichermaßen.<br />

Dazu gehört nicht nur das schwierige Thema <strong>Schulleitung</strong>sgesundheit;<br />

auch die allerorten zu gering bemessene Leitungszeit<br />

oder das Gebiet der Schulentwicklung mit seinen aktuellen Herausforderungen<br />

Inklusion und Ganztagsschule beschäftigen Schulleiterinnen<br />

und Schulleiter in ganz Deutschland. Die Lösungsansätze und Ideen zu<br />

diesen Themenkreisen sind naturgemäß von Land zu Land sehr verschieden<br />

– wie aber kann ein Austausch über Landesgrenzen hinweg<br />

sichergestellt werden, wenn nicht durch entsprechende Verbandsarbeit?<br />

Überhaupt gibt es Forderungen, die nicht auf Landes-, sondern auf<br />

Bundesebene debattiert werden müssen; dazu gehört beispielsweise die<br />

vom ASD seit langem geforderte Abschaffung des Bildungsföderalismus.<br />

Hierzu braucht es jedoch eine Interessenvertretung, die den einzelnen<br />

<strong>Schulleitung</strong>s-Landesverbänden eine gemeinsame Stimme verleiht.<br />

Erst im überregionalen Zusammenschluss können <strong>Schulleitung</strong>en als<br />

Interessengruppe wahr- und politisch ernst genommen werden. Denn<br />

immer noch gilt der Grundsatz: Gemeinsam ist man stärker!<br />

Autor: Michael Smosarski • Foto: Jan Bismark<br />

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Gemeinsam lässt sich<br />

mehr erreichen<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


» Schülerwettbewerb zur politischen Bildung<br />

www.schuelerwettbewerb.de<br />

» Bundeszentrale für politische Bildung<br />

www.bpb.de<br />

2012 >><br />

Themen sind unter anderem:<br />

» Denk mal – was soll das Denkmal?<br />

» Europa – Hoffnung für Flüchtlinge?<br />

» Fairer Handel – leckere Schokolade?<br />

» Trinken bis zum Umfallen?!<br />

» Gleichberechtigung – mehr als Quote?<br />

» Politik brandaktuell – das freie Thema<br />

Mitmachen können alle Klassen/Kurse<br />

der Stufen 5 bis 11 (in beruflichen Schulen<br />

auch Stufe 12). Ein Thema steht erstmals<br />

auch 4. Klassen offen.<br />

Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei<br />

Eigeninitiative entwickeln, die Lehrkräfte<br />

sich auf eine Hilfestellung beschränken.<br />

Über 400 Gewinne:<br />

z.B. zehn einwöchige Klassenfahrten<br />

u.a. nach Paris, Prag, Berlin und München<br />

– fünf Tage volles Programm inklusive<br />

Unterkunft und Verpflegung!<br />

Außerdem gibt es Geldprämien bis zu<br />

1.500 Euro, Sach- und Sonderpreise.<br />

Nachforschen!<br />

www.schuelerwettbewerb.de<br />

Mit reizvollen Themen, klar gegliederten<br />

Projekten und attraktiven Preisen hilft<br />

Ihnen der Schülerwettbewerb der<br />

Bundeszentrale für politische Bildung/<br />

bpb, Ihre Schülerinnen und Schüler zu<br />

motivieren.<br />

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anderen Fächern können Klassen, Kurse<br />

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:Thema Weiterbildungsstudiengang<br />

21<br />

„Inklusive Pädagogik”<br />

Starke Nachfrage für Weiterbildungsstudiengang<br />

An der Universität Hildesheim können sich Lehrkräfte umfassend für das „inklusive Unterrichten” fortbilden.<br />

Eine Bewerbung für den zweijährigen Weiterbildungsstudiengang „Inklusive Pädagogik und Kommunikation”<br />

ist ab sofort möglich. Das Studium beginnt im Oktober 2012.<br />

Menschen mit Behinderung haben auch in Deutschland einen<br />

Rechtsanspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen.<br />

Dies regelt eine entsprechende UN-Konvention. Im<br />

kommenden Jahr wird Niedersachsen deshalb verpflichtend mit der<br />

Inklusion in den allgemeinen Schulen starten.<br />

„Deutschland hat sich dazu verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem<br />

zu verwirklichen. Kinder und Eltern warten auf die Umsetzung.<br />

Damit die Potentiale aller Kinder frühzeitig erkannt und die Lernprozesse<br />

optimal gestaltet werden können, ist es unerläs<strong>sl</strong>ich, dass Lehrkräfte<br />

eine weitere Professionalisierung erfahren, die ihnen entsprechende<br />

Handlungs- und Kommunikationsinstrumente zur Verfügung<br />

stellen”, unterstreicht Dr. Margitta Rudolph, Leiterin des Weiterbildungszentrums<br />

der Universität Hildesheim.<br />

Das Weiterbildungszentrum der Universität Hildesheim gehört<br />

zu den wenigen Hochschulen im deutschsprachigen Raum, an denen<br />

Lehrkräfte, Schulleiter/innen und Erzieher/innen im Rahmen eines<br />

berufsbegleitenden Master-Studiengangs umfassend in Theorie und<br />

Praxis der Inklusiven Pädagogik aus- und fortgebildet werden. 24 Studierende<br />

aus Deutschland und der Schweiz werden seit Herbst 2011 in<br />

den Bereichen Umgang mit Heterogenität und Konflikten, Kommunikation<br />

oder Classroom-Management in heterogenen Gruppen über einen<br />

Zeitraum von zwei Jahren weitergebildet. „Das Bistum Hildesheim<br />

lässt gleich vier Lehrkräfte in dem Weiterbildungsstudiengang „Inklusive<br />

Pädagogik und Kommunikation” fortbilden. In der Studierendengruppe<br />

sind Pädagogen unterschiedlicher Schulformen und Arbeitsbereiche<br />

vertreten”, erläutert Britta Ostermann, die die operative Leitung<br />

des Studiengangs übernommen hat.<br />

Die Stiftung Universität Hildesheim hat den berufsbegleitenden<br />

Master-Studiengang „Inklusive Pädagogik und Kommunikation” in<br />

Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Zürich, Institut Unterstrass,<br />

konzipiert. Mit der Universität Bozen (Südtirol) und der PH<br />

Innsbruck (Österreich) wird eine Kooperation angestrebt. Der Weiterbildungsmaster<br />

ist länderübergreifend angelegt. Die Module sind auch<br />

einzeln als Zertifikatsabschluss studierbar.<br />

Ausführliche Informationen gibt es unter www.uni-hildesheim.de/<br />

inklusion.<br />

Text: Univeristät Hildeheim/ WiN<br />

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22<br />

:Thema ASD-Länderberichte<br />

Die Entstehung von (Schulleiter-)Glück<br />

„Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln” als Trendthema<br />

„Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln” – das klingt wahlweise nach Beamtendeutsch oder akademischer Imponierrhetorik.<br />

Was auch immer man von dem Begriff halten mag, sein Inhalt ist über die Maßen wichtig und<br />

hat noch nicht seinen Weg ins Bewusstsein von <strong>Schulleitung</strong>en und anderen an Schule Beteiligten gefunden.<br />

Das zumindest zeigte jüngst die Auswertung der ASD-Länderberichte 2012.<br />

Baden-<br />

Würtemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thema im Landesverband?<br />

(Pilotprojekt Umfrage Prof. Huber zur Belastung<br />

von <strong>Schulleitung</strong>)<br />

2011: 1. Gesinsheitskongress des bsv – Großer<br />

Erfolg – Fortsetzung in 2013 geplant<br />

Herbsttagung 2012: Belastungsprofile von<br />

<strong>Schulleitung</strong>en<br />

Bisher nur Randthema i.V.m. <strong>Schulleitung</strong>sbelastung<br />

Zentrales Thema auf Klausurtagung 02/2012 –<br />

Teilnahme an der Huber-Studie<br />

Ja, Referat auf dem <strong>Schulleitung</strong>stag April 2012<br />

Ja, auf Herbsttagung 2011: Ref. Prof. Rolff / NRW beteiligt<br />

sich an der Umfrage zur Studie von Prof. Huber<br />

Nein<br />

Nein<br />

Erfolgreicher Kongress / Versuch, eine Untersuchung<br />

zu initiieren.<br />

Die ASD-Länderberichte zum Thema Salutogenes SL-Handeln<br />

Angebote in Landesinstituten?<br />

Angebote richten sich v.a. an Lehrer / Die Verantwortung für einen gesundheitsfördernde<br />

Arbeitsbedingungen obliegt dem SL –<br />

Land und Schulverwaltung beschränken sich auf Vorträge und<br />

Bereit-stellung von Kursangeboten; Schulträger ist ganz außen<br />

Nur an Uni Passau Fortbildungen zur Gesundheitsförderung für Lehrkräfte.<br />

Angebote gibt es sowohl für Lehrer als auch für <strong>Schulleitung</strong>en<br />

LI bietet für alle Gruppen Fortbildungen und Krisenintervention an.<br />

Psychosoziale Belastungsanalyse für Lehrkräfte<br />

AfL bietet entsprechende Fortbildungen an.<br />

Kaum Fortbildungen für Lehrer / speziell für <strong>Schulleitung</strong>en: gar keine<br />

Kein Landesinstitut vorhanden. Fortbildungsangebot zu diesem Thema<br />

dünn gesät.<br />

SL sind "Lehrer mit besonderen Aufgaben", deshalb keine SL- Themen in<br />

der Fortbildung. Allerdings: Projekt Lehrergesundheit vom Ministerium<br />

(seit 2001)<br />

Nur für Lehrer/innen<br />

Es gibt Angebote für Lehrer, aber nicht explizit für <strong>Schulleitung</strong>smitglieder.<br />

ist ein Thema (gewesen) ist kaum Thema (gewesen) kein Thema (gewesen)<br />

Bei der „Salutogenese” handelt es sich zwar um einen Begriff,<br />

der auf die Gesundheit von Körper und Geist abzielt, jedoch<br />

dezidiert nicht im Sinne einer Abwesenheit von Krankheit. Er steht<br />

in erster Linie für Gesunderhaltung oder vielmehr noch für Entstehung<br />

von Gesundheit. Dieser Paradigmenwechsel in der Forschung –<br />

fort von der Pathogenese, der Fixierung auf Krankheitsentstehung –<br />

beinhaltet eine Vielzahl neuer Denkweisen und Vital-Konzepte.<br />

Aaron Antonovsky beispielsweise schilderte die Bewältigung von<br />

Spannungszuständen mittels allgemeiner Widerstandsressourcen als<br />

Schlüssel zum Wohlbefinden.<br />

Diese Konzepte scheinen jedoch nur langsam den Weg in die Schulgebäude<br />

der Republik zu finden. So gaben viele ASD Landesverbände<br />

an, erst 2011 im Rahmen größerer Veranstaltungen das Thema behandelt<br />

zu haben, bei anderen steht es für das laufende Jahr auf der Agenda.<br />

Für die <strong>Schulleitung</strong>svereinigung NRW etwa stand die letzte<br />

Herbsttagung unter dem Titel „Neue Herausforderungen für <strong>Schulleitung</strong>en”,<br />

der Hauptvortrag von Prof. erem. H.G. Rolff enthielt aktuelle<br />

Forschungsergebnisse zum Zusammenwirken von <strong>Schulleitung</strong>,<br />

Schulentwicklung und „Schulgesundheit”. Auch die kommende<br />

Herbsttagung wird dieses Thema als Schwerpunkt haben.<br />

Das gleiche lässt sich von der VSL, der Vereinigung für Schulleiterinnen<br />

und Schulleiter in Baden-Württemberg, behaupten, deren<br />

kommender <strong>Schulleitung</strong>stag am 18. Oktober ebenfalls Salutogenese<br />

in den Fokus rückt. Auch der Berliner Verband IBS hat mit dem Tagungsthema<br />

„Belastungsprofile von <strong>Schulleitung</strong>en” das bi<strong>sl</strong>ang marginalisierte<br />

Thema aufgegriffen.<br />

Ein Trend also? Es steht zu hoffen. Der Wert eines bundesweiten<br />

Erfahrungs-Austauschs von <strong>Schulleitung</strong>en zeigt sich hier in jedem<br />

Fall, denn die thematische Synchronisierung ist unter anderem Folge<br />

der intensiven Zusammenarbeit aller beteiligten Landesverbände im<br />

Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e.V.<br />

Autor: Michael Smosarski<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

23<br />

Alles Käse?<br />

Schule leiten in den Niederlanden - ein Rückblick mit drs. Rinnie van der Horst<br />

In diesem Gespräch zwischen Brüdern blickt Rinnie van der Horst zurück auf bildungspolitische Entwicklungen<br />

und ihre Auswirkungen auf Schulleiter in den Niederlanden seit den 70er Jahren. Rinnie van der<br />

Horst hat verschiedene Schulen geleitet, als Vorstandmitglied des Dachverbandes viele Verhandlungen mit<br />

dem Ministerium geführt, den internationalen Dachverband für Schulleiter mit gegründet und ist zurzeit Geschäftsführer<br />

der „de Meerwegen scholengroep” – einem breit gegliederten Schulenverbund mit 5500 Schülern.<br />

Welche bildungspolitischen Tendenzen führten zu welchen Schulentwicklungen? Was bedeutete das für die<br />

Rolle der <strong>Schulleitung</strong> und wie haben sie sich professionalisiert? Der Blick über den Tellerrand eröffnet auch<br />

für deutsche Schulleiter neue Perspektiven.<br />

Paul van de Horst: Rinnie, du bist jetzt schon über 60 und kannst<br />

auf eine Zeit als Lehrer und Schulleiter in den Niederlanden zurückschauen,<br />

in der viele Umbrüche und Bildungsexperimente stattgefunden<br />

haben. Eine Zeit reich an Erfahrungen also. Was waren deine<br />

wichtigsten Stationen bis jetzt?<br />

Rinnie van der Horst: Angefangen habe ich als Diplom-Ökonom 1973<br />

in einem Schulzentrum/Gymnasium als Lehrer für Ökonomie in Amstelveen.<br />

Nach 5 Jahren reizte mich auch das Führen einer Schule und<br />

ich bewarb ich mich für eine Konrektorstelle an einem Schulzentrum<br />

in Mijdrecht; 7 Jahre später trat ich als Rektor eines Gymnasiums in<br />

der Nähe von Haarlem an. Während dieser Zeit interessierte ich mich<br />

zunehmend auch die politische Dimension von Schulentwicklung<br />

und ich übernahm einen Posten beim Schulleiterdachverband AVS.<br />

Ab dem Zeitpunkt arbeitete ich 4 Tage in der Woche in der Schule und<br />

1 Tag für den Dachverband. Das AVS war damals eine Gewerkschaft<br />

für Schulleiter und ich war zuständig für die Verhandlungen mit dem<br />

Ministerium.<br />

Anfang der 90er Jahre wurde eine neue <strong>Schulleitung</strong>svertretung<br />

gegründet – das VVO – und damit mutierte die Organisation von einer<br />

gewerkschaftlich orientierten in eine Arbeitgeberorganisation. Ich<br />

wurde ihr Vorsitzender und habe dort viele Jahre als Geschäftsführer<br />

des Verbandsbüros in Utrecht gearbeitet. Dies führte nach vielen Jahren<br />

dazu, dass das Ministerium bereit war ein vom VVO organisiertes<br />

5-jähriges Qualifizierungsprojekt für <strong>Schulleitung</strong>en zu finanzieren:<br />

die Fortbildungsakademie ISIS. Ich bin während dieser autonomen<br />

Projektphase Geschäftsführer dieser Akademie gewesen.<br />

Danach hatte ich lang genug „über der Praxis geschwebt” und<br />

wollte wieder näher zur Basis. Als ich dann für eine <strong>Schulleitung</strong>sstelle<br />

angefragt wurde, habe ich die angenommen. <strong>Schulleitung</strong>sstelle<br />

stimmt nicht ganz. Ich führe nun seit über 5 Jahren zusammen mit<br />

einem Kollegen die Geschäfte des Schulenverbunds „de Meerwegen<br />

scholengroep” in Amersfoort. Der Verbund umfasst 5 Schulen vom<br />

Gymnasium bis zur Schule für „Drop-Outs”. Alle 5 Schulen haben eine<br />

eigene <strong>Schulleitung</strong>.<br />

P. v. d. Horst: Du warst in den letzten Jahren auch international viel<br />

unterwegs…<br />

R. v. d. Horst: Ja, das fing an mit der Schaffung der ESHA, einem internationalen<br />

Dachverband für Schulleiter und Schulleiterinnen. Der<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband in NRW war da auch Mitglied. Später haben wir<br />

dann die ICP, The International Conference of Principals, eine Organisation<br />

hauptsächlich für <strong>Schulleitung</strong>en aus dem Sekundarbereich,<br />

gegründet, in deren Vorstand ich 12 Jahre tätig war und deren Vorsitzender<br />

ich 4 Jahre lang war.<br />

P. v. d. Horst: Ich habe den Eindruck, dass die Stationen deiner Laufbahn<br />

im niederländischen Bildungssystem schon viel aussagen über<br />

das Bildungssystem und seine Entwicklung selbst. Lass uns doch noch<br />

mal genauer hinschauen. Wenn du die Zeit in verschiedenen Perioden<br />

einteilen müsstest, wie würdest du die Unterteilung dann vornehmen?<br />

R. v. d. Horst: Ich glaube, dass eine wichtige Zäsur Anfang der 90er<br />

Jahre lag. Ich habe schon erwähnt, dass die <strong>Schulleitung</strong>sbewegung<br />

sich dort anfing zu ändern von einem eher gewerkschaftlich orientierten<br />

Verbund hin zu eine eher arbeitgeberorientierten Organisation.<br />

Dies fiel zusammen mit der so genannten Lump-Sum-Regelung. Vor<br />

1994 hatten Schulen zwar viele Freiheiten, mussten ihre Kosten aber<br />

deklarieren beim Ministerium. Dies führte nach den experimentierfreudigen<br />

80er Jahren zu einem beachtlichen finanziellen Defizit beim<br />

Kultusministerium. Das Ministerium wollte von diesem Finanzierungssystem<br />

weg hin zu einem dezentralen schulgebundenem Finanzierungs-<br />

und Budgetierungssystem. Schulen mussten mit den ihnen<br />

zugeteilten Mitteln selbst wirtschaften. Dies bedeutete natürlich ein<br />

gewaltiges Umdenken und machte Schulen erheblich mehr zu selbständige<br />

Unternehmen, deren Resultate allerdings nach wie vor zentral<br />

geprüft und veröffentlicht wurden (Zentralprüfungen für die Schüler<br />

und die Inspektion für die Schulen).<br />

P. v. d. Horst: Wie würdest du die Periode vor 1994 beschreiben?<br />

R. v. d. Horst:Aus heutiger Sicht wurde in dieser Zeit noch relativ viel<br />

vom Kultusministerium geregelt und vorgeschrieben – auch wenn<br />

Schulen damals immerhin noch eigenständiger sein konnten als<br />

Schulen in Deutschland. Schulleiter standen damals noch viel mehr<br />

unter Aufsicht als jetzt. Zwar konnten wir damals wohl eigenständig<br />

Paul van der Horst (Jahrgang 1054) studierte Onderwijskunde und arbeitete 12 Jahre lang in den Niederlanden<br />

als Wissenschaftlicher Begleiter (Vrije Universiteit, Amsterdam) und als Systemcoach an einem<br />

der drei Landespädagogischen Begleitzentren (CPS). Seit 1992 in Deutschland tätig arbeitet er als freier<br />

Supervisor – vernetzt in der denkbar-gruppe oldenburg – u.a. mit Schulen und schulpsychologischen Beratungsstellen<br />

in Bremen, Niedersachsen und NRW zusammen. Darüber hinaus ist er als Supervisor/Coach und<br />

Trainer in anderen Bereichen aktiv. Er ist als Lehrsupervisor verbunden mit der DGSv (Deutsche Gesellschaft<br />

für Supervision) und der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg.<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


24<br />

:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

Personal annehmen und entlassen, aber nach den Kriterien des KMs.<br />

Kostentechnisch kannten wir ein Deklarationssystem. Wir hatten das<br />

Geld also nicht selbst auf dem Konto, sondern die finanzielle Mittel<br />

lagen beim Kultusministerium unter Aufsicht. Dieses Deklarationssystem<br />

führte dazu, dass Schulen regelmäßig ihre Budgets überschritten<br />

und das Ministerium die finanziellen Löcher stopfen musste. Es wurde<br />

also jährlich teurer. Ein wichtiger und pragmatischer Grund um Schulen<br />

mit der Lump-Sum-Regelung selbst Budgetverantwortung zu übertragen.<br />

Fortan gab es feste Budgets und keine finanzielle Unterstützung<br />

bei Nichteinhalten der finanzielle Grenzen.<br />

In den 70er und 80er Jahren wurde an niederländische Schulen viel<br />

experimentiert mit neuen didaktischen Konzepten und Methoden. Das<br />

Leitbild der Schule wurde wichtig. Das Schülercoachingsystem wurde<br />

eingeführt und weiterentwickelt. Binnendifferenzierung wurde wichtig<br />

da Schüler an vielen Schulen bis zum 15. Lebensjahr in heterogenen<br />

Gruppen unterrichtet wurden. Neue Fächer wurden eingeführt und existierende<br />

Fächer wurden zusammengefügt zu Fachbereichen. Die Schule<br />

als Ganzes – als System – stand im Mittelpunkt der Veränderung. Das<br />

Kultusministerium führte viele Projekte ein, für die Schulen sich auf<br />

freiwilliger Basis anmelden konnten. Sie bekamen dazu neben Funktionsstellen<br />

und Fortbildung auch Systemcoaching, um die Anpassung<br />

an und den Transfer in die eigene Schule entsprechend zu gestalten.<br />

Für uns Schulleiter lag am Anfang der Fokus auf dem Inhaltlichen.<br />

Führung fand nebenbei in Gesamtkonferenzen und zwischen Tür und<br />

Angel statt. Bis wir dann konfrontiert wurden mit der Tatsache, dass<br />

viele Erneuerungen wenig durchdacht waren und nicht auf ihre benötigten<br />

Rahmenbedingungen abgeklopft. Viele Veränderungsprojekte<br />

drohten zu versanden. Es wurde langsam deutlich, dass Innovationen<br />

auch eine bestimmte Organisationsform in Schulen brauchten und dass<br />

Schulen dazu nicht ausreichend organisiert waren. Kernpunkt war die<br />

fehlende und unverbindliche Zusammenarbeit zwischen den KollegInnen.<br />

Unser Job wurde es, die Organisation der Schule so zu verändern,<br />

dass das Kollegium lernen musste, untereinander mehr zusammen<br />

zu arbeiten. Viele unserer Fortbildungen und Coachings zielten auf<br />

die Entwicklung und Umsetzung einer passende Organisationstruktur<br />

und -kultur. Mühsame Arbeit, die von den meisten von uns ein Umdenken<br />

und ein verändertes Rollenverständnis erforderten.<br />

Auf der anderen Seite wurde uns langsam deutlich, dass Schulentwicklung<br />

auch ein Politikum war, das der politischen Statusförderung<br />

mancher Parteien und Politiker dienen sollte. Bildungspolitik entfernte<br />

sich im Laufe der 80er Jahre von der Realität und vom Machbaren.<br />

Waren einerseits die Bedingen noch nicht ausreichend, waren auf der<br />

andere Seite die politischen Forderungen, Erwartungen und Anforderungen<br />

an Schulen überzogen. Wir drohten so zwischen politischem<br />

Innovationswust und Opportunismus zerrissen zu werden.<br />

P. v. d. Horst: Kannst du das letzte noch mal erläutern?<br />

R. v. d. Horst: Politische Willkür hat viele Veränderungen kaputt gemacht,<br />

indem Politiker wissenschaftliche Ideen annahmen, ohne sie<br />

wirklich zu verstehen oder verstehen zu wollen. Stattdessen installierten<br />

sie Arbeitsgruppen und sogenannte Task-Forces, in denen fast<br />

jeder mitdenken durfte – basisdemokratisch versteht sich. Nur die<br />

Schulen wurden dabei kaum einbezogen. Das meiste wurde über ihre<br />

Köpfe hinweg diskutiert. Das Ganze resultierte dann in dicken Gutachten<br />

mit vielen Anhängen. Es war modern, dass alle sich beteiligen<br />

konnten. Es machte aber die Entscheidungsfindung nicht gerade einfach.<br />

Viele gute Ideen sind so verkümmert. Auch ich habe mich in dieser<br />

Zeit als Schulleiter und Verbandsvorsitzender manchmal zu sehr<br />

verführen lassen das politische Spiel mitzuspielen. Rückblickend wäre<br />

mehr Nüchternheit und Zurückhaltung die bessere Strategie gewesen.<br />

P. v. d. Horst:Das hört sich sehr kritisch an . . .<br />

R. v. d. Horst: Ja, ich kann es jetzt auch mit mehr Abstand sehen. Und<br />

da muss man manchmal auch anerkennen, dass nicht alles so toll gelaufen<br />

ist, wie man damals gedacht hatte. Das liegt in der Natur der<br />

Dinge. Ich kann jetzt auch kritischer mit solchen Sachen umgehen<br />

und weiß, dass Entwicklungen am Reißbrett nur angerissen werden<br />

können. Schulentwicklung kann man nur prozessorientiert gestalten,<br />

wenn man bereit ist anzuerkennen, dass Entwicklung wie ein Projekt<br />

ist, das man immer wieder auswerten und korrigieren muss. Ich glaube<br />

aber auch, dass diese Zeit in gewisser Hinsicht notwendig war um<br />

uns mit der Materie vertraut zu machen. Wir wussten doch gar nicht<br />

wie das neue Unterrichten oder wie es später hieß – das neue Lernen<br />

aussehen könnte. Herumspinnen war notwendig um uns in die neuen<br />

Möglichkeiten und Notwendigkeiten herein zu denken. Das könnte<br />

aber vielleicht auch anders gehen - mit weniger Frust!<br />

Was auch positiv war ist die Einführung eines Schülercoachingsystems<br />

(Leerlingbegeleiding) neben dem Unterrichtssystem Anfang der<br />

70er Jahren. Damit bekam jeder Lehrer neben seiner Aufgabe, Fachinhalte<br />

zu vermitteln, auch die Verantwortung, Schüler zu begleiten in<br />

ihrer Persönlichkeits- und Lernentwicklung. Dieses System wurde<br />

auch im Stundenplan verankert. Weil Coachen und Unterrichten zwei<br />

vom Charakter her unterschiedliche Tätigkeiten sind und deswegen<br />

auch unterschiedlicher Kompetenzen bedürfen, werden Lehrer hier<br />

regelmäßig und systematisch fortgebildet und erhalten Supervision.<br />

Am Anfang lag dabei der Fokus auf dem Lernen und der <strong>Beruf</strong>swahl.<br />

Seit vor 15 Jahren durch Forschungsergebnisse deutlich wurde, dass<br />

Schüler im sozial-emotionalen Bereich Unterstützung brauchen und<br />

in Zukunft brauchen werden und klar wurde wie wichtig diese Unterstützung<br />

für die Effektivität von Lernprozessen ist, nehmen fördernde<br />

Aktivitäten in dem Bereich einen relativ großen Platz im Schüler- und<br />

Klassencoaching ein.<br />

P. v. d. Horst: Zusammenfassend könnte man sagen, dass die Zeit bis<br />

1994 gekennzeichnet war von vielen Experimenten, die aber oft keine<br />

realistische Richtung hatten und oft ohne klare Projektstruktur waren.<br />

Die Rolle der <strong>Schulleitung</strong> veränderte sich weg vom Verwalten<br />

hin zum Fördern und Fordern einer schulpädagogisch-inhaltlichen<br />

Gestaltung der Schullandschaft. Danach konzentrierte man sich darauf,<br />

die Schulorganisation so anzupassen, dass Raum und Struktur<br />

für nachhaltige Veränderungsprozessen entstand.<br />

R. v. d. Horst: Ja, das war Steuern auf hoher See. Nicht immer angenehm,<br />

weil man viel Frust abbekam. Wir hatten damals auch dringenden Bedarf<br />

an Fortbildung und Coaching. Wir haben uns dabei nicht am Ministerium<br />

orientiert, sondern die Fortbildung bei Externen gebucht.<br />

Rinnie van der Horst (Jahrgang 1950) studierte Diplom-Ökonomie und fing 1974 als Lehrer für Ökonomie<br />

an seiner ersten Schule an. Er ist mittlerweile über 30 Jahren als Schulleiter tätig und war in den Niederlanden<br />

lange Jahre aktiv im Vorstand des holländischen Dachverbandes. Er gründete mit KollegInnen den<br />

internationalen Dachverband ICP. Anknüpfend an seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Bildungsakademie<br />

für Schulleiter, arbeitet er seit einigen Jahren als Geschäftsführer des Schulen-Verbundes „de Meerwegen<br />

scholengroep” in Amersfoort.<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

25<br />

P. v. d. Horst: Aus welchem Grund?<br />

R. v. d. Horst: Wir konnten dort – unzensiert – mit externen und erfahrenen<br />

Trainern lernen, wie wir unsere Rolle verändern konnten. Dort<br />

haben wir uns eigentlich immer enger organisiert, weil deutlich wurde,<br />

dass wir alle im gleichen Boot sitzen und uns mit den gleichen Fragen<br />

herum schlagen. Wir konnten unsere Situation auch anders – freier,<br />

offener – analysieren, besprechen und untereinander eine gemeinsame<br />

Linie entwickeln. Das motivierte enorm und bewirkte, dass unser Engagement<br />

beim <strong>Schulleitung</strong>sdachverband wachsen konnte. Es wurde mit<br />

Inhalt und Leben gefüllt. Umgekehrt sah der Dachverband wie wichtig<br />

es ist die Mitglieder zu schulen und die Schulung in eigener Regie zu<br />

gestalten und ... da auch noch ein wenig Geld mit zu verdienen.<br />

P. v. d. Horst: So sind sie – die Holländer?<br />

R. v. d. Horst: Ja, da ist nichts verkehrt an. Es vergrößert die Möglichkeiten<br />

der Interessenvertretung und die Mitglieder bekommen da auch<br />

was für zurück.<br />

P. v. d. Horst: Wie würdest du die Zeit nach 1994 beschreiben?<br />

R. v. d. Horst: Das war die Zeit,<br />

als Schulen auch budgetär eigenverantwortlich<br />

wurden und damit<br />

eigenständig als Unternehmen geführt<br />

werden sollten. Die finanzielle<br />

Autonomie hat uns viele Kopfschmerzen<br />

bereitet. Wir waren<br />

doch gar nicht gewöhnt, eine Institution<br />

auch finanziell zu managen.<br />

Darüber hinaus gab es in der Zeit<br />

eine Welle von Fusionsprozessen<br />

zwischen Schulen. Schulen mussten<br />

wirtschaftlicher werden und<br />

Zusammenlegung oder Schulverbunde<br />

waren dafür wichtige Mittel.<br />

Das stärkte aus der Not geboren<br />

die Managementkompetenz in den<br />

<strong>Schulleitung</strong>en. Es kostete aber<br />

auch sehr viel Kraft. Weitere Professionalisierung<br />

der <strong>Schulleitung</strong><br />

war notwendig.<br />

Der Dachverband expandierte<br />

damals sehr und organisierte<br />

Dienstleistungen für Schulen und<br />

<strong>Schulleitung</strong>en in der Form von<br />

Fort- und Ausbildungen, Tagungen,<br />

Help-Desks, Projekten und verschiedene<br />

Beratungsformen. Das<br />

VVO entwickelte sich in diesen Jahren<br />

zur ernst zu nehmenden selbständigen<br />

Kraft in der bildungspolitischen<br />

Diskussion. Es machte sich<br />

zum Ziel, die Qualität von Schulen und Unterricht selbst in die Hand<br />

zu nehmen, sich nicht mehr als „nur” ausführendes Organ des KMs zu<br />

betrachten, sondern sich als gleichberechtigter Partner des Kultusministeriums<br />

zu verhalten. Bildungspolitik und Professionalisierung sollte<br />

mehr mit Schulen gestaltet werden und nicht für Schulen. Wir organisierten<br />

dazu die interne Expertise selbst und kauften bzw. vermittelten<br />

externe Expertise. Das VVO nennt sich zurzeit „VO-raad”.<br />

Da nun deutlich wurde, dass die Rolle des Schulleiters sich definitiv<br />

änderte, fanden diese Fort- und Weiterbildungen einen sehr großen<br />

Zulauf. Vor 1994 hatten viele Entwicklungen – und damit auch die<br />

Fortbildung – ein eher unverbindlichen Charakter. Die Fortbildungsinhalte<br />

bewegten sich hauptsächlich im Bereich Konzept- und Organisationsentwicklung,<br />

Veränderungsprozesse, Projektmanagement,<br />

Teambuilding, Personalmanagement, neue Rollenidentität.<br />

Das Kultusministerium beschäftigte sich derweil hauptsächlich<br />

direkt oder indirekt mit wirtschaftlichen Themen. Kosten mussten<br />

eingespart werden. Der Versuch, möglichst viel zu standardisieren um<br />

Resultate besser messen zu können, wurde gestartet. Keine wirkliche<br />

pädagogische, didaktische Entwicklung wurde angeschoben oder gefördert.<br />

Viele Veränderungen entpuppten sich in den letzten Jahren als<br />

politische, wirtschaftlich motivierte Veränderungen. Schulen sollen<br />

ihre Schüler länger am Tag beschulen um die Eltern zu entlasten. Aller-<br />

Rinnie und Paul van der Horst im Gespräch<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


26<br />

:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

dings ohne dass die finanziellen Mittel oder Konzepte dafür bereitgestellt<br />

würden. Um den Druck von Außen einigermaßen standhalten zu<br />

können, organisierte der Dachverband Treffen, Arbeitsgruppen, Fortbildungen<br />

mit externen Trainern und baute ein System von Helpdesks<br />

und kollegialen Consultants auf um <strong>Schulleitung</strong>skollegen schnell<br />

und unbürokratisch helfen zu können. Das war allein schon deswegen<br />

notwendig, weil durch den ministeriellen und öffentlichen Druck von<br />

Außen Kollegen eine Extra-Orientierung von Innen brauchten. Diesen<br />

professionellen, gegenseitigen Austausch und die praktische Unterstützung<br />

organisierte der Dachverband. Das wiederum förderte das<br />

gemeinsame kollegiale Denken. Auch jetzt haben viele <strong>Schulleitung</strong>en<br />

es schwer die Kosten zu überblicken, um gut wirtschaften zu können.<br />

Schulleiter sind – auch mit einer guten Verwaltungsabteilung – nun<br />

mal keine Finanzexperten.<br />

Schulleiter sind also in den letzten Jahren oft hauptsächlich damit<br />

beschäftigt gewesen, die alltäglichen Kosten und die Kosten von Veränderungen<br />

durchzurechnen, um im Budget zu bleiben. Die Aufmerksamkeit<br />

richtet sich hauptsächlich auf das Technisch-Wirtschaftliche.<br />

Da der Dachverband mit anderen Themen beschäftigt war, hat<br />

mittlerweile der Markt die Organisation von Inhalten und Managementfortbildungen<br />

wieder übernommen. Das passt zurzeit sehr gut.<br />

Neben fachinhaltlichen Entwicklung sind Themen wie Veränderungsund<br />

Projektmanagement, Personalführung, Kommunikation und<br />

Gesprächsführung noch immer wichtige Themen. Es kommen immer<br />

wieder jüngere SchulleiterInnen nach und diese Themen kann man<br />

sich nun mal am besten berufsbegleitend sich zu eigen machen.<br />

Wollen wir zukunftsgerichtet bleiben, dann muss es so sein, dass<br />

wir entwicklungsorientierter mit Schülern arbeiten müssen. Die Schule<br />

soll sich also in ihrem Unterrichtsangebot und ihren Unterrichtsformen<br />

verstärkt flexibel den Schülern anpassen und nicht umgekehrt,<br />

so wie das jetzt noch zu sehr der Fall ist. Das braucht ein noch größeres<br />

Maß an kollegialer Kooperation verbunden mit einer weiteren Professionalisierung<br />

der Coachingskompetenz.<br />

Organisationsentwicklung und Teamentwicklung bleiben also<br />

Thema.<br />

P. v. d. Horst: Damit sind wir schon in der Zukunft angekommen. Etwas<br />

für die nächste Generation?<br />

R. v. d. Horst: Nein, das glaube ich nicht. Nicht nur für die nächste<br />

Generation. Ich glaube, dass auch wir Älteren unsere Erfahrung noch<br />

einbringen können. So glaube ich – und ein wachsender Teil meiner<br />

Kollegen –, dass wir von der Fragmentierung in unserem Schulsystem<br />

wegkommen müssen. Das passt so langsam nicht mehr in diese Zeit<br />

und ist – laut Kenn Robinson – ein Relikt der industriellen Revolution.<br />

Schüler befinden sich in einem fortdauernden Lernprozess und wir<br />

müssten sie mehr dabei coachen – über Fächer, Klassen aber auch über<br />

Schulen hinweg. Das bedeutet, dass wir uns auch für unsere Schüler interessieren<br />

sollten, nachdem sie unsere Schule durchlaufen haben. Der<br />

Aufbau von Kooperationsnetzen rund um die Schüler erfordert viel<br />

Flexibilität von Lehrern und Schulen. Schülercoaching wird hier noch<br />

weiter ausgebaut. Selbstorganisiertes, problemgesteuertes Lernen. Die<br />

Schullandschaft wird sich in Zukunft ändern und damit auch unsere<br />

Rollen als Lehrer und Schulleiter.<br />

P. v. d. Horst: Kannst du noch etwas dazu sagen, wie du die Veränderungen<br />

siehst?<br />

R. v. d. Horst: Ich habe da keine fest umrissene Vorstellungen, aber die<br />

Idee, dass wir mutiger sein sollten, radikale Veränderungen zu denken.<br />

Wir leben in einer digitalen Welt. In Schulen ist das irgendwie noch<br />

nicht wirklich angekommen. Statt anzudocken bei der digitalen Welt,<br />

wie Schüler sie nutzen, stellen wir digitale Wandtafeln hin, deren Sinn<br />

niemand so richtig klar ist.<br />

Wie gesagt: Die Gruppierung von Schüler muss viel flexibler werden.<br />

Eine Klasse wiederholen sollte vielleicht ersetzt werden durch ein<br />

„Wiederholen pro Fach”.<br />

Fragen der Binnendifferenzierung tauchen wieder auf und zwar in<br />

homogenen Klassen, die so individuell sind, dass eine Binnendifferenzierung<br />

zum Beispiel nach Lernstil notwendig wird.<br />

Die Halbwertzeit von Informationen und Lernstoff wird geringer<br />

und zugleich steigt die Erwartung, dass Schüler das Gelernte schneller<br />

in Praxissituationen umsetzen können. Lernstoff (und das Beherrschen<br />

desselbigen) wird dann nicht mehr ein Ziel an sich, sondern wird<br />

viel mehr zum Vehikel, das Lernen zu lernen, das Gelernte zu vernetzen<br />

– auch fachübergreifend – und das Gelernte umsetzen zu können.<br />

Einsicht zu bekommen wie der eigene primäre Lernstil ist und welche<br />

Stile hinzuzulernen sind und in welcher Reihenfolge.<br />

P. v. d. Horst: Und was bedeuten solche Entwicklungen für die <strong>Schulleitung</strong>?<br />

R. v. d. Horst: Für die <strong>Schulleitung</strong> bedeutet das erst mal offen zu sein<br />

für solche Entwicklungen und sich nicht dagegen zu sträuben, sondern<br />

Visionen in der Schule zu entwickeln, was auf die Schule zukommt und<br />

wie die Schule damit umgehen kann. Dafür ist die Kooperation mit<br />

dem Kollegium sehr wichtig. Gemeinsames Denken also. Schließlich<br />

muss die Lehrerschaft die Veränderungen durchführen. Aber die Entwicklung<br />

von Visionen macht auch unsicher. Die <strong>Schulleitung</strong> sollte sie<br />

deswegen fördern und fordern. Sie sollte aber auch immer wieder hinterfragen<br />

unter welchen Bedingungen die Visionen oder Teile davon<br />

verwirklicht werden können. Sie sollte sich auch mit der dafür notwendigen<br />

Schulentwicklung und Professionalisierung beschäftigen. Und<br />

sie sollte sowohl den finanziellen Rahmen im Auge behalten, als auch<br />

den Energiehaushalt im Kollegium.<br />

P. v. d. Horst: Das hört sich so an, als ob in der Zukunft eine Integration<br />

eben jener Fähigkeiten benötigt wird, die <strong>Schulleitung</strong>en in<br />

den von dir beschriebenen vergangenen Perioden entwickelt haben?<br />

R. v. d. Horst: Ja, das stimmt eigentlich ...<br />

P. v. d. Horst: Nicht einfach ...<br />

R. v. d. Horst: Aber eine Herausforderung!<br />

Interview: Paul van der Horst • Foto: Privat<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

27<br />

Teilautonome Schulen, Bildungsstandards<br />

und Qualität der Schulen<br />

Bestandsaufnahme und bildungspolitische Postulate<br />

Die TIMSS- und die PISA-Studien haben in den europäischen Ländern bei der ganzen Bevölkerung das Bewusstsein<br />

für die Output-Orientierung der Schule geschärft, d.h. Wissenschaft, Politik und Eltern interessieren<br />

sich immer mehr für die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler und damit für die Qualität der Schule.<br />

1. Neuere Entwicklungen im Bildungswesen<br />

In den letzten Jahren bestätigen im Hinblick auf die Verbesserung<br />

der Schulqualität laufend mehr Untersuchungen die Richtigkeit einer<br />

dezentralen Schulorganisation mit teilautonomen Schulen, d.h. man<br />

geht davon aus, dass dezentrale Schulsysteme, in denen den einzelnen<br />

Schulen mehr Freiräume gegeben werden, wirksamer sind als zentral<br />

geführte Schulsysteme. Solche teilautonomen Schulen (eigenständige<br />

Schulen, Schulen mit Gestaltungsfreiräumen, selbständige Schulen)<br />

müssen aber geleitete Schulen sein, also über einen Schulleiter oder eine<br />

Schulleiterin mit Leitungs- und Entscheidungskompetenzen verfügen.<br />

Freiräume für Schulen im Rahmen der Teilautonomie bedeuten jedoch<br />

nicht Zügellosigkeit, sondern die Schulen selbst und die Schulaufsicht<br />

müssen sich systematisch mit der Ermittlung und der Verbesserung<br />

ihrer Qualität sowie der Rechenschaftsablegung darüber befassen.<br />

Ein aussagekräftiges Qualitätsmanagement ist deshalb eine grundlegende<br />

Voraussetzung für die Outputorientierung und für eine wirksame<br />

teilautonome Schule. Seit einiger Zeit wird diese Entwicklung<br />

durch die Forderung nach Bildungsstandards ausgeweitet, indem verschiedene<br />

Staaten ein Lehrplankonzept aufbauen wollen, mit dem zu<br />

bestimmten Zeitpunkten im Verlauf der Schulzeit festgestellt werden<br />

soll, welche Lernleistungen die Schülerinnen und Schüler erbringen<br />

(über welche Kompetenzen sie verfügen).<br />

Diese drei neueren Elemente der Bildungspolitik erfordern ein<br />

wesentliches Umdenken der Schulbehörden und der Lehrpersonen,<br />

das nicht überall gelingen will. Trotz weitgehender Übereinstimmung<br />

vieler Wissenschafter bereitet es einerseits der Politik vielerorts Mühe,<br />

die rechtlichen Gegebenheiten und die administrativen Rahmenbedingungen<br />

an diese neuen Entwicklungen anzupassen, und andererseits<br />

sind viele Schuladministratoren und Lehrpersonen überfordert, weil<br />

die Reformen zu rasch vorangetrieben werden und die Vorbereitung<br />

auf das Neue oft vernachlässigt wird. Man übertreibt wohl nicht zu<br />

sehr, wenn man behauptet, das Schulsystem bestehe heute aus einer<br />

Vielzahl von „Baustellen”, die bald nicht mehr übersehbar und bildungspolitisch<br />

kaum mehr führbar sind. Dadurch entstehen Missverständnisse,<br />

Pannen und Ineffizienzen, die all jenen Auftrieb geben, die<br />

an ihren − oft dogmatischen − Auffassungen strikt festhalten wollen<br />

und sich gegen jede Veränderung und Neuerung in der Schule stellen.<br />

Angesichts der raschen Veränderungen in der gegenwärtigen Zeit<br />

braucht die Schule Reformen. Sie dürfen aber nicht unbedacht kurzfristigen<br />

gesellschaftlichen und pädagogischen Modeerscheinungen folgen,<br />

sondern sie sollten auf ein längerfristiges Gesamtkonzept ausgerichtet<br />

und bedacht durchgeführt werden, und den Lehrpersonen muss<br />

genügend Zeit eingeräumt werden, damit sie sich auf das Neue richtig<br />

vorbereiten können.<br />

Um die schädliche Unruhe an vielen Schulen, zu der vor allem<br />

unkoordinierte „Baustellen” beitragen, zu überwinden, sollten die Bildungsbehörden<br />

folgende Postulate beachten:<br />

1. In Umbruchzeiten, in denen neue pädagogische Paradigmen allgemeine<br />

Anerkennung finden (z.B. stärkere Outputorientierung der<br />

Schule), muss ein neues Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung<br />

der Schule entworfen und der Lehrerschaft erklärt werden. Um es<br />

an einem Beispiel zu zeigen: Viele Schulen haben inzwischen ein<br />

Qualitätsmanagement aufgebaut. Neu werden sie jetzt mit Bildungsstandards<br />

konfrontiert. Vielerorts meinen nun Lehrkräfte,<br />

das Qualitätsmanagement sei als Modeerscheinung bereits wieder<br />

überholt, und die Bildungsstandards seien eine neue Folgeerscheinung.<br />

Tatsächlich sind aber Bildungsstandards nur eine bestimmte<br />

Form von Qualitätsmanagement. Dieser Zusammenhang ist aber<br />

konzeptionell zu verdeutlichen.<br />

2. Viele Reformmaßnahmen werden nur für die Stufe Schule vorbereitet.<br />

Zu wenig oder überhaupt nicht überlegt wird aber meistens<br />

die Frage, ob auch rechtliche und/oder verwaltungstechnische Anpassungen,<br />

also neue Rahmenbedingungen notwendig sind, damit<br />

sich die Reformmaßnahme störungsfrei durchführen lässt. Um es<br />

wieder an einem Beispiel zu verdeutlichen. Vielerorts wurde die<br />

teilautonome Schule eingeführt. Man hat es aber unterlassen, genau<br />

zu definieren, wie weit die Autonomie zugestanden wird und<br />

eine entsprechende rechtliche Ordnung dafür zu schaffen (z.B.<br />

festzulegen, ob und wie weit bei der Finanzautonomie die einzelnen<br />

Schulen Kreditübertragungen und Kreditverschiebungen vornehmen<br />

dürfen).<br />

3. Häufig wird ein Reformvorhaben in Angriff genommen. Es wird<br />

aber nicht überlegt, wie es mit anderen Aspekten der Schule vernetzt<br />

ist, um die Rückkoppelungen auf das Bestehende oder andere<br />

Reformen in den Griff zu bekommen. Um nochmals ein Beispiel<br />

anzuführen: Wenn den einzelnen Schulen mehr Autonomie<br />

verliehen wird und sie ein eigenes Qualitätsmanagement aufbauen<br />

müssen, hat dies Rückwirkungen auf die Organisation und die<br />

Aufgaben der Schulaufsicht. Ihre Rolle und ihre Aufgaben sind an<br />

die veränderten Verhältnisse anzupassen. Wird dies nicht getan,<br />

so ergeben sich Abgrenzungsprobleme zwischen Schulaufsicht<br />

und <strong>Schulleitung</strong>en, die nicht selten zu Kompetenzkonflikten<br />

führen.<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


28<br />

:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

4. Wird einer Schule eine definierte Teilautonomie verliehen, verändern<br />

sich auch die Rolle und die Aufgaben der <strong>Schulleitung</strong>. Solange<br />

nicht klar festgelegt wird, dass die teilautonome Schule eine<br />

geleitete Schule ist und die Kompetenzen der <strong>Schulleitung</strong> nicht<br />

eindeutig bestimmt sind, ergeben sich nicht nur ständige Kompetenzkonflikte<br />

mit den Schulbehörden, sondern es entstehen auch<br />

Probleme in den Schulen selbst, weil Lehrpersonen, welche noch<br />

immer an die basisdemokratisch geführte Schule glauben, die<br />

Kompetenzen der <strong>Schulleitung</strong> bei jeder Gelegenheit in Frage stellen<br />

oder gar bestreiten.<br />

5. Schließlich darf die Komplexität dieser neuen Ansätze nicht übersehen<br />

werden. Sehr oft wird eine Neuerung bildungspolitisch und<br />

verwaltungstechnisch angeordnet und rasch eingeführt. Als Folge<br />

davon fühlen sich viele Lehrkräfte sowohl sachlich als auch vom<br />

Aufwand her überfordert. Innovationen lassen sich in Schulen<br />

nur wirksam umsetzen, wenn sie für die Lehrkräfte konzeptionell<br />

verständlich sind und ihr Nutzen für den Schulalltag<br />

einsichtig ist. Deshalb ist die Einführung<br />

des Neuen sorgfältig zu planen und durch gezielte<br />

Weiterbildung der Lehrerschaft sicherzustellen.<br />

Besonders innovationshemmend wirkt, wenn<br />

die Lehrerbildungsinstitutionen die angehenden<br />

Lehrkräfte nicht unmittelbar auf das Neue vorbereiten.<br />

Es ist zu befürchten, dass die Idee der teilautonomen<br />

Schule scheitert, dass Qualitätsmanagement<br />

zu einer formalisierten Pflichtübung degeneriert, und<br />

es bei den Bildungsstandards bei einer einmaligen<br />

Anstrengung bleibt, wenn für alle diese Neuerungen<br />

seitens der Bildungspolitik nicht klare Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden.<br />

Ziel dieses Beitrages ist es aufzuzeigen, welche<br />

politischen Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen,<br />

damit die teilautonomen Schulen, das Qualitätsmanagement<br />

an Schulen sowie die Bildungsstandards zu<br />

Konzepten werden, welche die Schule nachhaltig verbessern.<br />

2 Die teilautonome Schule<br />

2.1 HintergRünde<br />

Die Idee der teilautonomen Schule lässt sich aus der<br />

Verwaltungsbetriebswirtschaft<strong>sl</strong>ehre und der Pädagogik<br />

ableiten.<br />

Die traditionelle, kameralistisch orientierte Verwaltungsbetriebswirtschaft<strong>sl</strong>ehre<br />

wurde in verschiedenen<br />

Ländern zum New Public Management (NPM)<br />

weiterentwickelt, das sich wie folgt charakterisieren<br />

lässt: Anstelle der Orientierung der Staatstätigkeit am<br />

Budget wird eine Outputorientierung angestrebt, d.h.<br />

die Tätigkeit der Verwaltung wird aufgrund der Erreichung<br />

bestimmter Ziele beurteilt. Aufgrund der Zielvorgaben<br />

werden die Aufgaben und Kompetenzen<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

1<br />

Strategische Führung<br />

der Schule durch<br />

die Schulbehörde<br />

Zielvorgabe der<br />

Schulbehörde mittels<br />

Leistungsauftrag<br />

oder Leistungsvereinbarung<br />

(evtl.<br />

mit Indikatoren<br />

und Benchmarks)<br />

Globalbudget evtl.<br />

mit Indikatoren<br />

und Benchmarks<br />

Metaevaluation<br />

und extern konzipiertes<br />

Qualitätsmanagement<br />

6<br />

7<br />

nach unten an diejenige Stelle delegiert, welche eine Aufgabe noch<br />

ganzheitlich überblickt. Mit der Delegation wird auch die Verantwortung<br />

übertragen, wovon eine größere Identifikation mit der Aufgabe<br />

und ein stärkeres Bemühen um die Bedürfnisse der Bürgerschaft<br />

erwartet werden. Insgesamt soll mit dem NPM die Wirksamkeit der<br />

gesamten Staatsverwaltung und damit auch der Schule verbessert werden.<br />

In der gleichen Richtung entwickeln sich die Überlegungen zur<br />

Schule aus pädagogischer Sicht, indem einsichtig wurde, dass dezentral<br />

geführte Schulen wirksamer sind, d.h. die einzelnen Schulen entwickeln<br />

sich besser, wenn sie mehr Aufgaben und Kompetenzen delegiert<br />

erhalten (ihnen Autonomie gegeben wird, sie aber für ihre Leistungen<br />

auch verantwortlich werden).<br />

Allerdings liegt ein streng wissenschaftlicher empirischer Beweis,<br />

der die generelle Überlegenheit der teilautonomen Schule bestätigt,<br />

noch nicht vor. Aus vielen Untersuchungen, die sich mit Teilbereichen<br />

der Autonomie von Schulen befasst haben, darf aber tendenziell auf<br />

Merkmal<br />

Ausgestaltung der<br />

Teilautonomie<br />

Operative Führung<br />

der Schule durch<br />

die <strong>Schulleitung</strong><br />

Leitbild der Schule<br />

Schulentwicklung<br />

Budgetierungsprozess<br />

an der Schule<br />

Intern konzipiertes<br />

Qualitätsmanagement<br />

Leistungsbeurteilungssystem<br />

für Lehrkräfte<br />

Leistung<strong>sl</strong>öhne für Lehrkräfte<br />

oder<br />

zielorientierte Leistungsprämie<br />

für die ganze Schule<br />

Maßnahmen der Schulbehörden<br />

bzw. der einzelnen Schulen<br />

Schulbehörde:<br />

Definition der Autonomie<br />

Legi<strong>sl</strong>ative / Schulbehörde:<br />

Behördenorganisation<br />

Anpassung Rechtsvorschriften<br />

Schule:<br />

Aufbau einer geleiteten Schule<br />

Schulbehörde:<br />

Entscheid über die Ausgestaltung des<br />

Qualitätsmanagements und die Form<br />

des Controllings<br />

Schulbehörde:<br />

Entscheid über die Ausgestaltung<br />

des Systems<br />

Schulbehörde:<br />

Entscheid über die Ausgestaltung<br />

des Systems<br />

Abb 1<br />

Rolf Dubs: Die teilautonome Schule<br />

In der Bildungspolitik wird überall von der Notwendigkeit einer größeren Autonomie der Schulen gesprochen.<br />

Empirisch ist belegt, dass dezentrale Schulsysteme mit autonomen Schulen wirksamer und den künftigen<br />

Herausforderungen besser gewachsen sind. Leider bereitet aber die Einführung von teilautonomen<br />

(eigenverantwortlichen, selbständigen) Schulen immer noch Probleme. Und oft wird sogar gesagt, mit der<br />

teilautonomen Schule werde die Gestaltung von Schulen noch schwieriger und bürokratischer. Rolf Dubs<br />

zeigt in diesem Band, wie solchen Einwänden abgeholfen werden kann: Durch eine klare Definition, was<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

29<br />

die höhere Wirksamkeit geschlossen werden. Zwar werden in letzter<br />

Zeit Stimmen laut, die über schlechte Erfahrungen an einzelnen teilautonomen<br />

Schulen berichten. Verantwortlich dafür ist aber meistens<br />

nicht das Konzept der Teilautonomie, sondern die Schwierigkeiten<br />

sind auf unklare Rahmenbedingungen zurückzuführen. Deshalb kann<br />

nicht genug betont werden: Wenn die teilautonome Schule zu qualitativ<br />

besseren Schulen führen soll, so ist für ein eindeutiges Konzept zu<br />

sorgen, das von den Lehrkräften verstanden wird, und für welches die<br />

Bildungspolitik klare rechtliche und verwaltungstechnische Voraussetzungen<br />

schafft.<br />

2.2 Ein Gesamtkonzept der teilautonomen Schule<br />

Abbildung 1 zeigt ein mögliches Gesamtkonzept der teilautonomen<br />

Schule, das als Grundlage für die zu schaffende Rahmenordnung dienen<br />

kann.<br />

Es spricht alle Bereiche an, die zu betrachten sind, damit die oben<br />

angeführte Vernetzung erfolgt und die Probleme mit den vielen unkoordinierten<br />

„Baustellen” gelöst werden können. Selbstverständlich<br />

wären sowohl die Politik als auch die einzelnen Schulen überfordert,<br />

wenn alle Elemente dieses Konzeptes in einem Schritt eingeführt werden<br />

möchten. Nach aller Erfahrung muss schrittweise, aber immer mit<br />

Blick auf das Ganze vorgegangen werden. Nur auf diese Weise lassen<br />

sich Unstimmigkeiten vermeiden, die immer dann auftreten, wenn ein<br />

Element des Konzeptes isoliert eingeführt wird.<br />

2.3 Die Definition der Teilautonomie<br />

Gäbe man den einzelnen Schulen eine umfassende Autonomie (siehe<br />

Abbildung 2), so käme dies einer Privatisierung der Schule gleich, was<br />

nach europäischen politischen Vorstellungen nicht erwünscht ist.<br />

Umfassende Autonomie<br />

Finanzautonomie Organisationsautonomie Lehrplanautonomie<br />

Personalautonomie<br />

Investitions- und<br />

Betriebskostenautonomie<br />

Gesamtkonzept der teilautonomen Schule auf der Grundlage des NPM<br />

Deshalb ist aufgrund politischer Zielvorstellungen und im Rahmen<br />

kultureller Gegebenheiten in einem Schulsystem zu entscheiden, welche<br />

Bereiche der Schule als Autonomieraum zugestanden werden sollen.<br />

Denkbar und zum Teil auch umgesetzt sind sehr unterschiedliche<br />

Lösungen. Eine für europäische Verhältnisse passende Lösung könnte<br />

folgendermaßen aussehen:<br />

1. Finanzautonomie:<br />

• Personalautonomie: Der Staat legt die Löhne, die Sozialleistungen<br />

und die Anstellungsbedingungen fest. Jede Schule entwickelt<br />

einen Personalplan, der die Personalkosten für das Globalbudget<br />

bestimmt, und der von der zuständigen Schulbehörde zu genehmigen<br />

ist. Jede Schule wählt ihre Lehrkräfte im Rahmen des<br />

Personalplans selbst aus und beantragt die Wahl der zuständigen<br />

Behörde. Diese kann den Wahlvorschlag nur annehmen oder das<br />

Wahlgeschäft zur Neubearbeitung zurückweisen.<br />

• Investitionsautonomie: Bis zu einem zu bestimmenden Betrag<br />

entscheiden die einzelnen Schulen im Rahmen des Globalbudgets<br />

selbst über die Investitionen.<br />

• Betriebskostenautonomie: Die Betriebskosten werden im Rahmen<br />

des Globalbudgets durch die Schule selbst budgetiert, wobei<br />

bei der Festsetzung der Budgetsumme für die einzelne Schule Besonderheiten<br />

(z.B. hohe Unterhaltskosten für ein altes Schulhaus)<br />

Rechnung zu tragen ist.<br />

2. Organisationsautonomie: Die einzelne Schule ist in ihrer Organisation<br />

im Rahmen des Globalbudgets frei.<br />

3. Lehrplanautonomie: Jede Schule hat bestimmte Freiheiten in der<br />

Gestaltung ihrer Lehrpläne, wobei verschiedene Lösungen denkbar<br />

sind:<br />

• Der Staat gibt einen Rahmenlehrplan vor, der von den einzelnen<br />

Schulen im Schullehrplan präzisiert wird.<br />

• Der Staat gibt den Schulen einen verbindlichen Minimallehrplan<br />

vor, um den Anschluss an weiterführende Schulen und die Mobilität<br />

sicherzustellen. Daneben erhalten die Schulen Freiräume, in<br />

denen sie ihre eigenen Lehrplanakzente setzen können, um ihrer<br />

Schule ein Profil zu verleihen. Schulen mit einem eigenen Profil<br />

und einer eigenen Kultur sind qualitativ bessere Schulen als zentral<br />

geleitete Einheitsschulen.<br />

Soll die teilautonome Schule vor allem für <strong>Schulleitung</strong>en nicht zu dauerhaften<br />

Konflikten führen, müssen politisch die folgenden Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden:<br />

• Im Rahmen des Finanz- oder Finanzhaushaltsrechtes sind die Voraussetzungen<br />

für das Globalbudget zu schaffen: Budgetierungsprinzipien,<br />

Möglichkeiten und Grenzen von Kreditübertragungund<br />

Kreditverschiebungen, Kontrolle der Rechnung<strong>sl</strong>egung.<br />

• Die Beamtengesetzgebung ist anzupassen, damit die Schulen ihre<br />

Lehrkräfte auswählen und beantragen dürfen.<br />

• Die Gestaltungsform der Lehrpläne ist anzupassen. Diese Frage<br />

wird im Zusammenhang mit den Bildungsstandards besonders<br />

bedeutsam: Welche Folgen haben die Bildungsstandards für die<br />

Darstellung und die Verbindlichkeit von Lehrplänen?<br />

Solange diese Fragen nicht geklärt und die notwendigen Anpassungen<br />

in der Gesetzgebung nicht vorgenommen sind, lässt sich die Idee der<br />

teilautonomen Schulen nicht wirksam umsetzen. <strong>Schulleitung</strong>en werden<br />

stets im Unklaren bleiben, wieviel Autonomie sie besitzen, und<br />

was das Konzept der Autonomie zur Verbesserung der Schule überhaupt<br />

bringt.<br />

Autor • Grafiken: Rolf Dubs<br />

unter teilautonomen Schulen zu verstehen sei, durch die Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses<br />

über Ziele und Wege auf Seiten aller beteiligten Akteure, durch eine angemessene Anpassung des Rechtsrahmens<br />

und durch einen systematischen Wandel des administrativen Verwaltungsbereichs.<br />

Rolf Dubs: Die teilautonome Schule. Ein Beitrag zu ihrer Ausgestaltung aus politischer, rechtlicher und<br />

schulischer Sicht. Erschienen bei edition sigma, ISBN 978-3-8360-7239-7, 1. Auflage 2011.<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


30<br />

:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

Kooperationen mit Partnern der Region<br />

Erfahrungen aus dem dreijährigen Projekt „Horizonte erweitern – Werkstatt für Demokratie und<br />

Menschenrechte”<br />

Warum kooperieren <strong>Schulleitung</strong>en mit externen Partnern? Wie sollte die Zusammenarbeit mit Verbänden oder<br />

Bildungsprojekten gestaltet sein, damit sie erfolgreich ist? Worauf sollte geachtet werden, wenn Unterstützung<br />

von außen für schulinterne Aufgaben angefordert wird? In diesem Praxisbericht möchte ich Ihnen meine Erfahrungen<br />

zu diesen Fragestellungen schildern. Denn die Selbständige Schule beginnt dort, wo wir <strong>Schulleitung</strong>en,<br />

Lehrerinnen und Lehrer die bestehenden Möglichkeiten zum Handeln kreativ und eigenverantwortlich nutzen.<br />

Entstehung der Gnewikower Station des Menschenrechts-Pfads<br />

am Oberstufenzentrum OPR<br />

Mir ist es stets ein Anliegen, mit dem berufsbildenden Oberstufenzentrum,<br />

das ich seit acht Jahren leite, guten Unterricht<br />

anzubieten und Verantwortung für unsere Region zu übernehmen.<br />

Dabei bin ich immer auf der Suche nach Projekten, die uns mit aktuellen<br />

gesellschaftlich-politischen Fragen konfrontieren und die meine<br />

Handlungsmöglichkeiten als Schulleiterin erweitern. Deshalb initiierte<br />

ich ein Projekt an unserer Schule, das Fragen der politischen Bildung<br />

und des sozialen Lernens für die hier Lernenden und auch für die<br />

hier arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer tiefgreifend bearbeitet und<br />

das Ressourcen zur Verfügung stellt, mit denen Unterrichtsstrategien<br />

weiterentwickelt werden können. Gemeinsam mit zwei etablierten Akteuren<br />

unserer Region haben wir von 2009 bis zum Januar 2012 unter<br />

dem Projekttitel „Horizonte erweitern” an unserer Schule erfolgreich<br />

eine durch das Bundesprogramm Xenos geförderte „Werkstatt für Demokratie<br />

und Menschenrechte” aufgebaut. Die Werkstatt hat mit den<br />

Lernenden und Lehrenden unseres OSZ unzählige und vielfältige, inner-<br />

und außerunterrichtliche Projekte zu Fragen der Menschenrechte<br />

und unserer Demokratie durchgeführt.<br />

Mit beiden kooperierenden Organisationen gab es von Anfang an<br />

inhaltliche Schnittmengen und zueinander passende Werthaltungen:<br />

Im Verein ESTAruppin bündelt der evangelischen Kirchenkreis Wittstock-Ruppin<br />

seine gemeindediakonische Arbeit. Der Verein stellt<br />

schwerpunktmäßig offene Freizeit- und Bildungsangebote für Kinder<br />

und Jungendliche bereit und hat in unserem Projekt die Gesamtprojektleitung<br />

übernommen. Zweite Kooperationspartnerin ist die DGB-<br />

Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin. An diesem Haus der Jugend<br />

des Deutschen Gewerkschaftsbundes wird politische und kulturelle<br />

Jugendbildung angeboten, in der die Themen Ausbildung und Arbeitswelt,<br />

Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit eine große Rolle<br />

spielen. Die Bildungsstätte bringt in das Projekt besondere räumliche<br />

Möglichkeiten, attraktive inhaltliche Schwerpunkte und erprobte Seminarkonzepte<br />

ein.<br />

Beide Partner haben in das Projekt Know-How, Infrastruktur,<br />

Netzwerke und Mitarbeiter/innen mit Professionen eingebracht, die<br />

Schulen außerhalb solcher Vorhaben selten zur Verfügung stehen. Wir<br />

haben von Anfang an sehr motiviert und respektvoll miteinander gearbeitet.<br />

Die Anerkennung der unterschiedlichen Ausrichtungen und<br />

Stärken ist die Voraussetzung dafür, beiden Akteure intensiv Einblick<br />

in unsere Schule zu gewähren und Herausforderungen schnell und verläs<strong>sl</strong>ich<br />

zu bearbeiten.<br />

Begonnen haben wir das Projekt auf der Leitungsebene: Wir vereinbarten<br />

die Ziele des Projektes und entwickelten zu dritt das Gesamtkonzept<br />

bzw. den Projektantrag für die Förderung. Im Nachhinein kann<br />

man klar sagen: Die unterschiedlichen Ausrichtungen jeder Institution<br />

haben uns geholfen, zu jeder Zeit Gewissheit darüber zu haben, wer mit<br />

welcher Aufgabe und Rolle im Projekt betraut ist. Diese Rollenklarheit<br />

und die Verbindlichkeit unserer Zielsetzungen haben die Durchführung<br />

des Projektes strukturiert und maßgeblich erleichtert.<br />

Grundsätzlich stellt sich bei jedem Projekt die Frage, ob Aufwand<br />

und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Bei Projekten investieren<br />

Schulen ihre zumeist knappste Ressource: Zeit. Hierfür muss<br />

die Leitung ihre Ressourcen frei machen, um aktiv „Starthilfe” zu leisten<br />

und das Kollegium zu Beginn, aber auch fortlaufend motivieren.<br />

Wir haben das Vorhaben deshalb von Anfang an mit den Entwicklungsvorhaben<br />

der Schule verknüpft – wie sie aus dem Schulprogramm<br />

und aus der Schulvisitation resultierten. Gleichzeitig hatten die Mitarbeiter/innen<br />

unserer Schule zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich inhaltlich<br />

einzubringen sowie eigene Ideen zu entwickeln und mit Hilfe<br />

der Projektressourcen zu realisieren. Ein wichtiges Grundprinzip der<br />

Arbeit im Projekt war Freiwilligkeit. Wer sich weiterentwickeln und<br />

Neues ausprobieren wollte, wurde optimal unterstützt. Gerade mehrjährige<br />

Förderprojekte sind deshalb ausgesprochen gut geeignet, Schulentwicklungsprozessen<br />

Auftrieb zu geben und sie von außen zu unterstützen.<br />

Investiert man Zeit in ein Vorhaben, dass – wie bei diesem<br />

Projekt – die Schule auf ihrem Weg der Qualitätsentwicklung voranbringt,<br />

ist diese Zeit sehr wertvoll angelegt und man hätte sie sowieso<br />

früher oder später aufwenden müssen.<br />

Uta Jolk ist seit 2004 Schulleiterin des Oberstufenzentrums Ostprignitz Ruppin. Sie war zuvor als<br />

Referentin im Brandenburger Bildungsministerium und als Schulrätin im Land Brandenburg tätig.<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />

31<br />

Herausfordernd ist, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />

miteinander zu vereinbaren: Die neu eingestellten Projektmitarbeiterinnen<br />

und -mitarbeiter sind voll kreativer Ideen, die sie realisieren<br />

möchten. Sie haben die begrenzte Projektlaufzeit vor Augen und den<br />

Ergebnisdruck der aus den Vorgaben des Projektantrages resultiert.<br />

Das Kollegium sieht hingegen vor allem den vermeintlich zusätzlichen<br />

Aufwand, den ein Projekt mit sich bringt. Hier ist <strong>Schulleitung</strong> gefragt.<br />

Unsere Aufgabe ist, auf beiden Seiten für Verständnis zu werben und<br />

beiden Gruppen immer wieder die Möglichkeit zu geben, miteinander<br />

in Kontakt zu kommen. Es braucht einfach Zeit, bis beide Gruppen<br />

voneinander verstanden haben, wer welche Interessen hat und Ziele<br />

verfolgt und bis man sich auf gemeinsame Ziele – auch auf der Ebene<br />

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – verständigt hat.<br />

Uns war ein Anliegen, nachhaltig auf der Ebene der Personal- und<br />

Unterrichtsentwicklung Veränderung zu erreichen. Zwei Faktoren<br />

haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass dies im Rahmen des<br />

Projektes tatsächlich geschehen ist: Im Zeitrahmen von drei Jahren<br />

konnten auch Kolleginnen und Kollegen erreicht werden, die den Entwicklungs-<br />

und Projektvorhaben zunächst skeptisch gegenüber standen<br />

und das Projekt hat hier am OSZ seinen eigenen Arbeitsraum zur<br />

Verfügung gestellt bekommen, womit sich alle Beteiligten auch informell<br />

austauschen und zufällig begegnen konnten. Nur mit Hilfe der<br />

zur Verfügung gestellten Zeit und des Ortes konnten vertrauensvolle<br />

Beziehungen zwischen den Externen und den Lehrenden entstehen,<br />

die Basis für manch Unerwartetes war.<br />

Wenn ich als Schulleiterin nach mehr Möglichkeiten zum selbständigen<br />

Handeln suche, habe ich vor allem vor Augen, dass es an frei<br />

verfügbaren Honorarmitteln mangelt, mit denen ich Menschen beauftragen<br />

und an der Schule Entwickeltes vermarkten kann. Holt man Honorarkräfte<br />

mit anderen beruflichen Hintergründen und Erfahrungen<br />

in die Schule, fließen mehr Perspektiven bei der kreativen Bewältigung<br />

unserer täglichen Herausforderungen ein. Externe geben uns neue Impulse<br />

und vielleicht sogar unerwartete Rückmeldungen. Auch meine<br />

Sichtweisen wurden durch die Vernetzung aufgebrochen und erweitert.<br />

In der Arbeit mit den Jugendlichen bieten Honorarkräfte etwas<br />

besonderes, denn die Schüler/innen befinden sich nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis<br />

zu ihnen. Die Lernenden können somit den<br />

Ein beeindruckendes Ergebnis des Fotoworkshops<br />

im Rahmen des Projekts „Horizonte erweitern”<br />

angebotenen Themen anders begegnen und sie erhalten andere Lernmöglichkeiten.<br />

Es sind zusätzliche Erfahrungsräume und <strong>Beruf</strong>sbilder,<br />

die wir den Jugendlichen auf Ihrem Weg bereitstellen. Das können die<br />

innerschulischen Rahmenbedingungen gar nicht bieten.<br />

Die Mitarbeiter/innen der Werkstatt haben in den drei Jahren immer<br />

wieder von außen Themen und Entwicklungen angestoßen. Wir haben<br />

diese stets durch innerschulische Maßnahmen flankiert. Es wurden<br />

Mitarbeitergespräche geführt, personelle Veränderungen vorgenommen<br />

– auch auf Leitungsebene oder konkrete Entwicklungsziele mit Einzelnen<br />

vereinbart. Ich blieb dabei stets klar in meiner Rolle als Leitung.<br />

Für die Abschlussphase des Projektes war uns wichtig, nicht nur im<br />

Kooperationsverbund das Erlebte und Erreichte zu reflektieren – wie<br />

wir es projektbegleitend stets getan haben, sondern auch hier wieder<br />

die Kolleg/innen aus den Abteilungen einzubinden. Nur so kann das<br />

Erreichte auch langfristig in unserer Institution implementiert werden.<br />

Mit diesem Kooperationsprojekt konnten wir viel erreichen: Gemeinsam<br />

mit Schüler/innen und Lehrer/innen unseres OSZ, eines<br />

Gymnasiums und einer Grundschule der Region entstanden auf einer<br />

Strecke von 44 Kilometern sieben Stationen eines Menschenrechtspfades.<br />

An jeder Station sind Kunstwerke von Schülerinnen und Schülern<br />

ausgestellt, die sich mit Fragen eines würdevollen Miteinanders<br />

befassen. Namhafte Künstlerinnen und Künstler konnten als Unterstützung<br />

gewonnen werden. Für all jene, die sich beim Fahrrad-Ausflug<br />

am Wochenende oder mit ihren Schulklassen mit den Kunstwerken<br />

auseinandersetzen möchten, stehen informative und auch didaktische<br />

Begleitmaterialien zur Verfügung<br />

Die Werkstatt hat außerdem in jedem Projektjahr ein abteilungsund<br />

klassenübergreifendes „Horizonte-Fest” mit jeweils über 40<br />

Workshops durchgeführt. Es fanden zahlreiche Seminare und produktorientierte<br />

Projekte an der DGB-Jugendbildungsstätte mit unseren<br />

Schülergruppen statt, wobei die Themen von Demokratie in der Schule<br />

bis hin zur Auseinandersetzung mit Sucht und Drogen reichten. Filmprojekte,<br />

Lyrik-Workshops, Exkursionen, Beteiligung an kulturellen<br />

Veranstaltungen der Region und der Aufbau eines Schulradios waren<br />

weitere Highlights, die unseren Schüler/innen Lernen in anderen Arbeitsformen<br />

und mit externen Personen ermöglichten.<br />

Auch für das Kollegium wurden Exkursionen und Lesungen durchgeführt.<br />

Beispielsweise haben wir uns selbst – ohne die Lernenden – sehr<br />

intensiv mit Jugendwerkhöfen in der DDR und den damit verbundenen<br />

pädagogischen und politischen Fragestellungen befasst. Mit der personellen<br />

und finanziellen Unterstützung des Projektes konnten wir eigene<br />

Fortbildungs- oder Projektideen unkompliziert realisieren. Das Erleben<br />

dieser Autonomie war für viele eine gewinnbringende Erfahrung.<br />

Sowohl Lernende als auch Lehrende haben sich in der Projektlaufzeit<br />

mit zahlreichen Menschenrechtsthemen befasst und sich zu Fragen<br />

der Demokratie auseinandergesetzt, weitergebildet und konstruktiv<br />

gestritten. Die Schülervertretung ist aktiver und selbstbewusster geworden,<br />

der Fachbereich politische Bildung hat Impulse zur Qualitätssteigerung<br />

konstruktiv aufgenommen und sich weiter entwickelt. An<br />

der Schule ist der demokratische, respektvolle Umgang miteinander<br />

spürbar gestärkt worden. Und wir sind alle um eine gewinnbringende<br />

Kooperationserfahrung reicher.<br />

Autorinnen: Uta Jolk, Katja Haufe-Höfling<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


32<br />

:Thema Schul-Intranet<br />

Das digitale Schwarze Brett zum Nulltarif<br />

Ein praxistaugliches Schulintranet erobert Deutschlands Lehrerzimmer<br />

Einfach soll es sein, sofort einsetzbar und vor allem kostenfrei: Mit der neuen Schulintranetlösung haben<br />

Schulleiter und Schulleiterinnen die Möglichkeit, die Kommunikation rund um das eigene Lehrerzimmer zu<br />

professionalisieren. Funktioniert das tatsächlich ohne technische Vorkenntnisse?<br />

Was der Karlsruher Anbieter CAS Education dieses Jahr zur<br />

didacta in Hannover vorstellte, ist neu: Denn erstmals gibt<br />

es ein Intranet für Schulen, das kostenfrei über das Internet läuft und<br />

nicht installiert werden muss. Die webbasierte Lösung schafft so Platz<br />

für die zentrale Dokumentenablage, die aktuellen Schultermine und<br />

erlaubt die schnelle Kommunikation zwischen <strong>Schulleitung</strong> und Kollegen<br />

via Kurznachrichten.<br />

Sofort einsetzbar – ohne Informatikstudium<br />

Dass sich diese Eigenschaften mit der webbasierten Lösung umsetzen<br />

lassen – ohne Informatikstudium und genau so einfach wie das Schreiben<br />

einer E-Mail –, macht sie längst zum Geheimtipp: Über 150 Schulen<br />

haben sich bisher auf www.cas-schulintranet.de registriert und pflegen<br />

seither die neue Art der Kommunikation und Dokumentation. Dazu<br />

gehört auch die Schule am Hochkamp aus Bad Schwartau. Schulleiter<br />

Sven Wiezorek war schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem<br />

geeigneten Organisationswerkzeug, um die Kommunikation zwischen<br />

den 38 Lehrkräften am eigenen Förderzentrum zu optimieren.<br />

Zwischen Tür und Angel ist passé<br />

„Bisher arbeiteten wir mit E-Mail und analogen Mitteln, kurze Abstimmungen<br />

liefen meist zwischen Tür und Angel”, berichtet Schulleiter<br />

Wiezorek aus der Vergangenheit. „Für einen Teil unseres Kollegiums,<br />

der auswärtig eingesetzt wird, war es daher schwer, Gespräche<br />

in Ruhe mit mir abzustimmen: Als ich im Internet auf CAS Schulintranet<br />

stieß, war mir sofort klar, dass dies eine kolossale Bereicherung<br />

unserer internen Schulorganisation bedeuten würde. Gemeinsam mit<br />

unserer Konrektorin stellten wir die Lösung auf der nächsten Konferenz<br />

vor und hatten bereits für jeden einzelnen Kollegen die Zugangsdaten<br />

mit dabei. Nach einer Schnupperphase von ca. eineinhalb<br />

Monaten entschieden wir dann alle gemeinsam, das CAS Schulintranet<br />

als einzige Info-Plattform für Dialog, Dokumentenablage und<br />

übergreifende Termine zu verwenden. Seither laufen 90 Prozent der<br />

dienstlichen Kommunikation über die Lösung”, schildert Wiezorek<br />

den täglichen Einsatz.<br />

Der große Vorteil von CAS Schulintranet gegenüber analogen Organisationsmedien<br />

steckt in der Lebendigkeit und Aktualität sowie der<br />

ortsunabhängigen Erreichbarkeit. „Sollte ein Kollege, eine Kollegin<br />

ein wichtiges Dokument benötigen, so wird er/sie im Intranet fündig,<br />

denn da sind alle Dokumente fein gegliedert und jeweils auf dem neuesten<br />

Stand”, erläutert Rektor Wiezorek die Vorzüge. Gerade für die<br />

Kollegen, die außerhalb des Förderzentrums an anderen Schulen tätig<br />

sind oder vom heimischen Arbeitszimmer auf Informationen zugreifen<br />

möchten, sei dies eine wesentliche Vereinfachung. „Das klassische<br />

Schwarze Brett existiert zwar immer noch, wir haben es aber deutlich<br />

verschlankt”, schmunzelt der Schulleiter.<br />

Schnell & einfach eingerichtet<br />

Die Einrichtung der Lösung ist denkbar einfach: Auf www.casschulintranet.de<br />

können sich Schulen für ihr kostenloses Schulintranet<br />

registrieren. Die Zugangsdaten werden anschließend per E-Mail<br />

übermittelt. Weitere Nutzer können mühelos über die Benutzerverwaltung<br />

hinzugefügt werden. Und dann geht es schon los, das eigene<br />

Schulintranet mit Inhalten zu füllen: Angefangen bei der Mitteilung<br />

aktueller Schultermine, über den Versand von Kurznachrichten und<br />

dem Austausch von Unterrichtsmaterialien, bis hin zur Bereitstellung<br />

wichtiger Dokumente – etwa dem Protokoll der letzten Gesamtlehrerkonferenz.<br />

Dauerhaft kostenfreie Funktionen<br />

„Alle Funktionen in CAS Schulintranet sind kostenfrei – weitere<br />

Funktionen für spezifische Anwendungen einer Schule bietet darüber<br />

hinaus eine Premium-Variante. Die Mehrzahl der Schulen werden auf<br />

Dauer die kostenfreien Funktionen nutzen und davon begeistert sein”,<br />

ist Dr. Thomas Lindner, Geschäftsführer von CAS Education überzeugt.<br />

„Mit den Einnahmen aus der Premium-Edition finanzieren wir<br />

die Weiterentwicklung und die permanente Bereitstellung der kostenlosen<br />

Edition”.<br />

CAS Education<br />

Autor: Alexander Dupps<br />

Die in Karlsruhe beheimateten IT-Bildungsspezialisten um Geschäftsführer<br />

Dr. Thomas Lindner und CAS-Vorstand Martin<br />

Hubschneider entwickeln seit über einem Jahrzehnt Lösungen<br />

für den Bildungsbereich von Schulen und Hochschulen. Neben<br />

der kostenfreien Intranetlösung bietet das Unternehmen mit CAS<br />

Platon unter anderem eine ganzheitliche Schullösung. Insgesamt<br />

arbeiten über 200.000 Anwender in Unternehmen und Verwaltungen<br />

weltweit täglich mit Produkten der CAS Software AG. Für<br />

die innovative Produktpalette und das Engagement im Mittelstand<br />

hat das Unternehmen mehrere Auszeichnungen und Preise<br />

erhalten u.a. als „Arbeitgeber des Jahres 2009” und „Innovator des<br />

Jahres 2011”.<br />

Weitere Informationen und kostenfreie Registrierung unter: www.<br />

cas-schulintranet.de bzw. www.cas.de.<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Thema Schulfilter<br />

33<br />

Datenkrake Soziale Netzwerke<br />

Schulfilter kann Facebook und „Like-Button” in der Schule abschalten<br />

Erst kürzlich hat der Marktführer in Sachen Social Networking wieder für Schlagzeilen gesorgt. So müssen Facebook-Nutzer<br />

in Zukunft deutlich erweiterte Nutzungsrechte des Plattform-Anbieters hinnehmen. Wirklich<br />

interessiert zu haben scheint diese Entwicklung allerdings nur einen kleinen Teil der Betroffenen, schließlich<br />

war ein entsprechender Mitgliederentscheid wegen zu geringer Beteiligung im Vorfeld gescheitert. Damit stellt<br />

sich die Frage, wir mündig der durchschnittliche Facebook-Nutzer eigentlich ist. Noch dringlicher erscheint<br />

diese Problematik mit Blick auf die vielen minderjährigen Mitglieder des Netzwerks. Das hat auch der Anbieter<br />

„TIME for kids” realisiert.<br />

„Like-Button” auf ihrer Website integrieren. Die Datenschützer argumentieren,<br />

dass sowohl der „Like-Button” als auch die Geschäftspolitik<br />

von Facebook, keine Daten zu löschen, gegen deutsche Datenschutzgesetze<br />

verstoße.<br />

Zu der Debatte erklärt der Geschäftsführer der TIME for kids<br />

Informationstechnologien GmbH, Marian Schroeder: „Wir können<br />

als Erwachsene nicht zusehen, wenn rechtswidrig Daten über unsere<br />

Kinder gesammelt und gespeichert werden. Bis ein europäisches Datenschutzrecht<br />

etabliert wird, kann es noch Jahre dauern, daher muss<br />

schon heute für den Schutz der Kinder alles getan werden, was möglich<br />

ist. Die Schulen sollten auch gegenüber den Eltern Vorbild sein und die<br />

Schülerinnen und Schüler schützen, indem sie Soziale Netzwerke wie<br />

Facebook aus der Schule raushalten.”<br />

Text: TIME for kids, Michael Smosarski<br />

Anzeige<br />

Ein Einblick in die Funktionsweise des Schulfilters<br />

Datenschützer und Verbraucherschützer kritisieren immer stärker<br />

den Datenhunger von Facebook und anderen Internetangeboten.<br />

Besonders Kinder und Jugendliche sind den Regeln der Sozialen Netzwerke<br />

größtenteils hilflos ausgeliefert. Kaum ein Kind, das mit 14 Jahren<br />

bei Facebook ein Profil anlegt oder den „Like-Button” drückt, weiß, dass<br />

diese Informationen auch in 25 Jahren noch auf den Servern von Facebook<br />

liegen. Davor können Kinder in der Schule bereits heute geschützt<br />

werden. Mit dem TIME for kids Schulfilter können Lehrkräfte alle Sozialen<br />

Netzwerke im Unterricht ausschalten und damit auch den „Like-<br />

Button” auf anderen Websites deaktivieren, ohne die gesamte Website zu<br />

sperren. Zusätzlich gibt der Schulrouter nur eine einzige IP-Adresse für<br />

die gesamte Schule nach draußen, einzelne Lehrer oder Schüler sind so<br />

nicht identifizierbar. Das Surf-Verhalten von Kindern ist mit TIME for<br />

kids also vor der Sammelwut kommerzieller Unternehmen geschützt.<br />

Gerade der „Like-Button” war in das Visier der Datenschützer<br />

geraten, da Facebook jedes Aufrufen einer Website mit integriertem<br />

„Like-Button” registriert und mit den Daten des Nutzers verknüpft.<br />

Der schleswig-holsteinische Datenschützer geht nun auch mit Bußgeldandrohungen<br />

gegen Websitebetreiber vor, die nach wie vor den<br />

TIME for kids: Die TIME for kids Informationstechnologien GmbH bietet<br />

Softwarelösungen für Schulen. Das integrierte Angebot umfasst<br />

neben dem beschriebenen Schulfilter auch ein Anti-Virus-Programm<br />

sowie ein Schulrouter-System. Aktuell können sich Schulen für ein Pilotprojekt<br />

bewerben, in dessen Rahmen die Produkte des Anbieters<br />

sechs Monate lang kostenlos getestet werden dürfen.<br />

Nähere Informationen gibt es unter http://www.time-for-kids.de<br />

sowie und http://www.pilotschulen-programm.de.<br />

Übernehmen Sie Verantwortung für Schule weltweit als<br />

Leiter/-in einer Deutschen Au<strong>sl</strong>andsschule!<br />

Die 140 Deutschen Au<strong>sl</strong>andsschulen weltweit benötigen gut qualifizierte Führungskräfte,<br />

vor allem Pädagoginnen und Pädagogen, die bereit sind, die reizvolle Herausforderung<br />

einer Stelle als Schulleiterin bzw. eines Schulleiters zu übernehmen.<br />

Bewerbungsvoraussetzung:<br />

✔ Sie haben sich im Inlandsschuldienst und/oder im Au<strong>sl</strong>andsschuldienst<br />

besonders bewährt.<br />

✔ Sie haben bereits eine herausgehobene Funktion in der Schule wahrgenommen.<br />

✔ Beim Dienstantritt in der Au<strong>sl</strong>andsschule waren Sie mindestens drei Jahren im<br />

Inlandsschuldienst tätig gewesen.<br />

Hinsichtlich des Bewerbungsverfahrens nehmen Sie bitte Kontakt auf mit dem<br />

Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für das Au<strong>sl</strong>andsschulwesen – ZfA 3<br />

50728 Köln • Ansprechpartner: Herr Dörfler<br />

Tel.: 022899/3583455 oder 0221/7583455 • E-Mail: andreas.doerfler@bva.bund.de<br />

sowie mit dem zuständigen Au<strong>sl</strong>andsbeauftragten in dem für Sie<br />

zuständigen Kultusministerium.<br />

Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren sowie zu den Au<strong>sl</strong>andsschulen<br />

finden Sie im Internet unter www.au<strong>sl</strong>andsschulwesen.de.<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


34<br />

:Thema Bildungsinitiative<br />

„Du bist smart!”<br />

Ehrenamtliche Bildungsinitiative hilft beim Kampf gegen Cyber-Mobbing<br />

Bildung ist kein Privileg, sondern sollte für jeden zugänglich sein. In einer wissensbasierten Leistungsgesellschaft<br />

ist es notwendig, Kindern, unabhängig von ihrem sozialen Status, den Zugang zur Bildung und zu<br />

Wissen zu ermöglichen.<br />

Mit diesem Grundsatz / Leitbild hat Antje Minhoff die Bildungsinitiative<br />

„Du bist smart” gegründet. Antje Minhoff<br />

ist Gründungsmitglied vom Förderverein Pfiffikus zur Unterstützung<br />

hochbegabter Kinder e.V., Mitglied bei der Hochbegabtenförderung,<br />

Geschäftsführerin der MINHOFF GmbH und Mutter von drei Kindern.<br />

Frau Minhoff engagiert sich seit mehr als 15 Jahren im Bereich<br />

der Bildung und Bildungspolitik. Sie ist in vielen Bildungsgremien und<br />

als Beirat einer Arbeitsgruppe im Bundestag aktiv.<br />

Frau Minhoff die Initiatorin der Bildungsinitiative „Du bist smart”<br />

beschreibt das Ziel ihrer Bildungsinitiative so: „Bildung und Wissen<br />

ist ein wesentlicher Faktor für ein selbstbewusstes und selbstbestimmtes<br />

Leben. Aber gerade auch die Fähigkeiten zu erlernen, die nicht im<br />

Stundenplan stehen und die besonders wichtig sind, um die eigene Persönlichkeitsentwicklung<br />

voranzutreiben, müssen erkannt und gefördert<br />

werden. In den Projekten ,Du bist smart - Du machst die Musik!᾿,<br />

,Du bist smart - Du machst den Film!᾿ und dem für 2012 geplanten<br />

Projekt ,Du bist smart – Du bist am Ball᾿ geht es darum, den Schülerinnen<br />

und Schülern zu zeigen, dass sie Vertrauen in sich und in ihre<br />

Fähigkeiten haben dürfen. Ein fester Glaube an sich selbst schafft Kraft<br />

und erzeugt dieses Selbstvertrauen.<br />

Die Entwicklung des Selbstbewusstseins wird in unserem deutschen<br />

Bildungssystem meistens vernachlässigt. In unserer Leistungsgesellschaft<br />

wird leider allzu oft ein Gewinner-Verlierer-System vermittelt,<br />

das Schüler häufig denken lässt, minderwertig statt wertvoll<br />

zu sein. Selbstvertrauen lässt die Kinder erkennen, dass sie es verdient<br />

haben, anerkannt, wert geschätzt und geliebt zu werden.”<br />

Letztes Jahr startete der Schülerworkshop „Du bist smart – Du<br />

machst den Film!”. Im Filmpark Babelsberg lernten 30 Schüler eine<br />

Woche lang, zusammen mit dem Netzwerk für digitale Medien „Die<br />

Freidreher”, wie ein Film entsteht und drehten eigenständig verschiedene<br />

Filme. Die Inhalte zu den Filmen – aktuelle Themen aus der Cyberwelt<br />

– wurden von Schülern aus den Klassenstufen sieben bis dreizehn<br />

des Herder Gymnasiums aus Berlin erarbeitet.<br />

Der Workshop beinhaltete die vielen Schritte einer Filmproduktion,<br />

angefangen beim Schauspielunterricht bis zum Filmschnitt. Zum<br />

Einsatz kamen auch interaktive Medien wie das SMART Board. Die<br />

Schüler beschäftigten sich vor allem mit der inhaltlichen Gestaltung<br />

der Filme zu den Gefahren im Zeitalter von Web 2.0. Wie erkenne ich<br />

Cyber-Mobbing? Was sollte ich in sozialen Netzwerken beachten? Was<br />

darf ich von wem kopieren? Den Abschluss jedes Filmes bildet die fachmännische<br />

Beratung der Medienanwältin Kathrin Schürmann, die die<br />

Problematik rechtlich darlegt und für Aufklärung in Sachen Urheberrecht<br />

im Internet und geistiges Eigentum sorgt.<br />

Die Filme sind im Anschluss mit fachlicher Unterstützung des<br />

„LISUM” (Landesinstitut für Schule und Medien Berlin Brandenburg)<br />

und der „KB&B - The Kids Group GmbH & Co. KG” mit dem dazu passenden<br />

interaktiven unterrichtsbegleitendem<br />

Material versehen und allen Schulen<br />

deutschlandweit kostenfrei zur Verfügung<br />

gestellt worden. Das Medienpaket ermöglicht<br />

einen leichten Einstieg in das Thema<br />

Chancen und Risiken in der Mediengesellschaft<br />

und regt zu Diskussionen und Debatten<br />

an.<br />

Ziel der Bildungsinitiative ist es, die<br />

Bildung der Jungendlichen auch unabhängig<br />

vom Stundenplan zu fördern. „In<br />

dem einzigartigen Projekt ,Du bist smart<br />

- Du machst den Film!᾿ lernten die Schüler<br />

nicht nur sich selber darzustellen und der Initiative „Du bist smart”<br />

Antje Minhoff, Gründerin<br />

Themen für Andere verständlich auszudrücken<br />

und sich in die Rolle anderer zu versetzen, sondern auch dass<br />

sie Vertrauen in sich und in ihre Fähigkeiten haben können. Ein fester<br />

Glaube an sich selbst schafft Kraft und fördert das Selbstvertrauen, so<br />

dass die Kinder dem Leben in der Mediengesellschaft besser gewachsen<br />

sind”, sagt Antje Minhoff.<br />

In der zweiten Jahreshälfte 2012 wird das Projekt „Du bist smart<br />

– Du bist am Ball” starten. Die grundlegende Idee zu „Du bist smart –<br />

Du bist am Ball!” ist diese – Hertha BSC und der 1. FC Union trainieren<br />

jeweils 15 Schüler von Klasse 7–13 mit ihren entsprechenden Möglichkeiten.<br />

Zwischen dem Training finden kleine Workshops zu verschiedenen<br />

Themen wie z.B. Fragen an einen Profifußballer, Ernährung,<br />

Mobbing etc. statt. Am Ende der Trainingswoche gibt es ein Spiel der<br />

beiden Gruppen, in dem alle Schüler mitspielen müssen und natürlich<br />

auch irgendwie alle gewinnen.<br />

Fußball bietet, wie alle Projekte vorher, geniale Möglichkeiten die<br />

Idee von „Du bist smart!” umzusetzen. Teamgeist, jeder ist was wert,<br />

Anstrengung lohnt sich. Auch in diesem Projekt sind das nicht nur<br />

Schlagwörter. Dieses 3. Du bist smart – Projekt hat auch wieder zahlreiche<br />

Unterstützer, die bei diesem Projekt mithelfen – als Manpower<br />

und als Workshop-Trainer. Alle Unterstützer des Projektes „Du bist<br />

smart – Du bist am Ball!” und der Bildungsinitiative „Du bist smart!”<br />

arbeiten ehrenamtlich!<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter:<br />

www.Dubistsmart.de<br />

www.facebook.com/DuBistSmart<br />

www.twitter.com/DuBistSmart<br />

Antje Minhoff<br />

E-Mail: Antje@Minhoff.de<br />

Autorin: Nadine Dillinger (VCAT Consulting GmbH)<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Recht<br />

35<br />

Gefahr durch großzügige Geschenke<br />

Vor allem an Grundschulen, manchmal aber auch an weiterführenden Schulen, werden den Lehrkräften<br />

großzügige Geschenke gemacht. Kein Problem?<br />

Dass Sie als Schulleiter Geschenke bekommen, ist vermutlich die<br />

Ausnahme. Die meisten Präsente erhalten die ganz „normalen”<br />

Lehrkräfte, wobei Sie jedoch dafür sorgen müssen, dass an Ihrer Schule<br />

die Regelung über die Annahme von Geschenken eingehalten wird.<br />

Oft fängt es harmlos an: Zuerst sind es Blumensträuße oder Pralinen.<br />

Später gibt es für die Kollegen vielleicht einen Kinogutschein<br />

(mit Popcorn und Getränk) oder zum Jahresende einen Schlemmerkorb.<br />

Nicht zu vergessen die kleinen Aufmerksamkeiten zum<br />

Geburtstag und zu Weihnachten. Manche Kollegen sehen hier kein<br />

Problem, andere sind etwas beunruhigt. Denn sie erinnern sich, vor<br />

der Einstellung bei der Schulbehörde ein Papier unterschrieben zu<br />

haben, das die Annahme von Geschenken regelt. Diese Erinnerung<br />

aber verdrängen sie, weil das Verhältnis zu Schülern und Eltern ausgesprochen<br />

nett ist.<br />

Vor allem au<strong>sl</strong>ändische Eltern geben Lehrkräften manchmal individuelle<br />

Geschenke, wobei sie oft darauf hinweisen, dass es in ihrem<br />

Kulturkreis ausgesprochen unhöflich wäre, ein Geschenk abzulehnen.<br />

In unserem Fall bekommt eine Lehrerin, die ihre Klasse erfolgreich<br />

zum Abschluss geführt hat, von der Elternschaft eine Parkbank (Obi,<br />

99,– €) für ihren Garten geschenkt. Die Kollegin findet das zwar etwas<br />

üppig, freut sich aber, weil sie ihre anstrengende Arbeit endlich einmal<br />

gewürdigt sieht. Zudem will sie nicht unhöflich sein und meint, das<br />

Geschenk sei unproblematisch, weil es ihr ja erst nach der Zeugniskonferenz<br />

übergeben wurde.<br />

In solchen und ähnlichen Fällen sollten Sie den Kollegen erklären,<br />

was zulässig ist – und was nicht. Deshalb kommt jetzt der Erlass, den<br />

die Lehrkräfte in den meisten Bunde<strong>sl</strong>ändern zwar einmal erhalten<br />

haben, an den sie sich aber nicht mehr erinnern (wollen). Aber selbst<br />

wenn die Kollegen den Erlass nicht bekommen haben, müssen sie ihn<br />

kennen und beachten.<br />

Ob Geschenke mit Hintergedanken gemacht werden, lässt sich<br />

kaum feststellen. Aber das ist auch nicht nötig, weil für Lehrkräfte<br />

gilt: Grundsätzlich dürfen keine Geschenke (od. Belohnungen) angenommen<br />

werden. Schließlich soll niemand auf die Idee kommen, in<br />

Deutschland könne man sich Behördenvertreter über Geschenke gewogen<br />

machen. Wobei die Parkbank von oben streng genommen kein<br />

Geschenk, sondern eine Belohnung darstellt. Denn sie wurde ja, wie<br />

die meisten Zuwendungen, zum Schluss des Schuljahres übergeben,<br />

also als Belohnung für das schülerfreundliche Verhalten.<br />

Nun sind weder Gerichte noch Kultusministerien so weltfremd,<br />

dass gar nichts akzeptiert werden darf. Und so gibt es eine „Bagatellgrenze”,<br />

die bei 10, – € liegt – allerdings nicht pro Schüler, sondern pro<br />

Lerngruppe und Schuljahr. Bis zu dieser Grenze gilt die Zustimmung<br />

der vorgesetzten Dienstbehörde als automatisch erteilt. Eine geringe<br />

Überschreitung ist nicht dramatisch, falls der „Gebrauchswert” des<br />

Geschenks gering ist (vergänglicher Blumenstrauß für 12,50 Euro). Besonders<br />

hoch ist der Gebrauchswert bei Bargeld und Gutscheinen (z.B.<br />

eines Supermarktes), die der Beschenkte nach Belieben nutzen kann.<br />

Liegt der Wert zwischen 10,– € und 50,– €, so muss die vorgesetzte<br />

Dienstbehörde zustimmen, die diese Befugnis jedoch an Sie abgeben<br />

kann. Ein solches Geschenk darf aber auf keinen Fall ohne Absegnung<br />

„von oben” angenommen werden.<br />

Sobald der Wert über 50,– € liegt, muss die Zustimmung der obersten<br />

Dienstbehörde, also des Kultusministeriums, eingeholt werden.<br />

Tja, so hart sind die Regelungen in Deutschland.<br />

Sicher kennen Sie den Einwand der Kollegen, die au<strong>sl</strong>ändische Schüler<br />

unterrichten und von ihnen bzw. deren Eltern Geschenke annehmen:<br />

Dies abzulehnen, sei fast eine Beleidigung. Das stimmt nur teilweise.<br />

Und die entscheidende (rhetorische) Frage ist doch, welche kulturellen<br />

und rechtlichen Normen an deutschen Schulen gelten sollen.<br />

Sie können den Kollegen erklären: Die unausgesprochene Verpflichtung,<br />

Geschenke anzunehmen, gilt nur auf der privaten Ebene.<br />

Auch in anderen Kulturkreisen werden Behördenvertretern keine Geschenke<br />

gemacht – und wenn dies doch geschieht, dann will man sich<br />

den Betreffenden gewogen machen, also geschickt bestechen.<br />

Eltern, die Lehrkräften attraktive Geschenke machen, versuchen<br />

daher, die Beziehung zu Lehrkräften auf die private Ebene der Freundschaft<br />

zu ziehen, weil sie sich davon einen Vorteil für ihre Kinder versprechen.<br />

Denn einem Schüler, mit dessen Eltern man quasi befreundet<br />

ist, gibt eine Lehrkraft nicht so schnell eine Fünf oder empfiehlt ihn für<br />

die Hauptschule.<br />

Allerdings ist das Verhältnis von Lehrern zu Eltern kein privates,<br />

sondern ein dienstliches, in dem die Lehrkräfte den deutschen Staat<br />

bzw. seine Behörden repräsentieren. Deshalb darf nicht der Eindruck<br />

entstehen, dort würden Belohnungen für gefälliges Verhalten akzeptiert.<br />

Das heißt nicht, dass man den Kollegen unterstellt, sie seien bestechlich.<br />

Vielmehr geht es um die Wirkung nach außen und darum,<br />

was einige Eltern verbreiten könnten.<br />

Wenn die Belohnung schon angenommen wurde, kann eine Notlösung<br />

darin bestehen, die Parkbank nicht persönlich zu nutzen, sondern<br />

sie – quasi als Spende – der Schulgemeinschaft zukommen zu lassen.<br />

In einigen Bunde<strong>sl</strong>ändern besteht für Schulen eine sog. Aushangpflicht.<br />

Sie fordert, wichtige Erlasse auszuhängen, damit jeder sie sehen<br />

kann. Dazu zählt auch der Erlass über das Verbot der Annahme von<br />

Geschenken und Belohnungen. Auch Sie sollten ihn im Lehrerzimmer<br />

aushängen und die Kollegen einmal jährlich, am besten kurz vor Ende<br />

des Schuljahres, daran erinnern. Dadurch sind Sie auf der sicheren Seite<br />

– und falls dann irgendwelche Kollegen trotzdem dagegen verstoßen,<br />

so ist das nicht mehr Ihr Problem.<br />

Mit den besten Grüßen bis zum nächsten Mal<br />

Ihr Günther Hoegg<br />

Text: Dr. jur. Günther Hoegg<br />

Dr. jur. Günther Hoegg, ist Jurist und seit 20 Jahren Lehrer. Im Januar 2011 ist sein Band „SchulRecht! für<br />

schulische Führungskräfte” im Verlag Beltz erschienen.<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


36<br />

:Recht<br />

„Der Avenarius”<br />

Das Standardwerk der Schulrecht<strong>sl</strong>iteratur<br />

Um es vorweg zu sagen: „Der Avenarius” gehört in jede Schulbibliothek und in Griffweite der <strong>Schulleitung</strong>. Begründet<br />

1957 von Hans Heckel unter dem Titel „Schulrechtskunde”, fortgeführt seit 1986 von Hermann Avenarius,<br />

erscheint das Standardwerk des deutschen Schulrechts nunmehr – der Bedeutung des „Handbuches<br />

für Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft” eher angemessen – unter dem Titel „Schulrecht” in der 8., neu<br />

bearbeiteten Auflage.<br />

Der Klassiker in Neuauflage:<br />

Avenarius’ „Schulrecht”<br />

Die Autoren sind ausgewiesene Schulrechtsexperten: Hermann<br />

Avenarius, Doyen des deutschen Schulrechts, ist Professor für<br />

öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft am Deutschen Institut<br />

für Internationale Pädagogische Forschung und war dort bis zu seiner<br />

Emeritierung Leiter der Arbeitseinheit Steuerung und Finanzierung<br />

des Bildungswesens, Hans-Peter Füssel ist Professor für Steuerungsprobleme<br />

moderner Bildungssysteme an der Humboldt-Universität,<br />

Berlin, und stellvertretender Leiter der Arbeitseinheit Steuerung und<br />

Finanzierung des Bildungswesens am DIPF.<br />

Schon am wachsenden Umfang des Werkes lassen sich zunehmende<br />

Bedeutung und Ausdifferenzierung des Schulrechts von der<br />

„Rechts”-Figur des „besonderen Gewaltverhältnisses” von Schule<br />

und Schüler bis zur vollen Einbindung in rechtsstaatliche Strukturen<br />

abschätzen: von 392 Seiten der Erstauflage ist es auf 785 Seiten in der<br />

8. Auflage angewachsen – gegenüber der 7. Auflage noch einmal 90<br />

Seiten mehr. Gegliedert ist das Werk in drei Teile: 1. Schulwesen, 2.<br />

Schülerinnen und Schüler, Eltern, 3. Lehrerinnen und Lehrer. Auch<br />

die Veränderung in der Gliederung des Werkes ist ein Signal: Stand<br />

der Teil „Lehrer” noch in der 7. Auflage an zweiter Stelle, Schüler<br />

und Eltern an der dritten, so sind jetzt Schülerinnen und Schüler<br />

und Eltern an die zweite, Lehrerinnen und Lehrer an die dritte Stelle<br />

gerückt.<br />

Obwohl das Schulrecht überwiegend Landesrecht ist, hat es sich<br />

trotz Föderalismusreform und Kooperationsverbot überraschend ähnlich<br />

entwickelt, so dass eine Gesamtdarstellung des deutschen Schulrechts<br />

durchaus lohnt und Unterschiede der Regelungen in den einzelnen<br />

Ländern deutlich werden lässt. Der zunehmenden Bedeutung<br />

des Einflusses übernationalen Rechts, „das im Einzelfall auch zur Anpassung<br />

der jeweiligen nationalen Bildungsrechtsordnungen zwingen<br />

kann”, auch für das der Länderhoheit unterliegende Schulrecht in der<br />

Bundesrepublik trägt die Ausweitung des zweiten Kapitels – „Verfassungsrecht,<br />

Recht der Europäischen Union und Völkerrecht in ihrer<br />

Bedeutung für das Schulwesen” – Rechnung.<br />

Ein Standardwerk von solchem Umfang ist nicht eigentlich ein<br />

Lese- sondern ein Arbeitsbuch. Gleichwohl empfiehlt der Rezensent,<br />

sich gelegentlich in den Lehnstuhl oder ein ähnlich bequemes Möbel<br />

zurückzuziehen und das eine oder andere Kapitel zu lesen „wie einen<br />

Krimi”. Man gewinnt so ein Gefühl, einen Hintergrund für das, was<br />

man als Schulleiterin oder Schulleiter im täglichen Klein-Klein an auch<br />

rechtlich relevanten Angelegenheiten und Entscheidungen zu bewältigen<br />

hat. Als krimi-ähnliche Lektüre bietet sich zunächst das erste Kapitel<br />

„Schule und Recht” an, ansonsten ist die Reihenfolge beliebig. Nach<br />

einigen, wenigen solcher Lesephasen lässt sich das Werk dann auch<br />

mit Gewinn als Arbeitsbuch oder „Steinbruch” für die Praxis nutzen.<br />

Zur Lesetechnik ist anzumerken, dass man sich in den „Krimiphasen”<br />

nicht in den umfangreichen Fundstellen- und Quellenverweisen in den<br />

Fußnoten verheddern sollte, die ansonsten als Fundgrube besonders<br />

hervorzuheben und nahezu unersetzlich sind.<br />

Die 33 Kapitel des Buches sind durch Dezimalklassifikation sorgfältig<br />

weiter untergliedert und ermöglichen einen schnellen Zugriff auf<br />

einzelne Themen und Aspekte, alternativ bietet sich das umfangreiche<br />

Sachregister an. Zweckmäßiger als eine zusammenfassende Darstellung<br />

erscheint hier eine Auflistung der Kapitel; da Avenarius und Füssel<br />

die einzelnen Kapitel unter sich aufgeteilt haben, gegliedert nach<br />

Autoren. So werden die Schwerpunkte der beiden deutlich, der systematische<br />

Zusammenhang erschließt sich aus der Nummerierung der<br />

einzelnen Kapitel:<br />

Hermann Avenarius und Hans-Peter Füssel, Schulrecht: ein Handbuch für Praxis, Rechtsprechung und<br />

Wissenschaft; Handbuch Schulrecht / Avenarius. 8., neubearb. Aufl. Köln; Kronach (Carl Link) 2010, XXXIII,<br />

785 S.; Literaturangaben, ISBN 978-3-556-01185-0, 68,00 €<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


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Materialien für Lehrkräfte<br />

Primarstufe, Sekundarstufe I und II, soziale und pflegerische Ausbildungen<br />

Erster Teil: Schulwesen: Hermann Avenarius: 1. Schule u. Recht, 3. Aufbau<br />

und Gliederung des Schulwesens, 4. Schulorganisation, Berechtigungswesen,<br />

Disparitäten im Schulsystem, 5. Die öffentliche Schule als<br />

Einrichtung der Bildung und Erziehung, 6. Rechtsstellung der Schule,<br />

Schulverfassung I (Grundlagen), 7. Schulverfassung II (<strong>Schulleitung</strong>,<br />

Lehrerkonferenz, Schulkonferenz), 8. Schulverfassung III (Schülerund<br />

Elternvertretungen), 10. Schulträgerschaft, dienstrechtliche Zuordnung<br />

der Lehrkräfte, 13. „Schulautonomie” und Schulqualität, 15.<br />

Überblick über das Privatschulrecht.<br />

Hans-Peter Füssel: 2. Verfassungsrecht, Recht der Europäischen Union<br />

und Völkerrecht in ihrer Bedeutung für das Schulwesen, 9. Schulaufsicht,<br />

11. Schulfinanzierung (Schulunterhaltung), 12. Verwaltung<br />

der Einzelschule, 14. Deutsche Schulen im Au<strong>sl</strong>and, Europäische<br />

Schulen<br />

Zweiter Teil: Schülerinnen und Schüler, Eltern: Hermann Avenarius:<br />

16. Schulverhältnis, Rechtsstellung der Schülerinnen und Schüler,<br />

Elternrecht, 17. Schulpflicht, 19. Unterricht und sonstige Schulveranstaltungen,<br />

Schutz- und Fürsorgepflichten der Schule, 23. Finanzielle<br />

Hilfen für Schülerinnen und Schüler.<br />

Hans-Peter Füssel: 18. Zugang zur Schule, 20. Leistungsbewertungen,<br />

21. Verhalten der Schülerinnen und Schüler, 22. Erziehungsmaßnahmen,<br />

Ordnungsmaßnahmen, 24. Schülerdaten und Datenschutz,<br />

25. Schulgesundheitspflege, Unfallverhütung, Haftung, 26. Rechtsschutz,<br />

Dritter Teil: Lehrerinnen und Lehrer: Hermann Avenarius: 28. Das<br />

Beamtenverhältnis der Lehrkräfte, 30. Vermögenswerte Rechte der<br />

Lehrkräfte, 32. Folgen von Pflichtverletzungen.<br />

Hans-Peter Füssel: 27. Lehrerbildung, 29. Nichtvermögenswerte<br />

Rechte der Lehrkräfte, 31. Pflichten der Lehrkräfte, 33. Nichtbeamtete<br />

Lehrkräfte.<br />

Bleibt als ceterum censeo des Rezensenten anzumerken, dass auch dieses<br />

ausführliche Standardwerk nicht leistet – weil es das nicht leisten<br />

kann – was zu leisten wäre und sich aus den Erfahrungen von <strong>Schulleitung</strong>s-<br />

und Lehrerfortbildung und Beratung als immer dringlicheres<br />

Desiderat erweist, nämlich die Brücke zu schlagen zwischen Schulrecht<br />

und Pädagogik und dieses nicht unproblematische Verhältnis einer<br />

Klärung näher zu bringen.<br />

Autor: Hans-Dieter Hummes<br />

Lernziel.menschlich<br />

Materialien für Lehrkräfte<br />

» Wie kann ich meine SchülerInnen für soziale Belange<br />

sensibilisieren?«<br />

» Wo erfahren Kinder und Jugendliche Konkretes aus<br />

dem Alltag von Menschen mit Behinderung?«<br />

»Wie kann ich junge Leute motivieren, sich zu engagieren?«<br />

»Wie kann ich helfen Vorurteile abzubauen?«<br />

Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel bieten kosten frei<br />

Materialien für Lehrkräfte zu sozialen Themen an, die in der<br />

Primarstufe, der Sekundarstufe I und II sowie sozial/pflegerischen<br />

Ausbildungen verwendet werden können.<br />

Die Materialien auf der DVD erlauben methodisch-didaktische<br />

Freiräume und sind fächerübergreifend konzipiert. Jede Einheit<br />

setzt sich aus Hintergrundinformationen, Materialien zur<br />

Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsinhalten zusammen.<br />

Zahlreiche Arbeitsblätter, Vorschläge zur Gestaltung und<br />

mehrere Filme können individuell genutzt werden.<br />

Die Einzelsequenzen sind so angelegt, dass sie für sich allein<br />

durchgeführt oder als Themenreihe eingesetzt werden können.<br />

Die Inhalte:<br />

¬ Menschen mit Epilepsie – Diagnose, Behandlung,<br />

soziale Folgen<br />

¬ Behinderte Menschen – Vorurteile, Diskriminierung, Ängste<br />

¬ Menschen mit psychischen Erkrankungen – Störungsbilder,<br />

Erfahrungsberichte<br />

¬ Wohnen und betreut werden im Alter<br />

¬ Jugendliche – Fallbeispiele und Hilfeformen<br />

¬ Menschen ohne Wohnung<br />

¬ Hospizarbeit – individuelle Sterbebegleitung<br />

¬ Diakonie<br />

¬ Ethik<br />

¬ Biographisches zu Pastor Friedrich von Bodelschwingh<br />

Wir haben es uns als Lernziel gesetzt, menschlich/er<br />

miteinander umzugehen!<br />

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Quellenhofweg 25 · 33617 Bielefeld<br />

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38<br />

:Die DAPF-Seite – Neues aus der SL-Forschung<br />

Welche Einflussstrategien helfen Schulleitern<br />

Veränderungen umzusetzen?<br />

Explorative Befunde einer Studie zu Mikropolitik in der Schule<br />

Im Zuge der aktuellen bildungspolitisch initiierten Reformen und Steuerungsmaßnahmen kommt der Einzelschule,<br />

insbesondere der Person des Schulleiters 1 , eine bedeutende Rolle bei deren Umsetzung zu. „Was” vor<br />

Ort verändert werden soll, ist in Erlassen und/oder Schulgesetzen formal festgelegt. Wandelprozesse in Organisationen<br />

unterliegen aber vielschichtigen Strukturierungen, sind höchst komplex und von den jeweiligen<br />

Akteuren in einer Organisation abhängig. Das „Wie” ist dabei häufig unklar. Dies bietet Schulleitern bei der<br />

Gestaltung von Veränderungsprozessen Raum für informelles, strategisches Verhalten. Der Beitrag verdeutlicht<br />

anhand erster Ergebnisse einer Studie zur Nutzung mikropolitischer Einflusstaktiken und -strategien,<br />

welche Taktiken Schulleiter überwiegend nutzen, um schulische Veränderungen umzusetzen.<br />

Schulischer Wandel kann nicht rein rational und nur „von oben”<br />

geplant werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Wandel auf<br />

Ebene der Einzelschule durch die dortigen Akteure unterschiedlich<br />

aufgefasst und interpretiert oder gar unterlaufen wird. Begründet werden<br />

kann dies etwa durch die jeweils eigenen Organisationsstrukturen<br />

und Organisationskulturen und aufgrund der verschiedenen Interessensperspektiven<br />

der schulischen Akteure – sie verhalten sich oft nicht<br />

wie „gut geölte kleine Rädchen”, die tun, was von ihnen erwartet wird.<br />

Stark positionierte Schulleiter gelten daher als wichtige Voraussetzung,<br />

Veränderungsprozesse zu gestalten und zu initiieren und in die Schulkultur<br />

zu integrieren. Hierbei ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten,<br />

Wandel durch mikropolitisches Verhalten zu beeinflussen.<br />

Die hier skizzierte Situation war Anlass, im Rahmen einer Teilstudie<br />

eines Forschungsprojektes des Instituts für Schulentwicklungsforschung<br />

und der Dortmunder Akademie für Pädagogische Führungskräfte<br />

(DAPF) zu fragen, welche mikropolitischen Einflusstaktiken<br />

Schulleiter nutzen, um schulische Veränderungen zu initiieren und<br />

umzusetzen. Neben quantitativen Ergebnissen, bei denen über 3.000<br />

Lehrkräfte aus 120 Grund- und weiterführenden Schulen gebeten<br />

wurden, die Einflusstaktiken ihrer Schulleiter einzuschätzen, wurden<br />

in Interviews auch die Schulleiter selbst gebeten, ihr Verhalten bei der<br />

Umsetzung von Veränderungen zu skizzieren. Die neun Interviews<br />

wurden mittels strukturierender, qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.<br />

Die wesentlichen zwei Ergebnisse der qualitativen Untersuchung<br />

werden im Folgenden berichtet.<br />

Zunächst wurde (1) überprüft, welche mikropolitischen Einflusstaktiken<br />

Schulleiter überwiegend nutzen. Hierfür wurden die sogenannten<br />

Kodiereinheiten (in der Untersuchung eine Aussage des Schulleiters,<br />

die sein mikropolitisches Verhalten abbildet) vier gängigen mikropolitischen<br />

Einflusstaktiken zugeordnet: Rationales Argumentieren, Druck,<br />

Schmeicheln und Koalitionen bilden. Sie stellen sogenannte rationale,<br />

harte und weiche mikropolitische Einflussstrategien dar. Insgesamt<br />

konnten 197 Kodiereinheiten den vier Taktiken zugeordnet werden.<br />

Schulleiter geben an, überwiegend koalitionsbildende und rationale Taktiken<br />

(also weiche und rationale Strategien) einzusetzen, um schulische<br />

Veränderungssituationen zu gestalten. 42 % und damit die meisten Kodiereinheiten<br />

wurden der Einflusstaktik Koalitionen bilden zugeordnet,<br />

mit der sich Schulleiter Unterstützung von „möglichst vielen Kollegen”<br />

sichern, um eine breite Mehrheit zu haben. 31 % der Kodiereinheiten entfallen<br />

auf die Einflusstaktik Rationales Argumentieren, bei der Schulleiter<br />

ihre Vorhaben mit Argumenten, Informationen und guten Gründen<br />

oder „mit Experten von außen” vor allem sachlich stützen und absichern.<br />

Auf die Einflusstaktik Schmeicheln entfallen 20 % der Kodiereinheiten.<br />

Hier agieren Schulleiter „mit viel Fingerspitzengefühl”, sind freundlich,<br />

machen Zugeständnisse und Komplimente, um Ziele zu erreichen. Der<br />

Einflusstaktik Druck wurden lediglich 6 % der Kodiereinheiten zugeordnet.<br />

Nur in seltenen Fällen drohen Schulleiter strategisch „mit Sanktionen”<br />

oder bringen „Hierarchie ins Spiel”.<br />

Weiterhin wurde (2) untersucht, wie Schulleiter den Einsatz mikropolitischer<br />

Einflusstaktiken begründen. Insgesamt konnten 14 Kategorien<br />

von Begründungen aus 109 Kodiereinheiten gebildet werden.<br />

So wurde festgestellt, dass bei den befragten Schulleitern eine Begründung<br />

für den Einsatz von rationalen Argumenten oder das Bilden von<br />

Koalitionen die Herstellung von Konsens im Kollegium darstellt (39 % der<br />

Begründungen für Koalitionsbildung bzw. 37 % der Begründungen für<br />

Rationales Argumentieren). Koalitionsbildung wird weiterhin damit begründet<br />

Verantwortung aufzuteilen (40 %). Hingegen sind das Herstellen<br />

von Transparenz, mit der Vertrauen und Verständnis angestrebt werden<br />

sowie die Rahmung des Kollegiums auf das Thema weitere Begründungen<br />

für Rationales Argumentieren. Die gemeinsame Vertrauensbasis<br />

und eine möglichst gute Arbeitsatmosphäre (je 33 %) stellen hauptsächlich<br />

Begründungen für die Taktik Schmeicheln dar. Druck wird aus Sicht<br />

der Schulleiter nur selten eingesetzt und mit dem Ausfüllen der Vorgesetztenrolle<br />

begründet, vor allem dann, „wenn es nicht mehr weitergeht”.<br />

Die beiden zentralen Ergebnisse verdeutlichen, dass aus Sicht der<br />

Schulleiter in schulischen Organisationsstrukturen und -kulturen<br />

kaum Vorstellungen eines hierarchisch denkenden Einzelkämpfers<br />

vorzufinden sind und sich durchsetzen lassen, sondern sachlich-rationale<br />

Argumente und das Bilden von Mehrheiten bei der Initiierung<br />

und Umsetzung von Veränderungen erfolgversprechend scheinen. Die<br />

Lehrkräfte nehmen dies übrigens ähnlich wahr, wie die Ergebnisse der<br />

quantitativen Untersuchung zeigen. So war die Bereitschaft für Veränderungen,<br />

die Zufriedenheit im Kollegium und mit dem Schulleiter<br />

dann besonders stark ausgeprägt, wenn bei Schulleitern ein Taktikenmix<br />

aus überwiegend rationalen und koalitionsbildenden Taktiken<br />

wahrgenommen wurde.<br />

Autor: Mario Gieske<br />

1 Der Beitrag verwendet das generische Maskulinum, welches weibliche wie männliche Personen gleichermaßen einschließt.<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012<br />

Dipl.-Reha.Päd. Mario Gieske, Jg. 1981<br />

Seit April 2010 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Dortmunder Akademie für Pädagogische Führungskräfte<br />

(DAPF) im Bereich der Fort- und Weiterbildung tätig. Schwerpunkte der Arbeit liegen in der Entwicklung,<br />

Umsetzung und Koordination von Fortbildungsangeboten für pädagogisches Führungspersonal.<br />

Quelle:<br />

Gieske, M. (2011). Mikropolitik und schulische Führung. Einflussstrategien von Schulleitern bei der Gestaltung<br />

organisationalen Wandels. TU Dortmund: Unveröffentlichte Dissertation.<br />

Die Dissertation erscheint voraussichtlich im September 2012 im Klinkhardt-Verlag.


:Rückspiegel<br />

39<br />

Im Rückspiegel: didacta 2012<br />

Entwicklungen und Reaktionen<br />

Lehren und Lernen mit digitalen Medien gehörte zu den zentralen Themen der diesjährigen didacta – die<br />

Bildungsmesse in Hannover. Die dazu passende Orientierung über herausragende Produkte gab der Deutsche<br />

Bildungsmedienpreis „digita 2012”, mit dem neun beispielgebende Angebote ausgezeichnet wurden.<br />

Die strahlenden Gewinner<br />

des „digita 2012”<br />

Schirmherr des „digita 2012” war der Niedersächsische Kultusminister<br />

Dr. Bernd Althusmann. In seiner Rede zur Preisverleihung<br />

sagte er: „In unseren Schulen sollten digitale Medien als Bereicherung<br />

angesehen und verantwortungsvoll eingesetzt werden, damit die Schülerinnen<br />

und Schüler den richtigen Umgang mit ihnen lernen. Es gilt,<br />

Kinder und Jugendliche darauf vorzubereiten, bewusst mit den Gefahren<br />

und Risiken im Internet umzugehen.”<br />

Prof. Dr. Wilfried Hendricks wies als Sprecher der digita-Jury auf<br />

drei bemerkenswerte Trends im diesjährigen Wettbewerb hin: „Im<br />

Vergleich zu den Vorjahren gab es sehr viele gute Bildungsmedien für<br />

die Grundschule. Es werden viel mehr didaktische Werkzeuge angeboten.<br />

Und vor allem: Das mobile Lernen erfährt einen enormen Auftrieb.<br />

Neben der Quantität steigt hier auch die Qualität.”<br />

Träger des Deutschen Bildungsmedien-Preises sind das IBI - Institut<br />

für Bildung in der Informationsgesellschaft an der TU Berlin, die<br />

Intel GmbH und die Stiftung Lesen. Der Jury gehörten neun Fachleute<br />

aus Wissenschaft, Bildungsadministration und Wirtschaft an. In einer<br />

ersten Runde hatte die Jury nach ausführlicher Beratung mit Fachgutachtern<br />

aus 100 Einreichungen 22 Produkte<br />

für den „digita 2012” nominiert. Die<br />

Auswahl der Preisträger durch die Juroren<br />

erfolgte kurz vor der Preisverleihung.<br />

In der Kategorie Vorschulische Bildung<br />

siegte „Kinder Brockhaus TING<br />

Starter-Set” von der wissenmedia in der<br />

inmediaONE] GmbH (Güter<strong>sl</strong>oh).<br />

In der Kategorie Allgemeinbildende<br />

Schule wurde in der Sparte „Grundschule”<br />

das „Internet-ABC” vom Internet-ABC e.V.<br />

(Düsseldorf) ausgezeichnet. In der Sparte<br />

Sekundarstufe I gewann „Westermann<br />

Interaktive Wandkarten” von der Bildungshaus<br />

Schulbuchverlage Westermann<br />

Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers<br />

GmbH (Braunschweig), in der Sparte<br />

Sekundarstufe II „HUNGER” von der EI-<br />

KON Media GmbH (Berlin).<br />

In der Kategorie Privates Lernen vergab<br />

die Jury zwei Preise: „bettermarks” von der<br />

bettermarks GmbH (Berlin) setzte sich in<br />

der Sparte über 10 Jahre durch. In der Sparte<br />

über 16 Jahre gewann die App „Die Berliner<br />

Mauer” von der Bundeszentrale für<br />

politische Bildung (Bonn), dem Deutschlandradio<br />

(Berlin) und dem Zentrum für<br />

Zeithistorische Forschung Potsdam.<br />

In der Kategorie <strong>Beruf</strong>liche Bildung und Studium ist „Career Express<br />

Business English” von der Cornelsen Verlag GmbH (Berlin) der<br />

Preisträger in der Sparte Studium. In der Sparte Weiterbildung erhielt<br />

die iPad-App „Social Media Manager” von der ILS-Institut für Lernsysteme<br />

GmbH (Hamburg) den Preis.<br />

Die „FWU-Mediathek” des FWU Institut für Film und Bild in<br />

Wissenschaft und Unterricht (Grünwald b. München) wurde mit dem<br />

„digita” in der Kategorie Didaktische Werkzeuge ausgezeichnet.<br />

Alle „digita”-Preisträger zeigen beispielgebend, welchen hohen<br />

Mehrwert IT-gestützte Bildungsmedien für das Lehren und Lernen<br />

bieten können.<br />

Der Deutsche Bildungsmedien-Preis „digita” wurde in diesem Jahr<br />

zum 17. Mal verliehen. Seit 1995 prämieren die Veranstalter mit dem<br />

„digita” Lehr- und Lernangebote, die sich durch herausragende Pädagogik<br />

und Didaktik, optimale Nutzung der digitalen Technologien sowie<br />

überzeugende grafische Gestaltung auszeichnen.<br />

Text: digita Geschäftsstelle • Foto: IBI<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


40<br />

:Fortbildung<br />

Bildung auf dem Lande<br />

Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Bildungsverwaltung<br />

In Kooperation mit der Gemeinde Wader<strong>sl</strong>oh findet am 14. Und 15.<br />

September die DGBV-Fachtagung „Bildung auf dem Lande” statt.<br />

Schirmherrschaft: Prof. Dr. Rita Süssmuth<br />

Leitung:<br />

Hans-Dieter Hummes<br />

Programm:<br />

14. September 2012<br />

15:30 Uhr offener Tagungsbeginn mit Kaffee<br />

16:00 Uhr Tagungseröffnung<br />

Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Vorsitzender der DGBV, Berlin<br />

Grußworte<br />

Christian Thegelkamp, Bürgermeister der Gemeinde<br />

Wader<strong>sl</strong>oh<br />

Dr. Olaf Gericke, Landrat des Kreises Warendorf<br />

N.N., Vertreter des Ministerium für Schule und Weiterbildung<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf<br />

17:00 Uhr Lokale Bildung<strong>sl</strong>andschaften – Teilhabe für Alle ermöglichen<br />

Prof. Dr. Rita Süssmuth, Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes,<br />

ehem. Präsidentin des Deutschen<br />

Bundestages, Berlin<br />

Diskussion<br />

18:00 Uhr Bildungsmonitoring unter besonderer Berücksichtigung<br />

des ländlichen Raumes (Arbeitstitel)<br />

Prof. Dr. Hans Döbert, Deutsches Institut für internationale<br />

pädagogische Forschung, Berlin<br />

Diskussion<br />

Anschließend Führung durch das „Museum Abtei Liesborn”<br />

(u.a. „Meister von Liesborn” und größte deutsche<br />

Kruzifixsammlung)<br />

ca.<br />

20:15 Uhr Abendessen im Hotel Bomke<br />

Samstag, 15.09.2012<br />

09:00 Uhr Was leistet der ländliche Raum für die Gesamtgesellschaft?<br />

(Arbeitstitel)<br />

Reinhold Sendker, Mitglied des Bundestages, Warendorf<br />

Diskussion<br />

10:00 Uhr Zur Situation der Jugendlichen im ländlichen Raum oder<br />

Leben<strong>sl</strong>ang Lernen im ländlichen Raum (Arbeitstitel)<br />

PD Dr. Birgit Hoyer, geschäftsführende Leiterin des Zentrums<br />

für Lehrerinnen- und Lehrerbildung der Universität<br />

Erlangen-Nürnberg.<br />

11:00 Uhr Dezentrale Bildungsorganisation im ländlichen Raum:<br />

Statements und Runder Tisch unter Einbeziehung des<br />

Plenums<br />

z.B. · Verbundschulen<br />

Holger Meyer, Leiter des größten nordrhein-westfälischen<br />

Grundschulverbundes, Wader<strong>sl</strong>oh<br />

· <strong>Beruf</strong>sausbildung im dualen System<br />

Dieter Hölterhoff, Oberschulrat a.D. (Brandenburg)<br />

· Fachhochschulen,<br />

N.N.<br />

· Erwachsenenbildung<br />

Christa Paschert-Engelke, Leiterin der VHS Beckum-<br />

Wader<strong>sl</strong>oh, (z.B. Studienforum, Älterwerden u. Bildung,<br />

<strong>Beruf</strong>liche Bildung...)<br />

· Ansätze im europäischen Au<strong>sl</strong>and<br />

Drs. Bob van de Veen, Selbstständiger Bildungsberater<br />

Moderation: Gisbert Strotdrees, Landwirtschaftliches<br />

Wochenblatt Westfalen-Lippe<br />

12:00 Uhr Zusammenfassung<br />

Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Vorsitzender Der DGBV, Berlin<br />

13:00 Uhr Mittagessen im Hotel Bomke<br />

Angebot:<br />

Besichtigung der Firma „Paschen Bibliotheken” – „Paschen<br />

Manufaktur” (angefragt)<br />

Unterkunft u. Verpflegung:<br />

Hotel Bomke, Kirchplatz 7, 59329 Wader<strong>sl</strong>oh,<br />

Tel. 02523 9216-0, Fax 02523/1366, (www.hotel-bomke.de),<br />

Haupthaus: 147,00 €<br />

Gästehaus: 135,00 €<br />

Gästehaus Karger: 124,00 € (bei Frühstück im Haupthaus + 10,00 €)<br />

Abendessen am 14.09. und Mittagessen am 15.09.2012 (ohne Übernachtung):<br />

68,00 €<br />

Fachtagung „Bildung auf dem Lande”<br />

4. bis 15. September 2012 in Wader<strong>sl</strong>oh<br />

Veranstaltungsort:<br />

Rathaus Wader<strong>sl</strong>oh, Liesborner Str. 5.<br />

Teilnahmegebühr:<br />

40,00 Euro (Mitglied der DGBV) bzw. 60,00 Euro (Nichtmitglied<br />

der DGBV).<br />

Anmeldungsformular unter:<br />

http://dgbv.de/veranstaltungen.html.<br />

Kontakt / Auskunft<br />

hummes@<strong>sl</strong>v-nrw.de<br />

b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012


:Lesestoff 41<br />

Lesestoff – Informationen für <strong>Schulleitung</strong>en<br />

Für Zwischendurch<br />

Sie müssen mal wieder schnellstens eine Vertretung<br />

organisieren, leiden aber auch ansonsten<br />

unter akutem Personalmangel und müssen es<br />

wohl oder übel selbst richten? Sie haben aber<br />

absolut keine Zeit, eine ausgefeilte Vertretungsstunde<br />

zu konzipieren? Dann kommt<br />

Ihnen dieses kleine Büchlein sicher gerade<br />

recht: „39 Vertretungsstunden ohne Vorbereitung”<br />

bietet Unterrichtsvorschläge im Kleinstformat, aufbereitet auf jeweils<br />

zwei A6-Seiten und versehen mit Informationen zum Lernziel, der<br />

geeigneten Klassenstufe, der benötigten Zeit sowie dem Material, das<br />

gebraucht wird. Insgesamt scheinen die vorgestellten Einheiten so einfach<br />

zu kredenzen wie Instant-Kartoffelbrei; ob es jedoch wirklich so<br />

problemlos funktioniert, muss wohl die Praxis zeigen<br />

Reinhold Miller: 39 Vertretungsstunden ohne Vorbereitung. Erschienen<br />

bei BELTZ pocket, ISBN 978-3-407-62793-3, 1. Auflage 2011. 95<br />

Seiten. Broschiert. 6,50 EUR.<br />

Erste Hilfe<br />

Das Inhaltsverzeichnis liest sich abschreckend:<br />

In kompakter Stichwort-Auflistung reihen sich<br />

körperliche und seelische Leiden von „Bauchschmerzen”<br />

über „Tumorerkrankungen” bis<br />

hin zu „Missbrauch in Chatrooms” aneinander.<br />

Kurieren oder wirklich tiefgreifend<br />

unterstützen können Sie auf Grundlage der<br />

Lektüre dieses dünnen Bandes sicher niemanden, aber schließlich<br />

handelt es sich explizit nur um „Tipps”. Allerdings stößt die sprachliche<br />

Gestaltung von Zeit zu Zeit auf; so findet sich unter den Kurzbeschreibungen<br />

jedes Symptoms stets die Rubrik „Gleich mal ausprobieren”<br />

– im Zusammenhang mit schwerwiegenden Problemen wie<br />

Suizidhandlungen ist so eine Überschrift nicht unbedingt angebracht<br />

und bestenfalls makaber.<br />

Hans-Georg Häring, Walter Kowalczyk: 99 Tipps. Wenn Schüler<br />

Hilfe brauchen. Erschienen bei Cornelsen Scriptor, ISBN 978-3-589-<br />

23056-3. 160 Seiten. Broschiert. 15,95 EUR.<br />

Gewaltprävention<br />

Das komplexe Thema Gewaltprävention, abgehandelt<br />

auf gerade einmal 160 Seiten? Keine<br />

Sorge, „Konzepte zur Gewaltprävention in<br />

Schulen” ist nicht als umfassendes Kompendium,<br />

sondern vielmehr als Impulsgeber zu verstehen.<br />

So stellen die Autoren verschiedene<br />

konkrete Programme aus ganz Deutschland<br />

vor, mit denen auf je unterschiedliche Weise erfolgreich<br />

präventiv und intervenierend gearbeitet wird – eine inspirierende<br />

Sammlung für all jene, die (zurecht) glauben, dass der Umgang mit<br />

Gewalt nicht auf der theoretischen Ebene, sondern in der Praxis des<br />

sozialen Miteinanders erlernt werden muss.<br />

Helmolt Rademacher, Marion Altenburg-van Dieken (Hrsg.): Konzepte<br />

zur Gewaltprävention in Schulen. Prävention und Intervention.<br />

Erschienen bei Cornelsen, ISBN 978-3-589-23291-8. 160 Seiten.<br />

Broschiert. 19,50 EUR.<br />

Das Letzte<br />

Dr. Helmut Lungershausen präsentiert<br />

− pointiert aufbereitet − seine Perspektive<br />

auf den <strong>Schulleitung</strong>salltag ...<br />

b:<strong>sl</strong> 03:2012


42 :Impressum<br />

Baden-Württemberg<br />

VSL Vereinigung von Schulleiterinnen<br />

und Schulleitern in Baden-<br />

Württemberg e.V.<br />

c/o Fünf Freunde<br />

Osnabrücker Straße 7<br />

10589 Berlin<br />

T: (030) 20454884 F: (030) 20455134<br />

geschaeftsstelle@v<strong>sl</strong>-bw.de<br />

www.v<strong>sl</strong>-bw.de<br />

Bayern<br />

Bayerischer <strong>Schulleitung</strong>sverband e.V.<br />

Geschäftsführer Siegfried Wohlmann<br />

Bayernstr. 4a<br />

92318 Neumarkt in der Oberpfalz<br />

T: (09181) 510206 F: (09181) 461270<br />

siewoh@t-online.de<br />

www.bsv-bayern.info<br />

Berlin<br />

Interessenverband Berliner<br />

<strong>Schulleitung</strong>en e.V.<br />

Helmut Kohlmeyer<br />

Lily-Braun-Str. 101<br />

12619 Berlin<br />

T/F: (030) 9715832<br />

service@ibs-verband.de<br />

Brandenburg, Bremen,<br />

Thüringen, Sachsen<br />

Momentan kein Landesverband, bitte<br />

wenden Sie sich an die<br />

ASD-Geschäftsstelle<br />

Osnabrücker Straße 7<br />

10589 Berlin<br />

kontakt@schulleitungsverbaende.de<br />

Hamburg<br />

VHS Verband Hamburger<br />

<strong>Schulleitung</strong>en e.V.<br />

Gudrun Wolters-Vogeler<br />

Schule Lange Striepen<br />

Lange Striepen 51<br />

21147 Hamburg<br />

T: (040) 79719810 F: (040) 79719848<br />

g.wolters@gmx.de<br />

www.vhs-ev.de<br />

Hessen<br />

Interessenverband Hessischer<br />

Schulleiterinnen und Schulleiter e.V.<br />

Cornelia Doebel<br />

Akazienweg 6<br />

63163 Neu-Isenburg<br />

T: (06102) 836520<br />

ihs-geschaeftsstelle@arcor.de<br />

www.ihs-hessen.de<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

<strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />

Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />

Heike Walter<br />

Regionale Schule mit<br />

Grundschule Bernitt<br />

Schulstr. 7<br />

18249 Bernitt<br />

T/F: (038464) 20250<br />

heikewalter@yahoo.de<br />

www.<strong>sl</strong>mv.de<br />

Niedersachsen<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />

Niedersachsen e.V.<br />

Bödeker Str. 7<br />

30161 Hannover<br />

T: (0511) 6005635 F: (0511) 6005636<br />

E-Mail über das Kontaktformular des<br />

SLVN auf dessen Homepage<br />

www.<strong>sl</strong>vn.de<br />

Die nächste Ausgabe<br />

erscheint im Oktober 2012<br />

<strong>Beruf</strong> : <strong>Schulleitung</strong><br />

Nordrhein-Westfalen<br />

<strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />

Nordrhein-Westfalen e.V.<br />

Ralf Drögemöller<br />

Rußheideschule<br />

Spindelstr. 119<br />

33604 Bielefeld<br />

Rheinland-Pfalz<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />

Rheinland-Pfalz e.V.<br />

Christl Pfirrmann-Ott<br />

Am Gartenberg 347<br />

76149 Karlsruhe<br />

T: (0721) 7819987<br />

info@svr-rlp.de<br />

www.svr-rlp.de<br />

Saarland<br />

Vereinigung Saarländischer<br />

Schulleiter e.V.<br />

Arno Heinz<br />

Kohlweg 28<br />

66123 Saarbrücken<br />

T: (06821) 98240 (d.)<br />

aheinz.sb@t-online.de<br />

04/12<br />

Titelthemen:<br />

Sachsen-Anhalt<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />

Sachsen-Anhalt e.V.<br />

Margitta Behrens<br />

Grundschule Am Glacis<br />

W.-Külz-Str. 1<br />

39108 Magdeburg<br />

T & F: (0391) 7335871<br />

info@gs-amglacis.de<br />

www.<strong>sl</strong>v-st.de<br />

Schleswig-Holstein<br />

<strong>Schulleitung</strong>sverband Schleswig-<br />

Holstein e.V.<br />

Klaus-Ingo Marquardt<br />

Pommernweg 33<br />

24582 Wattenbek<br />

T: (04322) 2362 F: (04322) 888922<br />

kimarquardt@<strong>sl</strong>vsh.de<br />

www.<strong>sl</strong>vsh.de<br />

<strong>Schulleitung</strong>:<br />

Stellvertretung<br />

und Nachwuchs<br />

Technik in der Schule<br />

Dies sind die Themen, die wir in<br />

der nächsten Ausgabe Ihres<br />

Fachmagazins beleuchten wollen.<br />

Redaktionsschluss:<br />

31. August 2012<br />

Anzeigenschluss:<br />

6. September 2012<br />

b:<strong>sl</strong> 02:2012<br />

Impressum: b:<strong>sl</strong> – <strong>Beruf</strong> : <strong>Schulleitung</strong>, ISSN Nr. 977-1865-3391<br />

Herausgeber: ASD Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e. V.<br />

Vorsitzende: Gudrun Wolters-Vogeler<br />

Verlag:<br />

Fünf Freunde Werbeagentur UG (haftungsbeschränkt), Osnabrücker Straße 7, 10589 Berlin<br />

Telefon: (030) 20 45 48 84, Telefax: (030) 20 45 51 34, eMail: info@beruf-schulleitung.de<br />

Redaktion: Michael Smosarski (V.i.S.d.P.)<br />

Anzeigen: Marketing Services Gärtner, Henry Gärtner, Orffstraße 5, 41564 Kaarst, Tel.: (0 21 31) 742 32 33,<br />

Fax: (0 21 31) 742 32 33, E-Mail: anzeigen@beruf-schulleitung.de, www.beruf-schulleitung.de<br />

Bezugspreise: Einzelheft 5,60 E; zzgl. 0,95 E Versandkosten. Jahresvorzugspreis: 19,20 E<br />

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