Mai 2013 - Österreichischer Journalisten Club
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[Medien]<br />
© Stephen Dock/Agence Vu picturedesk.com<br />
reicht: „Die Todesdrohungen setzen<br />
darauf, dass unabhängige <strong>Journalisten</strong><br />
nicht mehr in die Krisenregion<br />
gelangen. Hier müssen wir nüchtern<br />
einräumen, dass dieses Kalkül gelegentlich<br />
aufgeht, denn niemand von<br />
uns möchte leichtfertig das Leben<br />
einer Kollegin oder eines Kollegen<br />
aufs Spiel setzen.“<br />
Keiner Seite ist daran<br />
gelegen, dass die Öffentlichkeit<br />
die Wahrheit über<br />
den Bürgerkrieg erfährt.<br />
Vielleicht ist dies nicht die ganze<br />
Wahrheit: Denn oftmals ist der<br />
Druck für die Kriegsreporter aus<br />
der Stammredaktion im sicheren<br />
Europa hoch, Bilder und O-Töne<br />
vor Ort zu bekommen, auch wenn<br />
das Risiko für den Einzelnen unkalkulierbar<br />
ist. Am Lerchenberg in<br />
<strong>Mai</strong>nz (Sitz des ZDF) oder im Vierscheibenhaus<br />
in Köln (Verwaltungssitz<br />
des Westdeutschen Rundfunks<br />
WDR) sehen es Chefredakteure<br />
und Programmchefs ungern, wenn<br />
die Konkurrenz die Bilder ausstrahlt,<br />
die man selber gern hätte.<br />
Für die ARD gelten auch nach dem<br />
Vorfall keine neuen, allgemeinverbindlichen<br />
Regeln. Grundsätzlich<br />
legt jeder einzelne ARD-Sender die<br />
Sicherheitsrichtlinien für das von<br />
ihm betreute Auslandsstudio fest.<br />
Auch ein ZDF-Team unter Führung<br />
des TV-Korrespondenten Dietmar<br />
Ossenberg ist erst kürzlich in Syrien<br />
unter Beschuss geraten. ZDF-Pressesprecher<br />
Rainer Stumpf zu [Statement]:<br />
„Kein Bild ist das Leben unserer<br />
Mitarbeiter wert. Dennoch gilt<br />
es gerade in Krisenregionen, sich ein<br />
eigenes Bild zu machen, um objektiv<br />
berichten zu können. Wenn möglich<br />
und von den Risiken her abschätzbar,<br />
versuchen wir dies durch eigene<br />
Drehs vor Ort zu realisieren.“ Mittlerweile<br />
sind Kameramann, Tontechniker<br />
und Reporter des ZDF wieder<br />
aus Syrien abgereist.<br />
Der DJV hofft nun, dass dieses Beispiel<br />
Schule macht. Die Rundfunkanstalten<br />
und Agenturen dürften<br />
vor allem nicht vergessen, dass sie<br />
für „ihre“ Korrespondenten verantwortlich<br />
seien. Was bedeute,<br />
dass die Sender und Agenturen im<br />
Zweifel ihre <strong>Journalisten</strong> auffordern<br />
müssten, das Land zu verlassen,<br />
wenn die Risiken nicht mehr überschaubar<br />
seien.“<br />
Die Medienhäuser dürfen<br />
nicht vergessen, dass sie<br />
für ihre Korrespondenten<br />
verantwortlich sind.<br />
Auch Christoph Dreyer, Nahost-<br />
Experte bei der deutschen Sektion<br />
von „Reporter ohne Grenzen“,<br />
ist um die Sicherheit der Kollegen<br />
besorgt: „Sollten die entsprechenden<br />
Berichte stimmen, dann wäre<br />
das ein Aufruf zu einem Kriegsverbrechen,<br />
der mit aller Konsequenz<br />
juristisch verfolgt werden müsste:<br />
<strong>Journalisten</strong> in Krisengebieten gelten<br />
nach dem Kriegsvölkerrecht als<br />
Zivilisten, sofern sie keine Waffen<br />
tragen und sich nicht an Kampfhandlungen<br />
beteiligen.“<br />
Jörg Armbruster kann sich nun in<br />
seiner Heimat erholen, teilt die ARD<br />
mit. Doch auch wenn er wieder ganz<br />
gesund wird, werden Wunden bleiben,<br />
denn der Krieg kennt nur Verlierer<br />
und Opfer. Für <strong>Journalisten</strong> macht<br />
er da keine Ausnahme. <br />
© Dennis Williamson<br />
Zum Autor<br />
Jon Mendrala<br />
Der 31-Jährige arbeitet<br />
seit 2009 beim NDR in<br />
Hamburg als Autor, Gestalter<br />
und Reporter. Als<br />
Deutschlandkorrespondent<br />
für [Statement] hat er die<br />
Trends am deutschen<br />
Medienmarkt im Blick.<br />
<strong>Mai</strong> <strong>2013</strong> [Statement] 11