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Die Elektrostimulation im Sport und in der Rehabilitation

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<strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

European Journal Translational Myology - Basic Applied Myology 2011; 21 (3&4): 123-174<br />

während langer Flüge <strong>im</strong> Zustand <strong>der</strong> Schwerelosigkeit<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, um den Kraft-, Knochen-, Knorpel-,<br />

B<strong>in</strong>degewebs-, sowie Elektrolytverlust zu begegnen.<br />

I/2 <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Physikalischen Mediz<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

<strong>Die</strong> Elektrotherapie <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Physikalischen<br />

Mediz<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>Rehabilitation</strong> wird vor allem zur<br />

Schmerztherapie, Tonusregulation, Innervationsschulung<br />

<strong>und</strong> zur Kräftigung atropher bzw. gelähmter<br />

Muskulatur <strong>in</strong> Form von Reflextherapie bzw. <strong>in</strong>direkter<br />

o<strong>der</strong> direkter Muskelst<strong>im</strong>ulation e<strong>in</strong>gesetzt [10, 19].<br />

Für die Tonusregulation <strong>und</strong> Schmerztherapie sei <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satz von galvanischen Gleichströmen (konstante<br />

Galvanisation <strong>und</strong> Iontophorese) sowie verschiedener<br />

Impulsströme erwähnt, die häufig bei Muskelhartspann<br />

<strong>und</strong> Myogelosen neben an<strong>der</strong>en physikalischen<br />

Therapieformen e<strong>in</strong>gesetzt werden. Dabei kommt es<br />

durch nie<strong>der</strong>dosierte, langdauernde <strong>und</strong> oft wie<strong>der</strong>holte<br />

St<strong>im</strong>ulationen zu e<strong>in</strong>er Detonisierung <strong>der</strong> Muskulatur.<br />

Durch kurze <strong>und</strong> kräftige Reize wird dagegen e<strong>in</strong>e<br />

Tonussteigerung erreicht [38].<br />

<strong>Die</strong> Schmerzreduktion beruht dabei auf <strong>der</strong> bekannten<br />

Gate-Control-Theorie von Melzak <strong>und</strong> Wall auf<br />

sp<strong>in</strong>aler Ebene, wobei durch die Erregung schneller<br />

Afferenzen aus <strong>der</strong> Haut <strong>und</strong> Unterhaut das Tor für die<br />

langsamen Schmerzfasern aus demselben Areal<br />

geschlossen wird. Dabei kommt es durch präsynaptisch<br />

hemmende Interneurone o<strong>der</strong> Zwischenzellen zur<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Umschaltung <strong>der</strong> Schmerzafferenz<br />

aus den langsamen C-Fasern <strong>und</strong> Weiterleitung <strong>im</strong><br />

Tractus Sp<strong>in</strong>othalamicus <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Substantia<br />

gelat<strong>in</strong>osa. <strong>Die</strong>ser Mechanismus wird segmentale<br />

afferente Hemmung nach <strong>der</strong> Gate-Control-Theorie<br />

bezeichnet.<br />

Der zweite bekannte Mechanismus beruht auf e<strong>in</strong>er<br />

suprasp<strong>in</strong>alen deszendierenden Hemmung, wobei<br />

durch schnelleitende deszendierende Fasern <strong>im</strong> Bereich<br />

<strong>der</strong> Pyramidenbahn die segmentalen synaptischen<br />

E<strong>in</strong>gänge <strong>der</strong> Schmerzbahnen kontrolliert bzw.<br />

moduliert werden. <strong>Die</strong> deszendierenden analgetischen<br />

Bahnen stammen aus dem Nucleus raphe <strong>und</strong> weiteren<br />

<strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Formatio reticularis <strong>und</strong> enden <strong>in</strong> den<br />

Schichten <strong>der</strong> Substantia gelat<strong>in</strong>osa. <strong>Die</strong>se<br />

Mechanismen <strong>der</strong> selektiven zentralen Blockaden o<strong>der</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest teilweisen Hemmung für nozizeptive<br />

Erregungen aus <strong>der</strong> Peripherie wurden von Hosobuchi<br />

et al. [90] am Menschen nachgewiesen.<br />

<strong>Die</strong> Mechanismen <strong>der</strong> endogenen biochemischen<br />

Schmerzkontrolle durch Substanz P, endogene Opiate,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Enkephal<strong>in</strong>, Endorph<strong>in</strong>, Seroton<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

GABA s<strong>in</strong>d durch exper<strong>im</strong>entelle Beobachtungen sehr<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich, bei <strong>der</strong> <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> am<br />

Menschen jedoch noch nicht sicher geklärt [213,215].<br />

Zur Innervationsschulung bzw. Reflextherapie bei<br />

peripheren Lähmungen o<strong>der</strong> bei Funktionsstörungen,<br />

sei die St<strong>im</strong>ulation <strong>der</strong> Peronaeusmuskulatur erwähnt,<br />

die bei gleichzeitiger willkürlicher Mitarbeit des<br />

Patienten dem muskulären Ungleichgewicht zwischen<br />

M. tibialis posterior <strong>und</strong> <strong>der</strong> Peronealgruppe<br />

entgegenwirken soll <strong>und</strong> speziell <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

nach lateralen Seitenbandverletzungen durchgeführt<br />

wird.<br />

Boonstra erreichte durch <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> 2x täglich<br />

7x pro Woche mit <strong>in</strong>sgesamt 60 Kontraktionen täglich<br />

bei Patienten mit peripheren Nervenläsionen, daß die<br />

Gruppe mit St<strong>im</strong>ulation früher höhere Kraftwerte<br />

erreichte [18]. In <strong>der</strong> st<strong>im</strong>ulierten <strong>und</strong> nicht<br />

st<strong>im</strong>ulierten Gruppe war jedoch nach e<strong>in</strong>em längerem<br />

Beobachtungszeitraum die Anzahl <strong>der</strong> gut gebesserten<br />

Patienten gleich, d.h., daß durch die <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong><br />

ke<strong>in</strong>e schädigende Nebenwirkung auf die Nerv-<br />

Regeneration ausgeübt wurde.<br />

Zur Kräftigung atropher o<strong>der</strong> gelähmter Muskeln<br />

werden Schwellströme, mittelfrequente Ströme o<strong>der</strong><br />

Exponentialströme e<strong>in</strong>gesetzt. Jedoch begnügte man<br />

sich bisher <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Rehabilitation</strong>, sichtbare<br />

Muskelkontraktionen <strong>in</strong> rhythmischer Abfolge über<br />

e<strong>in</strong>e Therapiezeit von ca. 5 bis 15 M<strong>in</strong>uten dre<strong>im</strong>al<br />

wöchentlich zu erreichen.<br />

Für den Effekt <strong>der</strong> <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong> zur Kräftigung<br />

atrophierter Muskulatur, nach Verletzung o<strong>der</strong><br />

Immobilisation, gibt es etliche Studien, z.B. von<br />

Eriksson et al. [56,57] o<strong>der</strong> Gould et al. [68], etc. Auch<br />

sie zeigten, daß die Atrophie des M.quadriceps<br />

während <strong>der</strong> Immobilisation durch <strong>Elektrost<strong>im</strong>ulation</strong><br />

beträchtlich verr<strong>in</strong>gert werden kann.<br />

Kraftverlust bzw. Muskelschwäche <strong>und</strong> damit<br />

Aktivitätsverlust tritt nicht nur bei Inaktivität bzw.<br />

nach Verletzung <strong>und</strong> Operation mit nachfolgen<strong>der</strong><br />

Immobilisation auf, son<strong>der</strong>n auch bei neurologischen<br />

Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Verletzungen des<br />

ZNS, des Rückenmarks <strong>und</strong> bei muskulären<br />

Erkrankungen wie Duchenn'sche Muskelatrophie.<br />

Scott et al. [194] <strong>und</strong> Dubowitz [48] zeigten gute<br />

Ergebnisse bei Duchenn'scher Muskelatrophie mit<br />

nie<strong>der</strong>frequenter St<strong>im</strong>ulation. Es kam zu e<strong>in</strong>er<br />

Verlangsamung des Krankheitsprozesses. Ähnliche<br />

Ergebnisse wurden auch bei Patienten mit<br />

verschiedenen pr<strong>im</strong>ären Muskelerkrankungen von<br />

Gregoric et al. [70] <strong>und</strong> Milner-Brown [154], erzielt.<br />

Jedoch müssen noch viele Fragen bezüglich<br />

St<strong>im</strong>ulationsmuster <strong>und</strong> Ausmaß <strong>der</strong> Aktivität gelöst<br />

werden.<br />

Munsat et al. [164] st<strong>im</strong>ulierten den M. quadriceps an 5<br />

Patienten mit verschiedenen neurologischen<br />

Krankheiten mittels um den N.femoralis <strong>im</strong>plantierter<br />

Elektroden. Sie übten unter isometrischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen 4 St<strong>und</strong>en pro Tag 5-12 Wochen. <strong>Die</strong><br />

Biopsien, unmittelbar vor <strong>und</strong> nach St<strong>im</strong>ulation zeigten<br />

e<strong>in</strong>e Vermehrung des Anteils <strong>der</strong> Typ I Fasern sowie<br />

e<strong>in</strong>e Vergrößerung <strong>der</strong> oxidativen Enzymspiegel.<br />

Peckham et al. [170] beobachtete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe von<br />

Patienten mit Quadriplegie, daß bei St<strong>im</strong>ulation die<br />

Kraft <strong>und</strong> Ermüdungsresistenz paretischer Muskulatur<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt werden konnte. Ähnlich<br />

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