Das Magazin der VNG-Gruppe - Verbundnetz Gas AG
Das Magazin der VNG-Gruppe - Verbundnetz Gas AG
Das Magazin der VNG-Gruppe - Verbundnetz Gas AG
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
medium gas 2 | 2013<br />
Energiewirtschaftliches Institut an <strong>der</strong> Universität zu Köln (EWI)<br />
<strong>Das</strong> EWI wurde vor über 60 Jahren gegründet. Es untersucht vor allem, wie sich politische<br />
und wirtschaftliche Entscheidungen sowie technologische Entwicklungen<br />
auf die Märkte und Marktergebnisse auswirken. <strong>Das</strong> EWI hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
zu einem <strong>der</strong> führenden europäischen Forschungsinstitute, einem Think Tank für<br />
Energieökonomik, zu werden.<br />
www.ewi.uni-koeln.de<br />
Kohlekraftwerke zur Deckung <strong>der</strong> Stromnachfrage<br />
eingesetzt.<br />
Wenn <strong>der</strong> CO 2<br />
-Preis stiege, und damit<br />
<strong>der</strong> Abstand des Brennstoffpreises<br />
zwischen Kohle und Erdgas (<strong>Gas</strong>-Kohle-<br />
Spread) kleiner würde, könnte es zu einem<br />
Brennstoffwechsel von Kohle zu<br />
Erdgas kommen. Betrachtet man nur<br />
den CO 2<br />
-Preis wäre – in einer überschlägigen<br />
Rechnung – ein Emissionspreis<br />
von rund 25 €/t notwendig, um bei den<br />
<strong>der</strong>zeitigen Abständen <strong>der</strong> Brennstoffpreise<br />
einen Wechsel von einem durchschnittlichen<br />
Steinkohlekraftwerk zu<br />
einem hocheffizienten GuD-Kraftwerk<br />
zu vollziehen. Tatsächlich liegt <strong>der</strong> CO 2<br />
-<br />
Preis <strong>der</strong>zeit bei rund 4 €/t. Alternativ<br />
würden <strong>Gas</strong>kraftwerke natürlich auch<br />
von einer Verringerung des <strong>Gas</strong>-Kohle-<br />
Spreads in Europa profitieren, die <strong>der</strong>zeit<br />
allerdings nicht absehbar ist.<br />
Die aktuelle Renaissance <strong>der</strong> Kohleverstromung<br />
wird gemeinhin als<br />
Klimasünde kritisiert. Dabei wird aber<br />
übersehen, dass mit <strong>der</strong> gestiegenen<br />
Kohleverstromung <strong>der</strong> CO 2<br />
-Ausstoß in<br />
<strong>der</strong> EU nicht erhöht wird. Denn die maximal<br />
verfügbare Menge an CO 2<br />
-Emissionen<br />
wird durch das europäische<br />
Emissionshandelssystem (EU-ETS) gedeckelt.<br />
Die starke Nutzung von Kohle<br />
ist, energiewirtschaftlich betrachtet,<br />
<strong>der</strong>zeit die effiziente Reaktion des<br />
Marktes auf die vorgegebene Emissionsgrenze<br />
– bei einer unerwarteten,<br />
durch die Wirtschaftskrise in Europa<br />
hervorgerufenen, Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> CO 2<br />
-<br />
Emissionen und einem gleichzeitig<br />
niedrigen relativen Kohlepreis. Aber<br />
auch die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erneuerbaren<br />
spielt in diesen Zusammenhang hinein.<br />
Denn <strong>der</strong> staatlich verordnete Ausbau<br />
<strong>der</strong> Erneuerbaren verdrängt zwar<br />
zunehmend fossile Kraftwerke, sorgt<br />
aber – wegen des EU-übergreifenden<br />
Deckels – nicht für eine entsprechende<br />
Verringerung <strong>der</strong> CO 2<br />
-Emissionen.<br />
Die nichtverbrauchten Emissionsrechte<br />
gehen nicht verloren, son<strong>der</strong>n stehen<br />
Emittenten weiterhin zur Verfügung. In<br />
<strong>der</strong> Folge sinkt <strong>der</strong> Preis für CO 2<br />
-Zertifikate,<br />
was wie<strong>der</strong>um den Wechsel von<br />
Kohle- zu Erdgaskraftwerken (sogenannter<br />
Fuel Switch) verhin<strong>der</strong>t.<br />
Ökonomisch betrachtet ist die Koexistenz<br />
von EU-ETS und EE-För<strong>der</strong>ung<br />
fragwürdig. Denn <strong>der</strong> Brennstoffwechsel<br />
von Kohle zu <strong>Gas</strong> ist die um ein<br />
Vielfaches günstigere CO 2<br />
-Vermeidungsoptionen<br />
im Vergleich zur Umstellung<br />
auf Erneuerbare Energien. Eine<br />
Stärkung des EU-ETS bei gleichzeitigem<br />
Verzicht auf die Subventionierung von<br />
bestimmten, staatlich verordneten CO 2<br />
-<br />
Vermeidungsoption würde also erhebliche<br />
Effizienzpotenziale für die europäische<br />
Klimastrategie bergen. Dieser<br />
Zusammenhang gilt immer, auch wenn<br />
man politisch die Zertifikate weiter<br />
verknappen und damit den CO 2<br />
-Preis<br />
erhöhen würde: Die technologiespezifische<br />
Privilegierung einer einzelnen<br />
Vermeidungsoption erhöht insgesamt<br />
die Vermeidungskosten.<br />
Doch selbst wenn sich Brennstoffund<br />
CO 2<br />
-Preise vorteilhaft für das Erdgas<br />
entwickeln sollten und damit einen<br />
Brennstoffwechsel weg von <strong>der</strong> Kohle<br />
einleiten könnten, würden Erdgaskraftwerke<br />
in einem EE-Ausbauszenario<br />
langfristig einen schrumpfenden Anteil<br />
am Strommarkt haben, insbeson<strong>der</strong>e<br />
wenn unsere Nachbarlän<strong>der</strong> gleichzeitig<br />
an <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Kernenergie<br />
festhalten.<br />
Es ergibt sich also ein Paradox: Europa<br />
will die Emission von Treibhausgasen<br />
reduzieren und dabei eine im<br />
globalen Kontext wettbewerbsfähige<br />
Stromversorgung behalten, verzichtet<br />
dabei aber gleichzeitig weitgehend auf<br />
die kostengünstige Vermeidungsoption<br />
des Brennstoffwechsels hin zu Erdgas.<br />
Auch im Wärme- und im Transportsektor<br />
stellt die Umstellung auf Erdgas<br />
eine wettbewerbsfähige CO 2<br />
-Vermeidungsoption<br />
dar, die zudem bereits<br />
kurzfristig umgesetzt werden könnte.<br />
Darüber hinaus würde eine solche Strategie<br />
auch eine Infrastruktur sichern<br />
und entwickeln, die langfristig für den<br />
Einsatz von erneuerbar erzeugtem<br />
<strong>Gas</strong> von großer Bedeutung wäre. Ein<br />
starker, sektorübergreifen<strong>der</strong> Emissionshandel<br />
würde diese effizienten<br />
CO 2<br />
-Vermeidungsoptionen aktivieren,<br />
doch im öffentlichen Diskurs spielt <strong>der</strong><br />
Energieträger Erdgas und die mit ihm<br />
verbundenen Chancen kaum eine Rolle.<br />
Geht es in <strong>der</strong> Energiepolitik dann<br />
vielleicht doch weniger um die Gewährleistung<br />
von effizientem Klimaschutz,<br />
als viel mehr um die Verfolgung ganz<br />
an<strong>der</strong>er Ziele?<br />
19