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bilanz+buchhaltung - Bundesverband der Bilanzbuchhalter und ...

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ilanz+buchhaltung<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen<br />

www.haufe.de/finance<br />

6/2013<br />

Pensionsrückstellungen Was bei Pensionsverpflichtungen zu beachten ist 12<br />

GoBD Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur DV-gestützten Buchführung 16<br />

Bilanzgestaltung Eine Aufgabe für das ganze Jahr 18<br />

Ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellung für Produkthaftung richtig berechnen 22<br />

Kooperation <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater profitieren von Zusammenarbeit 36<br />

ReWeCo 2013 „<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“ - Kampf um ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz 39<br />

Mat.-Nr. 01186-5072<br />

Top-Thema<br />

Organschaft<br />

Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform - Handlungsbedarf bei <strong>der</strong> umsatzsteuerlichen Organschaft 26


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Berufsrecht<br />

„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />

In ihrem Gastbeitrag auf Seite 36 stellt Bärbel Ettig<br />

dar, wie Steuerberater <strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> erfolgreich<br />

miteinan<strong>der</strong> zusammenarbeiten können.<br />

Gemeinsam können sie <strong>der</strong> mittelständischen<br />

Wirtschaft ein praxisgerechtes <strong>und</strong> hochwertiges<br />

Dienstleistungsspektrum anbieten. Die Präsidentin<br />

des <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>s <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller<br />

(BVBC) nennt jedoch auch die zahlreichen<br />

rechtlichen Beschränkungen für <strong>Bilanzbuchhalter</strong>,<br />

wodurch <strong>der</strong>en Berufsausübung stark begrenzt wird.<br />

Ein Blick ins Nachbarland Österreich zeigt, dass insbeson<strong>der</strong>e kleinere Unternehmen<br />

von mehr Befugnissen <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> profitieren. Bereits 2006<br />

wurde dort ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz eingeführt, das den Berufszugang <strong>und</strong><br />

die Aufsicht klar regelt. Seit Jahresanfang 2013 haben die österreichischen<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> bezüglich <strong>der</strong> Erstellung von Steuerbilanzen deutlich erweiterte<br />

Rechte erhalten.<br />

Bewun<strong>der</strong>nd blicken daher deutsche <strong>Bilanzbuchhalter</strong> auf ihre EU-Nachbarn.<br />

Auf seinem Jahreskongress vom 23. bis 25. Mai startete <strong>der</strong> BVBC eine neue politische<br />

Initiative: Der Verband kämpft – zusammen mit dem Buchhalterverband<br />

b.b.h. – für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz in Deutschland. In den letzten Wochen<br />

wurde eine Diskussionsgr<strong>und</strong>lage erstellt – nach österreichischem Modell. Beim<br />

Kongress in Bad Soden wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die dieses Papier<br />

weiterentwickeln soll. Ziel ist ein ausformulierter Entwurf eines <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes,<br />

das den Berechtigungsumfang für mehrere Berufe regelt: <strong>Bilanzbuchhalter</strong>,<br />

Steuerfachangestellte/Steuerfachwirte <strong>und</strong> Buchhalter.<br />

Um die For<strong>der</strong>ungen nach erweiterten Befugnissen für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

demonstrativ zu unterstreichen, hat <strong>der</strong> BVBC eine rote Karte unter dem Motto<br />

„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“ entwickelt. Diese wird an politische Entscheidungsträger<br />

<strong>und</strong> Kammern verschickt. Welche For<strong>der</strong>ungen diese enthält, lesen<br />

Sie in meinem Veranstaltungsbericht über die ReWeCo 2013 auf Seite 39.<br />

Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen<br />

Udo Reuß, Chefredakteur<br />

udo@udoreuss.de<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 1


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

6/2013<br />

Inhalt<br />

Kompakt<br />

3 Pensionszusagen<br />

Probezeiten genau beachten<br />

4 Arbeitgeberleistungen<br />

Wann steuerbegünstigte Gehaltsextras vorliegen<br />

22 Ungewisse Verbindlichkeiten – Rückstellung für<br />

Produkthaftung richtig berechnen<br />

Aufwendungen in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Produkthaftung<br />

sind als Betriebsausgaben abziehbar. Die<br />

frühzeitige Rückstellungsbildung beim Bekanntwerden<br />

von Schadensfällen ist sowohl handels- als auch<br />

steuerrechtlich zu empfehlen. Die dazu erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Voraussetzungen werden im Beitrag erläutert.<br />

5 Private Kfz-Nutzung<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an elektronische Fahrtenbücher<br />

<br />

Steuern<br />

Buchhaltung<br />

12 Pensionsrückstellungen – Was bei Rückstellungen<br />

für Pensionsverpflichtungen zu beachten ist<br />

Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen<br />

zu bilden. Es handelt sich hierbei um Rückstellungen<br />

für ungewisse Verbindlichkeiten.<br />

Wie diese richtig zu buchen sind, zeigt dieser Beitrag.<br />

16 GoBD – Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur DVgestützten<br />

Buchführung<br />

Das BMF hat einen Entwurf zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen zur<br />

ordnungsmäßigen Führung <strong>und</strong> Aufbewahrung von<br />

Büchern, Aufzeichnungen <strong>und</strong> Unterlagen in elektronischer<br />

Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ erstellt.<br />

Diese sollen die bisherigen Verwaltungsschreiben zu<br />

den GoBS <strong>und</strong> GDPdU ablösen. Eine erste Analyse.<br />

Topthema Organschaft<br />

26 Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform<br />

In Fällen <strong>der</strong> Organschaft übernimmt <strong>der</strong> Organträger<br />

(OT) das Jahresergebnis <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

(OG); dadurch wird die Besteuerung einer Firma (OG)<br />

letztendlich bei einem zweiten Unternehmen (OT)<br />

vorgenommen. Hierbei ist zwischen Körperschaft-,<br />

Gewerbe- <strong>und</strong> Umsatzsteuer zu unterscheiden. Im<br />

Februar 2013 wurde eine gesetzliche Reform verabschiedet,<br />

die vor allem steuerliche Än<strong>der</strong>ungen beim<br />

Auslandsbezug regelt.<br />

34 Umsatzsteuer – Handlungsbedarf bei Organschaften<br />

Das BMF hat mit Schreiben vom 7.3.2013 die lang<br />

ersehnte Anweisung zur umsatzsteuerrechtlichen<br />

Organschaft erlassen. Es än<strong>der</strong>t seine Auffassung zum<br />

Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung.<br />

Bilanzierung<br />

18 Bilanzgestaltung – Eine Aufgabe für das ganze Jahr<br />

Die Unternehmensbilanz bildet die Gr<strong>und</strong>lage für<br />

wichtige Finanzkennzahlen, die etwa von Banken <strong>und</strong><br />

Gesellschaftern berechnet werden. Die Vergabe von<br />

Krediten, die Gewinnentnahme o<strong>der</strong> das Rating zur<br />

Ermittlung von Zinshöhen hängen maßgeblich von<br />

Kennzahlen wie Eigenkapitalquote o<strong>der</strong> Verschuldungsgrad<br />

ab. Üblicherweise wird am Jahresende versucht,<br />

die Bilanz im Rahmen des Erlaubten so zu gestalten,<br />

dass die Kennzahlen hilfreiche Ergebnisse liefern. Das<br />

ist zu spät.<br />

Persönlich<br />

36 Kooperation – <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater<br />

profitieren von Zusammenarbeit<br />

Eine enge Kooperation von <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n <strong>und</strong><br />

Steuerberatern eröffnet vielfältige Synergien. Gemeinsam<br />

können sie Unternehmen ein praxisgerechtes <strong>und</strong><br />

hochwertiges Dienstleistungsspektrum anbieten.<br />

39 ReWeCo 2013 – „<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />

Auf seinem Jahreskongress gab <strong>der</strong> BVBC den Startschuss<br />

für eine neue politische Initiative. Ziel: ein<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz.<br />

40 Impressum<br />

2<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Pensionszusagen<br />

Probezeiten genau beachten<br />

Was für Arbeitnehmer die gesetzliche<br />

Rente ist, sind für viele GmbH-Geschäftsführer<br />

Betriebsrenten. Gerade<br />

geschäftsführende Gesellschafter<br />

ertragsstarker Unternehmen sorgen<br />

über eine Pensionszusage fürs Alter<br />

vor. Für r<strong>und</strong> zwei Drittel aller mittelständischen<br />

Unternehmen sind<br />

Betriebsrenten eine interessante Option,<br />

schätzt die Wirtschaftskanzlei<br />

DHPG. Alle damit verb<strong>und</strong>enen Aufwendungen<br />

sind als Betriebsausgabe<br />

absetzbar.<br />

Die aktuelle Rechtsprechung erfor<strong>der</strong>t<br />

für Betriebsrenten jetzt ein erhöhtes<br />

Augenmerk. Wer kürzlich eine<br />

Pensionszusage vereinbart hat, sollte<br />

die neuen steuerlichen Vorgaben beachten.<br />

Denn die Finanzverwaltung<br />

hat die Bedingungen zu Warte- <strong>und</strong><br />

Probezeit deutlich verschärft. „Bis<br />

zu 75 Prozent <strong>der</strong> Pensionszusagen<br />

weisen Fehler auf“, warnt Jochen J.<br />

Muth, Steuerberater <strong>der</strong> DHPG in<br />

Euskirchen. „Unternehmen sollten<br />

dringend ihre Pensionszusagen regelmäßig<br />

auf den Prüfstand stellen.“<br />

Gr<strong>und</strong>lage ist ein Schreiben <strong>der</strong><br />

Finanzverwaltung, das zu einem Urteil<br />

des B<strong>und</strong>esfinanzhofs Stellung<br />

nimmt (BFH, I R 78/08). Die Crux:<br />

Die Finanzbehörden wenden die<br />

verschärften Bedingungen des BFH<br />

nun rückwirkend für alle Pensionszusagen<br />

an, die seit dem 29.7.2010<br />

geschlossen wurden. An diesem Tag<br />

wurde das BFH-Urteil online veröffentlicht.<br />

Wer gegen die neuen Vorschriften<br />

verstößt, muss mit erheblichen<br />

finanziellen Einbußen rechnen. Die<br />

Finanzverwaltung erkennt Pensionszusagen<br />

nur an, wenn im Vorfeld<br />

eine angemessene Probezeit eingehalten<br />

wird (siehe Praxis-Hinweis).<br />

Bislang hielt sich <strong>der</strong> Schaden in<br />

Grenzen. Die Steuerprüfer durften<br />

die Betriebsausgaben nur für die<br />

ersten Jahre <strong>der</strong> Probezeit reduzieren.<br />

Wer jetzt gegen die Vorgaben<br />

verstößt, verliert alle Steuervorteile.<br />

„Pensionszusagen sind ein für<br />

alle Mal vergiftet“, mahnt DHPG-<br />

Steuerberater Muth. „Das Finanzamt<br />

streicht alle Pensionsrückstellungen<br />

in <strong>der</strong> Steuerbilanz <strong>und</strong> wertet eine<br />

spätere Auszahlung als verdeckte<br />

Gewinnausschüttung.“<br />

Praxis-Hinweis<br />

Doch noch ist nichts verloren. Betroffene<br />

sollten schnell handeln <strong>und</strong> vertragliche<br />

Anpassungen vornehmen.<br />

Tipp <strong>der</strong> DHPG: Geschäftsführer<br />

<strong>und</strong> Gesellschafter sollten steuerlich<br />

problematische Pensionszusagen<br />

vertraglich aufheben. Das Unternehmen<br />

muss dann die bereits getätigten<br />

Rückstellungen aus <strong>der</strong> Steuerbilanz<br />

tilgen, was den Steuervorteil bis<br />

auf weiteres auflöst. Eine genaue<br />

Berechnung bewahrt vor bösen Überraschungen.<br />

Nach Ablauf <strong>der</strong> vom<br />

BFH vorgeschriebenen Probezeiten<br />

kann die Gesellschafterversammlung<br />

die Pensionszusage erneut erteilen<br />

<strong>und</strong> zwar steuerwirksam. So<br />

sind die angestrebten Vorteile weitgehend<br />

gerettet.<br />

Ein Wermutstropfen bleibt: „Der<br />

Versicherungsschutz für den Geschäftsführer<br />

ist zwischenzeitlich<br />

eingeschränkt“, betont DHPG-Berater<br />

Muth. „Eine Hinterbliebenen- <strong>und</strong><br />

Invaliditätszusage ist oft unmittelbar<br />

mit <strong>der</strong> Pensionszusage verb<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> damit ebenfalls zeitweise außer<br />

Kraft.“ Angesichts <strong>der</strong> komplexen<br />

Bestimmungen empfiehlt es sich,<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich vor <strong>der</strong> Erteilung von<br />

Pensionszusagen steuerlichen Rat<br />

einzuholen. Nur so lassen sich alle<br />

Steuervorteile finanzamtssicher ausschöpfen.<br />

Quelle: DHPG<br />

Drum prüfe, wer sich ewig bindet<br />

Pensionszusagen für Gesellschafter-Geschäftsführer erfor<strong>der</strong>n eine erhöhte Vorsicht.<br />

Sonst werten die Finanzbehörden die Rückstellungen als verdeckte Gewinnausschüttung.<br />

Bei Vereinbarungen ab dem 29.7.2010 sind folgende Probezeiten<br />

unbedingt einzuhalten:<br />

5 Jahre: Viele Neugründungen scheitern schnell wie<strong>der</strong>. Erst nach einigen Jahren<br />

ist absehbar, ob Unternehmen sich dauerhaft am Markt behaupten können.<br />

Konsequenz: Neugründungen dürfen frühestens nach fünf Jahren eine Pensionszusage<br />

vereinbaren <strong>und</strong> damit langfristige Zahlungsverpflichtungen eingehen.<br />

2 bis 3 Jahre: Bei allen am Markt etablierten Unternehmen verlangt <strong>der</strong> Fiskus<br />

eine mindestens zweijährige Frist. Erst danach darf das Unternehmen eine Pensionszusage<br />

erteilen. Ausschlaggebend für die Höhe <strong>der</strong> Pension ist die Wirtschaftskraft<br />

des Unternehmens zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Vereinbarung.<br />

1 Jahr: Eine Son<strong>der</strong>stellung genießt ein „Management-Buy-Out“. Wenn ein leiten<strong>der</strong><br />

Angestellter das Unternehmen kauft <strong>und</strong> als Kapitalgesellschaft fortführt,<br />

muss er nur ein Jahr warten, bis er eine Pensionszusage vereinbaren kann. Der<br />

Fiskus geht in diesem Fall davon aus, dass <strong>der</strong> ehemalige Angestellte seine Qualifikation<br />

bereits bewiesen hat.<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 3


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Arbeitgeberleistungen<br />

Wann steuerbegünstigte Gehaltsextras vorliegen<br />

Die Finanzverwaltung sieht die in<br />

mehreren Steuerbefreiungs- <strong>und</strong><br />

Pauschalierungsvorschriften enthaltene<br />

Zusätzlichkeitsvoraussetzung<br />

bereits dann als erfüllt an, wenn die<br />

Leistung zum geschuldeten Arbeitslohn<br />

hinzukommt – <strong>und</strong> weicht damit<br />

von <strong>der</strong> neueren BFH-Rechtsprechung<br />

ab.<br />

Mit Urteilen vom 19.9.2012 – VI R<br />

54/11 <strong>und</strong> VI R 55/11 – hat <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esfinanzhof<br />

(BFH) entschieden, dass<br />

das in bestimmten lohnsteuerlichen<br />

Steuerbefreiungs- <strong>und</strong> Pauschalierungsvorschriften<br />

verwendete Tatbestandsmerkmal<br />

„zusätzlich zum<br />

ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“<br />

nur bei freiwilligen Arbeitgeberleistungen<br />

erfüllt sei. „Zusätzlich“ zum<br />

ohnehin geschuldeten Arbeitslohn<br />

werden nur freiwillige Leistungen<br />

erbracht; <strong>der</strong> „ohnehin geschuldete<br />

Arbeitslohn“ ist nach Ansicht des<br />

BFH <strong>der</strong> arbeitsrechtlich geschuldete<br />

Arbeitslohn.<br />

Die Urteile sind zu folgenden Vorschriften<br />

ergangen:<br />

§ 3 Nr. 33 EStG (Kin<strong>der</strong>gartenzuschüsse<br />

<strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>betreuungsleistungen<br />

des Arbeitgebers),<br />

§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG (IT-<br />

Leistungen des Arbeitgebers) <strong>und</strong><br />

§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG (Fahrtkostenzuschüsse<br />

für Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte).<br />

Zusätzliche Leistungen müssen nicht<br />

freiwillig sein<br />

Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung<br />

setzte das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich<br />

zum ohnehin geschuldeten<br />

Arbeitslohn“ lediglich voraus, dass<br />

die zweckbestimmte Leistung „zu<br />

dem Arbeitslohn hinzukommt, den<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeber aus an<strong>der</strong>en Gründen<br />

schuldet“ (vgl. BFH, Urteil vom<br />

15.5.1998, VI R 127/97, BStBl 1998<br />

II S. 518). Dass die zusätzliche Leistung<br />

auf freiwilliger Basis erfolgen<br />

muss, hat <strong>der</strong> BFH bisher nicht gefor<strong>der</strong>t.<br />

Mit den eingangs genannten<br />

Entscheidungen verschärfte <strong>der</strong> BFH<br />

somit die Anfor<strong>der</strong>ungen an die lohnsteuerlichen<br />

Vergünstigungen.<br />

Die Verwaltung sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung<br />

als erfüllt an<br />

– abweichend von <strong>der</strong> neuen BFH-<br />

Rechtsprechung -, wenn die zweckbestimmte<br />

Leistung zu dem Arbeitslohn<br />

hinzukommt, den <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />

arbeitsrechtlich schuldet (vgl. R 3.33<br />

Abs. 5 Satz 1 LStR 2011). Schädlich<br />

sind danach nur Gehaltsumwandlungen.<br />

Das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich<br />

zum ohnehin geschuldeten<br />

Arbeitslohn“ gilt nach dem neuen<br />

Erlass auch dann als erfüllt, wenn<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer arbeitsvertraglich<br />

o<strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> einer an<strong>der</strong>en arbeits-<br />

o<strong>der</strong> dienstrechtlichen Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />

einen Anspruch auf die<br />

zweckbestimmte Leistung hat.<br />

Quellen: BMF, Schreiben vom<br />

22.5.2013, IV C 5 – S 2388/11/10001-<br />

02); Haufe-Redaktion<br />

Praxis-Hinweis<br />

In den Urteilsfällen vereinbarte <strong>der</strong><br />

Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern<br />

neue Arbeitsverträge. Danach waren<br />

als Arbeitslohn – neben <strong>der</strong> Zahlung<br />

eines Bruttogehalts – monatliche<br />

Zusatzleistungen vereinbart. Die<br />

Finanzverwaltung ist zwar großzügiger<br />

als <strong>der</strong> BFH; sie wird aber<br />

auch in Zukunft solche Modelle nur<br />

anerkennen, wenn durch die Zusatzleistungen<br />

<strong>der</strong> bisher geschuldete<br />

Bruttoarbeitslohn übertroffen wird.<br />

Steuerliche Herstellungskosten<br />

Neuregelung belastet Unternehmen mit jährlich 1,5 Milliarden Euro<br />

Die geplante Einbeziehung von allgemeinen<br />

Verwaltungskosten <strong>und</strong><br />

weiterer Aufwendungen in die steuerlichen<br />

Herstellungskosten könnte<br />

die Unternehmen teuer zu stehen<br />

kommen. Eine Schätzung des Statistischen<br />

B<strong>und</strong>esamts (StBA) ergab,<br />

dass die beabsichtigte Neuregelung<br />

eine Belastung für die Unternehmen<br />

in Höhe von jährlich 1,5 Mrd. Euro<br />

verursacht.<br />

Der Deutsche Steuerberaterverband<br />

e.V. (DStV) hat bereits mehrfach die<br />

Pläne <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung zur Erweiterung<br />

des steuerlichen Herstellungskostenbegriffs<br />

kritisiert, da das<br />

Auseinan<strong>der</strong>fallen von Steuer- <strong>und</strong><br />

Handelsbilanz vor allem für Unternehmen<br />

zu einem enormen Bürokratie-<br />

<strong>und</strong> Mehraufwand führt.<br />

Wurde noch im Jahre 2009 mit dem<br />

Bilanzrechtsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetz<br />

(BilMoG) durch die Abschaffung<br />

nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte<br />

eine Entlastung für kleine <strong>und</strong> mittlere<br />

Unternehmen erreicht, so lässt die<br />

jüngste Maßnahme zur Anhebung<br />

<strong>der</strong> steuerlichen Untergrenze <strong>der</strong><br />

Herstellungskosten die Entbürokratisierungsbemühungen<br />

des BilMoG<br />

komplett ins Leere laufen.<br />

Trotz dieser Belastungen für die Unternehmen<br />

führt die Abschaffung<br />

des steuerlichen Aktivierungswahlrechts<br />

nicht einmal zu staatlichen<br />

Mehreinnahmen. Auch lässt sich die<br />

Än<strong>der</strong>ung nicht – wie im Bericht <strong>der</strong><br />

4<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

B<strong>und</strong>esregierung angeführt – durch<br />

die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esfinanzhofs<br />

begründen.<br />

Mittlerweile scheint die Finanzverwaltung<br />

zumindest ins Zweifeln<br />

gekommen zu sein. Zwar wurde die<br />

Neuregelung bereits im März dieses<br />

Jahres im B<strong>und</strong>essteuerblatt veröffentlicht.<br />

Gleichzeitig gab das BMF jedoch<br />

ein Nichtanwendungsschreiben<br />

gegen die „eigene“ Regelung heraus.<br />

Dieses „bewahrt“ die Unternehmen<br />

im Moment vor <strong>der</strong> zwingenden Anwendung<br />

<strong>der</strong> Vorschrift.<br />

Die im aktuellen Jahresbericht <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esregierung zum Bürokratieabbau<br />

veröffentlichte Schätzung des<br />

StBA unterstreicht die unbedingte<br />

For<strong>der</strong>ung des DStV, an einem Gleichlauf<br />

von Handels- <strong>und</strong> Steuerbilanz<br />

festzuhalten. Ideal wäre es, dem Vorschlag<br />

des Finanzausschusses des<br />

B<strong>und</strong>esrats zu folgen <strong>und</strong> die bisherige<br />

praxisbewährte Regelung gesetzlich<br />

zu verankern.<br />

Quelle: Pressemitteilung des DStV<br />

vom 17.5.2013<br />

Steuerbilanz<br />

Bewertung angeschaffter Pensionsrückstellungen<br />

Bisher vertrat die Finanzverwaltung<br />

diese Auffassung: Bei einer Übertragung<br />

einer Pensionsverpflichtung<br />

sind zwar zunächst die „Anschaffungskosten”<br />

anzusetzen, jedoch<br />

sind in den Folgejahren die steuerlichen<br />

Ansatz- <strong>und</strong> Bewertungsvorbehalte<br />

zu berücksichtigen. Deshalb<br />

kann es dann zu entsprechenden<br />

Praxis-Hinweis<br />

Gewinnen aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Auflösung<br />

<strong>der</strong> Pensionsrückstellung kommen.<br />

Der BFH hat nun klargestellt: Pensionsverpflichtungen,<br />

die im Rahmen<br />

eines Betriebsübergangs entgeltlich<br />

erworben wurden, sind mit ihren Anschaffungskosten<br />

<strong>und</strong> nicht mit dem<br />

Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG zu<br />

bewerten.<br />

Dies hat zur Folge dass auch in<br />

den Folgejahren entgegen <strong>der</strong> Auffassung<br />

<strong>der</strong> Finanzverwaltung die<br />

Pensionsverpflichtung als ungewisse<br />

Verbindlichkeit ausschließlich<br />

nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren<br />

Anschaffungskosten o<strong>der</strong> ihrem<br />

höheren Teilwert zu bewerten ist<br />

<strong>und</strong> nicht den steuerlichen Rückstellungsbeschränkungen<br />

nach § 6a<br />

EStG zu unterwerfen ist.<br />

Pensionsanwartschaften sind dagegen in <strong>der</strong> Handelsbilanz mit dem nach versicherungsmathematischen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen ermittelten abgezinsten Erfüllungsbeträgen<br />

zu bewerten <strong>und</strong> folglich, wenn sie von dem Betriebsübernehmer im Zuge<br />

des Unternehmenskaufs auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieser Werte „angeschafft“ werden,<br />

ebenfalls mit den tatsächlichen Verpflichtungswerten auszuweisen.<br />

Quelle: BFH, Urteil v. 12.12.2012, I<br />

R 69/11<br />

Autoren: Graf Kanitz Steuerberatungsgesellschaft<br />

mbH, Freiburg;<br />

Haufe-Redaktion<br />

Private Kfz-Nutzung<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an elektronische Fahrtenbücher<br />

Ein aktueller Verwaltungserlass gibt<br />

wichtige Hinweise für die steuerliche<br />

Anerkennung elektronischer<br />

Fahrtenbücher. Ein elektronisches<br />

Fahrtenbuch wird von <strong>der</strong> Finanzverwaltung<br />

nur anerkannt, wenn<br />

sich daraus dieselben Erkenntnisse<br />

wie aus einem manuell geführten<br />

Fahrtenbuch gewinnen lassen.<br />

Nachträgliche Verän<strong>der</strong>ungen müssen<br />

nach <strong>der</strong> Funktionsweise des<br />

verwendeten Programms technisch<br />

ausgeschlossen sein o<strong>der</strong> zumindest<br />

in ihrer Reichweite in <strong>der</strong> Datei<br />

selbst dokumentiert <strong>und</strong> offen gelegt<br />

werden. Nach diesen Maßstäben ist<br />

ein mit Excel geführtes Fahrtenbuch<br />

kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch<br />

(vgl. BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI<br />

R 64/04, BStBl 2006 II S. 410).<br />

Ergänzungen innerhalb von sieben<br />

Tagen vorzunehmen<br />

Allerdings lässt die Finanzverwaltung<br />

ausnahmsweise eine nachträgliche<br />

elektronische Ergänzung zu: Der<br />

Fahrer kann den dienstlichen Fahrtanlass<br />

innerhalb eines Zeitraums<br />

von bis zu sieben Kalen<strong>der</strong>tagen<br />

nach Abschluss <strong>der</strong> jeweiligen Fahrt<br />

in einem Webportal eintragen. Dabei<br />

müssen aber auch die Person <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Zeitpunkt <strong>der</strong> nachträglichen Eintragung<br />

im Webportal dokumentiert<br />

werden. Beim Ausdrucken von elektronischen<br />

Aufzeichnungen müssen<br />

nachträgliche Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

aufgezeichneten Angaben gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

technisch ausgeschlossen<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 5


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

sein – o<strong>der</strong> zumindest im System<br />

dokumentiert werden.<br />

Aufzeichnungen dürfen nachträglich<br />

nicht mehr verän<strong>der</strong>bar sein<br />

Die Finanzverwaltung hat nun darauf<br />

hingewiesen, dass die eindeutige<br />

Kennzeichnung einer geän<strong>der</strong>ten<br />

Eingabe sowohl in <strong>der</strong> Anzeige des<br />

elektronischen Fahrtenbuchs am<br />

Bildschirm als auch in seinem Ausdruck<br />

unverzichtbare Voraussetzung<br />

für die Anerkennung eines elektronischen<br />

Fahrtenbuchs ist. Es muss darüber<br />

hinaus sichergestellt sein, dass<br />

die Daten des elektronischen Fahrtenbuchs<br />

bis zum Ablauf <strong>der</strong> Aufbewahrungsfrist<br />

für ein Fahrtenbuch<br />

unverän<strong>der</strong>lich aufbewahrt <strong>und</strong> (ggf.<br />

wie<strong>der</strong> unverän<strong>der</strong>t) lesbar gemacht<br />

werden können. Bei eventuellen Än<strong>der</strong>ungen<br />

müssen die Än<strong>der</strong>ungshistorie<br />

mit Än<strong>der</strong>ungsdatum/-daten<br />

<strong>und</strong> (jeweils) ursprünglichem Inhalt<br />

ersichtlich sein. Auch die Än<strong>der</strong>ungshistorie<br />

darf nicht nachträglich<br />

verän<strong>der</strong>bar sein.<br />

Praxis-Hinweis<br />

Quelle: Oberfinanzdirektionen<br />

Rheinland <strong>und</strong> Münster, Kurzinfo<br />

für den Lohnsteuer-Außendienst Nr.<br />

02/2013 vom 18.2.2013<br />

Datenzugriff bei Betriebsprüfungen: Das im Rahmen einer Außenprüfung bestehende<br />

Datenzugriffsrecht <strong>der</strong> Finanzverwaltung erfasst auch elektronische<br />

Fahrtenbücher einschließlich <strong>der</strong> maschinellen Auswertbarkeit <strong>der</strong> Fahrtenbuchdaten.<br />

Dokumentation etwaiger GPS-Abweichungen: Bei einem elektronischen Fahrtenbuch<br />

sind die GPS-Ermittlung <strong>der</strong> Fahrtstrecken <strong>und</strong> die dadurch entstehende<br />

Abweichung vom Tachostand des Fahrzeugs gr<strong>und</strong>sätzlich unbedenklich. Die<br />

Finanzverwaltung empfiehlt aber den tatsächlichen Tachostand im Halbjahreso<strong>der</strong><br />

Jahresabstand zu dokumentieren.<br />

Fahrtenbuch auf Tauglichkeit prüfen (lassen): Für die Anerkennung einer<br />

elektronischen Fahrtenbuch-Software besteht kein Zertifizierungsverfahren. Die<br />

Ordnungsmäßigkeit elektronischer Fahrtenbücher bleibt deshalb immer einer<br />

Einzelfallprüfung vorbehalten, die regelmäßig im Rahmen <strong>der</strong> Lohnsteuer-Außenprüfung<br />

vorgenommen wird.<br />

Alternativ kann z. B. auch einen Monat lang das elektronische Fahrtenbuch geführt<br />

<strong>und</strong> dann dem Finanzamt zur Prüfung vorgelegt werden. So kann man sich<br />

vergewissern, ob das Finanzamt das (elektronische) Fahrtbuch anerkennt.<br />

Abgrenzung zu landwirtschaftlichen Einkünften<br />

Betreiben einer Biogasanlage als Gewerbebetrieb<br />

Wird <strong>der</strong> Betrieb durch die gewerbliche<br />

Betätigung (Biogasanlage) geprägt<br />

<strong>und</strong> stellt die Landwirtschaft<br />

lediglich eine untergeordnete Hilfstätigkeit<br />

dar, liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb<br />

vor, entschied <strong>der</strong> BFH.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Im Rahmen eines Streits um Kraftfahrzeugsteuerbefreiung<br />

war zu<br />

entscheiden, ob <strong>der</strong> Betreiber einer<br />

Biogasanlage eine Landwirtschaft<br />

o<strong>der</strong> einen Gewerbebetrieb unterhält.<br />

X betreibt mit selbst erzeugter Biomasse<br />

eine Biogasanlage <strong>und</strong> ein<br />

Blockheizkraftwerk zur Erzeugung<br />

von Strom, <strong>der</strong> in das öffentliche<br />

Netz eingespeist wird. Die gesamte<br />

Ernte wird zur Stromerzeugung verwertet.<br />

X beantragte für eine Zugmaschine,<br />

die er ausschließlich zum<br />

Grasmähen, Pflügen <strong>und</strong> Transport<br />

<strong>der</strong> Biomasse verwendet, die Befreiung<br />

von <strong>der</strong> Kraftfahrzeugsteuer. Das<br />

FA versagte die Steuerbefreiung, da<br />

kein land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlicher<br />

Betrieb, son<strong>der</strong>n ein einheitlicher<br />

Gewerbebetrieb vorliege. Diese Auffassung<br />

wurde vom FG <strong>und</strong> letztlich<br />

auch vom BFH bestätigt.<br />

Entscheidung<br />

Der BFH wies die Revision des X zurück.<br />

Die Steuerbefreiung gilt nur<br />

für Zugmaschinen, die ausschließlich<br />

in land- o<strong>der</strong> forstwirtschaftlichen<br />

Betrieben verwendet werden.<br />

Ein land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlicher<br />

Betrieb ist eine Betriebseinheit, in<br />

<strong>der</strong> Boden, Betriebsmittel <strong>und</strong> Arbeit<br />

zusammengefasst sind <strong>und</strong> planmäßig<br />

eingesetzt werden, um Güter zu<br />

erzeugen, zu verwerten o<strong>der</strong> Dienstleistungen<br />

bereitzustellen. Keine<br />

Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft, son<strong>der</strong>n<br />

ein einheitlicher Gewerbebetrieb<br />

liegt jedoch vor, wenn die land- <strong>und</strong><br />

forstwirtschaftliche Betätigung nur<br />

eine untergeordnete Hilfstätigkeit<br />

darstellt <strong>und</strong> die gewerbliche Betätigung<br />

dem Betrieb das Gepräge gibt.<br />

Dementsprechend liegt ein Gewerbebetrieb<br />

vor, wenn – wie im Streitfall<br />

– ein Land- <strong>und</strong> Forstwirt seine gesamte<br />

Ernte zur Energieerzeugung in<br />

einer Biogasanlage einsetzt <strong>und</strong> die<br />

erzeugte Energie entgeltlich an Dritte<br />

abgibt. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht dann<br />

die gewerbliche Tätigkeit <strong>der</strong> Energieerzeugung,<br />

die sich von <strong>der</strong> land<strong>und</strong><br />

forstwirtschaftlichen Erzeugung<br />

<strong>der</strong> Biomasse nicht ohne Nachteil<br />

für das Gesamtunternehmen trennen<br />

lässt <strong>und</strong> zur Qualifizierung des<br />

gesamten Betriebs als einheitlichen<br />

Gewerbebetrieb führt.<br />

6<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Bei einem einheitlichen Gewerbebetrieb<br />

erfüllt daher die Verarbeitungsstufe<br />

<strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Urproduktion für sich allein nicht die<br />

Merkmale eines land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichen<br />

Betriebs.<br />

Quelle: BFH, Urteil v. 6.3.2013, II R<br />

55/11, veröffentlicht am 22.5.2013<br />

Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />

Praxis-Hinweis<br />

Die Entscheidung ist – über den Bereich <strong>der</strong> Kraftfahrzeugsteuerbefreiung hinaus<br />

– allgemein bedeutsam für die ertragsteuerliche Abgrenzung zwischen Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Gewerbebetrieb. Die Erzeugung von Biogas erfolgt im Rahmen eines<br />

(den Einkünften aus Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft zuzuordnenden) Nebenbetriebs,<br />

wenn die Biomasse im Hauptbetrieb erzeugt wird <strong>und</strong> überwiegend zum Verkauf<br />

bestimmt ist. Die weitere Be- o<strong>der</strong> Verarbeitung des Biogases zu Energie stellt<br />

dagegen eine gewerbliche Betätigung dar.<br />

Gewerbesteuer<br />

Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb<br />

Prostituierte unterhalten mit ihrer<br />

Tätigkeit einen Gewerbebetrieb <strong>und</strong><br />

sind daher gewerbesteuerpflichtig,<br />

entschied <strong>der</strong> Große Senat des BFH<br />

<strong>und</strong> än<strong>der</strong>te damit seine aus dem Jahr<br />

1964 stammende Rechtsprechung.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Fraglich war, ob eine Prostituierte<br />

gewerbliche Einkünfte o<strong>der</strong> „sonstige<br />

Einkünfte“ erzielt. Bereits 1964<br />

hat sich <strong>der</strong> Große Senat des BFH mit<br />

<strong>der</strong> Frage befasst. Die Gewerblichkeit<br />

wurde damals verneint, weil es<br />

an <strong>der</strong> „Beteiligung am allgemeinen<br />

wirtschaftlichen Verkehr“ fehle (BFH<br />

v. 23.6.1964, GrS 1/64 S, BStBl III<br />

1964, 500).<br />

Das „älteste Gewerbe“ war danach –<br />

jedenfalls steuerrechtlich – gar kein<br />

Gewerbe. Die erzielten Einkünfte waren<br />

jedoch nicht steuerfrei, son<strong>der</strong>n<br />

wurden dem Auffangtatbestand <strong>der</strong><br />

Praxis-Hinweis<br />

sonstigen Einkünfte zugeordnet. Sie<br />

waren folglich einkommensteuerpflichtig,<br />

nicht aber gewerbesteuerpflichtig.<br />

An dieser Auffassung hält<br />

<strong>der</strong> Große Senat nicht mehr fest.<br />

Die Prostituierte P war im Streitjahr<br />

2006 selbstständig tätig <strong>und</strong> erzielte<br />

bei Einnahmen von r<strong>und</strong> 64.000 EUR<br />

<strong>und</strong> Betriebsausgaben von 26.000<br />

EUR einen Gewinn von 38.000 EUR.<br />

Das Finanzamt behandelte den Gewinn<br />

nicht – wie erklärt – als sonstige<br />

Einkünfte, son<strong>der</strong>n als Einkünfte<br />

aus Gewerbebetrieb <strong>und</strong> unterwarf<br />

ihn demzufolge (zusätzlich zur Einkommensteuer)<br />

<strong>der</strong> Gewerbesteuer.<br />

Streitgegenstand ist <strong>der</strong> Gewerbesteuermessbescheid.<br />

Das Finanzgericht<br />

gab <strong>der</strong> Klage unter Hinweis<br />

auf die bisherige Auffassung des BFH<br />

statt. Auf die Revision des Finanzamts<br />

legte <strong>der</strong> zuständige III. BFH-<br />

Der BFH bestätigt damit die einhellig in Verwaltung <strong>und</strong> Schrifttum vertretene<br />

Auffassung. Moralisch-ethische Einwände stehen <strong>der</strong> Besteuerung nicht entgegen.<br />

Die Steuer ist wertneutral. Eine gewerbliche Betätigung kann daher selbst<br />

dann vorliegen, wenn das Handeln verboten ist (was auf die Prostitution nicht<br />

zutrifft) o<strong>der</strong> als unsittlich angesehen wird, wobei in <strong>der</strong> Praxis das eigentliche<br />

Problem bei <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> Einnahmen liegen dürfte.<br />

Übrigens: Dass <strong>der</strong> BFH weiblich formuliert, bedeutet nicht, dass die Gr<strong>und</strong>sätze<br />

für an<strong>der</strong>e Formen nicht gelten würden. Man darf gespannt sein, inwieweit es<br />

den Kommunen gelingt, sich mit dieser neuen Steuerquelle zu sanieren.<br />

Senat die Frage dem Großen Senat<br />

des BFH vor.<br />

Entscheidung<br />

Unter Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> fast 50-jährigen<br />

Rechtsprechung bejaht <strong>der</strong> BFH nunmehr<br />

das für einen Gewerbebetrieb<br />

erfor<strong>der</strong>liche Merkmal <strong>der</strong> Beteiligung<br />

am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr: „Die Prostitution kann<br />

in Gestalt eines sich am wirtschaftlichen<br />

Verkehr beteiligenden Unternehmens<br />

betrieben werden.“ Zur<br />

Begründung verweist <strong>der</strong> Große Senat<br />

auf den Vorlagebeschluss des III.<br />

Senats. Dort wird auf die verän<strong>der</strong>ten<br />

Umstände – die weit verbreitete, nach<br />

außen hin erkennbare Bewerbung<br />

sexueller Dienstleistungen – hingewiesen.<br />

Eine Prostituierte, die ihr<br />

Angebot an eine unbestimmte Zahl<br />

möglicher K<strong>und</strong>en richtet, beteiligt<br />

sich am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr. Denn sie wendet sich an an<strong>der</strong>e<br />

Marktteilnehmer <strong>und</strong> erbringt<br />

ihre Leistungen in ihrer Eigenschaft<br />

als Marktteilnehmerin <strong>und</strong> nicht<br />

aus an<strong>der</strong>en Gründen. Ihre Tätigkeit<br />

dient <strong>der</strong> Gewinnerzielung <strong>und</strong> überschreitet<br />

den Rahmen einer privaten<br />

Vermögensverwaltung.<br />

Quelle: BFH, Beschluss v. 20.2.2013,<br />

GrS 1/12, veröffentlicht am 8.5.2013<br />

Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 7


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Drei-Objekt-Grenze<br />

Gewerblicher Gr<strong>und</strong>stückshandel bei Verkauf zur Vermeidung <strong>der</strong><br />

Zwangsversteigerung<br />

Wirtschaftliche Zwänge sind für<br />

die Zuordnung zum gewerblichen<br />

Gr<strong>und</strong>stückshandel o<strong>der</strong> zur Vermögensverwaltung<br />

unerheblich, entschied<br />

<strong>der</strong> BFH.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Zu entscheiden war, ob die sog.<br />

Drei-Objekt-Grenze überschritten<br />

ist, wenn die Veräußerung zur Abwendung<br />

einer vom FA angedrohten<br />

Zwangsversteigerung erfolgt ist.<br />

A war Allein- bzw. Miteigentümer<br />

zahlreicher Gr<strong>und</strong>stücke. Fünf<br />

Gr<strong>und</strong>stücke/Miteigentumsanteile<br />

veräußerte er nur deshalb, weil das<br />

FA diese wegen hoher Steuerverbindlichkeiten<br />

mit Sicherungshypotheken<br />

belastet <strong>und</strong> die Versteigerung<br />

angedroht hatte. Vier Gr<strong>und</strong>stücke<br />

wurden 1995 bzw. 1997 erworben<br />

<strong>und</strong> 1998 veräußert. Ein Gr<strong>und</strong>stück<br />

wurde 1988 erworben <strong>und</strong> ebenfalls<br />

1998 veräußert.<br />

Das FA ging von <strong>der</strong> Überschreitung<br />

<strong>der</strong> Drei-Objekt-Grenze aus <strong>und</strong> bejahte<br />

einen gewerblichen Gr<strong>und</strong>stückshandel.<br />

Das FG verneinte die<br />

Gewerblichkeit, da sich A wegen <strong>der</strong><br />

angedrohten Zwangsversteigerung<br />

<strong>der</strong> Veräußerung nicht habe entziehen<br />

können.<br />

Entscheidung<br />

Der BFH vertritt eine strengere Auffassung<br />

<strong>und</strong> hob das FG-Urteil auf.<br />

Praxis-Hinweis<br />

Nach <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

entwickelten Drei-Objekt-Grenze ist<br />

regelmäßig von einem gewerblichen<br />

Gr<strong>und</strong>stückshandel auszugehen,<br />

wenn innerhalb eines engen zeitlichen<br />

Zusammenhangs zwischen Anschaffung/Errichtung<br />

<strong>und</strong> Verkauf<br />

– d.h. innerhalb von etwa fünf Jahren<br />

– mindestens vier Objekte veräußert<br />

werden. Damit hat A bereits mit <strong>der</strong><br />

Veräußerung <strong>der</strong> vier Objekte (Erwerb<br />

1995/1997, Veräußerung 1998)<br />

die objektiven Voraussetzungen des<br />

gewerblichen Gr<strong>und</strong>stückshandels<br />

erfüllt. Ob auch das fünfte Objekt (Erwerb<br />

1988) durch Zuführung zum Betriebsvermögen<br />

einzubeziehen war,<br />

konnte offen bleiben. Der Fall wurde<br />

zur weiteren Sachverhaltsfeststellung<br />

an das FG zurückverwiesen.<br />

Die durch die Verkäufe indizierte Annahme,<br />

dass A bereits beim Erwerb<br />

mit bedingter Veräußerungsabsicht<br />

handelte, ist – entgegen <strong>der</strong> Auffassung<br />

des FG – nicht wi<strong>der</strong>legt. Denn<br />

die konkreten Anlässe für den Verkauf<br />

– z.B. Ehescheidung, Finanzierungsschwierigkeiten,<br />

Krankheit,<br />

Gefälligkeit, unerwartetes Kaufangebot<br />

– sagen im Allgemeinen nichts<br />

darüber aus, ob <strong>der</strong> Eigentümer nicht<br />

auch aus an<strong>der</strong>en Gründen zum Verkauf<br />

bereit gewesen wäre <strong>und</strong> somit<br />

von Anfang an eine zumindest bedingte<br />

Veräußerungsabsicht hatte.<br />

Das Gleiche gilt im Streitfall für den<br />

aus <strong>der</strong> Ankündigung <strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />

ausgeübten Druck.<br />

Quelle: BFH, Urteil v. 27.9.2012, III<br />

R 19/11, veröffentlicht am 8.5.2013<br />

Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />

Die Drei-Objekt-Grenze bedeutet einen Anscheinsbeweis, <strong>der</strong> den Schluss auf die<br />

innere Tatsache im Zeitpunkt des Erwerbs (<strong>der</strong> Bebauung/Erschließung) in bedingter<br />

Veräußerungsabsicht zulässt. Der Anscheinsbeweis kann nur durch den<br />

Nachweis eines atypischen Sachverhaltsverlaufs erschüttert werden. Dafür genügen<br />

jedoch bloße Absichtserklärungen o<strong>der</strong> nachträgliche Ereignisse (persönliche<br />

o<strong>der</strong> finanzielle Gründe) nicht, da sie keinen Hinweis auf die bedingte Veräußerungsabsicht<br />

beim Erwerb geben können. Die bedingte Veräußerungsabsicht<br />

muss für den Zeitpunkt des Erwerbs wi<strong>der</strong>legt werden. Dafür kommen in erster<br />

Linie Gestaltungen in Betracht, die in zeitlicher Nähe zum Erwerb stehen <strong>und</strong> eine<br />

Veräußerung innerhalb von fünf Jahren erschweren o<strong>der</strong> unwirtschaftlich machen,<br />

z.B. eine langfristige Vermietung, Finanzierung o<strong>der</strong> Nießbrauchsbelastung.<br />

Bilanzierung<br />

Beendigung <strong>der</strong> betrieblichen Nutzung eines Ehegatten-Gr<strong>und</strong>stücks<br />

Nutzt ein Unternehmer-Ehegatte ein<br />

gemeinsames Gebäudegr<strong>und</strong>stück,<br />

dessen Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten<br />

er über seinen halben<br />

Miteigentumsanteil hinaus getragen<br />

hat, für betriebliche o<strong>der</strong> berufliche<br />

Zwecke, ist seine Nutzungsbefugnis<br />

bilanztechnisch „wie ein materielles<br />

Wirtschaftsgut“ zu behandeln. Das<br />

hat zur Folge, dass er AfA auch hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten,<br />

die privatrechtlich<br />

auf den Nichtunternehmer-Ehegatten<br />

entfallen, vornehmen darf.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wird deswegen teilweise<br />

die Auffassung vertreten,<br />

dass, wenn <strong>der</strong> eigene Aufwand „bilanztechnisch<br />

wie ein materielles<br />

Wirtschaftsgut“ (Gebäude) behandelt<br />

wird, wodurch in erheblichem<br />

Umfang stille Reserven entstünden,<br />

8<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Praxis-Beispiel: Ende <strong>der</strong> Nutzung wegen Betriebsaufgabe<br />

A ist als Einzelunternehmer Inhaber einer Schreinerei. Das Unternehmen wird<br />

auf einem Gr<strong>und</strong>stück geführt, das im hälftigen Miteigentum des A <strong>und</strong> seiner<br />

Ehefrau E steht. Auf dem Gr<strong>und</strong>stück hatte A das für den Betrieb <strong>der</strong> Schreinerei<br />

notwendige Gebäude mit eigenen betrieblichen Mitteln hergestellt. Die Herstellungskosten<br />

wurden in vollem Umfang aktiviert <strong>und</strong> nach den für Gebäude geltenden<br />

Vorschriften abgeschrieben. Konkrete Vereinbarungen über die Nutzung<br />

des Gebäudes wurden zwischen den Eheleuten nicht getroffen. Ende 2012 hat A<br />

seinen Gewerbebetrieb aufgegeben. Der Restbuchwert des Gebäudes, soweit es<br />

im Eigentum des A steht, beträgt 60.000 EUR. Die Nutzungsbefugnis bezüglich<br />

des halben Miteigentumsanteils <strong>der</strong> E hat ebenfalls einen Buchwert von 60.000<br />

EUR. Der gemeine Wert des Gebäudes beträgt zum 31.12.2012 200.000 EUR.<br />

Das Finanzamt will die gesamten stillen Reserven von 80.000 EUR aufdecken,<br />

also auch insoweit, als sie auf den zivilrechtlich <strong>der</strong> E gehörenden Gebäudeteil<br />

entfallen.<br />

Nach älterer Rechtsprechung des<br />

BFH kann <strong>der</strong> Unternehmer-Ehegatte<br />

in den Fällen, in denen die vorzeitige<br />

Beendigung <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Nutzung z.B. wegen Betriebsveräußerung<br />

o<strong>der</strong> -aufgabe zum Wegfall<br />

<strong>der</strong> Nutzungsmöglichkeit führt, zwar<br />

eine gewinnmin<strong>der</strong>nde Ausbuchung<br />

in Höhe des Restbuchwerts vornehmen.<br />

Der hierdurch bedingten<br />

Gewinnmin<strong>der</strong>ung soll jedoch <strong>der</strong><br />

Wertausgleichsanspruch (§ 951 i. V.<br />

mit § 812 BGB) – gewinnerhöhend<br />

– gegenüberstehen, den <strong>der</strong> Unternehmer-Ehegatte<br />

gegen den an<strong>der</strong>en<br />

Ehegatten besitzt.<br />

dann auch diese stillen Reserven im<br />

Betriebsvermögen steuerverhaftet<br />

bleiben <strong>und</strong> im Fall <strong>der</strong> Beendigung<br />

des Nutzungsverhältnisses versteuert<br />

werden müssten (vgl. z.B. Kulosa,<br />

in Schmidt, 2013, § 7 Rz. 55). In<br />

dieser Frage hat <strong>der</strong> BFH jetzt für<br />

Rechtsklarheit gesorgt.<br />

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung<br />

des BFH, dass die Nutzungsbefugnis<br />

eines Steuerpflichtigen, <strong>der</strong><br />

über seinen Miteigentumsanteil hinaus<br />

Kosten für von ihm betrieblich<br />

o<strong>der</strong> beruflich genutzte Räume trägt,<br />

nach dem Vorbild von Bauten auf<br />

fremdem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden „wie ein<br />

materielles Wirtschaftsgut“ behandelt<br />

<strong>und</strong> nach den für Gebäude geltenden<br />

Regeln abgeschrieben werden<br />

muss (BFH, Beschluss v. 30.1.1995,<br />

GrS 4/92, BStBl 1995 II S. 281 <strong>und</strong><br />

Urteil v. 10.3.1999, XI R 22/98, BStBl<br />

1999 S. 523).<br />

Zum Praxis-Beispiel (siehe Kasten):<br />

Dem Unternehmer-Ehegatten A steht<br />

auch dann, wenn er kein wirtschaftlicher<br />

Eigentümer des halben Miteigentumsanteils<br />

seiner Ehefrau ist,<br />

die Gebäude-AfA in vollem Umfang<br />

zu. Entsprechend dem Nettoprinzip,<br />

demzufolge die erwerbssichernden<br />

Aufwendungen von den steuerpflichtigen<br />

Einnahmen abgezogen werden,<br />

wird dem nutzenden Miteigentümer<br />

A auch für den von ihm getragenen<br />

Anteil an den Herstellungskosten,<br />

die zivilrechtlich auf seine Ehefrau<br />

entfallen, <strong>der</strong> Abzug von AfA zugestanden.<br />

Die Zubilligung von<br />

Abschreibungen stellt ein rechtstechnisches<br />

Instrument zur vollständigen<br />

Umsetzung des Nettoprinzips dar.<br />

Praxis-Tipp<br />

Ob diese Beurteilung zutreffend ist,<br />

ist äußerst umstritten. Vor allem<br />

nachdem <strong>der</strong> VIII. Senat des BFH entschieden<br />

hat, dass die auf den Nichtunternehmer-Ehegatten<br />

entfallenden<br />

stillen Reserven nicht aufzudecken<br />

sind (BFH, Urteil v. 29.4.2008, VIII R<br />

98/04, BStBl 2008 II S. 749).<br />

Autor:<br />

StB Hans Walter Schoor, Kemmenau<br />

Streitfrage geklärt<br />

In einer neuen Entscheidung hat sich <strong>der</strong> IV. Senat des BFH dieser neueren Rechtsprechung<br />

des VIII. Senats angeschlossen (BFH, Urteil v. 19.12.2012, IV R 29/09).<br />

Er hat entschieden, dass in den Fällen, in denen die betriebliche Nutzung des Gebäudes<br />

zur Einkunftserzielung durch den Unternehmer-Ehegatten endet, sich daraus<br />

keine Auswirkung auf seinen Gewinn ergibt. Ein noch nicht abgeschriebener<br />

Restbetrag <strong>der</strong> Aufwendungen wird erfolgsneutral ausgebucht. Die stillen Reserven<br />

sind nicht aufzudecken. Danach ist es nicht möglich, dem Nutzungsbefugten,<br />

<strong>der</strong> nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist, Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts<br />

zuzurechnen, nur weil er Aufwendungen für das ihm nicht gehörende Wirtschaftsgut<br />

getragen hat. Die stillen Reserven dürfen also nur in dem Gebäudeteil<br />

aufgedeckt werden, <strong>der</strong> im Miteigentumsanteil des Unternehmer-Ehegatten A<br />

steht (im Praxis-Beispiel: 40.000 EUR).<br />

Der BFH weist in seiner neuen Entscheidung darauf hin, dass <strong>der</strong> Restbuchwert,<br />

<strong>der</strong> auf die Nutzungsbefugnis (bilanziert „wie ein materielles Wirtschaftsgut“)<br />

entfällt, nicht untergeht. Der verbleibende Betrag ist <strong>der</strong> Eigentümerin E des<br />

Wirtschaftsguts als Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungskosten des Wirtschaftsguts<br />

zuzurechnen.<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 9


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

GmbH<br />

Verzicht auf Mehrheitsstimmrecht ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung<br />

Der Verzicht auf ein Mehrstimmrecht<br />

ist keine Schenkung zugunsten <strong>der</strong><br />

Mitgesellschafter, auch wenn sich dadurch<br />

<strong>der</strong> Wert ihrer Anteile erhöht.<br />

Dies ist das zentrale Ergebnis eines<br />

aktuellen BFH-Urteils.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Der Vater (V) war an einer GmbH beteiligt.<br />

Im Gesellschaftsvertrag war<br />

bestimmt, dass die von ihm gehaltenen<br />

Anteile unabhängig von ihrem<br />

Nennbetrag mindestens 51 % <strong>der</strong><br />

Gesamtstimmanzahl gewähren. In<br />

1994 übertrug V seinen drei Kin<strong>der</strong>n<br />

jeweils 24 % <strong>der</strong> Geschäftsanteile.<br />

Da die Anteile keinen Einfluss auf<br />

die Geschäftsführung vermittelten,<br />

wurde bei <strong>der</strong> Festsetzung <strong>der</strong> Schenkungsteuer<br />

<strong>der</strong> gemeine Wert um 10<br />

% gekürzt. In 2000 erwarben die Kin<strong>der</strong><br />

von einem Dritten Anteile hinzu,<br />

sodass sie nunmehr ebenso wie V zu<br />

jeweils 25 % beteiligt waren. Der Gesellschaftsvertrag<br />

wurde dahin geän<strong>der</strong>t,<br />

dass das Mehrstimmrecht des<br />

V entfiel.<br />

Das FA sah in dem Verzicht des V auf<br />

das Mehrstimmrecht eine freigebige<br />

Zuwendung an die Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> setzte<br />

Schenkungsteuer fest. Der Wert ihrer<br />

Anteile habe sich dadurch erhöht,<br />

dass kein Abschlag wegen fehlenden<br />

Einflusses auf die Geschäftsführung<br />

mehr vorzunehmen sei. Das FG gab<br />

<strong>der</strong> von den Kin<strong>der</strong>n dagegen erhobenen<br />

Klage statt.<br />

Entscheidung<br />

Die Revision des FA wurde zurückgewiesen.<br />

Eine Schenkung, d.h. eine<br />

freigebige Zuwendung, erfor<strong>der</strong>t eine<br />

Vermögensverschiebung zwischen<br />

dem Schenker <strong>und</strong> dem Bedachten,<br />

die sich auf die Vermögenssubstanz<br />

bezieht. Die Vermehrung kann durch<br />

den Zugang aktiver Vermögensgegenstände<br />

o<strong>der</strong> den Wegfall negativer<br />

Vermögensgegenstände (z.B.<br />

Schulden) <strong>und</strong> durch das Erhalten<br />

von Nutzungsvorteilen geschehen.<br />

Eine bloße Min<strong>der</strong>ung des Werts des<br />

Vermögens des „Schenkers“ genügt<br />

dagegen nicht. Ebenso genügt es<br />

nicht, dass sich lediglich <strong>der</strong> Wert des<br />

Vermögens des „Beachten“ erhöht.<br />

Dem entsprechen auch die Gr<strong>und</strong>sätze<br />

zur mittelbaren Schenkung. Denn<br />

eine solche setzt – wie eine unmittelbare<br />

Schenkung – voraus, dass <strong>der</strong><br />

Schenker einen ihm gehörenden Vermögensgegenstand<br />

hingibt.<br />

Im Streitfall fehlt es an <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

substanziellen Vermögensverschiebung.<br />

Die Vermögenssubstanz<br />

des V hat sich durch den Wegfall<br />

des Mehrstimmrechts nicht vermin<strong>der</strong>t.<br />

Denn das Mehrstimmrecht ist<br />

kein Vermögensgegenstand, son<strong>der</strong>n<br />

lediglich eine an seine Person<br />

geb<strong>und</strong>ene unselbständige Stimmrechtsausgestaltung.<br />

Auch das Vermögen<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> hat sich nicht<br />

substanziell vermehrt. Zwar hat sich<br />

das Gewicht ihrer Stimmen erhöht.<br />

Jedoch haben sie dadurch keine selbständigen<br />

Vermögensgegenstände<br />

erhalten. Entscheidend ist, dass sich<br />

die Quote ihrer Beteiligung nicht geän<strong>der</strong>t<br />

hat.<br />

Quelle: BFH, Urteil v. 30.1.2013, II R<br />

38/11, veröffentlicht am 8.5.2013<br />

Autor: Dr. Ulrich Dürr<br />

Praxis-Hinweis<br />

Der BFH ergänzt noch, dass das<br />

Mehrstimmrecht den Wert <strong>der</strong> Beteiligung<br />

des V nicht erhöht hatte.<br />

Das Mehrstimmrecht hätte sich bei<br />

einer Veräußerung nicht preiserhöhend<br />

ausgewirkt. Denn es war in<br />

seiner Person begründet, stand nur<br />

ihm persönlich zu <strong>und</strong> hätte nicht<br />

mit seiner Beteiligung auf einen<br />

Erwerber übertragen werden können.<br />

Im Übrigen ergibt sich auch<br />

aus <strong>der</strong> gesetzlichen Neuregelung<br />

ab Dezember 2011, dass die bloße<br />

Werterhöhung von Anteilen nicht als<br />

Schenkung zu erfassen ist (§ 7 Abs.<br />

8 ErbStG).<br />

Nachklapp zum MicroBilG<br />

Gesetzgeber will bei Offenlegungsverstößen Milde walten lassen<br />

Offenlegungsverstöße sollen bei<br />

Kleinstkapitalgesellschaften zukünftig<br />

weniger streng geahndet werden.<br />

Das geht aus einem Beschluss des<br />

B<strong>und</strong>eskabinetts hervor.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung hat einen Gesetzentwurf<br />

zur Umsetzung <strong>der</strong><br />

Entschließung des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />

vom 29.11.2012 zur Reform<br />

des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens<br />

auf den Weg gebracht,<br />

<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e die Ordnungsgel<strong>der</strong><br />

größenspezifisch aufglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> für<br />

Kleinst- <strong>und</strong> kleine Gesellschaften<br />

bereits rückwirkend für Geschäftsjahre<br />

nach dem 30.12.2012 deutlich<br />

senken soll. Ziel ist es, die Balance<br />

zwischen einer Entlastung von mittelständischen<br />

Unternehmen einerseits<br />

<strong>und</strong> dem Erhalt <strong>der</strong> hohen, auf<br />

über 90 Prozent gestiegenen Offenlegungsquote<br />

an<strong>der</strong>erseits zu erhalten.<br />

Die parteiübergreifend vom Rechtsausschuss<br />

des B<strong>und</strong>estags im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Befassung mit dem Gesetz<br />

zur Erleichterung von Kleinstkapitalgesellschaften<br />

(MicroBilG) angeregte<br />

10<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Überarbeitung <strong>der</strong> Sanktionen hat<br />

dabei mehrere Aspekte:<br />

Für Kleinstkapitalgesellschaften,<br />

die ihre Bilanz nach Ablauf <strong>der</strong><br />

Sechswochenfrist verspätet hinterlegt<br />

haben, setzt das B<strong>und</strong>esamt<br />

das Ordnungsgeld auf 500 Euro herab<br />

(§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 HGB-E).<br />

Für kleine Kapitalgesellschaften,<br />

die ihren Jahresabschluss verspätet<br />

offengelegt haben, setzt das<br />

B<strong>und</strong>esamt das Ordnungsgeld auf<br />

1.000 Euro (statt mindestens 2.500<br />

Euro) herab (§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr.<br />

2 HGB-E).<br />

War bereits ein höheres Ordnungsgeld<br />

als 2.500 Euro (maximal<br />

bleiben 25.000 Euro möglich) angedroht<br />

worden, setzt das B<strong>und</strong>esamt<br />

das Ordnungsgeld auf 2.500<br />

Euro herab, wenn nach Ablauf <strong>der</strong><br />

Sechswochenfrist eine Veröffentlichung<br />

erfolgt (§ 335 Abs. 4 S. 2 Nr.<br />

3 HGB-E).<br />

Bei geringfügiger Überschreitung<br />

<strong>der</strong> sechswöchigen Frist kann das<br />

B<strong>und</strong>esamt das Ordnungsgeld weiter<br />

herabsetzen, auch unter die genannten<br />

Beträge.<br />

Es wird mit § 335 Abs. 5 HGB-E<br />

wie<strong>der</strong> das Verschulden <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Vertreter geprüft, da<br />

das B<strong>und</strong>esamt auf Antrag die<br />

Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen<br />

Stand zu gewähren hat, wenn die<br />

Unterlagen unverschuldet (z. B.<br />

durch den Tod des Alleingesellschafters,<br />

des Fehlens wichtiger<br />

Unterlagen außerhalb <strong>der</strong> Macht<br />

des Unternehmens, Untergang <strong>der</strong><br />

Unterlagen durch höhere Gewalt)<br />

nicht eingereicht wurden.<br />

Die Rechtssystematik wird durch<br />

Trennung des bisherigen § 335<br />

HGB in die Teile Festsetzung des<br />

Ordnungsgeldes einerseits <strong>und</strong> Beschwerde<br />

gegen die Festsetzung von<br />

Ordnungsgeld; Rechtsbeschwerde<br />

sowie Verordnungsermächtigung<br />

an<strong>der</strong>erseits verbessert. Letztere<br />

werden in einem neu gefassten<br />

§ 335a HGB geregelt, wobei künftig<br />

auch eine Rechtsbeschwerde<br />

gegen Beschwerdeentscheidungen<br />

des bislang als einzige Instanz tätigen<br />

Landgerichts Bonn in Ordnungsgeldsachen<br />

möglich ist.<br />

Autoren: Dr. Markus Kreipl <strong>und</strong> Prof.<br />

Dr. Stefan Müller, Hamburg<br />

Innergemeinschaftliche Lieferung<br />

BFH: Vertrauensschutz bei Umsatzsteuer nicht immer anwendbar<br />

Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen<br />

von hochwertigen PKW<br />

gegen Barzahlung bestehen hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die vom Lieferer zu<br />

ergreifenden Maßnahmen, um eine<br />

Beteiligung an einem Umsatzsteuermissbrauch<br />

auszuschließen. Der Rahmen<br />

des Zumutbaren ist in diesen<br />

Fällen weit zu ziehen.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Klägerin ist eine GmbH, die einen<br />

Kraftfahrzeughandel betreibt. Sie<br />

verkaufte einen hochwertigen Sportwagen<br />

an einen ausländischen Abnehmer<br />

<strong>und</strong> behandelte den Vorgang<br />

als steuerfreie innergemeinschaftliche<br />

Lieferung. Wie sich später aber<br />

unstreitig herausstellte, war <strong>der</strong> Abnehmer<br />

ein Scheinunternehmer.<br />

Der Verkauf wurde durch einen Vermittler<br />

angebahnt <strong>und</strong> <strong>der</strong> PKW durch<br />

einen Beauftragten gegen Barzahlung<br />

abgeholt. Der Beauftragte wies sich<br />

gegenüber <strong>der</strong> Klägerin durch eine<br />

Kopie seines Personalausweises aus<br />

<strong>und</strong> bestätigte auf <strong>der</strong> Empfangsbestätigung<br />

handschriftlich, dass er den<br />

PKW in einen an<strong>der</strong>en Mitgliedstaat<br />

überführen wolle. Da sich die Unterschriften<br />

auf dem Personalausweis<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Empfangsbestätigung deutlich<br />

unterschieden, lehnte das Finanzamt<br />

eine Steuerbefreiung ab.<br />

Das FG war dagegen <strong>der</strong> Auffassung,<br />

dass ein Vergleich <strong>der</strong> Unterschriften<br />

durch den Unternehmer unverhältnismäßig<br />

sei <strong>und</strong> daher trotz <strong>der</strong><br />

fehlenden Voraussetzungen für die innergemeinschaftliche<br />

Lieferung gem.<br />

§ 6a Abs. 4 UStG eine Steuerbefreiung<br />

zu gewähren sei. Hiergegen legte die<br />

Finanzverwaltung Revision ein.<br />

Entscheidung<br />

Entgegen <strong>der</strong> Auffassung des FG hielt<br />

<strong>der</strong> BFH die Vertrauensschutzregelung<br />

des § 6a Abs. 4 UStG im Streitfall<br />

für nicht anwendbar. Nach <strong>der</strong> Vorschrift<br />

ist eine Lieferung steuerfrei,<br />

auch wenn die Voraussetzungen für<br />

einen innergemeinschaftliche Lieferung<br />

nicht vorliegen, wenn die Inanspruchnahme<br />

<strong>der</strong> Steuerbefreiung auf<br />

unrichtigen Angaben des Abnehmers<br />

beruht <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unternehmer die Unrichtigkeit<br />

dieser Angaben auch bei<br />

<strong>der</strong> Beachtung <strong>der</strong> Sorgfalt eines ordentlichen<br />

Kaufmanns nicht erkennen<br />

konnte.<br />

Da dem Streitfall die Lieferung eines<br />

hochwertigen PKW gegen Barkauf<br />

durch Abholung eines Beauftragten<br />

vorliegt, legte <strong>der</strong> BFH beson<strong>der</strong>s hohe<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Sorgfaltspflicht<br />

des Unternehmers an. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Tatsache, dass die Unterschriften auf<br />

dem Pass des Abholers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verbringenserklärung<br />

deutlich voneinan<strong>der</strong><br />

abgewichen sind, hätte <strong>der</strong> Kläger<br />

weitere Nachforschungen anstellen<br />

müssen. Daher hob <strong>der</strong> BFH das Urteil<br />

auf <strong>und</strong> verwies das Verfahren<br />

zur weiteren Sachverhaltsaufklärung<br />

zurück an das FG.<br />

Quelle: BFH, Urteil v. 14.11.2012, XI<br />

R 17/12, veröffentlicht am 10.4.2013<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 11


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Pensionsrückstellungen<br />

Was bei Rückstellungen für<br />

Pensionsverpflichtungen zu<br />

beachten ist<br />

Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen zu bilden. Es handelt sich hierbei um<br />

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Wie diese richtig zu buchen sind, zeigt <strong>der</strong><br />

folgende Beitrag.<br />

von StB Wilhelm Krudewig, Meckenheim<br />

Pensionsrückstellungen gehören zu den Rückstellungen<br />

für ungewisse Verbindlichkeiten. Sie müssen<br />

handelsrechtlich nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />

passiviert werden. Eine Ausnahme ergibt sich aus Artikel<br />

28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB. Danach besteht ein Ansatzwahlrecht<br />

für mittelbare Pensionsverpflichtungen. Ebenso ist<br />

auch das Ansatzwahlrecht bei Versorgungsverpflichtungen<br />

beibehalten worden, die vor dem 1.12.1987 (Altzusagen)<br />

begründet worden sind.<br />

Für unverfallbare Pensionsansprüche sind Rückstellungen<br />

zu bilden, die <strong>der</strong> Unternehmer auf das Konto „Rückstellungen<br />

für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen“<br />

0950 (SKR 03) bzw. 3000 (SKR 04) bucht. Bei <strong>der</strong> erstmaligen<br />

Bildung bzw. bei einer Erhöhung <strong>der</strong> Rückstellung<br />

wird <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Aufwand auf das Konto „Aufwendungen<br />

für Altersversorgung“ 4165 (SKR 03) bzw.<br />

6140 (SKR 04) gebucht.<br />

Buchungssatz:<br />

Aufwendungen für Altersversorgung<br />

an Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche<br />

Verpflichtungen<br />

Praxis-Beispiel: Bildung einer Pensionsrückstellung<br />

Die Huber-GmbH hat ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer<br />

eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die den Kriterien<br />

des § 6a EStG entspricht. Nach dem versicherungsmathematischen<br />

Gutachten, das auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des § 6a<br />

EStG ermittelt worden ist, ergibt sich zum 31.12.2013 eine<br />

Verpflichtung von 62.000 €.<br />

Buchung<br />

Konto Kontenbezeichnung<br />

SKR 03/04<br />

Soll<br />

0950/3000 Rückstellungen für<br />

Pensionen <strong>und</strong> ähnliche<br />

Verpflichtungen<br />

Betrag<br />

EUR<br />

Konto<br />

SKR03/04<br />

Haben<br />

Kontenbezeichnung<br />

62.000 4165/6140 Aufwendungen für Altersversorgung<br />

Betrag<br />

EUR<br />

62.000<br />

Gr<strong>und</strong>sätze<br />

Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen<br />

o<strong>der</strong> vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen<br />

(Pensionsverpflichtungen) sind in <strong>der</strong> Bilanz auszuweisen.<br />

Das handelsrechtliche Passivierungsgebot bedeutet,<br />

dass Pensionsrückstellungen auch in <strong>der</strong> Steuerbilanz zu<br />

passivieren sind. In <strong>der</strong> Handelsbilanz sind die Pensionsrückstellungen<br />

mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen<br />

(§ 253 Abs. 1 HGB), während sich die Bildung von Pensionsrückstellungen<br />

in <strong>der</strong> Steuerbilanz ausschließlich<br />

nach § 6a EStG richtet.<br />

12<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Konten in den Kontenrahmen SKR 03 <strong>und</strong> SKR 04<br />

Die Kontenrahmen unterscheiden im Wesentlichen danach, wer eine Pensionszusage erhält. Die Kontenrahmen unterscheiden<br />

bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Konten wie folgt:<br />

Kontenbezeichnung SKR 03 SKR 04<br />

Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen 0950 3000<br />

Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen zur Saldierung mit Vermögensgegenständen<br />

zum langfristigen Verbleib nach § 246 Abs. 2 HGB<br />

Rückstellungen für Pensionen <strong>und</strong> ähnliche Verpflichtungen gegenüber Gesellschaftern<br />

o<strong>der</strong> nahestehenden Personen (10 % Beteiligung am Kapital)<br />

0951 3009<br />

0952 3005<br />

Rückstellungen für Direktzusagen 0953 3010<br />

Rückstellungen für Zuschussverpflichtungen für Pensionskassen <strong>und</strong> Lebensversicherungen 0954 3011<br />

Rückstellungen für pensionsähnliche Verpflichtungen --- 3015<br />

Aufwendungen für Altersversorgung 4165 6140<br />

Aufwendungen für Altersversorgung für Gesellschafter-Geschäftsführer 4166 6149<br />

Aufwendungen für Altersversorgung für Mitunternehmer § 15 EStG 4168 6148<br />

Bewertung <strong>der</strong> Pensionsrückstellung<br />

laut HGB<br />

Bei <strong>der</strong> Bewertung von Pensionsrückstellungen sind<br />

gegenüber <strong>der</strong> Rechtslage vor Inkrafttreten des BilMoG<br />

weitreichende Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen worden.<br />

Bis dahin war es möglich, den steuerlichen Wertansatz<br />

zu übernehmen, was in <strong>der</strong> Regel dazu geführt hat, dass<br />

<strong>der</strong> Wertansatz für die Pensionsrückstellung zu niedrig<br />

ausgewiesen worden ist. Seit dem Übergang zur Rechnungslegung<br />

nach dem BilMoG muss <strong>der</strong> Erfüllungsbetrag<br />

angesetzt werden.<br />

Erfüllungsbetrag ist <strong>der</strong> Betrag, <strong>der</strong> zur Begleichung einer<br />

Verbindlichkeit zukünftig zu entrichten ist. Hierbei sind<br />

entsprechende Lohn-, Preis- <strong>und</strong> Kostensteigerungen<br />

einzubeziehen. Bei <strong>der</strong> Berechnung von Pensionsrückstellungen<br />

sind die nachfolgenden Entwicklungen einzubeziehen:<br />

Lohn- <strong>und</strong> Gehaltssteigerungen<br />

Karriereentwicklungen<br />

Fluktuation <strong>der</strong> Belegschaft<br />

Rententrend<br />

Da künftige Gehalts- <strong>und</strong> Karrieretrends zu berücksichtigen<br />

sind, haben sich gegenüber <strong>der</strong> alten Rechtslage<br />

deutliche Steigerungen bei <strong>der</strong> Höhe von Pensionsrückstellungen<br />

ergeben. Diese müssen abgezinst werden. Die<br />

Abzinsung richtet sich hierbei entwe<strong>der</strong><br />

nach <strong>der</strong> individuellen Laufzeit mit einem durchschnittlichen<br />

Marktzinssatz <strong>der</strong> letzten sieben Geschäftsjahre<br />

o<strong>der</strong> nach dem durchschnittlichen Marktzinssatz, <strong>der</strong><br />

sich bei einer Laufzeit von 15 Jahren ergibt.<br />

Der Unternehmer kann die Pensionsrückstellung also individuell<br />

o<strong>der</strong> pauschal bewerten.<br />

Übergangsregelung<br />

Für Pensionszusagen die vor dem 1.1.2010 erteilt wurden,<br />

gibt es eine Übergangsregelung, von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Unternehmer<br />

im ersten BilMoG-Jahr 2010 Gebrauch machen<br />

konnte. Waren die Rückstellungen nach altem Recht zu<br />

niedrig ausgewiesen worden, bestand beim Übergang auf<br />

das BilMoG die Verpflichtung, den fehlenden Betrag zuzuführen,<br />

sodass die Rückstellungen nach den Bewertungskriterien<br />

des BilMoG auszuweisen waren.<br />

Alternativ gelten für Pensionszusagen, die vor dem<br />

1.1.2010 erteilt wurden, die Übergangsregelung in Artikel<br />

67 Abs. 2 EGHBG. Danach besteht ein Ansammlungswahlrecht<br />

über 15 Jahre bis zum 31.12.2024. Der Unternehmer<br />

musste sich also beim ersten Jahresabschluss nach Bil-<br />

MoG entscheiden, ob er<br />

die Pensionsrückstellung sofort um den Betrag <strong>der</strong> Unterdeckung<br />

gewinnmin<strong>der</strong>nd erhöht o<strong>der</strong><br />

die Unterdeckung über 15 Jahre bis zum 31.12.2024<br />

abbaut. In jedem Geschäftsjahr muss die Rückstellung<br />

um mindestens 1/15 erhöht werden. Es dürfen jährlich<br />

durchaus auch höhere Beträge zugeführt werden, ohne<br />

dass dadurch <strong>der</strong> Betrag von 1/15 in den Folgejahren<br />

reduziert werden darf. Durch Zuführung höherer Beträge<br />

verkürzt sich lediglich <strong>der</strong> Zeitraum von 15 Jahren.<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 13


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Wichtig: Hat sich <strong>der</strong> Unternehmer entschieden, die<br />

!<br />

Unterdeckung über 15 Jahre abzubauen, muss er<br />

dies Jahr für Jahr tun, bis <strong>der</strong> dann aktuelle Wert erreicht<br />

ist. Die jeweilige Unterdeckung ist im Anhang zum Jahresabschluss<br />

auszuweisen.<br />

Überblick:<br />

Ansatz <strong>und</strong> Bewertung von Pensionsrückstellungen<br />

Beschreibung Handelsbilanz Steuerbilanz<br />

Pensionsrückstellung:<br />

Wahlrecht durch<br />

Übergangsregelungen<br />

gemäß<br />

BilMoG<br />

Betrag <strong>der</strong> Unterdeckung<br />

war gewinnmin<strong>der</strong>nd<br />

zu<br />

erhöhen o<strong>der</strong> ist<br />

über 15 Jahre bis<br />

zum 31.12.2024<br />

abbauen<br />

Der steuerliche<br />

Wertansatz richtet<br />

sich nach wie vor<br />

nach § 6a EStG<br />

(keine Än<strong>der</strong>ung)<br />

Saldierung im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen<br />

Das Prinzip, dass Posten <strong>der</strong> Aktivseite <strong>und</strong> Posten <strong>der</strong><br />

Passivseite nicht saldiert werden dürfen, wird bei Pensionsrückstellungen<br />

durchbrochen. Nach § 246 Abs. 2 HGB<br />

sind Vermögensgegenstände,<br />

die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind<br />

<strong>und</strong><br />

die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Schulden<br />

aus Altersversorgungsverpflichtungen o<strong>der</strong> vergleichbaren<br />

Verpflichtungen zu tilgen,<br />

mit diesen Schulden zu verrechnen. Soweit sich bei dieser<br />

Saldierung ein aktiver Saldo ergibt, ist <strong>der</strong> übersteigende<br />

Betrag unter einem geson<strong>der</strong>ten Posten auf <strong>der</strong> Aktivseite<br />

auszuweisen. Es handelt sich gemäß § 266 Abs. 2 HGB<br />

um einen Verrechnungsposten „Aktiver Unterschiedsbetrag<br />

aus <strong>der</strong> Vermögensverrechnung“. Gemäß § 268<br />

Abs. 8 HGB besteht insoweit eine Ausschüttungssperre.<br />

Das Saldierungsgebot gilt nicht für das Steuerrecht.<br />

Berechnung <strong>der</strong> Pensionsrückstellungen<br />

Um den zutreffenden Rückstellungsbetrag ausweisen<br />

zu können, muss sich <strong>der</strong> Unternehmer entsprechende<br />

Gutachten erstellen lassen. Erfor<strong>der</strong>lich sind zwei unterschiedliche<br />

Gutachten, weil die Berechnung nach Handels-<br />

<strong>und</strong> Steuerrecht völlig unterschiedlich ausfällt.<br />

Praxis-Tipp<br />

Werden Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen, besteht<br />

in <strong>der</strong> Regel die Möglichkeit, sich für überschaubare<br />

Kosten die entsprechenden Wertgutachten über die Versicherung<br />

erstellen zu lassen. Bei Rückdeckungsversicherungen<br />

sollte durch eine Verpfändungserklärung sichergestellt<br />

werden, dass die For<strong>der</strong>ung im Insolvenzfall gesichert<br />

ist. Das Datum <strong>der</strong> Verpfändungserklärung muss nach<br />

dem Abschluss <strong>der</strong> Rückdeckungsversicherung liegen.<br />

Pensionsrückstellungen nach Steuerrecht<br />

Steuerlich ist nicht auf den Erfüllungsbetrag abzustellen,<br />

son<strong>der</strong>n auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag. Die<br />

künftige Entwicklung ist somit nicht zu berücksichtigen.<br />

Lohn-, Preis- <strong>und</strong> Kostensteigerungen sind nicht einzubeziehen.<br />

An<strong>der</strong>s als bei <strong>der</strong> Handelsbilanz sind somit<br />

Lohn- <strong>und</strong> Gehaltssteigerungen, Karriereentwicklungen,<br />

Fluktuation <strong>der</strong> Belegschaft <strong>und</strong> Rententrends nicht zu<br />

berücksichtigen.<br />

Nach § 6a EStG darf steuerlich eine Pensionsrückstellung<br />

nur gebildet werden, wenn<br />

die Pensionszusage schriftlich erteilt worden ist,<br />

<strong>der</strong> Berechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige<br />

o<strong>der</strong> laufende Pensionsleistungen hat,<br />

die Pensionsleistungen nicht abhängig ist von künftigen<br />

gewinnabhängigen Bezügen <strong>und</strong><br />

die Zusage keinen Vorbehalt enthält, wonach die Pensionsleistung<br />

(abgesehen von allgemeinen Rechtsgr<strong>und</strong>sätzen)<br />

gemin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> entzogen werden kann.<br />

Steuerlich darf eine Pensionsrückstellung erst gebildet<br />

werden,<br />

vor Eintritt des Versicherungsfalls in dem Wirtschaftsjahr,<br />

in dem die Pensionszusage erteilt wird, frühestens<br />

jedoch für das Wirtschaftsjahr bis zu dessen Mitte <strong>der</strong><br />

Pensionsberechtigte das 27. Lebensjahr vollendet, o<strong>der</strong><br />

vor Eintritt des Versicherungsfalls in dem Wirtschaftsjahr,<br />

in dessen Verlauf die Pensionsanwartschaft gemäß<br />

den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes<br />

unverfallbar wird,<br />

nach Eintritt des Versicherungsfalls für das Wirtschaftsjahr<br />

in dem <strong>der</strong> Versorgungsfall eintritt.<br />

Der Teilwert, mit dem die Pensionsrückstellung steuerlich<br />

anzusetzen ist, richtet sich nach § 6a Abs. 3 EStG.<br />

Um den Wert zutreffend ansetzen zu können, ist es erfor<strong>der</strong>lich,<br />

sich eine Wertgutachten erstellen zu lassen, das<br />

dann von <strong>der</strong> Finanzverwaltung auch nicht beanstandet<br />

werden kann.<br />

Steuerliche Auswirkungen des Verzichts eines Gesellschafter-Geschäftsführers<br />

auf eine Pensionszusage<br />

Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH<br />

14<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

auf eine Pensionszusage, die zu einer Min<strong>der</strong>ung des Einkommens<br />

<strong>der</strong> GmbH geführt hat, so ergeben sich folgende<br />

Auswirkungen (R<strong>und</strong>verfügung <strong>der</strong> OFD Frankfurt vom<br />

4.11.2010; S 2742 A – 10 – St 510):<br />

1. Die GmbH hat die nach § 6a EStG gebildete Pensionsrückstellung<br />

in ihrer Steuerbilanz erfolgswirksam aufzulösen.<br />

2. Der Verzicht auf die Pensionszusage ist regelmäßig<br />

durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst, weil ein<br />

Nichtgesellschafter <strong>der</strong> Gesellschaft diesen Vermögensvorteil<br />

(= entschädigungsloser Wegfall einer Pensionsverpflichtung)<br />

nicht eingeräumt hätte. Eine betriebliche<br />

Veranlassung des Verzichts auf die Pensionszusage ist<br />

nur anzunehmen, wenn auch ein Fremdgeschäftsführer<br />

auf die Pensionszusage verzichten würde.<br />

3. Ist <strong>der</strong> Pensionsverzicht gesellschaftsrechtlich veranlasst,<br />

liegt eine verdeckte Einlage in Höhe des Teilwerts<br />

<strong>der</strong> Pensionsanwartschaft vor. Die verdeckte Einlage ist<br />

außerbilanziell bei <strong>der</strong> Ermittlung des zu versteuernden<br />

Einkommens in Abzug zu bringen. Der Teilwert <strong>der</strong> verdeckten<br />

Einlage ist nicht nach § 6a EStG, son<strong>der</strong>n unter<br />

Beachtung <strong>der</strong> allgemeinen Teilwertermittlungsgr<strong>und</strong>sätze<br />

im Zweifel nach den Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten zu<br />

ermitteln. Es kommt darauf an, welchen Betrag <strong>der</strong> Gesellschafter<br />

zu dem Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden<br />

müssen, um eine gleich hohe Pensionsanwartschaft gegen<br />

einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben. Dabei<br />

kann die Bonität des For<strong>der</strong>ungsschuldners berücksichtigt<br />

werden. Außerdem kann von Bedeutung sein, ob die<br />

Pension unverfallbar ist o<strong>der</strong> ob sie voraussetzt, dass <strong>der</strong><br />

Berechtigte bis zum Pensionsfall für den Verpflichteten<br />

nicht selbstständig tätig ist.<br />

4. In Höhe des Teilwerts <strong>der</strong> verdeckten Einlage liegt beim<br />

Gesellschafter-Geschäftsführer ein Zufluss von Arbeitslohn<br />

vor.<br />

5. Die verdeckte Einlage führt zu nachträglichen Anschaffungskosten<br />

auf die GmbH-Anteile<br />

Die vorstehend dargestellten Gr<strong>und</strong>sätze geltend entsprechend,<br />

wenn <strong>der</strong> Gesellschafter-Geschäftsführer nur auf<br />

einen Teil seiner Pensionsanwartschaft verzichtet.<br />

Praxis-Beispiel<br />

Mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer wurde am<br />

16.1.1990 eine Pensionszusage vereinbart, nach <strong>der</strong> dem<br />

Gesellschafter-Geschäftsführer folgende Versorgungsanwartschaften<br />

eingeräumt wurden:<br />

- monatliche Altersrente in Höhe von 6.300 €<br />

- monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 6.300 €<br />

In einer Än<strong>der</strong>ungsvereinbarung zur Pensionszusage zwischen<br />

<strong>der</strong> GmbH <strong>und</strong> dem Gesellschafter-Geschäftsführer<br />

vom 1.8.2008 werden diese Anwartschaften auf jeweils<br />

3.200 € reduziert. In <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsvereinbarung wird dargestellt,<br />

dass es sich bei den Beträgen in Höhe von 3.200 €<br />

um „einvernehmlich als unverfallbar festgestellte Anwartschaften“<br />

handelt <strong>und</strong> ein weiteres Anwachsen von Versorgungsanwartschaften<br />

ab dem 1.8.2008 nicht mehr stattfinde.<br />

Künftig zu erdienende Versorgungsanwartschaften würden<br />

einvernehmlich auf 0 € herabgesetzt.<br />

Auswirkungen:<br />

1. Die Pensionsrückstellung ist bis zur Höhe des Teilwerts<br />

nach § 6a Abs. 2 Satz 3 EStG aufzulösen, <strong>der</strong> sich auf den Bilanzstichtag<br />

nach dem Teilverzicht ergeben hätte, wenn von<br />

Anfang an nur eine Pension in <strong>der</strong> später reduzierten Höhe<br />

zugesagt worden wäre. Nach dem Gr<strong>und</strong>satz des § 6a EStG,<br />

die Pensionsrückstellung bis zum vertraglich vereinbarten<br />

Pensionsalter gleichmäßig aufzubauen, ist ein Verzicht nur<br />

auf den „future service“ mit <strong>der</strong> Folge des Einfrierens <strong>der</strong><br />

bereits gebildeten Pensionsrückstellung nicht möglich.<br />

2. Es liegt eine verdeckte Einlage vor, weil ein Nichtgesellschafter<br />

im Regelfall eine Reduzierung seiner Pensionsanwartschaft<br />

ohne Gegenleistung nicht vereinbart hätte.<br />

Die Anwartschaft stellt einen einheitlichen Vermögensvorteil<br />

dar. Verzichtet <strong>der</strong> Gesellschafter-Geschäftsführer auf einen<br />

Teil <strong>der</strong> ihm zugesagten Versorgungsbezüge (zum Beispiel<br />

auf 3.100 € monatlich ab Eintritt des Versorgungsfalls), so<br />

betrifft dieser Verzicht sowohl den bereits erdienten als auch<br />

den noch nicht erdienten Teil <strong>der</strong> Anwartschaft.<br />

Eine Aufteilung <strong>der</strong> Anwartschaft in <strong>der</strong> Weise, dass ein Verzicht<br />

nur auf den nicht erdienten Teil angenommen werden<br />

könnte, ist im Hinblick auf die Einheitlichkeit dieses Vermögensvorteils<br />

ausgeschlossen.<br />

3. Bei <strong>der</strong> Ermittlung des Teilwerts <strong>der</strong> verdeckten Einlage ist<br />

darauf abzustellen, wie hoch zum Zeitpunkt des Teilverzichts<br />

die Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten für den Differenzbetrag zwischen<br />

dem Barwert <strong>der</strong> ursprünglich zugesagten <strong>und</strong> dem<br />

Barwert <strong>der</strong> reduzierten Versorgung sind.<br />

Die Wie<strong>der</strong>beschaffungskosten entsprechen gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>der</strong><br />

Differenz zwischen dem Gegenwartswert <strong>der</strong> ursprünglich zugesagten<br />

Pensionsanwartschaft zum Zeitpunkt des Verzichts<br />

beziehungsweise dem ratierlichen Anwartschaftsbarwert<br />

(= bereits erworbene Ansprüche) <strong>und</strong> dem Barwert <strong>der</strong> nach<br />

Abschluss <strong>der</strong> Verzichtserklärung verbleibenden Pensionsanwartschaft<br />

(= reduzierte Pensionsanwartschaft). <<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 15


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

GoBD<br />

Überarbeitete Gr<strong>und</strong>sätze zur<br />

DV-gestützten Buchführung<br />

Das BMF will seine bisherigen Anweisungen zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>der</strong> Prüfung digitaler Unterlagen<br />

(GDPdU)“ <strong>und</strong> zu den „Gr<strong>und</strong>sätzen ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (GoBS)“<br />

zusammenfassen <strong>und</strong> zwar zu „Gr<strong>und</strong>sätze zur ordnungsmäßigen Führung <strong>und</strong> Aufbewahrung<br />

von Büchern, Aufzeichnungen <strong>und</strong> Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff<br />

(GoBD)“. Darin will die Finanzverwaltung u.a. ihre Auffassung zu den steuerlichen <strong>und</strong> außersteuerlichen<br />

Buchführungs-, Aufzeichnungs- <strong>und</strong> Aufbewahrungspflichten unter Nutzung elektronischer<br />

Datenverarbeitungssysteme (z.B. Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten)<br />

regeln. Die bisherigen Regelungen sind aufgr<strong>und</strong> des technischen Fortschritts teilweise veraltet<br />

<strong>und</strong> führen in <strong>der</strong> Praxis oft zu Unsicherheiten bei Unternehmen <strong>und</strong> Betriebsprüfern.<br />

von Dipl.-Betriebswirt Karl Birgel, Alsdorf<br />

Sofern Datenverarbeitungssysteme zum Einsatz<br />

kommen, sind folgende Verwaltungsvorschriften zu<br />

beachten:<br />

GoBS, Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.1995, IV A<br />

8 – S 0316 – 52/95, BStBl I 1995, 738<br />

GDPdU, BMF-Schreiben vom 16.7.2001, IV D 2 – S 0316<br />

– 136/01, BStBl I 2001, 415 geän<strong>der</strong>t durch BMF-Schreiben<br />

vom 14.9.2012, IV A 4 – S 0316/12/10001, BStBl I<br />

2012, 930.<br />

Die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher <strong>und</strong> sonst<br />

erfor<strong>der</strong>licher elektronischer Aufzeichnungen ist nach den<br />

gleichen Prinzipien zu beurteilen wie die Ordnungsmäßigkeit<br />

bei manuell erstellten Büchern o<strong>der</strong> Aufzeichnungen.<br />

Die neuen GoBD, die nun die GoBS <strong>und</strong> GDPdU ablösen<br />

<strong>und</strong> auf aktuellen Stand <strong>der</strong> Technik bringen sollen, behandeln<br />

neben dem Anwendungsbereich, <strong>der</strong> Verantwortlichkeit<br />

<strong>und</strong> den allgemeine Anfor<strong>der</strong>ungen in erster Linie<br />

folgende Themenbereiche:<br />

Belegwesen (Belegfunktion)<br />

Aufzeichnung <strong>der</strong> Geschäftsvor-fälle in zeitlicher<br />

Reihenfolge <strong>und</strong> in sachlicher Ordnung<br />

Internes Kontrollsystem (IKS)<br />

Datensicherheit<br />

Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen<br />

Aufbewahrung<br />

Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit<br />

Datenzugriff<br />

Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate<br />

Belegwesen<br />

Die Beleg-, Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion war bereits als Tz.<br />

2 in den GoBS behandelt. Die Belegfunktion ist nunmehr<br />

in Tz. 4 <strong>der</strong> GoBD, die Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion sind in<br />

Tz. 5 <strong>der</strong> GoBD beschrieben.<br />

Die Ausführungen in den GoBD zur Belegfunktion entsprechen<br />

den allgemein bekannten GoB. Neu sind Aussagen<br />

zur Belegsicherung gegen Verlust von Informationen, zur<br />

Zuordnung zwischen Belegen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>aufzeichnungen<br />

o<strong>der</strong> Buchungen <strong>und</strong> zur erfassungsgerechten Aufbereitung<br />

<strong>der</strong> Buchungsbelege. Je<strong>der</strong> Geschäftsvorfall muss<br />

eine eindeutige Belegnummer, den Buchungsbetrag o<strong>der</strong><br />

Mengen- <strong>und</strong> Wertangaben, Währungsangabe, Buchungstext,<br />

Buchungsdatum, Buchungsperiode <strong>und</strong> den Verantwortlichen<br />

ausweisen. Beson<strong>der</strong>heiten zur Belegfunktion<br />

bei EDV-gestützten Prozessen <strong>und</strong> zu Dauersachverhalten<br />

behandeln die GoBD in Tz. 4.4.<br />

Wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet,<br />

ausgegeben <strong>und</strong> aufbewahrt werden, ergibt sich aus<br />

den GoBD, Tz. 10.1 „Verfahrensdokumentation“.<br />

Aufzeichnung <strong>der</strong> Geschäftsvorfälle in zeitlicher Reihenfolge<br />

<strong>und</strong> in sachlicher Ordnung<br />

Der Steuerpflichtige hat auch nach den GoBD organisatorisch<br />

<strong>und</strong> technisch sicherzustellen, dass die elektronischen<br />

Buchungen <strong>und</strong> sonst erfor<strong>der</strong>lichen elektronischen Aufzeichnungen<br />

vollständig, richtig, zeitgerecht <strong>und</strong> geordnet<br />

vorgenommen werden. Es ergeben sich diesbezüglich keine<br />

wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen gegenüber den GoBS, Tz. 1.0.<br />

16<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Datensicherheit<br />

Aussagen zur Datensicherheit sind in den GoBD (Tz. 7)<br />

auch wesentlich kürzer enthalten als in den GoBS (Tz. 7).<br />

Die Beschreibung des Datensicherungskonzepts ist nunmehr<br />

ebenfalls Bestandteil <strong>der</strong> Verfahrensdokumentation<br />

(Tz. 10.1).<br />

Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen<br />

Dem Thema „Unverän<strong>der</strong>barkeit, Protokollierung von Än<strong>der</strong>ungen“<br />

ist in den GoBD (Tz. 8) ein eigener Abschnitt<br />

gewidmet. Dies ist zu begrüßen, denn die GoBS enthielten<br />

hierzu Aussagen an verschiedenen Stellen, so zu Buchungen<br />

sowie zur Beleg- <strong>und</strong> Journalfunktion, was die Übersichtlichkeit<br />

einschränkte.<br />

Aufbewahrung<br />

Die nach steuerlichen Vorschriften zu führenden Bücher<br />

<strong>und</strong> sonstigen erfor<strong>der</strong>lichen Aufzeichnungen können nach<br />

§ 146 Abs. 5 A0 auf Datenträgern geführt werden, soweit<br />

diese Form <strong>der</strong> Buchführung einschließlich des dabei angewandten<br />

Verfahrens den GoB entspricht. Gemäß GDPdU<br />

(Tz. I.1) sind die Daten <strong>der</strong> Finanz-, <strong>der</strong> Anlagen- <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Lohnbuchhaltung sowie an<strong>der</strong>e, steuerlich relevante<br />

Daten für den Datenzugriff zur Verfügung zu halten. Die<br />

diesbezüglichen Vorschriften sind nun in den GoBD, Tz. 9<br />

enthalten.<br />

Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit<br />

Dem Thema „Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfbarkeit“<br />

ist im Rahmen <strong>der</strong> GoBD ebenfalls ein eigenständiger Abschnitt<br />

gewidmet (Tz. 10). Die GoBS enthielten Aussagen<br />

hierzu wie<strong>der</strong>um an verschiedenen Stellen, so z.B. im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Beleg-, Journal- <strong>und</strong> Kontenfunktion (Tz. 2) sowie<br />

insbeson<strong>der</strong>e im Abschnitt „Dokumentation <strong>und</strong> Prüfbarkeit“<br />

(Tz. 6).<br />

Wesentlicher Kern ist <strong>der</strong> Unterabschnitt „Verfahrensdokumentation“<br />

(Tz. 10.1). Die Neuaussagen zur Nachvollziehbarkeit<br />

<strong>und</strong> Nachprüfbarkeit sind knapp <strong>und</strong> prägnant. Sie<br />

benennen die Bestandteile dieser Dokumentation <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n<br />

Aussagen zu den Ordnungsmäßigkeitsvorschriften.<br />

Die Aufbewahrungsfrist für die Verfahrensdokumentation<br />

läuft nicht ab, soweit <strong>und</strong> solange die Aufbewahrungsfrist<br />

für die Unterlagen noch nicht abgelaufen ist, zu <strong>der</strong>en Verständnis<br />

sie erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

Datenzugriff<br />

Nach § 147 Abs. 6 AO hat die Finanzbehörde das Recht,<br />

die mit Hilfe eines DV-Systems erstellten <strong>und</strong> nach § 147<br />

Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch<br />

Datenzugriff zu prüfen. Dies ist <strong>der</strong> hauptsächliche Inhalt<br />

<strong>der</strong> GDPdU.<br />

Die Methoden des Datenzugriffs gemäß GoBD (Tz. 11) entsprechen<br />

den GDPdU:<br />

unmittelbarer Datenzugriff (Lesezugriff <strong>der</strong> Finanzbehörde<br />

unmittelbar auf das DV-System des Steuerpflichtigen),<br />

mittelbarer Datenzugriff (Auswertung durch Steuerpflichtigen<br />

nach Vorgabe <strong>der</strong> Finanzbehörde mit anschließendem<br />

Leserecht <strong>der</strong> Finanzbehörde),<br />

Datenträgerüberlassung (Überlassung eines Datenträgers<br />

mit den steuerlich relevanten Daten).<br />

Neu ist folgende Aussage: „Enthalten elektronisch gespeicherte<br />

Datenbestände, z.B. nicht aufzeichnungs- <strong>und</strong><br />

aufbewahrungspflichtige, personenbezogene o<strong>der</strong> dem Berufsgeheimnis<br />

(§ 102 AO) unterliegende Daten, so obliegt<br />

es dem Steuerpflichtigen o<strong>der</strong> dem von ihm beauftragten<br />

Dritten, die Datenbestände so zu organisieren, dass <strong>der</strong><br />

Prüfer nur auf die aufzeichnungs- <strong>und</strong> aufbewahrungspflichtigen<br />

Daten des Steuerpflichtigen zugreifen kann.<br />

Dies kann z.B. durch geeignete Zugriffsbeschränkungen<br />

erfolgen.“<br />

Mangels Nachprüfbarkeit akzeptiert die Finanzbehörde<br />

keine Reporte o<strong>der</strong> Druckdateien, die vom Unternehmen<br />

ausgewählte („vorgefilterte“) Datenfel<strong>der</strong> <strong>und</strong> -sätze aufführen,<br />

jedoch nicht mehr alle aufzeichnungs- <strong>und</strong> aufbewahrungspflichtigen<br />

Daten enthalten.<br />

Irritierend an den GoBD ist, dass die Lesbarmachung von<br />

elektronischen Unterlagen in Tz. 10.2, also im Abschnitt<br />

über die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Nachprüfung geregelt<br />

ist. Diese Tz. hätte man vielmehr im Rahmen <strong>der</strong> Aussagen<br />

über den Datenzugriff erwarten können, da sie im unmittelbaren<br />

Zusammenhang mit den gefor<strong>der</strong>ten Möglichkeiten<br />

des Datenzugriffs steht.<br />

Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate<br />

Das Thema „Zertifizierung <strong>und</strong> Software-Testate“ ist in<br />

den GoBS <strong>und</strong> den GDPdU nicht geregelt. Gemäß GoBD<br />

(Tz. 12) werden Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit <strong>der</strong><br />

Buchführung we<strong>der</strong> im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung<br />

noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft<br />

erteilt. „Zertifikate“ o<strong>der</strong> „Testate“ Dritter entfalten gegenüber<br />

<strong>der</strong> Finanzbehörde keine Bindungswirkung.<br />

Abschließende Wertung<br />

Aus Unternehmenssicht sind die GoBD zu begrüßen, weil<br />

sie zum Teil nicht mehr zeitgemäße Verwaltungsvorschriften<br />

ablösen. Bei den GDPdU gab es so viele Zweifelsfragen,<br />

dass mehrere ergänzende BMF-Schreiben für Klarheit<br />

sorgen mussten. Da diese aber nur teilweise in die GoBD<br />

eingeflossen sind, bleibt zu befürchten, dass auch hier ergänzende<br />

Auslegungsregeln erfor<strong>der</strong>lich werden. <<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 17


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Bilanzgestaltung<br />

Eine Aufgabe für das ganze Jahr<br />

Die Bilanz eines Unternehmens bildet die Gr<strong>und</strong>lage für wichtige Finanzkennzahlen, die etwa<br />

von Banken <strong>und</strong> Gesellschaftern berechnet werden. Schlechte Werte können die Existenz des<br />

Unternehmens bedrohen. Die Vergabe von Krediten, die Entnahme von Gewinnen o<strong>der</strong> das Rating<br />

zur Ermittlung von Zinshöhen hängen maßgeblich von Kennzahlen wie Eigenkapitalquote<br />

o<strong>der</strong> Verschuldungsgrad ab. Üblicherweise wird am Jahresende versucht, die Bilanz im Rahmen<br />

des Erlaubten so zu gestalten, dass die Kennzahlen hilfreiche Ergebnisse liefern. Das ist zu spät.<br />

von Reinhard Bleiber, Lengerich<br />

Im Gr<strong>und</strong>e muss bei je<strong>der</strong> finanziellen Entscheidung<br />

<strong>der</strong> Geschäftsführung o<strong>der</strong> je<strong>der</strong> buchhalterischen<br />

Entscheidung im Rechnungswesen geprüft werden,<br />

welche Auswirkungen dies auf die Bilanz haben wird.<br />

Entsprechend sind dann die Entscheidungen zu treffen.<br />

Praxis-Beispiel<br />

Erst kurz vor Weihnachten stellte Werner Meyer, Buchhalter<br />

<strong>der</strong> Caravan Deutschland GmbH, fest, dass <strong>der</strong> größte<br />

K<strong>und</strong>e eine Rechnung über 150.000 Euro nicht pünktlich<br />

gezahlt hat. Das machte fast 30 % seiner gesamten For<strong>der</strong>ungen<br />

aus Lieferung <strong>und</strong> Leistung aus <strong>und</strong> erhöht wesentlich<br />

das Working Capital. Gleichzeitig wird die Bilanz<br />

durch die höheren For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> den dadurch höheren<br />

Bankverbindlichkeiten verlängert.<br />

Hätte Herr Meyer bereits im laufenden Jahr ein funktionierendes<br />

For<strong>der</strong>ungsmanagement aufgebaut, hätte er bereits<br />

im Oktober erkannt, dass <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e nur noch schleppend<br />

zahlt. Maßnahmen hätten ergriffen werden können.<br />

Diese hätten nicht nur für ein besseres Bilanzbild gesorgt,<br />

sie hätten auch das Risiko des For<strong>der</strong>ungsausfalls reduziert<br />

<strong>und</strong> die Kosten <strong>der</strong> Fremdfinanzierung verringert.<br />

Je frühzeitiger <strong>der</strong> vorhandene Einfluss auf die Bilanzdarstellung<br />

ausgeübt werden kann, desto wirkungsvoller ist<br />

er. Die Entscheidungen können in Ruhe <strong>und</strong> mit ausreichen<strong>der</strong><br />

Information getroffen werden, nicht in <strong>der</strong> Stresssituation<br />

<strong>der</strong> Jahresabschlussarbeiten.<br />

Entscheidungen im Anlagevermögen<br />

Das Anlagevermögen bindet Kapital für eine lange Zeit.<br />

Buchungen bei <strong>der</strong> Aktivierung haben daher einen<br />

langfristigen Einfluss auf die Bilanzgestaltung. Alle<br />

Entscheidungen zur buchhalterischen Behandlung von<br />

Anlagevermögen müssen immer mit Blick auf die Finanzkennziffern<br />

getroffen werden. Betroffen sind vor allem<br />

Unternehmen mit großem Anlagevermögen wie Produktionsunternehmen,<br />

Vermietungsgesellschaften o<strong>der</strong> Firmen<br />

mit großem Fuhrpark.<br />

Kaufen, mieten, leasen<br />

Eine Entscheidung mit großem Einfluss auf die Bilanz ist<br />

die Wahl <strong>der</strong> Finanzierung.<br />

Wird ein Vermögensgegenstand (VG) gekauft <strong>und</strong> werden<br />

dazu eigene finanzielle Mittel eingesetzt, kommt<br />

es zu einem Aktivtausch in <strong>der</strong> Bilanz. Die Bilanzsumme<br />

verlängert sich nicht, entsprechende Kennziffern<br />

werden nicht verän<strong>der</strong>t. Die in <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesene<br />

Liquidität sinkt.<br />

Bei Fremdfinanzierung verlängert sich die Bilanz<br />

durch die Buchung im Anlagevermögen <strong>und</strong> in den<br />

Verbindlichkeiten. Entsprechend verschlechtern sich<br />

die Kennzahlen, die sich auf die Bilanzsumme beziehen<br />

(z. B. Eigenkapitalquote).<br />

Gemietete Anlagenteile erscheinen nicht in <strong>der</strong> Bilanz,<br />

geleaste meist nur im Anhang. Dafür sind in <strong>der</strong> Regel die<br />

laufenden Kosten höher. Das Mietobligo <strong>und</strong> die Leasingverträge<br />

werden in <strong>der</strong> Bilanz nachrichtlich angegeben.<br />

Damit sind die Werte den Bilanzlesern bekannt, Einfluss<br />

auf die wichtigsten Kennzahlen nehmen geleaste o<strong>der</strong><br />

gemietete Gegenstände jedoch nicht.<br />

Bewerten<br />

Die zu aktivierenden VG des Anlagenvermögens müssen<br />

mit einem Wert belegt werden. Die Vorgehensweise ist<br />

zwar gesetzlich exakt beschrieben. Doch gerade wenn<br />

Nebenleistungen des Lieferanten, wie Schulung o<strong>der</strong><br />

Inbetriebnahme, erbracht o<strong>der</strong> Eigenleistungen berücksichtigt<br />

werden sollen, gibt es durchaus Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Beeinflussung.<br />

18<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Werden alle Wertbestandteile sofort richtig behandelt,<br />

muss zum Jahresende nicht umgebucht werden. Ein Erklärungsbedarf<br />

entsteht dann nicht.<br />

Praxis-Beispiel<br />

Ob es sich bei <strong>der</strong> Vermittlung von Kenntnissen über eine<br />

neue Maschine für die Mitarbeiter um eine Einweisung<br />

o<strong>der</strong> um eine generelle Schulung handelt, wird schon in<br />

<strong>der</strong> Bestellung, spätestens in <strong>der</strong> Rechnung des Lieferanten<br />

bestimmt. Wenn die Einweisung einen echten Bezug zur<br />

gelieferten Maschine hat, dann müssen die Kosten dafür<br />

aktiviert werden. Dann darf auch intern nicht über Schulung,<br />

Weiterbildung o<strong>der</strong> Ausbildung gesprochen werden.<br />

Die Kosten sind entsprechend als Einweisung zu buchen.<br />

Aktivieren<br />

Der Wert des Anlagevermögens hängt von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong><br />

bereits getätigten Abschreibung ab. Die Abschreibungen<br />

wie<strong>der</strong>um beginnen mit dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Aktivierung.<br />

Dieser ist im Gesetz festgelegt. Und dennoch besteht in<br />

<strong>der</strong> Praxis durchaus die Möglichkeit, den Aktivierungszeitpunkt<br />

in bestimmten Grenzen zu beeinflussen.<br />

Die Abschreibung beginnt mit <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Verfügbarkeit des Anlageguts. Liefertermine o<strong>der</strong><br />

eine offizielle Inbetriebnahme können, falls gewünscht<br />

vorgezogen o<strong>der</strong> um einige Tage verschoben werden.<br />

Dadurch ist es möglich, die Aktivierung <strong>und</strong> damit den<br />

Abschreibungsbeginn relativ zu einem Bilanzstichtag<br />

zu beeinflussen.<br />

Große Investitionsprojekte können oft in mehrere kleine<br />

selbstständige Projekte unterteilt werden. Dann ist<br />

auch eine Aktivierung <strong>der</strong> Teilprojekte möglich. Damit<br />

kann <strong>der</strong> Abschreibungsbeginn für Teile des Anlageguts<br />

vorgezogen werden.<br />

Für diese Möglichkeiten <strong>der</strong> Einflussnahme ist eine frühzeitige<br />

Planung <strong>und</strong> Steuerung notwendig. Wer erst am<br />

Jahresende versucht, Einfluss zu nehmen, wird scheitern.<br />

Externes Anlagevermögen<br />

Die Verflechtung zwischen K<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Lieferant wird immer<br />

enger. Zur K<strong>und</strong>enbindung stellt Letzterer oft Maschinen,<br />

Lagermöglichkeiten o<strong>der</strong> Transportgeräte zur<br />

Verfügung, um die gelieferten Produkte zu verarbeiten.<br />

Wenn diese Anlagen dem K<strong>und</strong>en nicht verkauft o<strong>der</strong><br />

geschenkt werden, stehen sie weiter im Anlagevermögen<br />

des Unternehmens.<br />

Dadurch steigt das Anlagevermögen, die Bilanzsumme<br />

wächst. Alle darauf ausgerichteten Kennzahlen verän<strong>der</strong>n<br />

sich entsprechend. So wird z. B. die Eigenkapitalquote<br />

schlechter, wenn Anlagevermögen mehr als notwendig<br />

ausgewiesen wird.<br />

Der Ausweis externer VG im eigenen Anlagevermögen<br />

sorgt dafür, dass die Kosten durch die Abschreibung auf<br />

die Nutzungsdauer verteilt werden. Ähnliches kann auch<br />

erreicht werden, indem dem K<strong>und</strong>en <strong>der</strong> VG geschenkt<br />

o<strong>der</strong> zu einem symbolischen Preis verkauft wird. Die Kosten<br />

fallen sofort an. Die K<strong>und</strong>enbindung muss dann durch<br />

langfristige Lieferverträge erreicht werden.<br />

Auch hier müssen Entscheidungen getroffen werden,<br />

bevor <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e die Anlage erhält. Die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Vorgabe, wie mit solchen Anlagen umzugehen ist, muss<br />

bewusst gemacht werden.<br />

Potenzial im Vorratsvermögen<br />

Gleichgültig, ob es sich um Rohstoffe, Materialien o<strong>der</strong><br />

Fertigwaren handelt, die Vorräte bilden in vielen Bilanzen<br />

eine wichtige Position. Diese Position des Umlaufvermögens<br />

bietet daher auch Möglichkeiten, die Bilanz zu beeinflussen.<br />

Die Bewertung ist nicht alles.<br />

Wertberichtigung vermeiden<br />

Jedes Lager beinhaltet auch Vorräte, die nicht mehr ihrem<br />

eigentlichen Zweck dienen können. Im Nahrungsmittelbereich<br />

kann das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen<br />

sein, im Textilbereich kann eine modische Überlagerung<br />

festgestellt werden.<br />

Die Entscheidung im Laufe des Jahres umfasst die Entsorgung<br />

nicht mehr gängiger Vorräte noch vor dem<br />

Bilanzstichtag. Damit tauchen die Bestände gar nicht<br />

erst in den Vorräten auf.<br />

Alternativ dazu müssen am Jahresende für diese Vorräte<br />

Wertberichtigungen errechnet, verbucht <strong>und</strong> vor<br />

allem begründet werden. Gleichzeitig müssen Rückstellungen<br />

für Entsorgungskosten gebildet werden.<br />

Wer Lagerbestände, die nicht mehr benötigt werden, sofort<br />

aus seinem Lager entfernt, spart nicht nur Lagerkosten.<br />

Er spart <strong>der</strong> Buchhaltung im Jahresabschluss auch<br />

erheblichen Aufwand.<br />

Die Bestandsbewertung nutzen<br />

Die gelagerten Waren <strong>und</strong> Rohstoffe müssen mit einem<br />

Preis verb<strong>und</strong>en werden, damit eine Bewertung stattfinden<br />

kann. Das sind für selbst hergestellte Teile die<br />

Herstellkosten, für an<strong>der</strong>e die Beschaffungskosten. Die<br />

Berechnung bietet trotz aller gesetzlicher Vorschriften<br />

Einflussmöglichkeiten, die bereits im Jahresablauf vorbereitet<br />

werden können.<br />

Die Bewertung mit Herstellkosten bietet gesetzlich nur<br />

noch wenig Spielraum. Wer diesen nutzen will, muss<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 19


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

die Auswirkungen <strong>der</strong> einzelnen Parameter kennen.<br />

Wer schon im Oktober o<strong>der</strong> November die Herstellkosten<br />

ermittelt, kann in Ruhe alle Optionen prüfen.<br />

Die Bewertungspreise müssen noch dem Nie<strong>der</strong>stwerttest<br />

unterzogen werden. Dieser ist auch abhängig von<br />

bereits abgeschlossenen Lieferverträgen für die Zukunft.<br />

Möchten Sie eine Abwertung vermeiden, obwohl<br />

die künftigen Verträge niedrigere Preise ausweisen,<br />

schließen Sie diese nicht im laufenden Jahr ab. Warten<br />

Sie, soweit möglich, bis <strong>der</strong> Bilanzstichtag vorbei ist.<br />

Verträge mit höheren Preisen sollten noch im laufenden<br />

Jahr abgeschlossen werden, da Preiserhöhungen<br />

nicht berücksichtigt werden dürfen.<br />

Einen wesentlichen Einfluss auf die Bestandshöhe kann<br />

<strong>der</strong> Einkauf nehmen. Sollen möglichst niedrige Bestände<br />

in <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesen werden, dann können<br />

nicht sofort benötigte Lieferungen auf den Januar gelegt<br />

werden. Wird ein möglichst hoher Bestand benötigt,<br />

z. B. als Sicherheit für einen Bankkredit, dann erfolgt<br />

die Lieferung noch vor dem Bilanzstichtag. Das hat<br />

Einfluss auf Kennzahlen wie Bilanzsumme, Working<br />

Capital <strong>und</strong> Verschuldungsgrad.<br />

Die Entscheidung zur Bestandshöhe o<strong>der</strong> zur Nutzung<br />

von Bewertungsoptionen können nach dem Bilanzstichtag<br />

nicht mehr getroffen werden. Sie müssen frühzeitig<br />

vorbereitet sein. Lieferanten müssen entsprechend instruiert<br />

werden, die Bewertungspolitik muss angepasst<br />

werden.<br />

Praxis-Tipp<br />

In <strong>der</strong> Regel können Sie zur Bewertung am Bilanzstichtag<br />

Berechnungen verwenden, die schon einige Wochen alt<br />

sind. Oft stehen die notwendigen Daten aus <strong>der</strong> Kostenrechnung<br />

am Jahresende noch gar nicht zur Verfügung.<br />

Darum können Sie Kosten sparen, wenn Sie Herstellkosten<br />

aus Vormonaten verwenden.<br />

Einfluss auf For<strong>der</strong>ungen<br />

Hohe For<strong>der</strong>ungen aus Lieferung <strong>und</strong> Leistung in <strong>der</strong> Bilanz<br />

müssen nicht hingenommen werden, nur weil <strong>der</strong><br />

Zahlungseingang vom Zahlungsverhalten <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en<br />

abhängt. Es gibt Regeln, die K<strong>und</strong>en einhalten müssen.<br />

Das Verhalten <strong>der</strong> Zahler muss bereits im laufenden Jahr<br />

beeinflusst werden.<br />

Durch systematisches For<strong>der</strong>ungsmanagement kann<br />

das durchschnittliche Zahlungsziel <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en reduziert<br />

werden.<br />

Durch rechtzeitiges Mahnen <strong>und</strong> dem konsequenten<br />

Einfor<strong>der</strong>n offener For<strong>der</strong>ungen werden die For<strong>der</strong>ungen<br />

reduziert.<br />

For<strong>der</strong>ungen, die nicht mehr eingebracht werden können,<br />

müssen bereits während des Jahres ausgebucht<br />

werden.<br />

Praxis-Hinweis<br />

Wenn For<strong>der</strong>ungen nicht eingebracht werden können <strong>und</strong><br />

damit ausgebucht werden, gehen sie dem Unternehmen<br />

nicht verloren. Vorhandene Titel gegen Schuldner sind<br />

nicht abhängig davon, ob die Werte noch in den For<strong>der</strong>ungen<br />

stehen o<strong>der</strong> nicht.<br />

Werden For<strong>der</strong>ungen bezahlt, kommt es in <strong>der</strong> Bilanz zu<br />

einem Aktivtausch, da das Geld auf dem Bankkonto landet.<br />

Dennoch geht die Höhe <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen in die Beurteilung<br />

<strong>der</strong> wirtschaftlichen Lage ein, da For<strong>der</strong>ungen<br />

nicht so sicher sind wie liquide Mittel.<br />

Sonstige For<strong>der</strong>ungen stellen ein Sammelsurium vieler<br />

Positionen z. B von Steuerrückzahlungen o<strong>der</strong> Erstattungsansprüchen<br />

gegen Versicherungsunternehmen dar.<br />

Viele Praktiker machen die Erfahrung, dass die konsequente<br />

Beschäftigung mit diesen Positionen viel Potenzial<br />

zur Erledigung dieser For<strong>der</strong>ungen bietet. Wer also Anträge<br />

rechtzeitig stellt <strong>und</strong> Zahlungen anmahnt, kann diese<br />

Bilanzposition erheblich reduzieren.<br />

Bankkonten in <strong>der</strong> Bilanz<br />

Die Bankkonten erscheinen mit dem von <strong>der</strong> Bank bestätigten<br />

Saldo zum Stichtag in <strong>der</strong> Bilanz. Wer Einfluss auf<br />

die Darstellung nehmen will, muss das also bereits weit<br />

vorher tun.<br />

Das Verhältnis zwischen lang- <strong>und</strong> kurzfristiger Finanzierung<br />

wird in vielen Kennzahlen aufgenommen.<br />

Eine Umschichtung <strong>der</strong> Bankkredite von kurz- in langfristiges<br />

Engagement muss anhand einer langfristigen<br />

Bilanzplanung bereits lange vor dem Bilanzstichtag<br />

erfolgen.<br />

Verfügt das Unternehmen über liquide Mittel, müssen<br />

diese entsprechend den notwendigen Daten für optimale<br />

Kennzahlen kurz- o<strong>der</strong> langfristig angelegt werden.<br />

Eine Verrechnung von Guthaben z. B. auf dem Kontokorrentkonto<br />

mit Bankschulden verkürzt die Bilanz<br />

<strong>und</strong> hat entsprechend Einfluss auf viele Kennzahlen.<br />

Auch hier ist eine zumindest mittelfristige Planung <strong>und</strong><br />

frühzeitige Vereinbarung mit den Banken notwendig.<br />

Einfluss auf Verbindlichkeiten<br />

Verbindlichkeiten haben eine differenzierte Rolle bei <strong>der</strong><br />

Bildung von Kennzahlen. Viele Verbindlichkeiten erhöhen<br />

die Bilanzsumme. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sind hohe<br />

Verbindlichkeiten gut für das Working Capital.<br />

20<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sind Verbindlichkeiten, die nicht aufgr<strong>und</strong><br />

finanzieller Engpässe son<strong>der</strong>n durch bewusstes Verhandeln<br />

entstehen, gut für das Unternehmen. Sie erhöhen die<br />

liquiden Spielräume <strong>und</strong> stellen einen kostengünstigen<br />

Kredit dar.<br />

Im Laufe des Jahres werden in Verhandlungen mit Lieferanten<br />

lange Zahlungsziele erreicht.<br />

Die Zahlungen zum Jahresende werden exakt geplant.<br />

Wichtige Zahlungen mit Skontoerträgen werden auch<br />

innerhalb des Jahreswechsels pünktlich erledigt.<br />

Praxis-Hinweis<br />

Planen Sie Ihre Zahlungen sorgfältig <strong>und</strong> in Absprache mit<br />

wichtigen Zahlungsempfängern. Zu extensives Verzögern<br />

kann zu Meldungen von Zielüberschreitungen <strong>und</strong> damit<br />

zu schlechter Bonitätseinschätzung durch Kreditversicherer<br />

führen.<br />

Gestaltung durch Rückstellungen<br />

Mit Rückstellungen wird <strong>der</strong> handels- <strong>und</strong> steuerrechtliche<br />

Gewinn des Unternehmens reduziert. Da <strong>der</strong> Gewinn<br />

wie die Rückstellungen auf <strong>der</strong> Passivseite <strong>der</strong> Bilanz ausgewiesen<br />

wird, kommt es zu einem Passivtausch. Rückstellungen<br />

haben Einfluss auf Kapitalkennziffern, da <strong>der</strong><br />

Gewinn in Relation zum Eigenkapital zählt, Rückstellungen<br />

nicht.<br />

Rückstellungen werden für unterschiedlichste Situationen<br />

gebildet <strong>und</strong> verhalten sich oft sehr überraschend.<br />

Wenn beispielsweise nach dem Bilanzstichtag festgestellt<br />

wird, dass aufgr<strong>und</strong> von gesunkener Rohwarenpreise <strong>und</strong><br />

altem Kontrakt mit hohen Kosten eine Drohverlustrückstellung<br />

zu bilden ist, kann das den gesamten handelsrechtlichen<br />

Gewinn aufzehren.<br />

Rückstellungen werden nicht erst nach dem Bilanzstichtag<br />

errechnet. Es lohnt sich, die Berechnung im<br />

Laufe des Jahres immer wie<strong>der</strong> durchzuführen, um eine<br />

zu erwartende Entwicklung aufzuzeigen.<br />

Belege für Rückstellungen werden bereits das gesamte<br />

Jahr über gesammelt (Bonusvereinbarungen, Reparaturangebote<br />

usw.).<br />

Die gewünschte Höhe <strong>der</strong> Rückstellungen kann durch<br />

entsprechende Schätzung <strong>der</strong> zu erwartenden Kosten<br />

erreicht werden. Diese wie<strong>der</strong>um hängen von den Beträgen<br />

auf den Belegen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Argumentation für höhere<br />

o<strong>der</strong> niedrigere Rückstellungen ab.<br />

Eigenkapital<br />

Das Eigenkapital des Unternehmens ist für viele Finanzkennziffern<br />

eine ausschlaggebende Größe. Um zumindest<br />

einen gewissen Einfluss auf die Kennzahlen zu<br />

haben, muss bereits im Laufe des Jahres eine Planung<br />

<strong>der</strong> Entwicklung des Eigenkapitals erfolgen. In <strong>der</strong> Regel<br />

müssen Verän<strong>der</strong>ungen am Kapital durch Gesellschafterversammlungen<br />

beschlossen werden. Diese haben<br />

einem Reglement zu folgen, das auch lange Fristen einschließt.<br />

Ein im Vorjahr erzielter Gewinn kann ausgeschüttet<br />

o<strong>der</strong> einbehalten werden. Auf den Gewinn im laufenden<br />

Jahr können Vorabausschüttungen erfolgen. Das<br />

muss während des Jahres beschlossen werden.<br />

Ein entstandener Verlust muss eventuell ausgeglichen<br />

werden.<br />

Ein- <strong>und</strong> Auszahlungen von Gesellschafterdarlehen<br />

müssen langfristig geplant werden. entsprechende<br />

Vorbereitungen sind notwendig.<br />

Ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk verlangen Eigenkapitalkennziffern,<br />

die in Kreditverträgen mit den Banken vereinbart<br />

sind. Wer sich nicht das gesamte Jahr über damit auseinan<strong>der</strong>setzt,<br />

kann am Bilanzstichtag eine böse Überraschung<br />

erleben.<br />

Drei Regeln<br />

Im Laufe des Jahres immer wie<strong>der</strong> die Auswirkungen von<br />

Entscheidungen auf die Bilanz exakt zu berechnen, ist zu<br />

aufwändig. Gute Ergebnisse erzielt man mit <strong>der</strong> Einhaltung<br />

von drei einfachen Regeln, die bei je<strong>der</strong> größeren<br />

Entscheidung berücksichtigt werden sollten:<br />

1. Wie beeinflusst die Entscheidung die Bilanzsumme?<br />

Die Bilanzsumme ist möglichst niedrig zu halten. Je geringer<br />

die Bilanzsumme ist, desto besser sind viele Finanzkennziffern.<br />

Außerdem werden dann Größenklassen<br />

eingehalten, die Vereinfachungen in <strong>der</strong> Buchhaltung <strong>und</strong><br />

in <strong>der</strong> Veröffentlichungspflicht o<strong>der</strong> bessere För<strong>der</strong>möglichkeiten<br />

bringen.<br />

2. Welchen Einfluss hat die Entscheidung auf das Working<br />

Capital?<br />

Das Working Capital ist möglichst niedrig zu halten. Je<br />

weniger Working Capital gebraucht wird, desto besser<br />

sind die Kennzahlen, aber auch die realen Finanzierungskosten.<br />

3. Kann, soll o<strong>der</strong> muss in <strong>der</strong> Situation eine Rückstellung<br />

gebildet werden?<br />

Rückstellungen müssen geplant <strong>und</strong> begründet werden.<br />

Hohe Rückstellungen reduzieren den Gewinn <strong>und</strong> damit<br />

die Steuerlast. Niedrige Rückstellungen helfen, einen hohen<br />

Gewinn auszuweisen.<br />

<<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 21


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Ungewisse Verbindlichkeiten<br />

Rückstellung für Produkthaftung<br />

richtig berechnen<br />

Aufwendungen in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Produkthaftung sind gr<strong>und</strong>sätzlich als Betriebsausgaben<br />

abziehbar. Die frühzeitige Rückstellungsbildung beim Bekanntwerden von Schadensfällen<br />

ist sowohl handelsrechtlich (wegen des Ausweises von Risiken) als auch steuerrechtlich<br />

(Steuerst<strong>und</strong>ungseffekt) zu empfehlen. Die dazu erfor<strong>der</strong>lichen Voraussetzungen werden<br />

nachfolgend erläutert.<br />

von Dipl.-Finanzwirt (FH) Dieter Krieger, Freiburg<br />

Produkthaftung ist die Haftung des Herstellers<br />

o<strong>der</strong> Importeurs für Personen- o<strong>der</strong> Sachschäden,<br />

die eine von ihm in den Verkehr gebrachte Ware<br />

verursacht. Diese Haftung wird nach dem Produkthaftungsgesetz<br />

(ProdHaftG) als verschuldensunabhängige<br />

Gefährdungshaftung bezeichnet <strong>und</strong> unterscheidet sich<br />

von <strong>der</strong> Sachmängelhaftung, die nur Fehler betrifft, die<br />

an einer Sache selbst auftreten. Die zivilrechtliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />

für die Produkthaftung bildet das Produkthaftungsgesetz<br />

(ProdHaftG).<br />

Für die Bilanzierung von Verpflichtungen aus <strong>der</strong> Inanspruchnahme<br />

nach dem ProdHaftG gilt Folgendes: Die<br />

Rückstellung für Produkthaftung gehört zu den Rückstellungen<br />

für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs.<br />

1 HGB. Sofern die Voraussetzungen zur Rückstellungsbildung<br />

in <strong>der</strong> Handelsbilanz gegeben sind, besteht nach<br />

dem Maßgeblichkeitsgr<strong>und</strong>satz auch für die Steuerbilanz<br />

eine Passivierungspflicht. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> abweichenden<br />

Abzinsungsvorschriften (§ 253 Abs. 2 HGB versus § 6<br />

Abs. 1 Nr. 3a.e) EStG) können sich für Handels- <strong>und</strong> Steuerbilanz<br />

unterschiedliche Wertansätze ergeben.<br />

Entstehende Kosten aus Produkthaftung<br />

Trotz perfektionierter Fertigungsverfahren <strong>und</strong> exakter<br />

Qualitätskontrollen lassen sich bei <strong>der</strong> Produktion von<br />

Waren Konstruktions-, Fabrikations- o<strong>der</strong> Instruktionsfehler<br />

nicht völlig verhin<strong>der</strong>n. Liegt solch ein Fehler vor<br />

<strong>und</strong> treten deshalb Mangelfolgeschäden auf, kann dies<br />

eine Inanspruchnahme nach dem ProdHaftG nach sich<br />

ziehen. Aufwendungen in diesem Zusammenhang können<br />

z. B. sein:<br />

Schadenersatz für Personen- <strong>und</strong> Sachschäden (ggf.<br />

auch Rentenzahlungen),<br />

Schmerzensgeld für Verletzte o<strong>der</strong> Hinterbliebene,<br />

Kosten für die Schadensfeststellung, z. B. für Gutachter,<br />

sonstige Sachkosten in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erfüllung<br />

<strong>der</strong> Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz.<br />

Diese Kosten sind als Betriebsausgaben abzugsfähig.<br />

Wurde dafür keine Rückstellung gebildet, min<strong>der</strong>n sie<br />

handels- wie steuerrechtlich in dem Jahr den Gewinn, in<br />

dem sie bezahlt werden.<br />

Praxis-Beispiel: Folgen eines Konstruktionsfehlers<br />

Ein Pkw-Fahrer ist im August 01 wegen eines geplatzten<br />

Reifens schwer verunglückt. Das Fahrzeug weist einen Totalschaden<br />

auf. Dem Reifenhersteller wurde durch einen<br />

Sachverständigen ein Konstruktionsfehler nachgewiesen.<br />

Daraufhin leistet <strong>der</strong> Hersteller im März 02 eine Zahlung in<br />

Höhe von 95.000 EUR für Schadenersatz, Schmerzensgeld<br />

<strong>und</strong> Krankenhauskosten an das Unfallopfer. Daneben werden<br />

auch die Kosten für das Sachverständigengutachten in<br />

Höhe von 25.000 EUR bezahlt.<br />

Zum 31.12.01 war beim Reifenhersteller keine Rückstellung<br />

gebildet worden.<br />

Folge: Sämtliche Kosten (insgesamt 120.000 EUR) sind im<br />

Jahr <strong>der</strong> Verausgabung, also in 02, als Betriebsausgaben<br />

abziehbar.<br />

Bildung einer Rückstellung in <strong>der</strong> Handelsbilanz<br />

Vorherige Prüfschritte<br />

Produkthaftungsfälle sind Einzelfälle. Deshalb ist die<br />

22<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Bildung einer Rückstellung für Produkthaftung erst dann<br />

zulässig, wenn gegenüber einem Unternehmen konkrete<br />

Haftungsansprüche geltend gemacht werden <strong>und</strong> diese<br />

Ansprüche begründet sind.<br />

Die Höhe des in die Rückstellung einzustellenden Betrags<br />

richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es ist<br />

immer eine Einzelbewertung vorzunehmen.<br />

Achtung: Pauschalrückstellungen sind unzulässig<br />

!<br />

Die Bildung von Pauschalrückstellungen ist nicht<br />

zulässig, da je<strong>der</strong> Unternehmer, <strong>der</strong> Güter herstellt o<strong>der</strong><br />

vertreibt, ein latentes Haftungsrisiko trägt.<br />

Handelsrechtlich ist die Bildung einer Rückstellung für<br />

Produkthaftungsrisiken unter folgenden Voraussetzungen<br />

zwingend geboten:<br />

1. Es liegt eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten<br />

vor.<br />

2. Die Verbindlichkeit wurde vor dem Bilanzstichtag<br />

verursacht.<br />

3. Mit einer Inanspruchnahme ist ernsthaft zu rechnen.<br />

Zu 1: Es liegt eine Verbindlichkeit gegenüber einem<br />

Dritten vor<br />

Die Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten dürfte unzweifelhaft<br />

immer dann vorliegen, wenn ein K<strong>und</strong>e Ansprüche<br />

nach dem ProdHaftG geltend macht.<br />

Eine Verbindlichkeit ist dann vor dem Bilanzstichtag<br />

verursacht, wenn ein unmittelbarer sachlicher o<strong>der</strong><br />

wirtschaftlicher Zusammenhang zum abgelaufenen o<strong>der</strong><br />

zu einem früheren Wirtschaftsjahr besteht.<br />

Zu 3: Mit einer Inanspruchnahme ist ernsthaft zu<br />

rechnen<br />

Die Rückstellung für Produkthaftung muss gebildet<br />

werden, wenn ein Unternehmen ernsthaft mit einer Inanspruchnahme<br />

rechnen kann. Dies ist im Falle <strong>der</strong> Produkthaftung<br />

immer dann gegeben, wenn mehr Gründe für<br />

als gegen eine Inanspruchnahme des Herstellers des den<br />

Schaden verursachenden Produkts sprechen.<br />

Buchungs-Beispiel: Bildung einer Rückstellung<br />

Im Oktober 01 implodierte ein Fernsehgerät. Der Hersteller<br />

hat nach Vorlage eines Sachverständigenberichts seine<br />

Produkthaftung eingeräumt <strong>und</strong> die Kostenübernahme<br />

zugesichert. Nachdem <strong>der</strong> Schadensfall im Februar 02 abgewickelt<br />

wurde, ermittelte er die angefallenen Aufwendungen<br />

wie folgt:<br />

Entschädigung für zerstörte<br />

Wohnungseinrichtung<br />

40.000 EUR<br />

Zu 2: Die Verbindlichkeit wurde vor dem Bilanzstichtag<br />

verursacht.<br />

Schmerzensgeld für die erlittenen<br />

Verletzungen<br />

25.000 EUR<br />

Praxis-Beispiel:<br />

Prüfung, ob eine Rückstellung zu bilden ist<br />

Ein Pkw-Fahrer verunglückte nachweislich wegen eines<br />

Konstruktionsfehlers <strong>der</strong> Reifen. Er hat seine Schadenersatz-<br />

<strong>und</strong> Schmerzensgeldansprüche über einen Anwalt<br />

im September 01 geltend gemacht. Die Überprüfung des<br />

Schadensfalls <strong>und</strong> die Einholung des Sachverständigengutachtens<br />

nahmen längere Zeit in Anspruch.<br />

Überlegungen bezüglich <strong>der</strong> Rückstellungsbildung<br />

<strong>und</strong> -höhe<br />

Schon zum 31.12.01 ist klar, dass <strong>der</strong> Reifenhersteller einer<br />

Inanspruchnahme nach dem ProdHaftG nicht entgehen<br />

kann. Deshalb besteht bereits zu diesem Zeitpunkt die<br />

handelsrechtliche Verpflichtung zur Rückstellungsbildung.<br />

Sind die einzelnen Kosten bei Aufstellung <strong>der</strong> Bilanz noch<br />

nicht bekannt, müssen diese geschätzt werden. Dabei ist<br />

das kaufmännische Vorsichtsprinzip zu beachten.<br />

Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten<br />

Honorar Sachverständiger<br />

12.000 EUR<br />

5.000 EUR<br />

Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />

Gesamt<br />

85.000 EUR<br />

Da die Zahlung erst im Jahr 02 erfolgte, <strong>der</strong> Schaden<br />

wirtschaftlich aber bereits im Jahr 01 entstanden ist <strong>und</strong><br />

zum Bilanzstichtag ernsthaft mit <strong>der</strong> Inanspruchnahme zu<br />

rechnen war, ist <strong>der</strong> Haftungsfall zum 31.12.01 über eine<br />

Rückstellung in Höhe von 85.000 EUR in <strong>der</strong> Bilanz abzubilden.<br />

Aus § 249 Abs. 1 HGB ergibt sich die zwingende<br />

Verpflichtung zur Bildung <strong>der</strong> Rückstellung – es besteht<br />

kein Wahlrecht.<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 23


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Buchung: Bildung <strong>der</strong> Rückstellung in 01<br />

Konto<br />

SKR 03/04<br />

Soll<br />

Kontenbezeichnung<br />

Betrag<br />

EUR<br />

Konto<br />

SKR03/04<br />

Haben<br />

Kontenbezeichnung<br />

Betrag<br />

EUR<br />

2000/7500 Außerordentlicher Aufwand 85.000 0970/3070 Sonstige Rückstellungen 85.000<br />

Abzinsungsgebot nach HGB<br />

Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem<br />

Jahr sind zwingend abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 HGB). Hiervon<br />

betroffen sind auch die Rückstellungen für Produkthaftung,<br />

wenn die Laufzeit entsprechend lang ist. Für<br />

die Ermittlung des Abzinsungsbetrags sind die von <strong>der</strong><br />

Deutschen B<strong>und</strong>esbank hierfür veröffentlichten Zinssätze<br />

verbindlich anzuwenden.<br />

Nicht als Rückstellung auszuweisende<br />

Tatbestände<br />

Unberechtigte Ansprüche<br />

Nicht zulässig ist die Bildung einer Rückstellung für Produkthaftung,<br />

wenn das Unternehmen seine Haftungsverpflichtungen<br />

bestreitet <strong>und</strong> <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e nach Abwägung<br />

aller Umstände praktisch keine Aussichten auf Erfüllung<br />

seiner Ansprüche hat.<br />

Praxis-Beispiel: Keine Rückstellung bei Bestreiten<br />

<strong>der</strong> Haftungsverpflichtung<br />

Der Käufer einer Waschmaschine verlangt vom Hersteller<br />

die Übernahme <strong>der</strong> Kosten eines Wasserschadens, <strong>der</strong><br />

angeblich durch das Gerät verursacht wurde. Die Untersuchung<br />

des Schadensfalls zeigt, dass das Wasser nur deshalb<br />

aus <strong>der</strong> Maschine austreten konnte, weil <strong>der</strong> Käufer<br />

den Abflussschlauch – trotz ausführlicher Beschreibung in<br />

<strong>der</strong> Gebrauchsanleitung – nicht richtig montiert hatte.<br />

Da die Waschmaschine we<strong>der</strong> einen Konstruktions- noch<br />

einen Fabrikations-, noch einen Instruktionsfehler aufweist,<br />

sind die Ansprüche des Käufers nicht durchsetzbar.<br />

Die Bildung einer Rückstellung kommt sowohl für die Handels-<br />

wie auch für die Steuerbilanz nicht in Betracht.<br />

Gewährleistung/Kulanz/Rückrufe<br />

Aufwendungen für die Sachmängelhaftung, für welche<br />

<strong>der</strong> Hersteller dem K<strong>und</strong>en Gewährleistung o<strong>der</strong> Kulanz<br />

einräumt, sind nicht in die Rückstellung für Produkthaftung<br />

einzubeziehen. Auch Kosten für Rückrufaktionen,<br />

wie sie zum Beispiel in <strong>der</strong> Automobilbranche gelegentlich<br />

anzutreffen sind, gehören nicht zu den zu berücksichtigenden<br />

Kosten.<br />

Zwar ist <strong>der</strong> Hersteller nach dem ProdHaftG zur laufenden<br />

Produktüberwachung <strong>und</strong> – bei Auftreten von Serienfehlern<br />

– zum Rückruf verpflichtet. Die Rückrufkosten als<br />

solche, zum Beispiel für großformatige Anzeigen in Tageszeitungen,<br />

wie auch Reparatur- o<strong>der</strong> Nachbesserungskosten<br />

fallen jedoch unter die Gewährleistung <strong>und</strong> sind<br />

gegebenenfalls im Rahmen <strong>der</strong> Garantierückstellung zu<br />

erfassen.<br />

Rückstellung für Produkthaftung in <strong>der</strong><br />

Steuerbilanz<br />

Maßgeblichkeit <strong>der</strong> Handelsbilanz<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Maßgeblichkeit <strong>der</strong> Handelsbilanz für<br />

die Steuerbilanz gilt prinzipiell auch für die Rückstellung<br />

für Produkthaftung. Bei Übernahme des Handelsbilanzwerts<br />

in die Steuerbilanz sind allerdings Ausnahmen zu<br />

beachten.<br />

Ausnahme von <strong>der</strong> Maßgeblichkeit<br />

Erstattung durch Dritte<br />

Viele Unternehmen versuchen, ihr Produkthaftungsrisiko<br />

durch entsprechende Versicherungen abzudecken. Zu<br />

erwartende Versicherungsleistungen sind in <strong>der</strong> Steuerbilanz<br />

nicht als For<strong>der</strong>ungen auszuweisen, son<strong>der</strong>n min<strong>der</strong>n<br />

im Schadensfall die Kosten <strong>und</strong> somit auch die Höhe<br />

<strong>der</strong> zu bildenden Rückstellung.<br />

Gleiches gilt für die Fälle, in denen <strong>der</strong> eigene Aufwand<br />

durch Rückgriff auf Dritte, zum Beispiel dem Zulieferer,<br />

reduziert werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a.c) EStG).<br />

Praxis-Beispiel: Rückstellungsberechnung bei<br />

bestehendem Versicherungsanspruch<br />

Ein Hersteller von Fernsehgeräten hat sich gegen Produkthaftungsansprüche<br />

versichert. Nach den Vertragsbestimmungen<br />

übernimmt die Versicherung bei jedem<br />

Schadensfall 50 % <strong>der</strong> Kosten, maximal 30.000 EUR.<br />

Die Rückstellung wird wie folgt berechnet:<br />

24<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung<br />

+ Schmerzensgeld für die erlittenen<br />

Verletzungen<br />

40.000 EUR<br />

25.000 EUR<br />

+ Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten 12.000 EUR<br />

Praxis-Beispiel: Ermittlung des Abzinsungsbetrags<br />

Der Hersteller eines im Oktober 01 implodierten Fernsehgeräts<br />

hat nach Vorlage eines Sachverständigenberichts<br />

seine Produkthaftung eingeräumt <strong>und</strong> ermittelt nach<br />

<strong>der</strong> abgeschlossenen Abwicklung des Schadensfalls im<br />

Februar 03 die in diesem Zusammenhang angefallenen<br />

Aufwendungen:<br />

+ Honorar Sachverständiger 3.000 EUR<br />

+ Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />

= Gesamt 85.000 EUR<br />

Entschädigung für zerstörte Wohnungseinrichtung<br />

40.000 EUR<br />

– Versicherungsleistung (50 %, begrenzt<br />

auf maximal 30.000 EUR)<br />

30.000 EUR<br />

+ Schmerzensgeld für die erlittenen<br />

Verletzungen<br />

25.000 EUR<br />

Rückstellung für Produkthaftung<br />

55.000 EUR<br />

+ Arzt- <strong>und</strong> Krankenhauskosten 12.000 EUR<br />

Abzinsung<br />

Das Steuerrecht sieht für die Abzinsung von Rückstellungen<br />

mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten einen<br />

Zinssatz von 5,5 % vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a.e) EStG). Für<br />

die Handelsbilanz ist die Abzinsung dagegen mit den von<br />

<strong>der</strong> Deutschen B<strong>und</strong>esbank veröffentlichten Zinssätzen<br />

vorzunehmen.<br />

Da es am Bilanzstichtag häufig nicht möglich sein wird,<br />

den Erfüllungszeitpunkt genau festzustellen, muss dieser<br />

Termin nach den Umständen des Einzelfalls im Schätzungsweg<br />

ungefähr bestimmt werden.<br />

Praxis-Tipp<br />

Finanzverwaltung vereinfacht die Berechnung<br />

Die verbleibende Laufzeit einer Rückstellung am Bilanzstichtag<br />

ist taggenau zu berechnen. Dabei kann<br />

aus Vereinfachungsgründen das Kalen<strong>der</strong>jahr mit 360<br />

Tagen, je<strong>der</strong> volle Monat mit 30 Tagen, <strong>der</strong> Monat, in<br />

dem <strong>der</strong> Fälligkeitstag liegt, mit <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> tatsächlichen<br />

Tage einschließlich des Fälligkeitstags, höchstens<br />

jedoch mit 30 Tagen gerechnet werden (BMF, Schreiben<br />

v. 26.5.2005, IV B 2 – S 2175 – 7/05).<br />

Da die Zahlung erst im Jahr 03 erfolgt, <strong>der</strong> Schaden wirtschaftlich<br />

aber bereits im Jahr 01 entstanden ist <strong>und</strong> zum<br />

+ Honorar Sachverständiger 3.000 EUR<br />

+ Sonstige Kosten 3.000 EUR<br />

= Gesamt 85.000 EUR<br />

Bilanzstichtag ernsthaft mit <strong>der</strong> Inanspruchnahme zu<br />

rechnen war, musste bereits zum 31.12.01 eine Rückstellung<br />

in Höhe von 85.000 EUR gebildet werden.<br />

Abzinsung <strong>der</strong> Rückstellung zum 31.12.01:<br />

Es wird unterstellt, dass zu diesem Zeitpunkt absehbar<br />

war, dass <strong>der</strong> Schadensfall bis spätestens 31.12.02 abgerechnet<br />

sein wird. Somit beträgt die verbleibende Laufzeit<br />

<strong>der</strong> Rückstellung zwölf Monate. Nach dem BMF-Schreiben<br />

vom 26.5.2005 ergibt sich ein Vervielfältiger für ein Jahr<br />

von 0,948.<br />

Ansatz Steuerbilanz: 85.000 EUR × 0,948 = 80.580 EUR<br />

Abzinsung <strong>der</strong> Rückstellung zum 31.12.02<br />

Der Schadensfall wurde im Februar 03 durch Zahlung<br />

erledigt. Die Rückstellung ist in <strong>der</strong> Steuerbilanz zum<br />

31.12.02 ohne Abzinsung zu passivieren, da die Laufzeit<br />

am Bilanzstichtag bei weniger als zwölf Monaten lag. Der<br />

Rückstellungswert beträgt somit zum 31.12.02 sowohl in<br />

<strong>der</strong> Handels- wie in <strong>der</strong> Steuerbilanz 85.000 EUR. <<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 25


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Topthema Organschaft<br />

Ein Überblick nach <strong>der</strong> Reform<br />

In Fällen <strong>der</strong> Organschaft übernimmt <strong>der</strong> Organträger das Jahresergebnis <strong>der</strong> Organgesellschaft;<br />

dadurch wird die Besteuerung einer Firma (Organgesellschaft) letztendlich bei einem zweiten<br />

Unternehmen (Organträger) vorgenommen. Hierbei ist zwischen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer<br />

<strong>und</strong> Umsatzsteuer zu unterscheiden; teilweise sind aktienrechtliche Vorschriften zu<br />

beachten. Im Februar wurde eine gesetzliche Reform verabschiedet, die vor allem steuerliche<br />

Än<strong>der</strong>ungen beim Auslandsbezug regelt.<br />

von Dipl.-Finanzwirt (FH) Wolfgang Macht, Betriebsprüfer, Hof<br />

Topthema<br />

Gemäß § 291 Abs. 1 AktG kann eine Aktiengesellschaft<br />

o<strong>der</strong> Kommanditgesellschaft auf Aktien die<br />

Leitung ihrer Gesellschaft einem an<strong>der</strong>en Unternehmen<br />

unterstellen (Beherrschungsvertrag) o<strong>der</strong> sich<br />

verpflichten, ihren ganzen Gewinn an ein an<strong>der</strong>es Unternehmen<br />

abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Beide<br />

Verträge werden als „Unternehmensverträge“ bezeichnet.<br />

Achtung: Verlustfalle Besteht ein Beherrschungs-<br />

!<br />

o<strong>der</strong> ein Gewinnabführungsvertrag, ist das beherrschende<br />

Unternehmen auch zur Übernahme von<br />

Verlusten verpflichtet.<br />

Gewinnabführungs- <strong>und</strong> Beherrschungsvertrag<br />

Ein Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrag greift<br />

massiv in die Rechte <strong>der</strong> Anteilseigner ein (Gewinnabführung,<br />

Verlustübernahme). Ein Unternehmensvertrag bedarf<br />

daher <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Hauptversammlungen<br />

bei<strong>der</strong> Gesellschaften . Dazu ist mindestens eine 3/4-Mehrheit<br />

des bei <strong>der</strong> Abstimmung vertretenen Gr<strong>und</strong>kapitals<br />

erfor<strong>der</strong>lich. In <strong>der</strong> Satzung kann eine höhere Mehrheit<br />

bestimmt werden. Nach außen wird <strong>der</strong> Vertrag erst<br />

wirksam, wenn er in das Handelsregister eingetragen<br />

worden ist.<br />

Körperschaftsteuerliche Organschaft<br />

Wirkung<br />

Die Organgesellschaft führt ihren Gewinn auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

eines Gewinnabführungsvertrags an den Organträger<br />

ab. Dadurch kann ein Verlust <strong>der</strong> einen mit Gewinnen <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Gesellschaft verrechnet werden. Erwirtschaftet<br />

die Organgesellschaft einen Verlust, ist <strong>der</strong> Organträger<br />

zur Übernahme dieses Jahresfehlbetrags <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

verpflichtet.<br />

Das Einkommen <strong>der</strong> Organgesellschaft wird bei ihr ermittelt<br />

<strong>und</strong> beim Organträger versteuert.<br />

Technisch läuft dies nach dem im Folgenden dargestellten<br />

Schema ab.<br />

Schema<br />

Körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung<br />

Organgesellschaft (OG)<br />

Erlöse<br />

Organträger (OT)<br />

Erlöse<br />

- Aufwand - Aufwand<br />

= Jahresüberschuss (OG) = Zwischensumme (OT)*<br />

- Gewinnabführung an OT + Beteiligungsertrag von OG<br />

= Ergebnis nach<br />

Abführung = 0<br />

* Die Zwischensumme (OT) dient nur <strong>der</strong> übersichtlicheren<br />

Darstellung. In <strong>der</strong> Gewinn- <strong>und</strong> Verlustrechnung<br />

(GuV) sind die abgeführten Gewinne unter „Erträge aus<br />

Beteiligungen“ zu erfassen <strong>und</strong> gehen an 9. bzw. 8. Position<br />

in den Jahresüberschuss des Organträgers ein.<br />

Einkommensermittlung in <strong>der</strong> Körperschaftsteuer:<br />

Organgesellschaft (OG)<br />

Jahresüberschuss (OG)<br />

= Jahresüberschuss<br />

(OT + OG)<br />

Organträger (OT)<br />

Jahresüberschuss (OT + OG)<br />

- Jahresüberschuss (OG)*<br />

= Jahresüberschuss (OT)<br />

+ nicht abziehbare BA (OG) + nicht abziehbare BA (OT)<br />

= Einkommen (OG) = Einkommen (OT)<br />

- Übertrag an OT + Einkommen (OG)<br />

= zu versteuern = 0 = Einkommen (OT + OG)<br />

26<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

* Ohne Kürzung des Jahresüberschusses (OG) bei <strong>der</strong><br />

Einkommensermittlung des Organträgers würde dieser<br />

im Jahresüberschuss (OT + OG) <strong>und</strong> im Einkommen (OG)<br />

- <strong>und</strong> damit doppelt - erfasst.<br />

Praxis-Beispiel: Einkommensermittlung für die Körperschaftsteuererklärung<br />

Annahme: Organgesellschaft <strong>und</strong> Organträger sind Kapitalgesellschaften. In den GuVs sind neben Erträgen <strong>und</strong> Aufwendungen<br />

auch Geschenke über 35 EUR <strong>und</strong> Spenden gebucht. Die Aufwendungen für Geschenke sind als nicht abziehbare<br />

Betriebsausgaben (na BA) gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG dem Einkommen hinzuzurechnen. Die Spenden sind zunächst dem<br />

Einkommen hinzuzurechnen, sodann sind die abzugsfähigen Spenden wie<strong>der</strong> vom Einkommen zu kürzen.<br />

Zunächst muss <strong>der</strong> Jahresüberschuss getrennt für die Organgesellschaft <strong>und</strong> den Organträger berechnet werden.<br />

JÜ vor KSt-RS OG (EUR) OT (EUR)<br />

Erlöse 300.030 50.020<br />

– Aufwand -100.000 -30.000<br />

– Geschenke > 35 EUR -10.000 -1.000<br />

– Spenden -30 -20<br />

– KSt 15 %<br />

= Ergebnis 190.000 19.000<br />

– Gewinnabführung -190.000<br />

+ Beteiligungsertrag 190.000<br />

= Jahresüberschuss 0 209.000<br />

Danach muss die Einkommensermittlung in beiden Unternehmen durchgeführt werden.<br />

Einkommen KSt-Erklärung OG (EUR) KSt-Erklärung OT (EUR) Probe gesamt (EUR)<br />

Jahresüberschuss 0 209.000 209.000<br />

Gewinnabführung 190.000 -190.000 0<br />

KSt 15 % 0 0 0<br />

nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (na BA) + 10.030 +1.020 +11.050<br />

= Zwischensumme 200.030 20.020 220.050<br />

abzugsfähige Spenden -30 -20 -50<br />

= Einkommen 200.000 20.000 220.000<br />

Zu versteuern bei OT -200.000 + 200.000 0<br />

Zu versteuerndes Einkommen 0 220.000 220.000<br />

KSt 15 % 0 33.000 33.000<br />

Topthema<br />

Die abzugsfähigen Spenden sollen aus Vereinfachungsgründen den geleisteten Spenden entsprechen. Die Körperschaftsteuer<br />

wird entsprechend § 23 KStG mit 15 % berechnet.<br />

Die letzte Spalte (Probe/gesamt) wird in keiner Steuererklärung ausgefüllt. Sie soll nur dem besseren Verständnis dienen.<br />

In dieser Spalte wird eine „normale“ Einkommensberechnung für beide Unternehmen (Summe OG + OT) dargestellt. Beide<br />

Unternehmen müssen insgesamt ein Einkommen von 220.000 EUR versteuern (Probe/gesamt), welches in <strong>der</strong> KSt-Erklärung<br />

des Organträgers ermittelt wird.<br />

Die ermittelte Körperschaftsteuer wird beim Organträger zurückgestellt.<br />

Konto<br />

SKR 03/04<br />

Soll<br />

Kontenbezeichnung<br />

Betrag<br />

EUR<br />

Konto<br />

SKR03/04<br />

Haben<br />

Kontenbezeichnung<br />

2200/7600 Körperschaftsteuer 33.000 0963/3040 Körperschaftsteuerrückstellung<br />

Betrag<br />

EUR<br />

33.000<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 27


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

GuV <strong>und</strong> Bilanz lauten wie folgt:<br />

Jahresüberschuss OG (EUR) OT (EUR)<br />

Erlöse 300.030 50.020<br />

Aufwand -100.000 -30.000<br />

Geschenke > 35 EUR -10.000 -1.000<br />

Spenden -30 -20<br />

KSt 15 % 0 -33.000<br />

Ergebnis 190.000 -14.000<br />

Gewinnabführung -190.000 0<br />

Beteiligungsertrag 0 190.000<br />

Jahresüberschuss 0 176.000<br />

Topthema<br />

Bilanz Passiva OG (EUR) Passiva OT (EUR)<br />

Stammkapital ...... ......<br />

Gewinnvortrag ...... ......<br />

Jahresüberschuss 176.000<br />

Ergebnisabführung 190.000<br />

KSt-Rückstellung 33.000<br />

In <strong>der</strong> neuen Einkommensermittlung wird <strong>der</strong> ursprüngliche Jahrsüberschuss (vor KSt-Rückstellung) von 209.000 EUR um<br />

33.000 EUR auf 176.000 EUR vermin<strong>der</strong>t. Im Gegenzug wird das Einkommen um 33.000 EUR KSt-Aufwand erhöht. So bleibt<br />

es beim Einkommen von 220.000 EUR <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Körperschaftsteuer i. H. v. 33.000 EUR.<br />

Voraussetzungen<br />

Wer wann eine körperschaftsteuerliche Organschaft<br />

eingehen kann <strong>und</strong> wie dies geschehen muss, ist in den<br />

§§ 14-19 des KStG geregelt. Danach muss die<br />

Organgesellschaft eine Europäische Gesellschaft, AG,<br />

KGaA o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Kapitalgesellschaft z. B. GmbH<br />

sein, die ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Der Sitz<br />

muss in einem Mitgliedstaat <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

o<strong>der</strong> in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens<br />

liegen.<br />

Sie muss durch einen Gewinnabführungsvertrag<br />

gem. § 291 Abs. 1 AktG ihren gesamten Gewinn an ein<br />

einziges an<strong>der</strong>es gewerbliches Unternehmen (Organträger)<br />

abführen (keine Mehrmütterorganschaft!).<br />

Ist die Organgesellschaft keine AG o<strong>der</strong> KGaA i. S. v.<br />

§ 14 Abs. 1 KStG, son<strong>der</strong>n eine an<strong>der</strong>e Kapitalgesellschaft<br />

, muss im Gewinnabführungsvertrag ausdrücklich<br />

die Verlustübernahme gem. § 302 AktG in seiner<br />

jeweils gültigen Fassung vereinbart werden .<br />

Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens<br />

fünf Jahre abgeschlossen sein <strong>und</strong> auch tatsächlich<br />

durchgeführt werden .<br />

Der Gewinnabführungsvertrag wird mit Eintrag in<br />

das Handelsregister wirksam, zu diesem Zeitpunkt<br />

beginnt die fünfjährige steuerliche Mindestlaufzeit. Damit<br />

kann die Organgesellschaft ihr Einkommen erstmals<br />

für das Wirtschaftsjahr <strong>der</strong> Eintragung an den<br />

Organträger steuerlich wirksam abführen. Die Voraussetzung<br />

<strong>der</strong> Mindestlaufzeit ist z. B. nicht erfüllt, wenn<br />

<strong>der</strong> Vertrag zwar auf fünf Jahre abgeschlossen ist, aber<br />

erst in einem auf das Jahr des Abschlusses folgenden<br />

Jahr ins Handelsregister eingetragen wird.<br />

Als Organträger kommt nur eine unbeschränkt einkommensteuerpflichtige<br />

natürliche Person, eine nicht<br />

steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung o<strong>der</strong><br />

Vermögensmasse o<strong>der</strong> eine selbst gewerblich tätige<br />

Personengesellschaft in Betracht.<br />

Der Organträger muss von Beginn des Wirtschaftsjahres<br />

an die Mehrheit <strong>der</strong> Stimmrechte in <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

besitzen (finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung).<br />

Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuss<br />

nur insoweit in die Gewinnrücklagen mit<br />

Ausnahme <strong>der</strong> gesetzlichen Rücklagen einstellen, als<br />

dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich<br />

begründet ist.<br />

Eine eventuelle doppelte Verlustberücksichtigung (bei<br />

OT <strong>und</strong> OG) wird durch den 2013 neu eingeführten § 14<br />

28<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Abs. 5 KStG vermieden, da die Veranlagung <strong>der</strong> beiden<br />

Unternehmen künftig korrespondierend erfolgen (d.h.<br />

die geson<strong>der</strong>te Feststellung des Verlustes bei <strong>der</strong> OG ist<br />

für den OT bindend).<br />

Die Voraussetzungen müssen gr<strong>und</strong>sätzlich zum Beginn<br />

des Wirtschaftsjahres vorliegen.<br />

Achtung: Anpassung von alten Gewinnabführungsverträgen<br />

erfor<strong>der</strong>lich<br />

!<br />

In <strong>der</strong> alten Fassung des § 17 KStG war lediglich eine<br />

Verlustübernahme nach § 302 AktG erfor<strong>der</strong>lich. In <strong>der</strong><br />

Fassung des § 17 KStG (2013) wird eine „Verlustübernahme<br />

durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 des<br />

AktG in seiner jeweils gültigen Fassung“ erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Um eine steuerwirksame Organschaft nicht zu gefährden,<br />

sollten alte Gewinnabführungsverträge diesbezüglich<br />

angepasst werden.<br />

Personengesellschaft als Organträger: Anteile müssen<br />

im Gesamthandsvermögen gehalten werden<br />

Die Personengesellschaft muss die Anteile an <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

im Gesamthandsvermögen halten. Für die<br />

finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung in die Personengesellschaft<br />

reicht es nicht aus, wenn die Anteile nur notwendiges<br />

Son<strong>der</strong>betriebsvermögen <strong>der</strong> Gesellschafter <strong>der</strong> Personengesellschaft<br />

sind. Zusätzlich muss die Personengesellschaft<br />

eine eigene – nicht nur geringfügige – gewerbliche<br />

Tätigkeit ausüben. Eine inaktive gewerblich geprägte<br />

Personengesellschaft (X-GmbH-B-C-KG mit X-GmbH als<br />

Komplementär <strong>und</strong> natürliche Personen B <strong>und</strong> C als Kommanditisten)<br />

kann nicht mehr Organträger sein.<br />

Die Vermietung von Anlagevermögen im Rahmen einer<br />

Betriebsaufspaltung wird bei <strong>der</strong> Besitzgesellschaft als<br />

eigene gewerbliche Tätigkeit angesehen.<br />

Bei Holdinggesellschaften gilt das Halten von Beteiligungen<br />

nicht als eigene gewerbliche Tätigkeit. Dieser Mangel<br />

kann durch Erbringen von Dienstleistungen an die Organgesellschaft<br />

z. B. in Form von Buchführung geheilt<br />

werden. Voraussetzung ist, dass die Leistungen gegen<br />

geson<strong>der</strong>tes Entgelt erbracht <strong>und</strong> wie gegenüber fremden<br />

Dritten abgerechnet werden. Weiterhin kann eine Organträgerschaft<br />

auch begründet werden, wenn das herrschende<br />

Unternehmen die einheitliche Konzernleitung über<br />

mehrere abhängige Unternehmen so ausübt, dass dies<br />

durch äußere Merkmale von Abschluss- o<strong>der</strong> Betriebsprüfern<br />

erkennbar ist .<br />

Europäische Gesellschaften<br />

Der doppelte Inlandsbezug wurde ab 2013 aufgegeben.<br />

Für die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft<br />

müssen Organgesellschaften nicht mehr sowohl ihren<br />

Sitz als auch den Ort <strong>der</strong> Geschäftsleitung im Inland haben.<br />

Alle Organgesellschaften d.h. auch die Europäischen<br />

Gesellschaften müssen nur noch ihre Geschäftsleitung im<br />

Inland haben, <strong>der</strong> Sitz kann auch in einem an<strong>der</strong>en Mitgliedsaat<br />

<strong>der</strong> EU o<strong>der</strong> des EWR liegen. Die Neuregelung<br />

wurde zwar erst 2013 verabschiedet ist jedoch auch auf<br />

alle offenen Fälle ab 1.1.2012 anwendbar.<br />

Mehrmütterorganschaft nicht mehr möglich<br />

Bei einer Mehrmütterorganschaft schließen sich mehrere<br />

Unternehmen (= mehrere Mütter), die jeweils alleine<br />

nicht die Voraussetzungen für die finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung<br />

erfüllen, zu einer Willensbildungs-GbR zusammen,<br />

um gemeinsam die finanzielle Einglie<strong>der</strong>ung (Stimmrechtsmehrheit)<br />

herbeizuführen. Diese Konstellation ist<br />

seit dem Veranlagungszeitraum 2003 nicht mehr möglich.<br />

Dies gilt auch für die Gewerbesteuer.<br />

Einzelfälle<br />

Gewinnabführungen<br />

Die Gewinnabführungen <strong>der</strong> Organgesellschaft an den Organträger<br />

gelten nicht als Gewinnausschüttungen. Damit<br />

sind Aufwendungen, die mit dem Halten <strong>der</strong> Organbeteiligung<br />

in Zusammenhang stehen beim Organträger voll<br />

abzugsfähig .<br />

Dividendenerträge <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

Ist eine Organgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft<br />

beteiligt <strong>und</strong> erhält sie daraus eigene Dividendenerträge,<br />

wären diese bei ihr steuerfrei nach § 8b Abs. 1 KStG. Als<br />

nicht abziehbare Betriebsausgaben würden pauschal 5 %<br />

<strong>der</strong> Dividendenerträge angesetzt ; somit wären diese letztendlich<br />

zu 95 % steuerbefreit. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft<br />

werden diese Beträge zunächst voll im abzuführenden<br />

Einkommen <strong>der</strong> Organgesellschaft erfasst <strong>und</strong> dann im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Einkunftsermittlung beim Organträger entsprechend<br />

<strong>der</strong> Rechtsform des Organträgers besteuert .<br />

Kapitalgesellschaft als Organträger<br />

Ist <strong>der</strong> Organträger eine Kapitalgesellschaft, werden die<br />

Einkünfte bei ihm nach § 8b KStG besteuert. Die Dividendenerträge<br />

<strong>der</strong> Organgesellschaft werden beim Organträger<br />

zu 95 % steuerfrei gestellt .<br />

Natürliche Person als Organträger<br />

Tritt eine natürliche Person als Organträger auf, bleiben<br />

– sofern die Anteile in einem Betriebsvermögen gehalten<br />

– werden 40 % <strong>der</strong> Dividendenerträge steuerfrei ; 40 % <strong>der</strong><br />

mit den Erträgen zusammenhängenden Betriebsausgaben<br />

sind dann nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abzugsfähig.<br />

Topthema<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 29


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Topthema<br />

Personengesellschaft als Organträger<br />

Bei einer Personengesellschaft als Organträger werden<br />

die Erträge entsprechend <strong>der</strong> Beteiligungsquote von natürlichen<br />

Personen sowie Kapital- <strong>und</strong> Personengesellschaften<br />

besteuert.<br />

Gewerbesteuerliche Organschaft<br />

Wirkung<br />

Ebenso wie in <strong>der</strong> Körperschaftsteuer wird <strong>der</strong> Gewerbeertrag<br />

zunächst bei <strong>der</strong> Organgesellschaft ermittelt <strong>und</strong><br />

schließlich beim Organträger versteuert. Dadurch kann<br />

ein Gewerbeverlust <strong>der</strong> einen mit dem positiven Gewerbeertrag<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gesellschaft verrechnet werden.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Zerlegung gilt die Organgesellschaft<br />

als Betriebsstätte des Organträgers. Befinden sich die<br />

Betriebe des Organträgers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organgesellschaft in<br />

verschiedenen Gemeinden, wird <strong>der</strong> Gewerbesteuermessbetrag<br />

im Verhältnis <strong>der</strong> Löhne <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

<strong>und</strong> des Organträgers aufgeteilt; auf die in den einzelnen<br />

Betrieben erwirtschafteten Gewinne kommt es nicht an.<br />

Das gewerbesteuerliche Schema leitet sich vom körperschaftsteuerlichen<br />

Schema ab.<br />

Schema<br />

Der Gewerbeertrag <strong>der</strong> Organgesellschaft ist separat zu<br />

ermitteln <strong>und</strong> dem Organträger zur Berechnung seines<br />

Steuermessbetrags zuzurechnen .<br />

GewSt-Rückstellung <strong>und</strong> KSt-Rückstellung<br />

Bevor die Gewerbesteuererklärung nach obigem Schema<br />

erstellt werden kann, ist zunächst das körperschaftsteuerliche<br />

Einkommen als Ausgangszahl für die Gewerbesteuerberechnung<br />

zu bestimmen.<br />

Darstellung <strong>der</strong> Gewerbeertragsermittlung<br />

Organgesellschaft<br />

Organträger<br />

Gewinn aus Gewerbebetrieb Gewinn aus Gewerbebetrieb<br />

+ Hinzurechnungen + Hinzurechnungen<br />

- Kürzungen - Kürzungen<br />

= Zwischensumme = Zwischensumme<br />

- kein Freibetrag (KapGes)<br />

- Freibetrag<br />

(wenn keine KapGes)<br />

= Gewerbeertrag (OG) = Gewerbeertrag (OT)<br />

- Abführung + Zuführung (OG)<br />

= 0 R<strong>und</strong>ung<br />

= Gewerbeertrag (OG + OT)<br />

x Steuermesszahl<br />

= Gewerbesteuermessbetrag<br />

Im Einzelnen sind folgende Schritte abzuarbeiten:<br />

1. Vorläufigen Jahresüberschuss vor Gewerbesteuerrückstellung<br />

(GewSt-RS) <strong>und</strong> Körperschaftsteuerrückstellung<br />

(KSt-RS) errechnen<br />

2. Ermittlung des vorläufigen körperschaftsteuerlichen<br />

Einkommens (Einkommen vor GewSt-RS)<br />

3. GewSt-RS berechnen<br />

4. GewSt-RS in die GuV einstellen<br />

5. Ermittlung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />

Einkommens <strong>und</strong> Berechnung <strong>der</strong> Körperschaftsteuer (KSt)<br />

6. KSt-RS in die GuV einstellen<br />

7. Darstellung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />

Einkommens mit endgültigem JÜ <strong>und</strong> KSt-Aufwand<br />

(= KSt-Schuld)<br />

8. Ermittlung des GewSt-Messbetrags<br />

9. Berechnung <strong>der</strong> Gewerbesteuer (ggf. mit Zerlegung)<br />

Praxis-Beispiel: Gewinnabführung in <strong>der</strong> KSt <strong>und</strong> GewSt mit Zerlegung<br />

Die OG-GmbH ist Organgesellschaft <strong>der</strong> OT-GmbH. Die Betriebsstätte <strong>der</strong> OG liegt in <strong>der</strong> Gemeinde A (Hebesatz 400),<br />

die <strong>der</strong> OT-GmbH in <strong>der</strong> Gemeinde B (Hebesatz 300). Die Unternehmen haben einen vorläufigen Jahresabschluss<br />

(Jahresüberschuss vor GewSt <strong>und</strong> KSt) erstellt.<br />

vorl. JÜ ohne GewSt/KSt vorl. JÜ OG (EUR) vorl. JÜ OT (EUR)<br />

Erlöse 1.000.000 440.000<br />

Aufwand -160.000 -60.000<br />

Löhne -240.000 -120.000<br />

Darlehenszins -200.000 -160.000<br />

Geldstrafe -10.000 -1.000<br />

KSt 15 %<br />

vorläufiges Ergebnis 390.000 99.000<br />

Ausgehend von diesen Zahlen, wird nach obigem Schema weitergerechnet.<br />

30<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Ermittlung des vorläufigen körperschaftsteuerlichen Einkommens (Einkommen vor GewSt-RS):<br />

vorl. körperschaftsteuerliches Einkommen OG (EUR) OT (EUR)<br />

vorläufiges Ergebnis 390.000 99.000<br />

nicht abzugsfähige BA 10.000 1.000<br />

Zwischensumme 400.000 100.000<br />

vorläufiges Einkommen 400.000 100.000<br />

GewSt-Rückstellung (RS) berechnen:<br />

GewSt-RS OG (EUR) OT (EUR)<br />

vorläufiger Gewinn aus Gewerbebetrieb 400.000 100.000<br />

Entgelte für Dauerschulden -100.000 x 25 % 25.000 15.000<br />

Zwischensumme 425.000 115.000<br />

R<strong>und</strong>ung 425.000 115.000<br />

Freibetrag 0 0<br />

Zwischensumme 425.000 115.000<br />

Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG -425.000 425.000<br />

vorläufiger Gewerbeertrag 0 540.000<br />

Steuermesszahl 3,5%<br />

Hebesatz 367%<br />

GewSt-Rückstellung 69.300<br />

Topthema<br />

Der durchschnittliche Hebesatz wird nach dem Verhältnis <strong>der</strong> Arbeitslöhne <strong>und</strong> den Hebesätzen in den<br />

Gemeinden ermittelt:<br />

Gemeinde A (EUR) B (EUR) gesamt (EUR)<br />

Löhne 240.000 120.000 360.000<br />

Anteil 2/3 1/3<br />

Hebesatz 400 % 300 %<br />

anteilige Hebesätze 267 % 100 %<br />

durchschnittlicher Hebesatz >> >> 367 %<br />

GewSt-Rückstellung in die GuV einstellen:<br />

JÜ mit GewStA OG (EUR) OT (EUR)<br />

Erlöse 1.000.000 440.000<br />

Aufwand -160.000 -60.000<br />

Löhne -240.000 -120.000<br />

GewSt-Aufwand 0 -69.300<br />

Darlehenszins -200.000 -160.000<br />

Geldstrafe -10.000 -1.000<br />

KSt 15 %<br />

Ergebnis 390.000 29.700<br />

Gewinnabführung -390.000<br />

Beteiligungsertrag 390.000<br />

JÜ 0 419.700<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 31


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Ermittlung des endgültigen körperschaftsteuerlichen Einkommens <strong>und</strong> Berechnung <strong>der</strong> KSt:<br />

Einkommen OG (EUR) OT (EUR) Probe/ges. (EUR)<br />

JÜ 0 419.700 419.700<br />

Gewinnabführung 390.000 -390.000 0<br />

KSt 15 % 0 0 0<br />

GewSt 0 69.300 69.300<br />

nicht abzugsfähige BA 10.000 1.000 11.000<br />

Einkommen 400.000 100.000 500.000<br />

zu versteuern bei OT -400.000 400.000<br />

zu versteuerndes Einkommen 0 500.000 500.000<br />

KSt 15 % 0 75.000 75.000<br />

Die Spalte Probe/gesamt fließt nicht in die Steuererklärung ein <strong>und</strong> dient lediglich <strong>der</strong> Verdeutlichung, um die Steuerlast <strong>der</strong><br />

beiden Unternehmen im Ganzen darzustellen.<br />

Topthema<br />

KSt-Rückstellung in die GuV einstellen:<br />

JÜ mit GewStA <strong>und</strong> KStA<br />

OG<br />

(EUR)<br />

OT<br />

(EUR)<br />

Erlöse 1.000.000 440.000<br />

Aufwand -160.000 -60.000<br />

Löhne -240.000 -120.000<br />

GewSt-Aufwand 0 -69.300<br />

Darlehenszins -200.000 -160.000<br />

Geldstrafe -10.000 -1.000<br />

KSt 15 % 0 -75.000<br />

Ergebnis 390.000 -45.300<br />

Gewinnabführung -390.000<br />

Beteiligungsertrag 390.000<br />

Jahresüberschuss 0 344.700<br />

Darstellung des endgültigen körperschaftsteuerlichen<br />

Einkommens mit endgültigem JÜ <strong>und</strong> KSt-<br />

Aufwand (= KSt-Schuld)<br />

Einkommen<br />

KSt-Erkl<br />

OG (EUR)<br />

KSt-Erkl<br />

OT (EUR)<br />

JÜ 0 344.700<br />

Gewinnabführung 390.000 -390.000<br />

KSt 15 % 0 75.000<br />

GewSt 0 69.300<br />

na BA 10.000 1.000<br />

Einkommen 400.000 100.000<br />

zu versteuern bei OT -400.000 400.000<br />

zu verst. Einkommen 0 500.000<br />

KSt 15 % 0 75.000<br />

Ermittlung <strong>der</strong> GewSt-Messbeträge:<br />

Gewerbesteuer<br />

GewSt Erkl.<br />

OG (EUR)<br />

GewSt-Erkl.<br />

OT (EUR)<br />

Einkommen aus KSt 0 500.000<br />

Einkommensabführung 400.000 -400.000<br />

Gewinn aus Gewerbebetrieb 400.000 100.000<br />

Entgelte für Dauerschulden 25.000 15.000<br />

-100T x 25 %<br />

Zwischensumme 425.000 115.000<br />

Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG -425.000 425.000<br />

Zwischensumme 0 540.000<br />

R<strong>und</strong>ung 540.000<br />

Freibetrag 0<br />

Gewerbeertrag 540.000<br />

Steuermesszahl 3,5 %<br />

Gewerbesteuermessbetrag 18.900<br />

Berechnung <strong>der</strong> Gewerbesteuer – mit Zerlegung<br />

Zerlegung <strong>der</strong><br />

Gewerbesteuer<br />

Gemeinde<br />

OG (EUR)<br />

Gemeinde<br />

OT (EUR)<br />

Gesamt<br />

(EUR)<br />

Löhne 240.000 120.000 360.000<br />

Messbeträge 12.600 6.300 18.900<br />

Hebesatz 400 % 300 % 370 %<br />

Gewerbesteuer 50.400 18.900 69.300<br />

32<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Voraussetzungen<br />

Die Bedingungen, unter welchen eine gewerbesteuerliche<br />

Organschaft gegeben ist, sind in § 2 Abs. 2 GewStG <strong>und</strong><br />

R 2.3 GewStR genannt. Seit dem Veranlagungsjahr 2002<br />

stimmen die Voraussetzungen bei <strong>der</strong> Körperschaftsteuer<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewerbesteuer überein.<br />

Abzugsverbot vororganschaftlicher Verluste<br />

Seit dem Erhebungszeitraum 2004 können Verluste, die<br />

die OG vor dem Wirksamwerden <strong>der</strong> Organschaft erlitten<br />

hat, nicht mehr als Verlustabzug bzw. -vortrag auf den OT<br />

übertragen werden. Die Verluste sind nicht mehr abzugsfähig<br />

<strong>und</strong> gehen ersatzlos unter. Entsteht eine Organschaft<br />

im Erhebungszeitraum 2004 neu, dürfen ab dem Erhebungszeitraum<br />

2004 die auf den 31.12.2003 festgestellten<br />

Verluste den Gewerbeertrag <strong>der</strong> OG nicht mehr min<strong>der</strong>n.<br />

Umsatzsteuerliche Organschaft<br />

Wirkung<br />

Auch bei <strong>der</strong> Umsatzsteuer ist eine Organschaft möglich;<br />

die Umsätze <strong>der</strong> Organgesellschaft werden beim<br />

Organträger versteuert. Beide Unternehmen sind beim<br />

Finanzamt unter einer Steuernummer erfasst. Während<br />

für die Körperschaftsteuer <strong>und</strong> Gewerbesteuer auch für<br />

die Organgesellschaft jeweils eine Steuererklärung abzugeben<br />

ist, sind die Umsätze <strong>und</strong> Vorsteuern <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

<strong>und</strong> des Organträgers beim Organträger<br />

zusammenzurechnen <strong>und</strong> in einem Formular zu erklären.<br />

Schema<br />

Beide Firmen buchen ihre Umsätze mit Umsatzsteuer <strong>und</strong><br />

ziehen jeweils ihre „eigene“ Vorsteuer. Am Monatsende<br />

(Jahresende) meldet die Organgesellschaft ihre Umsätze<br />

<strong>und</strong> Vorsteuern an den Organträger, <strong>der</strong> mit seinen<br />

Umsätzen <strong>und</strong> Vorsteuern eine gemeinsame Umsatzsteuer-Voranmeldung<br />

(Jahreserklärung) erstellt. Die auf<br />

die Organgesellschaft entfallende Zahllast stellt ihr <strong>der</strong><br />

Organträger in Rechnung; die Buchung erfolgt über das<br />

Verrechnungskonto.<br />

Voraussetzung<br />

Die Grenzen für die umsatzsteuerliche Organschaft sind<br />

weiter gesteckt als bei <strong>der</strong> Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer.<br />

Sie liegt schon vor, wenn eine juristische Person<br />

nach dem Gesamtbild <strong>der</strong> tatsächlichen Verhältnisse<br />

finanziell, wirtschaftlich <strong>und</strong> organisatorisch in ein<br />

Unternehmen eingeglie<strong>der</strong>t ist. Eine Organschaft kann<br />

auch gegeben sein, wenn die Einglie<strong>der</strong>ung auf einem<br />

dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den<br />

an<strong>der</strong>en Gebieten umso eindeutiger ist. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft<br />

ist die untergeordnete juristische Person (OG,<br />

Tochtergesellschaft) gegenüber dem übergeordneten Unternehmen<br />

(OT, Muttergesellschaft) als unselbstständig<br />

anzusehen. Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinn ist<br />

nur <strong>der</strong> Organträger; deshalb erhält auch nur dieser eine<br />

Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke.<br />

Einzelfälle<br />

Betriebsaufspaltung<br />

Bei einer Betriebsaufspaltung in ein Besitzunternehmen<br />

<strong>und</strong> eine Betriebsgesellschaft (Kapitalgesellschaft) <strong>und</strong><br />

Verpachtung des Betriebsvermögens durch das Besitzunternehmen<br />

an die Betriebsgesellschaft steht die durch die<br />

Betriebsaufspaltung entstandene Kapitalgesellschaft (OG)<br />

im Allgemeinen in einem Abhängigkeitsverhältnis zum<br />

Besitzunternehmen (OT).<br />

Holding: Nur bei entgeltlicher Tätigkeit als OT möglich<br />

Eine Holdinggesellschaft kann nur dann als Organträgerin<br />

angesehen werden, wenn sie eine entgeltliche Tätigkeit<br />

ausübt . Dazu muss die Führungsholding entwe<strong>der</strong><br />

eine geschäftsleitende Tätigkeit gegen Entgelt erbringen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e eigene Umsätze ausführen. Hierzu zählt<br />

auch die Gewährung verzinslicher Darlehen durch eine<br />

Holdinggesellschaft an ihre Beteiligungsgesellschaften,<br />

unabhängig davon, ob diese Darlehen als wirtschaftliche<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Beteiligungsgesellschaften, als Anlage<br />

von Finanzüberschüssen o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Gründen gewährt<br />

werden.<br />

Neuregelung <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />

Mit Schreiben vom 7.3.2013 hat das BMF die Voraussetzungen<br />

für die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung neu gefasst<br />

(ausführlich ab S. 34/35):<br />

Die Beherrschung <strong>der</strong> OG muss tatsächlich stattfinden.<br />

Eine vollständige Personenidentität zwischen OT <strong>und</strong><br />

OG ist nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bei fehlen<strong>der</strong> Personenidentität kann eine organisatorische<br />

Einglie<strong>der</strong>ung auch dann vorliegen, wenn leitende<br />

Mitarbeiter des OT als Geschäftsführer bei <strong>der</strong> OG tätig<br />

sind bzw. <strong>der</strong> OT institutionell abgesicherte Eingriffsmöglichkeiten<br />

(Geschäftsführerordnung, Konzernrichtlinie)<br />

in die Geschäftsführung <strong>der</strong> OG hat.<br />

Seit dem 1.7.2002 ist auf <strong>der</strong> Ausgangsrechnung die Steuernummer,<br />

seit 2004 alternativ auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer<br />

(USt-IDNr.) des leistenden<br />

Unternehmens anzugeben. Im Falle <strong>der</strong> Organschaft muss<br />

die OG die Steuernummer bzw. USt-IDNr. des OT auf ihrer<br />

Rechnung angeben. Wurde <strong>der</strong> OG eine eigene USt-IDNr.<br />

zugeteilt, kann auch diese auf <strong>der</strong> Rechnung vermerkt<br />

werden.<br />

<<br />

Topthema<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 33


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

Umsatzsteuer<br />

Handlungsbedarf bei<br />

Organschaften<br />

Das BMF hat mit Schreiben vom 7.3.2013 die lang ersehnte Verwaltungsanweisung zur umsatzsteuerrechtlichen<br />

Organschaft erlassen. Die Finanzverwaltung än<strong>der</strong>t ihre Auffassung zum<br />

Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung. Die neuen Gr<strong>und</strong>sätze sollen ab dem 1.1.2014<br />

gelten. Unternehmen sollten die Übergangsfrist nutzen <strong>und</strong> die Voraussetzungen einer Organschaft<br />

überprüfen.<br />

von WP/StB/RA Prof. Dr. Thomas Küffner, München<br />

Topthema<br />

Was lange währt, wird endlich gut: Nach über einem<br />

Jahr interner Beratungen hat das BMF die<br />

neuen Gr<strong>und</strong>sätze zum Merkmal <strong>der</strong> „organisatorischen<br />

Einglie<strong>der</strong>ung“ verkündet. Die Finanzverwaltung<br />

hat sich bemüht, die neuere Rechtsprechung des<br />

BFH möglichst unternehmerfre<strong>und</strong>lich umzusetzen.<br />

Hintergr<strong>und</strong> des BMF-Schreibens<br />

Voraussetzungen für die Annahme einer umsatzsteuerrechtlichen<br />

Organschaft sind u. a. die finanzielle, wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung. Liegen<br />

diese Voraussetzungen vor, ist die Organgesellschaft als<br />

nichtselbstständig einzustufen. Die Umsätze zwischen<br />

Organträger <strong>und</strong> Organgesellschaft sind damit als nicht<br />

steuerbare Innenumsätze zu beurteilen.<br />

Das Rechtsinstitut <strong>der</strong> Organschaft entfaltet insbeson<strong>der</strong>e<br />

dann seine Wirkung, wenn Vorsteuerabzugsbeschränkungen<br />

bestehen (z. B. Ges<strong>und</strong>heitssektor, Finanzsektor)<br />

<strong>und</strong> die Steuerpflicht <strong>der</strong> Innenumsätze sich zum Kostenfaktor<br />

entwickeln würde.<br />

Die Rechtsprechung hat sich in jüngster Zeit mehrmals<br />

mit dem Merkmal <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />

beschäftigt (vgl. BFH, Urt. v. 5.12.2007, V R 26/06; BFH,<br />

Urt. v. 20.8.2009, V R 30/10 <strong>und</strong> zuletzt BFH, Urt. v.<br />

7.7.2011, V R 53/10). Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung<br />

verschärft.<br />

Die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung setze voraus, dass die<br />

mit <strong>der</strong> finanziellen Einglie<strong>der</strong>ung verb<strong>und</strong>ene Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Beherrschung <strong>der</strong> Tochtergesellschaft durch die<br />

Muttergesellschaft in <strong>der</strong> laufenden Geschäftsführung<br />

auch tatsächlich wahrgenommen wird. Darüber hinaus<br />

sei entscheidend, dass durch die Gestaltung <strong>der</strong> Beziehungen<br />

zwischen Organträger <strong>und</strong> Organgesellschaft<br />

sichergestellt ist, dass eine vom Willen des Organträgers<br />

abweichende Willensbildung bei <strong>der</strong> Organtochter nicht<br />

stattfindet.<br />

Das neue Stufenverhältnis des BMF<br />

Das BMF versucht, diese Anfor<strong>der</strong>ungen an die organisatorische<br />

Einglie<strong>der</strong>ung über ein Stufenverhältnis abzubilden.<br />

Stufe 1: Personalunion <strong>der</strong> Geschäftsführungsorgane<br />

Bei Personenidentität in den Leitungsgremien kann<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich von <strong>der</strong> organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung<br />

ausgegangen werden.<br />

GF: A<br />

GF: A<br />

Organträger<br />

GmbH<br />

> 50%<br />

Ausreichend wäre auch, wenn nur einzelne Geschäftsführer<br />

des Organträgers als Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

wirken.<br />

Neben dem Regelfall <strong>der</strong> personellen Verflechtung kann<br />

sich die organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung auch daraus<br />

ergeben, dass leitende Mitarbeiter des Organträgers<br />

als Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft tätig sind.<br />

Letzteres beruht auf <strong>der</strong> Annahme, dass <strong>der</strong> leitende Mitarbeiter<br />

den Weisungen seines Dienstherrn aufgr<strong>und</strong><br />

34<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern Persönlich<br />

eines Anstellungsverhältnisses <strong>und</strong> einer sich hieraus<br />

ergebenden persönlichen Abhängigkeit Folge zu leisten<br />

hat <strong>und</strong> er bei weisungswidrigem Verhalten als Geschäftsführer<br />

<strong>der</strong> Organgesellschaft abberufen werden kann. Das<br />

BMF weist aber darauf hin, dass reine Prokura-Stellung<br />

(ohne Anstellungsverhältnis) nicht ausreichend ist – vgl.<br />

Abschnitt 2.8 Abs. 9 UStAE n. F.<br />

Stufe 2: Teilweise Personalunion<br />

Liegt keine Personenidentität in den Leitungsgremien<br />

vor, müssen weitere Merkmale hinzukommen, um eine<br />

organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung zu bejahen. Letzteres ist<br />

z. B. dann <strong>der</strong> Fall, wenn mindestens ein weiterer (Fremd-)<br />

Geschäftsführer in <strong>der</strong> Organgesellschaft tätig ist.<br />

GF: A<br />

GF: A+B<br />

Organträger<br />

GmbH<br />

> 50%<br />

Entscheidend ist dann die Ausgestaltung <strong>der</strong> Geschäftsführungsbefugnis<br />

in <strong>der</strong> Tochtergesellschaft. Von einer<br />

organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung könne nach dem BMF<br />

ausgegangen werden, wenn eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis<br />

vereinbart ist <strong>und</strong> die personenidentischen<br />

Geschäftsführer die Stimmenmehrheit besitzen. Ist dies<br />

nicht <strong>der</strong> Fall, so sind zusätzliche institutionell abgesicherte<br />

Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich. Diese können z. B. sein:<br />

Der Organträger verfügt über ein umfassendes Weisungsrecht<br />

gegenüber <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

<strong>und</strong> ist zur Bestellung <strong>und</strong> Abberufung<br />

aller Geschäftsführer <strong>der</strong> Organgesellschaft berechtigt<br />

o<strong>der</strong><br />

es besteht ein schriftlich vereinbartes Letztentscheidungsrecht<br />

des personenidentischen Geschäftsführers.<br />

GF: A<br />

Zusätzliche<br />

schriftliche Vereinbarung<br />

GF: C<br />

Organträger<br />

GmbH<br />

> 50%<br />

Stufe 3: Keine Personenidentität <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

In Ausnahmefällen kann eine organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung<br />

auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien<br />

des Organträgers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

vorliegen.<br />

Voraussetzung ist dann aber, dass institutionell abgesicherte<br />

unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den<br />

Kernbereich <strong>der</strong> laufenden Geschäftsführung <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

gegeben sind. Von solchen Eingriffsmöglichkeiten<br />

ist auszugehen, wenn <strong>der</strong> Organträger mit<br />

<strong>der</strong> Organgesellschaft einen Beherrschungsvertrag nach<br />

§ 291 AktG abgeschlossen hat o<strong>der</strong> die Organgesellschaft<br />

nach §§ 319, 320 AktG in die Gesellschaft des Organträgers<br />

eingeglie<strong>der</strong>t ist.<br />

Zu begrüßen ist, dass das BMF darüber hinaus auch<br />

schriftlich fixierte Vereinbarungen wie beispielsweise<br />

eine Geschäftsführerordnung o<strong>der</strong> Konzernrichtlinien<br />

ausreichen lässt.Dies gilt jedenfalls dann, wenn <strong>der</strong> Organträger<br />

aufgr<strong>und</strong> dieser den Geschäftsführer <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

bei Verstößen gegen seine Anweisungen<br />

haftbar machen kann. Sofern es sich bei <strong>der</strong> Organgesellschaft<br />

um eine AG handelt, sind aber die engen Regeln des<br />

AktG in §§ 76 <strong>und</strong> 77 AktG zu beachten: Danach hat <strong>der</strong><br />

Vorstand unter eigener Verantwortung die AG zu leiten.<br />

Dem Aufsichtsrat dürfen nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG<br />

keine Maßnahmen <strong>der</strong> Geschäftsführung übertragen werden.<br />

Der Aufsichtsrat darf dem Vorstand die diesem nach<br />

§§ 76, 77 AktG zustehende Geschäftsführungsinitiative<br />

nicht nehmen. Es sind daher in diesen Fällen an<strong>der</strong>e Lösungen<br />

zu suchen.<br />

An<strong>der</strong>s verhält es sich im GmbH-Recht: Die Gesellschafterversammlung<br />

darf nach § 47 GmbHG dem Geschäftsführer<br />

sehr wohl Weisungen erteilen.<br />

Empfehlungen für die Praxis<br />

Das BMF-Schreiben schafft Rechtsicherheit. Sämtliche<br />

Organschaften müssen nun auf den Prüfstand. Sofern die<br />

Voraussetzungen fraglich sind, sollten gesellschaftsrechtliche<br />

Maßnahmen ergriffen werden.<br />

Bis zum 31.12.2013 besteht ein Übergangszeitraum: Die<br />

neuen Gr<strong>und</strong>sätze des BMF gelten zwar rückwirkend zum<br />

1.1.2013. Soweit die vermeintlich am Organkreis beteiligten<br />

Unternehmer vor dem 1.1.2013 unter Berufung<br />

auf Abschnitt 2.8 Abs. 7 UStAE (in <strong>der</strong> bis zu diesem<br />

Stichtag geltenden Fassung) übereinstimmend von einer<br />

organisatorischen Einglie<strong>der</strong>ung ausgegangen sind, wird<br />

es jedoch für vor dem 1.1.2014 ausgeführte Umsätze nicht<br />

beanstandet, wenn diese weiterhin übereinstimmend eine<br />

organisatorische Einglie<strong>der</strong>ung annehmen. <<br />

Topthema<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 35


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />

Persönliches<br />

Kooperation<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Steuerberater profitieren<br />

von Zusammenarbeit<br />

Steuerberater <strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> haben viele fachliche Schnittstellen. Eine enge Kooperation<br />

von <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n <strong>und</strong> Steuerberatern eröffnet vielfältige Synergien. Gemeinsam können<br />

sie Unternehmen ein praxisgerechtes <strong>und</strong> hochwertiges Dienstleistungsspektrum anbieten.<br />

von Bärbel Ettig, Präsidentin <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller e.V. (BVBC)<br />

Die Komplexität <strong>der</strong> deutschen<br />

Steuergesetze nimmt weiter<br />

zu. Entsprechend groß ist die<br />

Nachfrage nach kompetenter steuerlicher<br />

Beratung. Die zunehmend<br />

digitale Kommunikation mit <strong>der</strong><br />

Finanzverwaltung hält weitere Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

bereit <strong>und</strong> setzt Steuerkanzleien<br />

unter enormen Druck.<br />

Einerseits ist es für die Unternehmen<br />

äußerst wichtig, zeitnah einen<br />

Jahresabschluss vorzuweisen – für<br />

die Gesellschafter, die Kreditinstitute<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gläubiger. An<strong>der</strong>erseits<br />

for<strong>der</strong>t die Finanzverwaltung<br />

die elektronische Übermittlung aller<br />

Steuerunterlagen, was technisch <strong>und</strong><br />

personell umgesetzt werden muss.<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> als<br />

Bindeglied<br />

Durch die Zusammenarbeit mit<br />

selbstständigen <strong>Bilanzbuchhalter</strong>n<br />

könnten Steuerkanzleien eine Entlastung<br />

herbeiführen. Gemeinsam<br />

lassen sich viele Arbeitsabläufe <strong>und</strong><br />

Prozesse effizienter gestalten.<br />

In vielen Fällen arbeiten <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

<strong>und</strong> Steuerberater eng<br />

zusammen, um Unternehmen bedarfsgerecht<br />

zu betreuen.<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> fungieren gerade<br />

im Mittelstand als Bindeglied: Sie<br />

koordinieren in den Firmen Belange<br />

des Rechnungswesens <strong>und</strong> wirken<br />

auf Seiten <strong>der</strong> Steuerkanzleien an<br />

<strong>der</strong> Erstellung wichtiger Unterlagen<br />

für eine korrekte Besteuerung mit. In<br />

<strong>der</strong> Praxis erschweren berufsrechtliche<br />

Schranken die Zusammenarbeit<br />

zwischen den Berufsgruppen.<br />

Die Hilfeleistung in Steuersachen ist<br />

im Steuerberatungsgesetz geregelt.<br />

Gemäß § 3 Steuerberatungsgesetz<br />

(StBerG) ist dieser Personenkreis<br />

sehr eng gefasst. Es gehören unter<br />

an<strong>der</strong>em Steuerberater, Wirtschaftsprüfer<br />

<strong>und</strong> Rechtsanwälte dazu.<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> sind dort nicht aufgeführt.<br />

Lediglich § 6 Nr. 4 gestattet<br />

es Buchhaltern die Verbuchung <strong>der</strong><br />

laufenden Geschäftsvorfälle <strong>und</strong> die<br />

laufende Lohnbuchhaltung vorzunehmen.<br />

Das sogenannte „Buchhaltungsprivileg“<br />

ist den Steuerberatern vorbehalten.<br />

Dies führt dazu, dass <strong>der</strong><br />

selbstständige Buchhalter einige Arbeiten<br />

nicht durchführen kann, die<br />

mit den erlaubten Tätigkeiten aber<br />

unmittelbar verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Berufsrechtliche Beschränkungen<br />

Zu nennen sind die Einrichtung <strong>der</strong><br />

Buchhaltung <strong>und</strong> die Erstellung <strong>der</strong><br />

Umsatzsteuervoranmeldung für einen<br />

Mandanten, die in <strong>der</strong> Praxis<br />

mit <strong>der</strong> Verbuchung <strong>der</strong> laufenden<br />

Geschäftsvorfälle einhergeht. Der<br />

Buchhalter darf keine Stammdaten<br />

erfassen, keinen von den bestehenden<br />

Kontenrahmen abgeleiteten<br />

Kontenplan für das Unternehmen<br />

erarbeiten o<strong>der</strong> auch nur weitere<br />

Konten duplizieren. Betriebswirtschaftlich<br />

ist es aber oftmals sinnvoll,<br />

eine weitere Differenzierung bei den<br />

Buchungskonten vorzunehmen.<br />

Beispielsweise kann es für einen<br />

Unternehmer wichtig sein, Informationen<br />

zu den laufenden Kfz-Betriebskosten<br />

je Fahrzeug zu erhalten. Dies<br />

gehört jedoch auch nicht zur Verbuchung<br />

<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle<br />

<strong>und</strong> ist somit nicht gestattet.<br />

Dabei erfolgt bereits bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />

des Geschäftsvorfalls eine<br />

steuerliche Würdigung. Es ist zu prüfen,<br />

ob es sich um eine Betriebsausgabe<br />

handelt, ob Vorsteuer geltend<br />

gemacht werden kann o<strong>der</strong> Umsatzsteuer<br />

fällig wird. Trotzdem ist<br />

es dem selbstständigen Buchhalter<br />

nicht erlaubt, die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung<br />

zu erstellen.<br />

Selbstverständlich könnten diese Arbeiten<br />

auch vom Unternehmer selbst<br />

vorgenommen werden, jedoch möchte<br />

dieser nicht damit belastet werden,<br />

zumal er meist auch über keine ausreichenden<br />

steuerlichen Kenntnisse<br />

verfügt.<br />

Bei <strong>der</strong> Lohnbuchhaltung verhält<br />

es sich ähnlich. Der <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

darf kein Lohnkonto einrichten,<br />

auch wenn er sich durch Teilnahme<br />

an vielen Schulungen umfangreiche<br />

Kenntnisse neben dem Steuerrecht<br />

auch im Sozialversicherungsrecht<br />

angeeignet hat.<br />

36<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />

Persönliches<br />

Steuerberater benötigen<br />

Unterstützung<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> verfügen aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Weiterbildung über ein sehr hohes<br />

Fachwissen bei <strong>der</strong> Bilanzierung<br />

<strong>und</strong> im Bereich des Steuerrechts.<br />

Wie Annoncen in den Tageszeitungen<br />

o<strong>der</strong> im Internet zeigen, suchen<br />

Steuerberater verstärkt <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

zur Unterstützung bei <strong>der</strong> Bewältigung<br />

ihrer Aufgaben.<br />

Die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

dafür regelt § 17 <strong>der</strong> Berufsordnung<br />

<strong>der</strong> Steuerberater. Der Paragraph gestattet<br />

die Beschäftigung von Mitarbeitern,<br />

die nicht Personen im Sinne<br />

des § 56 Abs. 1 StBerG sind, sofern<br />

sie weisungsgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unter<br />

fachlicher Aufsicht sowie beruflichen<br />

Verantwortung des Steuerberaters<br />

tätig sind.<br />

Dies kann wahlweise als angestellter<br />

o<strong>der</strong> freier Mitarbeiter erfolgen, wobei<br />

im letzteren Fall die Kriterien <strong>der</strong><br />

Scheinselbstständigkeit zu beachten<br />

sind.<br />

Der Steuerberater kann also <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

gr<strong>und</strong>sätzlich mit <strong>der</strong><br />

Durchführung von Jahresabschlussarbeiten<br />

beauftragen. Tätigkeiten<br />

sind hier beispielsweise die Bearbeitung<br />

des Anlagevermögens,<br />

Jahresabgrenzungen <strong>und</strong> Abstimmungsarbeiten.<br />

Zielführende Aufgabenverteilung<br />

Innerhalb des Anlagevermögens<br />

müssen Wirtschaftsgüter erfasst,<br />

Anschaffungskosten <strong>und</strong> Abschreibungen<br />

ermittelt werden.<br />

Die meisten Finanzbuchhaltungsprogramme<br />

verfügen über eine Schnittstelle<br />

zur Anlagenbuchhaltung. Die<br />

Erfassung <strong>der</strong> Anschaffungskosten<br />

unter Beachtung von Nebenkosten,<br />

Rabatten o<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e Skonti<br />

sowie nachträglichen Anschaffungskosten<br />

erfolgt am besten bereits im<br />

Rahmen <strong>der</strong> laufenden Buchhaltung.<br />

Jahresabgrenzungen sind oftmals<br />

sehr aufwendig. Denn es ist permanent<br />

zu prüfen, ob Aufwendungen<br />

<strong>und</strong> Erträge dem laufenden Wirtschaftsjahr<br />

zuzuordnen sind o<strong>der</strong><br />

kommende Wirtschaftsjahre betreffen.<br />

Bei Zusammenarbeit mit einem<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> kann die richtige<br />

Abgrenzung schon bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />

<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle<br />

erfolgen.<br />

Darüber hinaus können auch Abstimmungsarbeiten<br />

in <strong>der</strong> Debitoren- <strong>und</strong><br />

Kreditorenbuchhaltung durch den<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> vorgenommen werden.<br />

Da <strong>der</strong> Jahresabschluss innerhalb<br />

des nächsten Jahres aufgestellt<br />

wird <strong>und</strong> entsprechende Zahlungen<br />

dann bereits erfasst sind, verfügt <strong>der</strong><br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> über einen guten<br />

Überblick. Abstimmungsarbeiten<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Kassen- <strong>und</strong> Kontoführung<br />

sind gängige Praxis.<br />

Aber auch die laufende Abstimmung<br />

von Darlehensständen, Verbindlichkeiten<br />

gegenüber Arbeitnehmern,<br />

Krankenkassen o<strong>der</strong> dem Finanzamt<br />

erweisen sich als hilfreich. Bestandsverän<strong>der</strong>ungen<br />

bei Rohstoffen <strong>und</strong><br />

Waren, aber auch bei unfertigen <strong>und</strong><br />

fertigen Erzeugnissen beeinflussen<br />

das Betriebsergebnis wesentlich. Um<br />

einen guten Überblick zu haben, ist<br />

eine monatliche Verbuchung sinnvoll.<br />

Hauptzielgruppe sind<br />

kleinere Unternehmen<br />

Bereits aus den berufsrechtlichen<br />

Schranken ergibt sich eine Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen<br />

Buchhalter <strong>und</strong> Steuerberater.<br />

Aber unabhängig davon, können die<br />

Berufsgruppen von einer Zusammenarbeit<br />

profitieren.<br />

Zielgruppe <strong>der</strong> Steuerberater <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Buchhalter sind kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />

Unternehmen. Große<br />

Unternehmen erstellen die Buchhaltung,<br />

den Jahresabschluss <strong>und</strong><br />

die Steuererklärungen meist selbst.<br />

Doch die Bereiche Rechnungswesen<br />

<strong>und</strong> Controlling sind sehr umfangreich,<br />

so dass es für Unternehmen<br />

je<strong>der</strong> Größe oft weiteren Unterstützungsbedarf<br />

gibt.<br />

Zur besseren Kostenkontrolle ist die<br />

Erstellung einer Kosten- <strong>und</strong> Leistungsrechnung<br />

notwendig. Diese ist<br />

meist an die Finanzbuchhaltung gekoppelt.<br />

Bereits bei <strong>der</strong> Verbuchung<br />

<strong>der</strong> laufenden Geschäftsvorfälle erfolgt<br />

eine Zuordnung zu Kostenstellen<br />

<strong>und</strong> Kostenträgern. Von Vorteil<br />

ist es, wenn diese Arbeiten direkt im<br />

Unternehmen durchgeführt werden,<br />

da sich oftmals Rückfragen ergeben.<br />

Hier ist <strong>der</strong> selbstständige Buchhalter<br />

gefragt. Er kann im Unternehmen<br />

diese Verbuchung vornehmen <strong>und</strong><br />

somit eine gute Gr<strong>und</strong>lage für die<br />

weitere Arbeit schaffen.<br />

Zum Beispiel ist es in einer Baufirma<br />

äußerst wichtig, detaillierte Herstellungskosten<br />

zu kennen. Dies sollte<br />

nicht erst bei Beendigung des Bauvorhabens<br />

erfolgen, son<strong>der</strong>n laufend,<br />

um bei ausufernden Kosten noch Gegenmaßnahmen<br />

ergreifen zu können.<br />

Der Steuerberater benötigt darüber<br />

hinaus für die Erstellung <strong>der</strong> Bilanz<br />

eine aussagekräftige Bewertung <strong>der</strong><br />

unfertigen Baustellen.<br />

Unrichtige Bewertungen haben zum<br />

einen Auswirkung auf den steuerlichen<br />

Gewinn, zum an<strong>der</strong>en würden<br />

falsche Vermögenswerte dargestellt<br />

werden. Dies hätte wie<strong>der</strong>um eine<br />

Fehlinformation für Gesellschafter<br />

<strong>und</strong> Gläubiger zur Folge.<br />

Unterstützung auch beim<br />

internen Rechnungswesen<br />

Ein weiterer Bereich des Rechnungswesens<br />

ist die Kalkulation. Nur mit<br />

sehr guter Fachexpertise können<br />

kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />

in ihrer Branche erfolgreich<br />

sein. Obendrein sind kaufmännische<br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 37


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />

Persönliches<br />

Kenntnisse unverzichtbar. Viele<br />

kleine Unternehmen lassen sich von<br />

Marktpreisen leiten, ohne selbst eine<br />

Kalkulation aufzustellen. In <strong>der</strong> Folge<br />

kommt es zu Liquiditätsschwierigkeiten<br />

bis hin zur Insolvenz.<br />

Der <strong>Bilanzbuchhalter</strong>, <strong>der</strong> es gewohnt<br />

ist, sich mit Zahlen auseinan<strong>der</strong>zusetzen,<br />

kann auch hier tätig werden.<br />

Angefangen von <strong>der</strong> Lohnbuchhaltung,<br />

wo bereits durch die Verwendung<br />

unterschiedlicher Lohnarten,<br />

<strong>der</strong> Zuordnung zu Kostenstellen <strong>und</strong><br />

zu Kostenträgern die Lohnkosten in<br />

produktive <strong>und</strong> unproduktive Fertigungskosten<br />

unterschieden werden<br />

können, bis hin zur Ermittlung von<br />

Zuschlagssätzen für die unterschiedlichen<br />

Gemeinkosten.<br />

Für das Unternehmen können somit<br />

eigene St<strong>und</strong>enverrechnungssätze<br />

<strong>und</strong> Verkaufspreise ermittelt werden,<br />

denn die Kostenstruktur ist in<br />

jedem Unternehmen unterschiedlich.<br />

Durch eine entsprechende Nachkalkulation<br />

kann nach Beendigung eines<br />

Auftrags geprüft werden, ob <strong>der</strong><br />

Auftrag mit dem geplanten Gewinn<br />

auch realisiert werden konnte.<br />

In <strong>der</strong> Betriebswirtschaftlichen Auswertung<br />

aus <strong>der</strong> Finanzbuchhaltung<br />

ist nur das gesamte Betriebsergebnis<br />

ersichtlich, nicht jedoch <strong>der</strong> einzelne<br />

Auftrag. Weil Fehler gar nicht<br />

bekannt sind, können auch keine<br />

Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen werden.<br />

Unter Umständen laufen verlustträchtige<br />

Aufträge über lange Zeit<br />

weiter.<br />

Buchhalter kann als externer<br />

Controller fungieren<br />

Die wirtschaftliche Dynamik zwingt<br />

alle Unternehmen, in zunehmendem<br />

Maße kurz- <strong>und</strong> mittelfristige<br />

Entscheidung zu treffen. In großen<br />

Unternehmen übernimmt das Controlling<br />

eine Stabsstellenfunktion <strong>und</strong><br />

liefert wichtige Entscheidungsdaten.<br />

Kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

haben keinen Controller, müssen<br />

aber ebenso agieren können.<br />

Rentabilitätsberechnungen, eine<br />

Break-Even-Point-Analyse o<strong>der</strong> eine<br />

Budgetierung mit Soll-Ist-Vergleichen,<br />

können den Unternehmer<br />

wirksam unterstützen. Alle diese<br />

Auswertungen kann ein Buchhalter<br />

aufstellen.<br />

Letztendlich ist <strong>der</strong> Fachkräftemangel<br />

überall in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

angekommen. Der demographische<br />

Wandel führt dazu, dass die Unternehmen<br />

<strong>der</strong> Problematik des Personalmanagements<br />

mehr Augenmerk<br />

schenken müssen. Haben noch bis<br />

vor fünf Jahren junge Menschen einen<br />

Ausbildungsplatz dringend gesucht,<br />

so ist es mittlerweile so, dass<br />

die Unternehmen hän<strong>der</strong>ingend nach<br />

Auszubildenden suchen.<br />

Sicherlich sind die Gehaltsperspektiven<br />

ein entscheiden<strong>der</strong> Faktor,<br />

aber soziale Komponenten gewinnen<br />

enorm an Bedeutung. Auch bei Fragen<br />

r<strong>und</strong> um das Personalmanagement<br />

können Buchhalter maßgeblich<br />

mitwirken.<br />

Da <strong>der</strong> Buchhalter die Lohnabrechnung<br />

erstellt, kann er hier auch bei<br />

Personalgesprächen mit hinzugezogen<br />

werden. Fragen zur Lohnabrechnung<br />

an sich kann er gut<br />

beantworten. Beispielsweise hat die<br />

Wahl <strong>der</strong> Steuerklasse, die durch ein<br />

Ehepaar vorgenommen wird, unter<br />

Umständen eine große Auswirkung.<br />

Wird ein Arbeitnehmer statt mit <strong>der</strong><br />

Steuerklasse IV mit <strong>der</strong> Steuerklasse<br />

V abgerechnet, so bedeutet dies für<br />

ihn ein viel geringeres Nettoentgelt.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist es auch notwendig,<br />

die Auswirkung von unproduktiven<br />

Zeiten o<strong>der</strong> Lohnerhöhungen auf die<br />

Kostenstruktur eines Unternehmens<br />

<strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Marktfähigkeit, Arbeitnehmern<br />

zu erläutern. Gemeinsam<br />

können Arbeitgeber <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

nach Möglichkeiten suchen.<br />

Gerade die Bereiche Gastronomie<br />

<strong>und</strong> Pflegeeinrichtungen erfor<strong>der</strong>n<br />

von Arbeitnehmern eine hohe Flexibilität<br />

bei <strong>der</strong> Arbeitszeit.<br />

Zuschüsse für Sonn-, Feiertags- <strong>und</strong><br />

Nachtarbeit werden oftmals noch<br />

viel zu wenig genutzt. Ein weiteres-<br />

Beispiel wäre die Zahlung eines Zuschusses<br />

für die Unterbringung von<br />

nicht schulpflichtigen Kin<strong>der</strong>n in einer<br />

Tageseinrichtung. Eltern können<br />

dadurch Arbeit <strong>und</strong> Familie besser<br />

vereinbaren. Der Buchhalter weiß,<br />

unter welchen Bedingungen Zahlungen<br />

erfolgen können <strong>und</strong> kann<br />

mit <strong>der</strong> Unternehmensleitung die<br />

Voraussetzungen für die Umsetzung<br />

schaffen.<br />

Der Mehrnutzen liegt in <strong>der</strong><br />

Kooperation<br />

Ziel sollte es sein, dass Steuerberater<br />

<strong>und</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> gemeinsam als<br />

Dienstleister für die Unternehmen<br />

<strong>und</strong> damit für die Wirtschaft auftreten.<br />

Konkurrenzdenken, Bevorteilung<br />

o<strong>der</strong> Billigarbeiten sind fehl am<br />

Platz.<br />

Ohne ein korrektes Rechnungswesen<br />

ist keine Steuerberatung möglich, ohne<br />

gute Steuerberatung ist <strong>der</strong> wirtschaftliche<br />

Erfolg von Unternehmen<br />

gefährdet.<br />

<<br />

Über die Autorin:<br />

Bärbel Ettig ist geprüfte <strong>Bilanzbuchhalter</strong>in<br />

<strong>und</strong> Betriebswirtin. Seit 1995<br />

ist sie selbstständig sowie als Dozentin<br />

für den Bereich Rechnungswesen<br />

tätig. Seit 2008 ist sie Mitglied im<br />

Präsidium des <strong>B<strong>und</strong>esverband</strong>es <strong>der</strong><br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> Controller e.V.<br />

(BVBC) <strong>und</strong> seit April 2012 Präsidentin<br />

des BVBC.<br />

38<br />

bilanz + buchhaltung


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />

Persönliches<br />

ReWeCo 2013<br />

„<strong>Bilanzbuchhalter</strong> können das!“<br />

Die ReWeCo 2013, ein Kongress mit begleiten<strong>der</strong> Fachmesse, lockte vom 23. bis zum 25. Mai<br />

r<strong>und</strong> 250 Experten aus dem Rechnungswesen in die Taunusstadt Bad Soden. Der Veranstalter<br />

BVBC nutzte seinen Jahreskongress, um eine neue Initiative für ein deutsches <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />

zu starten. Ein Veranstaltungsbericht.<br />

von Udo Reuß, Chefredakteur „bilanz + buchhaltung“<br />

Berufsrechtliche Grenzen<br />

erschweren die<br />

Berufsausübung durch <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

<strong>und</strong> gezielte Kooperationen<br />

mit Steuerkanzleien. So<br />

erklärte <strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong> Chris<br />

tian Schnei<strong>der</strong> aus Moers, wie die<br />

Steuerberaterkammer Düsseldorf,<br />

ihn abmahnte. Diese störte sich beispielsweise<br />

daran, dass Schnei<strong>der</strong> in<br />

seinem Eintrag auf dem Selbstständigen-Portal<br />

www.bvbc-expert.de<br />

„Kooperationen mit Steuerberatern“<br />

erwähnte. Er ersetzte daraufhin<br />

„Kooperation“ durch das Wort „Mitarbeit“.<br />

Des Weiteren monierte die<br />

Kammer, dass er im elektronischen<br />

Branchenverzeichnis „Goyellow“ unter<br />

den Stichworten „Buchhaltung“<br />

<strong>und</strong> „Rechnungswesen“ zu finden<br />

war. Diesen Eintrag löschte er. Weitere<br />

Kritikpunkte <strong>der</strong> Steuerberaterkammer<br />

konnten ohne Än<strong>der</strong>ungen<br />

abgewehrt werden.<br />

„Mich erinnert dieses Vorgehen an<br />

die Inquisition im Mittelalter“, fasste<br />

Schnei<strong>der</strong> seine Erfahrungen zusammen.<br />

Mithilfe <strong>der</strong> vom BVBC empfohlenen<br />

Anwaltskanzlei Schiffer &<br />

Partner konnte er sich <strong>der</strong> teilweise<br />

haltlosen Abmahnung erfolgreich<br />

erwehren. BVBC-Präsidentin Bärbel<br />

Ettig erklärte, dass insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Steuerberaterkammer Düsseldorf<br />

immer wie<strong>der</strong> versucht, <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

abzumahnen. Um dem etwas<br />

entgegenzusetzen, half <strong>der</strong> Verband<br />

Schnei<strong>der</strong> bei seiner Gegenwehr.<br />

„Unter den geltenden berufsrechtlichen<br />

Einschränkungen leiden nicht<br />

nur 180.000 <strong>Bilanzbuchhalter</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

auch über 3,2 Millionen Kleinunternehmen“,<br />

monierte Ettig. Daher<br />

will <strong>der</strong> Verband ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />

nach österreichischem Vorbild.<br />

Entwurf eines <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes<br />

wird entwickelt<br />

Dr. Friedrich Bock, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Paritätischen Kommission Bilanzbuchhaltungsberufe<br />

in Österreich, ist<br />

Wegbereiter des seit 2006 geltenden<br />

österreichischen <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetzes<br />

<strong>und</strong> berichtete in Bad Soden<br />

über die Erfahrungen im Nachbarland.<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> werden dort nach<br />

einer erfolgreichen Fachprüfung öffentlich<br />

bestellt. Sie sind gesetzlich<br />

zur Weiterbildung verpflichtet <strong>und</strong><br />

müssen eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung<br />

abschließen.<br />

Seit Anfang dieses Jahres wurde die<br />

Trennung zwischen gewerblichen<br />

<strong>und</strong> selbstständigen Buchhaltern mit<br />

<strong>der</strong> Zugehörigkeit zu unterschiedlichen<br />

Kammern aufgehoben. Nunmehr<br />

gibt es drei Berufsgruppen: die<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong>, Buchhalter (ohne<br />

Bilanzierungsbefugnisse) <strong>und</strong> die<br />

Personalverrechner. Der Berechtigungsbereich<br />

<strong>der</strong> <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

ist deutlich weiter als in Deutschland<br />

<strong>und</strong> wurde Anfang 2013 bezüglich<br />

<strong>der</strong> Steuerbilanzerstellung nochmals<br />

erweitert. Erlaubt ist z. B. die Vertretung<br />

in Abgaben- <strong>und</strong> Abgabenstrafverfahren,<br />

die Vertretung <strong>und</strong> Abgabe<br />

von Umsatzsteuervoranmeldungen<br />

<strong>und</strong> die Erstellung von Bilanzen nach<br />

Handelsrecht. Derzeit hätten r<strong>und</strong> 25<br />

österreichische <strong>Bilanzbuchhalter</strong> von<br />

<strong>der</strong> Steuerberaterkammer München<br />

die Erlaubnis, in Deutschland tätig zu<br />

sein, teilte Bock mit.<br />

„Inlän<strong>der</strong>diskrimierung <strong>der</strong> deutschen<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong>“<br />

Faktisch gäbe es für deutsche <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

eine Inlän<strong>der</strong>diskriminierung.<br />

Augenzwinkernd wies Bock<br />

darauf hin, dass sich ein deutscher<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> an einer österreichischen<br />

Buchhaltungsgesellschaft<br />

mit Tätigkeit in Deutschland beteiligen<br />

könnte, um so auf die Brisanz<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Der BVBC will unterdessen seinen<br />

Diskussionsentwurf für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />

mit einer in Bad Soden<br />

neu gegründeten Arbeitsgruppe<br />

weiterentwickeln. Ziel ist ein ausformuliertes<br />

Gesetz, das die Zulassung,<br />

Bestellung <strong>und</strong> die Befugnisse für<br />

<strong>Bilanzbuchhalter</strong> <strong>und</strong> auch für Steuerfachangestellte,<br />

Steuerfachwirte<br />

sowie Buchhalter regelt. Für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> BVBC konkret:<br />

Bilanzerstellung bis zu einem Umsatz<br />

von 360.000 Euro,<br />

Erstellen von Einnahmen-Überschussrechnungen<br />

nach § 4 Abs.<br />

3 EStG,<br />

Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen<br />

<strong>und</strong> die<br />

Einrichtung <strong>der</strong> Buchführung.<br />

Diese For<strong>der</strong>ungen stehen auf einer<br />

vom BVBC entwickelten roten Karte<br />

mit dem Slogan: „<strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

Die Zeitschrift für Buchhaltung <strong>und</strong> Rechnungswesen – 06 | 2013 39


Editorial Inhalt Kompakt Buchhaltung Bilanzierung Steuern<br />

Persönliches<br />

können das!“. Diese Karte soll an politische<br />

Entscheidungsträger geschickt<br />

werden, um den Kampf für ein <strong>Bilanzbuchhalter</strong>gesetz<br />

zu forcieren.<br />

Bilanzanalyse <strong>und</strong> Strukturbilanz als<br />

Aufgaben für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

Dass das lebenslange Lernen eine<br />

Daueraufgabe für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

ist, zog sich wie ein roter Faden<br />

durch das Kongressprogramm. Prof.<br />

Dr. Klaus Hahn, Studiengangsleiter<br />

an <strong>der</strong> Dualen Hochschule Baden-<br />

Württemberg, erklärte anhand von<br />

Fallbeispielen bilanzpolitische <strong>und</strong><br />

bilanzanalytische Gestaltungen in<br />

HGB-Abschlüssen.<br />

Er resümierte: „Die bilanzanalytische<br />

Aufbereitung ist durch das BilMoG<br />

schwieriger geworden.“ Einfach zu<br />

entschlüsselnde explizite Wahlrechte<br />

wurden abgeschafft. Neu eingeführt<br />

wurden Bilanzierungs- <strong>und</strong><br />

Bewertungsvorschriften, die mit umfangreichen<br />

Ermessens-, Schätz- <strong>und</strong><br />

Prognosespielräumen verb<strong>und</strong>en<br />

sind. „Diese können aus externer<br />

Sicht nur schwer entschlüsselt werden“,<br />

ergänzte Hahn.<br />

Er meinte, dass eine um bilanzpolitische<br />

Maßnahmen korrigierte<br />

Strukturbilanz zu erstellen, eine herausfor<strong>der</strong>nde<br />

Aufgabe für <strong>Bilanzbuchhalter</strong><br />

sei. Wenn latente Steuern<br />

aktiviert wurden, dann sei die Strukturbilanz<br />

deutlich komplizierter als<br />

in <strong>der</strong> Zeit vor dem BilMoG.<br />

Auch Preise wurden verliehen. Für<br />

die beste <strong>Bilanzbuchhalter</strong>prüfung<br />

2012 wurde Simon Ackermann, für<br />

die bes-te Controllerprüfung Heike<br />

Gießler ausgezeichnet. Den Controller-Ehrenpreis<br />

2013 <strong>der</strong> BVBC-<br />

Stiftung bekam Prof. Dr. Volker<br />

Peemöller. Er hielt einen Vortrag<br />

über die Auswirkungen auf Unternehmenswerte<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Euro-<br />

Krise <strong>und</strong> des niedrigen Zinsniveaus.<br />

Mutigere Wirtschaftspolitik soll<br />

Finanzkrise stoppen<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> Finanzkrise<br />

von 2008 bis heute anschaulich dargestellt<br />

hat Prof. Dr. Michael Grote<br />

von <strong>der</strong> Frankfurt School of Finance<br />

& Management. Er schlussfolgerte,<br />

dass die <strong>der</strong>zeitige Sparpolitik in den<br />

südeuropäischen Krisenstaaten nicht<br />

fortgeführt werden sollte. Er empfahl<br />

<strong>der</strong> Wirtschaftspolitik mehr Mut zu<br />

einer vorübergehend höheren Verschuldung<br />

<strong>und</strong> Inflationsrate sowie<br />

höheren Löhnen in Deutschland. Nur<br />

so könne die Abwärtsspirale in Europa<br />

beendet werden.<br />

Auch zahlreiche Aussteller hielten<br />

messebegleitend weitere Vorträge,<br />

etwa über Bewerbungsstrategien,<br />

Online-Reisekostenabrechnung o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Softwarelösungen. Die nächste<br />

Kongressmesse ReWeCo findet<br />

wie<strong>der</strong> in Bad Soden statt - vom 15.<br />

bis zum 17. Mai 2014. <<br />

Impressum<br />

bilanz + buchhaltung / ISSN: 0930-0599, Heft 6/2013, 59. Jahrgang<br />

Redaktion: Chefredakteur: Dipl.-Kfm. Udo Reuß, Wirtschaftsjournalist, udo@udoreuss.de, Tel.: 09382 31 871-15, Fax: -20,<br />

Philipp-Stöhr-Weg 18, 97447 Gerolzhofen, www.udoreuss.de<br />

Autoren dieser Ausgabe: StB Wilhelm Krudewig, Karl Birgel, Reinhard Bleiber, Bärbel Ettig, Dieter Krieger, Wolfgang Macht, WP/StB/RA/FAStR<br />

Prof. Dr. Thomas Küffner, StB Hans Walter Schoor, Dr. Ulrich Dürr, Dr. Markus Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller<br />

Verlag:<br />

Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg<br />

Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg<br />

Registergericht Freiburg, HRA 4408<br />

Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs-GmbH, Sitz Freiburg, Registergericht Freiburg, HRB 5557, Martin Laqua<br />

Geschäftsführung: Isabel Blank, Markus Dränert, Jörg Frey, Birte Hackenjos, Randolf Jessl, Matthias Mühe, Markus<br />

Reithwiesner, Joachim Rotzinger, Dr. Carsten Thies<br />

Beiratsvorsitzende: Andrea Haufe<br />

Steuernummer: 06392/11008<br />

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 812398835<br />

Grafik/Layout: Helmut Kammerer, Excite Design, Freiburg, www.excite-design.de<br />

Druck:<br />

Druckerei Stückle<br />

Anzeigen:<br />

Anzeigenverkaufsleiter: Bernd Junker, Tel.: 0931/27 915 56, verantwortlich für Anzeigen, Fax: -477, E-Mail: Bernd.Junker@haufe-lexware.com<br />

Anzeigendisposition: Christine Wolz, Tel.: 0931/27 914 72, Fax: 477, E-Mail: Christine.Wolz@haufe-lexware.com<br />

Erscheinungsweise: 11 x im Jahr<br />

Abo-Service:<br />

Haufe Service Center GmbH, Postfach, 70091 Freiburg<br />

Telefon 0800 7234 253, Fax: 0800 5050 446, E-Mail: Zeitschriften@haufe.de<br />

Bezugspreis:<br />

Jahresabonnement Inland: 216,00 Euro (MwSt. <strong>und</strong> Versand inklusive)<br />

In den mit Namen versehenen Beiträgen wird die Meinung <strong>der</strong> Autoren wie<strong>der</strong>gegeben. Nachdruck <strong>und</strong> Speicherung in elektronischen Medien<br />

nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags <strong>und</strong> unter voller Quellenangabe. Für eingesandte Manuskripte <strong>und</strong> Bildmaterialien, die nicht<br />

ausdrücklich angefor<strong>der</strong>t wurden, übernimmt <strong>der</strong> Verlag keine Haftung.<br />

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