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Mai 2013 - Österreichischer Journalisten Club

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[Medien]<br />

[ ]<br />

Das Trauma der Kriegsreporter<br />

Kriegsreporter? Ein dummes Wort. Vorbelastet und geschändet durch<br />

ideologische Rattenfänger jeglicher Schattierung.<br />

Kommentar VON FRIEDRICH ORTER<br />

Natürlich gibt es sie: die Bruce<br />

Willis- und Sylvester Stallone-Imitate,<br />

die Filmaction<br />

mit Kriegsreportage verwechseln.<br />

P.M. war so einer, im Bosnien-Krieg<br />

der frühen 1990er-Jahre: In schwarzem<br />

Outfit, mit Strohhut, fuhr er<br />

den Sarajevoer Todesstreifen, die<br />

sogenannte Sniper Alley vom Flughafen<br />

zum Kriegsreporter-Hotel<br />

„Holiday Inn“ entlang – am Auto<br />

ein Schild mit der Aufschrift: „Don´t<br />

shoot, I am immortal.“<br />

Seine Unsterblichkeit war begrenzt<br />

– spätestens, seitdem ihm<br />

ein Scharfschütze die Hand zerfetzt<br />

hatte. Vor einigen Jahren starb er.<br />

Nicht auf dem Schlachtfeld, sondern<br />

ganz banal. An Alkoholismus.<br />

Eine Kriegsreporter-Krankheit.<br />

Einer meiner Kameramänner aus<br />

14 Kriegen, aus und von denen ich<br />

berichtete, war F.A., ein Haudegen,<br />

bis er eines Nachts schweißgebadet<br />

träumte, er halte inmitten von Leichenhaufen<br />

seine Kamera verkehrt<br />

und müsse sich bei mir für verwackelte<br />

Bilder entschuldigen. Ein<br />

klassischer Fall für eine notwendige<br />

psychotherapeutische Betreuung,<br />

ein Opfer der Posttraumatischen<br />

Belastungsstörung (PTBS).<br />

Ein guter Tag für den<br />

Reporter kann der letzte<br />

für seinen Interviewpartner<br />

sein.<br />

Laut Fachliteratur ist das traumatische<br />

Ereignis „das direkte persönliche<br />

Erleben einer Situation, die mit<br />

dem Tod oder der Androhung des<br />

Todes, einer schweren Verletzung<br />

oder einer anderen Bedrohung der<br />

körperlichen Unversehrtheit zu tun<br />

hat“ (DSM-IV, 1998, S.487). Kriegsund<br />

Krisenberichterstatter sind oft<br />

in Gegenden im Einsatz, wo Menschen<br />

in lebensgefährliche Situationen<br />

geraten sind. Ein guter Tag für<br />

den Reporter kann der letzte für<br />

seinen Interviewpartner sein.<br />

Berichterstattung aus Kriegs- und<br />

Krisengebieten ist eine verstörende<br />

Arbeit. Es ist eine Arbeit über Menschen<br />

in ihren schlimmsten Augenblicken.<br />

Die einzige Rechtfertigung<br />

für diese Arbeit ist die Wahrhaftigkeit<br />

unserer Berichterstattung als<br />

Ausdruck des Respekts.<br />

Auf dem Norfolk Place, in der<br />

Nähe der Paddington Station, ist<br />

Londons auffälligster <strong>Club</strong> untergebracht,<br />

der „Front Cine <strong>Club</strong>“,<br />

gegründet von Kriegsberichterstattern<br />

während der Wirren der<br />

Revolution in Rumänien. Hier dis-<br />

Kriegsreporter Fritz Orter im Irak<br />

12 [Statement] <strong>Mai</strong> <strong>2013</strong>

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