Mai 2013 - Österreichischer Journalisten Club
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[Portrait]<br />
Die Chefredakteurin des auflagenstärksten Frauenmagazins des Landes heißt Euke Frank.<br />
Ihr Fachgebiet sind Frauenthemen. Sie kann aber über mehr schreiben, als nur über Rocklängen<br />
und Fingernägel. Die zweifache Mutter schrieb auch Bücher über spätes Babyglück und prominente<br />
Quereinsteiger in der Politik.<br />
von Nina Bayer<br />
Euke Frank lässt sich am liebsten<br />
außerhalb ihrer Büroräumlichkeiten<br />
interviewen. Sie sagt,<br />
Caféhäuser seien für sie der ideale<br />
Platz, um in Ruhe ein Gespräch<br />
führen zu können. Zum Interview<br />
erscheint sie ganz in Schwarz: „Ich<br />
trage sehr oft schwarz, da es unkompliziert<br />
ist und ich nicht lang überlegen<br />
muss.“ Privat erlaube sie sich<br />
aber auch gern farbenfrohe Muster.<br />
Frank liebt Chronik-Geschichten<br />
und Politik. „Ich habe schon in jungen<br />
Jahren mit meinem Großvater<br />
viel über Politik gesprochen, meine<br />
Eltern haben den Stern und den<br />
Spiegel gelesen“, erinnert sie sich.<br />
Ihre Leidenschaft für Politik lebt sie<br />
heute durch Lesen und vor allem in<br />
Diskussionen auf Twitter aus.<br />
Journalismus hat meiner<br />
Ansicht nach viel mit<br />
Leidenschaft zu tun.<br />
Journalismus hat ihrer Ansicht nach<br />
viel mit Leidenschaft zu tun. Von<br />
älteren <strong>Journalisten</strong> fordert sie<br />
vielfach mehr Einsicht: „Anstellungen<br />
sind schwierig geworden; das<br />
liegt an den enormen Kosten, die<br />
auch durch die besonderen Privilegien<br />
von <strong>Journalisten</strong> entstanden<br />
sind.“ Unter 44 Mitarbeitern zählt<br />
Woman fünf männliche. „Ich freue<br />
mich immer, wenn neue Mitarbeiter<br />
gut ins Team passen. Die Kollegenschaft<br />
ist bunt gemischt, wir sind<br />
zwischen 19 und 67 Jahre alt und<br />
dieser Mix macht Spaß“, so Frank,<br />
die Praktikumsplätze und Volontariate<br />
auch an Männer vergibt.<br />
Die typische Woman-Leserin ist zwischen<br />
20 und 60 Jahre und durchschnittlich<br />
39,2 Jahre alt, weiß Frank.<br />
„Vor ein paar Jahren fragte mich<br />
eine Journalistin, ob ich mit 50 auch<br />
noch Woman-Chefredakteurin sein<br />
werde“, erzählt die 46-jährige gebürtige<br />
Oberösterreicherin. „Wichtig<br />
ist, dass man seine Leserschaft<br />
kennt, weiß, was sie interessiert und<br />
bewegt. Ich habe zwei Angebote<br />
abgelehnt, für die hätte ich nach<br />
Deutschland gehen müssen. Der Job<br />
hier macht mir Spaß und ich lasse<br />
alles, wie schon seit Langem in meinem<br />
Leben, auf mich zukommen.“<br />
Das einzige, was ihr heute in ihrer<br />
Position sehr fehle, sei das Schreiben<br />
selbst, fügt sie hinzu.<br />
Für Frank ist es ein Muss, dass<br />
Woman über Mode, Lippenstift<br />
und Frisuren hinaus „weit mehr“<br />
bieten kann. Als Chefin fordere sie<br />
viel, „aber ich lobe auch, was das<br />
Zeug hält. Die Themen kommen<br />
zum Großteil von meinen Kollegen<br />
selbst, hier wird gute Arbeit geleistet.<br />
Ich bin ja leider eine Mikromanagerin,<br />
aber ich vermeide es, mich<br />
überall einzumischen.“ Auch wenn<br />
sie die Arbeit nie ganz loslässt, versucht<br />
Frank, am Wochenende loszulassen:<br />
„Ich entspann mich schon,<br />
wenn ich einfach nur auf der Couch<br />
liege, in die Luft schau und nichts<br />
tue. “<br />
Geboren wurde Frank am 17. Dezember<br />
1967 in Linz. Ihre Wurzeln<br />
liegen in einem kleinen Dorf im<br />
Mühlviertel. „Ich habe viel Zeit im<br />
Schrebergarten meiner Großeltern<br />
verbracht und dort mit meinem<br />
Opa an der Werkbank gebastelt.“<br />
Aufgewachsen ist sie in Wien und<br />
eigentlich wollte sie immer Detektivin<br />
werden: „Ich liebte die<br />
Geschichten von ‚Nick Knatterton’<br />
und ‚Miss Marple’“. Heute liest sie<br />
lieber Biografien: „Wieso entscheiden<br />
sich Menschen für einen gewissen<br />
Weg und wie entwickelte sich<br />
ihr Leben? Das finde ich spannend. “<br />
Gleich nach der Matura ist Frank<br />
von zu Hause ausgezogen und<br />
musste Geld verdienen; beim Wirtschaftsverlag<br />
in Wien bekam sie die<br />
Gelegenheit dazu: „Ich schrieb über<br />
ergonomisch richtige Büromöbel;<br />
das habe ich damals nur getan, um<br />
Geld zu verdienen.“ Das Interesse<br />
für den „wahren Journalismus“ war<br />
aber geweckt: „Ich begann Publizistik<br />
zu studieren. Bei profil war ein<br />
Volontariat zu vergeben und das<br />
habe damals zu meiner Überraschung<br />
ich bekommen.“ Nach dem<br />
Volontariat wechselte Frank zur<br />
Zeitschrift Basta und kam 1993 zur<br />
Verlagsgruppe News, wo sie für das<br />
Wochenmagazin News von 1994<br />
bis 1999 als Ressortleiterin Chronik<br />
tätig war. Das Studium hängte Frank<br />
schließlich an den Nagel. 1991 kam<br />
eine Tochter zur Welt, im Jahr 2000<br />
ein Sohn. Arbeitspausen gab es<br />
aber so gut wie nie.<br />
Wichtig ist, dass man<br />
seine Leserschaft kennt,<br />
weiß, was sie interessiert<br />
und bewegt.<br />
Im Frühjahr 2001 begann Frank<br />
ihre Karriere bei Woman. Sie war<br />
dort von Beginn an als Mitglied<br />
der Chefredaktion für die Ressorts<br />
Aktuell, Karriere, Kultur und Society<br />
zuständig. Seit 2006 ist sie nun<br />
Chefredakteurin und zusätzlich<br />
auch für das Online-Portal ‚mywoman.at‘<br />
verantwortlich, das von ihr<br />
vor Jahren konzipiert wurde. 2007<br />
gründete und leitete sie nebenbei<br />
ein Jahr lang das Magazin First.<br />
Frank sieht sich als Familienmensch:<br />
„Ich liebe meine Familie über alles<br />
und schöpfe viel Kraft aus ihr.“ Seit<br />
2008 ist sie mit dem „ZiB2“-Moderator<br />
und Fernseh-<strong>Journalisten</strong><br />
Armin Wolf verheiratet. „Wir haben<br />
ein Wochenendhaus im Waldviertel,<br />
dort koche ich viel, gehe<br />
spazieren und verbringe Zeit mit<br />
Freunden“, erzählt Frank, die allerdings<br />
für ihren Geschmack zu wenig<br />
Zeit für Hobbies hat. Reisen würde<br />
sie spannend finden, „doch ich<br />
hasse das Kofferpacken; es ist keine<br />
gute Einstimmung auf das Reisen.“<br />
Eine Bezeichnung, welche die Rolle<br />
der modernen Frau treffend<br />
beschreibt, hat die Woman-Chefin<br />
noch nicht gefunden: „Viele Namen<br />
sind negativ behaftet, andere stellen<br />
die Frauen oft als kaltblütig hin oder<br />
bezeichnen sie als ‚Heimchen am<br />
Herd’. Ich finde, ‚Karrierefrau‘ ist ein<br />
seltsames Wort. Sagt denn irgendjemand<br />
‚Karrieremann‘?“<br />
Auch für Chefredakteurin Frank<br />
sind Vollzeitjob und Kinder nicht<br />
leicht unter einen Hut zu bringen,<br />
denn „man bleibt selbst oft auf der<br />
Strecke“. Ihre Energie holt sie sich<br />
durch Gespräche mit ihrem Mann,<br />
bei ihren Kindern und Freunden. Für<br />
die Kinder habe sie nie Unterstützung<br />
rund um die Uhr gebraucht:<br />
„Ich wurschtle mich genauso durch<br />
wie viele unserer Leserinnen. Jeder<br />
Tag ist eine Herausforderung. Ein<br />
gutes Netzwerk ist wichtig. Aber<br />
jeder von uns kann sich doch aussuchen,<br />
ob er den Tag mit einem<br />
herzhaften ‚Das krieg ich schon hin’,<br />
oder mit ‚Schrecklich, wie werde<br />
ich das nur schaffen?’, beginnt. Ich<br />
hab mich für ‚Ich schaffe das schon<br />
irgendwie’ entschieden.“ <br />
© Privat<br />
Zur Autorin<br />
Nina Bayer<br />
Geboren1978 in Wels, lebt<br />
als freie Journalistin in Wien.<br />
Schon mit 20 war sie in Linz<br />
journalistisch tätig, danach<br />
für APA, Ö1 Campus, medianet<br />
Verlag, u.a. Sie besuchte<br />
die OÖ <strong>Journalisten</strong>akademie<br />
und lebte in Schottland,<br />
wo sie ein Mediencollege<br />
absolvierte und für den erfolgreichen<br />
Filmproduzenten<br />
Bob Last tätig war.<br />
<strong>Mai</strong> <strong>2013</strong> [Statement] 17