bilanz+buchhaltung - Bundesverband der Bilanzbuchhalter und ...
bilanz+buchhaltung - Bundesverband der Bilanzbuchhalter und ...
bilanz+buchhaltung - Bundesverband der Bilanzbuchhalter und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ilanz+buchhaltung<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen<br />
www.haufe.de/finance<br />
6/2013<br />
Pensionsrückstellungen Was bei Pensionsverpflichtungen zu beachten ist 12<br />
GoBD Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur DV-gestützten Buchführung 16<br />
Bilanzgestaltung Eine Aufgabe für das ganze Jahr 18<br />
Ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellung für Produkthaftung richtig berechnen 22<br />
Kooperation <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater profitieren von Zusammenarbeit 36<br />
ReWeCo 2013 „<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“ - Kampf um ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz 39<br />
Mat.-Nr. 01186-5072<br />
Top-Thema<br />
Organschaft<br />
Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform - Handlungsbedarf bei <strong>der</strong> umsatzsteuerlichen Organschaft 26
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Berufsrecht<br />
„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />
In ihrem Gastbeitrag auf Seite 36 stellt Bärbel Ettig<br />
dar, wie Steuerberater <strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> erfolgreich<br />
miteinan<strong>der</strong> zusammenarbeiten können.<br />
Gemeinsam können sie <strong>der</strong> mittelständischen<br />
Wirtschaft ein praxisgerechtes <strong>und</strong> hochwertiges<br />
Dienstleistungsspektrum anbieten. Die Präsidentin<br />
des <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>s <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller<br />
(BVBC) nennt jedoch auch die zahlreichen<br />
rechtlichen Beschränkungen für <strong>Bilanzbuchhalter</strong>,<br />
wodurch <strong>der</strong>en Berufsausübung stark begrenzt wird.<br />
Ein Blick ins Nachbarland Österreich zeigt, dass insbeson<strong>der</strong>e kleinere Unternehmen<br />
von mehr Befugnissen <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> profitieren. Bereits 2006<br />
wurde dort ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz eingeführt, das den Berufszugang <strong>und</strong><br />
die Aufsicht klar regelt. Seit Jahresanfang 2013 haben die österreichischen<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> bezüglich <strong>der</strong> Erstellung von Steuerbilanzen deutlich erweiterte<br />
Rechte erhalten.<br />
Bewun<strong>der</strong>nd blicken daher deutsche <strong>Bilanzbuchhalter</strong> auf ihre EU-Nachbarn.<br />
Auf seinem Jahreskongress vom 23. bis 25. Mai startete <strong>der</strong> BVBC eine neue politische<br />
Initiative: Der Verband kämpft – zusammen mit dem Buchhalterverband<br />
b.b.h. – für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz in Deutschland. In den letzten Wochen<br />
wurde eine Diskussionsgr<strong>und</strong>lage erstellt – nach österreichischem Modell. Beim<br />
Kongress in Bad Soden wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die dieses Papier<br />
weiterentwickeln soll. Ziel ist ein ausformulierter Entwurf eines <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes,<br />
das den Berechtigungsumfang für mehrere Berufe regelt: <strong>Bilanzbuchhalter</strong>,<br />
Steuerfachangestellte/Steuerfachwirte <strong>und</strong> Buchhalter.<br />
Um die For<strong>der</strong>ungen nach erweiterten Befugnissen für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
demonstrativ zu unterstreichen, hat <strong>der</strong> BVBC eine rote Karte unter dem Motto<br />
„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“ entwickelt. Diese wird an politische Entscheidungsträger<br />
<strong>und</strong> Kammern verschickt. Welche For<strong>der</strong>ungen diese enthält, lesen<br />
Sie in meinem Veranstaltungsbericht über die ReWeCo 2013 auf Seite 39.<br />
Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen<br />
Udo Reuß, Chefredakteur<br />
udo@udoreuss.de<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 1
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
6/2013<br />
Inhalt<br />
Kompakt<br />
3 Pensionszusagen<br />
Probezeiten genau beachten<br />
4 Arbeitgeberleistungen<br />
Wann steuerbegünstigte Gehaltsextras vorliegen<br />
22 Ungewisse Verbindlichkeiten – Rückstellung für<br />
Produkthaftung richtig berechnen<br />
Aufwendungen in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Produkthaftung<br />
sind als Betriebsausgaben abziehbar. Die<br />
frühzeitige Rückstellungsbildung beim Bekanntwerden<br />
von Schadensfällen ist sowohl handels- als auch<br />
steuerrechtlich zu empfehlen. Die dazu erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Voraussetzungen werden im Beitrag erläutert.<br />
5 Private Kfz-Nutzung<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an elektronische Fahrtenbücher<br />
<br />
Steuern<br />
Buchhaltung<br />
12 Pensionsrückstellungen – Was bei Rückstellungen<br />
für Pensionsverpflichtungen zu beachten ist<br />
Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen<br />
zu bilden. Es handelt sich hierbei um Rückstellungen<br />
für ungewisse Verbindlichkeiten.<br />
Wie diese richtig zu buchen sind, zeigt dieser Beitrag.<br />
16 GoBD – Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur DVgestützten<br />
Buchführung<br />
Das BMF hat einen Entwurf zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen zur<br />
ordnungsmäßigen Führung <strong>und</strong> Aufbewahrung von<br />
Büchern, Aufzeichnungen <strong>und</strong> Unterlagen in elektronischer<br />
Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ erstellt.<br />
Diese sollen die bisherigen Verwaltungsschreiben zu<br />
den GoBS <strong>und</strong> GDPdU ablösen. Eine erste Analyse.<br />
Topthema Organschaft<br />
26 Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform<br />
In Fällen <strong>der</strong> Organschaft übernimmt <strong>der</strong> Organträger<br />
(OT) das Jahresergebnis <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
(OG); dadurch wird die Besteuerung einer Firma (OG)<br />
letztendlich bei einem zweiten Unternehmen (OT)<br />
vorgenommen. Hierbei ist zwischen Körperschaft-,<br />
Gewerbe- <strong>und</strong> Umsatzsteuer zu unterscheiden. Im<br />
Februar 2013 wurde eine gesetzliche Reform verabschiedet,<br />
die vor allem steuerliche Än<strong>der</strong>ungen beim<br />
Auslandsbezug regelt.<br />
34 Umsatzsteuer – Handlungsbedarf bei Organschaften<br />
Das BMF hat mit Schreiben vom 7.3.2013 die lang<br />
ersehnte Anweisung zur umsatzsteuerrechtlichen<br />
Organschaft erlassen. Es än<strong>der</strong>t seine Auffassung zum<br />
Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung.<br />
Bilanzierung<br />
18 Bilanzgestaltung – Eine Aufgabe für das ganze Jahr<br />
Die Unternehmensbilanz bildet die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
wichtige Finanzkennzahlen, die etwa von Banken <strong>und</strong><br />
Gesellschaftern berechnet werden. Die Vergabe von<br />
Krediten, die Gewinnentnahme o<strong>der</strong> das Rating zur<br />
Ermittlung von Zinshöhen hängen maßgeblich von<br />
Kennzahlen wie Eigenkapitalquote o<strong>der</strong> Verschuldungsgrad<br />
ab. Üblicherweise wird am Jahresende versucht,<br />
die Bilanz im Rahmen des Erlaubten so zu gestalten,<br />
dass die Kennzahlen hilfreiche Ergebnisse liefern. Das<br />
ist zu spät.<br />
Persönlich<br />
36 Kooperation – <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater<br />
profitieren von Zusammenarbeit<br />
Eine enge Kooperation von <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n <strong>und</strong><br />
Steuerberatern eröffnet vielfältige Synergien. Gemeinsam<br />
können sie Unternehmen ein praxisgerechtes <strong>und</strong><br />
hochwertiges Dienstleistungsspektrum anbieten.<br />
39 ReWeCo 2013 – „<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />
Auf seinem Jahreskongress gab <strong>der</strong> BVBC den Startschuss<br />
für eine neue politische Initiative. Ziel: ein<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz.<br />
40 Impressum<br />
2<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Pensionszusagen<br />
Probezeiten genau beachten<br />
Was für Arbeitnehmer die gesetzliche<br />
Rente ist, sind für viele GmbH-Geschäftsführer<br />
Betriebsrenten. Gerade<br />
geschäftsführende Gesellschafter<br />
ertragsstarker Unternehmen sorgen<br />
über eine Pensionszusage fürs Alter<br />
vor. Für r<strong>und</strong> zwei Drittel aller mittelständischen<br />
Unternehmen sind<br />
Betriebsrenten eine interessante Option,<br />
schätzt die Wirtschaftskanzlei<br />
DHPG. Alle damit verb<strong>und</strong>enen Aufwendungen<br />
sind als Betriebsausgabe<br />
absetzbar.<br />
Die aktuelle Rechtsprechung erfor<strong>der</strong>t<br />
für Betriebsrenten jetzt ein erhöhtes<br />
Augenmerk. Wer kürzlich eine<br />
Pensionszusage vereinbart hat, sollte<br />
die neuen steuerlichen Vorgaben beachten.<br />
Denn die Finanzverwaltung<br />
hat die Bedingungen zu Warte- <strong>und</strong><br />
Probezeit deutlich verschärft. „Bis<br />
zu 75 Prozent <strong>der</strong> Pensionszusagen<br />
weisen Fehler auf“, warnt Jochen J.<br />
Muth, Steuerberater <strong>der</strong> DHPG in<br />
Euskirchen. „Unternehmen sollten<br />
dringend ihre Pensionszusagen regelmäßig<br />
auf den Prüfstand stellen.“<br />
Gr<strong>und</strong>lage ist ein Schreiben <strong>der</strong><br />
Finanzverwaltung, das zu einem Urteil<br />
des B<strong>und</strong>esfinanzhofs Stellung<br />
nimmt (BFH, I R 78/08). Die Crux:<br />
Die Finanzbehörden wenden die<br />
verschärften Bedingungen des BFH<br />
nun rückwirkend für alle Pensionszusagen<br />
an, die seit dem 29.7.2010<br />
geschlossen wurden. An diesem Tag<br />
wurde das BFH-Urteil online veröffentlicht.<br />
Wer gegen die neuen Vorschriften<br />
verstößt, muss mit erheblichen<br />
finanziellen Einbußen rechnen. Die<br />
Finanzverwaltung erkennt Pensionszusagen<br />
nur an, wenn im Vorfeld<br />
eine angemessene Probezeit eingehalten<br />
wird (siehe Praxis-Hinweis).<br />
Bislang hielt sich <strong>der</strong> Schaden in<br />
Grenzen. Die Steuerprüfer durften<br />
die Betriebsausgaben nur für die<br />
ersten Jahre <strong>der</strong> Probezeit reduzieren.<br />
Wer jetzt gegen die Vorgaben<br />
verstößt, verliert alle Steuervorteile.<br />
„Pensionszusagen sind ein für<br />
alle Mal vergiftet“, mahnt DHPG-<br />
Steuerberater Muth. „Das Finanzamt<br />
streicht alle Pensionsrückstellungen<br />
in <strong>der</strong> Steuerbilanz <strong>und</strong> wertet eine<br />
spätere Auszahlung als verdeckte<br />
Gewinnausschüttung.“<br />
Praxis-Hinweis<br />
Doch noch ist nichts verloren. Betroffene<br />
sollten schnell handeln <strong>und</strong> vertragliche<br />
Anpassungen vornehmen.<br />
Tipp <strong>der</strong> DHPG: Geschäftsführer<br />
<strong>und</strong> Gesellschafter sollten steuerlich<br />
problematische Pensionszusagen<br />
vertraglich aufheben. Das Unternehmen<br />
muss dann die bereits getätigten<br />
Rückstellungen aus <strong>der</strong> Steuerbilanz<br />
tilgen, was den Steuervorteil bis<br />
auf weiteres auflöst. Eine genaue<br />
Berechnung bewahrt vor bösen Überraschungen.<br />
Nach Ablauf <strong>der</strong> vom<br />
BFH vorgeschriebenen Probezeiten<br />
kann die Gesellschafterversammlung<br />
die Pensionszusage erneut erteilen<br />
<strong>und</strong> zwar steuerwirksam. So<br />
sind die angestrebten Vorteile weitgehend<br />
gerettet.<br />
Ein Wermutstropfen bleibt: „Der<br />
Versicherungsschutz für den Geschäftsführer<br />
ist zwischenzeitlich<br />
eingeschränkt“, betont DHPG-Berater<br />
Muth. „Eine Hinterbliebenen- <strong>und</strong><br />
Invaliditätszusage ist oft unmittelbar<br />
mit <strong>der</strong> Pensionszusage verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> damit ebenfalls zeitweise außer<br />
Kraft.“ Angesichts <strong>der</strong> komplexen<br />
Bestimmungen empfiehlt es sich,<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich vor <strong>der</strong> Erteilung von<br />
Pensionszusagen steuerlichen Rat<br />
einzuholen. Nur so lassen sich alle<br />
Steuervorteile finanzamtssicher ausschöpfen.<br />
Quelle: DHPG<br />
Drum prüfe, wer sich ewig bindet<br />
Pensionszusagen für Gesellschafter-Geschäftsführer erfor<strong>der</strong>n eine erhöhte Vorsicht.<br />
Sonst werten die Finanzbehörden die Rückstellungen als verdeckte Gewinnausschüttung.<br />
Bei Vereinbarungen ab dem 29.7.2010 sind folgende Probezeiten<br />
unbedingt einzuhalten:<br />
5 Jahre: Viele Neugründungen scheitern schnell wie<strong>der</strong>. Erst nach einigen Jahren<br />
ist absehbar, ob Unternehmen sich dauerhaft am Markt behaupten können.<br />
Konsequenz: Neugründungen dürfen frühestens nach fünf Jahren eine Pensionszusage<br />
vereinbaren <strong>und</strong> damit langfristige Zahlungsverpflichtungen eingehen.<br />
2 bis 3 Jahre: Bei allen am Markt etablierten Unternehmen verlangt <strong>der</strong> Fiskus<br />
eine mindestens zweijährige Frist. Erst danach darf das Unternehmen eine Pensionszusage<br />
erteilen. Ausschlaggebend für die Höhe <strong>der</strong> Pension ist die Wirtschaftskraft<br />
des Unternehmens zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Vereinbarung.<br />
1 Jahr: Eine Son<strong>der</strong>stellung genießt ein „Management-Buy-Out“. Wenn ein leiten<strong>der</strong><br />
Angestellter das Unternehmen kauft <strong>und</strong> als Kapitalgesellschaft fortführt,<br />
muss er nur ein Jahr warten, bis er eine Pensionszusage vereinbaren kann. Der<br />
Fiskus geht in diesem Fall davon aus, dass <strong>der</strong> ehemalige Angestellte seine Qualifikation<br />
bereits bewiesen hat.<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 3
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Arbeitgeberleistungen<br />
Wann steuerbegünstigte Gehaltsextras vorliegen<br />
Die Finanzverwaltung sieht die in<br />
mehreren Steuerbefreiungs- <strong>und</strong><br />
Pauschalierungsvorschriften enthaltene<br />
Zusätzlichkeitsvoraussetzung<br />
bereits dann als erfüllt an, wenn die<br />
Leistung zum geschuldeten Arbeitslohn<br />
hinzukommt – <strong>und</strong> weicht damit<br />
von <strong>der</strong> neueren BFH-Rechtsprechung<br />
ab.<br />
Mit Urteilen vom 19.9.2012 – VI R<br />
54/11 <strong>und</strong> VI R 55/11 – hat <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esfinanzhof<br />
(BFH) entschieden, dass<br />
das in bestimmten lohnsteuerlichen<br />
Steuerbefreiungs- <strong>und</strong> Pauschalierungsvorschriften<br />
verwendete Tatbestandsmerkmal<br />
„zusätzlich zum<br />
ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“<br />
nur bei freiwilligen Arbeitgeberleistungen<br />
erfüllt sei. „Zusätzlich“ zum<br />
ohnehin geschuldeten Arbeitslohn<br />
werden nur freiwillige Leistungen<br />
erbracht; <strong>der</strong> „ohnehin geschuldete<br />
Arbeitslohn“ ist nach Ansicht des<br />
BFH <strong>der</strong> arbeitsrechtlich geschuldete<br />
Arbeitslohn.<br />
Die Urteile sind zu folgenden Vorschriften<br />
ergangen:<br />
§ 3 Nr. 33 EStG (Kin<strong>der</strong>gartenzuschüsse<br />
<strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>betreuungsleistungen<br />
des Arbeitgebers),<br />
§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG (IT-<br />
Leistungen des Arbeitgebers) <strong>und</strong><br />
§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG (Fahrtkostenzuschüsse<br />
für Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte).<br />
Zusätzliche Leistungen müssen nicht<br />
freiwillig sein<br />
Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung<br />
setzte das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich<br />
zum ohnehin geschuldeten<br />
Arbeitslohn“ lediglich voraus, dass<br />
die zweckbestimmte Leistung „zu<br />
dem Arbeitslohn hinzukommt, den<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber aus an<strong>der</strong>en Gründen<br />
schuldet“ (vgl. BFH, Urteil vom<br />
15.5.1998, VI R 127/97, BStBl 1998<br />
II S. 518). Dass die zusätzliche Leistung<br />
auf freiwilliger Basis erfolgen<br />
muss, hat <strong>der</strong> BFH bisher nicht gefor<strong>der</strong>t.<br />
Mit den eingangs genannten<br />
Entscheidungen verschärfte <strong>der</strong> BFH<br />
somit die Anfor<strong>der</strong>ungen an die lohnsteuerlichen<br />
Vergünstigungen.<br />
Die Verwaltung sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung<br />
als erfüllt an<br />
– abweichend von <strong>der</strong> neuen BFH-<br />
Rechtsprechung -, wenn die zweckbestimmte<br />
Leistung zu dem Arbeitslohn<br />
hinzukommt, den <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
arbeitsrechtlich schuldet (vgl. R 3.33<br />
Abs. 5 Satz 1 LStR 2011). Schädlich<br />
sind danach nur Gehaltsumwandlungen.<br />
Das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich<br />
zum ohnehin geschuldeten<br />
Arbeitslohn“ gilt nach dem neuen<br />
Erlass auch dann als erfüllt, wenn<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer arbeitsvertraglich<br />
o<strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> einer an<strong>der</strong>en arbeits-<br />
o<strong>der</strong> dienstrechtlichen Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />
einen Anspruch auf die<br />
zweckbestimmte Leistung hat.<br />
Quellen: BMF, Schreiben vom<br />
22.5.2013, IV C 5 – S 2388/11/10001-<br />
02); Haufe-Redaktion<br />
Praxis-Hinweis<br />
In den Urteilsfällen vereinbarte <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern<br />
neue Arbeitsverträge. Danach waren<br />
als Arbeitslohn – neben <strong>der</strong> Zahlung<br />
eines Bruttogehalts – monatliche<br />
Zusatzleistungen vereinbart. Die<br />
Finanzverwaltung ist zwar großzügiger<br />
als <strong>der</strong> BFH; sie wird aber<br />
auch in Zukunft solche Modelle nur<br />
anerkennen, wenn durch die Zusatzleistungen<br />
<strong>der</strong> bisher geschuldete<br />
Bruttoarbeitslohn übertroffen wird.<br />
Steuerliche Herstellungskosten<br />
Neuregelung belastet Unternehmen mit jährlich 1,5 Milliarden Euro<br />
Die geplante Einbeziehung von allgemeinen<br />
Verwaltungskosten <strong>und</strong><br />
weiterer Aufwendungen in die steuerlichen<br />
Herstellungskosten könnte<br />
die Unternehmen teuer zu stehen<br />
kommen. Eine Schätzung des Statistischen<br />
B<strong>und</strong>esamts (StBA) ergab,<br />
dass die beabsichtigte Neuregelung<br />
eine Belastung für die Unternehmen<br />
in Höhe von jährlich 1,5 Mrd. Euro<br />
verursacht.<br />
Der Deutsche Steuerberaterverband<br />
e.V. (DStV) hat bereits mehrfach die<br />
Pläne <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung zur Erweiterung<br />
des steuerlichen Herstellungskostenbegriffs<br />
kritisiert, da das<br />
Auseinan<strong>der</strong>fallen von Steuer- <strong>und</strong><br />
Handelsbilanz vor allem für Unternehmen<br />
zu einem enormen Bürokratie-<br />
<strong>und</strong> Mehraufwand führt.<br />
Wurde noch im Jahre 2009 mit dem<br />
Bilanzrechtsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetz<br />
(BilMoG) durch die Abschaffung<br />
nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte<br />
eine Entlastung für kleine <strong>und</strong> mittlere<br />
Unternehmen erreicht, so lässt die<br />
jüngste Maßnahme zur Anhebung<br />
<strong>der</strong> steuerlichen Untergrenze <strong>der</strong><br />
Herstellungskosten die Entbürokratisierungsbemühungen<br />
des BilMoG<br />
komplett ins Leere laufen.<br />
Trotz dieser Belastungen für die Unternehmen<br />
führt die Abschaffung<br />
des steuerlichen Aktivierungswahlrechts<br />
nicht einmal zu staatlichen<br />
Mehreinnahmen. Auch lässt sich die<br />
Än<strong>der</strong>ung nicht – wie im Bericht <strong>der</strong><br />
4<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
B<strong>und</strong>esregierung angeführt – durch<br />
die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esfinanzhofs<br />
begründen.<br />
Mittlerweile scheint die Finanzverwaltung<br />
zumindest ins Zweifeln<br />
gekommen zu sein. Zwar wurde die<br />
Neuregelung bereits im März dieses<br />
Jahres im B<strong>und</strong>essteuerblatt veröffentlicht.<br />
Gleichzeitig gab das BMF jedoch<br />
ein Nichtanwendungsschreiben<br />
gegen die „eigene“ Regelung heraus.<br />
Dieses „bewahrt“ die Unternehmen<br />
im Moment vor <strong>der</strong> zwingenden Anwendung<br />
<strong>der</strong> Vorschrift.<br />
Die im aktuellen Jahresbericht <strong>der</strong><br />
B<strong>und</strong>esregierung zum Bürokratieabbau<br />
veröffentlichte Schätzung des<br />
StBA unterstreicht die unbedingte<br />
For<strong>der</strong>ung des DStV, an einem Gleichlauf<br />
von Handels- <strong>und</strong> Steuerbilanz<br />
festzuhalten. Ideal wäre es, dem Vorschlag<br />
des Finanzausschusses des<br />
B<strong>und</strong>esrats zu folgen <strong>und</strong> die bisherige<br />
praxisbewährte Regelung gesetzlich<br />
zu verankern.<br />
Quelle: Pressemitteilung des DStV<br />
vom 17.5.2013<br />
Steuerbilanz<br />
Bewertung angeschaffter Pensionsrückstellungen<br />
Bisher vertrat die Finanzverwaltung<br />
diese Auffassung: Bei einer Übertragung<br />
einer Pensionsverpflichtung<br />
sind zwar zunächst die „Anschaffungskosten”<br />
anzusetzen, jedoch<br />
sind in den Folgejahren die steuerlichen<br />
Ansatz- <strong>und</strong> Bewertungsvorbehalte<br />
zu berücksichtigen. Deshalb<br />
kann es dann zu entsprechenden<br />
Praxis-Hinweis<br />
Gewinnen aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Auflösung<br />
<strong>der</strong> Pensionsrückstellung kommen.<br />
Der BFH hat nun klargestellt: Pensionsverpflichtungen,<br />
die im Rahmen<br />
eines Betriebsübergangs entgeltlich<br />
erworben wurden, sind mit ihren Anschaffungskosten<br />
<strong>und</strong> nicht mit dem<br />
Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG zu<br />
bewerten.<br />
Dies hat zur Folge dass auch in<br />
den Folgejahren entgegen <strong>der</strong> Auffassung<br />
<strong>der</strong> Finanzverwaltung die<br />
Pensionsverpflichtung als ungewisse<br />
Verbindlichkeit ausschließlich<br />
nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren<br />
Anschaffungskosten o<strong>der</strong> ihrem<br />
höheren Teilwert zu bewerten ist<br />
<strong>und</strong> nicht den steuerlichen Rückstellungsbeschränkungen<br />
nach § 6a<br />
EStG zu unterwerfen ist.<br />
Pensionsanwartschaften sind dagegen in <strong>der</strong> Handelsbilanz mit dem nach versicherungsmathematischen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen ermittelten abgezinsten Erfüllungsbeträgen<br />
zu bewerten <strong>und</strong> folglich, wenn sie von dem Betriebsübernehmer im Zuge<br />
des Unternehmenskaufs auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieser Werte „angeschafft“ werden,<br />
ebenfalls mit den tatsächlichen Verpflichtungswerten auszuweisen.<br />
Quelle: BFH, Urteil v. 12.12.2012, I<br />
R 69/11<br />
Autoren: Graf Kanitz Steuerberatungsgesellschaft<br />
mbH, Freiburg;<br />
Haufe-Redaktion<br />
Private Kfz-Nutzung<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an elektronische Fahrtenbücher<br />
Ein aktueller Verwaltungserlass gibt<br />
wichtige Hinweise für die steuerliche<br />
Anerkennung elektronischer<br />
Fahrtenbücher. Ein elektronisches<br />
Fahrtenbuch wird von <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />
nur anerkannt, wenn<br />
sich daraus dieselben Erkenntnisse<br />
wie aus einem manuell geführten<br />
Fahrtenbuch gewinnen lassen.<br />
Nachträgliche Verän<strong>der</strong>ungen müssen<br />
nach <strong>der</strong> Funktionsweise des<br />
verwendeten Programms technisch<br />
ausgeschlossen sein o<strong>der</strong> zumindest<br />
in ihrer Reichweite in <strong>der</strong> Datei<br />
selbst dokumentiert <strong>und</strong> offen gelegt<br />
werden. Nach diesen Maßstäben ist<br />
ein mit Excel geführtes Fahrtenbuch<br />
kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch<br />
(vgl. BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI<br />
R 64/04, BStBl 2006 II S. 410).<br />
Ergänzungen innerhalb von sieben<br />
Tagen vorzunehmen<br />
Allerdings lässt die Finanzverwaltung<br />
ausnahmsweise eine nachträgliche<br />
elektronische Ergänzung zu: Der<br />
Fahrer kann den dienstlichen Fahrtanlass<br />
innerhalb eines Zeitraums<br />
von bis zu sieben Kalen<strong>der</strong>tagen<br />
nach Abschluss <strong>der</strong> jeweiligen Fahrt<br />
in einem Webportal eintragen. Dabei<br />
müssen aber auch die Person <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Zeitpunkt <strong>der</strong> nachträglichen Eintragung<br />
im Webportal dokumentiert<br />
werden. Beim Ausdrucken von elektronischen<br />
Aufzeichnungen müssen<br />
nachträgliche Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
aufgezeichneten Angaben gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
technisch ausgeschlossen<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 5
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
sein – o<strong>der</strong> zumindest im System<br />
dokumentiert werden.<br />
Aufzeichnungen dürfen nachträglich<br />
nicht mehr verän<strong>der</strong>bar sein<br />
Die Finanzverwaltung hat nun darauf<br />
hingewiesen, dass die eindeutige<br />
Kennzeichnung einer geän<strong>der</strong>ten<br />
Eingabe sowohl in <strong>der</strong> Anzeige des<br />
elektronischen Fahrtenbuchs am<br />
Bildschirm als auch in seinem Ausdruck<br />
unverzichtbare Voraussetzung<br />
für die Anerkennung eines elektronischen<br />
Fahrtenbuchs ist. Es muss darüber<br />
hinaus sichergestellt sein, dass<br />
die Daten des elektronischen Fahrtenbuchs<br />
bis zum Ablauf <strong>der</strong> Aufbewahrungsfrist<br />
für ein Fahrtenbuch<br />
unverän<strong>der</strong>lich aufbewahrt <strong>und</strong> (ggf.<br />
wie<strong>der</strong> unverän<strong>der</strong>t) lesbar gemacht<br />
werden können. Bei eventuellen Än<strong>der</strong>ungen<br />
müssen die Än<strong>der</strong>ungshistorie<br />
mit Än<strong>der</strong>ungsdatum/-daten<br />
<strong>und</strong> (jeweils) ursprünglichem Inhalt<br />
ersichtlich sein. Auch die Än<strong>der</strong>ungshistorie<br />
darf nicht nachträglich<br />
verän<strong>der</strong>bar sein.<br />
Praxis-Hinweis<br />
Quelle: Oberfinanzdirektionen<br />
Rheinland <strong>und</strong> Münster, Kurzinfo<br />
für den Lohnsteuer-Außendienst Nr.<br />
02/2013 vom 18.2.2013<br />
Datenzugriff bei Betriebsprüfungen: Das im Rahmen einer Außenprüfung bestehende<br />
Datenzugriffsrecht <strong>der</strong> Finanzverwaltung erfasst auch elektronische<br />
Fahrtenbücher einschließlich <strong>der</strong> maschinellen Auswertbarkeit <strong>der</strong> Fahrtenbuchdaten.<br />
Dokumentation etwaiger GPS-Abweichungen: Bei einem elektronischen Fahrtenbuch<br />
sind die GPS-Ermittlung <strong>der</strong> Fahrtstrecken <strong>und</strong> die dadurch entstehende<br />
Abweichung vom Tachostand des Fahrzeugs gr<strong>und</strong>sätzlich unbedenklich. Die<br />
Finanzverwaltung empfiehlt aber den tatsächlichen Tachostand im Halbjahreso<strong>der</strong><br />
Jahresabstand zu dokumentieren.<br />
Fahrtenbuch auf Tauglichkeit prüfen (lassen): Für die Anerkennung einer<br />
elektronischen Fahrtenbuch-Software besteht kein Zertifizierungsverfahren. Die<br />
Ordnungsmäßigkeit elektronischer Fahrtenbücher bleibt deshalb immer einer<br />
Einzelfallprüfung vorbehalten, die regelmäßig im Rahmen <strong>der</strong> Lohnsteuer-Außenprüfung<br />
vorgenommen wird.<br />
Alternativ kann z. B. auch einen Monat lang das elektronische Fahrtenbuch geführt<br />
<strong>und</strong> dann dem Finanzamt zur Prüfung vorgelegt werden. So kann man sich<br />
vergewissern, ob das Finanzamt das (elektronische) Fahrtbuch anerkennt.<br />
Abgrenzung zu landwirtschaftlichen Einkünften<br />
Betreiben einer Biogasanlage als Gewerbebetrieb<br />
Wird <strong>der</strong> Betrieb durch die gewerbliche<br />
Betätigung (Biogasanlage) geprägt<br />
<strong>und</strong> stellt die Landwirtschaft<br />
lediglich eine untergeordnete Hilfstätigkeit<br />
dar, liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb<br />
vor, entschied <strong>der</strong> BFH.<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Im Rahmen eines Streits um Kraftfahrzeugsteuerbefreiung<br />
war zu<br />
entscheiden, ob <strong>der</strong> Betreiber einer<br />
Biogasanlage eine Landwirtschaft<br />
o<strong>der</strong> einen Gewerbebetrieb unterhält.<br />
X betreibt mit selbst erzeugter Biomasse<br />
eine Biogasanlage <strong>und</strong> ein<br />
Blockheizkraftwerk zur Erzeugung<br />
von Strom, <strong>der</strong> in das öffentliche<br />
Netz eingespeist wird. Die gesamte<br />
Ernte wird zur Stromerzeugung verwertet.<br />
X beantragte für eine Zugmaschine,<br />
die er ausschließlich zum<br />
Grasmähen, Pflügen <strong>und</strong> Transport<br />
<strong>der</strong> Biomasse verwendet, die Befreiung<br />
von <strong>der</strong> Kraftfahrzeugsteuer. Das<br />
FA versagte die Steuerbefreiung, da<br />
kein land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlicher<br />
Betrieb, son<strong>der</strong>n ein einheitlicher<br />
Gewerbebetrieb vorliege. Diese Auffassung<br />
wurde vom FG <strong>und</strong> letztlich<br />
auch vom BFH bestätigt.<br />
Entscheidung<br />
Der BFH wies die Revision des X zurück.<br />
Die Steuerbefreiung gilt nur<br />
für Zugmaschinen, die ausschließlich<br />
in land- o<strong>der</strong> forstwirtschaftlichen<br />
Betrieben verwendet werden.<br />
Ein land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlicher<br />
Betrieb ist eine Betriebseinheit, in<br />
<strong>der</strong> Boden, Betriebsmittel <strong>und</strong> Arbeit<br />
zusammengefasst sind <strong>und</strong> planmäßig<br />
eingesetzt werden, um Güter zu<br />
erzeugen, zu verwerten o<strong>der</strong> Dienstleistungen<br />
bereitzustellen. Keine<br />
Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft, son<strong>der</strong>n<br />
ein einheitlicher Gewerbebetrieb<br />
liegt jedoch vor, wenn die land- <strong>und</strong><br />
forstwirtschaftliche Betätigung nur<br />
eine untergeordnete Hilfstätigkeit<br />
darstellt <strong>und</strong> die gewerbliche Betätigung<br />
dem Betrieb das Gepräge gibt.<br />
Dementsprechend liegt ein Gewerbebetrieb<br />
vor, wenn – wie im Streitfall<br />
– ein Land- <strong>und</strong> Forstwirt seine gesamte<br />
Ernte zur Energieerzeugung in<br />
einer Biogasanlage einsetzt <strong>und</strong> die<br />
erzeugte Energie entgeltlich an Dritte<br />
abgibt. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht dann<br />
die gewerbliche Tätigkeit <strong>der</strong> Energieerzeugung,<br />
die sich von <strong>der</strong> land<strong>und</strong><br />
forstwirtschaftlichen Erzeugung<br />
<strong>der</strong> Biomasse nicht ohne Nachteil<br />
für das Gesamtunternehmen trennen<br />
lässt <strong>und</strong> zur Qualifizierung des<br />
gesamten Betriebs als einheitlichen<br />
Gewerbebetrieb führt.<br />
6<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Bei einem einheitlichen Gewerbebetrieb<br />
erfüllt daher die Verarbeitungsstufe<br />
<strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />
Urproduktion für sich allein nicht die<br />
Merkmale eines land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichen<br />
Betriebs.<br />
Quelle: BFH, Urteil v. 6.3.2013, II R<br />
55/11, veröffentlicht am 22.5.2013<br />
Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />
Praxis-Hinweis<br />
Die Entscheidung ist – über den Bereich <strong>der</strong> Kraftfahrzeugsteuerbefreiung hinaus<br />
– allgemein bedeutsam für die ertragsteuerliche Abgrenzung zwischen Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Gewerbebetrieb. Die Erzeugung von Biogas erfolgt im Rahmen eines<br />
(den Einkünften aus Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft zuzuordnenden) Nebenbetriebs,<br />
wenn die Biomasse im Hauptbetrieb erzeugt wird <strong>und</strong> überwiegend zum Verkauf<br />
bestimmt ist. Die weitere Be- o<strong>der</strong> Verarbeitung des Biogases zu Energie stellt<br />
dagegen eine gewerbliche Betätigung dar.<br />
Gewerbesteuer<br />
Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb<br />
Prostituierte unterhalten mit ihrer<br />
Tätigkeit einen Gewerbebetrieb <strong>und</strong><br />
sind daher gewerbesteuerpflichtig,<br />
entschied <strong>der</strong> Große Senat des BFH<br />
<strong>und</strong> än<strong>der</strong>te damit seine aus dem Jahr<br />
1964 stammende Rechtsprechung.<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Fraglich war, ob eine Prostituierte<br />
gewerbliche Einkünfte o<strong>der</strong> „sonstige<br />
Einkünfte“ erzielt. Bereits 1964<br />
hat sich <strong>der</strong> Große Senat des BFH mit<br />
<strong>der</strong> Frage befasst. Die Gewerblichkeit<br />
wurde damals verneint, weil es<br />
an <strong>der</strong> „Beteiligung am allgemeinen<br />
wirtschaftlichen Verkehr“ fehle (BFH<br />
v. 23.6.1964, GrS 1/64 S, BStBl III<br />
1964, 500).<br />
Das „älteste Gewerbe“ war danach –<br />
jedenfalls steuerrechtlich – gar kein<br />
Gewerbe. Die erzielten Einkünfte waren<br />
jedoch nicht steuerfrei, son<strong>der</strong>n<br />
wurden dem Auffangtatbestand <strong>der</strong><br />
Praxis-Hinweis<br />
sonstigen Einkünfte zugeordnet. Sie<br />
waren folglich einkommensteuerpflichtig,<br />
nicht aber gewerbesteuerpflichtig.<br />
An dieser Auffassung hält<br />
<strong>der</strong> Große Senat nicht mehr fest.<br />
Die Prostituierte P war im Streitjahr<br />
2006 selbstständig tätig <strong>und</strong> erzielte<br />
bei Einnahmen von r<strong>und</strong> 64.000 EUR<br />
<strong>und</strong> Betriebsausgaben von 26.000<br />
EUR einen Gewinn von 38.000 EUR.<br />
Das Finanzamt behandelte den Gewinn<br />
nicht – wie erklärt – als sonstige<br />
Einkünfte, son<strong>der</strong>n als Einkünfte<br />
aus Gewerbebetrieb <strong>und</strong> unterwarf<br />
ihn demzufolge (zusätzlich zur Einkommensteuer)<br />
<strong>der</strong> Gewerbesteuer.<br />
Streitgegenstand ist <strong>der</strong> Gewerbesteuermessbescheid.<br />
Das Finanzgericht<br />
gab <strong>der</strong> Klage unter Hinweis<br />
auf die bisherige Auffassung des BFH<br />
statt. Auf die Revision des Finanzamts<br />
legte <strong>der</strong> zuständige III. BFH-<br />
Der BFH bestätigt damit die einhellig in Verwaltung <strong>und</strong> Schrifttum vertretene<br />
Auffassung. Moralisch-ethische Einwände stehen <strong>der</strong> Besteuerung nicht entgegen.<br />
Die Steuer ist wertneutral. Eine gewerbliche Betätigung kann daher selbst<br />
dann vorliegen, wenn das Handeln verboten ist (was auf die Prostitution nicht<br />
zutrifft) o<strong>der</strong> als unsittlich angesehen wird, wobei in <strong>der</strong> Praxis das eigentliche<br />
Problem bei <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> Einnahmen liegen dürfte.<br />
Übrigens: Dass <strong>der</strong> BFH weiblich formuliert, bedeutet nicht, dass die Gr<strong>und</strong>sätze<br />
für an<strong>der</strong>e Formen nicht gelten würden. Man darf gespannt sein, inwieweit es<br />
den Kommunen gelingt, sich mit dieser neuen Steuerquelle zu sanieren.<br />
Senat die Frage dem Großen Senat<br />
des BFH vor.<br />
Entscheidung<br />
Unter Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> fast 50-jährigen<br />
Rechtsprechung bejaht <strong>der</strong> BFH nunmehr<br />
das für einen Gewerbebetrieb<br />
erfor<strong>der</strong>liche Merkmal <strong>der</strong> Beteiligung<br />
am allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Verkehr: „Die Prostitution kann<br />
in Gestalt eines sich am wirtschaftlichen<br />
Verkehr beteiligenden Unternehmens<br />
betrieben werden.“ Zur<br />
Begründung verweist <strong>der</strong> Große Senat<br />
auf den Vorlagebeschluss des III.<br />
Senats. Dort wird auf die verän<strong>der</strong>ten<br />
Umstände – die weit verbreitete, nach<br />
außen hin erkennbare Bewerbung<br />
sexueller Dienstleistungen – hingewiesen.<br />
Eine Prostituierte, die ihr<br />
Angebot an eine unbestimmte Zahl<br />
möglicher K<strong>und</strong>en richtet, beteiligt<br />
sich am allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Verkehr. Denn sie wendet sich an an<strong>der</strong>e<br />
Marktteilnehmer <strong>und</strong> erbringt<br />
ihre Leistungen in ihrer Eigenschaft<br />
als Marktteilnehmerin <strong>und</strong> nicht<br />
aus an<strong>der</strong>en Gründen. Ihre Tätigkeit<br />
dient <strong>der</strong> Gewinnerzielung <strong>und</strong> überschreitet<br />
den Rahmen einer privaten<br />
Vermögensverwaltung.<br />
Quelle: BFH, Beschluss v. 20.2.2013,<br />
GrS 1/12, veröffentlicht am 8.5.2013<br />
Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 7
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Drei-Objekt-Grenze<br />
Gewerblicher Gr<strong>und</strong>stückshandel bei Verkauf zur Vermeidung <strong>der</strong><br />
Zwangsversteigerung<br />
Wirtschaftliche Zwänge sind für<br />
die Zuordnung zum gewerblichen<br />
Gr<strong>und</strong>stückshandel o<strong>der</strong> zur Vermögensverwaltung<br />
unerheblich, entschied<br />
<strong>der</strong> BFH.<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Zu entscheiden war, ob die sog.<br />
Drei-Objekt-Grenze überschritten<br />
ist, wenn die Veräußerung zur Abwendung<br />
einer vom FA angedrohten<br />
Zwangsversteigerung erfolgt ist.<br />
A war Allein- bzw. Miteigentümer<br />
zahlreicher Gr<strong>und</strong>stücke. Fünf<br />
Gr<strong>und</strong>stücke/Miteigentumsanteile<br />
veräußerte er nur deshalb, weil das<br />
FA diese wegen hoher Steuerverbindlichkeiten<br />
mit Sicherungshypotheken<br />
belastet <strong>und</strong> die Versteigerung<br />
angedroht hatte. Vier Gr<strong>und</strong>stücke<br />
wurden 1995 bzw. 1997 erworben<br />
<strong>und</strong> 1998 veräußert. Ein Gr<strong>und</strong>stück<br />
wurde 1988 erworben <strong>und</strong> ebenfalls<br />
1998 veräußert.<br />
Das FA ging von <strong>der</strong> Überschreitung<br />
<strong>der</strong> Drei-Objekt-Grenze aus <strong>und</strong> bejahte<br />
einen gewerblichen Gr<strong>und</strong>stückshandel.<br />
Das FG verneinte die<br />
Gewerblichkeit, da sich A wegen <strong>der</strong><br />
angedrohten Zwangsversteigerung<br />
<strong>der</strong> Veräußerung nicht habe entziehen<br />
können.<br />
Entscheidung<br />
Der BFH vertritt eine strengere Auffassung<br />
<strong>und</strong> hob das FG-Urteil auf.<br />
Praxis-Hinweis<br />
Nach <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />
entwickelten Drei-Objekt-Grenze ist<br />
regelmäßig von einem gewerblichen<br />
Gr<strong>und</strong>stückshandel auszugehen,<br />
wenn innerhalb eines engen zeitlichen<br />
Zusammenhangs zwischen Anschaffung/Errichtung<br />
<strong>und</strong> Verkauf<br />
– d.h. innerhalb von etwa fünf Jahren<br />
– mindestens vier Objekte veräußert<br />
werden. Damit hat A bereits mit <strong>der</strong><br />
Veräußerung <strong>der</strong> vier Objekte (Erwerb<br />
1995/1997, Veräußerung 1998)<br />
die objektiven Voraussetzungen des<br />
gewerblichen Gr<strong>und</strong>stückshandels<br />
erfüllt. Ob auch das fünfte Objekt (Erwerb<br />
1988) durch Zuführung zum Betriebsvermögen<br />
einzubeziehen war,<br />
konnte offen bleiben. Der Fall wurde<br />
zur weiteren Sachverhaltsfeststellung<br />
an das FG zurückverwiesen.<br />
Die durch die Verkäufe indizierte Annahme,<br />
dass A bereits beim Erwerb<br />
mit bedingter Veräußerungsabsicht<br />
handelte, ist – entgegen <strong>der</strong> Auffassung<br />
des FG – nicht wi<strong>der</strong>legt. Denn<br />
die konkreten Anlässe für den Verkauf<br />
– z.B. Ehescheidung, Finanzierungsschwierigkeiten,<br />
Krankheit,<br />
Gefälligkeit, unerwartetes Kaufangebot<br />
– sagen im Allgemeinen nichts<br />
darüber aus, ob <strong>der</strong> Eigentümer nicht<br />
auch aus an<strong>der</strong>en Gründen zum Verkauf<br />
bereit gewesen wäre <strong>und</strong> somit<br />
von Anfang an eine zumindest bedingte<br />
Veräußerungsabsicht hatte.<br />
Das Gleiche gilt im Streitfall für den<br />
aus <strong>der</strong> Ankündigung <strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />
ausgeübten Druck.<br />
Quelle: BFH, Urteil v. 27.9.2012, III<br />
R 19/11, veröffentlicht am 8.5.2013<br />
Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />
Die Drei-Objekt-Grenze bedeutet einen Anscheinsbeweis, <strong>der</strong> den Schluss auf die<br />
innere Tatsache im Zeitpunkt des Erwerbs (<strong>der</strong> Bebauung/Erschließung) in bedingter<br />
Veräußerungsabsicht zulässt. Der Anscheinsbeweis kann nur durch den<br />
Nachweis eines atypischen Sachverhaltsverlaufs erschüttert werden. Dafür genügen<br />
jedoch bloße Absichtserklärungen o<strong>der</strong> nachträgliche Ereignisse (persönliche<br />
o<strong>der</strong> finanzielle Gründe) nicht, da sie keinen Hinweis auf die bedingte Veräußerungsabsicht<br />
beim Erwerb geben können. Die bedingte Veräußerungsabsicht<br />
muss für den Zeitpunkt des Erwerbs wi<strong>der</strong>legt werden. Dafür kommen in erster<br />
Linie Gestaltungen in Betracht, die in zeitlicher Nähe zum Erwerb stehen <strong>und</strong> eine<br />
Veräußerung innerhalb von fünf Jahren erschweren o<strong>der</strong> unwirtschaftlich machen,<br />
z.B. eine langfristige Vermietung, Finanzierung o<strong>der</strong> Nießbrauchsbelastung.<br />
Bilanzierung<br />
Beendigung <strong>der</strong> betrieblichen Nutzung eines Ehegatten-Gr<strong>und</strong>stücks<br />
Nutzt ein Unternehmer-Ehegatte ein<br />
gemeinsames Gebäudegr<strong>und</strong>stück,<br />
dessen Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten<br />
er über seinen halben<br />
Miteigentumsanteil hinaus getragen<br />
hat, für betriebliche o<strong>der</strong> berufliche<br />
Zwecke, ist seine Nutzungsbefugnis<br />
bilanztechnisch „wie ein materielles<br />
Wirtschaftsgut“ zu behandeln. Das<br />
hat zur Folge, dass er AfA auch hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten,<br />
die privatrechtlich<br />
auf den Nichtunternehmer-Ehegatten<br />
entfallen, vornehmen darf.<br />
In <strong>der</strong> Literatur wird deswegen teilweise<br />
die Auffassung vertreten,<br />
dass, wenn <strong>der</strong> eigene Aufwand „bilanztechnisch<br />
wie ein materielles<br />
Wirtschaftsgut“ (Gebäude) behandelt<br />
wird, wodurch in erheblichem<br />
Umfang stille Reserven entstünden,<br />
8<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Praxis-Beispiel: Ende <strong>der</strong> Nutzung wegen Betriebsaufgabe<br />
A ist als Einzelunternehmer Inhaber einer Schreinerei. Das Unternehmen wird<br />
auf einem Gr<strong>und</strong>stück geführt, das im hälftigen Miteigentum des A <strong>und</strong> seiner<br />
Ehefrau E steht. Auf dem Gr<strong>und</strong>stück hatte A das für den Betrieb <strong>der</strong> Schreinerei<br />
notwendige Gebäude mit eigenen betrieblichen Mitteln hergestellt. Die Herstellungskosten<br />
wurden in vollem Umfang aktiviert <strong>und</strong> nach den für Gebäude geltenden<br />
Vorschriften abgeschrieben. Konkrete Vereinbarungen über die Nutzung<br />
des Gebäudes wurden zwischen den Eheleuten nicht getroffen. Ende 2012 hat A<br />
seinen Gewerbebetrieb aufgegeben. Der Restbuchwert des Gebäudes, soweit es<br />
im Eigentum des A steht, beträgt 60.000 EUR. Die Nutzungsbefugnis bezüglich<br />
des halben Miteigentumsanteils <strong>der</strong> E hat ebenfalls einen Buchwert von 60.000<br />
EUR. Der gemeine Wert des Gebäudes beträgt zum 31.12.2012 200.000 EUR.<br />
Das Finanzamt will die gesamten stillen Reserven von 80.000 EUR aufdecken,<br />
also auch insoweit, als sie auf den zivilrechtlich <strong>der</strong> E gehörenden Gebäudeteil<br />
entfallen.<br />
Nach älterer Rechtsprechung des<br />
BFH kann <strong>der</strong> Unternehmer-Ehegatte<br />
in den Fällen, in denen die vorzeitige<br />
Beendigung <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Nutzung z.B. wegen Betriebsveräußerung<br />
o<strong>der</strong> -aufgabe zum Wegfall<br />
<strong>der</strong> Nutzungsmöglichkeit führt, zwar<br />
eine gewinnmin<strong>der</strong>nde Ausbuchung<br />
in Höhe des Restbuchwerts vornehmen.<br />
Der hierdurch bedingten<br />
Gewinnmin<strong>der</strong>ung soll jedoch <strong>der</strong><br />
Wertausgleichsanspruch (§ 951 i. V.<br />
mit § 812 BGB) – gewinnerhöhend<br />
– gegenüberstehen, den <strong>der</strong> Unternehmer-Ehegatte<br />
gegen den an<strong>der</strong>en<br />
Ehegatten besitzt.<br />
dann auch diese stillen Reserven im<br />
Betriebsvermögen steuerverhaftet<br />
bleiben <strong>und</strong> im Fall <strong>der</strong> Beendigung<br />
des Nutzungsverhältnisses versteuert<br />
werden müssten (vgl. z.B. Kulosa,<br />
in Schmidt, 2013, § 7 Rz. 55). In<br />
dieser Frage hat <strong>der</strong> BFH jetzt für<br />
Rechtsklarheit gesorgt.<br />
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung<br />
des BFH, dass die Nutzungsbefugnis<br />
eines Steuerpflichtigen, <strong>der</strong><br />
über seinen Miteigentumsanteil hinaus<br />
Kosten für von ihm betrieblich<br />
o<strong>der</strong> beruflich genutzte Räume trägt,<br />
nach dem Vorbild von Bauten auf<br />
fremdem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden „wie ein<br />
materielles Wirtschaftsgut“ behandelt<br />
<strong>und</strong> nach den für Gebäude geltenden<br />
Regeln abgeschrieben werden<br />
muss (BFH, Beschluss v. 30.1.1995,<br />
GrS 4/92, BStBl 1995 II S. 281 <strong>und</strong><br />
Urteil v. 10.3.1999, XI R 22/98, BStBl<br />
1999 S. 523).<br />
Zum Praxis-Beispiel (siehe Kasten):<br />
Dem Unternehmer-Ehegatten A steht<br />
auch dann, wenn er kein wirtschaftlicher<br />
Eigentümer des halben Miteigentumsanteils<br />
seiner Ehefrau ist,<br />
die Gebäude-AfA in vollem Umfang<br />
zu. Entsprechend dem Nettoprinzip,<br />
demzufolge die erwerbssichernden<br />
Aufwendungen von den steuerpflichtigen<br />
Einnahmen abgezogen werden,<br />
wird dem nutzenden Miteigentümer<br />
A auch für den von ihm getragenen<br />
Anteil an den Herstellungskosten,<br />
die zivilrechtlich auf seine Ehefrau<br />
entfallen, <strong>der</strong> Abzug von AfA zugestanden.<br />
Die Zubilligung von<br />
Abschreibungen stellt ein rechtstechnisches<br />
Instrument zur vollständigen<br />
Umsetzung des Nettoprinzips dar.<br />
Praxis-Tipp<br />
Ob diese Beurteilung zutreffend ist,<br />
ist äußerst umstritten. Vor allem<br />
nachdem <strong>der</strong> VIII. Senat des BFH entschieden<br />
hat, dass die auf den Nichtunternehmer-Ehegatten<br />
entfallenden<br />
stillen Reserven nicht aufzudecken<br />
sind (BFH, Urteil v. 29.4.2008, VIII R<br />
98/04, BStBl 2008 II S. 749).<br />
Autor:<br />
StB Hans Walter Schoor, Kemmenau<br />
Streitfrage geklärt<br />
In einer neuen Entscheidung hat sich <strong>der</strong> IV. Senat des BFH dieser neueren Rechtsprechung<br />
des VIII. Senats angeschlossen (BFH, Urteil v. 19.12.2012, IV R 29/09).<br />
Er hat entschieden, dass in den Fällen, in denen die betriebliche Nutzung des Gebäudes<br />
zur Einkunftserzielung durch den Unternehmer-Ehegatten endet, sich daraus<br />
keine Auswirkung auf seinen Gewinn ergibt. Ein noch nicht abgeschriebener<br />
Restbetrag <strong>der</strong> Aufwendungen wird erfolgsneutral ausgebucht. Die stillen Reserven<br />
sind nicht aufzudecken. Danach ist es nicht möglich, dem Nutzungsbefugten,<br />
<strong>der</strong> nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist, Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts<br />
zuzurechnen, nur weil er Aufwendungen für das ihm nicht gehörende Wirtschaftsgut<br />
getragen hat. Die stillen Reserven dürfen also nur in dem Gebäudeteil<br />
aufgedeckt werden, <strong>der</strong> im Miteigentumsanteil des Unternehmer-Ehegatten A<br />
steht (im Praxis-Beispiel: 40.000 EUR).<br />
Der BFH weist in seiner neuen Entscheidung darauf hin, dass <strong>der</strong> Restbuchwert,<br />
<strong>der</strong> auf die Nutzungsbefugnis (bilanziert „wie ein materielles Wirtschaftsgut“)<br />
entfällt, nicht untergeht. Der verbleibende Betrag ist <strong>der</strong> Eigentümerin E des<br />
Wirtschaftsguts als Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten des Wirtschaftsguts<br />
zuzurechnen.<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 9
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
GmbH<br />
Verzicht auf Mehrheitsstimmrecht ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung<br />
Der Verzicht auf ein Mehrstimmrecht<br />
ist keine Schenkung zugunsten <strong>der</strong><br />
Mitgesellschafter, auch wenn sich dadurch<br />
<strong>der</strong> Wert ihrer Anteile erhöht.<br />
Dies ist das zentrale Ergebnis eines<br />
aktuellen BFH-Urteils.<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Der Vater (V) war an einer GmbH beteiligt.<br />
Im Gesellschaftsvertrag war<br />
bestimmt, dass die von ihm gehaltenen<br />
Anteile unabhängig von ihrem<br />
Nennbetrag mindestens 51 % <strong>der</strong><br />
Gesamtstimmanzahl gewähren. In<br />
1994 übertrug V seinen drei Kin<strong>der</strong>n<br />
jeweils 24 % <strong>der</strong> Geschäftsanteile.<br />
Da die Anteile keinen Einfluss auf<br />
die Geschäftsführung vermittelten,<br />
wurde bei <strong>der</strong> Festsetzung <strong>der</strong> Schenkungsteuer<br />
<strong>der</strong> gemeine Wert um 10<br />
% gekürzt. In 2000 erwarben die Kin<strong>der</strong><br />
von einem Dritten Anteile hinzu,<br />
sodass sie nunmehr ebenso wie V zu<br />
jeweils 25 % beteiligt waren. Der Gesellschaftsvertrag<br />
wurde dahin geän<strong>der</strong>t,<br />
dass das Mehrstimmrecht des<br />
V entfiel.<br />
Das FA sah in dem Verzicht des V auf<br />
das Mehrstimmrecht eine freigebige<br />
Zuwendung an die Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> setzte<br />
Schenkungsteuer fest. Der Wert ihrer<br />
Anteile habe sich dadurch erhöht,<br />
dass kein Abschlag wegen fehlenden<br />
Einflusses auf die Geschäftsführung<br />
mehr vorzunehmen sei. Das FG gab<br />
<strong>der</strong> von den Kin<strong>der</strong>n dagegen erhobenen<br />
Klage statt.<br />
Entscheidung<br />
Die Revision des FA wurde zurückgewiesen.<br />
Eine Schenkung, d.h. eine<br />
freigebige Zuwendung, erfor<strong>der</strong>t eine<br />
Vermögensverschiebung zwischen<br />
dem Schenker <strong>und</strong> dem Bedachten,<br />
die sich auf die Vermögenssubstanz<br />
bezieht. Die Vermehrung kann durch<br />
den Zugang aktiver Vermögensgegenstände<br />
o<strong>der</strong> den Wegfall negativer<br />
Vermögensgegenstände (z.B.<br />
Schulden) <strong>und</strong> durch das Erhalten<br />
von Nutzungsvorteilen geschehen.<br />
Eine bloße Min<strong>der</strong>ung des Werts des<br />
Vermögens des „Schenkers“ genügt<br />
dagegen nicht. Ebenso genügt es<br />
nicht, dass sich lediglich <strong>der</strong> Wert des<br />
Vermögens des „Beachten“ erhöht.<br />
Dem entsprechen auch die Gr<strong>und</strong>sätze<br />
zur mittelbaren Schenkung. Denn<br />
eine solche setzt – wie eine unmittelbare<br />
Schenkung – voraus, dass <strong>der</strong><br />
Schenker einen ihm gehörenden Vermögensgegenstand<br />
hingibt.<br />
Im Streitfall fehlt es an <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />
substanziellen Vermögensverschiebung.<br />
Die Vermögenssubstanz<br />
des V hat sich durch den Wegfall<br />
des Mehrstimmrechts nicht vermin<strong>der</strong>t.<br />
Denn das Mehrstimmrecht ist<br />
kein Vermögensgegenstand, son<strong>der</strong>n<br />
lediglich eine an seine Person<br />
geb<strong>und</strong>ene unselbständige Stimmrechtsausgestaltung.<br />
Auch das Vermögen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> hat sich nicht<br />
substanziell vermehrt. Zwar hat sich<br />
das Gewicht ihrer Stimmen erhöht.<br />
Jedoch haben sie dadurch keine selbständigen<br />
Vermögensgegenstände<br />
erhalten. Entscheidend ist, dass sich<br />
die Quote ihrer Beteiligung nicht geän<strong>der</strong>t<br />
hat.<br />
Quelle: BFH, Urteil v. 30.1.2013, II R<br />
38/11, veröffentlicht am 8.5.2013<br />
Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />
Praxis-Hinweis<br />
Der BFH ergänzt noch, dass das<br />
Mehrstimmrecht den Wert <strong>der</strong> Beteiligung<br />
des V nicht erhöht hatte.<br />
Das Mehrstimmrecht hätte sich bei<br />
einer Veräußerung nicht preiserhöhend<br />
ausgewirkt. Denn es war in<br />
seiner Person begründet, stand nur<br />
ihm persönlich zu <strong>und</strong> hätte nicht<br />
mit seiner Beteiligung auf einen<br />
Erwerber übertragen werden können.<br />
Im Übrigen ergibt sich auch<br />
aus <strong>der</strong> gesetzlichen Neuregelung<br />
ab Dezember 2011, dass die bloße<br />
Werterhöhung von Anteilen nicht als<br />
Schenkung zu erfassen ist (§ 7 Abs.<br />
8 ErbStG).<br />
Nachklapp zum MicroBilG<br />
Gesetzgeber will bei Offenlegungsverstößen Milde walten lassen<br />
Offenlegungsverstöße sollen bei<br />
Kleinstkapitalgesellschaften zukünftig<br />
weniger streng geahndet werden.<br />
Das geht aus einem Beschluss des<br />
B<strong>und</strong>eskabinetts hervor.<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung hat einen Gesetzentwurf<br />
zur Umsetzung <strong>der</strong><br />
Entschließung des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
vom 29.11.2012 zur Reform<br />
des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens<br />
auf den Weg gebracht,<br />
<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e die Ordnungsgel<strong>der</strong><br />
größenspezifisch aufglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> für<br />
Kleinst- <strong>und</strong> kleine Gesellschaften<br />
bereits rückwirkend für Geschäftsjahre<br />
nach dem 30.12.2012 deutlich<br />
senken soll. Ziel ist es, die Balance<br />
zwischen einer Entlastung von mittelständischen<br />
Unternehmen einerseits<br />
<strong>und</strong> dem Erhalt <strong>der</strong> hohen, auf<br />
über 90 Prozent gestiegenen Offenlegungsquote<br />
an<strong>der</strong>erseits zu erhalten.<br />
Die parteiübergreifend vom Rechtsausschuss<br />
des B<strong>und</strong>estags im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Befassung mit dem Gesetz<br />
zur Erleichterung von Kleinstkapitalgesellschaften<br />
(MicroBilG) angeregte<br />
10<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Überarbeitung <strong>der</strong> Sanktionen hat<br />
dabei mehrere Aspekte:<br />
Für Kleinstkapitalgesellschaften,<br />
die ihre Bilanz nach Ablauf <strong>der</strong><br />
Sechswochenfrist verspätet hinterlegt<br />
haben, setzt das B<strong>und</strong>esamt<br />
das Ordnungsgeld auf 500 Euro herab<br />
(§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 HGB-E).<br />
Für kleine Kapitalgesellschaften,<br />
die ihren Jahresabschluss verspätet<br />
offengelegt haben, setzt das<br />
B<strong>und</strong>esamt das Ordnungsgeld auf<br />
1.000 Euro (statt mindestens 2.500<br />
Euro) herab (§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr.<br />
2 HGB-E).<br />
War bereits ein höheres Ordnungsgeld<br />
als 2.500 Euro (maximal<br />
bleiben 25.000 Euro möglich) angedroht<br />
worden, setzt das B<strong>und</strong>esamt<br />
das Ordnungsgeld auf 2.500<br />
Euro herab, wenn nach Ablauf <strong>der</strong><br />
Sechswochenfrist eine Veröffentlichung<br />
erfolgt (§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr.<br />
3 HGB-E).<br />
Bei geringfügiger Überschreitung<br />
<strong>der</strong> sechswöchigen Frist kann das<br />
B<strong>und</strong>esamt das Ordnungsgeld weiter<br />
herabsetzen, auch unter die genannten<br />
Beträge.<br />
Es wird mit § 335 Abs. 5 HGB-E<br />
wie<strong>der</strong> das Verschulden <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Vertreter geprüft, da<br />
das B<strong>und</strong>esamt auf Antrag die<br />
Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen<br />
Stand zu gewähren hat, wenn die<br />
Unterlagen unverschuldet (z. B.<br />
durch den Tod des Alleingesellschafters,<br />
des Fehlens wichtiger<br />
Unterlagen außerhalb <strong>der</strong> Macht<br />
des Unternehmens, Untergang <strong>der</strong><br />
Unterlagen durch höhere Gewalt)<br />
nicht eingereicht wurden.<br />
Die Rechtssystematik wird durch<br />
Trennung des bisherigen § 335<br />
HGB in die Teile Festsetzung des<br />
Ordnungsgeldes einerseits <strong>und</strong> Beschwerde<br />
gegen die Festsetzung von<br />
Ordnungsgeld; Rechtsbeschwerde<br />
sowie Verordnungsermächtigung<br />
an<strong>der</strong>erseits verbessert. Letztere<br />
werden in einem neu gefassten<br />
§ 335a HGB geregelt, wobei künftig<br />
auch eine Rechtsbeschwerde<br />
gegen Beschwerdeentscheidungen<br />
des bislang als einzige Instanz tätigen<br />
Landgerichts Bonn in Ordnungsgeldsachen<br />
möglich ist.<br />
Autoren: Dr. Markus Kreipl <strong>und</strong> Prof.<br />
Dr. Stefan Müller, Hamburg<br />
Innergemeinschaftliche Lieferung<br />
BFH: Vertrauensschutz bei Umsatzsteuer nicht immer anwendbar<br />
Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen<br />
von hochwertigen PKW<br />
gegen Barzahlung bestehen hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die vom Lieferer zu<br />
ergreifenden Maßnahmen, um eine<br />
Beteiligung an einem Umsatzsteuermissbrauch<br />
auszuschließen. Der Rahmen<br />
des Zumutbaren ist in diesen<br />
Fällen weit zu ziehen.<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Klägerin ist eine GmbH, die einen<br />
Kraftfahrzeughandel betreibt. Sie<br />
verkaufte einen hochwertigen Sportwagen<br />
an einen ausländischen Abnehmer<br />
<strong>und</strong> behandelte den Vorgang<br />
als steuerfreie innergemeinschaftliche<br />
Lieferung. Wie sich später aber<br />
unstreitig herausstellte, war <strong>der</strong> Abnehmer<br />
ein Scheinunternehmer.<br />
Der Verkauf wurde durch einen Vermittler<br />
angebahnt <strong>und</strong> <strong>der</strong> PKW durch<br />
einen Beauftragten gegen Barzahlung<br />
abgeholt. Der Beauftragte wies sich<br />
gegenüber <strong>der</strong> Klägerin durch eine<br />
Kopie seines Personalausweises aus<br />
<strong>und</strong> bestätigte auf <strong>der</strong> Empfangsbestätigung<br />
handschriftlich, dass er den<br />
PKW in einen an<strong>der</strong>en Mitgliedstaat<br />
überführen wolle. Da sich die Unterschriften<br />
auf dem Personalausweis<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Empfangsbestätigung deutlich<br />
unterschieden, lehnte das Finanzamt<br />
eine Steuerbefreiung ab.<br />
Das FG war dagegen <strong>der</strong> Auffassung,<br />
dass ein Vergleich <strong>der</strong> Unterschriften<br />
durch den Unternehmer unverhältnismäßig<br />
sei <strong>und</strong> daher trotz <strong>der</strong><br />
fehlenden Voraussetzungen für die innergemeinschaftliche<br />
Lieferung gem.<br />
§ 6a Abs. 4 UStG eine Steuerbefreiung<br />
zu gewähren sei. Hiergegen legte die<br />
Finanzverwaltung Revision ein.<br />
Entscheidung<br />
Entgegen <strong>der</strong> Auffassung des FG hielt<br />
<strong>der</strong> BFH die Vertrauensschutzregelung<br />
des § 6a Abs. 4 UStG im Streitfall<br />
für nicht anwendbar. Nach <strong>der</strong> Vorschrift<br />
ist eine Lieferung steuerfrei,<br />
auch wenn die Voraussetzungen für<br />
einen innergemeinschaftliche Lieferung<br />
nicht vorliegen, wenn die Inanspruchnahme<br />
<strong>der</strong> Steuerbefreiung auf<br />
unrichtigen Angaben des Abnehmers<br />
beruht <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unternehmer die Unrichtigkeit<br />
dieser Angaben auch bei<br />
<strong>der</strong> Beachtung <strong>der</strong> Sorgfalt eines ordentlichen<br />
Kaufmanns nicht erkennen<br />
konnte.<br />
Da dem Streitfall die Lieferung eines<br />
hochwertigen PKW gegen Barkauf<br />
durch Abholung eines Beauftragten<br />
vorliegt, legte <strong>der</strong> BFH beson<strong>der</strong>s hohe<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Sorgfaltspflicht<br />
des Unternehmers an. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Tatsache, dass die Unterschriften auf<br />
dem Pass des Abholers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verbringenserklärung<br />
deutlich voneinan<strong>der</strong><br />
abgewichen sind, hätte <strong>der</strong> Kläger<br />
weitere Nachforschungen anstellen<br />
müssen. Daher hob <strong>der</strong> BFH das Urteil<br />
auf <strong>und</strong> verwies das Verfahren<br />
zur weiteren Sachverhaltsaufklärung<br />
zurück an das FG.<br />
Quelle: BFH, Urteil v. 14.11.2012, XI<br />
R 17/12, veröffentlicht am 10.4.2013<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 11
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Pensionsrückstellungen<br />
Was bei Rückstellungen für<br />
Pensionsverpflichtungen zu<br />
beachten ist<br />
Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen zu bilden. Es handelt sich hierbei um<br />
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Wie diese richtig zu buchen sind, zeigt <strong>der</strong><br />
folgende Beitrag.<br />
von StB Wilhelm Krudewig, Meckenheim<br />
Pensionsrückstellungen gehören zu den Rückstellungen<br />
für ungewisse Verbindlichkeiten. Sie müssen<br />
handelsrechtlich nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
passiviert werden. Eine Ausnahme ergibt sich aus Artikel<br />
28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB. Danach besteht ein Ansatzwahlrecht<br />
für mittelbare Pensionsverpflichtungen. Ebenso ist<br />
auch das Ansatzwahlrecht bei Versorgungsverpflichtungen<br />
beibehalten worden, die vor dem 1.12.1987 (Altzusagen)<br />
begründet worden sind.<br />
Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen<br />
zu bilden, die <strong>der</strong> Unternehmer auf das Konto „Rückstellungen<br />
für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen“<br />
0950 (SKR 03) bzw. 3000 (SKR 04) bucht. Bei <strong>der</strong> erstmaligen<br />
Bildung bzw. bei einer Erhöhung <strong>der</strong> Rückstellung<br />
wird <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Aufwand auf das Konto „Aufwendungen<br />
für Altersversorgung“ 4165 (SKR 03) bzw.<br />
6140 (SKR 04) gebucht.<br />
Buchungssatz:<br />
Aufwendungen für Altersversorgung<br />
an Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche<br />
Verpflichtungen<br />
Praxis-Beispiel: Bildung einer Pensionsrückstellung<br />
Die Huber-GmbH hat ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer<br />
eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die den Kriterien<br />
des § 6a EStG entspricht. Nach dem versicherungsmathematischen<br />
Gutachten, das auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des § 6a<br />
EStG ermittelt worden ist, ergibt sich zum 31.12.2013 eine<br />
Verpflichtung von 62.000 €.<br />
Buchung<br />
Konto Kontenbezeichnung<br />
SKR 03/04<br />
Soll<br />
0950/3000 Rückstellungen für<br />
Pensionen <strong>und</strong> ähnliche<br />
Verpflichtungen<br />
Betrag<br />
EUR<br />
Konto<br />
SKR03/04<br />
Haben<br />
Kontenbezeichnung<br />
62.000 4165/6140 Aufwendungen für Altersversorgung<br />
Betrag<br />
EUR<br />
62.000<br />
Gr<strong>und</strong>sätze<br />
Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen<br />
o<strong>der</strong> vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen<br />
(Pensionsverpflichtungen) sind in <strong>der</strong> Bilanz auszuweisen.<br />
Das handelsrechtliche Passivierungsgebot bedeutet,<br />
dass Pensionsrückstellungen auch in <strong>der</strong> Steuerbilanz zu<br />
passivieren sind. In <strong>der</strong> Handelsbilanz sind die Pensionsrückstellungen<br />
mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen<br />
(§ 253 Abs. 1 HGB), während sich die Bildung von Pensionsrückstellungen<br />
in <strong>der</strong> Steuerbilanz ausschließlich<br />
nach § 6a EStG richtet.<br />
12<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Konten in den Kontenrahmen SKR 03 <strong>und</strong> SKR 04<br />
Die Kontenrahmen unterscheiden im Wesentlichen danach, wer eine Pensionszusage erhält. Die Kontenrahmen unterscheiden<br />
bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Konten wie folgt:<br />
Kontenbezeichnung SKR 03 SKR 04<br />
Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen 0950 3000<br />
Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen zur Saldierung mit Vermögensgegenständen<br />
zum langfristigen Verbleib nach § 246 Abs. 2 HGB<br />
Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen gegenüber Gesellschaftern<br />
o<strong>der</strong> nahestehenden Personen (10 % Beteiligung am Kapital)<br />
0951 3009<br />
0952 3005<br />
Rückstellungen für Direktzusagen 0953 3010<br />
Rückstellungen für Zuschussverpflichtungen für Pensionskassen <strong>und</strong> Lebensversicherungen 0954 3011<br />
Rückstellungen für pensionsähnliche Verpflichtungen --- 3015<br />
Aufwendungen für Altersversorgung 4165 6140<br />
Aufwendungen für Altersversorgung für Gesellschafter-Geschäftsführer 4166 6149<br />
Aufwendungen für Altersversorgung für Mitunternehmer § 15 EStG 4168 6148<br />
Bewertung <strong>der</strong> Pensionsrückstellung<br />
laut HGB<br />
Bei <strong>der</strong> Bewertung von Pensionsrückstellungen sind<br />
gegenüber <strong>der</strong> Rechtslage vor Inkrafttreten des BilMoG<br />
weitreichende Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen worden.<br />
Bis dahin war es möglich, den steuerlichen Wertansatz<br />
zu übernehmen, was in <strong>der</strong> Regel dazu geführt hat, dass<br />
<strong>der</strong> Wertansatz für die Pensionsrückstellung zu niedrig<br />
ausgewiesen worden ist. Seit dem Übergang zur Rechnungslegung<br />
nach dem BilMoG muss <strong>der</strong> Erfüllungsbetrag<br />
angesetzt werden.<br />
Erfüllungsbetrag ist <strong>der</strong> Betrag, <strong>der</strong> zur Begleichung einer<br />
Verbindlichkeit zukünftig zu entrichten ist. Hierbei sind<br />
entsprechende Lohn-, Preis- <strong>und</strong> Kostensteigerungen<br />
einzubeziehen. Bei <strong>der</strong> Berechnung von Pensionsrückstellungen<br />
sind die nachfolgenden Entwicklungen einzubeziehen:<br />
Lohn- <strong>und</strong> Gehaltssteigerungen<br />
Karriereentwicklungen<br />
Fluktuation <strong>der</strong> Belegschaft<br />
Rententrend<br />
Da künftige Gehalts- <strong>und</strong> Karrieretrends zu berücksichtigen<br />
sind, haben sich gegenüber <strong>der</strong> alten Rechtslage<br />
deutliche Steigerungen bei <strong>der</strong> Höhe von Pensionsrückstellungen<br />
ergeben. Diese müssen abgezinst werden. Die<br />
Abzinsung richtet sich hierbei entwe<strong>der</strong><br />
nach <strong>der</strong> individuellen Laufzeit mit einem durchschnittlichen<br />
Marktzinssatz <strong>der</strong> letzten sieben Geschäftsjahre<br />
o<strong>der</strong> nach dem durchschnittlichen Marktzinssatz, <strong>der</strong><br />
sich bei einer Laufzeit von 15 Jahren ergibt.<br />
Der Unternehmer kann die Pensionsrückstellung also individuell<br />
o<strong>der</strong> pauschal bewerten.<br />
Übergangsregelung<br />
Für Pensionszusagen die vor dem 1.1.2010 erteilt wurden,<br />
gibt es eine Übergangsregelung, von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Unternehmer<br />
im ersten BilMoG-Jahr 2010 Gebrauch machen<br />
konnte. Waren die Rückstellungen nach altem Recht zu<br />
niedrig ausgewiesen worden, bestand beim Übergang auf<br />
das BilMoG die Verpflichtung, den fehlenden Betrag zuzuführen,<br />
sodass die Rückstellungen nach den Bewertungskriterien<br />
des BilMoG auszuweisen waren.<br />
Alternativ gelten für Pensionszusagen, die vor dem<br />
1.1.2010 erteilt wurden, die Übergangsregelung in Artikel<br />
67 Abs. 2 EGHBG. Danach besteht ein Ansammlungswahlrecht<br />
über 15 Jahre bis zum 31.12.2024. Der Unternehmer<br />
musste sich also beim ersten Jahresabschluss nach Bil-<br />
MoG entscheiden, ob er<br />
die Pensionsrückstellung sofort um den Betrag <strong>der</strong> Unterdeckung<br />
gewinnmin<strong>der</strong>nd erhöht o<strong>der</strong><br />
die Unterdeckung über 15 Jahre bis zum 31.12.2024<br />
abbaut. In jedem Geschäftsjahr muss die Rückstellung<br />
um mindestens 1/15 erhöht werden. Es dürfen jährlich<br />
durchaus auch höhere Beträge zugeführt werden, ohne<br />
dass dadurch <strong>der</strong> Betrag von 1/15 in den Folgejahren<br />
reduziert werden darf. Durch Zuführung höherer Beträge<br />
verkürzt sich lediglich <strong>der</strong> Zeitraum von 15 Jahren.<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 13
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Wichtig: Hat sich <strong>der</strong> Unternehmer entschieden, die<br />
!<br />
Unterdeckung über 15 Jahre abzubauen, muss er<br />
dies Jahr für Jahr tun, bis <strong>der</strong> dann aktuelle Wert erreicht<br />
ist. Die jeweilige Unterdeckung ist im Anhang zum Jahresabschluss<br />
auszuweisen.<br />
Überblick:<br />
Ansatz <strong>und</strong> Bewertung von Pensionsrückstellungen<br />
Beschreibung Handelsbilanz Steuerbilanz<br />
Pensionsrückstellung:<br />
Wahlrecht durch<br />
Übergangsregelungen<br />
gemäß<br />
BilMoG<br />
Betrag <strong>der</strong> Unterdeckung<br />
war gewinnmin<strong>der</strong>nd<br />
zu<br />
erhöhen o<strong>der</strong> ist<br />
über 15 Jahre bis<br />
zum 31.12.2024<br />
abbauen<br />
Der steuerliche<br />
Wertansatz richtet<br />
sich nach wie vor<br />
nach § 6a EStG<br />
(keine Än<strong>der</strong>ung)<br />
Saldierung im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen<br />
Das Prinzip, dass Posten <strong>der</strong> Aktivseite <strong>und</strong> Posten <strong>der</strong><br />
Passivseite nicht saldiert werden dürfen, wird bei Pensionsrückstellungen<br />
durchbrochen. Nach § 246 Abs. 2 HGB<br />
sind Vermögensgegenstände,<br />
die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind<br />
<strong>und</strong><br />
die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Schulden<br />
aus Altersversorgungsverpflichtungen o<strong>der</strong> vergleichbaren<br />
Verpflichtungen zu tilgen,<br />
mit diesen Schulden zu verrechnen. Soweit sich bei dieser<br />
Saldierung ein aktiver Saldo ergibt, ist <strong>der</strong> übersteigende<br />
Betrag unter einem geson<strong>der</strong>ten Posten auf <strong>der</strong> Aktivseite<br />
auszuweisen. Es handelt sich gemäß § 266 Abs. 2 HGB<br />
um einen Verrechnungsposten „Aktiver Unterschiedsbetrag<br />
aus <strong>der</strong> Vermögensverrechnung“. Gemäß § 268<br />
Abs. 8 HGB besteht insoweit eine Ausschüttungssperre.<br />
Das Saldierungsgebot gilt nicht für das Steuerrecht.<br />
Berechnung <strong>der</strong> Pensionsrückstellungen<br />
Um den zutreffenden Rückstellungsbetrag ausweisen<br />
zu können, muss sich <strong>der</strong> Unternehmer entsprechende<br />
Gutachten erstellen lassen. Erfor<strong>der</strong>lich sind zwei unterschiedliche<br />
Gutachten, weil die Berechnung nach Handels-<br />
<strong>und</strong> Steuerrecht völlig unterschiedlich ausfällt.<br />
Praxis-Tipp<br />
Werden Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen, besteht<br />
in <strong>der</strong> Regel die Möglichkeit, sich für überschaubare<br />
Kosten die entsprechenden Wertgutachten über die Versicherung<br />
erstellen zu lassen. Bei Rückdeckungsversicherungen<br />
sollte durch eine Verpfändungserklärung sichergestellt<br />
werden, dass die For<strong>der</strong>ung im Insolvenzfall gesichert<br />
ist. Das Datum <strong>der</strong> Verpfändungserklärung muss nach<br />
dem Abschluss <strong>der</strong> Rückdeckungsversicherung liegen.<br />
Pensionsrückstellungen nach Steuerrecht<br />
Steuerlich ist nicht auf den Erfüllungsbetrag abzustellen,<br />
son<strong>der</strong>n auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag. Die<br />
künftige Entwicklung ist somit nicht zu berücksichtigen.<br />
Lohn-, Preis- <strong>und</strong> Kostensteigerungen sind nicht einzubeziehen.<br />
An<strong>der</strong>s als bei <strong>der</strong> Handelsbilanz sind somit<br />
Lohn- <strong>und</strong> Gehaltssteigerungen, Karriereentwicklungen,<br />
Fluktuation <strong>der</strong> Belegschaft <strong>und</strong> Rententrends nicht zu<br />
berücksichtigen.<br />
Nach § 6a EStG darf steuerlich eine Pensionsrückstellung<br />
nur gebildet werden, wenn<br />
die Pensionszusage schriftlich erteilt worden ist,<br />
<strong>der</strong> Berechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige<br />
o<strong>der</strong> laufende Pensionsleistungen hat,<br />
die Pensionsleistungen nicht abhängig ist von künftigen<br />
gewinnabhängigen Bezügen <strong>und</strong><br />
die Zusage keinen Vorbehalt enthält, wonach die Pensionsleistung<br />
(abgesehen von allgemeinen Rechtsgr<strong>und</strong>sätzen)<br />
gemin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> entzogen werden kann.<br />
Steuerlich darf eine Pensionsrückstellung erst gebildet<br />
werden,<br />
vor Eintritt des Versicherungsfalls in dem Wirtschaftsjahr,<br />
in dem die Pensionszusage erteilt wird, frühestens<br />
jedoch für das Wirtschaftsjahr bis zu dessen Mitte <strong>der</strong><br />
Pensionsberechtigte das 27. Lebensjahr vollendet, o<strong>der</strong><br />
vor Eintritt des Versicherungsfalls in dem Wirtschaftsjahr,<br />
in dessen Verlauf die Pensionsanwartschaft gemäß<br />
den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes<br />
unverfallbar wird,<br />
nach Eintritt des Versicherungsfalls für das Wirtschaftsjahr<br />
in dem <strong>der</strong> Versorgungsfall eintritt.<br />
Der Teilwert, mit dem die Pensionsrückstellung steuerlich<br />
anzusetzen ist, richtet sich nach § 6a Abs. 3 EStG.<br />
Um den Wert zutreffend ansetzen zu können, ist es erfor<strong>der</strong>lich,<br />
sich eine Wertgutachten erstellen zu lassen, das<br />
dann von <strong>der</strong> Finanzverwaltung auch nicht beanstandet<br />
werden kann.<br />
Steuerliche Auswirkungen des Verzichts eines Gesellschafter-Geschäftsführers<br />
auf eine Pensionszusage<br />
Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH<br />
14<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
auf eine Pensionszusage, die zu einer Min<strong>der</strong>ung des Einkommens<br />
<strong>der</strong> GmbH geführt hat, so ergeben sich folgende<br />
Auswirkungen (R<strong>und</strong>verfügung <strong>der</strong> OFD Frankfurt vom<br />
4.11.2010; S 2742 A – 10 – St 510):<br />
1. Die GmbH hat die nach § 6a EStG gebildete Pensionsrückstellung<br />
in ihrer Steuerbilanz erfolgswirksam aufzulösen.<br />
2. Der Verzicht auf die Pensionszusage ist regelmäßig<br />
durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst, weil ein<br />
Nichtgesellschafter <strong>der</strong> Gesellschaft diesen Vermögensvorteil<br />
(= entschädigungsloser Wegfall einer Pensionsverpflichtung)<br />
nicht eingeräumt hätte. Eine betriebliche<br />
Veranlassung des Verzichts auf die Pensionszusage ist<br />
nur anzunehmen, wenn auch ein Fremdgeschäftsführer<br />
auf die Pensionszusage verzichten würde.<br />
3. Ist <strong>der</strong> Pensionsverzicht gesellschaftsrechtlich veranlasst,<br />
liegt eine verdeckte Einlage in Höhe des Teilwerts<br />
<strong>der</strong> Pensionsanwartschaft vor. Die verdeckte Einlage ist<br />
außerbilanziell bei <strong>der</strong> Ermittlung des zu versteuernden<br />
Einkommens in Abzug zu bringen. Der Teilwert <strong>der</strong> verdeckten<br />
Einlage ist nicht nach § 6a EStG, son<strong>der</strong>n unter<br />
Beachtung <strong>der</strong> allgemeinen Teilwertermittlungsgr<strong>und</strong>sätze<br />
im Zweifel nach den Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten zu<br />
ermitteln. Es kommt darauf an, welchen Betrag <strong>der</strong> Gesellschafter<br />
zu dem Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden<br />
müssen, um eine gleich hohe Pensionsanwartschaft gegen<br />
einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben. Dabei<br />
kann die Bonität des For<strong>der</strong>ungsschuldners berücksichtigt<br />
werden. Außerdem kann von Bedeutung sein, ob die<br />
Pension unverfallbar ist o<strong>der</strong> ob sie voraussetzt, dass <strong>der</strong><br />
Berechtigte bis zum Pensionsfall für den Verpflichteten<br />
nicht selbstständig tätig ist.<br />
4. In Höhe des Teilwerts <strong>der</strong> verdeckten Einlage liegt beim<br />
Gesellschafter-Geschäftsführer ein Zufluss von Arbeitslohn<br />
vor.<br />
5. Die verdeckte Einlage führt zu nachträglichen Anschaffungskosten<br />
auf die GmbH-Anteile<br />
Die vorstehend dargestellten Gr<strong>und</strong>sätze geltend entsprechend,<br />
wenn <strong>der</strong> Gesellschafter-Geschäftsführer nur auf<br />
einen Teil seiner Pensionsanwartschaft verzichtet.<br />
Praxis-Beispiel<br />
Mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer wurde am<br />
16.1.1990 eine Pensionszusage vereinbart, nach <strong>der</strong> dem<br />
Gesellschafter-Geschäftsführer folgende Versorgungsanwartschaften<br />
eingeräumt wurden:<br />
- monatliche Altersrente in Höhe von 6.300 €<br />
- monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 6.300 €<br />
In einer Än<strong>der</strong>ungsvereinbarung zur Pensionszusage zwischen<br />
<strong>der</strong> GmbH <strong>und</strong> dem Gesellschafter-Geschäftsführer<br />
vom 1.8.2008 werden diese Anwartschaften auf jeweils<br />
3.200 € reduziert. In <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsvereinbarung wird dargestellt,<br />
dass es sich bei den Beträgen in Höhe von 3.200 €<br />
um „einvernehmlich als unverfallbar festgestellte Anwartschaften“<br />
handelt <strong>und</strong> ein weiteres Anwachsen von Versorgungsanwartschaften<br />
ab dem 1.8.2008 nicht mehr stattfinde.<br />
Künftig zu erdienende Versorgungsanwartschaften würden<br />
einvernehmlich auf 0 € herabgesetzt.<br />
Auswirkungen:<br />
1. Die Pensionsrückstellung ist bis zur Höhe des Teilwerts<br />
nach § 6a Abs. 2 Satz 3 EStG aufzulösen, <strong>der</strong> sich auf den Bilanzstichtag<br />
nach dem Teilverzicht ergeben hätte, wenn von<br />
Anfang an nur eine Pension in <strong>der</strong> später reduzierten Höhe<br />
zugesagt worden wäre. Nach dem Gr<strong>und</strong>satz des § 6a EStG,<br />
die Pensionsrückstellung bis zum vertraglich vereinbarten<br />
Pensionsalter gleichmäßig aufzubauen, ist ein Verzicht nur<br />
auf den „future service“ mit <strong>der</strong> Folge des Einfrierens <strong>der</strong><br />
bereits gebildeten Pensionsrückstellung nicht möglich.<br />
2. Es liegt eine verdeckte Einlage vor, weil ein Nichtgesellschafter<br />
im Regelfall eine Reduzierung seiner Pensionsanwartschaft<br />
ohne Gegenleistung nicht vereinbart hätte.<br />
Die Anwartschaft stellt einen einheitlichen Vermögensvorteil<br />
dar. Verzichtet <strong>der</strong> Gesellschafter-Geschäftsführer auf einen<br />
Teil <strong>der</strong> ihm zugesagten Versorgungsbezüge (zum Beispiel<br />
auf 3.100 € monatlich ab Eintritt des Versorgungsfalls), so<br />
betrifft dieser Verzicht sowohl den bereits erdienten als auch<br />
den noch nicht erdienten Teil <strong>der</strong> Anwartschaft.<br />
Eine Aufteilung <strong>der</strong> Anwartschaft in <strong>der</strong> Weise, dass ein Verzicht<br />
nur auf den nicht erdienten Teil angenommen werden<br />
könnte, ist im Hinblick auf die Einheitlichkeit dieses Vermögensvorteils<br />
ausgeschlossen.<br />
3. Bei <strong>der</strong> Ermittlung des Teilwerts <strong>der</strong> verdeckten Einlage ist<br />
darauf abzustellen, wie hoch zum Zeitpunkt des Teilverzichts<br />
die Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten für den Differenzbetrag zwischen<br />
dem Barwert <strong>der</strong> ursprünglich zugesagten <strong>und</strong> dem<br />
Barwert <strong>der</strong> reduzierten Versorgung sind.<br />
Die Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten entsprechen gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>der</strong><br />
Differenz zwischen dem Gegenwartswert <strong>der</strong> ursprünglich zugesagten<br />
Pensionsanwartschaft zum Zeitpunkt des Verzichts<br />
beziehungsweise dem ratierlichen Anwartschaftsbarwert<br />
(= bereits erworbene Ansprüche) <strong>und</strong> dem Barwert <strong>der</strong> nach<br />
Abschluss <strong>der</strong> Verzichtserklärung verbleibenden Pensionsanwartschaft<br />
(= reduzierte Pensionsanwartschaft). <<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 15
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
GoBD<br />
Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur<br />
DV-gestützten Buchführung<br />
Das BMF will seine bisherigen Anweisungen zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>der</strong> Prüfung digitaler Unterlagen<br />
(GDPdU)“ <strong>und</strong> zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (GoBS)“<br />
zusammenfassen <strong>und</strong> zwar zu „Gr<strong>und</strong>sätze zur ordnungsmäßigen Führung <strong>und</strong> Aufbewahrung<br />
von Büchern, Aufzeichnungen <strong>und</strong> Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff<br />
(GoBD)“. Darin will die Finanzverwaltung u.a. ihre Auffassung zu den steuerlichen <strong>und</strong> außersteuerlichen<br />
Buchführungs-, Aufzeichnungs- <strong>und</strong> Aufbewahrungspflichten unter Nutzung elektronischer<br />
Datenverarbeitungssysteme (z.B. Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten)<br />
regeln. Die bisherigen Regelungen sind aufgr<strong>und</strong> des technischen Fortschritts teilweise veraltet<br />
<strong>und</strong> führen in <strong>der</strong> Praxis oft zu Unsicherheiten bei Unternehmen <strong>und</strong> Betriebsprüfern.<br />
von Dipl.-Betriebswirt Karl Birgel, Alsdorf<br />
Sofern Datenverarbeitungssysteme zum Einsatz<br />
kommen, sind folgende Verwaltungsvorschriften zu<br />
beachten:<br />
GoBS, Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.1995, IV A<br />
8 – S 0316 – 52/95, BStBl I 1995, 738<br />
GDPdU, BMF-Schreiben vom 16.7.2001, IV D 2 – S 0316<br />
– 136/01, BStBl I 2001, 415 geän<strong>der</strong>t durch BMF-Schreiben<br />
vom 14.9.2012, IV A 4 – S 0316/12/10001, BStBl I<br />
2012, 930.<br />
Die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher <strong>und</strong> sonst<br />
erfor<strong>der</strong>licher elektronischer Aufzeichnungen ist nach den<br />
gleichen Prinzipien zu beurteilen wie die Ordnungsmäßigkeit<br />
bei manuell erstellten Büchern o<strong>der</strong> Aufzeichnungen.<br />
Die neuen GoBD, die nun die GoBS <strong>und</strong> GDPdU ablösen<br />
<strong>und</strong> auf aktuellen Stand <strong>der</strong> Technik bringen sollen, behandeln<br />
neben dem Anwendungsbereich, <strong>der</strong> Verantwortlichkeit<br />
<strong>und</strong> den allgemeine Anfor<strong>der</strong>ungen in erster Linie<br />
folgende Themenbereiche:<br />
Belegwesen (Belegfunktion)<br />
Aufzeichnung <strong>der</strong> Geschäftsvor-fälle in zeitlicher<br />
Reihenfolge <strong>und</strong> in sachlicher Ordnung<br />
Internes Kontrollsystem (IKS)<br />
Datensicherheit<br />
Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen<br />
Aufbewahrung<br />
Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit<br />
Datenzugriff<br />
Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate<br />
Belegwesen<br />
Die Beleg-, Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion war bereits als Tz.<br />
2 in den GoBS behandelt. Die Belegfunktion ist nunmehr<br />
in Tz. 4 <strong>der</strong> GoBD, die Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion sind in<br />
Tz. 5 <strong>der</strong> GoBD beschrieben.<br />
Die Ausführungen in den GoBD zur Belegfunktion entsprechen<br />
den allgemein bekannten GoB. Neu sind Aussagen<br />
zur Belegsicherung gegen Verlust von Informationen, zur<br />
Zuordnung zwischen Belegen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>aufzeichnungen<br />
o<strong>der</strong> Buchungen <strong>und</strong> zur erfassungsgerechten Aufbereitung<br />
<strong>der</strong> Buchungsbelege. Je<strong>der</strong> Geschäftsvorfall muss<br />
eine eindeutige Belegnummer, den Buchungsbetrag o<strong>der</strong><br />
Mengen- <strong>und</strong> Wertangaben, Währungsangabe, Buchungstext,<br />
Buchungsdatum, Buchungsperiode <strong>und</strong> den Verantwortlichen<br />
ausweisen. Beson<strong>der</strong>heiten zur Belegfunktion<br />
bei EDV-gestützten Prozessen <strong>und</strong> zu Dauersachverhalten<br />
behandeln die GoBD in Tz. 4.4.<br />
Wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet,<br />
ausgegeben <strong>und</strong> aufbewahrt werden, ergibt sich aus<br />
den GoBD, Tz. 10.1 „Verfahrensdokumentation“.<br />
Aufzeichnung <strong>der</strong> Geschäftsvorfälle in zeitlicher Reihenfolge<br />
<strong>und</strong> in sachlicher Ordnung<br />
Der Steuerpflichtige hat auch nach den GoBD organisatorisch<br />
<strong>und</strong> technisch sicherzustellen, dass die elektronischen<br />
Buchungen <strong>und</strong> sonst erfor<strong>der</strong>lichen elektronischen Aufzeichnungen<br />
vollständig, richtig, zeitgerecht <strong>und</strong> geordnet<br />
vorgenommen werden. Es ergeben sich diesbezüglich keine<br />
wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen gegenüber den GoBS, Tz. 1.0.<br />
16<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Datensicherheit<br />
Aussagen zur Datensicherheit sind in den GoBD (Tz. 7)<br />
auch wesentlich kürzer enthalten als in den GoBS (Tz. 7).<br />
Die Beschreibung des Datensicherungskonzepts ist nunmehr<br />
ebenfalls Bestandteil <strong>der</strong> Verfahrensdokumentation<br />
(Tz. 10.1).<br />
Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen<br />
Dem Thema „Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen“<br />
ist in den GoBD (Tz. 8) ein eigener Abschnitt<br />
gewidmet. Dies ist zu begrüßen, denn die GoBS enthielten<br />
hierzu Aussagen an verschiedenen Stellen, so zu Buchungen<br />
sowie zur Beleg- <strong>und</strong> Journalfunktion, was die Übersichtlichkeit<br />
einschränkte.<br />
Aufbewahrung<br />
Die nach steuerlichen Vorschriften zu führenden Bücher<br />
<strong>und</strong> sonstigen erfor<strong>der</strong>lichen Aufzeichnungen können nach<br />
§ 146 Abs. 5 A0 auf Datenträgern geführt werden, soweit<br />
diese Form <strong>der</strong> Buchführung einschließlich des dabei angewandten<br />
Verfahrens den GoB entspricht. Gemäß GDPdU<br />
(Tz. I.1) sind die Daten <strong>der</strong> Finanz-, <strong>der</strong> Anlagen- <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Lohnbuchhaltung sowie an<strong>der</strong>e, steuerlich relevante<br />
Daten für den Datenzugriff zur Verfügung zu halten. Die<br />
diesbezüglichen Vorschriften sind nun in den GoBD, Tz. 9<br />
enthalten.<br />
Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit<br />
Dem Thema „Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit“<br />
ist im Rahmen <strong>der</strong> GoBD ebenfalls ein eigenständiger Abschnitt<br />
gewidmet (Tz. 10). Die GoBS enthielten Aussagen<br />
hierzu wie<strong>der</strong>um an verschiedenen Stellen, so z.B. im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Beleg-, Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion (Tz. 2) sowie<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Abschnitt „Dokumentation <strong>und</strong> Prüfbarkeit“<br />
(Tz. 6).<br />
Wesentlicher Kern ist <strong>der</strong> Unterabschnitt „Verfahrensdokumentation“<br />
(Tz. 10.1). Die Neuaussagen zur Nachvollziehbarkeit<br />
<strong>und</strong> Nachprüfbarkeit sind knapp <strong>und</strong> prägnant. Sie<br />
benennen die Bestandteile dieser Dokumentation <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n<br />
Aussagen zu den Ordnungsmäßigkeitsvorschriften.<br />
Die Aufbewahrungsfrist für die Verfahrensdokumentation<br />
läuft nicht ab, soweit <strong>und</strong> solange die Aufbewahrungsfrist<br />
für die Unterlagen noch nicht abgelaufen ist, zu <strong>der</strong>en Verständnis<br />
sie erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />
Datenzugriff<br />
Nach § 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht,<br />
die mit Hilfe eines DV-Systems erstellten <strong>und</strong> nach § 147<br />
Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch<br />
Datenzugriff zu prüfen. Dies ist <strong>der</strong> hauptsächliche Inhalt<br />
<strong>der</strong> GDPdU.<br />
Die Methoden des Datenzugriffs gemäß GoBD (Tz. 11) entsprechen<br />
den GDPdU:<br />
unmittelbarer Datenzugriff (Lesezugriff <strong>der</strong> Finanzbehörde<br />
unmittelbar auf das DV-System des Steuerpflichtigen),<br />
mittelbarer Datenzugriff (Auswertung durch Steuerpflichtigen<br />
nach Vorgabe <strong>der</strong> Finanzbehörde mit anschließendem<br />
Leserecht <strong>der</strong> Finanzbehörde),<br />
Datenträgerüberlassung (Überlassung eines Datenträgers<br />
mit den steuerlich relevanten Daten).<br />
Neu ist folgende Aussage: „Enthalten elektronisch gespeicherte<br />
Datenbestände, z.B. nicht aufzeichnungs- <strong>und</strong><br />
aufbewahrungspflichtige, personenbezogene o<strong>der</strong> dem Berufsgeheimnis<br />
(§ 102 AO) unterliegende Daten, so obliegt<br />
es dem Steuerpflichtigen o<strong>der</strong> dem von ihm beauftragten<br />
Dritten, die Datenbestände so zu organisieren, dass <strong>der</strong><br />
Prüfer nur auf die aufzeichnungs- <strong>und</strong> aufbewahrungspflichtigen<br />
Daten des Steuerpflichtigen zugreifen kann.<br />
Dies kann z.B. durch geeignete Zugriffsbeschränkungen<br />
erfolgen.“<br />
Mangels Nachprüfbarkeit akzeptiert die Finanzbehörde<br />
keine Reporte o<strong>der</strong> Druckdateien, die vom Unternehmen<br />
ausgewählte („vorgefilterte“) Datenfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> -sätze aufführen,<br />
jedoch nicht mehr alle aufzeichnungs- <strong>und</strong> aufbewahrungspflichtigen<br />
Daten enthalten.<br />
Irritierend an den GoBD ist, dass die Lesbarmachung von<br />
elektronischen Unterlagen in Tz. 10.2, also im Abschnitt<br />
über die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfung geregelt<br />
ist. Diese Tz. hätte man vielmehr im Rahmen <strong>der</strong> Aussagen<br />
über den Datenzugriff erwarten können, da sie im unmittelbaren<br />
Zusammenhang mit den gefor<strong>der</strong>ten Möglichkeiten<br />
des Datenzugriffs steht.<br />
Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate<br />
Das Thema „Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate“ ist in<br />
den GoBS <strong>und</strong> den GDPdU nicht geregelt. Gemäß GoBD<br />
(Tz. 12) werden Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit <strong>der</strong><br />
Buchführung we<strong>der</strong> im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung<br />
noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft<br />
erteilt. „Zertifikate“ o<strong>der</strong> „Testate“ Dritter entfalten gegenüber<br />
<strong>der</strong> Finanzbehörde keine Bindungswirkung.<br />
Abschließende Wertung<br />
Aus Unternehmenssicht sind die GoBD zu begrüßen, weil<br />
sie zum Teil nicht mehr zeitgemäße Verwaltungsvorschriften<br />
ablösen. Bei den GDPdU gab es so viele Zweifelsfragen,<br />
dass mehrere ergänzende BMF-Schreiben für Klarheit<br />
sorgen mussten. Da diese aber nur teilweise in die GoBD<br />
eingeflossen sind, bleibt zu befürchten, dass auch hier ergänzende<br />
Auslegungsregeln erfor<strong>der</strong>lich werden. <<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 17
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Bilanzgestaltung<br />
Eine Aufgabe für das ganze Jahr<br />
Die Bilanz eines Unternehmens bildet die Gr<strong>und</strong>lage für wichtige Finanzkennzahlen, die etwa<br />
von Banken <strong>und</strong> Gesellschaftern berechnet werden. Schlechte Werte können die Existenz des<br />
Unternehmens bedrohen. Die Vergabe von Krediten, die Entnahme von Gewinnen o<strong>der</strong> das Rating<br />
zur Ermittlung von Zinshöhen hängen maßgeblich von Kennzahlen wie Eigenkapitalquote<br />
o<strong>der</strong> Verschuldungsgrad ab. Üblicherweise wird am Jahresende versucht, die Bilanz im Rahmen<br />
des Erlaubten so zu gestalten, dass die Kennzahlen hilfreiche Ergebnisse liefern. Das ist zu spät.<br />
von Reinhard Bleiber, Lengerich<br />
Im Gr<strong>und</strong>e muss bei je<strong>der</strong> finanziellen Entscheidung<br />
<strong>der</strong> Geschäftsführung o<strong>der</strong> je<strong>der</strong> buchhalterischen<br />
Entscheidung im Rechnungswesen geprüft werden,<br />
welche Auswirkungen dies auf die Bilanz haben wird.<br />
Entsprechend sind dann die Entscheidungen zu treffen.<br />
Praxis-Beispiel<br />
Erst kurz vor Weihnachten stellte Werner Meyer, Buchhalter<br />
<strong>der</strong> Caravan Deutschland GmbH, fest, dass <strong>der</strong> größte<br />
K<strong>und</strong>e eine Rechnung über 150.000 Euro nicht pünktlich<br />
gezahlt hat. Das machte fast 30 % seiner gesamten For<strong>der</strong>ungen<br />
aus Lieferung <strong>und</strong> Leistung aus <strong>und</strong> erhöht wesentlich<br />
das Working Capital. Gleichzeitig wird die Bilanz<br />
durch die höheren For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> den dadurch höheren<br />
Bankverbindlichkeiten verlängert.<br />
Hätte Herr Meyer bereits im laufenden Jahr ein funktionierendes<br />
For<strong>der</strong>ungsmanagement aufgebaut, hätte er bereits<br />
im Oktober erkannt, dass <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e nur noch schleppend<br />
zahlt. Maßnahmen hätten ergriffen werden können.<br />
Diese hätten nicht nur für ein besseres Bilanzbild gesorgt,<br />
sie hätten auch das Risiko des For<strong>der</strong>ungsausfalls reduziert<br />
<strong>und</strong> die Kosten <strong>der</strong> Fremdfinanzierung verringert.<br />
Je frühzeitiger <strong>der</strong> vorhandene Einfluss auf die Bilanzdarstellung<br />
ausgeübt werden kann, desto wirkungsvoller ist<br />
er. Die Entscheidungen können in Ruhe <strong>und</strong> mit ausreichen<strong>der</strong><br />
Information getroffen werden, nicht in <strong>der</strong> Stresssituation<br />
<strong>der</strong> Jahresabschlussarbeiten.<br />
Entscheidungen im Anlagevermögen<br />
Das Anlagevermögen bindet Kapital für eine lange Zeit.<br />
Buchungen bei <strong>der</strong> Aktivierung haben daher einen<br />
langfristigen Einfluss auf die Bilanzgestaltung. Alle<br />
Entscheidungen zur buchhalterischen Behandlung von<br />
Anlagevermögen müssen immer mit Blick auf die Finanzkennziffern<br />
getroffen werden. Betroffen sind vor allem<br />
Unternehmen mit großem Anlagevermögen wie Produktionsunternehmen,<br />
Vermietungsgesellschaften o<strong>der</strong> Firmen<br />
mit großem Fuhrpark.<br />
Kaufen, mieten, leasen<br />
Eine Entscheidung mit großem Einfluss auf die Bilanz ist<br />
die Wahl <strong>der</strong> Finanzierung.<br />
Wird ein Vermögensgegenstand (VG) gekauft <strong>und</strong> werden<br />
dazu eigene finanzielle Mittel eingesetzt, kommt<br />
es zu einem Aktivtausch in <strong>der</strong> Bilanz. Die Bilanzsumme<br />
verlängert sich nicht, entsprechende Kennziffern<br />
werden nicht verän<strong>der</strong>t. Die in <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesene<br />
Liquidität sinkt.<br />
Bei Fremdfinanzierung verlängert sich die Bilanz<br />
durch die Buchung im Anlagevermögen <strong>und</strong> in den<br />
Verbindlichkeiten. Entsprechend verschlechtern sich<br />
die Kennzahlen, die sich auf die Bilanzsumme beziehen<br />
(z. B. Eigenkapitalquote).<br />
Gemietete Anlagenteile erscheinen nicht in <strong>der</strong> Bilanz,<br />
geleaste meist nur im Anhang. Dafür sind in <strong>der</strong> Regel die<br />
laufenden Kosten höher. Das Mietobligo <strong>und</strong> die Leasingverträge<br />
werden in <strong>der</strong> Bilanz nachrichtlich angegeben.<br />
Damit sind die Werte den Bilanzlesern bekannt, Einfluss<br />
auf die wichtigsten Kennzahlen nehmen geleaste o<strong>der</strong><br />
gemietete Gegenstände jedoch nicht.<br />
Bewerten<br />
Die zu aktivierenden VG des Anlagenvermögens müssen<br />
mit einem Wert belegt werden. Die Vorgehensweise ist<br />
zwar gesetzlich exakt beschrieben. Doch gerade wenn<br />
Nebenleistungen des Lieferanten, wie Schulung o<strong>der</strong><br />
Inbetriebnahme, erbracht o<strong>der</strong> Eigenleistungen berücksichtigt<br />
werden sollen, gibt es durchaus Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Beeinflussung.<br />
18<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Werden alle Wertbestandteile sofort richtig behandelt,<br />
muss zum Jahresende nicht umgebucht werden. Ein Erklärungsbedarf<br />
entsteht dann nicht.<br />
Praxis-Beispiel<br />
Ob es sich bei <strong>der</strong> Vermittlung von Kenntnissen über eine<br />
neue Maschine für die Mitarbeiter um eine Einweisung<br />
o<strong>der</strong> um eine generelle Schulung handelt, wird schon in<br />
<strong>der</strong> Bestellung, spätestens in <strong>der</strong> Rechnung des Lieferanten<br />
bestimmt. Wenn die Einweisung einen echten Bezug zur<br />
gelieferten Maschine hat, dann müssen die Kosten dafür<br />
aktiviert werden. Dann darf auch intern nicht über Schulung,<br />
Weiterbildung o<strong>der</strong> Ausbildung gesprochen werden.<br />
Die Kosten sind entsprechend als Einweisung zu buchen.<br />
Aktivieren<br />
Der Wert des Anlagevermögens hängt von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong><br />
bereits getätigten Abschreibung ab. Die Abschreibungen<br />
wie<strong>der</strong>um beginnen mit dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Aktivierung.<br />
Dieser ist im Gesetz festgelegt. Und dennoch besteht in<br />
<strong>der</strong> Praxis durchaus die Möglichkeit, den Aktivierungszeitpunkt<br />
in bestimmten Grenzen zu beeinflussen.<br />
Die Abschreibung beginnt mit <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Verfügbarkeit des Anlageguts. Liefertermine o<strong>der</strong><br />
eine offizielle Inbetriebnahme können, falls gewünscht<br />
vorgezogen o<strong>der</strong> um einige Tage verschoben werden.<br />
Dadurch ist es möglich, die Aktivierung <strong>und</strong> damit den<br />
Abschreibungsbeginn relativ zu einem Bilanzstichtag<br />
zu beeinflussen.<br />
Große Investitionsprojekte können oft in mehrere kleine<br />
selbstständige Projekte unterteilt werden. Dann ist<br />
auch eine Aktivierung <strong>der</strong> Teilprojekte möglich. Damit<br />
kann <strong>der</strong> Abschreibungsbeginn für Teile des Anlageguts<br />
vorgezogen werden.<br />
Für diese Möglichkeiten <strong>der</strong> Einflussnahme ist eine frühzeitige<br />
Planung <strong>und</strong> Steuerung notwendig. Wer erst am<br />
Jahresende versucht, Einfluss zu nehmen, wird scheitern.<br />
Externes Anlagevermögen<br />
Die Verflechtung zwischen K<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Lieferant wird immer<br />
enger. Zur K<strong>und</strong>enbindung stellt Letzterer oft Maschinen,<br />
Lagermöglichkeiten o<strong>der</strong> Transportgeräte zur<br />
Verfügung, um die gelieferten Produkte zu verarbeiten.<br />
Wenn diese Anlagen dem K<strong>und</strong>en nicht verkauft o<strong>der</strong><br />
geschenkt werden, stehen sie weiter im Anlagevermögen<br />
des Unternehmens.<br />
Dadurch steigt das Anlagevermögen, die Bilanzsumme<br />
wächst. Alle darauf ausgerichteten Kennzahlen verän<strong>der</strong>n<br />
sich entsprechend. So wird z. B. die Eigenkapitalquote<br />
schlechter, wenn Anlagevermögen mehr als notwendig<br />
ausgewiesen wird.<br />
Der Ausweis externer VG im eigenen Anlagevermögen<br />
sorgt dafür, dass die Kosten durch die Abschreibung auf<br />
die Nutzungsdauer verteilt werden. Ähnliches kann auch<br />
erreicht werden, indem dem K<strong>und</strong>en <strong>der</strong> VG geschenkt<br />
o<strong>der</strong> zu einem symbolischen Preis verkauft wird. Die Kosten<br />
fallen sofort an. Die K<strong>und</strong>enbindung muss dann durch<br />
langfristige Lieferverträge erreicht werden.<br />
Auch hier müssen Entscheidungen getroffen werden,<br />
bevor <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e die Anlage erhält. Die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Vorgabe, wie mit solchen Anlagen umzugehen ist, muss<br />
bewusst gemacht werden.<br />
Potenzial im Vorratsvermögen<br />
Gleichgültig, ob es sich um Rohstoffe, Materialien o<strong>der</strong><br />
Fertigwaren handelt, die Vorräte bilden in vielen Bilanzen<br />
eine wichtige Position. Diese Position des Umlaufvermögens<br />
bietet daher auch Möglichkeiten, die Bilanz zu beeinflussen.<br />
Die Bewertung ist nicht alles.<br />
Wertberichtigung vermeiden<br />
Jedes Lager beinhaltet auch Vorräte, die nicht mehr ihrem<br />
eigentlichen Zweck dienen können. Im Nahrungsmittelbereich<br />
kann das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen<br />
sein, im Textilbereich kann eine modische Überlagerung<br />
festgestellt werden.<br />
Die Entscheidung im Laufe des Jahres umfasst die Entsorgung<br />
nicht mehr gängiger Vorräte noch vor dem<br />
Bilanzstichtag. Damit tauchen die Bestände gar nicht<br />
erst in den Vorräten auf.<br />
Alternativ dazu müssen am Jahresende für diese Vorräte<br />
Wertberichtigungen errechnet, verbucht <strong>und</strong> vor<br />
allem begründet werden. Gleichzeitig müssen Rückstellungen<br />
für Entsorgungskosten gebildet werden.<br />
Wer Lagerbestände, die nicht mehr benötigt werden, sofort<br />
aus seinem Lager entfernt, spart nicht nur Lagerkosten.<br />
Er spart <strong>der</strong> Buchhaltung im Jahresabschluss auch<br />
erheblichen Aufwand.<br />
Die Bestandsbewertung nutzen<br />
Die gelagerten Waren <strong>und</strong> Rohstoffe müssen mit einem<br />
Preis verb<strong>und</strong>en werden, damit eine Bewertung stattfinden<br />
kann. Das sind für selbst hergestellte Teile die<br />
Herstellkosten, für an<strong>der</strong>e die Beschaffungskosten. Die<br />
Berechnung bietet trotz aller gesetzlicher Vorschriften<br />
Einflussmöglichkeiten, die bereits im Jahresablauf vorbereitet<br />
werden können.<br />
Die Bewertung mit Herstellkosten bietet gesetzlich nur<br />
noch wenig Spielraum. Wer diesen nutzen will, muss<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 19
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
die Auswirkungen <strong>der</strong> einzelnen Parameter kennen.<br />
Wer schon im Oktober o<strong>der</strong> November die Herstellkosten<br />
ermittelt, kann in Ruhe alle Optionen prüfen.<br />
Die Bewertungspreise müssen noch dem Nie<strong>der</strong>stwerttest<br />
unterzogen werden. Dieser ist auch abhängig von<br />
bereits abgeschlossenen Lieferverträgen für die Zukunft.<br />
Möchten Sie eine Abwertung vermeiden, obwohl<br />
die künftigen Verträge niedrigere Preise ausweisen,<br />
schließen Sie diese nicht im laufenden Jahr ab. Warten<br />
Sie, soweit möglich, bis <strong>der</strong> Bilanzstichtag vorbei ist.<br />
Verträge mit höheren Preisen sollten noch im laufenden<br />
Jahr abgeschlossen werden, da Preiserhöhungen<br />
nicht berücksichtigt werden dürfen.<br />
Einen wesentlichen Einfluss auf die Bestandshöhe kann<br />
<strong>der</strong> Einkauf nehmen. Sollen möglichst niedrige Bestände<br />
in <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesen werden, dann können<br />
nicht sofort benötigte Lieferungen auf den Januar gelegt<br />
werden. Wird ein möglichst hoher Bestand benötigt,<br />
z. B. als Sicherheit für einen Bankkredit, dann erfolgt<br />
die Lieferung noch vor dem Bilanzstichtag. Das hat<br />
Einfluss auf Kennzahlen wie Bilanzsumme, Working<br />
Capital <strong>und</strong> Verschuldungsgrad.<br />
Die Entscheidung zur Bestandshöhe o<strong>der</strong> zur Nutzung<br />
von Bewertungsoptionen können nach dem Bilanzstichtag<br />
nicht mehr getroffen werden. Sie müssen frühzeitig<br />
vorbereitet sein. Lieferanten müssen entsprechend instruiert<br />
werden, die Bewertungspolitik muss angepasst<br />
werden.<br />
Praxis-Tipp<br />
In <strong>der</strong> Regel können Sie zur Bewertung am Bilanzstichtag<br />
Berechnungen verwenden, die schon einige Wochen alt<br />
sind. Oft stehen die notwendigen Daten aus <strong>der</strong> Kostenrechnung<br />
am Jahresende noch gar nicht zur Verfügung.<br />
Darum können Sie Kosten sparen, wenn Sie Herstellkosten<br />
aus Vormonaten verwenden.<br />
Einfluss auf For<strong>der</strong>ungen<br />
Hohe For<strong>der</strong>ungen aus Lieferung <strong>und</strong> Leistung in <strong>der</strong> Bilanz<br />
müssen nicht hingenommen werden, nur weil <strong>der</strong><br />
Zahlungseingang vom Zahlungsverhalten <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en<br />
abhängt. Es gibt Regeln, die K<strong>und</strong>en einhalten müssen.<br />
Das Verhalten <strong>der</strong> Zahler muss bereits im laufenden Jahr<br />
beeinflusst werden.<br />
Durch systematisches For<strong>der</strong>ungsmanagement kann<br />
das durchschnittliche Zahlungsziel <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en reduziert<br />
werden.<br />
Durch rechtzeitiges Mahnen <strong>und</strong> dem konsequenten<br />
Einfor<strong>der</strong>n offener For<strong>der</strong>ungen werden die For<strong>der</strong>ungen<br />
reduziert.<br />
For<strong>der</strong>ungen, die nicht mehr eingebracht werden können,<br />
müssen bereits während des Jahres ausgebucht<br />
werden.<br />
Praxis-Hinweis<br />
Wenn For<strong>der</strong>ungen nicht eingebracht werden können <strong>und</strong><br />
damit ausgebucht werden, gehen sie dem Unternehmen<br />
nicht verloren. Vorhandene Titel gegen Schuldner sind<br />
nicht abhängig davon, ob die Werte noch in den For<strong>der</strong>ungen<br />
stehen o<strong>der</strong> nicht.<br />
Werden For<strong>der</strong>ungen bezahlt, kommt es in <strong>der</strong> Bilanz zu<br />
einem Aktivtausch, da das Geld auf dem Bankkonto landet.<br />
Dennoch geht die Höhe <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen in die Beurteilung<br />
<strong>der</strong> wirtschaftlichen Lage ein, da For<strong>der</strong>ungen<br />
nicht so sicher sind wie liquide Mittel.<br />
Sonstige For<strong>der</strong>ungen stellen ein Sammelsurium vieler<br />
Positionen z. B von Steuerrückzahlungen o<strong>der</strong> Erstattungsansprüchen<br />
gegen Versicherungsunternehmen dar.<br />
Viele Praktiker machen die Erfahrung, dass die konsequente<br />
Beschäftigung mit diesen Positionen viel Potenzial<br />
zur Erledigung dieser For<strong>der</strong>ungen bietet. Wer also Anträge<br />
rechtzeitig stellt <strong>und</strong> Zahlungen anmahnt, kann diese<br />
Bilanzposition erheblich reduzieren.<br />
Bankkonten in <strong>der</strong> Bilanz<br />
Die Bankkonten erscheinen mit dem von <strong>der</strong> Bank bestätigten<br />
Saldo zum Stichtag in <strong>der</strong> Bilanz. Wer Einfluss auf<br />
die Darstellung nehmen will, muss das also bereits weit<br />
vorher tun.<br />
Das Verhältnis zwischen lang- <strong>und</strong> kurzfristiger Finanzierung<br />
wird in vielen Kennzahlen aufgenommen.<br />
Eine Umschichtung <strong>der</strong> Bankkredite von kurz- in langfristiges<br />
Engagement muss anhand einer langfristigen<br />
Bilanzplanung bereits lange vor dem Bilanzstichtag<br />
erfolgen.<br />
Verfügt das Unternehmen über liquide Mittel, müssen<br />
diese entsprechend den notwendigen Daten für optimale<br />
Kennzahlen kurz- o<strong>der</strong> langfristig angelegt werden.<br />
Eine Verrechnung von Guthaben z. B. auf dem Kontokorrentkonto<br />
mit Bankschulden verkürzt die Bilanz<br />
<strong>und</strong> hat entsprechend Einfluss auf viele Kennzahlen.<br />
Auch hier ist eine zumindest mittelfristige Planung <strong>und</strong><br />
frühzeitige Vereinbarung mit den Banken notwendig.<br />
Einfluss auf Verbindlichkeiten<br />
Verbindlichkeiten haben eine differenzierte Rolle bei <strong>der</strong><br />
Bildung von Kennzahlen. Viele Verbindlichkeiten erhöhen<br />
die Bilanzsumme. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sind hohe<br />
Verbindlichkeiten gut für das Working Capital.<br />
20<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich sind Verbindlichkeiten, die nicht aufgr<strong>und</strong><br />
finanzieller Engpässe son<strong>der</strong>n durch bewusstes Verhandeln<br />
entstehen, gut für das Unternehmen. Sie erhöhen die<br />
liquiden Spielräume <strong>und</strong> stellen einen kostengünstigen<br />
Kredit dar.<br />
Im Laufe des Jahres werden in Verhandlungen mit Lieferanten<br />
lange Zahlungsziele erreicht.<br />
Die Zahlungen zum Jahresende werden exakt geplant.<br />
Wichtige Zahlungen mit Skontoerträgen werden auch<br />
innerhalb des Jahreswechsels pünktlich erledigt.<br />
Praxis-Hinweis<br />
Planen Sie Ihre Zahlungen sorgfältig <strong>und</strong> in Absprache mit<br />
wichtigen Zahlungsempfängern. Zu extensives Verzögern<br />
kann zu Meldungen von Zielüberschreitungen <strong>und</strong> damit<br />
zu schlechter Bonitätseinschätzung durch Kreditversicherer<br />
führen.<br />
Gestaltung durch Rückstellungen<br />
Mit Rückstellungen wird <strong>der</strong> handels- <strong>und</strong> steuerrechtliche<br />
Gewinn des Unternehmens reduziert. Da <strong>der</strong> Gewinn<br />
wie die Rückstellungen auf <strong>der</strong> Passivseite <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesen<br />
wird, kommt es zu einem Passivtausch. Rückstellungen<br />
haben Einfluss auf Kapitalkennziffern, da <strong>der</strong><br />
Gewinn in Relation zum Eigenkapital zählt, Rückstellungen<br />
nicht.<br />
Rückstellungen werden für unterschiedlichste Situationen<br />
gebildet <strong>und</strong> verhalten sich oft sehr überraschend.<br />
Wenn beispielsweise nach dem Bilanzstichtag festgestellt<br />
wird, dass aufgr<strong>und</strong> von gesunkener Rohwarenpreise <strong>und</strong><br />
altem Kontrakt mit hohen Kosten eine Drohverlustrückstellung<br />
zu bilden ist, kann das den gesamten handelsrechtlichen<br />
Gewinn aufzehren.<br />
Rückstellungen werden nicht erst nach dem Bilanzstichtag<br />
errechnet. Es lohnt sich, die Berechnung im<br />
Laufe des Jahres immer wie<strong>der</strong> durchzuführen, um eine<br />
zu erwartende Entwicklung aufzuzeigen.<br />
Belege für Rückstellungen werden bereits das gesamte<br />
Jahr über gesammelt (Bonusvereinbarungen, Reparaturangebote<br />
usw.).<br />
Die gewünschte Höhe <strong>der</strong> Rückstellungen kann durch<br />
entsprechende Schätzung <strong>der</strong> zu erwartenden Kosten<br />
erreicht werden. Diese wie<strong>der</strong>um hängen von den Beträgen<br />
auf den Belegen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Argumentation für höhere<br />
o<strong>der</strong> niedrigere Rückstellungen ab.<br />
Eigenkapital<br />
Das Eigenkapital des Unternehmens ist für viele Finanzkennziffern<br />
eine ausschlaggebende Größe. Um zumindest<br />
einen gewissen Einfluss auf die Kennzahlen zu<br />
haben, muss bereits im Laufe des Jahres eine Planung<br />
<strong>der</strong> Entwicklung des Eigenkapitals erfolgen. In <strong>der</strong> Regel<br />
müssen Verän<strong>der</strong>ungen am Kapital durch Gesellschafterversammlungen<br />
beschlossen werden. Diese haben<br />
einem Reglement zu folgen, das auch lange Fristen einschließt.<br />
Ein im Vorjahr erzielter Gewinn kann ausgeschüttet<br />
o<strong>der</strong> einbehalten werden. Auf den Gewinn im laufenden<br />
Jahr können Vorabausschüttungen erfolgen. Das<br />
muss während des Jahres beschlossen werden.<br />
Ein entstandener Verlust muss eventuell ausgeglichen<br />
werden.<br />
Ein- <strong>und</strong> Auszahlungen von Gesellschafterdarlehen<br />
müssen langfristig geplant werden. entsprechende<br />
Vorbereitungen sind notwendig.<br />
Ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk verlangen Eigenkapitalkennziffern,<br />
die in Kreditverträgen mit den Banken vereinbart<br />
sind. Wer sich nicht das gesamte Jahr über damit auseinan<strong>der</strong>setzt,<br />
kann am Bilanzstichtag eine böse Überraschung<br />
erleben.<br />
Drei Regeln<br />
Im Laufe des Jahres immer wie<strong>der</strong> die Auswirkungen von<br />
Entscheidungen auf die Bilanz exakt zu berechnen, ist zu<br />
aufwändig. Gute Ergebnisse erzielt man mit <strong>der</strong> Einhaltung<br />
von drei einfachen Regeln, die bei je<strong>der</strong> größeren<br />
Entscheidung berücksichtigt werden sollten:<br />
1. Wie beeinflusst die Entscheidung die Bilanzsumme?<br />
Die Bilanzsumme ist möglichst niedrig zu halten. Je geringer<br />
die Bilanzsumme ist, desto besser sind viele Finanzkennziffern.<br />
Außerdem werden dann Größenklassen<br />
eingehalten, die Vereinfachungen in <strong>der</strong> Buchhaltung <strong>und</strong><br />
in <strong>der</strong> Veröffentlichungspflicht o<strong>der</strong> bessere För<strong>der</strong>möglichkeiten<br />
bringen.<br />
2. Welchen Einfluss hat die Entscheidung auf das Working<br />
Capital?<br />
Das Working Capital ist möglichst niedrig zu halten. Je<br />
weniger Working Capital gebraucht wird, desto besser<br />
sind die Kennzahlen, aber auch die realen Finanzierungskosten.<br />
3. Kann, soll o<strong>der</strong> muss in <strong>der</strong> Situation eine Rückstellung<br />
gebildet werden?<br />
Rückstellungen müssen geplant <strong>und</strong> begründet werden.<br />
Hohe Rückstellungen reduzieren den Gewinn <strong>und</strong> damit<br />
die Steuerlast. Niedrige Rückstellungen helfen, einen hohen<br />
Gewinn auszuweisen.<br />
<<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 21
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Ungewisse Verbindlichkeiten<br />
Rückstellung für Produkthaftung<br />
richtig berechnen<br />
Aufwendungen in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Produkthaftung sind gr<strong>und</strong>sätzlich als Betriebsausgaben<br />
abziehbar. Die frühzeitige Rückstellungsbildung beim Bekanntwerden von Schadensfällen<br />
ist sowohl handelsrechtlich (wegen des Ausweises von Risiken) als auch steuerrechtlich<br />
(Steuerst<strong>und</strong>ungseffekt) zu empfehlen. Die dazu erfor<strong>der</strong>lichen Voraussetzungen werden<br />
nachfolgend erläutert.<br />
von Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Krieger, Freiburg<br />
Produkthaftung ist die Haftung des Herstellers<br />
o<strong>der</strong> Importeurs für Personen- o<strong>der</strong> Sachschäden,<br />
die eine von ihm in den Verkehr gebrachte Ware<br />
verursacht. Diese Haftung wird nach dem Produkthaftungsgesetz<br />
(ProdHaftG) als verschuldensunabhängige<br />
Gefährdungshaftung bezeichnet <strong>und</strong> unterscheidet sich<br />
von <strong>der</strong> Sachmängelhaftung, die nur Fehler betrifft, die<br />
an einer Sache selbst auftreten. Die zivilrechtliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />
für die Produkthaftung bildet das Produkthaftungsgesetz<br />
(ProdHaftG).<br />
Für die Bilanzierung von Verpflichtungen aus <strong>der</strong> Inanspruchnahme<br />
nach dem ProdHaftG gilt Folgendes: Die<br />
Rückstellung für Produkthaftung gehört zu den Rückstellungen<br />
für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs.<br />
1 HGB. Sofern die Voraussetzungen zur Rückstellungsbildung<br />
in <strong>der</strong> Handelsbilanz gegeben sind, besteht nach<br />
dem Maßgeblichkeitsgr<strong>und</strong>satz auch für die Steuerbilanz<br />
eine Passivierungspflicht. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> abweichenden<br />
Abzinsungsvorschriften (§ 253 Abs. 2 HGB versus § 6<br />
Abs. 1 Nr. 3a.e) EStG) können sich für Handels- <strong>und</strong> Steuerbilanz<br />
unterschiedliche Wertansätze ergeben.<br />
Entstehende Kosten aus Produkthaftung<br />
Trotz perfektionierter Fertigungsverfahren <strong>und</strong> exakter<br />
Qualitätskontrollen lassen sich bei <strong>der</strong> Produktion von<br />
Waren Konstruktions-, Fabrikations- o<strong>der</strong> Instruktionsfehler<br />
nicht völlig verhin<strong>der</strong>n. Liegt solch ein Fehler vor<br />
<strong>und</strong> treten deshalb Mangelfolgeschäden auf, kann dies<br />
eine Inanspruchnahme nach dem ProdHaftG nach sich<br />
ziehen. Aufwendungen in diesem Zusammenhang können<br />
z. B. sein:<br />
Schadenersatz für Personen- <strong>und</strong> Sachschäden (ggf.<br />
auch Rentenzahlungen),<br />
Schmerzensgeld für Verletzte o<strong>der</strong> Hinterbliebene,<br />
Kosten für die Schadensfeststellung, z. B. für Gutachter,<br />
sonstige Sachkosten in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erfüllung<br />
<strong>der</strong> Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz.<br />
Diese Kosten sind als Betriebsausgaben abzugsfähig.<br />
Wurde dafür keine Rückstellung gebildet, min<strong>der</strong>n sie<br />
handels- wie steuerrechtlich in dem Jahr den Gewinn, in<br />
dem sie bezahlt werden.<br />
Praxis-Beispiel: Folgen eines Konstruktionsfehlers<br />
Ein Pkw-Fahrer ist im August 01 wegen eines geplatzten<br />
Reifens schwer verunglückt. Das Fahrzeug weist einen Totalschaden<br />
auf. Dem Reifenhersteller wurde durch einen<br />
Sachverständigen ein Konstruktionsfehler nachgewiesen.<br />
Daraufhin leistet <strong>der</strong> Hersteller im März 02 eine Zahlung in<br />
Höhe von 95.000 EUR für Schadenersatz, Schmerzensgeld<br />
<strong>und</strong> Krankenhauskosten an das Unfallopfer. Daneben werden<br />
auch die Kosten für das Sachverständigengutachten in<br />
Höhe von 25.000 EUR bezahlt.<br />
Zum 31.12.01 war beim Reifenhersteller keine Rückstellung<br />
gebildet worden.<br />
Folge: Sämtliche Kosten (insgesamt 120.000 EUR) sind im<br />
Jahr <strong>der</strong> Verausgabung, also in 02, als Betriebsausgaben<br />
abziehbar.<br />
Bildung einer Rückstellung in <strong>der</strong> Handelsbilanz<br />
Vorherige Prüfschritte<br />
Produkthaftungsfälle sind Einzelfälle. Deshalb ist die<br />
22<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Bildung einer Rückstellung für Produkthaftung erst dann<br />
zulässig, wenn gegenüber einem Unternehmen konkrete<br />
Haftungsansprüche geltend gemacht werden <strong>und</strong> diese<br />
Ansprüche begründet sind.<br />
Die Höhe des in die Rückstellung einzustellenden Betrags<br />
richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es ist<br />
immer eine Einzelbewertung vorzunehmen.<br />
Achtung: Pauschalrückstellungen sind unzulässig<br />
!<br />
Die Bildung von Pauschalrückstellungen ist nicht<br />
zulässig, da je<strong>der</strong> Unternehmer, <strong>der</strong> Güter herstellt o<strong>der</strong><br />
vertreibt, ein latentes Haftungsrisiko trägt.<br />
Handelsrechtlich ist die Bildung einer Rückstellung für<br />
Produkthaftungsrisiken unter folgenden Voraussetzungen<br />
zwingend geboten:<br />
1. Es liegt eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten<br />
vor.<br />
2. Die Verbindlichkeit wurde vor dem Bilanzstichtag<br />
verursacht.<br />
3. Mit einer Inanspruchnahme ist ernsthaft zu rechnen.<br />
Zu 1: Es liegt eine Verbindlichkeit gegenüber einem<br />
Dritten vor<br />
Die Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten dürfte unzweifelhaft<br />
immer dann vorliegen, wenn ein K<strong>und</strong>e Ansprüche<br />
nach dem ProdHaftG geltend macht.<br />
Eine Verbindlichkeit ist dann vor dem Bilanzstichtag<br />
verursacht, wenn ein unmittelbarer sachlicher o<strong>der</strong><br />
wirtschaftlicher Zusammenhang zum abgelaufenen o<strong>der</strong><br />
zu einem früheren Wirtschaftsjahr besteht.<br />
Zu 3: Mit einer Inanspruchnahme ist ernsthaft zu<br />
rechnen<br />
Die Rückstellung für Produkthaftung muss gebildet<br />
werden, wenn ein Unternehmen ernsthaft mit einer Inanspruchnahme<br />
rechnen kann. Dies ist im Falle <strong>der</strong> Produkthaftung<br />
immer dann gegeben, wenn mehr Gründe für<br />
als gegen eine Inanspruchnahme des Herstellers des den<br />
Schaden verursachenden Produkts sprechen.<br />
Buchungs-Beispiel: Bildung einer Rückstellung<br />
Im Oktober 01 implodierte ein Fernsehgerät. Der Hersteller<br />
hat nach Vorlage eines Sachverständigenberichts seine<br />
Produkthaftung eingeräumt <strong>und</strong> die Kostenübernahme<br />
zugesichert. Nachdem <strong>der</strong> Schadensfall im Februar 02 abgewickelt<br />
wurde, ermittelte er die angefallenen Aufwendungen<br />
wie folgt:<br />
Entschädigung für zerstörte<br />
Wohnungseinrichtung<br />
40.000 EUR<br />
Zu 2: Die Verbindlichkeit wurde vor dem Bilanzstichtag<br />
verursacht.<br />
Schmerzensgeld für die erlittenen<br />
Verletzungen<br />
25.000 EUR<br />
Praxis-Beispiel:<br />
Prüfung, ob eine Rückstellung zu bilden ist<br />
Ein Pkw-Fahrer verunglückte nachweislich wegen eines<br />
Konstruktionsfehlers <strong>der</strong> Reifen. Er hat seine Schadenersatz-<br />
<strong>und</strong> Schmerzensgeldansprüche über einen Anwalt<br />
im September 01 geltend gemacht. Die Überprüfung des<br />
Schadensfalls <strong>und</strong> die Einholung des Sachverständigengutachtens<br />
nahmen längere Zeit in Anspruch.<br />
Überlegungen bezüglich <strong>der</strong> Rückstellungsbildung<br />
<strong>und</strong> -höhe<br />
Schon zum 31.12.01 ist klar, dass <strong>der</strong> Reifenhersteller einer<br />
Inanspruchnahme nach dem ProdHaftG nicht entgehen<br />
kann. Deshalb besteht bereits zu diesem Zeitpunkt die<br />
handelsrechtliche Verpflichtung zur Rückstellungsbildung.<br />
Sind die einzelnen Kosten bei Aufstellung <strong>der</strong> Bilanz noch<br />
nicht bekannt, müssen diese geschätzt werden. Dabei ist<br />
das kaufmännische Vorsichtsprinzip zu beachten.<br />
Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten<br />
Honorar Sachverständiger<br />
12.000 EUR<br />
5.000 EUR<br />
Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />
Gesamt<br />
85.000 EUR<br />
Da die Zahlung erst im Jahr 02 erfolgte, <strong>der</strong> Schaden<br />
wirtschaftlich aber bereits im Jahr 01 entstanden ist <strong>und</strong><br />
zum Bilanzstichtag ernsthaft mit <strong>der</strong> Inanspruchnahme zu<br />
rechnen war, ist <strong>der</strong> Haftungsfall zum 31.12.01 über eine<br />
Rückstellung in Höhe von 85.000 EUR in <strong>der</strong> Bilanz abzubilden.<br />
Aus § 249 Abs. 1 HGB ergibt sich die zwingende<br />
Verpflichtung zur Bildung <strong>der</strong> Rückstellung – es besteht<br />
kein Wahlrecht.<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 23
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Buchung: Bildung <strong>der</strong> Rückstellung in 01<br />
Konto<br />
SKR 03/04<br />
Soll<br />
Kontenbezeichnung<br />
Betrag<br />
EUR<br />
Konto<br />
SKR03/04<br />
Haben<br />
Kontenbezeichnung<br />
Betrag<br />
EUR<br />
2000/7500 Außerordentlicher Aufwand 85.000 0970/3070 Sonstige Rückstellungen 85.000<br />
Abzinsungsgebot nach HGB<br />
Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem<br />
Jahr sind zwingend abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 HGB). Hiervon<br />
betroffen sind auch die Rückstellungen für Produkthaftung,<br />
wenn die Laufzeit entsprechend lang ist. Für<br />
die Ermittlung des Abzinsungsbetrags sind die von <strong>der</strong><br />
Deutschen B<strong>und</strong>esbank hierfür veröffentlichten Zinssätze<br />
verbindlich anzuwenden.<br />
Nicht als Rückstellung auszuweisende<br />
Tatbestände<br />
Unberechtigte Ansprüche<br />
Nicht zulässig ist die Bildung einer Rückstellung für Produkthaftung,<br />
wenn das Unternehmen seine Haftungsverpflichtungen<br />
bestreitet <strong>und</strong> <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e nach Abwägung<br />
aller Umstände praktisch keine Aussichten auf Erfüllung<br />
seiner Ansprüche hat.<br />
Praxis-Beispiel: Keine Rückstellung bei Bestreiten<br />
<strong>der</strong> Haftungsverpflichtung<br />
Der Käufer einer Waschmaschine verlangt vom Hersteller<br />
die Übernahme <strong>der</strong> Kosten eines Wasserschadens, <strong>der</strong><br />
angeblich durch das Gerät verursacht wurde. Die Untersuchung<br />
des Schadensfalls zeigt, dass das Wasser nur deshalb<br />
aus <strong>der</strong> Maschine austreten konnte, weil <strong>der</strong> Käufer<br />
den Abflussschlauch – trotz ausführlicher Beschreibung in<br />
<strong>der</strong> Gebrauchsanleitung – nicht richtig montiert hatte.<br />
Da die Waschmaschine we<strong>der</strong> einen Konstruktions- noch<br />
einen Fabrikations-, noch einen Instruktionsfehler aufweist,<br />
sind die Ansprüche des Käufers nicht durchsetzbar.<br />
Die Bildung einer Rückstellung kommt sowohl für die Handels-<br />
wie auch für die Steuerbilanz nicht in Betracht.<br />
Gewährleistung/Kulanz/Rückrufe<br />
Aufwendungen für die Sachmängelhaftung, für welche<br />
<strong>der</strong> Hersteller dem K<strong>und</strong>en Gewährleistung o<strong>der</strong> Kulanz<br />
einräumt, sind nicht in die Rückstellung für Produkthaftung<br />
einzubeziehen. Auch Kosten für Rückrufaktionen,<br />
wie sie zum Beispiel in <strong>der</strong> Automobilbranche gelegentlich<br />
anzutreffen sind, gehören nicht zu den zu berücksichtigenden<br />
Kosten.<br />
Zwar ist <strong>der</strong> Hersteller nach dem ProdHaftG zur laufenden<br />
Produktüberwachung <strong>und</strong> – bei Auftreten von Serienfehlern<br />
– zum Rückruf verpflichtet. Die Rückrufkosten als<br />
solche, zum Beispiel für großformatige Anzeigen in Tageszeitungen,<br />
wie auch Reparatur- o<strong>der</strong> Nachbesserungskosten<br />
fallen jedoch unter die Gewährleistung <strong>und</strong> sind<br />
gegebenenfalls im Rahmen <strong>der</strong> Garantierückstellung zu<br />
erfassen.<br />
Rückstellung für Produkthaftung in <strong>der</strong><br />
Steuerbilanz<br />
Maßgeblichkeit <strong>der</strong> Handelsbilanz<br />
Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Maßgeblichkeit <strong>der</strong> Handelsbilanz für<br />
die Steuerbilanz gilt prinzipiell auch für die Rückstellung<br />
für Produkthaftung. Bei Übernahme des Handelsbilanzwerts<br />
in die Steuerbilanz sind allerdings Ausnahmen zu<br />
beachten.<br />
Ausnahme von <strong>der</strong> Maßgeblichkeit<br />
Erstattung durch Dritte<br />
Viele Unternehmen versuchen, ihr Produkthaftungsrisiko<br />
durch entsprechende Versicherungen abzudecken. Zu<br />
erwartende Versicherungsleistungen sind in <strong>der</strong> Steuerbilanz<br />
nicht als For<strong>der</strong>ungen auszuweisen, son<strong>der</strong>n min<strong>der</strong>n<br />
im Schadensfall die Kosten <strong>und</strong> somit auch die Höhe<br />
<strong>der</strong> zu bildenden Rückstellung.<br />
Gleiches gilt für die Fälle, in denen <strong>der</strong> eigene Aufwand<br />
durch Rückgriff auf Dritte, zum Beispiel dem Zulieferer,<br />
reduziert werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a.c) EStG).<br />
Praxis-Beispiel: Rückstellungsberechnung bei<br />
bestehendem Versicherungsanspruch<br />
Ein Hersteller von Fernsehgeräten hat sich gegen Produkthaftungsansprüche<br />
versichert. Nach den Vertragsbestimmungen<br />
übernimmt die Versicherung bei jedem<br />
Schadensfall 50 % <strong>der</strong> Kosten, maximal 30.000 EUR.<br />
Die Rückstellung wird wie folgt berechnet:<br />
24<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung<br />
+ Schmerzensgeld für die erlittenen<br />
Verletzungen<br />
40.000 EUR<br />
25.000 EUR<br />
+ Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten 12.000 EUR<br />
Praxis-Beispiel: Ermittlung des Abzinsungsbetrags<br />
Der Hersteller eines im Oktober 01 implodierten Fernsehgeräts<br />
hat nach Vorlage eines Sachverständigenberichts<br />
seine Produkthaftung eingeräumt <strong>und</strong> ermittelt nach<br />
<strong>der</strong> abgeschlossenen Abwicklung des Schadensfalls im<br />
Februar 03 die in diesem Zusammenhang angefallenen<br />
Aufwendungen:<br />
+ Honorar Sachverständiger 3.000 EUR<br />
+ Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />
= Gesamt 85.000 EUR<br />
Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung<br />
40.000 EUR<br />
– Versicherungsleistung (50 %, begrenzt<br />
auf maximal 30.000 EUR)<br />
30.000 EUR<br />
+ Schmerzensgeld für die erlittenen<br />
Verletzungen<br />
25.000 EUR<br />
Rückstellung für Produkthaftung<br />
55.000 EUR<br />
+ Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten 12.000 EUR<br />
Abzinsung<br />
Das Steuerrecht sieht für die Abzinsung von Rückstellungen<br />
mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten einen<br />
Zinssatz von 5,5 % vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a.e) EStG). Für<br />
die Handelsbilanz ist die Abzinsung dagegen mit den von<br />
<strong>der</strong> Deutschen B<strong>und</strong>esbank veröffentlichten Zinssätzen<br />
vorzunehmen.<br />
Da es am Bilanzstichtag häufig nicht möglich sein wird,<br />
den Erfüllungszeitpunkt genau festzustellen, muss dieser<br />
Termin nach den Umständen des Einzelfalls im Schätzungsweg<br />
ungefähr bestimmt werden.<br />
Praxis-Tipp<br />
Finanzverwaltung vereinfacht die Berechnung<br />
Die verbleibende Laufzeit einer Rückstellung am Bilanzstichtag<br />
ist taggenau zu berechnen. Dabei kann<br />
aus Vereinfachungsgründen das Kalen<strong>der</strong>jahr mit 360<br />
Tagen, je<strong>der</strong> volle Monat mit 30 Tagen, <strong>der</strong> Monat, in<br />
dem <strong>der</strong> Fälligkeitstag liegt, mit <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> tatsächlichen<br />
Tage einschließlich des Fälligkeitstags, höchstens<br />
jedoch mit 30 Tagen gerechnet werden (BMF, Schreiben<br />
v. 26.5.2005, IV B 2 – S 2175 – 7/05).<br />
Da die Zahlung erst im Jahr 03 erfolgt, <strong>der</strong> Schaden wirtschaftlich<br />
aber bereits im Jahr 01 entstanden ist <strong>und</strong> zum<br />
+ Honorar Sachverständiger 3.000 EUR<br />
+ Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />
= Gesamt 85.000 EUR<br />
Bilanzstichtag ernsthaft mit <strong>der</strong> Inanspruchnahme zu<br />
rechnen war, musste bereits zum 31.12.01 eine Rückstellung<br />
in Höhe von 85.000 EUR gebildet werden.<br />
Abzinsung <strong>der</strong> Rückstellung zum 31.12.01:<br />
Es wird unterstellt, dass zu diesem Zeitpunkt absehbar<br />
war, dass <strong>der</strong> Schadensfall bis spätestens 31.12.02 abgerechnet<br />
sein wird. Somit beträgt die verbleibende Laufzeit<br />
<strong>der</strong> Rückstellung zwölf Monate. Nach dem BMF-Schreiben<br />
vom 26.5.2005 ergibt sich ein Vervielfältiger für ein Jahr<br />
von 0,948.<br />
Ansatz Steuerbilanz: 85.000 EUR × 0,948 = 80.580 EUR<br />
Abzinsung <strong>der</strong> Rückstellung zum 31.12.02<br />
Der Schadensfall wurde im Februar 03 durch Zahlung<br />
erledigt. Die Rückstellung ist in <strong>der</strong> Steuerbilanz zum<br />
31.12.02 ohne Abzinsung zu passivieren, da die Laufzeit<br />
am Bilanzstichtag bei weniger als zwölf Monaten lag. Der<br />
Rückstellungswert beträgt somit zum 31.12.02 sowohl in<br />
<strong>der</strong> Handels- wie in <strong>der</strong> Steuerbilanz 85.000 EUR. <<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 25
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Topthema Organschaft<br />
Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform<br />
In Fällen <strong>der</strong> Organschaft übernimmt <strong>der</strong> Organträger das Jahresergebnis <strong>der</strong> Organgesellschaft;<br />
dadurch wird die Besteuerung einer Firma (Organgesellschaft) letztendlich bei einem zweiten<br />
Unternehmen (Organträger) vorgenommen. Hierbei ist zwischen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer<br />
<strong>und</strong> Umsatzsteuer zu unterscheiden; teilweise sind aktienrechtliche Vorschriften zu<br />
beachten. Im Februar wurde eine gesetzliche Reform verabschiedet, die vor allem steuerliche<br />
Än<strong>der</strong>ungen beim Auslandsbezug regelt.<br />
von Dipl.-Finanzwirt (FH) Wolfgang Macht, Betriebsprüfer, Hof<br />
Topthema<br />
Gemäß § 291 Abs. 1 AktG kann eine Aktiengesellschaft<br />
o<strong>der</strong> Kommanditgesellschaft auf Aktien die<br />
Leitung ihrer Gesellschaft einem an<strong>der</strong>en Unternehmen<br />
unterstellen (Beherrschungsvertrag) o<strong>der</strong> sich<br />
verpflichten, ihren ganzen Gewinn an ein an<strong>der</strong>es Unternehmen<br />
abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Beide<br />
Verträge werden als „Unternehmensverträge“ bezeichnet.<br />
Achtung: Verlustfalle Besteht ein Beherrschungs-<br />
!<br />
o<strong>der</strong> ein Gewinnabführungsvertrag, ist das beherrschende<br />
Unternehmen auch zur Übernahme von<br />
Verlusten verpflichtet.<br />
Gewinnabführungs- <strong>und</strong> Beherrschungsvertrag<br />
Ein Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrag greift<br />
massiv in die Rechte <strong>der</strong> Anteilseigner ein (Gewinnabführung,<br />
Verlustübernahme). Ein Unternehmensvertrag bedarf<br />
daher <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Hauptversammlungen<br />
bei<strong>der</strong> Gesellschaften . Dazu ist mindestens eine 3/4-Mehrheit<br />
des bei <strong>der</strong> Abstimmung vertretenen Gr<strong>und</strong>kapitals<br />
erfor<strong>der</strong>lich. In <strong>der</strong> Satzung kann eine höhere Mehrheit<br />
bestimmt werden. Nach außen wird <strong>der</strong> Vertrag erst<br />
wirksam, wenn er in das Handelsregister eingetragen<br />
worden ist.<br />
Körperschaftsteuerliche Organschaft<br />
Wirkung<br />
Die Organgesellschaft führt ihren Gewinn auf Gr<strong>und</strong>lage<br />
eines Gewinnabführungsvertrags an den Organträger<br />
ab. Dadurch kann ein Verlust <strong>der</strong> einen mit Gewinnen <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Gesellschaft verrechnet werden. Erwirtschaftet<br />
die Organgesellschaft einen Verlust, ist <strong>der</strong> Organträger<br />
zur Übernahme dieses Jahresfehlbetrags <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
verpflichtet.<br />
Das Einkommen <strong>der</strong> Organgesellschaft wird bei ihr ermittelt<br />
<strong>und</strong> beim Organträger versteuert.<br />
Technisch läuft dies nach dem im Folgenden dargestellten<br />
Schema ab.<br />
Schema<br />
Körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung<br />
Organgesellschaft (OG)<br />
Erlöse<br />
Organträger (OT)<br />
Erlöse<br />
- Aufwand - Aufwand<br />
= Jahresüberschuss (OG) = Zwischensumme (OT)*<br />
- Gewinnabführung an OT + Beteiligungsertrag von OG<br />
= Ergebnis nach<br />
Abführung = 0<br />
* Die Zwischensumme (OT) dient nur <strong>der</strong> übersichtlicheren<br />
Darstellung. In <strong>der</strong> Gewinn- <strong>und</strong> Verlustrechnung<br />
(GuV) sind die abgeführten Gewinne unter „Erträge aus<br />
Beteiligungen“ zu erfassen <strong>und</strong> gehen an 9. bzw. 8. Position<br />
in den Jahresüberschuss des Organträgers ein.<br />
Einkommensermittlung in <strong>der</strong> Körperschaftsteuer:<br />
Organgesellschaft (OG)<br />
Jahresüberschuss (OG)<br />
= Jahresüberschuss<br />
(OT + OG)<br />
Organträger (OT)<br />
Jahresüberschuss (OT + OG)<br />
- Jahresüberschuss (OG)*<br />
= Jahresüberschuss (OT)<br />
+ nicht abziehbare BA (OG) + nicht abziehbare BA (OT)<br />
= Einkommen (OG) = Einkommen (OT)<br />
- Übertrag an OT + Einkommen (OG)<br />
= zu versteuern = 0 = Einkommen (OT + OG)<br />
26<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
* Ohne Kürzung des Jahresüberschusses (OG) bei <strong>der</strong><br />
Einkommensermittlung des Organträgers würde dieser<br />
im Jahresüberschuss (OT + OG) <strong>und</strong> im Einkommen (OG)<br />
- <strong>und</strong> damit doppelt - erfasst.<br />
Praxis-Beispiel: Einkommensermittlung für die Körperschaftsteuererklärung<br />
Annahme: Organgesellschaft <strong>und</strong> Organträger sind Kapitalgesellschaften. In den GuVs sind neben Erträgen <strong>und</strong> Aufwendungen<br />
auch Geschenke über 35 EUR <strong>und</strong> Spenden gebucht. Die Aufwendungen für Geschenke sind als nicht abziehbare<br />
Betriebsausgaben (na BA) gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG dem Einkommen hinzuzurechnen. Die Spenden sind zunächst dem<br />
Einkommen hinzuzurechnen, sodann sind die abzugsfähigen Spenden wie<strong>der</strong> vom Einkommen zu kürzen.<br />
Zunächst muss <strong>der</strong> Jahresüberschuss getrennt für die Organgesellschaft <strong>und</strong> den Organträger berechnet werden.<br />
JÜ vor KSt-RS OG (EUR) OT (EUR)<br />
Erlöse 300.030 50.020<br />
– Aufwand -100.000 -30.000<br />
– Geschenke > 35 EUR -10.000 -1.000<br />
– Spenden -30 -20<br />
– KSt 15 %<br />
= Ergebnis 190.000 19.000<br />
– Gewinnabführung -190.000<br />
+ Beteiligungsertrag 190.000<br />
= Jahresüberschuss 0 209.000<br />
Danach muss die Einkommensermittlung in beiden Unternehmen durchgeführt werden.<br />
Einkommen KSt-Erklärung OG (EUR) KSt-Erklärung OT (EUR) Probe gesamt (EUR)<br />
Jahresüberschuss 0 209.000 209.000<br />
Gewinnabführung 190.000 -190.000 0<br />
KSt 15 % 0 0 0<br />
nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (na BA) + 10.030 +1.020 +11.050<br />
= Zwischensumme 200.030 20.020 220.050<br />
abzugsfähige Spenden -30 -20 -50<br />
= Einkommen 200.000 20.000 220.000<br />
Zu versteuern bei OT -200.000 + 200.000 0<br />
Zu versteuerndes Einkommen 0 220.000 220.000<br />
KSt 15 % 0 33.000 33.000<br />
Topthema<br />
Die abzugsfähigen Spenden sollen aus Vereinfachungsgründen den geleisteten Spenden entsprechen. Die Körperschaftsteuer<br />
wird entsprechend § 23 KStG mit 15 % berechnet.<br />
Die letzte Spalte (Probe/gesamt) wird in keiner Steuererklärung ausgefüllt. Sie soll nur dem besseren Verständnis dienen.<br />
In dieser Spalte wird eine „normale“ Einkommensberechnung für beide Unternehmen (Summe OG + OT) dargestellt. Beide<br />
Unternehmen müssen insgesamt ein Einkommen von 220.000 EUR versteuern (Probe/gesamt), welches in <strong>der</strong> KSt-Erklärung<br />
des Organträgers ermittelt wird.<br />
Die ermittelte Körperschaftsteuer wird beim Organträger zurückgestellt.<br />
Konto<br />
SKR 03/04<br />
Soll<br />
Kontenbezeichnung<br />
Betrag<br />
EUR<br />
Konto<br />
SKR03/04<br />
Haben<br />
Kontenbezeichnung<br />
2200/7600 Körperschaftsteuer 33.000 0963/3040 Körperschaftsteuerrückstellung<br />
Betrag<br />
EUR<br />
33.000<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 27
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
GuV <strong>und</strong> Bilanz lauten wie folgt:<br />
Jahresüberschuss OG (EUR) OT (EUR)<br />
Erlöse 300.030 50.020<br />
Aufwand -100.000 -30.000<br />
Geschenke > 35 EUR -10.000 -1.000<br />
Spenden -30 -20<br />
KSt 15 % 0 -33.000<br />
Ergebnis 190.000 -14.000<br />
Gewinnabführung -190.000 0<br />
Beteiligungsertrag 0 190.000<br />
Jahresüberschuss 0 176.000<br />
Topthema<br />
Bilanz Passiva OG (EUR) Passiva OT (EUR)<br />
Stammkapital ...... ......<br />
Gewinnvortrag ...... ......<br />
Jahresüberschuss 176.000<br />
Ergebnisabführung 190.000<br />
KSt-Rückstellung 33.000<br />
In <strong>der</strong> neuen Einkommensermittlung wird <strong>der</strong> ursprüngliche Jahrsüberschuss (vor KSt-Rückstellung) von 209.000 EUR um<br />
33.000 EUR auf 176.000 EUR vermin<strong>der</strong>t. Im Gegenzug wird das Einkommen um 33.000 EUR KSt-Aufwand erhöht. So bleibt<br />
es beim Einkommen von 220.000 EUR <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Körperschaftsteuer i. H. v. 33.000 EUR.<br />
Voraussetzungen<br />
Wer wann eine körperschaftsteuerliche Organschaft<br />
eingehen kann <strong>und</strong> wie dies geschehen muss, ist in den<br />
§§ 14-19 des KStG geregelt. Danach muss die<br />
Organgesellschaft eine Europäische Gesellschaft, AG,<br />
KGaA o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Kapitalgesellschaft z. B. GmbH<br />
sein, die ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Der Sitz<br />
muss in einem Mitgliedstaat <strong>der</strong> Europäischen Union<br />
o<strong>der</strong> in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens<br />
liegen.<br />
Sie muss durch einen Gewinnabführungsvertrag<br />
gem. § 291 Abs. 1 AktG ihren gesamten Gewinn an ein<br />
einziges an<strong>der</strong>es gewerbliches Unternehmen (Organträger)<br />
abführen (keine Mehrmütterorganschaft!).<br />
Ist die Organgesellschaft keine AG o<strong>der</strong> KGaA i. S. v.<br />
§ 14 Abs. 1 KStG, son<strong>der</strong>n eine an<strong>der</strong>e Kapitalgesellschaft<br />
, muss im Gewinnabführungsvertrag ausdrücklich<br />
die Verlustübernahme gem. § 302 AktG in seiner<br />
jeweils gültigen Fassung vereinbart werden .<br />
Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens<br />
fünf Jahre abgeschlossen sein <strong>und</strong> auch tatsächlich<br />
durchgeführt werden .<br />
Der Gewinnabführungsvertrag wird mit Eintrag in<br />
das Handelsregister wirksam, zu diesem Zeitpunkt<br />
beginnt die fünfjährige steuerliche Mindestlaufzeit. Damit<br />
kann die Organgesellschaft ihr Einkommen erstmals<br />
für das Wirtschaftsjahr <strong>der</strong> Eintragung an den<br />
Organträger steuerlich wirksam abführen. Die Voraussetzung<br />
<strong>der</strong> Mindestlaufzeit ist z. B. nicht erfüllt, wenn<br />
<strong>der</strong> Vertrag zwar auf fünf Jahre abgeschlossen ist, aber<br />
erst in einem auf das Jahr des Abschlusses folgenden<br />
Jahr ins Handelsregister eingetragen wird.<br />
Als Organträger kommt nur eine unbeschränkt einkommensteuerpflichtige<br />
natürliche Person, eine nicht<br />
steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung o<strong>der</strong><br />
Vermögensmasse o<strong>der</strong> eine selbst gewerblich tätige<br />
Personengesellschaft in Betracht.<br />
Der Organträger muss von Beginn des Wirtschaftsjahres<br />
an die Mehrheit <strong>der</strong> Stimmrechte in <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
besitzen (finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung).<br />
Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuss<br />
nur insoweit in die Gewinnrücklagen mit<br />
Ausnahme <strong>der</strong> gesetzlichen Rücklagen einstellen, als<br />
dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich<br />
begründet ist.<br />
Eine eventuelle doppelte Verlustberücksichtigung (bei<br />
OT <strong>und</strong> OG) wird durch den 2013 neu eingeführten § 14<br />
28<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Abs. 5 KStG vermieden, da die Veranlagung <strong>der</strong> beiden<br />
Unternehmen künftig korrespondierend erfolgen (d.h.<br />
die geson<strong>der</strong>te Feststellung des Verlustes bei <strong>der</strong> OG ist<br />
für den OT bindend).<br />
Die Voraussetzungen müssen gr<strong>und</strong>sätzlich zum Beginn<br />
des Wirtschaftsjahres vorliegen.<br />
Achtung: Anpassung von alten Gewinnabführungsverträgen<br />
erfor<strong>der</strong>lich<br />
!<br />
In <strong>der</strong> alten Fassung des § 17 KStG war lediglich eine<br />
Verlustübernahme nach § 302 AktG erfor<strong>der</strong>lich. In <strong>der</strong><br />
Fassung des § 17 KStG (2013) wird eine „Verlustübernahme<br />
durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 des<br />
AktG in seiner jeweils gültigen Fassung“ erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Um eine steuerwirksame Organschaft nicht zu gefährden,<br />
sollten alte Gewinnabführungsverträge diesbezüglich<br />
angepasst werden.<br />
Personengesellschaft als Organträger: Anteile müssen<br />
im Gesamthandsvermögen gehalten werden<br />
Die Personengesellschaft muss die Anteile an <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
im Gesamthandsvermögen halten. Für die<br />
finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung in die Personengesellschaft<br />
reicht es nicht aus, wenn die Anteile nur notwendiges<br />
Son<strong>der</strong>betriebsvermögen <strong>der</strong> Gesellschafter <strong>der</strong> Personengesellschaft<br />
sind. Zusätzlich muss die Personengesellschaft<br />
eine eigene – nicht nur geringfügige – gewerbliche<br />
Tätigkeit ausüben. Eine inaktive gewerblich geprägte<br />
Personengesellschaft (X-GmbH-B-C-KG mit X-GmbH als<br />
Komplementär <strong>und</strong> natürliche Personen B <strong>und</strong> C als Kommanditisten)<br />
kann nicht mehr Organträger sein.<br />
Die Vermietung von Anlagevermögen im Rahmen einer<br />
Betriebsaufspaltung wird bei <strong>der</strong> Besitzgesellschaft als<br />
eigene gewerbliche Tätigkeit angesehen.<br />
Bei Holdinggesellschaften gilt das Halten von Beteiligungen<br />
nicht als eigene gewerbliche Tätigkeit. Dieser Mangel<br />
kann durch Erbringen von Dienstleistungen an die Organgesellschaft<br />
z. B. in Form von Buchführung geheilt<br />
werden. Voraussetzung ist, dass die Leistungen gegen<br />
geson<strong>der</strong>tes Entgelt erbracht <strong>und</strong> wie gegenüber fremden<br />
Dritten abgerechnet werden. Weiterhin kann eine Organträgerschaft<br />
auch begründet werden, wenn das herrschende<br />
Unternehmen die einheitliche Konzernleitung über<br />
mehrere abhängige Unternehmen so ausübt, dass dies<br />
durch äußere Merkmale von Abschluss- o<strong>der</strong> Betriebsprüfern<br />
erkennbar ist .<br />
Europäische Gesellschaften<br />
Der doppelte Inlandsbezug wurde ab 2013 aufgegeben.<br />
Für die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft<br />
müssen Organgesellschaften nicht mehr sowohl ihren<br />
Sitz als auch den Ort <strong>der</strong> Geschäftsleitung im Inland haben.<br />
Alle Organgesellschaften d.h. auch die Europäischen<br />
Gesellschaften müssen nur noch ihre Geschäftsleitung im<br />
Inland haben, <strong>der</strong> Sitz kann auch in einem an<strong>der</strong>en Mitgliedsaat<br />
<strong>der</strong> EU o<strong>der</strong> des EWR liegen. Die Neuregelung<br />
wurde zwar erst 2013 verabschiedet ist jedoch auch auf<br />
alle offenen Fälle ab 1.1.2012 anwendbar.<br />
Mehrmütterorganschaft nicht mehr möglich<br />
Bei einer Mehrmütterorganschaft schließen sich mehrere<br />
Unternehmen (= mehrere Mütter), die jeweils alleine<br />
nicht die Voraussetzungen für die finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung<br />
erfüllen, zu einer Willensbildungs-GbR zusammen,<br />
um gemeinsam die finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung (Stimmrechtsmehrheit)<br />
herbeizuführen. Diese Konstellation ist<br />
seit dem Veranlagungszeitraum 2003 nicht mehr möglich.<br />
Dies gilt auch für die Gewerbesteuer.<br />
Einzelfälle<br />
Gewinnabführungen<br />
Die Gewinnabführungen <strong>der</strong> Organgesellschaft an den Organträger<br />
gelten nicht als Gewinnausschüttungen. Damit<br />
sind Aufwendungen, die mit dem Halten <strong>der</strong> Organbeteiligung<br />
in Zusammenhang stehen beim Organträger voll<br />
abzugsfähig .<br />
Dividendenerträge <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
Ist eine Organgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft<br />
beteiligt <strong>und</strong> erhält sie daraus eigene Dividendenerträge,<br />
wären diese bei ihr steuerfrei nach § 8b Abs. 1 KStG. Als<br />
nicht abziehbare Betriebsausgaben würden pauschal 5 %<br />
<strong>der</strong> Dividendenerträge angesetzt ; somit wären diese letztendlich<br />
zu 95 % steuerbefreit. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft<br />
werden diese Beträge zunächst voll im abzuführenden<br />
Einkommen <strong>der</strong> Organgesellschaft erfasst <strong>und</strong> dann im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Einkunftsermittlung beim Organträger entsprechend<br />
<strong>der</strong> Rechtsform des Organträgers besteuert .<br />
Kapitalgesellschaft als Organträger<br />
Ist <strong>der</strong> Organträger eine Kapitalgesellschaft, werden die<br />
Einkünfte bei ihm nach § 8b KStG besteuert. Die Dividendenerträge<br />
<strong>der</strong> Organgesellschaft werden beim Organträger<br />
zu 95 % steuerfrei gestellt .<br />
Natürliche Person als Organträger<br />
Tritt eine natürliche Person als Organträger auf, bleiben<br />
– sofern die Anteile in einem Betriebsvermögen gehalten<br />
– werden 40 % <strong>der</strong> Dividendenerträge steuerfrei ; 40 % <strong>der</strong><br />
mit den Erträgen zusammenhängenden Betriebsausgaben<br />
sind dann nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abzugsfähig.<br />
Topthema<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 29
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Topthema<br />
Personengesellschaft als Organträger<br />
Bei einer Personengesellschaft als Organträger werden<br />
die Erträge entsprechend <strong>der</strong> Beteiligungsquote von natürlichen<br />
Personen sowie Kapital- <strong>und</strong> Personengesellschaften<br />
besteuert.<br />
Gewerbesteuerliche Organschaft<br />
Wirkung<br />
Ebenso wie in <strong>der</strong> Körperschaftsteuer wird <strong>der</strong> Gewerbeertrag<br />
zunächst bei <strong>der</strong> Organgesellschaft ermittelt <strong>und</strong><br />
schließlich beim Organträger versteuert. Dadurch kann<br />
ein Gewerbeverlust <strong>der</strong> einen mit dem positiven Gewerbeertrag<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gesellschaft verrechnet werden.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Zerlegung gilt die Organgesellschaft<br />
als Betriebsstätte des Organträgers. Befinden sich die<br />
Betriebe des Organträgers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organgesellschaft in<br />
verschiedenen Gemeinden, wird <strong>der</strong> Gewerbesteuermessbetrag<br />
im Verhältnis <strong>der</strong> Löhne <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
<strong>und</strong> des Organträgers aufgeteilt; auf die in den einzelnen<br />
Betrieben erwirtschafteten Gewinne kommt es nicht an.<br />
Das gewerbesteuerliche Schema leitet sich vom körperschaftsteuerlichen<br />
Schema ab.<br />
Schema<br />
Der Gewerbeertrag <strong>der</strong> Organgesellschaft ist separat zu<br />
ermitteln <strong>und</strong> dem Organträger zur Berechnung seines<br />
Steuermessbetrags zuzurechnen .<br />
GewSt-Rückstellung <strong>und</strong> KSt-Rückstellung<br />
Bevor die Gewerbesteuererklärung nach obigem Schema<br />
erstellt werden kann, ist zunächst das körperschaftsteuerliche<br />
Einkommen als Ausgangszahl für die Gewerbesteuerberechnung<br />
zu bestimmen.<br />
Darstellung <strong>der</strong> Gewerbeertragsermittlung<br />
Organgesellschaft<br />
Organträger<br />
Gewinn aus Gewerbebetrieb Gewinn aus Gewerbebetrieb<br />
+ Hinzurechnungen + Hinzurechnungen<br />
- Kürzungen - Kürzungen<br />
= Zwischensumme = Zwischensumme<br />
- kein Freibetrag (KapGes)<br />
- Freibetrag<br />
(wenn keine KapGes)<br />
= Gewerbeertrag (OG) = Gewerbeertrag (OT)<br />
- Abführung + Zuführung (OG)<br />
= 0 R<strong>und</strong>ung<br />
= Gewerbeertrag (OG + OT)<br />
x Steuermesszahl<br />
= Gewerbesteuermessbetrag<br />
Im Einzelnen sind folgende Schritte abzuarbeiten:<br />
1. Vorläufigen Jahresüberschuss vor Gewerbesteuerrückstellung<br />
(GewSt-RS) <strong>und</strong> Körperschaftsteuerrückstellung<br />
(KSt-RS) errechnen<br />
2. Ermittlung des vorläufigen körperschaftsteuerlichen<br />
Einkommens (Einkommen vor GewSt-RS)<br />
3. GewSt-RS berechnen<br />
4. GewSt-RS in die GuV einstellen<br />
5. Ermittlung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />
Einkommens <strong>und</strong> Berechnung <strong>der</strong> Körperschaftsteuer (KSt)<br />
6. KSt-RS in die GuV einstellen<br />
7. Darstellung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />
Einkommens mit endgültigem JÜ <strong>und</strong> KSt-Aufwand<br />
(= KSt-Schuld)<br />
8. Ermittlung des GewSt-Messbetrags<br />
9. Berechnung <strong>der</strong> Gewerbesteuer (ggf. mit Zerlegung)<br />
Praxis-Beispiel: Gewinnabführung in <strong>der</strong> KSt <strong>und</strong> GewSt mit Zerlegung<br />
Die OG-GmbH ist Organgesellschaft <strong>der</strong> OT-GmbH. Die Betriebsstätte <strong>der</strong> OG liegt in <strong>der</strong> Gemeinde A (Hebesatz 400),<br />
die <strong>der</strong> OT-GmbH in <strong>der</strong> Gemeinde B (Hebesatz 300). Die Unternehmen haben einen vorläufigen Jahresabschluss<br />
(Jahresüberschuss vor GewSt <strong>und</strong> KSt) erstellt.<br />
vorl. JÜ ohne GewSt/KSt vorl. JÜ OG (EUR) vorl. JÜ OT (EUR)<br />
Erlöse 1.000.000 440.000<br />
Aufwand -160.000 -60.000<br />
Löhne -240.000 -120.000<br />
Darlehenszins -200.000 -160.000<br />
Geldstrafe -10.000 -1.000<br />
KSt 15 %<br />
vorläufiges Ergebnis 390.000 99.000<br />
Ausgehend von diesen Zahlen, wird nach obigem Schema weitergerechnet.<br />
30<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Ermittlung des vorläufigen körperschaftsteuerlichen Einkommens (Einkommen vor GewSt-RS):<br />
vorl. körperschaftsteuerliches Einkommen OG (EUR) OT (EUR)<br />
vorläufiges Ergebnis 390.000 99.000<br />
nicht abzugsfähige BA 10.000 1.000<br />
Zwischensumme 400.000 100.000<br />
vorläufiges Einkommen 400.000 100.000<br />
GewSt-Rückstellung (RS) berechnen:<br />
GewSt-RS OG (EUR) OT (EUR)<br />
vorläufiger Gewinn aus Gewerbebetrieb 400.000 100.000<br />
Entgelte für Dauerschulden -100.000 x 25 % 25.000 15.000<br />
Zwischensumme 425.000 115.000<br />
R<strong>und</strong>ung 425.000 115.000<br />
Freibetrag 0 0<br />
Zwischensumme 425.000 115.000<br />
Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG -425.000 425.000<br />
vorläufiger Gewerbeertrag 0 540.000<br />
Steuermesszahl 3,5%<br />
Hebesatz 367%<br />
GewSt-Rückstellung 69.300<br />
Topthema<br />
Der durchschnittliche Hebesatz wird nach dem Verhältnis <strong>der</strong> Arbeitslöhne <strong>und</strong> den Hebesätzen in den<br />
Gemeinden ermittelt:<br />
Gemeinde A (EUR) B (EUR) gesamt (EUR)<br />
Löhne 240.000 120.000 360.000<br />
Anteil 2/3 1/3<br />
Hebesatz 400 % 300 %<br />
anteilige Hebesätze 267 % 100 %<br />
durchschnittlicher Hebesatz >> >> 367 %<br />
GewSt-Rückstellung in die GuV einstellen:<br />
JÜ mit GewStA OG (EUR) OT (EUR)<br />
Erlöse 1.000.000 440.000<br />
Aufwand -160.000 -60.000<br />
Löhne -240.000 -120.000<br />
GewSt-Aufwand 0 -69.300<br />
Darlehenszins -200.000 -160.000<br />
Geldstrafe -10.000 -1.000<br />
KSt 15 %<br />
Ergebnis 390.000 29.700<br />
Gewinnabführung -390.000<br />
Beteiligungsertrag 390.000<br />
JÜ 0 419.700<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 31
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Ermittlung des endgültigen körperschaftsteuerlichen Einkommens <strong>und</strong> Berechnung <strong>der</strong> KSt:<br />
Einkommen OG (EUR) OT (EUR) Probe/ges. (EUR)<br />
JÜ 0 419.700 419.700<br />
Gewinnabführung 390.000 -390.000 0<br />
KSt 15 % 0 0 0<br />
GewSt 0 69.300 69.300<br />
nicht abzugsfähige BA 10.000 1.000 11.000<br />
Einkommen 400.000 100.000 500.000<br />
zu versteuern bei OT -400.000 400.000<br />
zu versteuerndes Einkommen 0 500.000 500.000<br />
KSt 15 % 0 75.000 75.000<br />
Die Spalte Probe/gesamt fließt nicht in die Steuererklärung ein <strong>und</strong> dient lediglich <strong>der</strong> Verdeutlichung, um die Steuerlast <strong>der</strong><br />
beiden Unternehmen im Ganzen darzustellen.<br />
Topthema<br />
KSt-Rückstellung in die GuV einstellen:<br />
JÜ mit GewStA <strong>und</strong> KStA<br />
OG<br />
(EUR)<br />
OT<br />
(EUR)<br />
Erlöse 1.000.000 440.000<br />
Aufwand -160.000 -60.000<br />
Löhne -240.000 -120.000<br />
GewSt-Aufwand 0 -69.300<br />
Darlehenszins -200.000 -160.000<br />
Geldstrafe -10.000 -1.000<br />
KSt 15 % 0 -75.000<br />
Ergebnis 390.000 -45.300<br />
Gewinnabführung -390.000<br />
Beteiligungsertrag 390.000<br />
Jahresüberschuss 0 344.700<br />
Darstellung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />
Einkommens mit endgültigem JÜ <strong>und</strong> KSt-<br />
Aufwand (= KSt-Schuld)<br />
Einkommen<br />
KSt-Erkl<br />
OG (EUR)<br />
KSt-Erkl<br />
OT (EUR)<br />
JÜ 0 344.700<br />
Gewinnabführung 390.000 -390.000<br />
KSt 15 % 0 75.000<br />
GewSt 0 69.300<br />
na BA 10.000 1.000<br />
Einkommen 400.000 100.000<br />
zu versteuern bei OT -400.000 400.000<br />
zu verst. Einkommen 0 500.000<br />
KSt 15 % 0 75.000<br />
Ermittlung <strong>der</strong> GewSt-Messbeträge:<br />
Gewerbesteuer<br />
GewSt Erkl.<br />
OG (EUR)<br />
GewSt-Erkl.<br />
OT (EUR)<br />
Einkommen aus KSt 0 500.000<br />
Einkommensabführung 400.000 -400.000<br />
Gewinn aus Gewerbebetrieb 400.000 100.000<br />
Entgelte für Dauerschulden 25.000 15.000<br />
-100T x 25 %<br />
Zwischensumme 425.000 115.000<br />
Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG -425.000 425.000<br />
Zwischensumme 0 540.000<br />
R<strong>und</strong>ung 540.000<br />
Freibetrag 0<br />
Gewerbeertrag 540.000<br />
Steuermesszahl 3,5 %<br />
Gewerbesteuermessbetrag 18.900<br />
Berechnung <strong>der</strong> Gewerbesteuer – mit Zerlegung<br />
Zerlegung <strong>der</strong><br />
Gewerbesteuer<br />
Gemeinde<br />
OG (EUR)<br />
Gemeinde<br />
OT (EUR)<br />
Gesamt<br />
(EUR)<br />
Löhne 240.000 120.000 360.000<br />
Messbeträge 12.600 6.300 18.900<br />
Hebesatz 400 % 300 % 370 %<br />
Gewerbesteuer 50.400 18.900 69.300<br />
32<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Voraussetzungen<br />
Die Bedingungen, unter welchen eine gewerbesteuerliche<br />
Organschaft gegeben ist, sind in § 2 Abs. 2 GewStG <strong>und</strong><br />
R 2.3 GewStR genannt. Seit dem Veranlagungsjahr 2002<br />
stimmen die Voraussetzungen bei <strong>der</strong> Körperschaftsteuer<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerbesteuer überein.<br />
Abzugsverbot vororganschaftlicher Verluste<br />
Seit dem Erhebungszeitraum 2004 können Verluste, die<br />
die OG vor dem Wirksamwerden <strong>der</strong> Organschaft erlitten<br />
hat, nicht mehr als Verlustabzug bzw. -vortrag auf den OT<br />
übertragen werden. Die Verluste sind nicht mehr abzugsfähig<br />
<strong>und</strong> gehen ersatzlos unter. Entsteht eine Organschaft<br />
im Erhebungszeitraum 2004 neu, dürfen ab dem Erhebungszeitraum<br />
2004 die auf den 31.12.2003 festgestellten<br />
Verluste den Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG nicht mehr min<strong>der</strong>n.<br />
Umsatzsteuerliche Organschaft<br />
Wirkung<br />
Auch bei <strong>der</strong> Umsatzsteuer ist eine Organschaft möglich;<br />
die Umsätze <strong>der</strong> Organgesellschaft werden beim<br />
Organträger versteuert. Beide Unternehmen sind beim<br />
Finanzamt unter einer Steuernummer erfasst. Während<br />
für die Körperschaftsteuer <strong>und</strong> Gewerbesteuer auch für<br />
die Organgesellschaft jeweils eine Steuererklärung abzugeben<br />
ist, sind die Umsätze <strong>und</strong> Vorsteuern <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
<strong>und</strong> des Organträgers beim Organträger<br />
zusammenzurechnen <strong>und</strong> in einem Formular zu erklären.<br />
Schema<br />
Beide Firmen buchen ihre Umsätze mit Umsatzsteuer <strong>und</strong><br />
ziehen jeweils ihre „eigene“ Vorsteuer. Am Monatsende<br />
(Jahresende) meldet die Organgesellschaft ihre Umsätze<br />
<strong>und</strong> Vorsteuern an den Organträger, <strong>der</strong> mit seinen<br />
Umsätzen <strong>und</strong> Vorsteuern eine gemeinsame Umsatzsteuer-Voranmeldung<br />
(Jahreserklärung) erstellt. Die auf<br />
die Organgesellschaft entfallende Zahllast stellt ihr <strong>der</strong><br />
Organträger in Rechnung; die Buchung erfolgt über das<br />
Verrechnungskonto.<br />
Voraussetzung<br />
Die Grenzen für die umsatzsteuerliche Organschaft sind<br />
weiter gesteckt als bei <strong>der</strong> Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer.<br />
Sie liegt schon vor, wenn eine juristische Person<br />
nach dem Gesamtbild <strong>der</strong> tatsächlichen Verhältnisse<br />
finanziell, wirtschaftlich <strong>und</strong> organisatorisch in ein<br />
Unternehmen eingeglie<strong>der</strong>t ist. Eine Organschaft kann<br />
auch gegeben sein, wenn die Einglie<strong>der</strong>ung auf einem<br />
dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den<br />
an<strong>der</strong>en Gebieten umso eindeutiger ist. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft<br />
ist die untergeordnete juristische Person (OG,<br />
Tochtergesellschaft) gegenüber dem übergeordneten Unternehmen<br />
(OT, Muttergesellschaft) als unselbstständig<br />
anzusehen. Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinn ist<br />
nur <strong>der</strong> Organträger; deshalb erhält auch nur dieser eine<br />
Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke.<br />
Einzelfälle<br />
Betriebsaufspaltung<br />
Bei einer Betriebsaufspaltung in ein Besitzunternehmen<br />
<strong>und</strong> eine Betriebsgesellschaft (Kapitalgesellschaft) <strong>und</strong><br />
Verpachtung des Betriebsvermögens durch das Besitzunternehmen<br />
an die Betriebsgesellschaft steht die durch die<br />
Betriebsaufspaltung entstandene Kapitalgesellschaft (OG)<br />
im Allgemeinen in einem Abhängigkeitsverhältnis zum<br />
Besitzunternehmen (OT).<br />
Holding: Nur bei entgeltlicher Tätigkeit als OT möglich<br />
Eine Holdinggesellschaft kann nur dann als Organträgerin<br />
angesehen werden, wenn sie eine entgeltliche Tätigkeit<br />
ausübt . Dazu muss die Führungsholding entwe<strong>der</strong><br />
eine geschäftsleitende Tätigkeit gegen Entgelt erbringen<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e eigene Umsätze ausführen. Hierzu zählt<br />
auch die Gewährung verzinslicher Darlehen durch eine<br />
Holdinggesellschaft an ihre Beteiligungsgesellschaften,<br />
unabhängig davon, ob diese Darlehen als wirtschaftliche<br />
Unterstützung <strong>der</strong> Beteiligungsgesellschaften, als Anlage<br />
von Finanzüberschüssen o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Gründen gewährt<br />
werden.<br />
Neuregelung <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />
Mit Schreiben vom 7.3.2013 hat das BMF die Voraussetzungen<br />
für die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung neu gefasst<br />
(ausführlich ab S. 34/35):<br />
Die Beherrschung <strong>der</strong> OG muss tatsächlich stattfinden.<br />
Eine vollständige Personenidentität zwischen OT <strong>und</strong><br />
OG ist nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Bei fehlen<strong>der</strong> Personenidentität kann eine organisatorische<br />
Einglie<strong>der</strong>ung auch dann vorliegen, wenn leitende<br />
Mitarbeiter des OT als Geschäftsführer bei <strong>der</strong> OG tätig<br />
sind bzw. <strong>der</strong> OT institutionell abgesicherte Eingriffsmöglichkeiten<br />
(Geschäftsführerordnung, Konzernrichtlinie)<br />
in die Geschäftsführung <strong>der</strong> OG hat.<br />
Seit dem 1.7.2002 ist auf <strong>der</strong> Ausgangsrechnung die Steuernummer,<br />
seit 2004 alternativ auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer<br />
(USt-IDNr.) des leistenden<br />
Unternehmens anzugeben. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft muss<br />
die OG die Steuernummer bzw. USt-IDNr. des OT auf ihrer<br />
Rechnung angeben. Wurde <strong>der</strong> OG eine eigene USt-IDNr.<br />
zugeteilt, kann auch diese auf <strong>der</strong> Rechnung vermerkt<br />
werden.<br />
<<br />
Topthema<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 33
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
Umsatzsteuer<br />
Handlungsbedarf bei<br />
Organschaften<br />
Das BMF hat mit Schreiben vom 7.3.2013 die lang ersehnte Verwaltungsanweisung zur umsatzsteuerrechtlichen<br />
Organschaft erlassen. Die Finanzverwaltung än<strong>der</strong>t ihre Auffassung zum<br />
Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung. Die neuen Gr<strong>und</strong>sätze sollen ab dem 1.1.2014<br />
gelten. Unternehmen sollten die Übergangsfrist nutzen <strong>und</strong> die Voraussetzungen einer Organschaft<br />
überprüfen.<br />
von WP/StB/RA Prof. Dr. Thomas Küffner, München<br />
Topthema<br />
Was lange währt, wird endlich gut: Nach über einem<br />
Jahr interner Beratungen hat das BMF die<br />
neuen Gr<strong>und</strong>sätze zum Merkmal <strong>der</strong> „organisatorischen<br />
Einglie<strong>der</strong>ung“ verkündet. Die Finanzverwaltung<br />
hat sich bemüht, die neuere Rechtsprechung des<br />
BFH möglichst unternehmerfre<strong>und</strong>lich umzusetzen.<br />
Hintergr<strong>und</strong> des BMF-Schreibens<br />
Voraussetzungen für die Annahme einer umsatzsteuerrechtlichen<br />
Organschaft sind u. a. die finanzielle, wirtschaftliche<br />
<strong>und</strong> organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung. Liegen<br />
diese Voraussetzungen vor, ist die Organgesellschaft als<br />
nichtselbstständig einzustufen. Die Umsätze zwischen<br />
Organträger <strong>und</strong> Organgesellschaft sind damit als nicht<br />
steuerbare Innenumsätze zu beurteilen.<br />
Das Rechtsinstitut <strong>der</strong> Organschaft entfaltet insbeson<strong>der</strong>e<br />
dann seine Wirkung, wenn Vorsteuerabzugsbeschränkungen<br />
bestehen (z. B. Ges<strong>und</strong>heitssektor, Finanzsektor)<br />
<strong>und</strong> die Steuerpflicht <strong>der</strong> Innenumsätze sich zum Kostenfaktor<br />
entwickeln würde.<br />
Die Rechtsprechung hat sich in jüngster Zeit mehrmals<br />
mit dem Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />
beschäftigt (vgl. BFH, Urt. v. 5.12.2007, V R 26/06; BFH,<br />
Urt. v. 20.8.2009, V R 30/10 <strong>und</strong> zuletzt BFH, Urt. v.<br />
7.7.2011, V R 53/10). Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung<br />
verschärft.<br />
Die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung setze voraus, dass die<br />
mit <strong>der</strong> finanziellen Einglie<strong>der</strong>ung verb<strong>und</strong>ene Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Beherrschung <strong>der</strong> Tochtergesellschaft durch die<br />
Muttergesellschaft in <strong>der</strong> laufenden Geschäftsführung<br />
auch tatsächlich wahrgenommen wird. Darüber hinaus<br />
sei entscheidend, dass durch die Gestaltung <strong>der</strong> Beziehungen<br />
zwischen Organträger <strong>und</strong> Organgesellschaft<br />
sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers<br />
abweichende Willensbildung bei <strong>der</strong> Organtochter nicht<br />
stattfindet.<br />
Das neue Stufenverhältnis des BMF<br />
Das BMF versucht, diese Anfor<strong>der</strong>ungen an die organisatorische<br />
Einglie<strong>der</strong>ung über ein Stufenverhältnis abzubilden.<br />
Stufe 1: Personalunion <strong>der</strong> Geschäftsführungsorgane<br />
Bei Personenidentität in den Leitungsgremien kann<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich von <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />
ausgegangen werden.<br />
GF: A<br />
GF: A<br />
Organträger<br />
GmbH<br />
> 50%<br />
Ausreichend wäre auch, wenn nur einzelne Geschäftsführer<br />
des Organträgers als Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
wirken.<br />
Neben dem Regelfall <strong>der</strong> personellen Verflechtung kann<br />
sich die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung auch daraus<br />
ergeben, dass leitende Mitarbeiter des Organträgers<br />
als Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft tätig sind.<br />
Letzteres beruht auf <strong>der</strong> Annahme, dass <strong>der</strong> leitende Mitarbeiter<br />
den Weisungen seines Dienstherrn aufgr<strong>und</strong><br />
34<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />
eines Anstellungsverhältnisses <strong>und</strong> einer sich hieraus<br />
ergebenden persönlichen Abhängigkeit Folge zu leisten<br />
hat <strong>und</strong> er bei weisungswidrigem Verhalten als Geschäftsführer<br />
<strong>der</strong> Organgesellschaft abberufen werden kann. Das<br />
BMF weist aber darauf hin, dass reine Prokura-Stellung<br />
(ohne Anstellungsverhältnis) nicht ausreichend ist – vgl.<br />
Abschnitt 2.8 Abs. 9 UStAE n. F.<br />
Stufe 2: Teilweise Personalunion<br />
Liegt keine Personenidentität in den Leitungsgremien<br />
vor, müssen weitere Merkmale hinzukommen, um eine<br />
organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung zu bejahen. Letzteres ist<br />
z. B. dann <strong>der</strong> Fall, wenn mindestens ein weiterer (Fremd-)<br />
Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft tätig ist.<br />
GF: A<br />
GF: A+B<br />
Organträger<br />
GmbH<br />
> 50%<br />
Entscheidend ist dann die Ausgestaltung <strong>der</strong> Geschäftsführungsbefugnis<br />
in <strong>der</strong> Tochtergesellschaft. Von einer<br />
organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung könne nach dem BMF<br />
ausgegangen werden, wenn eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis<br />
vereinbart ist <strong>und</strong> die personenidentischen<br />
Geschäftsführer die Stimmenmehrheit besitzen. Ist dies<br />
nicht <strong>der</strong> Fall, so sind zusätzliche institutionell abgesicherte<br />
Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich. Diese können z. B. sein:<br />
Der Organträger verfügt über ein umfassendes Weisungsrecht<br />
gegenüber <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
<strong>und</strong> ist zur Bestellung <strong>und</strong> Abberufung<br />
aller Geschäftsführer <strong>der</strong> Organgesellschaft berechtigt<br />
o<strong>der</strong><br />
es besteht ein schriftlich vereinbartes Letztentscheidungsrecht<br />
des personenidentischen Geschäftsführers.<br />
GF: A<br />
Zusätzliche<br />
schriftliche Vereinbarung<br />
GF: C<br />
Organträger<br />
GmbH<br />
> 50%<br />
Stufe 3: Keine Personenidentität <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />
In Ausnahmefällen kann eine organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung<br />
auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien<br />
des Organträgers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
vorliegen.<br />
Voraussetzung ist dann aber, dass institutionell abgesicherte<br />
unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den<br />
Kernbereich <strong>der</strong> laufenden Geschäftsführung <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
gegeben sind. Von solchen Eingriffsmöglichkeiten<br />
ist auszugehen, wenn <strong>der</strong> Organträger mit<br />
<strong>der</strong> Organgesellschaft einen Beherrschungsvertrag nach<br />
§ 291 AktG abgeschlossen hat o<strong>der</strong> die Organgesellschaft<br />
nach §§ 319, 320 AktG in die Gesellschaft des Organträgers<br />
eingeglie<strong>der</strong>t ist.<br />
Zu begrüßen ist, dass das BMF darüber hinaus auch<br />
schriftlich fixierte Vereinbarungen wie beispielsweise<br />
eine Geschäftsführerordnung o<strong>der</strong> Konzernrichtlinien<br />
ausreichen lässt.Dies gilt jedenfalls dann, wenn <strong>der</strong> Organträger<br />
aufgr<strong>und</strong> dieser den Geschäftsführer <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
bei Verstößen gegen seine Anweisungen<br />
haftbar machen kann. Sofern es sich bei <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />
um eine AG handelt, sind aber die engen Regeln des<br />
AktG in §§ 76 <strong>und</strong> 77 AktG zu beachten: Danach hat <strong>der</strong><br />
Vorstand unter eigener Verantwortung die AG zu leiten.<br />
Dem Aufsichtsrat dürfen nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG<br />
keine Maßnahmen <strong>der</strong> Geschäftsführung übertragen werden.<br />
Der Aufsichtsrat darf dem Vorstand die diesem nach<br />
§§ 76, 77 AktG zustehende Geschäftsführungsinitiative<br />
nicht nehmen. Es sind daher in diesen Fällen an<strong>der</strong>e Lösungen<br />
zu suchen.<br />
An<strong>der</strong>s verhält es sich im GmbH-Recht: Die Gesellschafterversammlung<br />
darf nach § 47 GmbHG dem Geschäftsführer<br />
sehr wohl Weisungen erteilen.<br />
Empfehlungen für die Praxis<br />
Das BMF-Schreiben schafft Rechtsicherheit. Sämtliche<br />
Organschaften müssen nun auf den Prüfstand. Sofern die<br />
Voraussetzungen fraglich sind, sollten gesellschaftsrechtliche<br />
Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Bis zum 31.12.2013 besteht ein Übergangszeitraum: Die<br />
neuen Gr<strong>und</strong>sätze des BMF gelten zwar rückwirkend zum<br />
1.1.2013. Soweit die vermeintlich am Organkreis beteiligten<br />
Unternehmer vor dem 1.1.2013 unter Berufung<br />
auf Abschnitt 2.8 Abs. 7 UStAE (in <strong>der</strong> bis zu diesem<br />
Stichtag geltenden Fassung) übereinstimmend von einer<br />
organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung ausgegangen sind, wird<br />
es jedoch für vor dem 1.1.2014 ausgeführte Umsätze nicht<br />
beanstandet, wenn diese weiterhin übereinstimmend eine<br />
organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung annehmen. <<br />
Topthema<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 35
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />
Persönliches<br />
Kooperation<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater profitieren<br />
von Zusammenarbeit<br />
Steuerberater <strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> haben viele fachliche Schnittstellen. Eine enge Kooperation<br />
von <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n <strong>und</strong> Steuerberatern eröffnet vielfältige Synergien. Gemeinsam können<br />
sie Unternehmen ein praxisgerechtes <strong>und</strong> hochwertiges Dienstleistungsspektrum anbieten.<br />
von Bärbel Ettig, Präsidentin <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller e.V. (BVBC)<br />
Die Komplexität <strong>der</strong> deutschen<br />
Steuergesetze nimmt weiter<br />
zu. Entsprechend groß ist die<br />
Nachfrage nach kompetenter steuerlicher<br />
Beratung. Die zunehmend<br />
digitale Kommunikation mit <strong>der</strong><br />
Finanzverwaltung hält weitere Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
bereit <strong>und</strong> setzt Steuerkanzleien<br />
unter enormen Druck.<br />
Einerseits ist es für die Unternehmen<br />
äußerst wichtig, zeitnah einen<br />
Jahresabschluss vorzuweisen – für<br />
die Gesellschafter, die Kreditinstitute<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gläubiger. An<strong>der</strong>erseits<br />
for<strong>der</strong>t die Finanzverwaltung<br />
die elektronische Übermittlung aller<br />
Steuerunterlagen, was technisch <strong>und</strong><br />
personell umgesetzt werden muss.<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> als<br />
Bindeglied<br />
Durch die Zusammenarbeit mit<br />
selbstständigen <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n<br />
könnten Steuerkanzleien eine Entlastung<br />
herbeiführen. Gemeinsam<br />
lassen sich viele Arbeitsabläufe <strong>und</strong><br />
Prozesse effizienter gestalten.<br />
In vielen Fällen arbeiten <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
<strong>und</strong> Steuerberater eng<br />
zusammen, um Unternehmen bedarfsgerecht<br />
zu betreuen.<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> fungieren gerade<br />
im Mittelstand als Bindeglied: Sie<br />
koordinieren in den Firmen Belange<br />
des Rechnungswesens <strong>und</strong> wirken<br />
auf Seiten <strong>der</strong> Steuerkanzleien an<br />
<strong>der</strong> Erstellung wichtiger Unterlagen<br />
für eine korrekte Besteuerung mit. In<br />
<strong>der</strong> Praxis erschweren berufsrechtliche<br />
Schranken die Zusammenarbeit<br />
zwischen den Berufsgruppen.<br />
Die Hilfeleistung in Steuersachen ist<br />
im Steuerberatungsgesetz geregelt.<br />
Gemäß § 3 Steuerberatungsgesetz<br />
(StBerG) ist dieser Personenkreis<br />
sehr eng gefasst. Es gehören unter<br />
an<strong>der</strong>em Steuerberater, Wirtschaftsprüfer<br />
<strong>und</strong> Rechtsanwälte dazu.<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> sind dort nicht aufgeführt.<br />
Lediglich § 6 Nr. 4 gestattet<br />
es Buchhaltern die Verbuchung <strong>der</strong><br />
laufenden Geschäftsvorfälle <strong>und</strong> die<br />
laufende Lohnbuchhaltung vorzunehmen.<br />
Das sogenannte „Buchhaltungsprivileg“<br />
ist den Steuerberatern vorbehalten.<br />
Dies führt dazu, dass <strong>der</strong><br />
selbstständige Buchhalter einige Arbeiten<br />
nicht durchführen kann, die<br />
mit den erlaubten Tätigkeiten aber<br />
unmittelbar verb<strong>und</strong>en sind.<br />
Berufsrechtliche Beschränkungen<br />
Zu nennen sind die Einrichtung <strong>der</strong><br />
Buchhaltung <strong>und</strong> die Erstellung <strong>der</strong><br />
Umsatzsteuervoranmeldung für einen<br />
Mandanten, die in <strong>der</strong> Praxis<br />
mit <strong>der</strong> Verbuchung <strong>der</strong> laufenden<br />
Geschäftsvorfälle einhergeht. Der<br />
Buchhalter darf keine Stammdaten<br />
erfassen, keinen von den bestehenden<br />
Kontenrahmen abgeleiteten<br />
Kontenplan für das Unternehmen<br />
erarbeiten o<strong>der</strong> auch nur weitere<br />
Konten duplizieren. Betriebswirtschaftlich<br />
ist es aber oftmals sinnvoll,<br />
eine weitere Differenzierung bei den<br />
Buchungskonten vorzunehmen.<br />
Beispielsweise kann es für einen<br />
Unternehmer wichtig sein, Informationen<br />
zu den laufenden Kfz-Betriebskosten<br />
je Fahrzeug zu erhalten. Dies<br />
gehört jedoch auch nicht zur Verbuchung<br />
<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle<br />
<strong>und</strong> ist somit nicht gestattet.<br />
Dabei erfolgt bereits bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />
des Geschäftsvorfalls eine<br />
steuerliche Würdigung. Es ist zu prüfen,<br />
ob es sich um eine Betriebsausgabe<br />
handelt, ob Vorsteuer geltend<br />
gemacht werden kann o<strong>der</strong> Umsatzsteuer<br />
fällig wird. Trotzdem ist<br />
es dem selbstständigen Buchhalter<br />
nicht erlaubt, die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung<br />
zu erstellen.<br />
Selbstverständlich könnten diese Arbeiten<br />
auch vom Unternehmer selbst<br />
vorgenommen werden, jedoch möchte<br />
dieser nicht damit belastet werden,<br />
zumal er meist auch über keine ausreichenden<br />
steuerlichen Kenntnisse<br />
verfügt.<br />
Bei <strong>der</strong> Lohnbuchhaltung verhält<br />
es sich ähnlich. Der <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
darf kein Lohnkonto einrichten,<br />
auch wenn er sich durch Teilnahme<br />
an vielen Schulungen umfangreiche<br />
Kenntnisse neben dem Steuerrecht<br />
auch im Sozialversicherungsrecht<br />
angeeignet hat.<br />
36<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />
Persönliches<br />
Steuerberater benötigen<br />
Unterstützung<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> verfügen aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer Weiterbildung über ein sehr hohes<br />
Fachwissen bei <strong>der</strong> Bilanzierung<br />
<strong>und</strong> im Bereich des Steuerrechts.<br />
Wie Annoncen in den Tageszeitungen<br />
o<strong>der</strong> im Internet zeigen, suchen<br />
Steuerberater verstärkt <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
zur Unterstützung bei <strong>der</strong> Bewältigung<br />
ihrer Aufgaben.<br />
Die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
dafür regelt § 17 <strong>der</strong> Berufsordnung<br />
<strong>der</strong> Steuerberater. Der Paragraph gestattet<br />
die Beschäftigung von Mitarbeitern,<br />
die nicht Personen im Sinne<br />
des § 56 Abs. 1 StBerG sind, sofern<br />
sie weisungsgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unter<br />
fachlicher Aufsicht sowie beruflichen<br />
Verantwortung des Steuerberaters<br />
tätig sind.<br />
Dies kann wahlweise als angestellter<br />
o<strong>der</strong> freier Mitarbeiter erfolgen, wobei<br />
im letzteren Fall die Kriterien <strong>der</strong><br />
Scheinselbstständigkeit zu beachten<br />
sind.<br />
Der Steuerberater kann also <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
gr<strong>und</strong>sätzlich mit <strong>der</strong><br />
Durchführung von Jahresabschlussarbeiten<br />
beauftragen. Tätigkeiten<br />
sind hier beispielsweise die Bearbeitung<br />
des Anlagevermögens,<br />
Jahresabgrenzungen <strong>und</strong> Abstimmungsarbeiten.<br />
Zielführende Aufgabenverteilung<br />
Innerhalb des Anlagevermögens<br />
müssen Wirtschaftsgüter erfasst,<br />
Anschaffungskosten <strong>und</strong> Abschreibungen<br />
ermittelt werden.<br />
Die meisten Finanzbuchhaltungsprogramme<br />
verfügen über eine Schnittstelle<br />
zur Anlagenbuchhaltung. Die<br />
Erfassung <strong>der</strong> Anschaffungskosten<br />
unter Beachtung von Nebenkosten,<br />
Rabatten o<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e Skonti<br />
sowie nachträglichen Anschaffungskosten<br />
erfolgt am besten bereits im<br />
Rahmen <strong>der</strong> laufenden Buchhaltung.<br />
Jahresabgrenzungen sind oftmals<br />
sehr aufwendig. Denn es ist permanent<br />
zu prüfen, ob Aufwendungen<br />
<strong>und</strong> Erträge dem laufenden Wirtschaftsjahr<br />
zuzuordnen sind o<strong>der</strong><br />
kommende Wirtschaftsjahre betreffen.<br />
Bei Zusammenarbeit mit einem<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> kann die richtige<br />
Abgrenzung schon bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />
<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle<br />
erfolgen.<br />
Darüber hinaus können auch Abstimmungsarbeiten<br />
in <strong>der</strong> Debitoren- <strong>und</strong><br />
Kreditorenbuchhaltung durch den<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> vorgenommen werden.<br />
Da <strong>der</strong> Jahresabschluss innerhalb<br />
des nächsten Jahres aufgestellt<br />
wird <strong>und</strong> entsprechende Zahlungen<br />
dann bereits erfasst sind, verfügt <strong>der</strong><br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> über einen guten<br />
Überblick. Abstimmungsarbeiten<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Kassen- <strong>und</strong> Kontoführung<br />
sind gängige Praxis.<br />
Aber auch die laufende Abstimmung<br />
von Darlehensständen, Verbindlichkeiten<br />
gegenüber Arbeitnehmern,<br />
Krankenkassen o<strong>der</strong> dem Finanzamt<br />
erweisen sich als hilfreich. Bestandsverän<strong>der</strong>ungen<br />
bei Rohstoffen <strong>und</strong><br />
Waren, aber auch bei unfertigen <strong>und</strong><br />
fertigen Erzeugnissen beeinflussen<br />
das Betriebsergebnis wesentlich. Um<br />
einen guten Überblick zu haben, ist<br />
eine monatliche Verbuchung sinnvoll.<br />
Hauptzielgruppe sind<br />
kleinere Unternehmen<br />
Bereits aus den berufsrechtlichen<br />
Schranken ergibt sich eine Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen<br />
Buchhalter <strong>und</strong> Steuerberater.<br />
Aber unabhängig davon, können die<br />
Berufsgruppen von einer Zusammenarbeit<br />
profitieren.<br />
Zielgruppe <strong>der</strong> Steuerberater <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Buchhalter sind kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />
Unternehmen. Große<br />
Unternehmen erstellen die Buchhaltung,<br />
den Jahresabschluss <strong>und</strong><br />
die Steuererklärungen meist selbst.<br />
Doch die Bereiche Rechnungswesen<br />
<strong>und</strong> Controlling sind sehr umfangreich,<br />
so dass es für Unternehmen<br />
je<strong>der</strong> Größe oft weiteren Unterstützungsbedarf<br />
gibt.<br />
Zur besseren Kostenkontrolle ist die<br />
Erstellung einer Kosten- <strong>und</strong> Leistungsrechnung<br />
notwendig. Diese ist<br />
meist an die Finanzbuchhaltung gekoppelt.<br />
Bereits bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />
<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle erfolgt<br />
eine Zuordnung zu Kostenstellen<br />
<strong>und</strong> Kostenträgern. Von Vorteil<br />
ist es, wenn diese Arbeiten direkt im<br />
Unternehmen durchgeführt werden,<br />
da sich oftmals Rückfragen ergeben.<br />
Hier ist <strong>der</strong> selbstständige Buchhalter<br />
gefragt. Er kann im Unternehmen<br />
diese Verbuchung vornehmen <strong>und</strong><br />
somit eine gute Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
weitere Arbeit schaffen.<br />
Zum Beispiel ist es in einer Baufirma<br />
äußerst wichtig, detaillierte Herstellungskosten<br />
zu kennen. Dies sollte<br />
nicht erst bei Beendigung des Bauvorhabens<br />
erfolgen, son<strong>der</strong>n laufend,<br />
um bei ausufernden Kosten noch Gegenmaßnahmen<br />
ergreifen zu können.<br />
Der Steuerberater benötigt darüber<br />
hinaus für die Erstellung <strong>der</strong> Bilanz<br />
eine aussagekräftige Bewertung <strong>der</strong><br />
unfertigen Baustellen.<br />
Unrichtige Bewertungen haben zum<br />
einen Auswirkung auf den steuerlichen<br />
Gewinn, zum an<strong>der</strong>en würden<br />
falsche Vermögenswerte dargestellt<br />
werden. Dies hätte wie<strong>der</strong>um eine<br />
Fehlinformation für Gesellschafter<br />
<strong>und</strong> Gläubiger zur Folge.<br />
Unterstützung auch beim<br />
internen Rechnungswesen<br />
Ein weiterer Bereich des Rechnungswesens<br />
ist die Kalkulation. Nur mit<br />
sehr guter Fachexpertise können<br />
kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />
in ihrer Branche erfolgreich<br />
sein. Obendrein sind kaufmännische<br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 37
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />
Persönliches<br />
Kenntnisse unverzichtbar. Viele<br />
kleine Unternehmen lassen sich von<br />
Marktpreisen leiten, ohne selbst eine<br />
Kalkulation aufzustellen. In <strong>der</strong> Folge<br />
kommt es zu Liquiditätsschwierigkeiten<br />
bis hin zur Insolvenz.<br />
Der <strong>Bilanzbuchhalter</strong>, <strong>der</strong> es gewohnt<br />
ist, sich mit Zahlen auseinan<strong>der</strong>zusetzen,<br />
kann auch hier tätig werden.<br />
Angefangen von <strong>der</strong> Lohnbuchhaltung,<br />
wo bereits durch die Verwendung<br />
unterschiedlicher Lohnarten,<br />
<strong>der</strong> Zuordnung zu Kostenstellen <strong>und</strong><br />
zu Kostenträgern die Lohnkosten in<br />
produktive <strong>und</strong> unproduktive Fertigungskosten<br />
unterschieden werden<br />
können, bis hin zur Ermittlung von<br />
Zuschlagssätzen für die unterschiedlichen<br />
Gemeinkosten.<br />
Für das Unternehmen können somit<br />
eigene St<strong>und</strong>enverrechnungssätze<br />
<strong>und</strong> Verkaufspreise ermittelt werden,<br />
denn die Kostenstruktur ist in<br />
jedem Unternehmen unterschiedlich.<br />
Durch eine entsprechende Nachkalkulation<br />
kann nach Beendigung eines<br />
Auftrags geprüft werden, ob <strong>der</strong><br />
Auftrag mit dem geplanten Gewinn<br />
auch realisiert werden konnte.<br />
In <strong>der</strong> Betriebswirtschaftlichen Auswertung<br />
aus <strong>der</strong> Finanzbuchhaltung<br />
ist nur das gesamte Betriebsergebnis<br />
ersichtlich, nicht jedoch <strong>der</strong> einzelne<br />
Auftrag. Weil Fehler gar nicht<br />
bekannt sind, können auch keine<br />
Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen werden.<br />
Unter Umständen laufen verlustträchtige<br />
Aufträge über lange Zeit<br />
weiter.<br />
Buchhalter kann als externer<br />
Controller fungieren<br />
Die wirtschaftliche Dynamik zwingt<br />
alle Unternehmen, in zunehmendem<br />
Maße kurz- <strong>und</strong> mittelfristige<br />
Entscheidung zu treffen. In großen<br />
Unternehmen übernimmt das Controlling<br />
eine Stabsstellenfunktion <strong>und</strong><br />
liefert wichtige Entscheidungsdaten.<br />
Kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />
haben keinen Controller, müssen<br />
aber ebenso agieren können.<br />
Rentabilitätsberechnungen, eine<br />
Break-Even-Point-Analyse o<strong>der</strong> eine<br />
Budgetierung mit Soll-Ist-Vergleichen,<br />
können den Unternehmer<br />
wirksam unterstützen. Alle diese<br />
Auswertungen kann ein Buchhalter<br />
aufstellen.<br />
Letztendlich ist <strong>der</strong> Fachkräftemangel<br />
überall in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
angekommen. Der demographische<br />
Wandel führt dazu, dass die Unternehmen<br />
<strong>der</strong> Problematik des Personalmanagements<br />
mehr Augenmerk<br />
schenken müssen. Haben noch bis<br />
vor fünf Jahren junge Menschen einen<br />
Ausbildungsplatz dringend gesucht,<br />
so ist es mittlerweile so, dass<br />
die Unternehmen hän<strong>der</strong>ingend nach<br />
Auszubildenden suchen.<br />
Sicherlich sind die Gehaltsperspektiven<br />
ein entscheiden<strong>der</strong> Faktor,<br />
aber soziale Komponenten gewinnen<br />
enorm an Bedeutung. Auch bei Fragen<br />
r<strong>und</strong> um das Personalmanagement<br />
können Buchhalter maßgeblich<br />
mitwirken.<br />
Da <strong>der</strong> Buchhalter die Lohnabrechnung<br />
erstellt, kann er hier auch bei<br />
Personalgesprächen mit hinzugezogen<br />
werden. Fragen zur Lohnabrechnung<br />
an sich kann er gut<br />
beantworten. Beispielsweise hat die<br />
Wahl <strong>der</strong> Steuerklasse, die durch ein<br />
Ehepaar vorgenommen wird, unter<br />
Umständen eine große Auswirkung.<br />
Wird ein Arbeitnehmer statt mit <strong>der</strong><br />
Steuerklasse IV mit <strong>der</strong> Steuerklasse<br />
V abgerechnet, so bedeutet dies für<br />
ihn ein viel geringeres Nettoentgelt.<br />
An<strong>der</strong>erseits ist es auch notwendig,<br />
die Auswirkung von unproduktiven<br />
Zeiten o<strong>der</strong> Lohnerhöhungen auf die<br />
Kostenstruktur eines Unternehmens<br />
<strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Marktfähigkeit, Arbeitnehmern<br />
zu erläutern. Gemeinsam<br />
können Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />
nach Möglichkeiten suchen.<br />
Gerade die Bereiche Gastronomie<br />
<strong>und</strong> Pflegeeinrichtungen erfor<strong>der</strong>n<br />
von Arbeitnehmern eine hohe Flexibilität<br />
bei <strong>der</strong> Arbeitszeit.<br />
Zuschüsse für Sonn-, Feiertags- <strong>und</strong><br />
Nachtarbeit werden oftmals noch<br />
viel zu wenig genutzt. Ein weiteres-<br />
Beispiel wäre die Zahlung eines Zuschusses<br />
für die Unterbringung von<br />
nicht schulpflichtigen Kin<strong>der</strong>n in einer<br />
Tageseinrichtung. Eltern können<br />
dadurch Arbeit <strong>und</strong> Familie besser<br />
vereinbaren. Der Buchhalter weiß,<br />
unter welchen Bedingungen Zahlungen<br />
erfolgen können <strong>und</strong> kann<br />
mit <strong>der</strong> Unternehmensleitung die<br />
Voraussetzungen für die Umsetzung<br />
schaffen.<br />
Der Mehrnutzen liegt in <strong>der</strong><br />
Kooperation<br />
Ziel sollte es sein, dass Steuerberater<br />
<strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> gemeinsam als<br />
Dienstleister für die Unternehmen<br />
<strong>und</strong> damit für die Wirtschaft auftreten.<br />
Konkurrenzdenken, Bevorteilung<br />
o<strong>der</strong> Billigarbeiten sind fehl am<br />
Platz.<br />
Ohne ein korrektes Rechnungswesen<br />
ist keine Steuerberatung möglich, ohne<br />
gute Steuerberatung ist <strong>der</strong> wirtschaftliche<br />
Erfolg von Unternehmen<br />
gefährdet.<br />
<<br />
Über die Autorin:<br />
Bärbel Ettig ist geprüfte <strong>Bilanzbuchhalter</strong>in<br />
<strong>und</strong> Betriebswirtin. Seit 1995<br />
ist sie selbstständig sowie als Dozentin<br />
für den Bereich Rechnungswesen<br />
tätig. Seit 2008 ist sie Mitglied im<br />
Präsidium des <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>es <strong>der</strong><br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller e.V.<br />
(BVBC) <strong>und</strong> seit April 2012 Präsidentin<br />
des BVBC.<br />
38<br />
bilanz + buchhaltung
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />
Persönliches<br />
ReWeCo 2013<br />
„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />
Die ReWeCo 2013, ein Kongress mit begleiten<strong>der</strong> Fachmesse, lockte vom 23. bis zum 25. Mai<br />
r<strong>und</strong> 250 Experten aus dem Rechnungswesen in die Taunusstadt Bad Soden. Der Veranstalter<br />
BVBC nutzte seinen Jahreskongress, um eine neue Initiative für ein deutsches <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />
zu starten. Ein Veranstaltungsbericht.<br />
von Udo Reuß, Chefredakteur „bilanz + buchhaltung“<br />
Berufsrechtliche Grenzen<br />
erschweren die<br />
Berufsausübung durch <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
<strong>und</strong> gezielte Kooperationen<br />
mit Steuerkanzleien. So<br />
erklärte <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> Chris<br />
tian Schnei<strong>der</strong> aus Moers, wie die<br />
Steuerberaterkammer Düsseldorf,<br />
ihn abmahnte. Diese störte sich beispielsweise<br />
daran, dass Schnei<strong>der</strong> in<br />
seinem Eintrag auf dem Selbstständigen-Portal<br />
www.bvbc-expert.de<br />
„Kooperationen mit Steuerberatern“<br />
erwähnte. Er ersetzte daraufhin<br />
„Kooperation“ durch das Wort „Mitarbeit“.<br />
Des Weiteren monierte die<br />
Kammer, dass er im elektronischen<br />
Branchenverzeichnis „Goyellow“ unter<br />
den Stichworten „Buchhaltung“<br />
<strong>und</strong> „Rechnungswesen“ zu finden<br />
war. Diesen Eintrag löschte er. Weitere<br />
Kritikpunkte <strong>der</strong> Steuerberaterkammer<br />
konnten ohne Än<strong>der</strong>ungen<br />
abgewehrt werden.<br />
„Mich erinnert dieses Vorgehen an<br />
die Inquisition im Mittelalter“, fasste<br />
Schnei<strong>der</strong> seine Erfahrungen zusammen.<br />
Mithilfe <strong>der</strong> vom BVBC empfohlenen<br />
Anwaltskanzlei Schiffer &<br />
Partner konnte er sich <strong>der</strong> teilweise<br />
haltlosen Abmahnung erfolgreich<br />
erwehren. BVBC-Präsidentin Bärbel<br />
Ettig erklärte, dass insbeson<strong>der</strong>e die<br />
Steuerberaterkammer Düsseldorf<br />
immer wie<strong>der</strong> versucht, <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
abzumahnen. Um dem etwas<br />
entgegenzusetzen, half <strong>der</strong> Verband<br />
Schnei<strong>der</strong> bei seiner Gegenwehr.<br />
„Unter den geltenden berufsrechtlichen<br />
Einschränkungen leiden nicht<br />
nur 180.000 <strong>Bilanzbuchhalter</strong>, son<strong>der</strong>n<br />
auch über 3,2 Millionen Kleinunternehmen“,<br />
monierte Ettig. Daher<br />
will <strong>der</strong> Verband ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />
nach österreichischem Vorbild.<br />
Entwurf eines <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes<br />
wird entwickelt<br />
Dr. Friedrich Bock, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Paritätischen Kommission Bilanzbuchhaltungsberufe<br />
in Österreich, ist<br />
Wegbereiter des seit 2006 geltenden<br />
österreichischen <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes<br />
<strong>und</strong> berichtete in Bad Soden<br />
über die Erfahrungen im Nachbarland.<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> werden dort nach<br />
einer erfolgreichen Fachprüfung öffentlich<br />
bestellt. Sie sind gesetzlich<br />
zur Weiterbildung verpflichtet <strong>und</strong><br />
müssen eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung<br />
abschließen.<br />
Seit Anfang dieses Jahres wurde die<br />
Trennung zwischen gewerblichen<br />
<strong>und</strong> selbstständigen Buchhaltern mit<br />
<strong>der</strong> Zugehörigkeit zu unterschiedlichen<br />
Kammern aufgehoben. Nunmehr<br />
gibt es drei Berufsgruppen: die<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong>, Buchhalter (ohne<br />
Bilanzierungsbefugnisse) <strong>und</strong> die<br />
Personalverrechner. Der Berechtigungsbereich<br />
<strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
ist deutlich weiter als in Deutschland<br />
<strong>und</strong> wurde Anfang 2013 bezüglich<br />
<strong>der</strong> Steuerbilanzerstellung nochmals<br />
erweitert. Erlaubt ist z. B. die Vertretung<br />
in Abgaben- <strong>und</strong> Abgabenstrafverfahren,<br />
die Vertretung <strong>und</strong> Abgabe<br />
von Umsatzsteuervoranmeldungen<br />
<strong>und</strong> die Erstellung von Bilanzen nach<br />
Handelsrecht. Derzeit hätten r<strong>und</strong> 25<br />
österreichische <strong>Bilanzbuchhalter</strong> von<br />
<strong>der</strong> Steuerberaterkammer München<br />
die Erlaubnis, in Deutschland tätig zu<br />
sein, teilte Bock mit.<br />
„Inlän<strong>der</strong>diskrimierung <strong>der</strong> deutschen<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong>“<br />
Faktisch gäbe es für deutsche <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
eine Inlän<strong>der</strong>diskriminierung.<br />
Augenzwinkernd wies Bock<br />
darauf hin, dass sich ein deutscher<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> an einer österreichischen<br />
Buchhaltungsgesellschaft<br />
mit Tätigkeit in Deutschland beteiligen<br />
könnte, um so auf die Brisanz<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Der BVBC will unterdessen seinen<br />
Diskussionsentwurf für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />
mit einer in Bad Soden<br />
neu gegründeten Arbeitsgruppe<br />
weiterentwickeln. Ziel ist ein ausformuliertes<br />
Gesetz, das die Zulassung,<br />
Bestellung <strong>und</strong> die Befugnisse für<br />
<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> auch für Steuerfachangestellte,<br />
Steuerfachwirte<br />
sowie Buchhalter regelt. Für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> BVBC konkret:<br />
Bilanzerstellung bis zu einem Umsatz<br />
von 360.000 Euro,<br />
Erstellen von Einnahmen-Überschussrechnungen<br />
nach § 4 Abs.<br />
3 EStG,<br />
Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen<br />
<strong>und</strong> die<br />
Einrichtung <strong>der</strong> Buchführung.<br />
Diese For<strong>der</strong>ungen stehen auf einer<br />
vom BVBC entwickelten roten Karte<br />
mit dem Slogan: „<strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 39
Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />
Persönliches<br />
können das!“. Diese Karte soll an politische<br />
Entscheidungsträger geschickt<br />
werden, um den Kampf für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />
zu forcieren.<br />
Bilanzanalyse <strong>und</strong> Strukturbilanz als<br />
Aufgaben für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
Dass das lebenslange Lernen eine<br />
Daueraufgabe für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
ist, zog sich wie ein roter Faden<br />
durch das Kongressprogramm. Prof.<br />
Dr. Klaus Hahn, Studiengangsleiter<br />
an <strong>der</strong> Dualen Hochschule Baden-<br />
Württemberg, erklärte anhand von<br />
Fallbeispielen bilanzpolitische <strong>und</strong><br />
bilanzanalytische Gestaltungen in<br />
HGB-Abschlüssen.<br />
Er resümierte: „Die bilanzanalytische<br />
Aufbereitung ist durch das BilMoG<br />
schwieriger geworden.“ Einfach zu<br />
entschlüsselnde explizite Wahlrechte<br />
wurden abgeschafft. Neu eingeführt<br />
wurden Bilanzierungs- <strong>und</strong><br />
Bewertungsvorschriften, die mit umfangreichen<br />
Ermessens-, Schätz- <strong>und</strong><br />
Prognosespielräumen verb<strong>und</strong>en<br />
sind. „Diese können aus externer<br />
Sicht nur schwer entschlüsselt werden“,<br />
ergänzte Hahn.<br />
Er meinte, dass eine um bilanzpolitische<br />
Maßnahmen korrigierte<br />
Strukturbilanz zu erstellen, eine herausfor<strong>der</strong>nde<br />
Aufgabe für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />
sei. Wenn latente Steuern<br />
aktiviert wurden, dann sei die Strukturbilanz<br />
deutlich komplizierter als<br />
in <strong>der</strong> Zeit vor dem BilMoG.<br />
Auch Preise wurden verliehen. Für<br />
die beste <strong>Bilanzbuchhalter</strong>prüfung<br />
2012 wurde Simon Ackermann, für<br />
die bes-te Controllerprüfung Heike<br />
Gießler ausgezeichnet. Den Controller-Ehrenpreis<br />
2013 <strong>der</strong> BVBC-<br />
Stiftung bekam Prof. Dr. Volker<br />
Peemöller. Er hielt einen Vortrag<br />
über die Auswirkungen auf Unternehmenswerte<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Euro-<br />
Krise <strong>und</strong> des niedrigen Zinsniveaus.<br />
Mutigere Wirtschaftspolitik soll<br />
Finanzkrise stoppen<br />
Die Entwicklung <strong>der</strong> Finanzkrise<br />
von 2008 bis heute anschaulich dargestellt<br />
hat Prof. Dr. Michael Grote<br />
von <strong>der</strong> Frankfurt School of Finance<br />
& Management. Er schlussfolgerte,<br />
dass die <strong>der</strong>zeitige Sparpolitik in den<br />
südeuropäischen Krisenstaaten nicht<br />
fortgeführt werden sollte. Er empfahl<br />
<strong>der</strong> Wirtschaftspolitik mehr Mut zu<br />
einer vorübergehend höheren Verschuldung<br />
<strong>und</strong> Inflationsrate sowie<br />
höheren Löhnen in Deutschland. Nur<br />
so könne die Abwärtsspirale in Europa<br />
beendet werden.<br />
Auch zahlreiche Aussteller hielten<br />
messebegleitend weitere Vorträge,<br />
etwa über Bewerbungsstrategien,<br />
Online-Reisekostenabrechnung o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Softwarelösungen. Die nächste<br />
Kongressmesse ReWeCo findet<br />
wie<strong>der</strong> in Bad Soden statt - vom 15.<br />
bis zum 17. Mai 2014. <<br />
Impressum<br />
bilanz + buchhaltung / ISSN: 0930-0599, Heft 6/2013, 59. Jahrgang<br />
Redaktion: Chefredakteur: Dipl.-Kfm. Udo Reuß, Wirtschaftsjournalist, udo@udoreuss.de, Tel.: 09382 31 871-15, Fax: -20,<br />
Philipp-Stöhr-Weg 18, 97447 Gerolzhofen, www.udoreuss.de<br />
Autoren dieser Ausgabe: StB Wilhelm Krudewig, Karl Birgel, Reinhard Bleiber, Bärbel Ettig, Dieter Krieger, Wolfgang Macht, WP/StB/RA/FAStR<br />
Prof. Dr. Thomas Küffner, StB Hans Walter Schoor, Dr. Ulrich Dürr, Dr. Markus Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller<br />
Verlag:<br />
Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg<br />
Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg<br />
Registergericht Freiburg, HRA 4408<br />
Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs-GmbH, Sitz Freiburg, Registergericht Freiburg, HRB 5557, Martin Laqua<br />
Geschäftsführung: Isabel Blank, Markus Dränert, Jörg Frey, Birte Hackenjos, Randolf Jessl, Matthias Mühe, Markus<br />
Reithwiesner, Joachim Rotzinger, Dr. Carsten Thies<br />
Beiratsvorsitzende: Andrea Haufe<br />
Steuernummer: 06392/11008<br />
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 812398835<br />
Grafik/Layout: Helmut Kammerer, Excite Design, Freiburg, www.excite-design.de<br />
Druck:<br />
Druckerei Stückle<br />
Anzeigen:<br />
Anzeigenverkaufsleiter: Bernd Junker, Tel.: 0931/27 915 56, verantwortlich für Anzeigen, Fax: -477, E-Mail: Bernd.Junker@haufe-lexware.com<br />
Anzeigendisposition: Christine Wolz, Tel.: 0931/27 914 72, Fax: 477, E-Mail: Christine.Wolz@haufe-lexware.com<br />
Erscheinungsweise: 11 x im Jahr<br />
Abo-Service:<br />
Haufe Service Center GmbH, Postfach, 70091 Freiburg<br />
Telefon 0800 7234 253, Fax: 0800 5050 446, E-Mail: Zeitschriften@haufe.de<br />
Bezugspreis:<br />
Jahresabonnement Inland: 216,00 Euro (MwSt. <strong>und</strong> Versand inklusive)<br />
In den mit Namen versehenen Beiträgen wird die Meinung <strong>der</strong> Autoren wie<strong>der</strong>gegeben. Nachdruck <strong>und</strong> Speicherung in elektronischen Medien<br />
nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags <strong>und</strong> unter voller Quellenangabe. Für eingesandte Manuskripte <strong>und</strong> Bildmaterialien, die nicht<br />
ausdrücklich angefor<strong>der</strong>t wurden, übernimmt <strong>der</strong> Verlag keine Haftung.<br />
40<br />
bilanz + buchhaltung