PDF Download - b:sl Beruf-Schulleitung
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ISSN Nr. 977 1865-3391<br />
<strong>Beruf</strong>: <strong>Schulleitung</strong><br />
6. Jahrgang Juli 2012 5,60 e<br />
:Unser Titelthema<br />
Schulsysteme in Europa<br />
Unerschlossenes Terrain<br />
:Außerdem<br />
Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
<strong>Schulleitung</strong> zwischen Autonomie und Fremdbestimmung<br />
Herausgegeben vom ASD - Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschland e.V.
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Inhalt<br />
:Vorwort<br />
3<br />
4<br />
5<br />
8<br />
10<br />
14<br />
15<br />
16<br />
18<br />
19<br />
21<br />
22<br />
23<br />
27<br />
30<br />
32<br />
33<br />
34<br />
35<br />
36<br />
Aktuell<br />
Aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />
Titelthema – Bildungssysteme in Europa<br />
<strong>Schulleitung</strong>shandeln und <strong>Schulleitung</strong>s-<br />
Qualifizierungsmaßnahmen in Europa<br />
Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />
Der Mythos der nordischen Bildungssysteme<br />
Mehr Europa in der Schule<br />
Thema – Schultrojaner<br />
Ende der Debatte?<br />
Thema – Inklusive Architektur<br />
Raum für Inklusion<br />
thema – <strong>Schulleitung</strong>ssymposium<br />
Führung und Partizipation<br />
Thema – ASD-Frühjahrstagung<br />
Auf dem Prüfstand<br />
Thema – Weiterbildungsstudiengang<br />
„Inklusive Pädagogik”<br />
Thema – ASD-Länderberichte<br />
Die Entstehung von (Schulleiter-)Glück<br />
Titelthema – Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
Alles Käse?<br />
Teilautonome Schulen, Bildungsstandards und<br />
Qualität der Schulen<br />
Kooperationen mit Partnern der Region<br />
Thema – Schul-Intranet<br />
Das digitale Schwarze Brett zum Nulltarif<br />
Thema – Schulfilter<br />
Datenkrake Soziale Netzwerke<br />
Thema – Bildungsinitiative<br />
„Du bist smart!”<br />
Recht<br />
Gefahr durch großzügige Geschenke<br />
„Der Avenarius”<br />
Vorwort der Redaktion<br />
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,<br />
liebe Leserinnen und Leser!<br />
Die beiden Themen, die wir in der aktuellen Ausgabe Ihres Fachmagazins<br />
„<strong>Beruf</strong>: <strong>Schulleitung</strong>” näher beleuchten wollen, stehen in einem<br />
unmittelbaren Zusammenhang, auch wenn dieser nicht auf den ersten<br />
Blick erkennbar sein mag.<br />
Denn schließlich unterscheiden sich die verschiedenen „Bildungssysteme<br />
in Europa” maßgeblich im Hinblick auf die im Titel dieses<br />
Magazins gestellte Frage „Wie weit ist die Selbstständige Schule?” Das<br />
betrifft im Detail vor allem den Grad an Autonomie, der Schulleitern<br />
in den einzelnen Ländern zugestanden wird. Ein spannender Artikel<br />
dazu leitet den zweiten Teil des Heftes ein: Im Interview reflektiert Rinnie<br />
van der Horst die Entwicklungen im niederländischen Schulsystem<br />
seit den 60er Jahren und legt dabei einiges offen, das der deutsche Leser<br />
in ähnlicher Weise auch aus dem eigenen Land kennen mag.<br />
Dass es abseits aller Unterschiede in der europäischen Bildung<strong>sl</strong>andschaft<br />
auch Bemühungen gibt, einen einheitlichen Referenzrahmen<br />
für <strong>Schulleitung</strong>shandeln zu schaffen, zeigt „Partners in Leadership”.<br />
Die Erkenntnisse und Empfehlungen dieses internationalen<br />
Netzwerks können Sie auf den Seiten 5 bis 7 nachlesen.<br />
Wenn es um Uneinheitlichkeit geht, muss man leider noch nicht<br />
einmal über die Grenzen der Republik hinausgehen – die föderalistische<br />
Struktur Deutschlands gibt schon genügend Anlass zu berechtigter<br />
systemischer Kritik. Doch auch hierzulande gibt es mit dem<br />
Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands einen Zusammenschluss,<br />
der Kompetenzen bündelt und überregional aktiv ist, um die<br />
Belange von Schulleitern zu vertreten. Näheres zur konkreten Arbeit<br />
unseres Verbands erfahren Sie auf den Seiten 18 und 22.<br />
Nun aber wünsche ich Ihnen erhellende Lektüre – genießen Sie die<br />
Sommerzeit!<br />
Ihre<br />
Gudrun Wolters-Vogeler<br />
ASD-Vorsitzende<br />
38<br />
Die DAPF-Seite – Neues aus der SL-Forschung<br />
Welche Einflussstrategien helfen Schulleitern Veränderungen<br />
umzusetzen?<br />
39<br />
40<br />
41<br />
42<br />
Rückspiegel<br />
Im Rückspiegel: didacta 2012<br />
Rubriken<br />
Fortbildung<br />
Lesestoff – Informationen für <strong>Schulleitung</strong>en<br />
Adressen, Impressum<br />
Herausgegeben vom ASD – Allgemeiner<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e.V.<br />
Titel: Anna Magnus, fuenffreunde.de<br />
b:<strong>sl</strong> 01: 2012
4<br />
:Aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />
Kurznachrichten aus den Bunde<strong>sl</strong>ändern<br />
Wissenswerte Neuigkeiten – von der Redaktion zusammengestellt<br />
Baden-Württemberg<br />
Ausbau der Ganztagsschulen ist wichtig<br />
Das baden-württembergische Kultusministerium sieht den weiteren<br />
Ausbau der Ganztagsangebote an Betreuungseinrichtungen und Schulen<br />
im Land als wichtigen Schritt auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit.<br />
Durch den rhythmisierten Ganztagsunterricht könnten<br />
diejenigen, die bisher benachteiligt sind, vor allem die Kinder und Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund, besser gefördert werden.<br />
„Gerade bei den Ganztagsangeboten an den Grundschulen müssen<br />
wir aufholen”, erklärt Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer.<br />
Da immer mehr Eltern für ihre Kinder die ganztägige Betreuung<br />
in den Kindertagesstätten in Anspruch nähmen, drohe beim Übergang<br />
an Grundschulen ohne Ganztagsangebote eine Betreuung<strong>sl</strong>ücke. Hier<br />
wirke sich die Politik der Vorgängerregierung aus.<br />
„Wir werden mit den Kommunen über die Weiterentwicklung der<br />
Rahmenbedingungen und der Ressourcen zum Ausbau der Ganztagsangebote<br />
verhandeln. Klar ist aber auch, dass der Ausbau der Ganztagsschulen<br />
in Zeiten enger finanzieller Spielräume große Kraftanstrengungen<br />
bedeuten wird”, betont Warminski-Leitheußer. Wie sich<br />
dieses notwendige Vorhaben finanzieren lasse, müsse geklärt werden.<br />
Hessen<br />
Jetzt doch Wahl zwischen G8 und G9?<br />
Der hessische Ministerpräsident Bouffier hat dem Land eine neue<br />
Schuldebatte beschert, berichtet die Frankfurter Rundschau in einem<br />
Online-Bericht vom 18. Juni 2012. Er hatte beim CDU-Landesparteitag<br />
erklärt, die Gymnasien sollten selbst entscheiden, ob sie Schüler in acht<br />
oder wie früher in neun Jahren zum Abitur führen. Die neue Kultusministerin<br />
Nicola Beer (FDP) hatte bei Amtsantritt Anfang Juni noch<br />
gesagt, es bleibe bei der verkürzten Schulzeit.<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Schulbauprogramm: Land fördert 2012 insgesamt 225 SchulbaumaSSnahmen<br />
115 Schulbauvorhaben konnten 2012 neu in das Förderprogramm des<br />
Landes aufgenommen werden. „Trotz enger werdender finanzieller<br />
Spielräume im Rahmen der Konsolidierung des Landeshaushaltes<br />
kommen in diesem Jahr damit insgesamt 225 Schulbauprojekte in den<br />
Genuss einer Unterstützung bei Neubau-, Ausbau- und Erweiterungsmaßnahmen.<br />
Die Förderung durch das Land wird auf hohem Niveau<br />
fortgesetzt”, sagte Bildungsministerin Doris Ahnen heute und stellte<br />
damit die Details des Landesschulbauprogramms 2012 vor.<br />
Von den insgesamt im Landesetat veranschlagten mehr als 40 Millionen<br />
Euro würden bereits in Kürze rund 23 Millionen Euro in Form<br />
von Bewilligungsbescheiden für 155 Projekte freigegeben. Weitere<br />
Bewilligungen könnten folgen, sobald alle erforderlichen Unterlagen<br />
vorgelegt und geprüft worden seien. 2011 umfasste das Landesschulbauprogramm<br />
218 Projekte.<br />
Quelle: bildungsklick.de<br />
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:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
5<br />
<strong>Schulleitung</strong>shandeln und <strong>Schulleitung</strong>s-<br />
Qualifizierungsmaßnahmen in Europa<br />
Die Entwicklung eines europäischen Referenzrahmens für <strong>Schulleitung</strong>shandeln als Ergebnis des<br />
EU-Comenius Netzwerks „Leadership in Education”<br />
Ende 2008 fiel der Startschuss für das dreijährige EU-Projekt „Leadership in Education”, in dem 13 Partnerländer<br />
und nochmal so viele Tandemländer das gemeinsame Ziel verfolgten, einen Referenzrahmen für<br />
<strong>Schulleitung</strong>shandeln zu entwickeln und Qualifizierungsmaßnahmen für <strong>Schulleitung</strong>en – ob bestehend oder<br />
neu im Amt – in den Ländern zu identifizieren und vorzustellen. Die länderübergreifende Zusammenarbeit<br />
wurde von der Gruppe „Europa und Internationales” im Niedersächsischen Landesinstitut für schulische<br />
Qualitätsentwicklung ( NLQ ) in Hildesheim koordiniert. Die eindrucksvollen Ergebnisse der internationalen<br />
Kooperation liegen nun in fast allen Sprachen der EU-Länder vor.<br />
Europäischer Kontext und Projektziele<br />
Führung ist wirksam und nachhaltig, wenn effiziente Strukturen der<br />
Kommunikation, der Entscheidungsfindung und der Verantwortung<br />
etabliert sind. Das Ziel des Netzwerks war es daher, erstmalig Informationen<br />
über Qualifizierungskonzepte von <strong>Schulleitung</strong>en zu sammeln<br />
und Programme zu Schulentwicklung und Führung zu gliedern.<br />
Das erarbeitete gemeinsame Verständnis der Kernleitbilder von<br />
Führung im Bildungssektor ist einer interessierten Fachöffentlichkeit<br />
in Form des Referenzrahmens und der Empfehlungen zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
In einem ersten Projektschritt wurden die europäischen Schulsysteme<br />
im Bereich <strong>Schulleitung</strong> und <strong>Schulleitung</strong>squalifizierung beschrieben.<br />
Sowohl die Entwicklung dieser „Europäischen Synopse<br />
über Führung im Bildungsbereich” als auch die Nachfrage nach Materialien<br />
und Bezugsquellen zum Thema Schulführung und <strong>Schulleitung</strong>sentwicklung<br />
führte in einem zweiten Schritt zur Entstehung<br />
des aktuellen Referenzrahmens. Diesem Prozess lagen nachfolgende<br />
Betrachtungen zugrunde:<br />
1. Die Länderberichte, auf deren Basis begrenzte Systemvergleiche<br />
möglich sind, stellen die Grundlage für die Herausarbeitung der<br />
Themen dar, die Führungskräfte im Bildungsbereich sowie politische<br />
Entscheidungsträger gleichermaßen europaweit im Fokus<br />
ihres Interesses haben. Diese Themen werden im Referenzrahmen<br />
aufgenommen und regen zur Analyse eigener nationaler / regionaler<br />
/ lokaler Praxis der <strong>Schulleitung</strong>sentwicklung an. In bestimmten<br />
Bereichen, die in den Domänen und den abgeleiteten<br />
Komponenten im Referenzrahmen abgebildet sind, können mit<br />
Blick auf Stärken und Schwächen eigene systematische Untersuchungen<br />
vorgenommen werden.<br />
2. Die in den Domänen und Komponenten erfassten Schlüsselthemen<br />
sind eng mit Ergebnissen der internationalen Schulentwicklungsforschung<br />
verknüpft, im Besonderen der Erforschung der Wirksamkeit<br />
von <strong>Schulleitung</strong>shandeln, u.a. in den Arbeiten von Leithwood und<br />
Riehl (2005), die vier zentrale Funktionen von Führung definieren.<br />
3. Schließlich bildet der Referenzrahmen zugleich das Ordnungsprinzip,<br />
das die Anwendung vereinfacht und eine Anleitung für die<br />
systematische Suche nach Modulen und Materialien für die eigene<br />
Aus- und Weiterbildungspraxis bietet.<br />
Europäische Trends aus den Länderberichten<br />
Um die Bandbreite der Diversität und Similarität der europäischen Bildungssysteme<br />
abbilden zu können, werden allgemeine Trends beschrieben,<br />
die aus den in den Länderberichten erörterten politischen und administrativen<br />
Rahmen für Schule und <strong>Schulleitung</strong> abgeleitet wurden.<br />
Die Vergleichbarkeit wird durch ein verbindliches und strukturierendes<br />
Inhaltsverzeichnis gewährleistet, das u.a. diese Themen vorgibt:<br />
1. Trends im Bereich der Führungs- und Verwaltungsstrukturen<br />
In vielen Ländern ist ein Trend zur Dezentralisierung zu beobachten.<br />
Die Gründe für diese Entwicklung liegen in den demografischen und<br />
gesellschaftlichen Veränderungen und den damit oftmals verbundenen<br />
finanziellen Zwängen. Damit einher geht ein Trend zur Bildung<br />
größerer / großer Schulsysteme.<br />
Die Anzahl der Führungsebenen unterscheidet sich von Land zu<br />
Land: föderal, regional, lokal, kommunal und schulisch. Somit ist auch<br />
die Anzahl der Akteure divergent: Politiker, Beamte, Experten und<br />
Schulträger. Der Trend, Führung zu zentralisieren, zeigt sich in den<br />
Bereichen Schulbudget und rechtlichen Angelegenheiten, Inspektion<br />
und Evaluation.<br />
Die Einflussnahme der Bildungsadministration ist aufgrund nationaler<br />
Rahmenbedingungen zum Teil sehr unterschiedlich: von harter<br />
Führung durch Gesetze und Anordnungen zu eher weicher Führung<br />
im Diskurs durch Beratung und partizipativer Formen der Zusammenarbeit<br />
zwischen Schulen, Schulträgern und Schulbehörden.<br />
2. Neue Impulse in <strong>Schulleitung</strong>skonzepten<br />
In vielen Ländern gibt es klare Hierarchien: von der Regierung über die<br />
verschiedenen Ebenen zu den <strong>Schulleitung</strong>en. Darunter gibt es eini-<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
6<br />
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
ge Länder, die Führungsaufgaben und<br />
-verantwortung an die <strong>Schulleitung</strong>en<br />
delegieren.<br />
Die Tendenz starker top-down<br />
Führung ist unverkennbar, wenn es<br />
um die Umsetzung der Curricula (Bildungsstandards<br />
und Beurteilungskriterien)<br />
geht, jedoch wird die Interpretation<br />
der Ziele den regionalen, lokalen<br />
oder Schulebenen zugestanden.<br />
Politische Anforderungen an Führungsstile<br />
unterscheiden sich von den<br />
neuen Bedürfnissen nach Formen der<br />
Kollaboration im Bereich Führung. In<br />
allen Ländern werden <strong>Schulleitung</strong>en<br />
stärker gefordert. Sie sollen durch pädagogische<br />
Führung Einfluss auf die<br />
Lehr- und Lernergebnisse nehmen und<br />
diese sicherstellen.<br />
3. Trends der Schulführung mit<br />
Blick auf<br />
• Lernen und Lehren<br />
In stark gesteuerten Systemen ist es<br />
eher Aufgabe von <strong>Schulleitung</strong>en, die<br />
an Schule herangetragenen externen<br />
Anforderungen wie Bildungsstandards<br />
und Curricula administrativ<br />
umzusetzen. Priorisierungen liegen<br />
hier vielmehr auf Verwaltung der<br />
Schule. „Bildung” wird den Standardisierungs-<br />
und Rechenschaftlegungssystemen<br />
überlassen. In weniger stark<br />
gesteuerten Systemen haben <strong>Schulleitung</strong>en<br />
mehr Gestaltungsautonomie<br />
und wählen sowohl direkte als auch indirekte<br />
Wege der Einflussnahme (Beobachtungen<br />
im Klassenraum, Formen<br />
der Beratung, Personaleinsatz und -entwicklung, etc.).<br />
Insgesamt ist eine Tendenz zu stärkerer Steuerung im Hinblick auf<br />
die Umsetzung der Curricula und Verbesserung der Schülerleistungen<br />
erkennbar.<br />
• Richtungsweisende Schulentwicklung<br />
Beschreibungen der Trends in diesem Bereich erweisen sich als schwierig,<br />
da eine starke Abhängigkeit zwischen Führungspraxis und den<br />
Herrschaftssystemen der einzelnen Länder besteht: eher zentralistische<br />
Führungsansätze oder raumgebende Ansätze für mehr lokale Autonomie.<br />
Externe Erwartungen werden mancherorts recht rigide umgesetzt,<br />
andernorts werden größere (Ver-)Handlungsspielräume gewährt.<br />
4. Zusammenarbeit in Netzwerken<br />
Es gibt eine starke Tendenz zur Zusammenarbeit in Schulnetzwerken.<br />
<strong>Schulleitung</strong>en und Schulen schließen sich zusammen, um Erfahrungen<br />
und Wissen miteinander auszutauschen. Eine Öffnung der<br />
Schulen nach außen und das Netzwerken mit externen Partnern gestaltet<br />
sich in einigen europäischen Ländern schwierig, wird aber seit<br />
einiger Zeit in den Fokus genommen.<br />
5. Attraktivität des <strong>Beruf</strong>s <strong>Schulleitung</strong><br />
In den meisten Ländern sind <strong>Schulleitung</strong>spositionen aufgrund hoher<br />
Arbeit<strong>sl</strong>ast und der Vielzahl von administrativen Tätigkeiten unattraktiv.<br />
Die große Verantwortung, die mit der Übernahme des Amtes<br />
einhergeht, spielt in Relation zur Entlohnung eine nicht unerhebliche<br />
Rolle bei der Bereitschaft zur Übernahme eines Amtes.<br />
6. Herausforderungen<br />
Schulen stellen sich drei maßgeblichen Herausforderungen: Erstens<br />
reagieren sie auf gesellschaftliche Veränderungen in Bezug auf Heterogenität<br />
und Individualisierung sowie die Erwartungen an Bildung,<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
7<br />
Hinblick auf Entwicklung und Führung<br />
unter dem Aspekt potenzieller<br />
Stärken und Schwächen zu analysieren.<br />
Der Referenzrahmen kategorisiert<br />
Kernthemen von Schulführung<br />
in Domänen und deren Komponenten,<br />
denen wiederum von den jeweiligen<br />
Ländern durchgeführte „good<br />
practice” Qualifikationsmodule zugeordnet<br />
werden. Die Zusammenstellung<br />
veranschaulicht einerseits<br />
die beträchtliche Diversität der Länder,<br />
andererseits die große Schnittmenge<br />
gemeinsamer Interessen und<br />
Belange.<br />
Diese Gemeinsamkeiten wurden<br />
mit dem aktuellen Forschungsstand<br />
zur Wirksamkeit von Schulführung<br />
abgeglichen und fließen in die Empfehlungen<br />
für die Politik und Praxis<br />
ein.<br />
Die Länderberichte und der Referenzrahmen<br />
machen deutlich, dass<br />
eine Schnittmenge identischer oder<br />
ähnlicher Bedingungen und Herausforderungen<br />
für <strong>Schulleitung</strong>en in<br />
den Ländern existiert und bilden die<br />
Grundlage für die systeminhärenten<br />
Empfehlungen für politische Entscheidungsträger<br />
auf europäischer,<br />
nationaler und lokaler Ebene.<br />
Autorin: Iris Jansohn<br />
indem sie grundlegende Fähig- und Fertigkeiten vermitteln. Zweitens<br />
werden sie Tendenzen der Staatsführungen zu engeren Formen von<br />
Kontrolle und Rechenschaft<strong>sl</strong>egung gerecht. Drittens werden sie mit<br />
wiederkehrenden Bestrebungen der De- bzw. Re-Zentralisierung der<br />
Bildungssysteme konfrontiert.<br />
Europäischer Referenzrahmen und Empfehlungen<br />
Der Referenzrahmen nimmt die Kernpunkte auf, die in der Europäischen<br />
Synopse thematisiert sind und strukturiert sie im Bereich<br />
Schul-Führung. Gemeinsam mit dem ebenfalls im Referenzrahmen<br />
zusammengestellten Katalog der Module zur <strong>Schulleitung</strong>squalifikation<br />
bieten sie allen im Bildungsbereich tätigen Personen und politischen<br />
Entscheidungsträgern die Möglichkeit, die eigene Praxis im<br />
Leadership in Education<br />
Alle Materialien und Informationen können auf www.leadershipin-education.eu<br />
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Wir verschicken auch gerne alle Materialien und Veröffentlichungen<br />
in Druckform. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf:<br />
Kontakt:<br />
Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung<br />
(NLQ)<br />
Keßlerstr. 52<br />
31134 Hildesheim<br />
Fon: 05121-1695-270, -293, -271<br />
europa@nlq.nibis.de<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
8<br />
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />
„Dieses Europa, das jenseits aller nationalen Grenzen, die sich so oft und so beliebig verschoben haben, seit<br />
Jahrhunderten aus ununterbrochenen Wanderungsbewegungen, aus der Vermischung ganzer Völker besteht,<br />
ein Kontinent aus Emigration und Immigration, der gerade darin seine Identität findet, denn hier hat keiner<br />
lange für sich gelebt, hier haben alle Wurzeln in anderen Ländern, ein jahrhundertealtes Durcheinander von<br />
Menschen, Lebensformen, Sprachen und Traditionen, dieses Europa kann uns allen nur in Toleranz und Offenheit<br />
eine wirkliche neue Heimat sein.”<br />
Dieter Forte<br />
Ausgang<strong>sl</strong>age<br />
Die Vielfalt in der Einheit macht Europa so einzigartig und gleichzeitig<br />
so schwierig. Neben der Sprachenvielfalt und den Systemunterschieden<br />
als vermeintliche Barrieren, lassen sich aber mehr und mehr Gemeinsamkeiten<br />
feststellen oder zumindest Tendenzen und Annäherungen<br />
auf dem Weg dahin erkennen:<br />
• So wie in einer größer werdenden Europäischen Union die Regionen<br />
immer mehr an Bedeutung gewinnen, so geht der Trend bei<br />
Schulen von zentralen zu dezentralen bzw. regionalen Strukturen.<br />
• Fast alle Länder Europas führen ihre Schulen in integrierter<br />
Form, um die Chancengleichheit und damit die Konkurrenzfähigkeit<br />
in der globalisierten Weltwirtschaft zu erhöhen.<br />
• Mehr und mehr werden Schulen autonom und bedürfen eines<br />
neuen Leitbildes von <strong>Schulleitung</strong>.<br />
Diese Entwicklung muss begleitet werden durch eine Angleichung der<br />
Curricula, die Entwicklung europäischer Standards und die Schaffung<br />
vergleichbarer Bedingungen für Abschlussprüfungen, verbunden mit<br />
der gegenseitigen Anerkennung aller Abschlüsse. In diesem Prozess<br />
werden Schulleiterinnen und Schulleiter zu den zentralen Figuren der<br />
Schulentwicklung regional, aber auch national und international. So<br />
wie die Position der <strong>Schulleitung</strong> in den einzelnen europäischen Ländern<br />
geregelt wird, zeigt sich allerdings ein erheblicher Handlungsbedarf.<br />
Unterschiedliche Stellung der Schulleiterin<br />
des Schulleiters / in Europa<br />
Die Stellung des Schulleiters in Europa ist uneinheitlich definiert.<br />
Zwischen den Extremen Schulen ohne <strong>Schulleitung</strong> (wie in Frankreichs<br />
oder Luxemburgs Grundschulen) und den Niederlanden oder<br />
Großbritannien, wo Schulleiter in relativ autonomer Stellung und mit<br />
Gesamtbudget für mehrere Schulen, Schulzentren oder Schulverbünden<br />
zuständig sind, gibt es viele unterschiedliche Ausprägungen. So<br />
werden z.B. in Portugal die Schulleiter alle drei Jahre aus dem Kollegium<br />
bestimmt, woanders werden Schulleiter auf Zeit gewählt oder<br />
sind Lebenszeitbeamte. Oft gibt es große Disparitäten zwischen den<br />
einzelnen Schulen, wie z.B. in den deutschen Bunde<strong>sl</strong>ändern, wo die<br />
Bandbreite vor allem in den Flächenstaaten von Zwergschulen bis zu<br />
<strong>Beruf</strong>skollegs mit mehreren tausend Schülern reicht. Zentrale, dezentrale<br />
oder föderalistische Systeme schaffen besondere Bedingungen<br />
und bringen unterschiedliche Leitbilder von <strong>Schulleitung</strong> hervor.<br />
Forderungen für eine europäische <strong>Schulleitung</strong><br />
Daraus ergeben sich auf europäischer Ebene folgende Forderungen zur<br />
Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen von <strong>Schulleitung</strong>en:<br />
• <strong>Schulleitung</strong> sollte respektiert und anerkannt werden als ein <strong>Beruf</strong><br />
mit hoher gesellschaftlicher Verantwortlichkeit.<br />
• Der <strong>Beruf</strong> der Schulleiterin/des Schulleiters verlangt klar definierte<br />
Kriterien und Qualifikationsmerkmale und muss mit<br />
einem Diplom für <strong>Schulleitung</strong> abgeschlossen werden, um die<br />
Professionalität und die Vergleichbarkeit für den <strong>Beruf</strong> zu unterstreichen.<br />
• Schulleiter in selbständigen Schulen brauchen die Hoheit über<br />
das Personal, das Budget, die Kapitalisierung und die Kontrolle<br />
des Curriculums.<br />
<strong>Schulleitung</strong> auf nationaler und internationaler Ebene braucht dringend<br />
Formen der Zusammenarbeit, um Bildung und Erziehung insgesamt<br />
zu verbessern und den Austausch über Elemente guter Praxis und<br />
Ressourcen zum Nutzen der Schüler zu ermöglichen.<br />
Die Europäische <strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />
ESHA als Organisationsrahmen<br />
Um diese Forderungen in Europa politisch durchzusetzen bedarf es einer<br />
europäischen Organisation, die sich mit ihrem Einfluss in Brüssel<br />
und bei den nationalen Regierungen für dieses Ziel einsetzt.<br />
• In Europa haben sich <strong>Schulleitung</strong>svereinigungen gegründet<br />
mit dem Ziel der Kontaktaufnahme, des Erfahrungsaustauschs<br />
und der Entwicklung und Durchsetzung eines gemeinsamen<br />
<strong>Beruf</strong>sbildes „<strong>Schulleitung</strong>”. Sie sind Mitglied im Dachverband:<br />
ESHA (European School Heads Association).<br />
• ESHA ist durch Verträge mit den außereuropäischen Partnern<br />
in allen Kontinenten verbunden und arbeitet eng mit der OECD<br />
zusammen.<br />
• ESHA ist eine professionelle Organisation für Europäische<br />
<strong>Schulleitung</strong>en. Mitglieder sind nationale Organisationen für<br />
<strong>Schulleitung</strong>en in Grundschulen, Sekundarschulen und <strong>Beruf</strong>sschulen.<br />
Gegenwärtig vertritt die Organisation Schulleite-<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
9<br />
rinnen und Schulleiter aller Schulformen aus 36 Ländern von<br />
Lissabon bis Moskau, von Reykjavik bis Jerusalem. Fast alle europäischen<br />
Länder (EU- und außereuropäische Länder) sind in<br />
ESHA vertreten mit einer oder mehreren Organisationen (2009:<br />
47 Organisationen aus 36 Ländern).<br />
• ESHA ist eine internationale Gemeinschaft, in der Erfahrungen,<br />
Visionen und Ansichten zwischen den Mitgliedern ausgetauscht<br />
und neue Ideen geboren werden. ESHA ist ein anerkannter und<br />
geschätzter Diskussionspartner für die Europäische Kommission,<br />
einer der wichtigsten Interessenvertreter in den Arbeitsgruppen<br />
in Brüssel, verfügt über direkte Kontakte zur Europäischen<br />
Kommission und zum europäischen Parlament und beeinflusst<br />
somit die Politik der europäischen Bildungsinstitutionen.<br />
In diesem europäischen Netzwerk, das weltweit mit den Schulleiterorganisationen<br />
außerhalb Europas verbunden ist, arbeiten die <strong>Schulleitung</strong>svereinigungen<br />
an der Entwicklung eines <strong>Beruf</strong>sbildes für <strong>Schulleitung</strong>en,<br />
um gleiche Arbeitsbedingungen für alle <strong>Schulleitung</strong>en in<br />
Europa durchzusetzen. Dies ist im Einklang mit dem Lissabon-Protokoll<br />
und den Nachfolgeprotokollen zu sehen. Hierin hat die Europäische<br />
Kommission Leitlinien für die Bildungspolitik in Europa formuliert.<br />
„Leben<strong>sl</strong>anges Lernen, Schlüsselqualifikationen, Mobilität, Gleichheit<br />
und Effizienz” werden von Europäischem Rat und Europa-Parlament<br />
seit der Konferenz von Lissabon als Ziele ausgegeben. Um Gerechtigkeit<br />
und Effizienz in der europäischen Bildung<strong>sl</strong>andschaft anstreben zu<br />
können, ist leben<strong>sl</strong>anges Lernen die wichtigste Grundlage. Die Schlüsselqualifikationen<br />
für leben<strong>sl</strong>anges Lernen, wie sie von Europäischem<br />
Parlament und Kommission empfohlen werden, sind eine notwendige<br />
Basis, die wir als Schulleiter in Europa akzeptieren und unterstützen.<br />
Regionalisierung<br />
Wichtige Entwicklungen, die sich zukünftig auf alle politischen Bereiche<br />
und Organisationen auswirken werden, sind regionale Partizipation<br />
und Selbstverwaltung. Durch sie bildet sich ein demokratisches<br />
Gegengewicht zu sonst abgehobener politischer und globaler Zentralgewalt,<br />
die die Interessen der Bürger wegen der Größe der neuen Unionen<br />
nicht mehr wahrnehmen kann. Es ist ein Schritt zu Transparenz,<br />
Kommunikation und Verantwortungsübernahme für die eigenen Angelegenheiten.<br />
In ESHA ist dieser Schritt schon vollzogen durch die<br />
an gemeinsame Sprache gebundenen Regionen, die Ländergrenzen<br />
überschreiten.<br />
• 2006 wurde in Potsdam vom ESHA General Board die Regionalisierung<br />
ESHAs nach Sprachgebieten beschlossen. Drei Festsetzungen<br />
lagen dem zu Grunde:<br />
• Es wurden acht Regionen unterteilt und eine Verbindung zu den<br />
außereuropäischen Schulleiterorganisationen geschaffen.<br />
• Die Entwicklungsfortschritte in den einzelnen Regionen sind<br />
unterschiedlich. Die deutschsprachige Region in ESHA hat sich<br />
bisher am stärksten entwickelt.<br />
• Es ist inzwischen eine Tradition geworden, dass Schulleiterinnen<br />
und Schulleiter, Vorsitzende der Schulleitervereinigungen und<br />
Vertreterinnen und Vertreter der Schulverwaltung der deutschsprachigen<br />
Regionen in Europa einmal im Jahr zusammen kommen,<br />
um die neuesten Entwicklungen im Bildungsbereich zu<br />
erörtern und die Ergebnisse der Konferenz in einer Erklärung<br />
zusammenzufassen.<br />
Österreich, Südtirol, die Schweiz, die deutschen <strong>Schulleitung</strong>sverbände,<br />
Fünfkirchen in Ungarn, Luxemburg und die Deutsche Gemeinschaft<br />
in Belgien sind inzwischen im Verteiler dieser Region. Erste<br />
Kontakte mit Schulen in deutschsprachigen Regionen weiterer Länder<br />
sind angebahnt.<br />
Margret Rös<strong>sl</strong>er<br />
German speaking<br />
regions<br />
Robert Bohnert<br />
French speaking<br />
regions<br />
Solveig Dahl<br />
Scandinavia<br />
Jaume Prat<br />
Southern Europe<br />
Autor: Dr.Burkhard Mielke, ESHA Ehrenpräsident<br />
Europäisches <strong>Schulleitung</strong>shandeln<br />
Der hier abgedruckte Text ist auch als Infoflyer „Europäisches<br />
<strong>Schulleitung</strong>shandeln” direkt von der Geschäftsstelle des Allgemeinen<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverbands Deutschlands e.V. beziehbar. Als<br />
ansprechend gestaltete Handreichung bietet er sich an zur Verteilung<br />
im Kollegium und als Informationsbroschüre für alle an<br />
Schule Interessierten.<br />
Kontakt:<br />
ASD Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband<br />
Deutschlands e.V.<br />
c/o FÜNF FREUNDE<br />
Osnabrücker Straße 7<br />
10589 Berlin<br />
Burkhard Mielke<br />
International Contacts<br />
Overseas<br />
Regionalisation<br />
Gorica Ilijoska<br />
South East Europe<br />
Chris Harrison<br />
English speaking<br />
regions<br />
Jorma Lempinnen<br />
Baltic States +<br />
Poland<br />
Irina Kozina<br />
Eastern Europe<br />
Russian speaking<br />
regions<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
10<br />
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
Der Mythos der nordischen Bildungssysteme<br />
Eine Bestandsaufnahme<br />
Für eine kleine Gruppe von Touristen galt der Norden schon immer als Geheimtipp. Mit der Veröffentlichung der<br />
ersten PISA-Ergebnisse (Baumert et al. 2001b; OECD 2001) zog es, unabhängig von der Reisesaison, eine andere<br />
Gruppe in die nördlichen Staaten Europas: Bildungspolitiker und -politikerinnen, Vertreterinnen und Vertreter<br />
von Lehrerverbänden, Journalisten und Journalistinnen sowie Fachleute für Unterricht und Schule. Finnland<br />
war die Überraschung der ersten Runde des „Programme for International Student Assessment” (PISA). Schweden<br />
oder auch I<strong>sl</strong>and arrondierten mit sehr guten Ergebnissen den Eindruck des bildungsstarken Nordens.<br />
Zum schlagartig einsetzenden Interesse an den Bildungssystemen<br />
der nordischen Staaten könnte auch der Übergang von TIMSS<br />
(Third International Mathematics and Science Study) zu PISA beigetragen<br />
haben. In Deutschland hatten bereits die TIMSS-Befunde (Baumert<br />
et al. 1997; Beaton et al. 1996) Aufmerksamkeit gefunden und einen<br />
„Schock” ausgelöst. Bei dieser auf Mathematik und Naturwissenschaften<br />
fokussierten Vergleichsstudie zeigten asiatische Staaten (insbesondere<br />
Japan) Leistungsergebnisse, von denen Deutschland nur träumen<br />
konnte. Die Vergleichsdistanz über die Kulturräume war allerdings beträchtlich.<br />
Schweden war bei TIMSS zwar durchaus erfolgreich und insbesondere<br />
in den Darstellungen der Bildungssysteme gewürdigt worden<br />
(Robitaille 1997); doch Finnland hatte auf eine Teilnahme an TIMSS<br />
sowie an weiteren Studien der „International Association for the Evaluation<br />
of Educational Achievement” (IEA) verzichtet.<br />
Im härteren Vergleich der OECD-Staaten, der nun auch das Leseverständnis<br />
einbezog, erschienen die in verschiedener Hinsicht näher<br />
an Deutschland liegenden nördlichen Länder als sehr viel kritischere<br />
Vergleichsgruppe. Das Image der nordischen Staaten stand auch nicht<br />
im Verdacht für angepasstes oder stures Lernen. Die in den Medien<br />
Deutschlands präsentierten Reiseberichte verstärkten das Interesse an<br />
den Bildungssystemen der nordischen Staaten. Aber auch eher nüchterne<br />
Vergleiche von erfolgreichen Bildungssystemen (Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung 2003) bekräftigten den Eindruck,<br />
dass man im Norden Europas die Perspektiven für die Schule der Zukunft<br />
finden könnte: Erfolgreiches gemeinsames Lernen bis zum Ende<br />
der Sekundarstufe, keine Ausgliederung von Schülerinnen und Schülern<br />
an Sonder- oder Förderschulen, spät einsetzende Zensuren, aber<br />
dennoch ausgezeichnete Kompetenzen bei einer geringen Leistungsstreuung<br />
und relativ schwachen Zusammenhängen mit sozialer Herkunft<br />
(vgl. auch OECD 2001, 2004, 2007a). Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftler aus nordischen Staaten skizzierten geteilte Grundüberzeugungen<br />
wie eine hohe Wertschätzung von Bildung, Chancengerechtigkeit<br />
und individueller Förderung (Hautamäki et al. 2008; Lie<br />
et al. 2003). Solche Darstellungen wurden und werden ebenso gerne<br />
aufgegriffen wie begeisterte Berichte von Austauschlehrkäften. Große<br />
Kreise pädagogisch Interessierter goutierten die ausführlichen und<br />
einfühlsamen Mediendokumentationen (z.B. Kahl 2003), die Besonderheiten<br />
der Schulen in Finnland und Schweden anschaulich werden<br />
ließen. Bis heute wird solchen Berichten (z. B. Sarjala u. Häkli 2008) aus<br />
dem Norden in Deutschland große Aufmerksamkeit zuteil.<br />
Obwohl die Ähnlichkeiten der nordischen Bildungssysteme häufig<br />
hervorgehoben werden, findet man – bei genauer Betrachtung – auch<br />
nennenswerte Unterschiede zwischen ihnen. So gibt es zum Beispiel<br />
in Dänemark ein dezentral angelegtes Bildungssystem mit viel Entscheidungsspielraum<br />
für einzelne Schulen, wohingegen die Schulen in<br />
Norwegen stark zentral gesteuert werden. Auch Schweden und Finnland<br />
zeichneten sich lange durch ein zentralisiertes Schulsystem aus.<br />
In den letzten 20 Jahren gibt es in diesen Staaten jedoch eine starke<br />
Tendenz zur Dezentralisierung. Weitere Unterschiede bestehen etwa in<br />
den Anteilen und der Rolle von Privatschulen in den nordischen Bildungssystemen,<br />
die nur in Dänemark und Schweden von knapp zehn<br />
Prozent der Schülerinnen und Schüler besucht werden; in den anderen<br />
nordischen Staaten beträgt ihr Anteil weniger als fünf Prozent (Matti<br />
2009). Weitere Unterschiede betreffen beispielsweise die Entscheidungsspielräume<br />
der Eltern bei der Wahl der Schule, die Art der (einheitlichen)<br />
Abschlussprüfungen und die Notenstufen.<br />
Die Darstellungen nordischer Bildungssysteme und ihrer Erfolge<br />
haben sich möglicherweise bereits zu einer Idealvorstellung einer optimalen<br />
Lehr-Lern-Landschaft verfestigt, die auf allen Ebenen des Bildungssystems<br />
vorbildlich ist und somit als realistischer Bezugspunkt<br />
für die Weiterentwicklung des Schulsystems in Deutschland dienen<br />
kann. Sicher kann eine Funktion von internationalen Vergleichen<br />
durchaus darin gesehen werden, konkrete Visionen oder Benchmarks<br />
für die Weiterentwicklung von Bildungssystemen anzubieten (Seidel u.<br />
Prenzel 2008). Ist aber eine Idealisierung des nordischen Bildungssystems,<br />
das in Finnland und Skandinavien in den Grundzügen gleich<br />
angelegt ist, wirklich gerechtfertigt? Gelingt es diesen Staaten gleichermaßen,<br />
einer großen Zahl ihrer Schülerinnen und Schüler die Kompetenzen<br />
zu vermitteln, die sie für das Leben und Weiterlernen in einer<br />
Wissensgesellschaft benötigen? Garantiert die Anlage der Bildungssysteme<br />
in den nordischen Staaten stabile Lernerfolge über längere<br />
Zeiträume und mit Blick auf die Zukunft?<br />
Mit diesen Fragen befasst sich der vorliegende Überblicksartikel.<br />
Grundlage sind Daten aus der internationalen Schulleistungsuntersuchung<br />
PISA, die seit dem Jahr 2000 alle drei Jahre durchgeführt wird<br />
(OECD 2001, 2004, 2007a). PISA untersucht die Kompetenzen von<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
11<br />
fünfzehnjährigen Jugendlichen (in vielen Staaten also am Ende der regulären<br />
Schullaufbahn), die sowohl für individuelle Lern- und Lebenschancen<br />
als auch für die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche<br />
Weiterentwicklung<br />
bedeutsam sind. Hierbei<br />
konzentrieren sich die Erhebungen<br />
auf die drei Domänen<br />
Lesen, Mathematik<br />
und Naturwissenschaften<br />
(Prenzel et al. 2007a). Neben<br />
den Kompetenzen der<br />
Jugendlichen werden auch<br />
eine Reihe von Kontextfaktoren<br />
auf der Ebene der<br />
Länder, Schulen und der Individuen<br />
erfasst (Baumert et<br />
al. 2001a; Prenzel 2005), um<br />
Zusammenhänge zwischen<br />
ihnen und den Bildungsergebnissen<br />
von Schülerinnen<br />
und Schülern zu beschreiben.<br />
Damit werden in PISA Daten erfasst, mit deren Hilfe die Frage<br />
nach dem Erfolg der nordischen Bildungssysteme im Hinblick auf einige<br />
entscheidende Indikatoren beleuchtet werden kann.<br />
Da offensichtlich die erste PISA Datenerhebung im Jahr 2000<br />
(OECD 2001) den Mythos der erfolgreichen Bildungssysteme der nordischen<br />
Staaten begründete, sollen die Befunde der nordischen Staaten<br />
in dieser Erhebung genauer betrachtet und dann auf die Ergebnisse<br />
der nachfolgenden Erhebungsrunden bezogen werden. Anschließend<br />
wenden wir uns der Frage zu, wie unterschiedliche Kontextfaktoren in<br />
den nordischen Länder mit den Bildungsergebnissen von Schülerinnen<br />
und Schülern zusammenhängen. Auch diese Analysen können Hinweise<br />
darauf liefern, wie erfolgreich die nordischen Bildungssysteme<br />
insbesondere auch im Hinblick auf eines ihrer wichtigsten Ziele – die<br />
Chancengerechtigkeit – tatsächlich sind.<br />
Wie erfolgreich sind die nordischen Bildungssysteme?<br />
Befunde aus drei PISA-Runden<br />
Anhand der Ergebnisse bei PISA kann untersucht werden, inwieweit<br />
die nordischen Staaten und Bildungssysteme Schülerinnen und Schüler<br />
insgesamt und in ähnlicher Weise in der Entwicklung relevanter<br />
Kompetenzen unterstützen. Wir berichten zunächst die Befunde für<br />
PISA 2000 und betrachten dann die Veränderungen über die bisherigen<br />
PISA-Erhebungen (2000, 2003, 2006).<br />
Kompetenzen der Jugendlichen in den nordischen Staaten bei<br />
PISA 2000<br />
Das Interesse für das Bildungssystem in Finnland und den anderen<br />
nordischen Staatenwurde durch die Ergebnisse der ersten PISA-Erhebung<br />
im Jahr 2000 (OECD 2001) geweckt. In Tab. 1 sind die Kompetenzmittelwerte<br />
und Standardabweichungen für die nordischen<br />
Staaten bei PISA 2000 dargestellt (vgl. auch Baumert et al. 2001b). Als<br />
Lesen Mathematik Naturwissenschaften<br />
Staat M (SE) SD M (SE) SD M (SE) SD<br />
Dänemark 497 (2,4) 98 514 (2,4) 87 481 (2,8) 103<br />
Finnland 546 (2,6) 89 536 (2,2) 80 538 (2,5) 86<br />
I<strong>sl</strong>and 507 (1,5) 92 514 (2,3) 85 496 (2,2) 88<br />
Norwegen 505 (2,8) 104 499 (2,8) 92 500 (2,8) 96<br />
Schweden 516 (2,2) 92 510 (2,5) 93 512 (2,5) 93<br />
Deutschland 484 (2,5) 111 490 (2,5) 103 487 (2,4) 102<br />
OECD-Durchschnitt 500 (0,6) 100 500 (0,7) 100 500 (0,7) 100<br />
Bold-Werte liegen signifikant über dem OECD-Mittelwert<br />
Bold/Kursiv-Werte liegen signifikant unter dem OECD-Mittelwert<br />
Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Kompetenzwerte<br />
in den Domänen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften<br />
für die nordischen Länder und Deutschland bei PISA 2000<br />
(vgl. OECD 2001, S. 253, 259, 261)<br />
Bezugspunkte werden auch die OECD-Kennwerte und die Ergebnisse<br />
der deutschen Schülerinnen und Schüler aufgelistet.<br />
Die in Tab. 1 zusammengefassten Befunde zeigen, dass alle nordischen<br />
Staaten in den drei Kompetenzbereichen – mit Ausnahme<br />
der naturwissenschaftlichen Kompetenz in Dänemark – (signifikant)<br />
besser abschneiden als Deutschland, das durchgehend signifikant<br />
unter dem OECD-Mittelwert liegt. Dieses Bild einer weitreichenden<br />
Überlegenheit in den Leistungsvergleichen könnte aus deutscher Perspektive<br />
tatsächlich die Basis für einen Mythos bilden.<br />
Ein stärker fokussierter Blick auf die Befunde offenbart jedoch,<br />
dass letztlich nur zwei der fünf nordischen Länder – nämlich Finnland<br />
und Schweden – bei PISA 2000 in allen drei Domänen Kompetenzwerte<br />
erzielten, die signifikant über dem OECD-Durchschnitt liegen.<br />
In den drei anderen nordischen Ländern sind die Befunde insgesamt<br />
weniger beeindruckend. Die Kompetenzwerte liegen in diesen Staaten<br />
nur vereinzelt signifikant oberhalb des OECD-Durchschnitts, beispielsweise<br />
die Lesekompetenz der i<strong>sl</strong>ändischen Jugendlichen oder die<br />
mathematische Kompetenz der Fünfzehnjährigen in I<strong>sl</strong>and und Dänemark.<br />
Besondere Beachtung verdienen die Leistungsstreuungen in den<br />
nordischen Ländern und hier besonders in Finnland und Schweden,<br />
die deutlich geringer ausfallen als im Durchschnitt der OECD.<br />
Diese Befunde widersprechen der damals in Deutschland weit verbreiteten<br />
Auffassung, dass man eine hohe Leistungsstreuung in Kauf<br />
nehmen muss, wenn man ein im Mittel sehr hohes Leistungsniveau<br />
erreichen will. Finnland und Schweden sind Beispiele für die pädagogische<br />
Wunschvorstellung, hohe und zugleich wenig heterogene Leistungen<br />
zu erreichen. Dieses Ergebnis war tatsächlich von einer besonderen<br />
Qualität.<br />
Obwohl das Abschneiden der nordischen Länder bei PISA 2000<br />
beeindrucken kann, bleiben Zweifel, ob die nordischen Staaten insgesamt<br />
als Spitzengruppe bezeichnet werden können. Zwei der nordischen<br />
Länder, namentlich Finnland und Schweden, liegen in allen<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
12<br />
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
Domänen oberhalb des OECD-Durchschnitts, wobei nur Finnland<br />
der absoluten Spitze im Vergleich aller OECD-Staaten zuzurechnen<br />
ist. Die drei weiteren nordischen Staaten sind hingegen eher im Mittelfeld<br />
der Rangreihe platziert. Somit weisen die Befunde der ersten<br />
PISA-Erhebung nicht generell darauf hin, dass<br />
die nordischen Staaten im gleichen Maße erfolgreich<br />
sind. Trotz der großen Ähnlichkeit ihrer<br />
Bildungssysteme und ihrer Werthaltung gegenüber<br />
Bildung variieren ihre Bildungsergebnisse<br />
in einer Größenordnung von bis zu 50 Punkten<br />
auf der PISA-Skala (z. B. zwischen Finnland und<br />
Dänemark im Lesen und in den Naturwissenschaften).<br />
Es sind also insbesondere die Schülerinnen<br />
und Schüler in Finnland, die sich im internationalen<br />
Vergleich auszeichnen, sich zugleich aber<br />
von den Jugendlichen in den anderen nordischen<br />
Staaten unterscheiden.<br />
550.00<br />
540.00<br />
530.00<br />
520.00<br />
510.00<br />
500.00<br />
Finnland<br />
Schweden<br />
*I<strong>sl</strong>and<br />
*Norwegen<br />
OECD<br />
Dänemark<br />
Deutschland<br />
490.00<br />
Veränderung der Kompetenzen in den nordischen<br />
Staaten von PISA 2000 bis PISA 2006<br />
Es war die Absicht der OECD, PISA so anzulegen,<br />
dass Vergleiche über die Erhebungen im<br />
480.00<br />
dreijährigen Abstand angestellt werden können<br />
(vgl. Carstensen et al. 2008). Damit kann auch beurteilt werden, ob<br />
das in einer Runde beobachtete Kompetenzniveau in den Staaten stabil<br />
bleibt, sich verbessert oder verschlechtert. Inwieweit erweisen sich also<br />
die Kompetenzergebnisse in den nordischen Staaten als stabil über die<br />
Zeit? Stabil positive oder gar steigende Kompetenzwerte wären tatsächlich<br />
ein Grund, die nordischen Staaten mit ihren Bildungssystemen als<br />
Ideal für andere Länder zu betrachten.<br />
Für den Bereich der Lesekompetenz besteht eine ausreichend große<br />
Datenbasis, um die Veränderungen über alle drei Erhebungszeitpunkte<br />
hinweg zu berichten (Carstensen et al. 2008; Carstensen et al. 2007).<br />
Diese Veränderungen sind in Abb. 1 für die nordischen Länder, für<br />
Deutschland und im OECD-Durchschnitt dargestellt (vgl. Drechsel u.<br />
Artelt 2007).<br />
Die Abb. 1 lässt sehr schön erkennen, dass Finnland in der Lesekompetenz<br />
– nicht nur im Vergleich zu Deutschland und zum OECD-<br />
Mittel, sondern auch zu den anderen nordischen Staaten – auf einem<br />
deutlich höheren Niveau liegt. Gleichzeitig zeigt die Abbildung, dass<br />
der Erfolg Finnlands über alle drei Erhebungszeitpunkte stabil bleibt.<br />
In Norwegen und I<strong>sl</strong>and hingegen hat sich die Lesekompetenz der<br />
Fünfzehnjährigen über die drei Erhebungszeitpunkte statistisch bedeutsam<br />
verschlechtert. Ein massiver Abwärtstrend ist insbesondere in<br />
I<strong>sl</strong>and zu beobachten: Dort erreichten die Schülerinnen und Schüler<br />
bei PISA 2000 im Lesen noch signifikant bessere Kompetenzwerte als<br />
der OECD-Durchschnitt, aber auch als Deutschland. Bei PISA 2006<br />
liegen die Kompetenzwerte der i<strong>sl</strong>ändischen Fünfzehnjährigen nun<br />
deutlich unter dem OECD-Durchschnitt und auch unter dem Wert der<br />
deutschen Schülerinnen und Schüler.<br />
Die tendenziellen Zunahmen in Deutschland können ebenso wenig<br />
statistisch abgesichert werden, wie die tendenziellen Abnahmen in<br />
Schweden und in Dänemark. Zusammen mit den signifikanten Abnahmen<br />
in I<strong>sl</strong>and und Norwegen lässt sich für die Gruppe der nordischen<br />
Staaten (mit Ausnahme von Finnland) keine Stabilität auf einem hohen<br />
Niveau der Lesekompetenz feststellen. Nur in Finnland finden wir für<br />
die Lesekompetenz tatsächlich stabile Werte.<br />
PISA 2000 PISA 2003 PISA 2006<br />
Abb. 1: Veränderung der Lesekompetenz in den nordischen<br />
Ländern, in Deutschland und im OECD-Durchschnitt von PISA<br />
2000 bis PISA 2006 (vgl. Drechsel u. Artelt 2007, S. 412)<br />
Die Veränderungen der mathematischen Kompetenz lassen sich<br />
nicht über alle drei Erhebungszyklen abbilden, da hierzu die Menge<br />
und Zusammensetzung der verwendeten Aufgaben nicht ausreicht<br />
(Carstensen et al. 2007; Carstensen et al. 2008). Deswegen wird im Folgenden<br />
nur die Entwicklung auf der Mathematikgesamtskala zwischen<br />
PISA 2003 und PISA 2006 betrachtet. Abbildung 2 stellt diese Veränderung<br />
in den nordischen Ländern, in Deutschland und im OECD-<br />
Durchschnitt graphisch dar.<br />
Ähnlich wie für die Lesekompetenz sind auch für die mathematische<br />
Kompetenz stabile Werte für Finnland – auf gleichbleibend hohem Niveau<br />
– aber auch für Dänemark und Deutschland auf der Gesamtskala<br />
von 2003 zu 2006 zu verzeichnen. In Norwegen sind die Unterschiede<br />
zwischen 2003 und 2006 nicht statistisch bedeutsam. In zwei der nordischen<br />
Länder – I<strong>sl</strong>and und Schweden – wird hingegen eine deutliche<br />
Abnahme der mathematischen Kompetenz zwischen PISA 2003 und<br />
PISA 2006 und damit eine negative Veränderung beobachtet.<br />
Die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Kompetenz lässt<br />
sich ausschließlich zwischen PISA 2000 und PISA 2003 über alle Staaten<br />
reliabel beschreiben (Carstensen et al. 2007; Carstensen et al. 2008).<br />
In Abb. 3 sind diese Entwicklungen in den nordischen Staaten, im<br />
OECD-Durchschnitt und in Deutschland dargestellt.<br />
Die dargestellten Befunde zeigen, dass die durchschnittliche naturwissenschaftliche<br />
Kompetenz der finnischen Schülerinnen und Schüler<br />
sich zwischen PISA 2000 und PISA 2003 bedeutsam verbessert hat und<br />
damit stabil oberhalb des OECD-Durchschnitts und auch der deutschen<br />
Ergebnisse liegt. Doch auch in Deutschland ist ein bedeutsamer<br />
Anstieg der naturwissenschaftlichen Kompetenz zu verzeichnen. Eine<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
13<br />
negative Entwicklung der naturwissenschaftlichen Kompetenz zeigt<br />
sich hingegen in Norwegen und Dänemark, die bei PISA 2003 Kompetenzwerte<br />
erreichen, die deutlich unter dem OECD-Durchschnitt und<br />
auch unter dem deutschen Wert liegen. Nur in I<strong>sl</strong>and und Schweden<br />
weisen die Fünfzehnjährigen bei PISA 2000 und bei PISA 2003 ähnliche<br />
Kompetenzwerte in den Naturwissenschaften auf.<br />
550<br />
540<br />
530<br />
Finnland*<br />
550<br />
540<br />
530<br />
520<br />
510<br />
500<br />
490<br />
480<br />
Finnland<br />
Dänemark<br />
PISA 2003 PISA 2006<br />
Abb. 2: Veränderung der mathematischen Kompetenz auf der<br />
Gesamtskala in den nordischen Ländern und in Deutschland<br />
von PISA 2003 bis PISA 2006 (vgl. Frey et al. 2007, S. 265)<br />
I<strong>sl</strong>and*<br />
Deutschland<br />
Schweden*<br />
OECD*<br />
Norwegen<br />
Der Blick auf die Veränderung der Kompetenzen in den drei Domänen<br />
zeigt, dass die Ergebnisse keineswegs in allen nordischen Ländern<br />
stabil und auf einem hohen Niveau bleiben. Einzig in Finnland sind die<br />
Kompetenzwerte in allen drei Domänen über die drei Erhebungszeitpunkte<br />
hinweg stabil oder werden sogar besser (z.B. in den Naturwissenschaften).<br />
In allen anderen nordischen Ländern treten in einer oder<br />
mehreren Domänen negative Veränderungen der durchschnittlichen<br />
Kompetenz über die drei Erhebungszeitpunkte hinweg auf. In Deutschland<br />
hingegen verändern sich die Kompetenzen tendenziell positiv.<br />
Fazit – Sind die nordischen Bildungssysteme<br />
im internationalen Vergleich besonders<br />
erfolgreich?<br />
Die Befunde aus den drei PISA-Erhebungen in den Jahren 2000,<br />
2003 und 2006 zeigen, dass die nordischen Länder im internationalen<br />
Vergleich keineswegs durchgängig Spitzenpositionen einnehmen,<br />
die eine Idealisierung der nordischen Bildungssysteme rechtfertigen<br />
könnten. Das Bild, das die PISA-Erhebungen zeichnen, ist deutlich<br />
differenzierter.<br />
Im internationalen Vergleich schneiden allein die finnischen<br />
Fünfzehnjährigen konstant herausragend ab.<br />
Finnland erreicht in allen Domänen Spitzenplätze und die Kom-<br />
520<br />
510<br />
500<br />
490<br />
480<br />
470<br />
Abb. 3: Veränderung der naturwissenschaftlichen Kompetenz<br />
in den nordischen Ländern und in Deutschland von PISA 2000<br />
bis PISA 2003 (vgl. Rost et al. 2004, S. 121)<br />
petenzen der finnischen Schülerinnen und Schüler sind auch über die<br />
drei Erhebungszeitpunkte stabil. In keinem anderen nordischen Land<br />
ist der Erfolg des Bildungssystems so konstant wie in Finnland. Obwohl<br />
Schweden in der ersten PISA-Erhebung im Jahr 2000 bedeutsam<br />
oberhalb des OECD-Durchschnitts lag, haben sich die Kompetenzen<br />
der schwedischen Fünfzehnjährigen tendenziell und in einigen Bereichen<br />
signifikant negativ entwickelt.<br />
Doch auch in anderen nordischen Staaten zeichnen sich Stagnationen<br />
oder Abnahmen in den Kompetenzwerten über die PISA-Erhebungen<br />
ab. Ein Grund hierfür liegt eventuell in den fortlaufenden<br />
Reformen, die besonders im schwedischen, aber auch in anderen nordischen<br />
Bildungssystemen seit den 1990er-Jahren vorangetrieben wurden<br />
und die ihre Wirkung im Verlauf der drei PISA-Erhebungszyklen<br />
entfaltet haben (Matti 2009). Damit liefern diese Befunde jedoch keine<br />
Belege dafür, dass eine ähnliche Bildung<strong>sl</strong>andschaft mit einer hohen<br />
Wertschätzung für Bildung – wie sie in den nordischen Staaten zu finden<br />
ist – zwang<strong>sl</strong>äufig zu erfolgreichen Bildungsergebnissen führt. Sie<br />
weisen aber auch darauf hin, dass Reformen im Bildungswesen sich auf<br />
unterschiedliche Art und Weise auf die Bildungsergebnisse eines Landes<br />
auswirken können.<br />
Dänemark<br />
Deutschland<br />
Finnland<br />
I<strong>sl</strong>and<br />
PISA 2000 PISA 2003<br />
Schweden<br />
Deutschland*<br />
OECD<br />
I<strong>sl</strong>and*<br />
Norwegen<br />
Dänemark<br />
Autoren • Grafiken: Mareike Kobarg, Manfred Prenzel<br />
Norwegen<br />
Schweden<br />
OECD<br />
Statistisch bedeutsame Veränderung der Mittelwerte sind mit einem<br />
Stern (*) gekennzeichnet<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
14<br />
:Titelthema Bildungssysteme in Europa<br />
Mehr Europa in der Schule<br />
Ein Thema, das Lehrer verunsichert<br />
Aktuell steht Europa verstärkt im Fokus der Medien, schließlich wird gegenwärtig nach einer Lösung für die<br />
Eurokrise gesucht. In den deutschen Klassenzimmern gibt es dagegen wenig Information zu Europa und der EU.<br />
Europabezogene Gegenstände sind in den Lehrplänen der verschiedenen<br />
Schularten weit über den sozialkundlichen Unterricht<br />
hinaus breit verankert. Für seine Bearbeitung im Unterrichtsalltag<br />
steht eine beinahe unüberschaubare Menge an Unterrichtsmaterialien<br />
zur Verfügung und an Informationen für Lehrkräfte besteht ebenfalls<br />
kein Mangel. Trotzdem sei Europa sowohl bei Lehrern als auch<br />
bei Schülern laut wissenschaftlicher Untersuchungen ein ungeliebtes<br />
Thema und werde gern bei der Unterrichtsplanung außen vor gelassen,<br />
erklärt Prof. Dr. Helmar Schöne von der Pädagogischen Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd.<br />
Jetzt haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Immerfall<br />
und Prof. Dr. Helmar Schöne Referenten aus ganz Deutschland<br />
an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd im Rahmen<br />
eines Workshops gefragt, warum Europa in den Schulen nicht ankommt.<br />
„Scheinbar scheuen sich Lehrern dieses Thema zu unterrichten, da<br />
die Zusammenhänge oftmals komplex und schwierig zu erfassen sind<br />
und sie selbst oft nicht ausreichend informiert sind. Eine Ursache dafür<br />
ist, dass Lehrern Gemeinschaftskunde oft fachfremd unterrichten und<br />
nicht dafür ausgebildet sind”, so Helmar Schöne. Werde Europa und<br />
die EU dann doch zum Unterrichtsthema, stehe meistens das institutionenkundliche<br />
Lernen im Vordergrund – eine für die Schülern sehr<br />
trockene Art des Lernens. Das erleichtere ihnen nicht unbedingt den<br />
Zugang zu Europa.<br />
Während des Workshops haben die Referenten jedoch deutlich<br />
aufgezeigt, dass es interessante Angebote gibt, mit denen Lehrer das<br />
Interesse der Schüler für Europa wecken können. Ein interkultureller<br />
Austausch mit Partnerschulen, verschiedene Projekte, Planspiele<br />
oder Exkursionen lockern den Unterricht auf, motivieren Schüler und<br />
vermitteln politische Zusammenhänge lebensnah. Alfons Scholten,<br />
Lehrer am Theodor- Fliedner-Gymnasium in Düsseldorf, bestätigt:<br />
„Meine Schüler fühlen sich nach dem Austausch mit Schülern unserer<br />
Partnerschulen in Polen und den Niederlanden als Europäer”. Deswegen<br />
plant Alfons Scholten auch schon das nächste Comeniusprojekt.<br />
Diesmal soll die EU im Mittelpunkt stehen, damit sich die Schüler stärker<br />
damit auseinander setzten können.<br />
Wenn Schüler sich im Unterricht mit dem Thema Europa befassen,<br />
setzen sie damit nachhaltig einen Grundstein für ihre weitere politische<br />
Teilhabe als Bürger in der EU, weiß Prof. Dr. Monika Oberle<br />
von der Universität Göttingen: „Wer sich in der Schule mit Europa beschäftigt<br />
hat, weiß auch als Erwachsener besser Bescheid und setzt sich<br />
mit Politik auseinander.” Erwachsene greifen nachhaltig auf politisches<br />
Wissen aus dem Schulunterricht zurück. Was Schüler im Unterricht<br />
über Europa und die EU lernen, hat damit einen Einfluss darauf, ob<br />
und wie sie als Erwachsene ihre Bürgerrechte in der EU wahrnehmen<br />
und nutzen.<br />
Wichtig seien jedoch auch Angebote für Lehrer, die ihnen helfen,<br />
sich besser in das Thema einzuarbeiten und sich so ein fundiertes Wissen<br />
über Europa aneignen zu können. Denn werde ein Thema durch<br />
Lehrer interessant und lebhaft vermittelt, steige auch das Interesse bei<br />
den Schülern. Europa und die EU ist zum Beispiel fester Bestandteil<br />
der Lehrer-Ausbildung in der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch<br />
Gmünd. "Leider ist das in Deutschland nicht überall der Fall", berichtet<br />
Monika Oberle.<br />
Mit dem Workshop startete die Pädagogische Hochschule Schwäbisch<br />
Gmünd das Projekt „EU unterrichten: Wissensbestände sichern,<br />
Schulpraxis reflektieren, Verständnis wecken”, in dem Europa und die<br />
EU verstärkt als Thema in der Lehrer-Aus- und -fortbildung eingebunden<br />
werden soll, auch über Schwäbisch Gmünd hinaus. Das Projekt<br />
wird über ein Jahr durch das Jean-Monnet-Programm „Learning EU<br />
at school” der Europäischen Kommission gefördert.<br />
Text: bildungsklick.de • Foto: Fotolia<br />
Europa – zu komplex für<br />
den Schulunterricht?<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Thema Schultrojaner<br />
15<br />
Ende der Debatte?<br />
Weiteres Vorgehen nach Aus für Schultrojaner unklar<br />
Das Problem ist alles andere als neu, wenn auch erst in den letzten Jahren in das Bewusstsein der Öffentlichkeit<br />
gelangt. Die Rede ist von der Verwertung geistigen Eigentums im digitalen Raum. Die Musikbranche<br />
leidet schon seit Jahren unter Umsatzeinbußen durch unautorisierte Vervielfältigungen, und auch die Verlage<br />
geraten angesichts des Siegeszugs von Kindle & Co. allmählich unter Zugzwang.<br />
So ist auch der Vorstoß der Bunde<strong>sl</strong>änder in Kooperation mit den<br />
Verlagen zu verstehen, Schulrechner auf digitale Kopien urheberrechtlich<br />
geschützter Texte hin zu untersuchen. Bereits seit Jahren<br />
existierten Pläne, mittels einer Scansoftware stichprobenartig Untersuchungen<br />
anzustellen – das Vorhaben wurde unter der unrühmlichen<br />
Bezeichnung „Schultrojaner” und durch die umfangreiche mediale Berichterstattung<br />
einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Rechtliche Grundlage<br />
sollte der „Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen”<br />
bilden, den die zuständigen Landesministerien bereits 2010<br />
mit den Bildungsverlagen abgeschlossen hatten.<br />
Das geplante Vorgehen löste von Beginn an heftige Proteste aus.<br />
Beispielhaft dafür steht der offene Brief eines Frankfurter Lehrers (zu<br />
finden unter http://herrlarbig.de/2011/11/01/betreff-schultrojaner-liebeschulbuchverlage/#more-26883),<br />
der nicht nur völlig zurecht moniert,<br />
dass sämtliche Schulen unter Generalverdacht gestellt würden, sondern<br />
auch giftig auf die Jahresbilanz der Verlage verweist, in denen<br />
unter anderem von der erfreulichen Entwicklung des Schulbuch-Geschäfts<br />
die Rede ist.<br />
Auch der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-<br />
Peter Meidinger, äußerte sich außerordentlich kritisch zum Vorhaben<br />
der Länder, so etwa zur Forderung Niedersachsens, die Schulen sollten<br />
entsprechende Informationen offenlegen: „Von den <strong>Schulleitung</strong>en<br />
werden damit eine Vorgehensweise und eine Erklärung gefordert, denen<br />
sie gar nicht nachkommen können. Für die Abgabe der Erklärung<br />
müssten sie alle Dateien und Ordner von Lehrkräften und Schülern<br />
auf allen lokalen und externen Schulrechnern durchforsten, wozu sie<br />
weder in der Lage noch berechtigt sind. Einerseits stehen den <strong>Schulleitung</strong>en<br />
dazu die erforderlichen technischen Hilfsmittel nicht zur Verfügung,<br />
zum anderen würden dadurch die Persönlichkeitsschutzrechte<br />
von Lehrkräften massiv verletzt!”, erklärte Meidinger.<br />
Unter anderem wegen dieser harschen Proteste wurde das Vorhaben<br />
nun auf Eis gelegt. Dabei hätte es die Verlagsbranche eigentlich von Anfang<br />
an besser wissen müssen, schließlich hat die Musikindustrie in den<br />
letzten Jahren bereits in ähnlicher Weise vorgeführt, wie es nicht geht:<br />
Drakonische Strafen für vergleichsweise geringe Verstöße und eine Politik<br />
der Repression haben das Ansehen der Branche nachhaltig geschädigt,<br />
ohne entscheidende wirtschaftliche Verbesserungen zu bringen.<br />
Immerhin zeigen die Beteiligten mittlerweile Einsicht. So soll nun<br />
gemeinsam mit Lehrerverbänden und anderen Betroffenen eine Lösung<br />
erarbeitet werden, Gespräche hierzu sollen bereits im Sommer<br />
beginnen; dies ließ der Verband Bildungsmedien in seiner Pressemitteilung<br />
vom 7. Mai 2012 verlauten.<br />
Die im Rahmen dieser Gespräche entwickelte Lösung soll „alltagstauglich<br />
und praxisorientiert” sein, heißt es darin. Rechtekontrollen<br />
sollen in der Folge überflüssig werden, Rechtssicherheit für die Schulen<br />
gewährleistet sein.<br />
Auch Meidinger begrüßt diesen Ansatz: „Die Vernunft hat sich<br />
letztendlich durchgesetzt. Es ist wohl jedem der Beteiligten bewusst geworden,<br />
dass die Entwicklung und der Einsatz einer solchen Software,<br />
die den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt, nicht möglich<br />
ist. Zudem steht es gerade den Schulministerien als fürsorgepflichtige<br />
Dienstherrn der Lehrkräfte schlecht an, diese unter Generalverdacht<br />
zu stellen”, betonte der Verbandschef.<br />
Ob es sich bei der Neuausrichtung tatsächlich um die erhoffte Weichenstellung<br />
handelt, muss sich allerdings erst noch erweisen. Schließlich<br />
wurden bi<strong>sl</strong>ang weder die Parteien benannt, die an den Verhandlungstisch<br />
gebeten werden sollen, noch konkrete Ansätze vorgestellt,<br />
die zur Diskussion stünden.<br />
Autor: Michael Smosarski • Foto: Fotolia<br />
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b:<strong>sl</strong> 03:2012
16<br />
:Thema Inklusive Architektur<br />
Raum für Inklusion<br />
Architektonische Konzepte für die Schule der Zukunft<br />
Das Wort Inklusion erobert allmählich unsere Kommunikation. Kannte es vor wenigen Jahren kaum einer, ist<br />
es nun ein fester Begriff in der Bildung<strong>sl</strong>andschaft und darüber hinaus. Gesagt, getan: Inklusion ist beschlossene<br />
Sache und wird die Förderschule abschaffen. Baulich bedeutet dies eine Herausforderung, architektonisch<br />
für viele Kinder sogar einen Rückschritt. Sollte nicht jede Schule eine Förder-Schule sein?<br />
Schulneubau für die Diakonische<br />
Stiftung Wittekindshof<br />
Ende 2006 haben die Vereinten Nationen das Übereinkommen<br />
über die Rechte von Menschen mit Behinderung verabschiedet.<br />
Mit ihrer Unterzeichung hat sich die Bundesregierung verplichtet, die<br />
Rechte von Menschen mit Behinderungen durchzusetzen. Zwar ist per<br />
Grundgesetz die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen<br />
verboten (Art.3 Abs.3) und ihre gesellschaftliche Teilhabe im Sozialgesetzbuch<br />
festgelegt (SGB IX), jedoch weist insbesondere das deutsche<br />
Schulsystem Mängel in der Gleichstellung auf. Für die Bunde<strong>sl</strong>änder<br />
bedeutet die Umsetzung der Forderungen erhebliche Mühen.<br />
Lang genug hatte das dreigliedrige Schulsystem ein viertes Standbein,<br />
die Förderschulen. Noch vor einigen Jahren als „Sonderschule”<br />
bezeichnet, ist diese ein Wiedergänger der ehemaligen „Hilfsschule”<br />
für die vermeintlich wenig begabten Jungen und Mädchen. Dabei sortierte<br />
das Schulsystem fleißig diejenigen aus, die nicht in die Regelschule<br />
sollten; eine Einrichtung pro Behinderungsart.<br />
Beinahe fünf Prozent der Schüler eines Jahrgangs werden ausgesiebt,<br />
weil sie an herkömmlichen Schulen nicht zu beschulen seien.<br />
Zurzeit besuchen ca. 11,5 Millionen Schüler eine Schule, davon 500.000<br />
eine Förderschule. Auch Rückschulquoten entschuldigen nicht, dass<br />
das Förderschulsystem für viele eine Einbahnstraße ist.<br />
Im internationalen Vergleich ist das Förderschulsystem eine absolute<br />
Besonderheit, in den meisten Nachbarländern liegt der Anteil der<br />
Sonderschüler im Promillebereich. Neidisch macht es, wenn auf einem<br />
Kongress der Leiter eines Schweizer Schulsprengels verkündet, Inklusion<br />
beschäftigte ihn nicht; bei ihm gingen Kinder unterschiedlichster<br />
Fähigkeiten seit eh und je gemeinsam in den Unterricht.<br />
Erstaunlich ist, was unter dem Begriff „Behinderung” verstanden<br />
wird. Kinder, deren Verhalten von dem abweicht, was sozial erwünscht<br />
ist, gelten genauso wie Kinder, die weniger zügig lernen, als behindert.<br />
Auffälig ist, dass die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler der Förderschule<br />
aus von Armut bedrohten Elternhäusern stammen. Armut,<br />
Chancen und Bildung hängen in Deutschland zusammen wie in einem<br />
Land der sogenannten dritten Welt.<br />
Die gemeinsame Beschulung von Kindern aller Fähigkeiten wird<br />
das Thema Integration überholen und als Zwischenlösung ablösen.<br />
Ging man lange von homogenen Lerngruppen aus und sonderte alle<br />
Schüler, die nicht in das Schema „normal” passten aus, sahen integrative<br />
Ansätze die Aufnahme einzelner, besonderer Schüler in eben<br />
diese als homogen verstandene Gruppe vor. Integrative Ansätze gibt<br />
es schon lange, so haben beispielsweise Gesamtschulen integrative<br />
Klassen, in denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam am<br />
Unterricht teilnehmen.<br />
Der Begriff Inklusion soll die Unterscheidung von behindert und<br />
nicht-behindert aufheben. Vielmehr, Inklusion ist eine Einstellung, die<br />
ohne solche Kategorien auskommen will. Vielmehr werden Menschen<br />
in ihren individullen Eigenschaften angenommen, ihre Stärken betont.<br />
Inklusion setzt die Unterschiedlichkeit von Menschen voraus. Kulturelle<br />
Eigenschaften, Sprachen, Geschlechterrollen und Weltanschauungen<br />
gehören dazu wie körperliche oder geistige Voraussetzungen.<br />
Was kann eine inklusive Schule? Sie eröffnet allen Kindern gleiche<br />
Bildungschancen. Sie ist ein Ort, an dem Verschiedenheit gelebt und<br />
an dem Vielfalt gewünscht ist. Eine gute Schule ist eine, die Alle willkommen<br />
heißt.<br />
In unserer Sprache unterscheiden wir nicht zwischen der Schule<br />
Elke Maria Alberts ist Architektin in Bielefeld, Schulbau ihre Leidenschaft. Neben Neubauten im Bildungsektor<br />
engangiert sie sich in der gebauten Schulentwicklung. Zusammen mit ihrem Büro alberts.architekten<br />
BDA, zu dem auch der Pädagoge Marc Wübbenhorst gehört, berät sie Schulen, wie diese im ”Pädagogischen<br />
Bauausschuss” Lösungen für die Weiterentwicklung von Schule erarbeiten. Internet: www.alberts-architekten.de<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Thema Inklusive Architektur<br />
17<br />
und dem Schulgebäude, das System und das Gebäude verschmelzen<br />
sowohl im Sprachgebrauch als auch in der Wahrnehmung. Das Lernen<br />
hat immer einen Ort, nimmt Raum ein, hat ein Zuhause.<br />
Architektur bildet Vorstellungen von Bildung und Erziehung ab.<br />
Sie übersetzt diese in gebauten Raum. Sollten unsere zivilisatorischen<br />
Überreste nach 5000 Jahren ausgegraben werden, so ließen sich anhand<br />
unseren Bauwerken Bildungsideale und Ordnungsvorstellungen<br />
deuten.<br />
Die demokratischen Bauten der siebziger und die altehrwürdigen<br />
Gymnasien der Kleinstadt sind hierfür sicher prägnante Beispiele. Für<br />
den Außenstehenden wirkt die erzieherische Aussage einer Schule im<br />
Vorbeigehen: Wie oft sieht man ein Schulgebäude und schließt auf die<br />
Qualität der dort gebotenen Bildung?<br />
Aus dem Schulprogramm erwächst der Anspruch an den Raum.<br />
Natürlich hat eine berufsvorbereitende Schule mehr Räume für den<br />
praktischen Unterricht, seien es Computerräume oder Werkstätten.<br />
Viele Schulen scheinen auf den ersten Blick ohne ein besonderes<br />
Raumprogramm auszukommen. Zu lange hatte der Frontalunterricht<br />
ein Raumkonzept herausgebildet, eine Tafel, das wuchtige Lehrerpult<br />
und genügend Tische und Stühle für 30 Schüler reichten aus. Für offene<br />
Unterrichtsformen sind diese Räume selbstredend nicht geeignet,<br />
selbst das verschieben der Tische für Gruppenarbeit stellt den Unterricht<br />
im 45-Minuten-Takt vor eine Herausforderung: Schon wieder Tische<br />
hin- und herschieben? Unglücklich, dass eben solche Räume zum<br />
Lebensmittelpunkt von Jugendlichen werden.<br />
Schulen mit neuen Unterrichtskonzepten haben auffallende Raumkonzepte.<br />
So kommt die Bielefelder Laborschule ganz ohne Klassenräume<br />
aus. Förderschulen bieten in der Regel mehr Platz für weniger<br />
Kinder, eine Förderschule für Kinder mit körperlichen Beeinträchtigen<br />
benötigt Pflegeräume, die im besten Falle nicht funktional, sondern<br />
liebevoll gestaltet sind. Standdardmäßig lassen Gruppenräume individuelle<br />
Förderung zu.<br />
Die meisten Förderschulen, besonders die für Kinder mit geistigen<br />
und körperlichen Behinderungen, sind hervorragend ausgestattet. Sie<br />
bieten Kindern und Jugendlichen ein angemessenes Umfeld und dieses<br />
beschränkt sich eben nicht nur auf ein paar zusätzliche Behindertentoiletten.<br />
Sie bieten Flächen zum Spielen, Toben, Kochen und Basteln. Sie<br />
hüllen Flure in spannendes Licht und strahlen Wärme aus.<br />
Diese Schulgebäude aufzugeben, bedeutet Qualität zu verlieren.<br />
Viele Kinder würden also architektonisch einen Rückschritt erleben.<br />
Braucht Unterricht eigentlich Raum? Dazu passt das Bild, in dem<br />
der griechische Philosoph unter dem Olivenbaum seinen wenigen<br />
Schülern anhand eines Kiesels die Welt erklärt und ein paar flüchtige<br />
Striche mit dem Finger in den Sand zeichnet. Auch hier hat das<br />
Lernen den richtigen Ort. Der Olivenbaum spendet dem Philosphen<br />
Schatten, und die ruhige See übertont das Wort des Meisters nicht,<br />
der Sand ist das Schreibgerät, die Natur reich als Anschauungsmaterial.<br />
Die Situation ermöglicht auf jeden Schüler angemessen einzugehen.<br />
Raum und Pädagogik gehören zusammen, sie unterstützen und<br />
bedingen sich.<br />
Pädagogische Architektur regt das Lernen an. Der „Raum als<br />
dritter Pädagoge” erhält zurzeit zunehmend Aufmerksamkeit. Der<br />
Dreiklang geht so: Der Lehrer ist der erste, die Schüler der zweite und<br />
der Raum der dritte Pädagoge. Gelungene Architektur leistet einen<br />
Beitrag zur Pädagogik und im Umkehrschluss benötigt Bildung gute<br />
Architektur.<br />
Inklusion ist eine wichtige Aufgabe, die zurzeit erst einmal strukturell<br />
gelöst wird. In einigen Städten werden Förderschulen bereits<br />
nach und nach aufgelöst. Strukturelle Lösungen bedeuten, dass Regelschulen<br />
Kinder mit Förderbedarf aufnehmen und Sonderschullehrer<br />
im Unterricht dieser Schulen mitwirken.<br />
Welche baulichen Antworten die Länder finden wollen, ist noch<br />
nicht beantwortet. Lediglich Hinweise finden sich, wenn von Seiten der<br />
Schulträger dargestellt wird, dass auch bauliche Maßnahmen notwendig<br />
werden, wenn man es mit der Inklusion ernst meint.<br />
Schulen stehen somit vor dem Problem, dass ihre Gebäude für die<br />
Aufnahme von Kindern mit besonderem Förderbedarf oft nicht geeignet<br />
sind und es an Notwendigem fehlt. Die Forderung, dass kein Kind<br />
noch länger von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen werden<br />
soll, ist richtig. In naher Zukunft muss aber die Frage nach räumlichen<br />
Veränderungen dringend beantwortet werden.<br />
Wie soll ein Kind im Liegerollstuhl am Unterricht teilhaben, wie<br />
wird man einem Kind gerecht, dass blind ist? Natürlich hat ein Kind,<br />
das einen erhöhten Pflegebedarf aufweist, das Recht, die örtliche<br />
Grundschule zu besuchen. Aber wie, wenn Pflegeräume fehlen? Und<br />
trotzdem, nur durch Pflegeräume Chancengleichheit ermöglichen zu<br />
wollen, ist zu kurz gedacht. Vielmehr muss das Schulgebäude Angebote<br />
für Alle bereit stellen, Möglichkeiten bieten und sollte einen auffordernden<br />
Charakter haben.<br />
Von der Chinesischen Mauer stammt ein schönes Beispiel, dass an<br />
dieser Stelle genannt werden soll. Dem amerikanischen Rollstuhlfahrer<br />
gelingt es, diese zu besuchen, weil ihn hilfsbereite Einheimische wie<br />
selbstverständlich die unzähligen Stufen hinauftragen. Die inklusive<br />
Gesellschaft beginnt im Kopf.<br />
Für die inklusive Regelschule wird es eine allumfassende Lösung<br />
erst einmal nicht geben. Aber den Rat, sich an der Qualität der Förderschulen<br />
zu orientieren. Für die Schule im Ort, auf die das Thema<br />
Inklusion zurollt, zählen die kleinen Schritte. Die innere Haltung,<br />
individuelle Lösungen abgestimmt auf einzelne Schüler, erste notwendige<br />
bauliche Anpassungen und das große Ziel, die Schule der<br />
Zukunft zu einem anregenden Lernort und zu einer Schule für Alle<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Autorin: Elke Maria Alberts • Fotos: Peter Wehowsky<br />
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b:<strong>sl</strong> 03:2012
18<br />
:Thema <strong>Schulleitung</strong>ssymposium<br />
Führung und Partizipation<br />
Das 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium lädt ein<br />
Am 20. und 21. September 2012 findet das 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium zum Thema „Führung und Partizipation”<br />
statt, zu dem die Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein e.V.,<br />
die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-<br />
Holstein (IQSH) herzlich einladen. Die Veranstaltung wird von vielen Kooperationspartnern und Verbänden,<br />
u.a. auch dem Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands (ASD) unterstützt.<br />
Nach einer Begrüßung durch die Veranstalter werden sich die<br />
Referenten am ersten Veranstaltungstag mit dem Thema Führung<br />
und Partizipation aus bildungstheoretischer, ethischer und kognitionspsychologischer<br />
Sicht beschäftigen. Wir freuen uns, zu diesen<br />
Vorträgen mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers (Universität Zürich),<br />
Herrn Prof. Dr. Peter Fischer (Universität Regensburg) und Frau Prof.<br />
Dr. Elsbeth Stern (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich)<br />
renommierte und ausgewiesene Experten gewonnen zu haben. Mit<br />
diesen Beiträgen und der anschließenden Podiumsdiskussion unter<br />
Leitung von Herrn Martin Spiewak (Wochenzeitung DIE ZEIT) sollen<br />
das Spannungsfeld zwischen Führung und Partizipation aufgezeigt<br />
und Chancen und Risiken für den Führungsalltag verdeutlicht werden<br />
(siehe hierzu auch das Interview mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers).<br />
Im Anschluss wird bei einem gemeinsamen Abendbuffet zum informellen<br />
Austausch in das Steigenberger Hotel Kiel geladen.<br />
Am zweiten Veranstaltungstag wird der Direktor des IQSH, Herr<br />
Dr. Thomas Riecke-Baulecke, einen Rückblick und Perspektiven zu<br />
den im Jahr 2004 verabschiedeten Kieler Thesen geben. Im Anschluss<br />
spricht Frau Prof. Dr. Felicitas Thiel (Freie Universität Berlin) zu den<br />
Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche <strong>Schulleitung</strong>. Workshops<br />
zu verschiedenen Einzelthemen (z.B. IT-gestützte Kommunikationsprozesse<br />
in der <strong>Schulleitung</strong> und im Kollegium, Lehrergesundheit als<br />
Führungsaufgabe, Arbeit mit Elternvertretern, Was wir über guten Unterricht<br />
wissen - Hinweise aus der Hattie-Studie und Schule verbessern<br />
– von Daten zu Taten) runden die Veranstaltung weiter ab. Zum Abschluss<br />
spricht Herr Prof. Dennis Snower, Ph.D. (Präsident des Instituts<br />
für Weltwirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität Kiel) zum<br />
Thema Partizipation konkret: Junge Menschen übernehmen Verantwortung<br />
für globale Probleme.<br />
Anmeldungen zum 5. Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium sind möglich<br />
bis zum 27. August 2012 per E-Mail an Frau Köhl (tanja.koehl@<br />
iqsh.landsh.de). Bitte geben Sie bei Ihrer Anmeldung Ihre Dienstadresse<br />
an und informieren Sie uns, ob Sie auch an der Abendveranstaltung<br />
teilnehmen möchten. Der Tagungsbeitrag beträgt 40,- € (70,- € mit Buffet<br />
am Abend).<br />
Weitere Informationen, u.a. auch zu Übernachtungsmöglichkeiten<br />
finden Sie unter http:// www.kieler-schulleitungssymposium.de<br />
Interview mit Herrn Prof. Dr. Jürgen Oelkers (Universität Zürich)<br />
Christian Buske: Das Kieler <strong>Schulleitung</strong>ssymposium findet dieses<br />
Jahr zum fünften Mal statt. Sehen Sie Fortschritte bei der Schulleiterqualifizierung<br />
in Deutschland und nennenswerte Auswirkungen<br />
auf die Qualität von Schule und Unterricht?<br />
Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Grundsätzlich:<br />
<strong>Schulleitung</strong>en sind eigene<br />
<strong>Beruf</strong>sfelder, die eine geordnete<br />
Ausbildung verlangen. Die<br />
heutige Qualifizierung für diesen<br />
<strong>Beruf</strong> geschieht immer noch unterschiedlich<br />
und im Blick auf die<br />
Effekte wenig kontrolliert. Konsensfähige<br />
Standards scheint es<br />
nicht zu geben. Auf der anderen<br />
Prof. Dr. Jürgen Oelkers<br />
Seite hat sich die herausgehobene<br />
Stellung der <strong>Schulleitung</strong> immer<br />
mehr durchgesetzt und man kann daher sicher von einem Mentalitätswandel<br />
sprechen.<br />
Christian Buske: Das diesjährige <strong>Schulleitung</strong>ssymposium steht<br />
unter dem Motto „Führung und Partizipation”. Wie kann man als<br />
<strong>Schulleitung</strong> die Sicherheit erlangen, immer wieder zwischen diesen<br />
beiden Aspekten ausgewogen handeln zu können?<br />
Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Schweizer Studien zeigen, dass Lavieren<br />
nicht belohnt wird. Die <strong>Schulleitung</strong> wird mit einem persönlichen<br />
Stil ausgeübt, der sich im Laufe des Prozesses bildet. Erfolgreiche<br />
Schulleiterinnen können beides, Führen und Partizipation anregen.<br />
Kein Kollegium lässt sich etwas vorschreiben, aber jedes Kollegium<br />
ist dankbar, wenn die <strong>Schulleitung</strong> gute Ideen annimmt, selber Ideen<br />
hat und vor allem sie umsetzen kann, egal woher sie kommen.<br />
Christian Buske: Was muss Schule leisten, damit junge Menschen<br />
noch mehr als bisher Verantwortung für globale Probleme übernehmen<br />
können?<br />
Prof. Dr. Jürgen Oelkers: Junge Menschen engagieren sich vielfältig,<br />
aber nicht für abstrakte Ideale oder nur soweit, wie sie sich konkretisieren<br />
lassen. Das Engagement muss Sinn und Spass machen, aber es<br />
muss auch abschliessbar sein und Zeit für anderes lassen. Oft schaffen<br />
die Schulen Zugänge zu den entsprechenden Projekten. Wenn die<br />
<strong>Schulleitung</strong>en wachsam sind, wird sich dieser Trend mit der Einführung<br />
von Ganztagsschulen verstärken. Gelegenheiten gibt es genug<br />
und an den Schülern wird es nicht scheitern.<br />
Text & Interview: Christian Buske • Foto: privat<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Thema ASD-Frühjahrstagung<br />
19<br />
Auf dem Prüfstand<br />
Diskussionen und Ergebnisse der ASD-Frühjahrstagung<br />
Wir schreiben das Jahr 2012, doch so futuristisch diese Zahl auch klingen mag, so grundsätzlich unverändert<br />
ist der Zustand der Bildung<strong>sl</strong>andschaft hierzulande. Immer noch besteht die Bildungsrepublik Deutschland<br />
aus sechzehn bunten föderalen Flicken, und jedes Bunde<strong>sl</strong>and darf sein eigenes Süppchen kochen, was Schule<br />
und das Drumherum betrifft. Wozu also ein länderübergreifender <strong>Schulleitung</strong>sverband wie der ASD? Macht<br />
übergeordnete Verbandsarbeit wirklich Sinn angesichts der Realitäten der hiesigen Bildung<strong>sl</strong>andschaft? Diese<br />
und weitere Fragen wurden auf der diesjährigen Frühjahrstagung des ASD aufgeworfen – und beantwortet.<br />
Organisiert vom Berliner Landesverband IBS begaben sich die<br />
Delegierten des Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverbands Deutschlands<br />
im April drei Tage lang in Klausur. Auf der Tagesordnung stand<br />
unter anderem das Thema „Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln”. Um<br />
eine Gesprächsbasis zu schaffen, referierten mit Maja Dammann und<br />
Siegfried Seeger zwei ausgewiesene Experten zum Forschungsstand<br />
auf diesem Gebiet.<br />
Konsequent wurden ihr Input und die Diskussionsergebnisse in<br />
Handlungsmaximen für die <strong>Schulleitung</strong>spraxis umgemünzt. So gehört<br />
nach Ansicht des ASD zur gesundheitlichen Vor- und Fürsorge<br />
neben einer umfangreichen <strong>Beruf</strong>squalifizierung auch die uneingeschränkte<br />
Dienstvorgesetztenfunktion, die Schulleitern überhaupt erst<br />
konkrete Handlungsspielräume eröffnet. Klar umrissen werden müssen<br />
zudem die Aufgaben- und Hoheitsbereiche von <strong>Schulleitung</strong>en auf<br />
der einen und Schulaufsicht auf der anderen Seite. Zu häufig ist das<br />
Verhältnis derzeit geprägt von Unsicherheiten.<br />
Auch die Politik muss ihre Planungen an den Gegebenheiten der<br />
schulischen Praxis orientieren und lernen, in pädagogischen Sieben-<br />
Jahres-Zyklen statt in vierjährigen Legi<strong>sl</strong>aturperioden zu denken.<br />
Um einerseits breit zu informieren und andererseits ein politisches<br />
Instrument zur Hand zu haben, wird der ASD diese Arbeitsergebnisse<br />
in angemessener Form publik machen. Das Besprochene wird redaktionell<br />
bearbeitet und in Kürze als Informationsbroschüre und Forderungskatalog<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Dem Föderalismus zum Trotz<br />
Es gehört zur Dialogkultur eines funktionierenden Verbandes, das<br />
eigene Handeln von Zeit zu Zeit zu hinterfragen, und spätestens seit<br />
Descartes dürfte klar sein, das so manches erst bezweifelt werden muss,<br />
bevor es bestätigt werden kann. So stand auf der Frühjahrstagung des<br />
ASD auch die Frage nach den eigenen Handlungsspielräumen auf der<br />
Tagesordnung.<br />
Tatsächlich, so das Ergebnis des offenen Austauschs, ist die Arbeit<br />
des Verbands mehr als berechtigt – sie ist dringend notwendig. Denn<br />
viele Probleme betreffen <strong>Schulleitung</strong>en in allen Bunde<strong>sl</strong>ändern gleichermaßen.<br />
Dazu gehört nicht nur das schwierige Thema <strong>Schulleitung</strong>sgesundheit;<br />
auch die allerorten zu gering bemessene Leitungszeit<br />
oder das Gebiet der Schulentwicklung mit seinen aktuellen Herausforderungen<br />
Inklusion und Ganztagsschule beschäftigen Schulleiterinnen<br />
und Schulleiter in ganz Deutschland. Die Lösungsansätze und Ideen zu<br />
diesen Themenkreisen sind naturgemäß von Land zu Land sehr verschieden<br />
– wie aber kann ein Austausch über Landesgrenzen hinweg<br />
sichergestellt werden, wenn nicht durch entsprechende Verbandsarbeit?<br />
Überhaupt gibt es Forderungen, die nicht auf Landes-, sondern auf<br />
Bundesebene debattiert werden müssen; dazu gehört beispielsweise die<br />
vom ASD seit langem geforderte Abschaffung des Bildungsföderalismus.<br />
Hierzu braucht es jedoch eine Interessenvertretung, die den einzelnen<br />
<strong>Schulleitung</strong>s-Landesverbänden eine gemeinsame Stimme verleiht.<br />
Erst im überregionalen Zusammenschluss können <strong>Schulleitung</strong>en als<br />
Interessengruppe wahr- und politisch ernst genommen werden. Denn<br />
immer noch gilt der Grundsatz: Gemeinsam ist man stärker!<br />
Autor: Michael Smosarski • Foto: Jan Bismark<br />
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Gemeinsam lässt sich<br />
mehr erreichen<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
» Schülerwettbewerb zur politischen Bildung<br />
www.schuelerwettbewerb.de<br />
» Bundeszentrale für politische Bildung<br />
www.bpb.de<br />
2012 >><br />
Themen sind unter anderem:<br />
» Denk mal – was soll das Denkmal?<br />
» Europa – Hoffnung für Flüchtlinge?<br />
» Fairer Handel – leckere Schokolade?<br />
» Trinken bis zum Umfallen?!<br />
» Gleichberechtigung – mehr als Quote?<br />
» Politik brandaktuell – das freie Thema<br />
Mitmachen können alle Klassen/Kurse<br />
der Stufen 5 bis 11 (in beruflichen Schulen<br />
auch Stufe 12). Ein Thema steht erstmals<br />
auch 4. Klassen offen.<br />
Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei<br />
Eigeninitiative entwickeln, die Lehrkräfte<br />
sich auf eine Hilfestellung beschränken.<br />
Über 400 Gewinne:<br />
z.B. zehn einwöchige Klassenfahrten<br />
u.a. nach Paris, Prag, Berlin und München<br />
– fünf Tage volles Programm inklusive<br />
Unterkunft und Verpflegung!<br />
Außerdem gibt es Geldprämien bis zu<br />
1.500 Euro, Sach- und Sonderpreise.<br />
Nachforschen!<br />
www.schuelerwettbewerb.de<br />
Mit reizvollen Themen, klar gegliederten<br />
Projekten und attraktiven Preisen hilft<br />
Ihnen der Schülerwettbewerb der<br />
Bundeszentrale für politische Bildung/<br />
bpb, Ihre Schülerinnen und Schüler zu<br />
motivieren.<br />
In Politik, Geschichte, Wirtschaft, Deutsch,<br />
Kunst, Religion, Philosophie, Ethik und<br />
anderen Fächern können Klassen, Kurse<br />
oder Arbeitsgemeinschaften ein Unterrichtsprojekt<br />
bearbeiten.<br />
Dabei geht es darum, zu recherchieren,<br />
zu argumentieren und (in einer<br />
be stim mten Form) zu präsentieren.<br />
Auch Gruppenarbeiten sind möglich.<br />
Alle Informationen ab Juli unter<br />
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Die Wettbewerbshefte sind kostenlos<br />
im Klassensatz zu bestellen unter<br />
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bestellung oder per Post:<br />
Schülerwettbewerb der bpb<br />
Postfach 2345, 53013 Bonn
:Thema Weiterbildungsstudiengang<br />
21<br />
„Inklusive Pädagogik”<br />
Starke Nachfrage für Weiterbildungsstudiengang<br />
An der Universität Hildesheim können sich Lehrkräfte umfassend für das „inklusive Unterrichten” fortbilden.<br />
Eine Bewerbung für den zweijährigen Weiterbildungsstudiengang „Inklusive Pädagogik und Kommunikation”<br />
ist ab sofort möglich. Das Studium beginnt im Oktober 2012.<br />
Menschen mit Behinderung haben auch in Deutschland einen<br />
Rechtsanspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen.<br />
Dies regelt eine entsprechende UN-Konvention. Im<br />
kommenden Jahr wird Niedersachsen deshalb verpflichtend mit der<br />
Inklusion in den allgemeinen Schulen starten.<br />
„Deutschland hat sich dazu verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem<br />
zu verwirklichen. Kinder und Eltern warten auf die Umsetzung.<br />
Damit die Potentiale aller Kinder frühzeitig erkannt und die Lernprozesse<br />
optimal gestaltet werden können, ist es unerläs<strong>sl</strong>ich, dass Lehrkräfte<br />
eine weitere Professionalisierung erfahren, die ihnen entsprechende<br />
Handlungs- und Kommunikationsinstrumente zur Verfügung<br />
stellen”, unterstreicht Dr. Margitta Rudolph, Leiterin des Weiterbildungszentrums<br />
der Universität Hildesheim.<br />
Das Weiterbildungszentrum der Universität Hildesheim gehört<br />
zu den wenigen Hochschulen im deutschsprachigen Raum, an denen<br />
Lehrkräfte, Schulleiter/innen und Erzieher/innen im Rahmen eines<br />
berufsbegleitenden Master-Studiengangs umfassend in Theorie und<br />
Praxis der Inklusiven Pädagogik aus- und fortgebildet werden. 24 Studierende<br />
aus Deutschland und der Schweiz werden seit Herbst 2011 in<br />
den Bereichen Umgang mit Heterogenität und Konflikten, Kommunikation<br />
oder Classroom-Management in heterogenen Gruppen über einen<br />
Zeitraum von zwei Jahren weitergebildet. „Das Bistum Hildesheim<br />
lässt gleich vier Lehrkräfte in dem Weiterbildungsstudiengang „Inklusive<br />
Pädagogik und Kommunikation” fortbilden. In der Studierendengruppe<br />
sind Pädagogen unterschiedlicher Schulformen und Arbeitsbereiche<br />
vertreten”, erläutert Britta Ostermann, die die operative Leitung<br />
des Studiengangs übernommen hat.<br />
Die Stiftung Universität Hildesheim hat den berufsbegleitenden<br />
Master-Studiengang „Inklusive Pädagogik und Kommunikation” in<br />
Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Zürich, Institut Unterstrass,<br />
konzipiert. Mit der Universität Bozen (Südtirol) und der PH<br />
Innsbruck (Österreich) wird eine Kooperation angestrebt. Der Weiterbildungsmaster<br />
ist länderübergreifend angelegt. Die Module sind auch<br />
einzeln als Zertifikatsabschluss studierbar.<br />
Ausführliche Informationen gibt es unter www.uni-hildesheim.de/<br />
inklusion.<br />
Text: Univeristät Hildeheim/ WiN<br />
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22<br />
:Thema ASD-Länderberichte<br />
Die Entstehung von (Schulleiter-)Glück<br />
„Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln” als Trendthema<br />
„Salutogenes <strong>Schulleitung</strong>shandeln” – das klingt wahlweise nach Beamtendeutsch oder akademischer Imponierrhetorik.<br />
Was auch immer man von dem Begriff halten mag, sein Inhalt ist über die Maßen wichtig und<br />
hat noch nicht seinen Weg ins Bewusstsein von <strong>Schulleitung</strong>en und anderen an Schule Beteiligten gefunden.<br />
Das zumindest zeigte jüngst die Auswertung der ASD-Länderberichte 2012.<br />
Baden-<br />
Würtemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thema im Landesverband?<br />
(Pilotprojekt Umfrage Prof. Huber zur Belastung<br />
von <strong>Schulleitung</strong>)<br />
2011: 1. Gesinsheitskongress des bsv – Großer<br />
Erfolg – Fortsetzung in 2013 geplant<br />
Herbsttagung 2012: Belastungsprofile von<br />
<strong>Schulleitung</strong>en<br />
Bisher nur Randthema i.V.m. <strong>Schulleitung</strong>sbelastung<br />
Zentrales Thema auf Klausurtagung 02/2012 –<br />
Teilnahme an der Huber-Studie<br />
Ja, Referat auf dem <strong>Schulleitung</strong>stag April 2012<br />
Ja, auf Herbsttagung 2011: Ref. Prof. Rolff / NRW beteiligt<br />
sich an der Umfrage zur Studie von Prof. Huber<br />
Nein<br />
Nein<br />
Erfolgreicher Kongress / Versuch, eine Untersuchung<br />
zu initiieren.<br />
Die ASD-Länderberichte zum Thema Salutogenes SL-Handeln<br />
Angebote in Landesinstituten?<br />
Angebote richten sich v.a. an Lehrer / Die Verantwortung für einen gesundheitsfördernde<br />
Arbeitsbedingungen obliegt dem SL –<br />
Land und Schulverwaltung beschränken sich auf Vorträge und<br />
Bereit-stellung von Kursangeboten; Schulträger ist ganz außen<br />
Nur an Uni Passau Fortbildungen zur Gesundheitsförderung für Lehrkräfte.<br />
Angebote gibt es sowohl für Lehrer als auch für <strong>Schulleitung</strong>en<br />
LI bietet für alle Gruppen Fortbildungen und Krisenintervention an.<br />
Psychosoziale Belastungsanalyse für Lehrkräfte<br />
AfL bietet entsprechende Fortbildungen an.<br />
Kaum Fortbildungen für Lehrer / speziell für <strong>Schulleitung</strong>en: gar keine<br />
Kein Landesinstitut vorhanden. Fortbildungsangebot zu diesem Thema<br />
dünn gesät.<br />
SL sind "Lehrer mit besonderen Aufgaben", deshalb keine SL- Themen in<br />
der Fortbildung. Allerdings: Projekt Lehrergesundheit vom Ministerium<br />
(seit 2001)<br />
Nur für Lehrer/innen<br />
Es gibt Angebote für Lehrer, aber nicht explizit für <strong>Schulleitung</strong>smitglieder.<br />
ist ein Thema (gewesen) ist kaum Thema (gewesen) kein Thema (gewesen)<br />
Bei der „Salutogenese” handelt es sich zwar um einen Begriff,<br />
der auf die Gesundheit von Körper und Geist abzielt, jedoch<br />
dezidiert nicht im Sinne einer Abwesenheit von Krankheit. Er steht<br />
in erster Linie für Gesunderhaltung oder vielmehr noch für Entstehung<br />
von Gesundheit. Dieser Paradigmenwechsel in der Forschung –<br />
fort von der Pathogenese, der Fixierung auf Krankheitsentstehung –<br />
beinhaltet eine Vielzahl neuer Denkweisen und Vital-Konzepte.<br />
Aaron Antonovsky beispielsweise schilderte die Bewältigung von<br />
Spannungszuständen mittels allgemeiner Widerstandsressourcen als<br />
Schlüssel zum Wohlbefinden.<br />
Diese Konzepte scheinen jedoch nur langsam den Weg in die Schulgebäude<br />
der Republik zu finden. So gaben viele ASD Landesverbände<br />
an, erst 2011 im Rahmen größerer Veranstaltungen das Thema behandelt<br />
zu haben, bei anderen steht es für das laufende Jahr auf der Agenda.<br />
Für die <strong>Schulleitung</strong>svereinigung NRW etwa stand die letzte<br />
Herbsttagung unter dem Titel „Neue Herausforderungen für <strong>Schulleitung</strong>en”,<br />
der Hauptvortrag von Prof. erem. H.G. Rolff enthielt aktuelle<br />
Forschungsergebnisse zum Zusammenwirken von <strong>Schulleitung</strong>,<br />
Schulentwicklung und „Schulgesundheit”. Auch die kommende<br />
Herbsttagung wird dieses Thema als Schwerpunkt haben.<br />
Das gleiche lässt sich von der VSL, der Vereinigung für Schulleiterinnen<br />
und Schulleiter in Baden-Württemberg, behaupten, deren<br />
kommender <strong>Schulleitung</strong>stag am 18. Oktober ebenfalls Salutogenese<br />
in den Fokus rückt. Auch der Berliner Verband IBS hat mit dem Tagungsthema<br />
„Belastungsprofile von <strong>Schulleitung</strong>en” das bi<strong>sl</strong>ang marginalisierte<br />
Thema aufgegriffen.<br />
Ein Trend also? Es steht zu hoffen. Der Wert eines bundesweiten<br />
Erfahrungs-Austauschs von <strong>Schulleitung</strong>en zeigt sich hier in jedem<br />
Fall, denn die thematische Synchronisierung ist unter anderem Folge<br />
der intensiven Zusammenarbeit aller beteiligten Landesverbände im<br />
Allgemeinen <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e.V.<br />
Autor: Michael Smosarski<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
23<br />
Alles Käse?<br />
Schule leiten in den Niederlanden - ein Rückblick mit drs. Rinnie van der Horst<br />
In diesem Gespräch zwischen Brüdern blickt Rinnie van der Horst zurück auf bildungspolitische Entwicklungen<br />
und ihre Auswirkungen auf Schulleiter in den Niederlanden seit den 70er Jahren. Rinnie van der<br />
Horst hat verschiedene Schulen geleitet, als Vorstandmitglied des Dachverbandes viele Verhandlungen mit<br />
dem Ministerium geführt, den internationalen Dachverband für Schulleiter mit gegründet und ist zurzeit Geschäftsführer<br />
der „de Meerwegen scholengroep” – einem breit gegliederten Schulenverbund mit 5500 Schülern.<br />
Welche bildungspolitischen Tendenzen führten zu welchen Schulentwicklungen? Was bedeutete das für die<br />
Rolle der <strong>Schulleitung</strong> und wie haben sie sich professionalisiert? Der Blick über den Tellerrand eröffnet auch<br />
für deutsche Schulleiter neue Perspektiven.<br />
Paul van de Horst: Rinnie, du bist jetzt schon über 60 und kannst<br />
auf eine Zeit als Lehrer und Schulleiter in den Niederlanden zurückschauen,<br />
in der viele Umbrüche und Bildungsexperimente stattgefunden<br />
haben. Eine Zeit reich an Erfahrungen also. Was waren deine<br />
wichtigsten Stationen bis jetzt?<br />
Rinnie van der Horst: Angefangen habe ich als Diplom-Ökonom 1973<br />
in einem Schulzentrum/Gymnasium als Lehrer für Ökonomie in Amstelveen.<br />
Nach 5 Jahren reizte mich auch das Führen einer Schule und<br />
ich bewarb ich mich für eine Konrektorstelle an einem Schulzentrum<br />
in Mijdrecht; 7 Jahre später trat ich als Rektor eines Gymnasiums in<br />
der Nähe von Haarlem an. Während dieser Zeit interessierte ich mich<br />
zunehmend auch die politische Dimension von Schulentwicklung<br />
und ich übernahm einen Posten beim Schulleiterdachverband AVS.<br />
Ab dem Zeitpunkt arbeitete ich 4 Tage in der Woche in der Schule und<br />
1 Tag für den Dachverband. Das AVS war damals eine Gewerkschaft<br />
für Schulleiter und ich war zuständig für die Verhandlungen mit dem<br />
Ministerium.<br />
Anfang der 90er Jahre wurde eine neue <strong>Schulleitung</strong>svertretung<br />
gegründet – das VVO – und damit mutierte die Organisation von einer<br />
gewerkschaftlich orientierten in eine Arbeitgeberorganisation. Ich<br />
wurde ihr Vorsitzender und habe dort viele Jahre als Geschäftsführer<br />
des Verbandsbüros in Utrecht gearbeitet. Dies führte nach vielen Jahren<br />
dazu, dass das Ministerium bereit war ein vom VVO organisiertes<br />
5-jähriges Qualifizierungsprojekt für <strong>Schulleitung</strong>en zu finanzieren:<br />
die Fortbildungsakademie ISIS. Ich bin während dieser autonomen<br />
Projektphase Geschäftsführer dieser Akademie gewesen.<br />
Danach hatte ich lang genug „über der Praxis geschwebt” und<br />
wollte wieder näher zur Basis. Als ich dann für eine <strong>Schulleitung</strong>sstelle<br />
angefragt wurde, habe ich die angenommen. <strong>Schulleitung</strong>sstelle<br />
stimmt nicht ganz. Ich führe nun seit über 5 Jahren zusammen mit<br />
einem Kollegen die Geschäfte des Schulenverbunds „de Meerwegen<br />
scholengroep” in Amersfoort. Der Verbund umfasst 5 Schulen vom<br />
Gymnasium bis zur Schule für „Drop-Outs”. Alle 5 Schulen haben eine<br />
eigene <strong>Schulleitung</strong>.<br />
P. v. d. Horst: Du warst in den letzten Jahren auch international viel<br />
unterwegs…<br />
R. v. d. Horst: Ja, das fing an mit der Schaffung der ESHA, einem internationalen<br />
Dachverband für Schulleiter und Schulleiterinnen. Der<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband in NRW war da auch Mitglied. Später haben wir<br />
dann die ICP, The International Conference of Principals, eine Organisation<br />
hauptsächlich für <strong>Schulleitung</strong>en aus dem Sekundarbereich,<br />
gegründet, in deren Vorstand ich 12 Jahre tätig war und deren Vorsitzender<br />
ich 4 Jahre lang war.<br />
P. v. d. Horst: Ich habe den Eindruck, dass die Stationen deiner Laufbahn<br />
im niederländischen Bildungssystem schon viel aussagen über<br />
das Bildungssystem und seine Entwicklung selbst. Lass uns doch noch<br />
mal genauer hinschauen. Wenn du die Zeit in verschiedenen Perioden<br />
einteilen müsstest, wie würdest du die Unterteilung dann vornehmen?<br />
R. v. d. Horst: Ich glaube, dass eine wichtige Zäsur Anfang der 90er<br />
Jahre lag. Ich habe schon erwähnt, dass die <strong>Schulleitung</strong>sbewegung<br />
sich dort anfing zu ändern von einem eher gewerkschaftlich orientierten<br />
Verbund hin zu eine eher arbeitgeberorientierten Organisation.<br />
Dies fiel zusammen mit der so genannten Lump-Sum-Regelung. Vor<br />
1994 hatten Schulen zwar viele Freiheiten, mussten ihre Kosten aber<br />
deklarieren beim Ministerium. Dies führte nach den experimentierfreudigen<br />
80er Jahren zu einem beachtlichen finanziellen Defizit beim<br />
Kultusministerium. Das Ministerium wollte von diesem Finanzierungssystem<br />
weg hin zu einem dezentralen schulgebundenem Finanzierungs-<br />
und Budgetierungssystem. Schulen mussten mit den ihnen<br />
zugeteilten Mitteln selbst wirtschaften. Dies bedeutete natürlich ein<br />
gewaltiges Umdenken und machte Schulen erheblich mehr zu selbständige<br />
Unternehmen, deren Resultate allerdings nach wie vor zentral<br />
geprüft und veröffentlicht wurden (Zentralprüfungen für die Schüler<br />
und die Inspektion für die Schulen).<br />
P. v. d. Horst: Wie würdest du die Periode vor 1994 beschreiben?<br />
R. v. d. Horst:Aus heutiger Sicht wurde in dieser Zeit noch relativ viel<br />
vom Kultusministerium geregelt und vorgeschrieben – auch wenn<br />
Schulen damals immerhin noch eigenständiger sein konnten als<br />
Schulen in Deutschland. Schulleiter standen damals noch viel mehr<br />
unter Aufsicht als jetzt. Zwar konnten wir damals wohl eigenständig<br />
Paul van der Horst (Jahrgang 1054) studierte Onderwijskunde und arbeitete 12 Jahre lang in den Niederlanden<br />
als Wissenschaftlicher Begleiter (Vrije Universiteit, Amsterdam) und als Systemcoach an einem<br />
der drei Landespädagogischen Begleitzentren (CPS). Seit 1992 in Deutschland tätig arbeitet er als freier<br />
Supervisor – vernetzt in der denkbar-gruppe oldenburg – u.a. mit Schulen und schulpsychologischen Beratungsstellen<br />
in Bremen, Niedersachsen und NRW zusammen. Darüber hinaus ist er als Supervisor/Coach und<br />
Trainer in anderen Bereichen aktiv. Er ist als Lehrsupervisor verbunden mit der DGSv (Deutsche Gesellschaft<br />
für Supervision) und der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
24<br />
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
Personal annehmen und entlassen, aber nach den Kriterien des KMs.<br />
Kostentechnisch kannten wir ein Deklarationssystem. Wir hatten das<br />
Geld also nicht selbst auf dem Konto, sondern die finanzielle Mittel<br />
lagen beim Kultusministerium unter Aufsicht. Dieses Deklarationssystem<br />
führte dazu, dass Schulen regelmäßig ihre Budgets überschritten<br />
und das Ministerium die finanziellen Löcher stopfen musste. Es wurde<br />
also jährlich teurer. Ein wichtiger und pragmatischer Grund um Schulen<br />
mit der Lump-Sum-Regelung selbst Budgetverantwortung zu übertragen.<br />
Fortan gab es feste Budgets und keine finanzielle Unterstützung<br />
bei Nichteinhalten der finanzielle Grenzen.<br />
In den 70er und 80er Jahren wurde an niederländische Schulen viel<br />
experimentiert mit neuen didaktischen Konzepten und Methoden. Das<br />
Leitbild der Schule wurde wichtig. Das Schülercoachingsystem wurde<br />
eingeführt und weiterentwickelt. Binnendifferenzierung wurde wichtig<br />
da Schüler an vielen Schulen bis zum 15. Lebensjahr in heterogenen<br />
Gruppen unterrichtet wurden. Neue Fächer wurden eingeführt und existierende<br />
Fächer wurden zusammengefügt zu Fachbereichen. Die Schule<br />
als Ganzes – als System – stand im Mittelpunkt der Veränderung. Das<br />
Kultusministerium führte viele Projekte ein, für die Schulen sich auf<br />
freiwilliger Basis anmelden konnten. Sie bekamen dazu neben Funktionsstellen<br />
und Fortbildung auch Systemcoaching, um die Anpassung<br />
an und den Transfer in die eigene Schule entsprechend zu gestalten.<br />
Für uns Schulleiter lag am Anfang der Fokus auf dem Inhaltlichen.<br />
Führung fand nebenbei in Gesamtkonferenzen und zwischen Tür und<br />
Angel statt. Bis wir dann konfrontiert wurden mit der Tatsache, dass<br />
viele Erneuerungen wenig durchdacht waren und nicht auf ihre benötigten<br />
Rahmenbedingungen abgeklopft. Viele Veränderungsprojekte<br />
drohten zu versanden. Es wurde langsam deutlich, dass Innovationen<br />
auch eine bestimmte Organisationsform in Schulen brauchten und dass<br />
Schulen dazu nicht ausreichend organisiert waren. Kernpunkt war die<br />
fehlende und unverbindliche Zusammenarbeit zwischen den KollegInnen.<br />
Unser Job wurde es, die Organisation der Schule so zu verändern,<br />
dass das Kollegium lernen musste, untereinander mehr zusammen<br />
zu arbeiten. Viele unserer Fortbildungen und Coachings zielten auf<br />
die Entwicklung und Umsetzung einer passende Organisationstruktur<br />
und -kultur. Mühsame Arbeit, die von den meisten von uns ein Umdenken<br />
und ein verändertes Rollenverständnis erforderten.<br />
Auf der anderen Seite wurde uns langsam deutlich, dass Schulentwicklung<br />
auch ein Politikum war, das der politischen Statusförderung<br />
mancher Parteien und Politiker dienen sollte. Bildungspolitik entfernte<br />
sich im Laufe der 80er Jahre von der Realität und vom Machbaren.<br />
Waren einerseits die Bedingen noch nicht ausreichend, waren auf der<br />
andere Seite die politischen Forderungen, Erwartungen und Anforderungen<br />
an Schulen überzogen. Wir drohten so zwischen politischem<br />
Innovationswust und Opportunismus zerrissen zu werden.<br />
P. v. d. Horst: Kannst du das letzte noch mal erläutern?<br />
R. v. d. Horst: Politische Willkür hat viele Veränderungen kaputt gemacht,<br />
indem Politiker wissenschaftliche Ideen annahmen, ohne sie<br />
wirklich zu verstehen oder verstehen zu wollen. Stattdessen installierten<br />
sie Arbeitsgruppen und sogenannte Task-Forces, in denen fast<br />
jeder mitdenken durfte – basisdemokratisch versteht sich. Nur die<br />
Schulen wurden dabei kaum einbezogen. Das meiste wurde über ihre<br />
Köpfe hinweg diskutiert. Das Ganze resultierte dann in dicken Gutachten<br />
mit vielen Anhängen. Es war modern, dass alle sich beteiligen<br />
konnten. Es machte aber die Entscheidungsfindung nicht gerade einfach.<br />
Viele gute Ideen sind so verkümmert. Auch ich habe mich in dieser<br />
Zeit als Schulleiter und Verbandsvorsitzender manchmal zu sehr<br />
verführen lassen das politische Spiel mitzuspielen. Rückblickend wäre<br />
mehr Nüchternheit und Zurückhaltung die bessere Strategie gewesen.<br />
P. v. d. Horst:Das hört sich sehr kritisch an . . .<br />
R. v. d. Horst: Ja, ich kann es jetzt auch mit mehr Abstand sehen. Und<br />
da muss man manchmal auch anerkennen, dass nicht alles so toll gelaufen<br />
ist, wie man damals gedacht hatte. Das liegt in der Natur der<br />
Dinge. Ich kann jetzt auch kritischer mit solchen Sachen umgehen<br />
und weiß, dass Entwicklungen am Reißbrett nur angerissen werden<br />
können. Schulentwicklung kann man nur prozessorientiert gestalten,<br />
wenn man bereit ist anzuerkennen, dass Entwicklung wie ein Projekt<br />
ist, das man immer wieder auswerten und korrigieren muss. Ich glaube<br />
aber auch, dass diese Zeit in gewisser Hinsicht notwendig war um<br />
uns mit der Materie vertraut zu machen. Wir wussten doch gar nicht<br />
wie das neue Unterrichten oder wie es später hieß – das neue Lernen<br />
aussehen könnte. Herumspinnen war notwendig um uns in die neuen<br />
Möglichkeiten und Notwendigkeiten herein zu denken. Das könnte<br />
aber vielleicht auch anders gehen - mit weniger Frust!<br />
Was auch positiv war ist die Einführung eines Schülercoachingsystems<br />
(Leerlingbegeleiding) neben dem Unterrichtssystem Anfang der<br />
70er Jahren. Damit bekam jeder Lehrer neben seiner Aufgabe, Fachinhalte<br />
zu vermitteln, auch die Verantwortung, Schüler zu begleiten in<br />
ihrer Persönlichkeits- und Lernentwicklung. Dieses System wurde<br />
auch im Stundenplan verankert. Weil Coachen und Unterrichten zwei<br />
vom Charakter her unterschiedliche Tätigkeiten sind und deswegen<br />
auch unterschiedlicher Kompetenzen bedürfen, werden Lehrer hier<br />
regelmäßig und systematisch fortgebildet und erhalten Supervision.<br />
Am Anfang lag dabei der Fokus auf dem Lernen und der <strong>Beruf</strong>swahl.<br />
Seit vor 15 Jahren durch Forschungsergebnisse deutlich wurde, dass<br />
Schüler im sozial-emotionalen Bereich Unterstützung brauchen und<br />
in Zukunft brauchen werden und klar wurde wie wichtig diese Unterstützung<br />
für die Effektivität von Lernprozessen ist, nehmen fördernde<br />
Aktivitäten in dem Bereich einen relativ großen Platz im Schüler- und<br />
Klassencoaching ein.<br />
P. v. d. Horst: Zusammenfassend könnte man sagen, dass die Zeit bis<br />
1994 gekennzeichnet war von vielen Experimenten, die aber oft keine<br />
realistische Richtung hatten und oft ohne klare Projektstruktur waren.<br />
Die Rolle der <strong>Schulleitung</strong> veränderte sich weg vom Verwalten<br />
hin zum Fördern und Fordern einer schulpädagogisch-inhaltlichen<br />
Gestaltung der Schullandschaft. Danach konzentrierte man sich darauf,<br />
die Schulorganisation so anzupassen, dass Raum und Struktur<br />
für nachhaltige Veränderungsprozessen entstand.<br />
R. v. d. Horst: Ja, das war Steuern auf hoher See. Nicht immer angenehm,<br />
weil man viel Frust abbekam. Wir hatten damals auch dringenden Bedarf<br />
an Fortbildung und Coaching. Wir haben uns dabei nicht am Ministerium<br />
orientiert, sondern die Fortbildung bei Externen gebucht.<br />
Rinnie van der Horst (Jahrgang 1950) studierte Diplom-Ökonomie und fing 1974 als Lehrer für Ökonomie<br />
an seiner ersten Schule an. Er ist mittlerweile über 30 Jahren als Schulleiter tätig und war in den Niederlanden<br />
lange Jahre aktiv im Vorstand des holländischen Dachverbandes. Er gründete mit KollegInnen den<br />
internationalen Dachverband ICP. Anknüpfend an seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Bildungsakademie<br />
für Schulleiter, arbeitet er seit einigen Jahren als Geschäftsführer des Schulen-Verbundes „de Meerwegen<br />
scholengroep” in Amersfoort.<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
25<br />
P. v. d. Horst: Aus welchem Grund?<br />
R. v. d. Horst: Wir konnten dort – unzensiert – mit externen und erfahrenen<br />
Trainern lernen, wie wir unsere Rolle verändern konnten. Dort<br />
haben wir uns eigentlich immer enger organisiert, weil deutlich wurde,<br />
dass wir alle im gleichen Boot sitzen und uns mit den gleichen Fragen<br />
herum schlagen. Wir konnten unsere Situation auch anders – freier,<br />
offener – analysieren, besprechen und untereinander eine gemeinsame<br />
Linie entwickeln. Das motivierte enorm und bewirkte, dass unser Engagement<br />
beim <strong>Schulleitung</strong>sdachverband wachsen konnte. Es wurde mit<br />
Inhalt und Leben gefüllt. Umgekehrt sah der Dachverband wie wichtig<br />
es ist die Mitglieder zu schulen und die Schulung in eigener Regie zu<br />
gestalten und ... da auch noch ein wenig Geld mit zu verdienen.<br />
P. v. d. Horst: So sind sie – die Holländer?<br />
R. v. d. Horst: Ja, da ist nichts verkehrt an. Es vergrößert die Möglichkeiten<br />
der Interessenvertretung und die Mitglieder bekommen da auch<br />
was für zurück.<br />
P. v. d. Horst: Wie würdest du die Zeit nach 1994 beschreiben?<br />
R. v. d. Horst: Das war die Zeit,<br />
als Schulen auch budgetär eigenverantwortlich<br />
wurden und damit<br />
eigenständig als Unternehmen geführt<br />
werden sollten. Die finanzielle<br />
Autonomie hat uns viele Kopfschmerzen<br />
bereitet. Wir waren<br />
doch gar nicht gewöhnt, eine Institution<br />
auch finanziell zu managen.<br />
Darüber hinaus gab es in der Zeit<br />
eine Welle von Fusionsprozessen<br />
zwischen Schulen. Schulen mussten<br />
wirtschaftlicher werden und<br />
Zusammenlegung oder Schulverbunde<br />
waren dafür wichtige Mittel.<br />
Das stärkte aus der Not geboren<br />
die Managementkompetenz in den<br />
<strong>Schulleitung</strong>en. Es kostete aber<br />
auch sehr viel Kraft. Weitere Professionalisierung<br />
der <strong>Schulleitung</strong><br />
war notwendig.<br />
Der Dachverband expandierte<br />
damals sehr und organisierte<br />
Dienstleistungen für Schulen und<br />
<strong>Schulleitung</strong>en in der Form von<br />
Fort- und Ausbildungen, Tagungen,<br />
Help-Desks, Projekten und verschiedene<br />
Beratungsformen. Das<br />
VVO entwickelte sich in diesen Jahren<br />
zur ernst zu nehmenden selbständigen<br />
Kraft in der bildungspolitischen<br />
Diskussion. Es machte sich<br />
zum Ziel, die Qualität von Schulen und Unterricht selbst in die Hand<br />
zu nehmen, sich nicht mehr als „nur” ausführendes Organ des KMs zu<br />
betrachten, sondern sich als gleichberechtigter Partner des Kultusministeriums<br />
zu verhalten. Bildungspolitik und Professionalisierung sollte<br />
mehr mit Schulen gestaltet werden und nicht für Schulen. Wir organisierten<br />
dazu die interne Expertise selbst und kauften bzw. vermittelten<br />
externe Expertise. Das VVO nennt sich zurzeit „VO-raad”.<br />
Da nun deutlich wurde, dass die Rolle des Schulleiters sich definitiv<br />
änderte, fanden diese Fort- und Weiterbildungen einen sehr großen<br />
Zulauf. Vor 1994 hatten viele Entwicklungen – und damit auch die<br />
Fortbildung – ein eher unverbindlichen Charakter. Die Fortbildungsinhalte<br />
bewegten sich hauptsächlich im Bereich Konzept- und Organisationsentwicklung,<br />
Veränderungsprozesse, Projektmanagement,<br />
Teambuilding, Personalmanagement, neue Rollenidentität.<br />
Das Kultusministerium beschäftigte sich derweil hauptsächlich<br />
direkt oder indirekt mit wirtschaftlichen Themen. Kosten mussten<br />
eingespart werden. Der Versuch, möglichst viel zu standardisieren um<br />
Resultate besser messen zu können, wurde gestartet. Keine wirkliche<br />
pädagogische, didaktische Entwicklung wurde angeschoben oder gefördert.<br />
Viele Veränderungen entpuppten sich in den letzten Jahren als<br />
politische, wirtschaftlich motivierte Veränderungen. Schulen sollen<br />
ihre Schüler länger am Tag beschulen um die Eltern zu entlasten. Aller-<br />
Rinnie und Paul van der Horst im Gespräch<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
26<br />
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
dings ohne dass die finanziellen Mittel oder Konzepte dafür bereitgestellt<br />
würden. Um den Druck von Außen einigermaßen standhalten zu<br />
können, organisierte der Dachverband Treffen, Arbeitsgruppen, Fortbildungen<br />
mit externen Trainern und baute ein System von Helpdesks<br />
und kollegialen Consultants auf um <strong>Schulleitung</strong>skollegen schnell<br />
und unbürokratisch helfen zu können. Das war allein schon deswegen<br />
notwendig, weil durch den ministeriellen und öffentlichen Druck von<br />
Außen Kollegen eine Extra-Orientierung von Innen brauchten. Diesen<br />
professionellen, gegenseitigen Austausch und die praktische Unterstützung<br />
organisierte der Dachverband. Das wiederum förderte das<br />
gemeinsame kollegiale Denken. Auch jetzt haben viele <strong>Schulleitung</strong>en<br />
es schwer die Kosten zu überblicken, um gut wirtschaften zu können.<br />
Schulleiter sind – auch mit einer guten Verwaltungsabteilung – nun<br />
mal keine Finanzexperten.<br />
Schulleiter sind also in den letzten Jahren oft hauptsächlich damit<br />
beschäftigt gewesen, die alltäglichen Kosten und die Kosten von Veränderungen<br />
durchzurechnen, um im Budget zu bleiben. Die Aufmerksamkeit<br />
richtet sich hauptsächlich auf das Technisch-Wirtschaftliche.<br />
Da der Dachverband mit anderen Themen beschäftigt war, hat<br />
mittlerweile der Markt die Organisation von Inhalten und Managementfortbildungen<br />
wieder übernommen. Das passt zurzeit sehr gut.<br />
Neben fachinhaltlichen Entwicklung sind Themen wie Veränderungsund<br />
Projektmanagement, Personalführung, Kommunikation und<br />
Gesprächsführung noch immer wichtige Themen. Es kommen immer<br />
wieder jüngere SchulleiterInnen nach und diese Themen kann man<br />
sich nun mal am besten berufsbegleitend sich zu eigen machen.<br />
Wollen wir zukunftsgerichtet bleiben, dann muss es so sein, dass<br />
wir entwicklungsorientierter mit Schülern arbeiten müssen. Die Schule<br />
soll sich also in ihrem Unterrichtsangebot und ihren Unterrichtsformen<br />
verstärkt flexibel den Schülern anpassen und nicht umgekehrt,<br />
so wie das jetzt noch zu sehr der Fall ist. Das braucht ein noch größeres<br />
Maß an kollegialer Kooperation verbunden mit einer weiteren Professionalisierung<br />
der Coachingskompetenz.<br />
Organisationsentwicklung und Teamentwicklung bleiben also<br />
Thema.<br />
P. v. d. Horst: Damit sind wir schon in der Zukunft angekommen. Etwas<br />
für die nächste Generation?<br />
R. v. d. Horst: Nein, das glaube ich nicht. Nicht nur für die nächste<br />
Generation. Ich glaube, dass auch wir Älteren unsere Erfahrung noch<br />
einbringen können. So glaube ich – und ein wachsender Teil meiner<br />
Kollegen –, dass wir von der Fragmentierung in unserem Schulsystem<br />
wegkommen müssen. Das passt so langsam nicht mehr in diese Zeit<br />
und ist – laut Kenn Robinson – ein Relikt der industriellen Revolution.<br />
Schüler befinden sich in einem fortdauernden Lernprozess und wir<br />
müssten sie mehr dabei coachen – über Fächer, Klassen aber auch über<br />
Schulen hinweg. Das bedeutet, dass wir uns auch für unsere Schüler interessieren<br />
sollten, nachdem sie unsere Schule durchlaufen haben. Der<br />
Aufbau von Kooperationsnetzen rund um die Schüler erfordert viel<br />
Flexibilität von Lehrern und Schulen. Schülercoaching wird hier noch<br />
weiter ausgebaut. Selbstorganisiertes, problemgesteuertes Lernen. Die<br />
Schullandschaft wird sich in Zukunft ändern und damit auch unsere<br />
Rollen als Lehrer und Schulleiter.<br />
P. v. d. Horst: Kannst du noch etwas dazu sagen, wie du die Veränderungen<br />
siehst?<br />
R. v. d. Horst: Ich habe da keine fest umrissene Vorstellungen, aber die<br />
Idee, dass wir mutiger sein sollten, radikale Veränderungen zu denken.<br />
Wir leben in einer digitalen Welt. In Schulen ist das irgendwie noch<br />
nicht wirklich angekommen. Statt anzudocken bei der digitalen Welt,<br />
wie Schüler sie nutzen, stellen wir digitale Wandtafeln hin, deren Sinn<br />
niemand so richtig klar ist.<br />
Wie gesagt: Die Gruppierung von Schüler muss viel flexibler werden.<br />
Eine Klasse wiederholen sollte vielleicht ersetzt werden durch ein<br />
„Wiederholen pro Fach”.<br />
Fragen der Binnendifferenzierung tauchen wieder auf und zwar in<br />
homogenen Klassen, die so individuell sind, dass eine Binnendifferenzierung<br />
zum Beispiel nach Lernstil notwendig wird.<br />
Die Halbwertzeit von Informationen und Lernstoff wird geringer<br />
und zugleich steigt die Erwartung, dass Schüler das Gelernte schneller<br />
in Praxissituationen umsetzen können. Lernstoff (und das Beherrschen<br />
desselbigen) wird dann nicht mehr ein Ziel an sich, sondern wird<br />
viel mehr zum Vehikel, das Lernen zu lernen, das Gelernte zu vernetzen<br />
– auch fachübergreifend – und das Gelernte umsetzen zu können.<br />
Einsicht zu bekommen wie der eigene primäre Lernstil ist und welche<br />
Stile hinzuzulernen sind und in welcher Reihenfolge.<br />
P. v. d. Horst: Und was bedeuten solche Entwicklungen für die <strong>Schulleitung</strong>?<br />
R. v. d. Horst: Für die <strong>Schulleitung</strong> bedeutet das erst mal offen zu sein<br />
für solche Entwicklungen und sich nicht dagegen zu sträuben, sondern<br />
Visionen in der Schule zu entwickeln, was auf die Schule zukommt und<br />
wie die Schule damit umgehen kann. Dafür ist die Kooperation mit<br />
dem Kollegium sehr wichtig. Gemeinsames Denken also. Schließlich<br />
muss die Lehrerschaft die Veränderungen durchführen. Aber die Entwicklung<br />
von Visionen macht auch unsicher. Die <strong>Schulleitung</strong> sollte sie<br />
deswegen fördern und fordern. Sie sollte aber auch immer wieder hinterfragen<br />
unter welchen Bedingungen die Visionen oder Teile davon<br />
verwirklicht werden können. Sie sollte sich auch mit der dafür notwendigen<br />
Schulentwicklung und Professionalisierung beschäftigen. Und<br />
sie sollte sowohl den finanziellen Rahmen im Auge behalten, als auch<br />
den Energiehaushalt im Kollegium.<br />
P. v. d. Horst: Das hört sich so an, als ob in der Zukunft eine Integration<br />
eben jener Fähigkeiten benötigt wird, die <strong>Schulleitung</strong>en in<br />
den von dir beschriebenen vergangenen Perioden entwickelt haben?<br />
R. v. d. Horst: Ja, das stimmt eigentlich ...<br />
P. v. d. Horst: Nicht einfach ...<br />
R. v. d. Horst: Aber eine Herausforderung!<br />
Interview: Paul van der Horst • Foto: Privat<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
27<br />
Teilautonome Schulen, Bildungsstandards<br />
und Qualität der Schulen<br />
Bestandsaufnahme und bildungspolitische Postulate<br />
Die TIMSS- und die PISA-Studien haben in den europäischen Ländern bei der ganzen Bevölkerung das Bewusstsein<br />
für die Output-Orientierung der Schule geschärft, d.h. Wissenschaft, Politik und Eltern interessieren<br />
sich immer mehr für die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler und damit für die Qualität der Schule.<br />
1. Neuere Entwicklungen im Bildungswesen<br />
In den letzten Jahren bestätigen im Hinblick auf die Verbesserung<br />
der Schulqualität laufend mehr Untersuchungen die Richtigkeit einer<br />
dezentralen Schulorganisation mit teilautonomen Schulen, d.h. man<br />
geht davon aus, dass dezentrale Schulsysteme, in denen den einzelnen<br />
Schulen mehr Freiräume gegeben werden, wirksamer sind als zentral<br />
geführte Schulsysteme. Solche teilautonomen Schulen (eigenständige<br />
Schulen, Schulen mit Gestaltungsfreiräumen, selbständige Schulen)<br />
müssen aber geleitete Schulen sein, also über einen Schulleiter oder eine<br />
Schulleiterin mit Leitungs- und Entscheidungskompetenzen verfügen.<br />
Freiräume für Schulen im Rahmen der Teilautonomie bedeuten jedoch<br />
nicht Zügellosigkeit, sondern die Schulen selbst und die Schulaufsicht<br />
müssen sich systematisch mit der Ermittlung und der Verbesserung<br />
ihrer Qualität sowie der Rechenschaftsablegung darüber befassen.<br />
Ein aussagekräftiges Qualitätsmanagement ist deshalb eine grundlegende<br />
Voraussetzung für die Outputorientierung und für eine wirksame<br />
teilautonome Schule. Seit einiger Zeit wird diese Entwicklung<br />
durch die Forderung nach Bildungsstandards ausgeweitet, indem verschiedene<br />
Staaten ein Lehrplankonzept aufbauen wollen, mit dem zu<br />
bestimmten Zeitpunkten im Verlauf der Schulzeit festgestellt werden<br />
soll, welche Lernleistungen die Schülerinnen und Schüler erbringen<br />
(über welche Kompetenzen sie verfügen).<br />
Diese drei neueren Elemente der Bildungspolitik erfordern ein<br />
wesentliches Umdenken der Schulbehörden und der Lehrpersonen,<br />
das nicht überall gelingen will. Trotz weitgehender Übereinstimmung<br />
vieler Wissenschafter bereitet es einerseits der Politik vielerorts Mühe,<br />
die rechtlichen Gegebenheiten und die administrativen Rahmenbedingungen<br />
an diese neuen Entwicklungen anzupassen, und andererseits<br />
sind viele Schuladministratoren und Lehrpersonen überfordert, weil<br />
die Reformen zu rasch vorangetrieben werden und die Vorbereitung<br />
auf das Neue oft vernachlässigt wird. Man übertreibt wohl nicht zu<br />
sehr, wenn man behauptet, das Schulsystem bestehe heute aus einer<br />
Vielzahl von „Baustellen”, die bald nicht mehr übersehbar und bildungspolitisch<br />
kaum mehr führbar sind. Dadurch entstehen Missverständnisse,<br />
Pannen und Ineffizienzen, die all jenen Auftrieb geben, die<br />
an ihren − oft dogmatischen − Auffassungen strikt festhalten wollen<br />
und sich gegen jede Veränderung und Neuerung in der Schule stellen.<br />
Angesichts der raschen Veränderungen in der gegenwärtigen Zeit<br />
braucht die Schule Reformen. Sie dürfen aber nicht unbedacht kurzfristigen<br />
gesellschaftlichen und pädagogischen Modeerscheinungen folgen,<br />
sondern sie sollten auf ein längerfristiges Gesamtkonzept ausgerichtet<br />
und bedacht durchgeführt werden, und den Lehrpersonen muss<br />
genügend Zeit eingeräumt werden, damit sie sich auf das Neue richtig<br />
vorbereiten können.<br />
Um die schädliche Unruhe an vielen Schulen, zu der vor allem<br />
unkoordinierte „Baustellen” beitragen, zu überwinden, sollten die Bildungsbehörden<br />
folgende Postulate beachten:<br />
1. In Umbruchzeiten, in denen neue pädagogische Paradigmen allgemeine<br />
Anerkennung finden (z.B. stärkere Outputorientierung der<br />
Schule), muss ein neues Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung<br />
der Schule entworfen und der Lehrerschaft erklärt werden. Um es<br />
an einem Beispiel zu zeigen: Viele Schulen haben inzwischen ein<br />
Qualitätsmanagement aufgebaut. Neu werden sie jetzt mit Bildungsstandards<br />
konfrontiert. Vielerorts meinen nun Lehrkräfte,<br />
das Qualitätsmanagement sei als Modeerscheinung bereits wieder<br />
überholt, und die Bildungsstandards seien eine neue Folgeerscheinung.<br />
Tatsächlich sind aber Bildungsstandards nur eine bestimmte<br />
Form von Qualitätsmanagement. Dieser Zusammenhang ist aber<br />
konzeptionell zu verdeutlichen.<br />
2. Viele Reformmaßnahmen werden nur für die Stufe Schule vorbereitet.<br />
Zu wenig oder überhaupt nicht überlegt wird aber meistens<br />
die Frage, ob auch rechtliche und/oder verwaltungstechnische Anpassungen,<br />
also neue Rahmenbedingungen notwendig sind, damit<br />
sich die Reformmaßnahme störungsfrei durchführen lässt. Um es<br />
wieder an einem Beispiel zu verdeutlichen. Vielerorts wurde die<br />
teilautonome Schule eingeführt. Man hat es aber unterlassen, genau<br />
zu definieren, wie weit die Autonomie zugestanden wird und<br />
eine entsprechende rechtliche Ordnung dafür zu schaffen (z.B.<br />
festzulegen, ob und wie weit bei der Finanzautonomie die einzelnen<br />
Schulen Kreditübertragungen und Kreditverschiebungen vornehmen<br />
dürfen).<br />
3. Häufig wird ein Reformvorhaben in Angriff genommen. Es wird<br />
aber nicht überlegt, wie es mit anderen Aspekten der Schule vernetzt<br />
ist, um die Rückkoppelungen auf das Bestehende oder andere<br />
Reformen in den Griff zu bekommen. Um nochmals ein Beispiel<br />
anzuführen: Wenn den einzelnen Schulen mehr Autonomie<br />
verliehen wird und sie ein eigenes Qualitätsmanagement aufbauen<br />
müssen, hat dies Rückwirkungen auf die Organisation und die<br />
Aufgaben der Schulaufsicht. Ihre Rolle und ihre Aufgaben sind an<br />
die veränderten Verhältnisse anzupassen. Wird dies nicht getan,<br />
so ergeben sich Abgrenzungsprobleme zwischen Schulaufsicht<br />
und <strong>Schulleitung</strong>en, die nicht selten zu Kompetenzkonflikten<br />
führen.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
28<br />
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
4. Wird einer Schule eine definierte Teilautonomie verliehen, verändern<br />
sich auch die Rolle und die Aufgaben der <strong>Schulleitung</strong>. Solange<br />
nicht klar festgelegt wird, dass die teilautonome Schule eine<br />
geleitete Schule ist und die Kompetenzen der <strong>Schulleitung</strong> nicht<br />
eindeutig bestimmt sind, ergeben sich nicht nur ständige Kompetenzkonflikte<br />
mit den Schulbehörden, sondern es entstehen auch<br />
Probleme in den Schulen selbst, weil Lehrpersonen, welche noch<br />
immer an die basisdemokratisch geführte Schule glauben, die<br />
Kompetenzen der <strong>Schulleitung</strong> bei jeder Gelegenheit in Frage stellen<br />
oder gar bestreiten.<br />
5. Schließlich darf die Komplexität dieser neuen Ansätze nicht übersehen<br />
werden. Sehr oft wird eine Neuerung bildungspolitisch und<br />
verwaltungstechnisch angeordnet und rasch eingeführt. Als Folge<br />
davon fühlen sich viele Lehrkräfte sowohl sachlich als auch vom<br />
Aufwand her überfordert. Innovationen lassen sich in Schulen<br />
nur wirksam umsetzen, wenn sie für die Lehrkräfte konzeptionell<br />
verständlich sind und ihr Nutzen für den Schulalltag<br />
einsichtig ist. Deshalb ist die Einführung<br />
des Neuen sorgfältig zu planen und durch gezielte<br />
Weiterbildung der Lehrerschaft sicherzustellen.<br />
Besonders innovationshemmend wirkt, wenn<br />
die Lehrerbildungsinstitutionen die angehenden<br />
Lehrkräfte nicht unmittelbar auf das Neue vorbereiten.<br />
Es ist zu befürchten, dass die Idee der teilautonomen<br />
Schule scheitert, dass Qualitätsmanagement<br />
zu einer formalisierten Pflichtübung degeneriert, und<br />
es bei den Bildungsstandards bei einer einmaligen<br />
Anstrengung bleibt, wenn für alle diese Neuerungen<br />
seitens der Bildungspolitik nicht klare Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden.<br />
Ziel dieses Beitrages ist es aufzuzeigen, welche<br />
politischen Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen,<br />
damit die teilautonomen Schulen, das Qualitätsmanagement<br />
an Schulen sowie die Bildungsstandards zu<br />
Konzepten werden, welche die Schule nachhaltig verbessern.<br />
2 Die teilautonome Schule<br />
2.1 HintergRünde<br />
Die Idee der teilautonomen Schule lässt sich aus der<br />
Verwaltungsbetriebswirtschaft<strong>sl</strong>ehre und der Pädagogik<br />
ableiten.<br />
Die traditionelle, kameralistisch orientierte Verwaltungsbetriebswirtschaft<strong>sl</strong>ehre<br />
wurde in verschiedenen<br />
Ländern zum New Public Management (NPM)<br />
weiterentwickelt, das sich wie folgt charakterisieren<br />
lässt: Anstelle der Orientierung der Staatstätigkeit am<br />
Budget wird eine Outputorientierung angestrebt, d.h.<br />
die Tätigkeit der Verwaltung wird aufgrund der Erreichung<br />
bestimmter Ziele beurteilt. Aufgrund der Zielvorgaben<br />
werden die Aufgaben und Kompetenzen<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
1<br />
Strategische Führung<br />
der Schule durch<br />
die Schulbehörde<br />
Zielvorgabe der<br />
Schulbehörde mittels<br />
Leistungsauftrag<br />
oder Leistungsvereinbarung<br />
(evtl.<br />
mit Indikatoren<br />
und Benchmarks)<br />
Globalbudget evtl.<br />
mit Indikatoren<br />
und Benchmarks<br />
Metaevaluation<br />
und extern konzipiertes<br />
Qualitätsmanagement<br />
6<br />
7<br />
nach unten an diejenige Stelle delegiert, welche eine Aufgabe noch<br />
ganzheitlich überblickt. Mit der Delegation wird auch die Verantwortung<br />
übertragen, wovon eine größere Identifikation mit der Aufgabe<br />
und ein stärkeres Bemühen um die Bedürfnisse der Bürgerschaft<br />
erwartet werden. Insgesamt soll mit dem NPM die Wirksamkeit der<br />
gesamten Staatsverwaltung und damit auch der Schule verbessert werden.<br />
In der gleichen Richtung entwickeln sich die Überlegungen zur<br />
Schule aus pädagogischer Sicht, indem einsichtig wurde, dass dezentral<br />
geführte Schulen wirksamer sind, d.h. die einzelnen Schulen entwickeln<br />
sich besser, wenn sie mehr Aufgaben und Kompetenzen delegiert<br />
erhalten (ihnen Autonomie gegeben wird, sie aber für ihre Leistungen<br />
auch verantwortlich werden).<br />
Allerdings liegt ein streng wissenschaftlicher empirischer Beweis,<br />
der die generelle Überlegenheit der teilautonomen Schule bestätigt,<br />
noch nicht vor. Aus vielen Untersuchungen, die sich mit Teilbereichen<br />
der Autonomie von Schulen befasst haben, darf aber tendenziell auf<br />
Merkmal<br />
Ausgestaltung der<br />
Teilautonomie<br />
Operative Führung<br />
der Schule durch<br />
die <strong>Schulleitung</strong><br />
Leitbild der Schule<br />
Schulentwicklung<br />
Budgetierungsprozess<br />
an der Schule<br />
Intern konzipiertes<br />
Qualitätsmanagement<br />
Leistungsbeurteilungssystem<br />
für Lehrkräfte<br />
Leistung<strong>sl</strong>öhne für Lehrkräfte<br />
oder<br />
zielorientierte Leistungsprämie<br />
für die ganze Schule<br />
Maßnahmen der Schulbehörden<br />
bzw. der einzelnen Schulen<br />
Schulbehörde:<br />
Definition der Autonomie<br />
Legi<strong>sl</strong>ative / Schulbehörde:<br />
Behördenorganisation<br />
Anpassung Rechtsvorschriften<br />
Schule:<br />
Aufbau einer geleiteten Schule<br />
Schulbehörde:<br />
Entscheid über die Ausgestaltung des<br />
Qualitätsmanagements und die Form<br />
des Controllings<br />
Schulbehörde:<br />
Entscheid über die Ausgestaltung<br />
des Systems<br />
Schulbehörde:<br />
Entscheid über die Ausgestaltung<br />
des Systems<br />
Abb 1<br />
Rolf Dubs: Die teilautonome Schule<br />
In der Bildungspolitik wird überall von der Notwendigkeit einer größeren Autonomie der Schulen gesprochen.<br />
Empirisch ist belegt, dass dezentrale Schulsysteme mit autonomen Schulen wirksamer und den künftigen<br />
Herausforderungen besser gewachsen sind. Leider bereitet aber die Einführung von teilautonomen<br />
(eigenverantwortlichen, selbständigen) Schulen immer noch Probleme. Und oft wird sogar gesagt, mit der<br />
teilautonomen Schule werde die Gestaltung von Schulen noch schwieriger und bürokratischer. Rolf Dubs<br />
zeigt in diesem Band, wie solchen Einwänden abgeholfen werden kann: Durch eine klare Definition, was<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
29<br />
die höhere Wirksamkeit geschlossen werden. Zwar werden in letzter<br />
Zeit Stimmen laut, die über schlechte Erfahrungen an einzelnen teilautonomen<br />
Schulen berichten. Verantwortlich dafür ist aber meistens<br />
nicht das Konzept der Teilautonomie, sondern die Schwierigkeiten<br />
sind auf unklare Rahmenbedingungen zurückzuführen. Deshalb kann<br />
nicht genug betont werden: Wenn die teilautonome Schule zu qualitativ<br />
besseren Schulen führen soll, so ist für ein eindeutiges Konzept zu<br />
sorgen, das von den Lehrkräften verstanden wird, und für welches die<br />
Bildungspolitik klare rechtliche und verwaltungstechnische Voraussetzungen<br />
schafft.<br />
2.2 Ein Gesamtkonzept der teilautonomen Schule<br />
Abbildung 1 zeigt ein mögliches Gesamtkonzept der teilautonomen<br />
Schule, das als Grundlage für die zu schaffende Rahmenordnung dienen<br />
kann.<br />
Es spricht alle Bereiche an, die zu betrachten sind, damit die oben<br />
angeführte Vernetzung erfolgt und die Probleme mit den vielen unkoordinierten<br />
„Baustellen” gelöst werden können. Selbstverständlich<br />
wären sowohl die Politik als auch die einzelnen Schulen überfordert,<br />
wenn alle Elemente dieses Konzeptes in einem Schritt eingeführt werden<br />
möchten. Nach aller Erfahrung muss schrittweise, aber immer mit<br />
Blick auf das Ganze vorgegangen werden. Nur auf diese Weise lassen<br />
sich Unstimmigkeiten vermeiden, die immer dann auftreten, wenn ein<br />
Element des Konzeptes isoliert eingeführt wird.<br />
2.3 Die Definition der Teilautonomie<br />
Gäbe man den einzelnen Schulen eine umfassende Autonomie (siehe<br />
Abbildung 2), so käme dies einer Privatisierung der Schule gleich, was<br />
nach europäischen politischen Vorstellungen nicht erwünscht ist.<br />
Umfassende Autonomie<br />
Finanzautonomie Organisationsautonomie Lehrplanautonomie<br />
Personalautonomie<br />
Investitions- und<br />
Betriebskostenautonomie<br />
Gesamtkonzept der teilautonomen Schule auf der Grundlage des NPM<br />
Deshalb ist aufgrund politischer Zielvorstellungen und im Rahmen<br />
kultureller Gegebenheiten in einem Schulsystem zu entscheiden, welche<br />
Bereiche der Schule als Autonomieraum zugestanden werden sollen.<br />
Denkbar und zum Teil auch umgesetzt sind sehr unterschiedliche<br />
Lösungen. Eine für europäische Verhältnisse passende Lösung könnte<br />
folgendermaßen aussehen:<br />
1. Finanzautonomie:<br />
• Personalautonomie: Der Staat legt die Löhne, die Sozialleistungen<br />
und die Anstellungsbedingungen fest. Jede Schule entwickelt<br />
einen Personalplan, der die Personalkosten für das Globalbudget<br />
bestimmt, und der von der zuständigen Schulbehörde zu genehmigen<br />
ist. Jede Schule wählt ihre Lehrkräfte im Rahmen des<br />
Personalplans selbst aus und beantragt die Wahl der zuständigen<br />
Behörde. Diese kann den Wahlvorschlag nur annehmen oder das<br />
Wahlgeschäft zur Neubearbeitung zurückweisen.<br />
• Investitionsautonomie: Bis zu einem zu bestimmenden Betrag<br />
entscheiden die einzelnen Schulen im Rahmen des Globalbudgets<br />
selbst über die Investitionen.<br />
• Betriebskostenautonomie: Die Betriebskosten werden im Rahmen<br />
des Globalbudgets durch die Schule selbst budgetiert, wobei<br />
bei der Festsetzung der Budgetsumme für die einzelne Schule Besonderheiten<br />
(z.B. hohe Unterhaltskosten für ein altes Schulhaus)<br />
Rechnung zu tragen ist.<br />
2. Organisationsautonomie: Die einzelne Schule ist in ihrer Organisation<br />
im Rahmen des Globalbudgets frei.<br />
3. Lehrplanautonomie: Jede Schule hat bestimmte Freiheiten in der<br />
Gestaltung ihrer Lehrpläne, wobei verschiedene Lösungen denkbar<br />
sind:<br />
• Der Staat gibt einen Rahmenlehrplan vor, der von den einzelnen<br />
Schulen im Schullehrplan präzisiert wird.<br />
• Der Staat gibt den Schulen einen verbindlichen Minimallehrplan<br />
vor, um den Anschluss an weiterführende Schulen und die Mobilität<br />
sicherzustellen. Daneben erhalten die Schulen Freiräume, in<br />
denen sie ihre eigenen Lehrplanakzente setzen können, um ihrer<br />
Schule ein Profil zu verleihen. Schulen mit einem eigenen Profil<br />
und einer eigenen Kultur sind qualitativ bessere Schulen als zentral<br />
geleitete Einheitsschulen.<br />
Soll die teilautonome Schule vor allem für <strong>Schulleitung</strong>en nicht zu dauerhaften<br />
Konflikten führen, müssen politisch die folgenden Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden:<br />
• Im Rahmen des Finanz- oder Finanzhaushaltsrechtes sind die Voraussetzungen<br />
für das Globalbudget zu schaffen: Budgetierungsprinzipien,<br />
Möglichkeiten und Grenzen von Kreditübertragungund<br />
Kreditverschiebungen, Kontrolle der Rechnung<strong>sl</strong>egung.<br />
• Die Beamtengesetzgebung ist anzupassen, damit die Schulen ihre<br />
Lehrkräfte auswählen und beantragen dürfen.<br />
• Die Gestaltungsform der Lehrpläne ist anzupassen. Diese Frage<br />
wird im Zusammenhang mit den Bildungsstandards besonders<br />
bedeutsam: Welche Folgen haben die Bildungsstandards für die<br />
Darstellung und die Verbindlichkeit von Lehrplänen?<br />
Solange diese Fragen nicht geklärt und die notwendigen Anpassungen<br />
in der Gesetzgebung nicht vorgenommen sind, lässt sich die Idee der<br />
teilautonomen Schulen nicht wirksam umsetzen. <strong>Schulleitung</strong>en werden<br />
stets im Unklaren bleiben, wieviel Autonomie sie besitzen, und<br />
was das Konzept der Autonomie zur Verbesserung der Schule überhaupt<br />
bringt.<br />
Autor • Grafiken: Rolf Dubs<br />
unter teilautonomen Schulen zu verstehen sei, durch die Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses<br />
über Ziele und Wege auf Seiten aller beteiligten Akteure, durch eine angemessene Anpassung des Rechtsrahmens<br />
und durch einen systematischen Wandel des administrativen Verwaltungsbereichs.<br />
Rolf Dubs: Die teilautonome Schule. Ein Beitrag zu ihrer Ausgestaltung aus politischer, rechtlicher und<br />
schulischer Sicht. Erschienen bei edition sigma, ISBN 978-3-8360-7239-7, 1. Auflage 2011.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
30<br />
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
Kooperationen mit Partnern der Region<br />
Erfahrungen aus dem dreijährigen Projekt „Horizonte erweitern – Werkstatt für Demokratie und<br />
Menschenrechte”<br />
Warum kooperieren <strong>Schulleitung</strong>en mit externen Partnern? Wie sollte die Zusammenarbeit mit Verbänden oder<br />
Bildungsprojekten gestaltet sein, damit sie erfolgreich ist? Worauf sollte geachtet werden, wenn Unterstützung<br />
von außen für schulinterne Aufgaben angefordert wird? In diesem Praxisbericht möchte ich Ihnen meine Erfahrungen<br />
zu diesen Fragestellungen schildern. Denn die Selbständige Schule beginnt dort, wo wir <strong>Schulleitung</strong>en,<br />
Lehrerinnen und Lehrer die bestehenden Möglichkeiten zum Handeln kreativ und eigenverantwortlich nutzen.<br />
Entstehung der Gnewikower Station des Menschenrechts-Pfads<br />
am Oberstufenzentrum OPR<br />
Mir ist es stets ein Anliegen, mit dem berufsbildenden Oberstufenzentrum,<br />
das ich seit acht Jahren leite, guten Unterricht<br />
anzubieten und Verantwortung für unsere Region zu übernehmen.<br />
Dabei bin ich immer auf der Suche nach Projekten, die uns mit aktuellen<br />
gesellschaftlich-politischen Fragen konfrontieren und die meine<br />
Handlungsmöglichkeiten als Schulleiterin erweitern. Deshalb initiierte<br />
ich ein Projekt an unserer Schule, das Fragen der politischen Bildung<br />
und des sozialen Lernens für die hier Lernenden und auch für die<br />
hier arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer tiefgreifend bearbeitet und<br />
das Ressourcen zur Verfügung stellt, mit denen Unterrichtsstrategien<br />
weiterentwickelt werden können. Gemeinsam mit zwei etablierten Akteuren<br />
unserer Region haben wir von 2009 bis zum Januar 2012 unter<br />
dem Projekttitel „Horizonte erweitern” an unserer Schule erfolgreich<br />
eine durch das Bundesprogramm Xenos geförderte „Werkstatt für Demokratie<br />
und Menschenrechte” aufgebaut. Die Werkstatt hat mit den<br />
Lernenden und Lehrenden unseres OSZ unzählige und vielfältige, inner-<br />
und außerunterrichtliche Projekte zu Fragen der Menschenrechte<br />
und unserer Demokratie durchgeführt.<br />
Mit beiden kooperierenden Organisationen gab es von Anfang an<br />
inhaltliche Schnittmengen und zueinander passende Werthaltungen:<br />
Im Verein ESTAruppin bündelt der evangelischen Kirchenkreis Wittstock-Ruppin<br />
seine gemeindediakonische Arbeit. Der Verein stellt<br />
schwerpunktmäßig offene Freizeit- und Bildungsangebote für Kinder<br />
und Jungendliche bereit und hat in unserem Projekt die Gesamtprojektleitung<br />
übernommen. Zweite Kooperationspartnerin ist die DGB-<br />
Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin. An diesem Haus der Jugend<br />
des Deutschen Gewerkschaftsbundes wird politische und kulturelle<br />
Jugendbildung angeboten, in der die Themen Ausbildung und Arbeitswelt,<br />
Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit eine große Rolle<br />
spielen. Die Bildungsstätte bringt in das Projekt besondere räumliche<br />
Möglichkeiten, attraktive inhaltliche Schwerpunkte und erprobte Seminarkonzepte<br />
ein.<br />
Beide Partner haben in das Projekt Know-How, Infrastruktur,<br />
Netzwerke und Mitarbeiter/innen mit Professionen eingebracht, die<br />
Schulen außerhalb solcher Vorhaben selten zur Verfügung stehen. Wir<br />
haben von Anfang an sehr motiviert und respektvoll miteinander gearbeitet.<br />
Die Anerkennung der unterschiedlichen Ausrichtungen und<br />
Stärken ist die Voraussetzung dafür, beiden Akteure intensiv Einblick<br />
in unsere Schule zu gewähren und Herausforderungen schnell und verläs<strong>sl</strong>ich<br />
zu bearbeiten.<br />
Begonnen haben wir das Projekt auf der Leitungsebene: Wir vereinbarten<br />
die Ziele des Projektes und entwickelten zu dritt das Gesamtkonzept<br />
bzw. den Projektantrag für die Förderung. Im Nachhinein kann<br />
man klar sagen: Die unterschiedlichen Ausrichtungen jeder Institution<br />
haben uns geholfen, zu jeder Zeit Gewissheit darüber zu haben, wer mit<br />
welcher Aufgabe und Rolle im Projekt betraut ist. Diese Rollenklarheit<br />
und die Verbindlichkeit unserer Zielsetzungen haben die Durchführung<br />
des Projektes strukturiert und maßgeblich erleichtert.<br />
Grundsätzlich stellt sich bei jedem Projekt die Frage, ob Aufwand<br />
und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Bei Projekten investieren<br />
Schulen ihre zumeist knappste Ressource: Zeit. Hierfür muss<br />
die Leitung ihre Ressourcen frei machen, um aktiv „Starthilfe” zu leisten<br />
und das Kollegium zu Beginn, aber auch fortlaufend motivieren.<br />
Wir haben das Vorhaben deshalb von Anfang an mit den Entwicklungsvorhaben<br />
der Schule verknüpft – wie sie aus dem Schulprogramm<br />
und aus der Schulvisitation resultierten. Gleichzeitig hatten die Mitarbeiter/innen<br />
unserer Schule zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich inhaltlich<br />
einzubringen sowie eigene Ideen zu entwickeln und mit Hilfe<br />
der Projektressourcen zu realisieren. Ein wichtiges Grundprinzip der<br />
Arbeit im Projekt war Freiwilligkeit. Wer sich weiterentwickeln und<br />
Neues ausprobieren wollte, wurde optimal unterstützt. Gerade mehrjährige<br />
Förderprojekte sind deshalb ausgesprochen gut geeignet, Schulentwicklungsprozessen<br />
Auftrieb zu geben und sie von außen zu unterstützen.<br />
Investiert man Zeit in ein Vorhaben, dass – wie bei diesem<br />
Projekt – die Schule auf ihrem Weg der Qualitätsentwicklung voranbringt,<br />
ist diese Zeit sehr wertvoll angelegt und man hätte sie sowieso<br />
früher oder später aufwenden müssen.<br />
Uta Jolk ist seit 2004 Schulleiterin des Oberstufenzentrums Ostprignitz Ruppin. Sie war zuvor als<br />
Referentin im Brandenburger Bildungsministerium und als Schulrätin im Land Brandenburg tätig.<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Titelthema Wie weit ist die Selbstständige Schule?<br />
31<br />
Herausfordernd ist, die unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />
miteinander zu vereinbaren: Die neu eingestellten Projektmitarbeiterinnen<br />
und -mitarbeiter sind voll kreativer Ideen, die sie realisieren<br />
möchten. Sie haben die begrenzte Projektlaufzeit vor Augen und den<br />
Ergebnisdruck der aus den Vorgaben des Projektantrages resultiert.<br />
Das Kollegium sieht hingegen vor allem den vermeintlich zusätzlichen<br />
Aufwand, den ein Projekt mit sich bringt. Hier ist <strong>Schulleitung</strong> gefragt.<br />
Unsere Aufgabe ist, auf beiden Seiten für Verständnis zu werben und<br />
beiden Gruppen immer wieder die Möglichkeit zu geben, miteinander<br />
in Kontakt zu kommen. Es braucht einfach Zeit, bis beide Gruppen<br />
voneinander verstanden haben, wer welche Interessen hat und Ziele<br />
verfolgt und bis man sich auf gemeinsame Ziele – auch auf der Ebene<br />
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – verständigt hat.<br />
Uns war ein Anliegen, nachhaltig auf der Ebene der Personal- und<br />
Unterrichtsentwicklung Veränderung zu erreichen. Zwei Faktoren<br />
haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass dies im Rahmen des<br />
Projektes tatsächlich geschehen ist: Im Zeitrahmen von drei Jahren<br />
konnten auch Kolleginnen und Kollegen erreicht werden, die den Entwicklungs-<br />
und Projektvorhaben zunächst skeptisch gegenüber standen<br />
und das Projekt hat hier am OSZ seinen eigenen Arbeitsraum zur<br />
Verfügung gestellt bekommen, womit sich alle Beteiligten auch informell<br />
austauschen und zufällig begegnen konnten. Nur mit Hilfe der<br />
zur Verfügung gestellten Zeit und des Ortes konnten vertrauensvolle<br />
Beziehungen zwischen den Externen und den Lehrenden entstehen,<br />
die Basis für manch Unerwartetes war.<br />
Wenn ich als Schulleiterin nach mehr Möglichkeiten zum selbständigen<br />
Handeln suche, habe ich vor allem vor Augen, dass es an frei<br />
verfügbaren Honorarmitteln mangelt, mit denen ich Menschen beauftragen<br />
und an der Schule Entwickeltes vermarkten kann. Holt man Honorarkräfte<br />
mit anderen beruflichen Hintergründen und Erfahrungen<br />
in die Schule, fließen mehr Perspektiven bei der kreativen Bewältigung<br />
unserer täglichen Herausforderungen ein. Externe geben uns neue Impulse<br />
und vielleicht sogar unerwartete Rückmeldungen. Auch meine<br />
Sichtweisen wurden durch die Vernetzung aufgebrochen und erweitert.<br />
In der Arbeit mit den Jugendlichen bieten Honorarkräfte etwas<br />
besonderes, denn die Schüler/innen befinden sich nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis<br />
zu ihnen. Die Lernenden können somit den<br />
Ein beeindruckendes Ergebnis des Fotoworkshops<br />
im Rahmen des Projekts „Horizonte erweitern”<br />
angebotenen Themen anders begegnen und sie erhalten andere Lernmöglichkeiten.<br />
Es sind zusätzliche Erfahrungsräume und <strong>Beruf</strong>sbilder,<br />
die wir den Jugendlichen auf Ihrem Weg bereitstellen. Das können die<br />
innerschulischen Rahmenbedingungen gar nicht bieten.<br />
Die Mitarbeiter/innen der Werkstatt haben in den drei Jahren immer<br />
wieder von außen Themen und Entwicklungen angestoßen. Wir haben<br />
diese stets durch innerschulische Maßnahmen flankiert. Es wurden<br />
Mitarbeitergespräche geführt, personelle Veränderungen vorgenommen<br />
– auch auf Leitungsebene oder konkrete Entwicklungsziele mit Einzelnen<br />
vereinbart. Ich blieb dabei stets klar in meiner Rolle als Leitung.<br />
Für die Abschlussphase des Projektes war uns wichtig, nicht nur im<br />
Kooperationsverbund das Erlebte und Erreichte zu reflektieren – wie<br />
wir es projektbegleitend stets getan haben, sondern auch hier wieder<br />
die Kolleg/innen aus den Abteilungen einzubinden. Nur so kann das<br />
Erreichte auch langfristig in unserer Institution implementiert werden.<br />
Mit diesem Kooperationsprojekt konnten wir viel erreichen: Gemeinsam<br />
mit Schüler/innen und Lehrer/innen unseres OSZ, eines<br />
Gymnasiums und einer Grundschule der Region entstanden auf einer<br />
Strecke von 44 Kilometern sieben Stationen eines Menschenrechtspfades.<br />
An jeder Station sind Kunstwerke von Schülerinnen und Schülern<br />
ausgestellt, die sich mit Fragen eines würdevollen Miteinanders<br />
befassen. Namhafte Künstlerinnen und Künstler konnten als Unterstützung<br />
gewonnen werden. Für all jene, die sich beim Fahrrad-Ausflug<br />
am Wochenende oder mit ihren Schulklassen mit den Kunstwerken<br />
auseinandersetzen möchten, stehen informative und auch didaktische<br />
Begleitmaterialien zur Verfügung<br />
Die Werkstatt hat außerdem in jedem Projektjahr ein abteilungsund<br />
klassenübergreifendes „Horizonte-Fest” mit jeweils über 40<br />
Workshops durchgeführt. Es fanden zahlreiche Seminare und produktorientierte<br />
Projekte an der DGB-Jugendbildungsstätte mit unseren<br />
Schülergruppen statt, wobei die Themen von Demokratie in der Schule<br />
bis hin zur Auseinandersetzung mit Sucht und Drogen reichten. Filmprojekte,<br />
Lyrik-Workshops, Exkursionen, Beteiligung an kulturellen<br />
Veranstaltungen der Region und der Aufbau eines Schulradios waren<br />
weitere Highlights, die unseren Schüler/innen Lernen in anderen Arbeitsformen<br />
und mit externen Personen ermöglichten.<br />
Auch für das Kollegium wurden Exkursionen und Lesungen durchgeführt.<br />
Beispielsweise haben wir uns selbst – ohne die Lernenden – sehr<br />
intensiv mit Jugendwerkhöfen in der DDR und den damit verbundenen<br />
pädagogischen und politischen Fragestellungen befasst. Mit der personellen<br />
und finanziellen Unterstützung des Projektes konnten wir eigene<br />
Fortbildungs- oder Projektideen unkompliziert realisieren. Das Erleben<br />
dieser Autonomie war für viele eine gewinnbringende Erfahrung.<br />
Sowohl Lernende als auch Lehrende haben sich in der Projektlaufzeit<br />
mit zahlreichen Menschenrechtsthemen befasst und sich zu Fragen<br />
der Demokratie auseinandergesetzt, weitergebildet und konstruktiv<br />
gestritten. Die Schülervertretung ist aktiver und selbstbewusster geworden,<br />
der Fachbereich politische Bildung hat Impulse zur Qualitätssteigerung<br />
konstruktiv aufgenommen und sich weiter entwickelt. An<br />
der Schule ist der demokratische, respektvolle Umgang miteinander<br />
spürbar gestärkt worden. Und wir sind alle um eine gewinnbringende<br />
Kooperationserfahrung reicher.<br />
Autorinnen: Uta Jolk, Katja Haufe-Höfling<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
32<br />
:Thema Schul-Intranet<br />
Das digitale Schwarze Brett zum Nulltarif<br />
Ein praxistaugliches Schulintranet erobert Deutschlands Lehrerzimmer<br />
Einfach soll es sein, sofort einsetzbar und vor allem kostenfrei: Mit der neuen Schulintranetlösung haben<br />
Schulleiter und Schulleiterinnen die Möglichkeit, die Kommunikation rund um das eigene Lehrerzimmer zu<br />
professionalisieren. Funktioniert das tatsächlich ohne technische Vorkenntnisse?<br />
Was der Karlsruher Anbieter CAS Education dieses Jahr zur<br />
didacta in Hannover vorstellte, ist neu: Denn erstmals gibt<br />
es ein Intranet für Schulen, das kostenfrei über das Internet läuft und<br />
nicht installiert werden muss. Die webbasierte Lösung schafft so Platz<br />
für die zentrale Dokumentenablage, die aktuellen Schultermine und<br />
erlaubt die schnelle Kommunikation zwischen <strong>Schulleitung</strong> und Kollegen<br />
via Kurznachrichten.<br />
Sofort einsetzbar – ohne Informatikstudium<br />
Dass sich diese Eigenschaften mit der webbasierten Lösung umsetzen<br />
lassen – ohne Informatikstudium und genau so einfach wie das Schreiben<br />
einer E-Mail –, macht sie längst zum Geheimtipp: Über 150 Schulen<br />
haben sich bisher auf www.cas-schulintranet.de registriert und pflegen<br />
seither die neue Art der Kommunikation und Dokumentation. Dazu<br />
gehört auch die Schule am Hochkamp aus Bad Schwartau. Schulleiter<br />
Sven Wiezorek war schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem<br />
geeigneten Organisationswerkzeug, um die Kommunikation zwischen<br />
den 38 Lehrkräften am eigenen Förderzentrum zu optimieren.<br />
Zwischen Tür und Angel ist passé<br />
„Bisher arbeiteten wir mit E-Mail und analogen Mitteln, kurze Abstimmungen<br />
liefen meist zwischen Tür und Angel”, berichtet Schulleiter<br />
Wiezorek aus der Vergangenheit. „Für einen Teil unseres Kollegiums,<br />
der auswärtig eingesetzt wird, war es daher schwer, Gespräche<br />
in Ruhe mit mir abzustimmen: Als ich im Internet auf CAS Schulintranet<br />
stieß, war mir sofort klar, dass dies eine kolossale Bereicherung<br />
unserer internen Schulorganisation bedeuten würde. Gemeinsam mit<br />
unserer Konrektorin stellten wir die Lösung auf der nächsten Konferenz<br />
vor und hatten bereits für jeden einzelnen Kollegen die Zugangsdaten<br />
mit dabei. Nach einer Schnupperphase von ca. eineinhalb<br />
Monaten entschieden wir dann alle gemeinsam, das CAS Schulintranet<br />
als einzige Info-Plattform für Dialog, Dokumentenablage und<br />
übergreifende Termine zu verwenden. Seither laufen 90 Prozent der<br />
dienstlichen Kommunikation über die Lösung”, schildert Wiezorek<br />
den täglichen Einsatz.<br />
Der große Vorteil von CAS Schulintranet gegenüber analogen Organisationsmedien<br />
steckt in der Lebendigkeit und Aktualität sowie der<br />
ortsunabhängigen Erreichbarkeit. „Sollte ein Kollege, eine Kollegin<br />
ein wichtiges Dokument benötigen, so wird er/sie im Intranet fündig,<br />
denn da sind alle Dokumente fein gegliedert und jeweils auf dem neuesten<br />
Stand”, erläutert Rektor Wiezorek die Vorzüge. Gerade für die<br />
Kollegen, die außerhalb des Förderzentrums an anderen Schulen tätig<br />
sind oder vom heimischen Arbeitszimmer auf Informationen zugreifen<br />
möchten, sei dies eine wesentliche Vereinfachung. „Das klassische<br />
Schwarze Brett existiert zwar immer noch, wir haben es aber deutlich<br />
verschlankt”, schmunzelt der Schulleiter.<br />
Schnell & einfach eingerichtet<br />
Die Einrichtung der Lösung ist denkbar einfach: Auf www.casschulintranet.de<br />
können sich Schulen für ihr kostenloses Schulintranet<br />
registrieren. Die Zugangsdaten werden anschließend per E-Mail<br />
übermittelt. Weitere Nutzer können mühelos über die Benutzerverwaltung<br />
hinzugefügt werden. Und dann geht es schon los, das eigene<br />
Schulintranet mit Inhalten zu füllen: Angefangen bei der Mitteilung<br />
aktueller Schultermine, über den Versand von Kurznachrichten und<br />
dem Austausch von Unterrichtsmaterialien, bis hin zur Bereitstellung<br />
wichtiger Dokumente – etwa dem Protokoll der letzten Gesamtlehrerkonferenz.<br />
Dauerhaft kostenfreie Funktionen<br />
„Alle Funktionen in CAS Schulintranet sind kostenfrei – weitere<br />
Funktionen für spezifische Anwendungen einer Schule bietet darüber<br />
hinaus eine Premium-Variante. Die Mehrzahl der Schulen werden auf<br />
Dauer die kostenfreien Funktionen nutzen und davon begeistert sein”,<br />
ist Dr. Thomas Lindner, Geschäftsführer von CAS Education überzeugt.<br />
„Mit den Einnahmen aus der Premium-Edition finanzieren wir<br />
die Weiterentwicklung und die permanente Bereitstellung der kostenlosen<br />
Edition”.<br />
CAS Education<br />
Autor: Alexander Dupps<br />
Die in Karlsruhe beheimateten IT-Bildungsspezialisten um Geschäftsführer<br />
Dr. Thomas Lindner und CAS-Vorstand Martin<br />
Hubschneider entwickeln seit über einem Jahrzehnt Lösungen<br />
für den Bildungsbereich von Schulen und Hochschulen. Neben<br />
der kostenfreien Intranetlösung bietet das Unternehmen mit CAS<br />
Platon unter anderem eine ganzheitliche Schullösung. Insgesamt<br />
arbeiten über 200.000 Anwender in Unternehmen und Verwaltungen<br />
weltweit täglich mit Produkten der CAS Software AG. Für<br />
die innovative Produktpalette und das Engagement im Mittelstand<br />
hat das Unternehmen mehrere Auszeichnungen und Preise<br />
erhalten u.a. als „Arbeitgeber des Jahres 2009” und „Innovator des<br />
Jahres 2011”.<br />
Weitere Informationen und kostenfreie Registrierung unter: www.<br />
cas-schulintranet.de bzw. www.cas.de.<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Thema Schulfilter<br />
33<br />
Datenkrake Soziale Netzwerke<br />
Schulfilter kann Facebook und „Like-Button” in der Schule abschalten<br />
Erst kürzlich hat der Marktführer in Sachen Social Networking wieder für Schlagzeilen gesorgt. So müssen Facebook-Nutzer<br />
in Zukunft deutlich erweiterte Nutzungsrechte des Plattform-Anbieters hinnehmen. Wirklich<br />
interessiert zu haben scheint diese Entwicklung allerdings nur einen kleinen Teil der Betroffenen, schließlich<br />
war ein entsprechender Mitgliederentscheid wegen zu geringer Beteiligung im Vorfeld gescheitert. Damit stellt<br />
sich die Frage, wir mündig der durchschnittliche Facebook-Nutzer eigentlich ist. Noch dringlicher erscheint<br />
diese Problematik mit Blick auf die vielen minderjährigen Mitglieder des Netzwerks. Das hat auch der Anbieter<br />
„TIME for kids” realisiert.<br />
„Like-Button” auf ihrer Website integrieren. Die Datenschützer argumentieren,<br />
dass sowohl der „Like-Button” als auch die Geschäftspolitik<br />
von Facebook, keine Daten zu löschen, gegen deutsche Datenschutzgesetze<br />
verstoße.<br />
Zu der Debatte erklärt der Geschäftsführer der TIME for kids<br />
Informationstechnologien GmbH, Marian Schroeder: „Wir können<br />
als Erwachsene nicht zusehen, wenn rechtswidrig Daten über unsere<br />
Kinder gesammelt und gespeichert werden. Bis ein europäisches Datenschutzrecht<br />
etabliert wird, kann es noch Jahre dauern, daher muss<br />
schon heute für den Schutz der Kinder alles getan werden, was möglich<br />
ist. Die Schulen sollten auch gegenüber den Eltern Vorbild sein und die<br />
Schülerinnen und Schüler schützen, indem sie Soziale Netzwerke wie<br />
Facebook aus der Schule raushalten.”<br />
Text: TIME for kids, Michael Smosarski<br />
Anzeige<br />
Ein Einblick in die Funktionsweise des Schulfilters<br />
Datenschützer und Verbraucherschützer kritisieren immer stärker<br />
den Datenhunger von Facebook und anderen Internetangeboten.<br />
Besonders Kinder und Jugendliche sind den Regeln der Sozialen Netzwerke<br />
größtenteils hilflos ausgeliefert. Kaum ein Kind, das mit 14 Jahren<br />
bei Facebook ein Profil anlegt oder den „Like-Button” drückt, weiß, dass<br />
diese Informationen auch in 25 Jahren noch auf den Servern von Facebook<br />
liegen. Davor können Kinder in der Schule bereits heute geschützt<br />
werden. Mit dem TIME for kids Schulfilter können Lehrkräfte alle Sozialen<br />
Netzwerke im Unterricht ausschalten und damit auch den „Like-<br />
Button” auf anderen Websites deaktivieren, ohne die gesamte Website zu<br />
sperren. Zusätzlich gibt der Schulrouter nur eine einzige IP-Adresse für<br />
die gesamte Schule nach draußen, einzelne Lehrer oder Schüler sind so<br />
nicht identifizierbar. Das Surf-Verhalten von Kindern ist mit TIME for<br />
kids also vor der Sammelwut kommerzieller Unternehmen geschützt.<br />
Gerade der „Like-Button” war in das Visier der Datenschützer<br />
geraten, da Facebook jedes Aufrufen einer Website mit integriertem<br />
„Like-Button” registriert und mit den Daten des Nutzers verknüpft.<br />
Der schleswig-holsteinische Datenschützer geht nun auch mit Bußgeldandrohungen<br />
gegen Websitebetreiber vor, die nach wie vor den<br />
TIME for kids: Die TIME for kids Informationstechnologien GmbH bietet<br />
Softwarelösungen für Schulen. Das integrierte Angebot umfasst<br />
neben dem beschriebenen Schulfilter auch ein Anti-Virus-Programm<br />
sowie ein Schulrouter-System. Aktuell können sich Schulen für ein Pilotprojekt<br />
bewerben, in dessen Rahmen die Produkte des Anbieters<br />
sechs Monate lang kostenlos getestet werden dürfen.<br />
Nähere Informationen gibt es unter http://www.time-for-kids.de<br />
sowie und http://www.pilotschulen-programm.de.<br />
Übernehmen Sie Verantwortung für Schule weltweit als<br />
Leiter/-in einer Deutschen Au<strong>sl</strong>andsschule!<br />
Die 140 Deutschen Au<strong>sl</strong>andsschulen weltweit benötigen gut qualifizierte Führungskräfte,<br />
vor allem Pädagoginnen und Pädagogen, die bereit sind, die reizvolle Herausforderung<br />
einer Stelle als Schulleiterin bzw. eines Schulleiters zu übernehmen.<br />
Bewerbungsvoraussetzung:<br />
✔ Sie haben sich im Inlandsschuldienst und/oder im Au<strong>sl</strong>andsschuldienst<br />
besonders bewährt.<br />
✔ Sie haben bereits eine herausgehobene Funktion in der Schule wahrgenommen.<br />
✔ Beim Dienstantritt in der Au<strong>sl</strong>andsschule waren Sie mindestens drei Jahren im<br />
Inlandsschuldienst tätig gewesen.<br />
Hinsichtlich des Bewerbungsverfahrens nehmen Sie bitte Kontakt auf mit dem<br />
Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für das Au<strong>sl</strong>andsschulwesen – ZfA 3<br />
50728 Köln • Ansprechpartner: Herr Dörfler<br />
Tel.: 022899/3583455 oder 0221/7583455 • E-Mail: andreas.doerfler@bva.bund.de<br />
sowie mit dem zuständigen Au<strong>sl</strong>andsbeauftragten in dem für Sie<br />
zuständigen Kultusministerium.<br />
Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren sowie zu den Au<strong>sl</strong>andsschulen<br />
finden Sie im Internet unter www.au<strong>sl</strong>andsschulwesen.de.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
34<br />
:Thema Bildungsinitiative<br />
„Du bist smart!”<br />
Ehrenamtliche Bildungsinitiative hilft beim Kampf gegen Cyber-Mobbing<br />
Bildung ist kein Privileg, sondern sollte für jeden zugänglich sein. In einer wissensbasierten Leistungsgesellschaft<br />
ist es notwendig, Kindern, unabhängig von ihrem sozialen Status, den Zugang zur Bildung und zu<br />
Wissen zu ermöglichen.<br />
Mit diesem Grundsatz / Leitbild hat Antje Minhoff die Bildungsinitiative<br />
„Du bist smart” gegründet. Antje Minhoff<br />
ist Gründungsmitglied vom Förderverein Pfiffikus zur Unterstützung<br />
hochbegabter Kinder e.V., Mitglied bei der Hochbegabtenförderung,<br />
Geschäftsführerin der MINHOFF GmbH und Mutter von drei Kindern.<br />
Frau Minhoff engagiert sich seit mehr als 15 Jahren im Bereich<br />
der Bildung und Bildungspolitik. Sie ist in vielen Bildungsgremien und<br />
als Beirat einer Arbeitsgruppe im Bundestag aktiv.<br />
Frau Minhoff die Initiatorin der Bildungsinitiative „Du bist smart”<br />
beschreibt das Ziel ihrer Bildungsinitiative so: „Bildung und Wissen<br />
ist ein wesentlicher Faktor für ein selbstbewusstes und selbstbestimmtes<br />
Leben. Aber gerade auch die Fähigkeiten zu erlernen, die nicht im<br />
Stundenplan stehen und die besonders wichtig sind, um die eigene Persönlichkeitsentwicklung<br />
voranzutreiben, müssen erkannt und gefördert<br />
werden. In den Projekten ,Du bist smart - Du machst die Musik!᾿,<br />
,Du bist smart - Du machst den Film!᾿ und dem für 2012 geplanten<br />
Projekt ,Du bist smart – Du bist am Ball᾿ geht es darum, den Schülerinnen<br />
und Schülern zu zeigen, dass sie Vertrauen in sich und in ihre<br />
Fähigkeiten haben dürfen. Ein fester Glaube an sich selbst schafft Kraft<br />
und erzeugt dieses Selbstvertrauen.<br />
Die Entwicklung des Selbstbewusstseins wird in unserem deutschen<br />
Bildungssystem meistens vernachlässigt. In unserer Leistungsgesellschaft<br />
wird leider allzu oft ein Gewinner-Verlierer-System vermittelt,<br />
das Schüler häufig denken lässt, minderwertig statt wertvoll<br />
zu sein. Selbstvertrauen lässt die Kinder erkennen, dass sie es verdient<br />
haben, anerkannt, wert geschätzt und geliebt zu werden.”<br />
Letztes Jahr startete der Schülerworkshop „Du bist smart – Du<br />
machst den Film!”. Im Filmpark Babelsberg lernten 30 Schüler eine<br />
Woche lang, zusammen mit dem Netzwerk für digitale Medien „Die<br />
Freidreher”, wie ein Film entsteht und drehten eigenständig verschiedene<br />
Filme. Die Inhalte zu den Filmen – aktuelle Themen aus der Cyberwelt<br />
– wurden von Schülern aus den Klassenstufen sieben bis dreizehn<br />
des Herder Gymnasiums aus Berlin erarbeitet.<br />
Der Workshop beinhaltete die vielen Schritte einer Filmproduktion,<br />
angefangen beim Schauspielunterricht bis zum Filmschnitt. Zum<br />
Einsatz kamen auch interaktive Medien wie das SMART Board. Die<br />
Schüler beschäftigten sich vor allem mit der inhaltlichen Gestaltung<br />
der Filme zu den Gefahren im Zeitalter von Web 2.0. Wie erkenne ich<br />
Cyber-Mobbing? Was sollte ich in sozialen Netzwerken beachten? Was<br />
darf ich von wem kopieren? Den Abschluss jedes Filmes bildet die fachmännische<br />
Beratung der Medienanwältin Kathrin Schürmann, die die<br />
Problematik rechtlich darlegt und für Aufklärung in Sachen Urheberrecht<br />
im Internet und geistiges Eigentum sorgt.<br />
Die Filme sind im Anschluss mit fachlicher Unterstützung des<br />
„LISUM” (Landesinstitut für Schule und Medien Berlin Brandenburg)<br />
und der „KB&B - The Kids Group GmbH & Co. KG” mit dem dazu passenden<br />
interaktiven unterrichtsbegleitendem<br />
Material versehen und allen Schulen<br />
deutschlandweit kostenfrei zur Verfügung<br />
gestellt worden. Das Medienpaket ermöglicht<br />
einen leichten Einstieg in das Thema<br />
Chancen und Risiken in der Mediengesellschaft<br />
und regt zu Diskussionen und Debatten<br />
an.<br />
Ziel der Bildungsinitiative ist es, die<br />
Bildung der Jungendlichen auch unabhängig<br />
vom Stundenplan zu fördern. „In<br />
dem einzigartigen Projekt ,Du bist smart<br />
- Du machst den Film!᾿ lernten die Schüler<br />
nicht nur sich selber darzustellen und der Initiative „Du bist smart”<br />
Antje Minhoff, Gründerin<br />
Themen für Andere verständlich auszudrücken<br />
und sich in die Rolle anderer zu versetzen, sondern auch dass<br />
sie Vertrauen in sich und in ihre Fähigkeiten haben können. Ein fester<br />
Glaube an sich selbst schafft Kraft und fördert das Selbstvertrauen, so<br />
dass die Kinder dem Leben in der Mediengesellschaft besser gewachsen<br />
sind”, sagt Antje Minhoff.<br />
In der zweiten Jahreshälfte 2012 wird das Projekt „Du bist smart<br />
– Du bist am Ball” starten. Die grundlegende Idee zu „Du bist smart –<br />
Du bist am Ball!” ist diese – Hertha BSC und der 1. FC Union trainieren<br />
jeweils 15 Schüler von Klasse 7–13 mit ihren entsprechenden Möglichkeiten.<br />
Zwischen dem Training finden kleine Workshops zu verschiedenen<br />
Themen wie z.B. Fragen an einen Profifußballer, Ernährung,<br />
Mobbing etc. statt. Am Ende der Trainingswoche gibt es ein Spiel der<br />
beiden Gruppen, in dem alle Schüler mitspielen müssen und natürlich<br />
auch irgendwie alle gewinnen.<br />
Fußball bietet, wie alle Projekte vorher, geniale Möglichkeiten die<br />
Idee von „Du bist smart!” umzusetzen. Teamgeist, jeder ist was wert,<br />
Anstrengung lohnt sich. Auch in diesem Projekt sind das nicht nur<br />
Schlagwörter. Dieses 3. Du bist smart – Projekt hat auch wieder zahlreiche<br />
Unterstützer, die bei diesem Projekt mithelfen – als Manpower<br />
und als Workshop-Trainer. Alle Unterstützer des Projektes „Du bist<br />
smart – Du bist am Ball!” und der Bildungsinitiative „Du bist smart!”<br />
arbeiten ehrenamtlich!<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter:<br />
www.Dubistsmart.de<br />
www.facebook.com/DuBistSmart<br />
www.twitter.com/DuBistSmart<br />
Antje Minhoff<br />
E-Mail: Antje@Minhoff.de<br />
Autorin: Nadine Dillinger (VCAT Consulting GmbH)<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Recht<br />
35<br />
Gefahr durch großzügige Geschenke<br />
Vor allem an Grundschulen, manchmal aber auch an weiterführenden Schulen, werden den Lehrkräften<br />
großzügige Geschenke gemacht. Kein Problem?<br />
Dass Sie als Schulleiter Geschenke bekommen, ist vermutlich die<br />
Ausnahme. Die meisten Präsente erhalten die ganz „normalen”<br />
Lehrkräfte, wobei Sie jedoch dafür sorgen müssen, dass an Ihrer Schule<br />
die Regelung über die Annahme von Geschenken eingehalten wird.<br />
Oft fängt es harmlos an: Zuerst sind es Blumensträuße oder Pralinen.<br />
Später gibt es für die Kollegen vielleicht einen Kinogutschein<br />
(mit Popcorn und Getränk) oder zum Jahresende einen Schlemmerkorb.<br />
Nicht zu vergessen die kleinen Aufmerksamkeiten zum<br />
Geburtstag und zu Weihnachten. Manche Kollegen sehen hier kein<br />
Problem, andere sind etwas beunruhigt. Denn sie erinnern sich, vor<br />
der Einstellung bei der Schulbehörde ein Papier unterschrieben zu<br />
haben, das die Annahme von Geschenken regelt. Diese Erinnerung<br />
aber verdrängen sie, weil das Verhältnis zu Schülern und Eltern ausgesprochen<br />
nett ist.<br />
Vor allem au<strong>sl</strong>ändische Eltern geben Lehrkräften manchmal individuelle<br />
Geschenke, wobei sie oft darauf hinweisen, dass es in ihrem<br />
Kulturkreis ausgesprochen unhöflich wäre, ein Geschenk abzulehnen.<br />
In unserem Fall bekommt eine Lehrerin, die ihre Klasse erfolgreich<br />
zum Abschluss geführt hat, von der Elternschaft eine Parkbank (Obi,<br />
99,– €) für ihren Garten geschenkt. Die Kollegin findet das zwar etwas<br />
üppig, freut sich aber, weil sie ihre anstrengende Arbeit endlich einmal<br />
gewürdigt sieht. Zudem will sie nicht unhöflich sein und meint, das<br />
Geschenk sei unproblematisch, weil es ihr ja erst nach der Zeugniskonferenz<br />
übergeben wurde.<br />
In solchen und ähnlichen Fällen sollten Sie den Kollegen erklären,<br />
was zulässig ist – und was nicht. Deshalb kommt jetzt der Erlass, den<br />
die Lehrkräfte in den meisten Bunde<strong>sl</strong>ändern zwar einmal erhalten<br />
haben, an den sie sich aber nicht mehr erinnern (wollen). Aber selbst<br />
wenn die Kollegen den Erlass nicht bekommen haben, müssen sie ihn<br />
kennen und beachten.<br />
Ob Geschenke mit Hintergedanken gemacht werden, lässt sich<br />
kaum feststellen. Aber das ist auch nicht nötig, weil für Lehrkräfte<br />
gilt: Grundsätzlich dürfen keine Geschenke (od. Belohnungen) angenommen<br />
werden. Schließlich soll niemand auf die Idee kommen, in<br />
Deutschland könne man sich Behördenvertreter über Geschenke gewogen<br />
machen. Wobei die Parkbank von oben streng genommen kein<br />
Geschenk, sondern eine Belohnung darstellt. Denn sie wurde ja, wie<br />
die meisten Zuwendungen, zum Schluss des Schuljahres übergeben,<br />
also als Belohnung für das schülerfreundliche Verhalten.<br />
Nun sind weder Gerichte noch Kultusministerien so weltfremd,<br />
dass gar nichts akzeptiert werden darf. Und so gibt es eine „Bagatellgrenze”,<br />
die bei 10, – € liegt – allerdings nicht pro Schüler, sondern pro<br />
Lerngruppe und Schuljahr. Bis zu dieser Grenze gilt die Zustimmung<br />
der vorgesetzten Dienstbehörde als automatisch erteilt. Eine geringe<br />
Überschreitung ist nicht dramatisch, falls der „Gebrauchswert” des<br />
Geschenks gering ist (vergänglicher Blumenstrauß für 12,50 Euro). Besonders<br />
hoch ist der Gebrauchswert bei Bargeld und Gutscheinen (z.B.<br />
eines Supermarktes), die der Beschenkte nach Belieben nutzen kann.<br />
Liegt der Wert zwischen 10,– € und 50,– €, so muss die vorgesetzte<br />
Dienstbehörde zustimmen, die diese Befugnis jedoch an Sie abgeben<br />
kann. Ein solches Geschenk darf aber auf keinen Fall ohne Absegnung<br />
„von oben” angenommen werden.<br />
Sobald der Wert über 50,– € liegt, muss die Zustimmung der obersten<br />
Dienstbehörde, also des Kultusministeriums, eingeholt werden.<br />
Tja, so hart sind die Regelungen in Deutschland.<br />
Sicher kennen Sie den Einwand der Kollegen, die au<strong>sl</strong>ändische Schüler<br />
unterrichten und von ihnen bzw. deren Eltern Geschenke annehmen:<br />
Dies abzulehnen, sei fast eine Beleidigung. Das stimmt nur teilweise.<br />
Und die entscheidende (rhetorische) Frage ist doch, welche kulturellen<br />
und rechtlichen Normen an deutschen Schulen gelten sollen.<br />
Sie können den Kollegen erklären: Die unausgesprochene Verpflichtung,<br />
Geschenke anzunehmen, gilt nur auf der privaten Ebene.<br />
Auch in anderen Kulturkreisen werden Behördenvertretern keine Geschenke<br />
gemacht – und wenn dies doch geschieht, dann will man sich<br />
den Betreffenden gewogen machen, also geschickt bestechen.<br />
Eltern, die Lehrkräften attraktive Geschenke machen, versuchen<br />
daher, die Beziehung zu Lehrkräften auf die private Ebene der Freundschaft<br />
zu ziehen, weil sie sich davon einen Vorteil für ihre Kinder versprechen.<br />
Denn einem Schüler, mit dessen Eltern man quasi befreundet<br />
ist, gibt eine Lehrkraft nicht so schnell eine Fünf oder empfiehlt ihn für<br />
die Hauptschule.<br />
Allerdings ist das Verhältnis von Lehrern zu Eltern kein privates,<br />
sondern ein dienstliches, in dem die Lehrkräfte den deutschen Staat<br />
bzw. seine Behörden repräsentieren. Deshalb darf nicht der Eindruck<br />
entstehen, dort würden Belohnungen für gefälliges Verhalten akzeptiert.<br />
Das heißt nicht, dass man den Kollegen unterstellt, sie seien bestechlich.<br />
Vielmehr geht es um die Wirkung nach außen und darum,<br />
was einige Eltern verbreiten könnten.<br />
Wenn die Belohnung schon angenommen wurde, kann eine Notlösung<br />
darin bestehen, die Parkbank nicht persönlich zu nutzen, sondern<br />
sie – quasi als Spende – der Schulgemeinschaft zukommen zu lassen.<br />
In einigen Bunde<strong>sl</strong>ändern besteht für Schulen eine sog. Aushangpflicht.<br />
Sie fordert, wichtige Erlasse auszuhängen, damit jeder sie sehen<br />
kann. Dazu zählt auch der Erlass über das Verbot der Annahme von<br />
Geschenken und Belohnungen. Auch Sie sollten ihn im Lehrerzimmer<br />
aushängen und die Kollegen einmal jährlich, am besten kurz vor Ende<br />
des Schuljahres, daran erinnern. Dadurch sind Sie auf der sicheren Seite<br />
– und falls dann irgendwelche Kollegen trotzdem dagegen verstoßen,<br />
so ist das nicht mehr Ihr Problem.<br />
Mit den besten Grüßen bis zum nächsten Mal<br />
Ihr Günther Hoegg<br />
Text: Dr. jur. Günther Hoegg<br />
Dr. jur. Günther Hoegg, ist Jurist und seit 20 Jahren Lehrer. Im Januar 2011 ist sein Band „SchulRecht! für<br />
schulische Führungskräfte” im Verlag Beltz erschienen.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
36<br />
:Recht<br />
„Der Avenarius”<br />
Das Standardwerk der Schulrecht<strong>sl</strong>iteratur<br />
Um es vorweg zu sagen: „Der Avenarius” gehört in jede Schulbibliothek und in Griffweite der <strong>Schulleitung</strong>. Begründet<br />
1957 von Hans Heckel unter dem Titel „Schulrechtskunde”, fortgeführt seit 1986 von Hermann Avenarius,<br />
erscheint das Standardwerk des deutschen Schulrechts nunmehr – der Bedeutung des „Handbuches<br />
für Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft” eher angemessen – unter dem Titel „Schulrecht” in der 8., neu<br />
bearbeiteten Auflage.<br />
Der Klassiker in Neuauflage:<br />
Avenarius’ „Schulrecht”<br />
Die Autoren sind ausgewiesene Schulrechtsexperten: Hermann<br />
Avenarius, Doyen des deutschen Schulrechts, ist Professor für<br />
öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft am Deutschen Institut<br />
für Internationale Pädagogische Forschung und war dort bis zu seiner<br />
Emeritierung Leiter der Arbeitseinheit Steuerung und Finanzierung<br />
des Bildungswesens, Hans-Peter Füssel ist Professor für Steuerungsprobleme<br />
moderner Bildungssysteme an der Humboldt-Universität,<br />
Berlin, und stellvertretender Leiter der Arbeitseinheit Steuerung und<br />
Finanzierung des Bildungswesens am DIPF.<br />
Schon am wachsenden Umfang des Werkes lassen sich zunehmende<br />
Bedeutung und Ausdifferenzierung des Schulrechts von der<br />
„Rechts”-Figur des „besonderen Gewaltverhältnisses” von Schule<br />
und Schüler bis zur vollen Einbindung in rechtsstaatliche Strukturen<br />
abschätzen: von 392 Seiten der Erstauflage ist es auf 785 Seiten in der<br />
8. Auflage angewachsen – gegenüber der 7. Auflage noch einmal 90<br />
Seiten mehr. Gegliedert ist das Werk in drei Teile: 1. Schulwesen, 2.<br />
Schülerinnen und Schüler, Eltern, 3. Lehrerinnen und Lehrer. Auch<br />
die Veränderung in der Gliederung des Werkes ist ein Signal: Stand<br />
der Teil „Lehrer” noch in der 7. Auflage an zweiter Stelle, Schüler<br />
und Eltern an der dritten, so sind jetzt Schülerinnen und Schüler<br />
und Eltern an die zweite, Lehrerinnen und Lehrer an die dritte Stelle<br />
gerückt.<br />
Obwohl das Schulrecht überwiegend Landesrecht ist, hat es sich<br />
trotz Föderalismusreform und Kooperationsverbot überraschend ähnlich<br />
entwickelt, so dass eine Gesamtdarstellung des deutschen Schulrechts<br />
durchaus lohnt und Unterschiede der Regelungen in den einzelnen<br />
Ländern deutlich werden lässt. Der zunehmenden Bedeutung<br />
des Einflusses übernationalen Rechts, „das im Einzelfall auch zur Anpassung<br />
der jeweiligen nationalen Bildungsrechtsordnungen zwingen<br />
kann”, auch für das der Länderhoheit unterliegende Schulrecht in der<br />
Bundesrepublik trägt die Ausweitung des zweiten Kapitels – „Verfassungsrecht,<br />
Recht der Europäischen Union und Völkerrecht in ihrer<br />
Bedeutung für das Schulwesen” – Rechnung.<br />
Ein Standardwerk von solchem Umfang ist nicht eigentlich ein<br />
Lese- sondern ein Arbeitsbuch. Gleichwohl empfiehlt der Rezensent,<br />
sich gelegentlich in den Lehnstuhl oder ein ähnlich bequemes Möbel<br />
zurückzuziehen und das eine oder andere Kapitel zu lesen „wie einen<br />
Krimi”. Man gewinnt so ein Gefühl, einen Hintergrund für das, was<br />
man als Schulleiterin oder Schulleiter im täglichen Klein-Klein an auch<br />
rechtlich relevanten Angelegenheiten und Entscheidungen zu bewältigen<br />
hat. Als krimi-ähnliche Lektüre bietet sich zunächst das erste Kapitel<br />
„Schule und Recht” an, ansonsten ist die Reihenfolge beliebig. Nach<br />
einigen, wenigen solcher Lesephasen lässt sich das Werk dann auch<br />
mit Gewinn als Arbeitsbuch oder „Steinbruch” für die Praxis nutzen.<br />
Zur Lesetechnik ist anzumerken, dass man sich in den „Krimiphasen”<br />
nicht in den umfangreichen Fundstellen- und Quellenverweisen in den<br />
Fußnoten verheddern sollte, die ansonsten als Fundgrube besonders<br />
hervorzuheben und nahezu unersetzlich sind.<br />
Die 33 Kapitel des Buches sind durch Dezimalklassifikation sorgfältig<br />
weiter untergliedert und ermöglichen einen schnellen Zugriff auf<br />
einzelne Themen und Aspekte, alternativ bietet sich das umfangreiche<br />
Sachregister an. Zweckmäßiger als eine zusammenfassende Darstellung<br />
erscheint hier eine Auflistung der Kapitel; da Avenarius und Füssel<br />
die einzelnen Kapitel unter sich aufgeteilt haben, gegliedert nach<br />
Autoren. So werden die Schwerpunkte der beiden deutlich, der systematische<br />
Zusammenhang erschließt sich aus der Nummerierung der<br />
einzelnen Kapitel:<br />
Hermann Avenarius und Hans-Peter Füssel, Schulrecht: ein Handbuch für Praxis, Rechtsprechung und<br />
Wissenschaft; Handbuch Schulrecht / Avenarius. 8., neubearb. Aufl. Köln; Kronach (Carl Link) 2010, XXXIII,<br />
785 S.; Literaturangaben, ISBN 978-3-556-01185-0, 68,00 €<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
Anzeige<br />
Materialien für Lehrkräfte<br />
Primarstufe, Sekundarstufe I und II, soziale und pflegerische Ausbildungen<br />
Erster Teil: Schulwesen: Hermann Avenarius: 1. Schule u. Recht, 3. Aufbau<br />
und Gliederung des Schulwesens, 4. Schulorganisation, Berechtigungswesen,<br />
Disparitäten im Schulsystem, 5. Die öffentliche Schule als<br />
Einrichtung der Bildung und Erziehung, 6. Rechtsstellung der Schule,<br />
Schulverfassung I (Grundlagen), 7. Schulverfassung II (<strong>Schulleitung</strong>,<br />
Lehrerkonferenz, Schulkonferenz), 8. Schulverfassung III (Schülerund<br />
Elternvertretungen), 10. Schulträgerschaft, dienstrechtliche Zuordnung<br />
der Lehrkräfte, 13. „Schulautonomie” und Schulqualität, 15.<br />
Überblick über das Privatschulrecht.<br />
Hans-Peter Füssel: 2. Verfassungsrecht, Recht der Europäischen Union<br />
und Völkerrecht in ihrer Bedeutung für das Schulwesen, 9. Schulaufsicht,<br />
11. Schulfinanzierung (Schulunterhaltung), 12. Verwaltung<br />
der Einzelschule, 14. Deutsche Schulen im Au<strong>sl</strong>and, Europäische<br />
Schulen<br />
Zweiter Teil: Schülerinnen und Schüler, Eltern: Hermann Avenarius:<br />
16. Schulverhältnis, Rechtsstellung der Schülerinnen und Schüler,<br />
Elternrecht, 17. Schulpflicht, 19. Unterricht und sonstige Schulveranstaltungen,<br />
Schutz- und Fürsorgepflichten der Schule, 23. Finanzielle<br />
Hilfen für Schülerinnen und Schüler.<br />
Hans-Peter Füssel: 18. Zugang zur Schule, 20. Leistungsbewertungen,<br />
21. Verhalten der Schülerinnen und Schüler, 22. Erziehungsmaßnahmen,<br />
Ordnungsmaßnahmen, 24. Schülerdaten und Datenschutz,<br />
25. Schulgesundheitspflege, Unfallverhütung, Haftung, 26. Rechtsschutz,<br />
Dritter Teil: Lehrerinnen und Lehrer: Hermann Avenarius: 28. Das<br />
Beamtenverhältnis der Lehrkräfte, 30. Vermögenswerte Rechte der<br />
Lehrkräfte, 32. Folgen von Pflichtverletzungen.<br />
Hans-Peter Füssel: 27. Lehrerbildung, 29. Nichtvermögenswerte<br />
Rechte der Lehrkräfte, 31. Pflichten der Lehrkräfte, 33. Nichtbeamtete<br />
Lehrkräfte.<br />
Bleibt als ceterum censeo des Rezensenten anzumerken, dass auch dieses<br />
ausführliche Standardwerk nicht leistet – weil es das nicht leisten<br />
kann – was zu leisten wäre und sich aus den Erfahrungen von <strong>Schulleitung</strong>s-<br />
und Lehrerfortbildung und Beratung als immer dringlicheres<br />
Desiderat erweist, nämlich die Brücke zu schlagen zwischen Schulrecht<br />
und Pädagogik und dieses nicht unproblematische Verhältnis einer<br />
Klärung näher zu bringen.<br />
Autor: Hans-Dieter Hummes<br />
Lernziel.menschlich<br />
Materialien für Lehrkräfte<br />
» Wie kann ich meine SchülerInnen für soziale Belange<br />
sensibilisieren?«<br />
» Wo erfahren Kinder und Jugendliche Konkretes aus<br />
dem Alltag von Menschen mit Behinderung?«<br />
»Wie kann ich junge Leute motivieren, sich zu engagieren?«<br />
»Wie kann ich helfen Vorurteile abzubauen?«<br />
Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel bieten kosten frei<br />
Materialien für Lehrkräfte zu sozialen Themen an, die in der<br />
Primarstufe, der Sekundarstufe I und II sowie sozial/pflegerischen<br />
Ausbildungen verwendet werden können.<br />
Die Materialien auf der DVD erlauben methodisch-didaktische<br />
Freiräume und sind fächerübergreifend konzipiert. Jede Einheit<br />
setzt sich aus Hintergrundinformationen, Materialien zur<br />
Unterrichtsvorbereitung und Unterrichtsinhalten zusammen.<br />
Zahlreiche Arbeitsblätter, Vorschläge zur Gestaltung und<br />
mehrere Filme können individuell genutzt werden.<br />
Die Einzelsequenzen sind so angelegt, dass sie für sich allein<br />
durchgeführt oder als Themenreihe eingesetzt werden können.<br />
Die Inhalte:<br />
¬ Menschen mit Epilepsie – Diagnose, Behandlung,<br />
soziale Folgen<br />
¬ Behinderte Menschen – Vorurteile, Diskriminierung, Ängste<br />
¬ Menschen mit psychischen Erkrankungen – Störungsbilder,<br />
Erfahrungsberichte<br />
¬ Wohnen und betreut werden im Alter<br />
¬ Jugendliche – Fallbeispiele und Hilfeformen<br />
¬ Menschen ohne Wohnung<br />
¬ Hospizarbeit – individuelle Sterbebegleitung<br />
¬ Diakonie<br />
¬ Ethik<br />
¬ Biographisches zu Pastor Friedrich von Bodelschwingh<br />
Wir haben es uns als Lernziel gesetzt, menschlich/er<br />
miteinander umzugehen!<br />
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38<br />
:Die DAPF-Seite – Neues aus der SL-Forschung<br />
Welche Einflussstrategien helfen Schulleitern<br />
Veränderungen umzusetzen?<br />
Explorative Befunde einer Studie zu Mikropolitik in der Schule<br />
Im Zuge der aktuellen bildungspolitisch initiierten Reformen und Steuerungsmaßnahmen kommt der Einzelschule,<br />
insbesondere der Person des Schulleiters 1 , eine bedeutende Rolle bei deren Umsetzung zu. „Was” vor<br />
Ort verändert werden soll, ist in Erlassen und/oder Schulgesetzen formal festgelegt. Wandelprozesse in Organisationen<br />
unterliegen aber vielschichtigen Strukturierungen, sind höchst komplex und von den jeweiligen<br />
Akteuren in einer Organisation abhängig. Das „Wie” ist dabei häufig unklar. Dies bietet Schulleitern bei der<br />
Gestaltung von Veränderungsprozessen Raum für informelles, strategisches Verhalten. Der Beitrag verdeutlicht<br />
anhand erster Ergebnisse einer Studie zur Nutzung mikropolitischer Einflusstaktiken und -strategien,<br />
welche Taktiken Schulleiter überwiegend nutzen, um schulische Veränderungen umzusetzen.<br />
Schulischer Wandel kann nicht rein rational und nur „von oben”<br />
geplant werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Wandel auf<br />
Ebene der Einzelschule durch die dortigen Akteure unterschiedlich<br />
aufgefasst und interpretiert oder gar unterlaufen wird. Begründet werden<br />
kann dies etwa durch die jeweils eigenen Organisationsstrukturen<br />
und Organisationskulturen und aufgrund der verschiedenen Interessensperspektiven<br />
der schulischen Akteure – sie verhalten sich oft nicht<br />
wie „gut geölte kleine Rädchen”, die tun, was von ihnen erwartet wird.<br />
Stark positionierte Schulleiter gelten daher als wichtige Voraussetzung,<br />
Veränderungsprozesse zu gestalten und zu initiieren und in die Schulkultur<br />
zu integrieren. Hierbei ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten,<br />
Wandel durch mikropolitisches Verhalten zu beeinflussen.<br />
Die hier skizzierte Situation war Anlass, im Rahmen einer Teilstudie<br />
eines Forschungsprojektes des Instituts für Schulentwicklungsforschung<br />
und der Dortmunder Akademie für Pädagogische Führungskräfte<br />
(DAPF) zu fragen, welche mikropolitischen Einflusstaktiken<br />
Schulleiter nutzen, um schulische Veränderungen zu initiieren und<br />
umzusetzen. Neben quantitativen Ergebnissen, bei denen über 3.000<br />
Lehrkräfte aus 120 Grund- und weiterführenden Schulen gebeten<br />
wurden, die Einflusstaktiken ihrer Schulleiter einzuschätzen, wurden<br />
in Interviews auch die Schulleiter selbst gebeten, ihr Verhalten bei der<br />
Umsetzung von Veränderungen zu skizzieren. Die neun Interviews<br />
wurden mittels strukturierender, qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.<br />
Die wesentlichen zwei Ergebnisse der qualitativen Untersuchung<br />
werden im Folgenden berichtet.<br />
Zunächst wurde (1) überprüft, welche mikropolitischen Einflusstaktiken<br />
Schulleiter überwiegend nutzen. Hierfür wurden die sogenannten<br />
Kodiereinheiten (in der Untersuchung eine Aussage des Schulleiters,<br />
die sein mikropolitisches Verhalten abbildet) vier gängigen mikropolitischen<br />
Einflusstaktiken zugeordnet: Rationales Argumentieren, Druck,<br />
Schmeicheln und Koalitionen bilden. Sie stellen sogenannte rationale,<br />
harte und weiche mikropolitische Einflussstrategien dar. Insgesamt<br />
konnten 197 Kodiereinheiten den vier Taktiken zugeordnet werden.<br />
Schulleiter geben an, überwiegend koalitionsbildende und rationale Taktiken<br />
(also weiche und rationale Strategien) einzusetzen, um schulische<br />
Veränderungssituationen zu gestalten. 42 % und damit die meisten Kodiereinheiten<br />
wurden der Einflusstaktik Koalitionen bilden zugeordnet,<br />
mit der sich Schulleiter Unterstützung von „möglichst vielen Kollegen”<br />
sichern, um eine breite Mehrheit zu haben. 31 % der Kodiereinheiten entfallen<br />
auf die Einflusstaktik Rationales Argumentieren, bei der Schulleiter<br />
ihre Vorhaben mit Argumenten, Informationen und guten Gründen<br />
oder „mit Experten von außen” vor allem sachlich stützen und absichern.<br />
Auf die Einflusstaktik Schmeicheln entfallen 20 % der Kodiereinheiten.<br />
Hier agieren Schulleiter „mit viel Fingerspitzengefühl”, sind freundlich,<br />
machen Zugeständnisse und Komplimente, um Ziele zu erreichen. Der<br />
Einflusstaktik Druck wurden lediglich 6 % der Kodiereinheiten zugeordnet.<br />
Nur in seltenen Fällen drohen Schulleiter strategisch „mit Sanktionen”<br />
oder bringen „Hierarchie ins Spiel”.<br />
Weiterhin wurde (2) untersucht, wie Schulleiter den Einsatz mikropolitischer<br />
Einflusstaktiken begründen. Insgesamt konnten 14 Kategorien<br />
von Begründungen aus 109 Kodiereinheiten gebildet werden.<br />
So wurde festgestellt, dass bei den befragten Schulleitern eine Begründung<br />
für den Einsatz von rationalen Argumenten oder das Bilden von<br />
Koalitionen die Herstellung von Konsens im Kollegium darstellt (39 % der<br />
Begründungen für Koalitionsbildung bzw. 37 % der Begründungen für<br />
Rationales Argumentieren). Koalitionsbildung wird weiterhin damit begründet<br />
Verantwortung aufzuteilen (40 %). Hingegen sind das Herstellen<br />
von Transparenz, mit der Vertrauen und Verständnis angestrebt werden<br />
sowie die Rahmung des Kollegiums auf das Thema weitere Begründungen<br />
für Rationales Argumentieren. Die gemeinsame Vertrauensbasis<br />
und eine möglichst gute Arbeitsatmosphäre (je 33 %) stellen hauptsächlich<br />
Begründungen für die Taktik Schmeicheln dar. Druck wird aus Sicht<br />
der Schulleiter nur selten eingesetzt und mit dem Ausfüllen der Vorgesetztenrolle<br />
begründet, vor allem dann, „wenn es nicht mehr weitergeht”.<br />
Die beiden zentralen Ergebnisse verdeutlichen, dass aus Sicht der<br />
Schulleiter in schulischen Organisationsstrukturen und -kulturen<br />
kaum Vorstellungen eines hierarchisch denkenden Einzelkämpfers<br />
vorzufinden sind und sich durchsetzen lassen, sondern sachlich-rationale<br />
Argumente und das Bilden von Mehrheiten bei der Initiierung<br />
und Umsetzung von Veränderungen erfolgversprechend scheinen. Die<br />
Lehrkräfte nehmen dies übrigens ähnlich wahr, wie die Ergebnisse der<br />
quantitativen Untersuchung zeigen. So war die Bereitschaft für Veränderungen,<br />
die Zufriedenheit im Kollegium und mit dem Schulleiter<br />
dann besonders stark ausgeprägt, wenn bei Schulleitern ein Taktikenmix<br />
aus überwiegend rationalen und koalitionsbildenden Taktiken<br />
wahrgenommen wurde.<br />
Autor: Mario Gieske<br />
1 Der Beitrag verwendet das generische Maskulinum, welches weibliche wie männliche Personen gleichermaßen einschließt.<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012<br />
Dipl.-Reha.Päd. Mario Gieske, Jg. 1981<br />
Seit April 2010 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Dortmunder Akademie für Pädagogische Führungskräfte<br />
(DAPF) im Bereich der Fort- und Weiterbildung tätig. Schwerpunkte der Arbeit liegen in der Entwicklung,<br />
Umsetzung und Koordination von Fortbildungsangeboten für pädagogisches Führungspersonal.<br />
Quelle:<br />
Gieske, M. (2011). Mikropolitik und schulische Führung. Einflussstrategien von Schulleitern bei der Gestaltung<br />
organisationalen Wandels. TU Dortmund: Unveröffentlichte Dissertation.<br />
Die Dissertation erscheint voraussichtlich im September 2012 im Klinkhardt-Verlag.
:Rückspiegel<br />
39<br />
Im Rückspiegel: didacta 2012<br />
Entwicklungen und Reaktionen<br />
Lehren und Lernen mit digitalen Medien gehörte zu den zentralen Themen der diesjährigen didacta – die<br />
Bildungsmesse in Hannover. Die dazu passende Orientierung über herausragende Produkte gab der Deutsche<br />
Bildungsmedienpreis „digita 2012”, mit dem neun beispielgebende Angebote ausgezeichnet wurden.<br />
Die strahlenden Gewinner<br />
des „digita 2012”<br />
Schirmherr des „digita 2012” war der Niedersächsische Kultusminister<br />
Dr. Bernd Althusmann. In seiner Rede zur Preisverleihung<br />
sagte er: „In unseren Schulen sollten digitale Medien als Bereicherung<br />
angesehen und verantwortungsvoll eingesetzt werden, damit die Schülerinnen<br />
und Schüler den richtigen Umgang mit ihnen lernen. Es gilt,<br />
Kinder und Jugendliche darauf vorzubereiten, bewusst mit den Gefahren<br />
und Risiken im Internet umzugehen.”<br />
Prof. Dr. Wilfried Hendricks wies als Sprecher der digita-Jury auf<br />
drei bemerkenswerte Trends im diesjährigen Wettbewerb hin: „Im<br />
Vergleich zu den Vorjahren gab es sehr viele gute Bildungsmedien für<br />
die Grundschule. Es werden viel mehr didaktische Werkzeuge angeboten.<br />
Und vor allem: Das mobile Lernen erfährt einen enormen Auftrieb.<br />
Neben der Quantität steigt hier auch die Qualität.”<br />
Träger des Deutschen Bildungsmedien-Preises sind das IBI - Institut<br />
für Bildung in der Informationsgesellschaft an der TU Berlin, die<br />
Intel GmbH und die Stiftung Lesen. Der Jury gehörten neun Fachleute<br />
aus Wissenschaft, Bildungsadministration und Wirtschaft an. In einer<br />
ersten Runde hatte die Jury nach ausführlicher Beratung mit Fachgutachtern<br />
aus 100 Einreichungen 22 Produkte<br />
für den „digita 2012” nominiert. Die<br />
Auswahl der Preisträger durch die Juroren<br />
erfolgte kurz vor der Preisverleihung.<br />
In der Kategorie Vorschulische Bildung<br />
siegte „Kinder Brockhaus TING<br />
Starter-Set” von der wissenmedia in der<br />
inmediaONE] GmbH (Güter<strong>sl</strong>oh).<br />
In der Kategorie Allgemeinbildende<br />
Schule wurde in der Sparte „Grundschule”<br />
das „Internet-ABC” vom Internet-ABC e.V.<br />
(Düsseldorf) ausgezeichnet. In der Sparte<br />
Sekundarstufe I gewann „Westermann<br />
Interaktive Wandkarten” von der Bildungshaus<br />
Schulbuchverlage Westermann<br />
Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers<br />
GmbH (Braunschweig), in der Sparte<br />
Sekundarstufe II „HUNGER” von der EI-<br />
KON Media GmbH (Berlin).<br />
In der Kategorie Privates Lernen vergab<br />
die Jury zwei Preise: „bettermarks” von der<br />
bettermarks GmbH (Berlin) setzte sich in<br />
der Sparte über 10 Jahre durch. In der Sparte<br />
über 16 Jahre gewann die App „Die Berliner<br />
Mauer” von der Bundeszentrale für<br />
politische Bildung (Bonn), dem Deutschlandradio<br />
(Berlin) und dem Zentrum für<br />
Zeithistorische Forschung Potsdam.<br />
In der Kategorie <strong>Beruf</strong>liche Bildung und Studium ist „Career Express<br />
Business English” von der Cornelsen Verlag GmbH (Berlin) der<br />
Preisträger in der Sparte Studium. In der Sparte Weiterbildung erhielt<br />
die iPad-App „Social Media Manager” von der ILS-Institut für Lernsysteme<br />
GmbH (Hamburg) den Preis.<br />
Die „FWU-Mediathek” des FWU Institut für Film und Bild in<br />
Wissenschaft und Unterricht (Grünwald b. München) wurde mit dem<br />
„digita” in der Kategorie Didaktische Werkzeuge ausgezeichnet.<br />
Alle „digita”-Preisträger zeigen beispielgebend, welchen hohen<br />
Mehrwert IT-gestützte Bildungsmedien für das Lehren und Lernen<br />
bieten können.<br />
Der Deutsche Bildungsmedien-Preis „digita” wurde in diesem Jahr<br />
zum 17. Mal verliehen. Seit 1995 prämieren die Veranstalter mit dem<br />
„digita” Lehr- und Lernangebote, die sich durch herausragende Pädagogik<br />
und Didaktik, optimale Nutzung der digitalen Technologien sowie<br />
überzeugende grafische Gestaltung auszeichnen.<br />
Text: digita Geschäftsstelle • Foto: IBI<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
40<br />
:Fortbildung<br />
Bildung auf dem Lande<br />
Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Bildungsverwaltung<br />
In Kooperation mit der Gemeinde Wader<strong>sl</strong>oh findet am 14. Und 15.<br />
September die DGBV-Fachtagung „Bildung auf dem Lande” statt.<br />
Schirmherrschaft: Prof. Dr. Rita Süssmuth<br />
Leitung:<br />
Hans-Dieter Hummes<br />
Programm:<br />
14. September 2012<br />
15:30 Uhr offener Tagungsbeginn mit Kaffee<br />
16:00 Uhr Tagungseröffnung<br />
Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Vorsitzender der DGBV, Berlin<br />
Grußworte<br />
Christian Thegelkamp, Bürgermeister der Gemeinde<br />
Wader<strong>sl</strong>oh<br />
Dr. Olaf Gericke, Landrat des Kreises Warendorf<br />
N.N., Vertreter des Ministerium für Schule und Weiterbildung<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf<br />
17:00 Uhr Lokale Bildung<strong>sl</strong>andschaften – Teilhabe für Alle ermöglichen<br />
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes,<br />
ehem. Präsidentin des Deutschen<br />
Bundestages, Berlin<br />
Diskussion<br />
18:00 Uhr Bildungsmonitoring unter besonderer Berücksichtigung<br />
des ländlichen Raumes (Arbeitstitel)<br />
Prof. Dr. Hans Döbert, Deutsches Institut für internationale<br />
pädagogische Forschung, Berlin<br />
Diskussion<br />
Anschließend Führung durch das „Museum Abtei Liesborn”<br />
(u.a. „Meister von Liesborn” und größte deutsche<br />
Kruzifixsammlung)<br />
ca.<br />
20:15 Uhr Abendessen im Hotel Bomke<br />
Samstag, 15.09.2012<br />
09:00 Uhr Was leistet der ländliche Raum für die Gesamtgesellschaft?<br />
(Arbeitstitel)<br />
Reinhold Sendker, Mitglied des Bundestages, Warendorf<br />
Diskussion<br />
10:00 Uhr Zur Situation der Jugendlichen im ländlichen Raum oder<br />
Leben<strong>sl</strong>ang Lernen im ländlichen Raum (Arbeitstitel)<br />
PD Dr. Birgit Hoyer, geschäftsführende Leiterin des Zentrums<br />
für Lehrerinnen- und Lehrerbildung der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg.<br />
11:00 Uhr Dezentrale Bildungsorganisation im ländlichen Raum:<br />
Statements und Runder Tisch unter Einbeziehung des<br />
Plenums<br />
z.B. · Verbundschulen<br />
Holger Meyer, Leiter des größten nordrhein-westfälischen<br />
Grundschulverbundes, Wader<strong>sl</strong>oh<br />
· <strong>Beruf</strong>sausbildung im dualen System<br />
Dieter Hölterhoff, Oberschulrat a.D. (Brandenburg)<br />
· Fachhochschulen,<br />
N.N.<br />
· Erwachsenenbildung<br />
Christa Paschert-Engelke, Leiterin der VHS Beckum-<br />
Wader<strong>sl</strong>oh, (z.B. Studienforum, Älterwerden u. Bildung,<br />
<strong>Beruf</strong>liche Bildung...)<br />
· Ansätze im europäischen Au<strong>sl</strong>and<br />
Drs. Bob van de Veen, Selbstständiger Bildungsberater<br />
Moderation: Gisbert Strotdrees, Landwirtschaftliches<br />
Wochenblatt Westfalen-Lippe<br />
12:00 Uhr Zusammenfassung<br />
Prof. Dr. Hans-Peter Füssel, Vorsitzender Der DGBV, Berlin<br />
13:00 Uhr Mittagessen im Hotel Bomke<br />
Angebot:<br />
Besichtigung der Firma „Paschen Bibliotheken” – „Paschen<br />
Manufaktur” (angefragt)<br />
Unterkunft u. Verpflegung:<br />
Hotel Bomke, Kirchplatz 7, 59329 Wader<strong>sl</strong>oh,<br />
Tel. 02523 9216-0, Fax 02523/1366, (www.hotel-bomke.de),<br />
Haupthaus: 147,00 €<br />
Gästehaus: 135,00 €<br />
Gästehaus Karger: 124,00 € (bei Frühstück im Haupthaus + 10,00 €)<br />
Abendessen am 14.09. und Mittagessen am 15.09.2012 (ohne Übernachtung):<br />
68,00 €<br />
Fachtagung „Bildung auf dem Lande”<br />
4. bis 15. September 2012 in Wader<strong>sl</strong>oh<br />
Veranstaltungsort:<br />
Rathaus Wader<strong>sl</strong>oh, Liesborner Str. 5.<br />
Teilnahmegebühr:<br />
40,00 Euro (Mitglied der DGBV) bzw. 60,00 Euro (Nichtmitglied<br />
der DGBV).<br />
Anmeldungsformular unter:<br />
http://dgbv.de/veranstaltungen.html.<br />
Kontakt / Auskunft<br />
hummes@<strong>sl</strong>v-nrw.de<br />
b:<strong>sl</strong> 01:2011 03:2012
:Lesestoff 41<br />
Lesestoff – Informationen für <strong>Schulleitung</strong>en<br />
Für Zwischendurch<br />
Sie müssen mal wieder schnellstens eine Vertretung<br />
organisieren, leiden aber auch ansonsten<br />
unter akutem Personalmangel und müssen es<br />
wohl oder übel selbst richten? Sie haben aber<br />
absolut keine Zeit, eine ausgefeilte Vertretungsstunde<br />
zu konzipieren? Dann kommt<br />
Ihnen dieses kleine Büchlein sicher gerade<br />
recht: „39 Vertretungsstunden ohne Vorbereitung”<br />
bietet Unterrichtsvorschläge im Kleinstformat, aufbereitet auf jeweils<br />
zwei A6-Seiten und versehen mit Informationen zum Lernziel, der<br />
geeigneten Klassenstufe, der benötigten Zeit sowie dem Material, das<br />
gebraucht wird. Insgesamt scheinen die vorgestellten Einheiten so einfach<br />
zu kredenzen wie Instant-Kartoffelbrei; ob es jedoch wirklich so<br />
problemlos funktioniert, muss wohl die Praxis zeigen<br />
Reinhold Miller: 39 Vertretungsstunden ohne Vorbereitung. Erschienen<br />
bei BELTZ pocket, ISBN 978-3-407-62793-3, 1. Auflage 2011. 95<br />
Seiten. Broschiert. 6,50 EUR.<br />
Erste Hilfe<br />
Das Inhaltsverzeichnis liest sich abschreckend:<br />
In kompakter Stichwort-Auflistung reihen sich<br />
körperliche und seelische Leiden von „Bauchschmerzen”<br />
über „Tumorerkrankungen” bis<br />
hin zu „Missbrauch in Chatrooms” aneinander.<br />
Kurieren oder wirklich tiefgreifend<br />
unterstützen können Sie auf Grundlage der<br />
Lektüre dieses dünnen Bandes sicher niemanden, aber schließlich<br />
handelt es sich explizit nur um „Tipps”. Allerdings stößt die sprachliche<br />
Gestaltung von Zeit zu Zeit auf; so findet sich unter den Kurzbeschreibungen<br />
jedes Symptoms stets die Rubrik „Gleich mal ausprobieren”<br />
– im Zusammenhang mit schwerwiegenden Problemen wie<br />
Suizidhandlungen ist so eine Überschrift nicht unbedingt angebracht<br />
und bestenfalls makaber.<br />
Hans-Georg Häring, Walter Kowalczyk: 99 Tipps. Wenn Schüler<br />
Hilfe brauchen. Erschienen bei Cornelsen Scriptor, ISBN 978-3-589-<br />
23056-3. 160 Seiten. Broschiert. 15,95 EUR.<br />
Gewaltprävention<br />
Das komplexe Thema Gewaltprävention, abgehandelt<br />
auf gerade einmal 160 Seiten? Keine<br />
Sorge, „Konzepte zur Gewaltprävention in<br />
Schulen” ist nicht als umfassendes Kompendium,<br />
sondern vielmehr als Impulsgeber zu verstehen.<br />
So stellen die Autoren verschiedene<br />
konkrete Programme aus ganz Deutschland<br />
vor, mit denen auf je unterschiedliche Weise erfolgreich<br />
präventiv und intervenierend gearbeitet wird – eine inspirierende<br />
Sammlung für all jene, die (zurecht) glauben, dass der Umgang mit<br />
Gewalt nicht auf der theoretischen Ebene, sondern in der Praxis des<br />
sozialen Miteinanders erlernt werden muss.<br />
Helmolt Rademacher, Marion Altenburg-van Dieken (Hrsg.): Konzepte<br />
zur Gewaltprävention in Schulen. Prävention und Intervention.<br />
Erschienen bei Cornelsen, ISBN 978-3-589-23291-8. 160 Seiten.<br />
Broschiert. 19,50 EUR.<br />
Das Letzte<br />
Dr. Helmut Lungershausen präsentiert<br />
− pointiert aufbereitet − seine Perspektive<br />
auf den <strong>Schulleitung</strong>salltag ...<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012
42 :Impressum<br />
Baden-Württemberg<br />
VSL Vereinigung von Schulleiterinnen<br />
und Schulleitern in Baden-<br />
Württemberg e.V.<br />
c/o Fünf Freunde<br />
Osnabrücker Straße 7<br />
10589 Berlin<br />
T: (030) 20454884 F: (030) 20455134<br />
geschaeftsstelle@v<strong>sl</strong>-bw.de<br />
www.v<strong>sl</strong>-bw.de<br />
Bayern<br />
Bayerischer <strong>Schulleitung</strong>sverband e.V.<br />
Geschäftsführer Siegfried Wohlmann<br />
Bayernstr. 4a<br />
92318 Neumarkt in der Oberpfalz<br />
T: (09181) 510206 F: (09181) 461270<br />
siewoh@t-online.de<br />
www.bsv-bayern.info<br />
Berlin<br />
Interessenverband Berliner<br />
<strong>Schulleitung</strong>en e.V.<br />
Helmut Kohlmeyer<br />
Lily-Braun-Str. 101<br />
12619 Berlin<br />
T/F: (030) 9715832<br />
service@ibs-verband.de<br />
Brandenburg, Bremen,<br />
Thüringen, Sachsen<br />
Momentan kein Landesverband, bitte<br />
wenden Sie sich an die<br />
ASD-Geschäftsstelle<br />
Osnabrücker Straße 7<br />
10589 Berlin<br />
kontakt@schulleitungsverbaende.de<br />
Hamburg<br />
VHS Verband Hamburger<br />
<strong>Schulleitung</strong>en e.V.<br />
Gudrun Wolters-Vogeler<br />
Schule Lange Striepen<br />
Lange Striepen 51<br />
21147 Hamburg<br />
T: (040) 79719810 F: (040) 79719848<br />
g.wolters@gmx.de<br />
www.vhs-ev.de<br />
Hessen<br />
Interessenverband Hessischer<br />
Schulleiterinnen und Schulleiter e.V.<br />
Cornelia Doebel<br />
Akazienweg 6<br />
63163 Neu-Isenburg<br />
T: (06102) 836520<br />
ihs-geschaeftsstelle@arcor.de<br />
www.ihs-hessen.de<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
<strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />
Mecklenburg-Vorpommern e.V.<br />
Heike Walter<br />
Regionale Schule mit<br />
Grundschule Bernitt<br />
Schulstr. 7<br />
18249 Bernitt<br />
T/F: (038464) 20250<br />
heikewalter@yahoo.de<br />
www.<strong>sl</strong>mv.de<br />
Niedersachsen<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />
Niedersachsen e.V.<br />
Bödeker Str. 7<br />
30161 Hannover<br />
T: (0511) 6005635 F: (0511) 6005636<br />
E-Mail über das Kontaktformular des<br />
SLVN auf dessen Homepage<br />
www.<strong>sl</strong>vn.de<br />
Die nächste Ausgabe<br />
erscheint im Oktober 2012<br />
<strong>Beruf</strong> : <strong>Schulleitung</strong><br />
Nordrhein-Westfalen<br />
<strong>Schulleitung</strong>svereinigung<br />
Nordrhein-Westfalen e.V.<br />
Ralf Drögemöller<br />
Rußheideschule<br />
Spindelstr. 119<br />
33604 Bielefeld<br />
Rheinland-Pfalz<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />
Rheinland-Pfalz e.V.<br />
Christl Pfirrmann-Ott<br />
Am Gartenberg 347<br />
76149 Karlsruhe<br />
T: (0721) 7819987<br />
info@svr-rlp.de<br />
www.svr-rlp.de<br />
Saarland<br />
Vereinigung Saarländischer<br />
Schulleiter e.V.<br />
Arno Heinz<br />
Kohlweg 28<br />
66123 Saarbrücken<br />
T: (06821) 98240 (d.)<br />
aheinz.sb@t-online.de<br />
04/12<br />
Titelthemen:<br />
Sachsen-Anhalt<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband<br />
Sachsen-Anhalt e.V.<br />
Margitta Behrens<br />
Grundschule Am Glacis<br />
W.-Külz-Str. 1<br />
39108 Magdeburg<br />
T & F: (0391) 7335871<br />
info@gs-amglacis.de<br />
www.<strong>sl</strong>v-st.de<br />
Schleswig-Holstein<br />
<strong>Schulleitung</strong>sverband Schleswig-<br />
Holstein e.V.<br />
Klaus-Ingo Marquardt<br />
Pommernweg 33<br />
24582 Wattenbek<br />
T: (04322) 2362 F: (04322) 888922<br />
kimarquardt@<strong>sl</strong>vsh.de<br />
www.<strong>sl</strong>vsh.de<br />
<strong>Schulleitung</strong>:<br />
Stellvertretung<br />
und Nachwuchs<br />
Technik in der Schule<br />
Dies sind die Themen, die wir in<br />
der nächsten Ausgabe Ihres<br />
Fachmagazins beleuchten wollen.<br />
Redaktionsschluss:<br />
31. August 2012<br />
Anzeigenschluss:<br />
6. September 2012<br />
b:<strong>sl</strong> 02:2012<br />
Impressum: b:<strong>sl</strong> – <strong>Beruf</strong> : <strong>Schulleitung</strong>, ISSN Nr. 977-1865-3391<br />
Herausgeber: ASD Allgemeiner <strong>Schulleitung</strong>sverband Deutschlands e. V.<br />
Vorsitzende: Gudrun Wolters-Vogeler<br />
Verlag:<br />
Fünf Freunde Werbeagentur UG (haftungsbeschränkt), Osnabrücker Straße 7, 10589 Berlin<br />
Telefon: (030) 20 45 48 84, Telefax: (030) 20 45 51 34, eMail: info@beruf-schulleitung.de<br />
Redaktion: Michael Smosarski (V.i.S.d.P.)<br />
Anzeigen: Marketing Services Gärtner, Henry Gärtner, Orffstraße 5, 41564 Kaarst, Tel.: (0 21 31) 742 32 33,<br />
Fax: (0 21 31) 742 32 33, E-Mail: anzeigen@beruf-schulleitung.de, www.beruf-schulleitung.de<br />
Bezugspreise: Einzelheft 5,60 E; zzgl. 0,95 E Versandkosten. Jahresvorzugspreis: 19,20 E<br />
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