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Die Elektrostimulation im Sport und in der Rehabilitation

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<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

European Journal Translational Myology - Basic Applied Myology 2011; 21 (3&4): 123-174<br />

<strong>Die</strong> entscheidene Größe dürfte daher die<br />

St<strong>im</strong>ulationszahl pro Tag se<strong>in</strong>, die jedoch <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>er gewissen funktionellen Zeite<strong>in</strong>heit appliziert<br />

werden muß.<br />

V/3 Eigene Hypothese <strong>der</strong> Muskelfaser-Transformation<br />

<strong>Die</strong> Leistung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Muskelfaser pro Tag<br />

= Anzahl <strong>der</strong> St<strong>im</strong>uli pro Tag<br />

ist <strong>der</strong> best<strong>im</strong>mtende Faktor für die Fasertransformation!<br />

<strong>Die</strong> Leistung als Ausdruck <strong>der</strong> St<strong>im</strong>uli pro Tag ist<br />

unserer Me<strong>in</strong>ung nach die entscheidende Größe, die für<br />

die Muskelfasertransformierung verantwortlich ist.<br />

Aus dem Tierexper<strong>im</strong>ent kennen wir jene zahllosen 10<br />

Hz St<strong>im</strong>ulationsversuche, die 12-24 St<strong>und</strong>en<br />

kont<strong>in</strong>uier-lich angewendet wurden <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en<br />

Typ I-Fasern Population führten. <strong>Die</strong> angewandte<br />

genaue Frequenz spielte dabei e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />

Rolle, zumal die Impulsmenge pro Muskelfaser, die<br />

sich bei 10 Hz auf 860.000 Impulse pro Tag beläuft,<br />

bei nur 8 bis 12 St<strong>und</strong>en St<strong>im</strong>ulation <strong>im</strong>mer noch<br />

300.000 bis 400.000 Impulse beträgt. <strong>Die</strong>s ergibt e<strong>in</strong>en<br />

so erheblichen Arbeitsaufwand <strong>der</strong> Muskulatur, daß<br />

nur mehr oxidative Energievorgänge diese Leistung<br />

decken können. Bei all jenen Versuchen die kürzere<br />

St<strong>im</strong>ulationszeiten pro Tag, als oben erwähnt,<br />

angewendet haben, mußte e<strong>in</strong>e überraschende Typ II-<br />

Faser-Vermehrung bzw. Än<strong>der</strong>ung des Typ I zu Typ<br />

II-Faser - Verhältnisses festgestellt werden.<br />

Wir konnten das <strong>in</strong> den Jahren 1985 bis 1987 an<br />

querschnittgelähmten Patienten feststellen, wo wir ca.<br />

40 000 bis 50.000 St<strong>im</strong>uli pro Tag e<strong>in</strong>gesetzt haben<br />

(Kern [115]). Wir fanden dieselbe Typ II Faser-<br />

Ausprägung durch <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> bei <strong>in</strong>nervierter<br />

als auch bei denervierte Muskulatur be<strong>im</strong> Menschen<br />

<strong>und</strong> schließen daraus, daß diese Faserausprägungen<br />

auch ohne Nerv möglich s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> nur vom<br />

Arbeitsaufwand <strong>der</strong> Muskulatur abhängig s<strong>in</strong>d.<br />

Bei den St<strong>im</strong>ulationsversuchen dieser vorliegenden<br />

Arbeit am M.quadriceps verwendeten wir e<strong>in</strong>e<br />

durchschnittliche Belastung von 45.000 St<strong>im</strong>uli pro<br />

Tag. Damit konnten wir e<strong>in</strong>e Mitochondrienvermehrung<br />

um 22% erreichen, jedoch zeigte sich auch<br />

e<strong>in</strong>e stat. sign. Vermehrung <strong>der</strong> Typ IIa-Fasern um<br />

16%. <strong>Die</strong> Leistung <strong>der</strong> Muskelfaser pro Tag als<br />

best<strong>im</strong>menden Faktor für die Fasertransformation zu<br />

werten, schafft auch e<strong>in</strong>e logische Erklärung für alle<br />

jene <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong>sversuche bei denen e<strong>in</strong>e Typ II<br />

Faser Betonung (Vermehrung, Vergrößerung etc.)<br />

aufgetreten ist [30-32,42,64,126]. Auch paßt diese<br />

Annahme als logische Erklärung für all jene Arbeiten,<br />

die mit 2 verschiedenen Frequenzen (10 Hz <strong>und</strong> 40 Hz)<br />

bei etwa gleich großer Leistung pro Tag diesselben<br />

Anpassungsreaktionen unabhängig von <strong>der</strong> St<strong>im</strong>ulationsfrequenz<br />

gef<strong>und</strong>en haben [97,140,119,202].<br />

- 160 -<br />

Zusammenfassend für diese Transformationshypothese<br />

kann gesagt werden:<br />

<strong>Die</strong> momentane Muskelfasertypen-Ausprägung wird<br />

durch angeborene evolutionsbed<strong>in</strong>gte Faktoren sowie<br />

die täglichen Belastungen best<strong>im</strong>mt. <strong>Die</strong> Anpassung<br />

<strong>der</strong> Muskelzelle <strong>in</strong> struktureller <strong>und</strong> biochemischer<br />

H<strong>in</strong>sicht erfolgt nur entsprechend <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten<br />

täglichen Leistung. Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gswirksam bzw.<br />

transformierend wirken aber nur jene<br />

Muskelzellenaktivierungen die über das tägliche<br />

Beanspruchungsniveau h<strong>in</strong>aus gehen.<br />

Daher bewirkt die <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong>, die zusätzlich<br />

zur täglichen Alltagsbeanspruchung erfolgt, <strong>und</strong> die bei<br />

höherer Intensität alle Muskelfasertypen gleichzeitig<br />

erfaßt, dies entspricht nicht <strong>der</strong> physiologischen<br />

Rekrutierung, e<strong>in</strong>en für die e<strong>in</strong>zelnen Muskelfaserpopulationen<br />

unterschiedlich großen<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gseffekt. Daher ist auch zu erklären, daß bei<br />

hochtra<strong>in</strong>ierten Athleten e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />

<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> kaum e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> nur ger<strong>in</strong>gen<br />

metabolischen bzw. strukturellen Effekt hat.<br />

Möglicherweise aber zur Synchronisation <strong>und</strong> neuralen<br />

Adaptierung beitragen kann. Werden durch<br />

<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> zusätzlich ca. 40.000-50.000<br />

St<strong>im</strong>uli pro Tag appliziert, so bedeutet das für die Typ<br />

I Fasern etwa 10% Mehrleistung, also e<strong>in</strong>e eher<br />

untergeordnete Zusatzleistung, während für die Typ IIa<br />

Fasern zusätzlich 50.000 St<strong>im</strong>uli e<strong>in</strong>e ca. 80-100%ige<br />

Leistungssteigerung pro Tag bedeuten. <strong>Die</strong> Typ IIb<br />

Fasern, die nur wenige St<strong>im</strong>uli pro Tag zur<br />

Aufrechterhaltung ihrer histologischen <strong>und</strong><br />

enzymatischen Struktur notwendig haben, s<strong>in</strong>d bei den<br />

meisten Formen <strong>der</strong> <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> metabolisch<br />

überfor<strong>der</strong>t <strong>und</strong> werden sofort <strong>in</strong> Richtung Typ IIa<br />

transformieren. <strong>Die</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs- bzw. Therapieziele <strong>im</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Rehabilitation</strong> (Kräftigung,<br />

Kraftausdauer, Ausdauer) können somit entsprechend<br />

<strong>der</strong> präformierten Faserpopulation, die durch die<br />

angeborenen Eigenschaften <strong>und</strong> die tägliche<br />

Normalbelastung geprägt ist, <strong>in</strong>dividuell e<strong>in</strong>mal<br />

leichter <strong>und</strong> e<strong>in</strong>mal schwerer erreicht werden.<br />

VI) Zusammenfassung<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler Literaturüberblick (Review) erklärt<br />

den <strong>der</strong>zeitigen Wissensstand über den E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong><br />

<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

für Kraft, Ausdauer, neurale Verbesserungsmechanismen,<br />

Ödem-<strong>und</strong> Schmerztherapie, sowie<br />

Funktionsverbesserung. Nach wie vor bestehen<br />

Wissenslücken über dem Zusammenhang von<br />

Muskelfunktion, Morphologie, Biochemie <strong>und</strong> neuraler<br />

Steuerung. Unsere Arbeit sollte e<strong>in</strong>en Beitrag zur<br />

Klärung des Kraftausdauertra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs mittels<br />

<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> beitragen.<br />

Wir stellten uns 4 Fragen:<br />

1. Läßt sich die <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> für den E<strong>in</strong>satz <strong>im</strong><br />

<strong>Sport</strong> opt<strong>im</strong>ieren?

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