Mai 2013 - Falkensee - Falkenseer Stadtjournal
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Historische Blätter<br />
Im Museum der Stadt Nauen lagern die vergilbten Jahrgänge des<br />
„Osthavelländischen Kreisblattes“, das einst über das Geschehen im Kreis<br />
Osthavelland berichtete. In dieser Rubrik dokumentiert das Stadt-Journal<br />
historische Artikel, die einen Einblick in das Alltagsleben des Jahres 1913 geben.<br />
Im <strong>Mai</strong> vor 100 Jahren<br />
Im <strong>Mai</strong> 1913 frühstückt der Großherzog von Mecklenburg auf dem Nauener<br />
Staatsbahnhof. Im Vorortzug findet bei Finkenkrug eine üble Rauferei statt. Die Firma<br />
Siemens & Schuckert schenkt der Stadt Spandau neun elektrische Normaluhren und der<br />
Seegefelder Grundbesitzerverein lädt zu einer Wagenpartie nach dem Alten Finkenkrug<br />
ein, wo nach altem Brauch Kaffee gekocht wird.<br />
Sitzung des<br />
Schöffengerichts<br />
2. <strong>Mai</strong> 1913. Wegen Uebertretung<br />
der Baupolizeiordnung<br />
wurde ein Bauunternehmer<br />
in Nauen zu 60 Mark<br />
Strafe verurteilt. Er hatte Küchenräume<br />
usw. in seinen<br />
neuerbauten Häusern, Mittelstraße<br />
12-16, putzen lassen,<br />
bevor er in Besitz des<br />
Rohbauabnahmescheines<br />
gelangt war.<br />
Der Techniker Ernst Kl. in<br />
Nauen war der Beleidigung<br />
der Polizeisergeanten Schulz<br />
und Adam angeklagt. Die<br />
beiden Beamten hatten am<br />
17. Dezember v. Js. den Auftrag,<br />
auf dem Neubau Mittelstraße<br />
12-16 das Dielen und<br />
das Putzen der Räume zu<br />
verhindern, weil die Baufirma<br />
noch nicht im Besitz der baupolizeilichen<br />
Erlaubnis hierzu<br />
war; sie fanden die Zugänge<br />
verstellt und einen<br />
derselben mit einer Latte<br />
vernagelt, so daß sie gezwungen<br />
waren, sich gewaltsam<br />
Einlaß zu verschaffen.<br />
Diese Handlungsweise hatte<br />
der Angeklagte in einer an<br />
die Polizeiverwaltung in Nauen<br />
gerichteten Eingabe ein<br />
„lächerliches Benehmen“ genannt<br />
und die Meinung ausgesprochen,<br />
die Beamten<br />
müßten ihres Amtes entsetzt<br />
werden. Das Urteil lautete<br />
auf 30 Mark Geldstrafe.<br />
Hoher Besuch<br />
5. <strong>Mai</strong> 1913. Nauen. Heute<br />
früh 6 Uhr 35 Minuten traf<br />
Seine Königliche Hoheit der<br />
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin,<br />
von Wien<br />
kommend, mittels Sonderzuges<br />
auf dem hiesigen Staatsbahnhof<br />
ein. Während seines<br />
einhalbstündigen Aufenthalts<br />
nahm Seine Königliche<br />
Hoheit in seinem Salonwagen<br />
ein von Herrn Bahnhofswirt<br />
Ricke geliefertes<br />
Frühstück ein und fuhr dann<br />
mit dem fahrplanmäßigen<br />
Zuge 6 Uhr 58 Min. weiter<br />
nach Schwerin.<br />
Geschenk der Firma<br />
Siemens & Schuckert<br />
16. <strong>Mai</strong> 1913, Spandau. Anläßlich<br />
der Fertigstellung des<br />
neuen Rathauses wird die<br />
Firma der Stadt neun moderne<br />
elektrisch betriebene Normaluhren<br />
stiften. Der Magistrat<br />
hat die Schenkung dankbar<br />
angenommen und die<br />
Firma gebeten, den Normaluhren<br />
Standorte u.a. auf<br />
dem Markt und an der Breiten<br />
Straße zu geben. Die<br />
Berliner Sternwarte wird die<br />
neuen Normaluhren regulieren.<br />
Die Spandauer Bewohner<br />
können der Firma Siemens<br />
u. Schuckert recht<br />
dankbar sein für das praktische,<br />
der modernen Entwicklung<br />
der Stadt Rechnung<br />
tragende und zeitgemäße<br />
Geschenk.<br />
Rauferei in einem<br />
Vorortzug<br />
19. <strong>Mai</strong> 1913, Nauen. Folgender<br />
unliebsamer Vorfall<br />
trug sich am ersten Feiertag,<br />
abends um ½ 8 Uhr im Vorortzug<br />
Nauen-Spandau zu.<br />
Auf der Station Finkenkrug<br />
stiegen in den Zug mehrere<br />
junge Leute ein, die sich in<br />
den einzelnen Durchgangsabteilen<br />
verteilten. Unbekümmert<br />
um die Mitreisenden,<br />
die in der Mehrzahl aus<br />
Frauen und Kindern bestanden,<br />
wurde sofort allerlei Allotria<br />
getrieben. Die<br />
Schnapsflasche wurde herumgereicht<br />
und mit den Spazierstöcken<br />
in gefährlicher<br />
Weise herumhantiert. Plötzlich<br />
wurde es still; Hilferufen<br />
und Angstgeschrei ertönten,<br />
das in einer unter den Burschen<br />
ausgebrochenen<br />
Schlägerei seine Ursache<br />
hatte. Da bei der Schlägerei<br />
dem Anschein nach auch<br />
das Messer Anwendung<br />
fand und sich die Balgerei<br />
auch auf die benachbarten<br />
Abteile ausdehnte, gerieten<br />
die Mitreisenden in ernste<br />
Gefahr. Infolgedessen sah<br />
man sich genötigt, die Notbremse<br />
zu ziehen. Der Zug<br />
wurde hierdurch sofort auf<br />
freier Strecke zum Stehen<br />
gebracht, die Schlägerei erreichte<br />
nun aber erst ihren<br />
Höhepunkt. Die Mitreisenden<br />
wurden sogar aus den<br />
Abteilen heraus auf die<br />
Gleise gedrängt. Erst durch<br />
das Einschreiten der Zugbeamten<br />
konnte der Prügelei<br />
ein Ende gemacht werden.<br />
Ein Beamter verblieb zum<br />
weiteren Schutz der Passagiere<br />
im Eisenbahnwagen.<br />
Auf der Station Spandau-<br />
West wurde dann die ganze<br />
Gesellschaft zurückbehalten<br />
und die Personalien der<br />
Hauptattentäter festgestellt.<br />
Für die Beteiligten wird der<br />
Vorfall ohne Zweifel noch<br />
ein gerichtliches Nachspiel<br />
haben.<br />
Spandau erhebt<br />
Kinderwagensteuer<br />
23. <strong>Mai</strong> 1913, Spandau. Eine<br />
Kinderwagensteuer von<br />
1,50 Mark für jeden Wagen<br />
hat die Stadt Spandau eingeführt,<br />
und damit vielfach<br />
recht herbe Kritik gefunden.<br />
Man sagt allgemein, daß eine<br />
solche Steuer in höchstem<br />
Maße unsozial sei. Um<br />
so bedenklicher ist die Kinderwagensteuer,<br />
als die Aerzte<br />
heute allgemein empfehlen,<br />
die Säuglinge in Ruhelage<br />
auszuführen, da das<br />
Tragen auf dem Arme für den<br />
zarten Körper ungesund sei.<br />
Mehr denn je ist heute also<br />
der Kinderwagen von Wert.<br />
Schützenfest in Seegefeld<br />
27. <strong>Mai</strong> 1913, Seegefeld. Das<br />
am vergangenen Sonntag<br />
stattgefundene Schützenfest<br />
war von annähernd 1500<br />
Personen besucht. Der Verlauf<br />
des Festes ist als ein gelungener<br />
zu betrachten. Der<br />
beste Schuß auf die Königsscheibe<br />
wurde vom Kameraden<br />
Glutsch abgegeben,<br />
welcher somit die Königswürde<br />
errang. Erster Ritter<br />
wurde Kamerad Schnoor<br />
und zweiter Ritter Kamerad<br />
August Hamann. … Zur Verschönerung<br />
des Festes trugen<br />
viele Spandauer Kameraden<br />
bei, denen noch an<br />
dieser Stelle ganz besonders<br />
gedankt sei.<br />
Kaffeekochen im<br />
Alten Finkenkrug<br />
28. Juni 1913. Neu-Seegefeld.<br />
Der Haus- und Grundbesitzerverein<br />
hat beschlossen,<br />
am Sonntag, dem 13.<br />
Juli, ein Sommerfest in Gestalt<br />
einer Wagenpartie stattfinden<br />
zu lassen. Die Gutsverwaltung<br />
hat sich liebenswürdigerweise<br />
bereit erklärt,<br />
die dazu erforderlichen Gespanne<br />
zu stellen. Alle Teilnehmer,<br />
zahlen als Beitrag<br />
zu den Unkosten 50 Pfennige.<br />
Versammlung und Abfahrt<br />
mit Musik erfolgt nachmittags<br />
2 Uhr pünktlich vom<br />
Restaurant Beyer. Die Fahrt<br />
geht durch Finkenkrug, Falkenhagen<br />
bis zum Alten Finkenkrug;<br />
dort findet alsdann<br />
nach altem Brauch Kaffeekochen<br />
statt. Von dort geht die<br />
Fahrt zurück über Neufinkenkrug<br />
nach dem Restaurant<br />
„Weißer Rabe“.<br />
FALKENSEER STADT - JOURNAL 5/<strong>2013</strong><br />
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