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K u n s t u n d K a p i t a l<br />

(K)ein Ausweg aus<br />

der Endlosschleife<br />

Weshalb die Kunst <strong>als</strong> ungeheure Warensammlung existiert,<br />

solange der Kapitalismus besteht.<br />

Tina Lüers & Andreas Schröder<br />

Als im November mit mehr <strong>als</strong> 142 Millionen Dollar das Triptychon „Three<br />

Studies of Lucian Freud“ des irischen Malers Francis Bacon <strong>als</strong> das bisher<br />

teuerste Kunstwerk versteigert wurde, stieg sein von Analysten mithilfe von<br />

umfangreichen Datenbanken ermittelter Preisindex wie der einer guten Aktie.<br />

Blendend lief es 2013 auch für Andy Warhols „Silver Car Crash“, verkauft<br />

für 105 Millionen, oder im vergangenen Jahr für Edvard Munchs „Schrei“:<br />

119 Millionen. Lebende Künstler wie Damien Hirst haben indessen die Möglichkeit,<br />

Preise und Marktwert mitzubestimmen, so war der Bildhauer und<br />

Konzeptkünstler selbst Teil der Käufergruppe seines diamantbesetzten Platin-Totenschädels,<br />

der bei der Auktion für 75 Millionen über die Ladentheke<br />

ging. Auch mit gezielten Provokationen lassen sich interessante Markteffekte<br />

erzielen, schließlich ist die Kunst eine Ware wie jede andere auch – oder<br />

etwa nicht?<br />

Die allgemeine Vorstellung davon, dass es jenseits dieser begehrten vermarkteten<br />

Werke etwas gibt, das unverkäuflich ist, etwas, das nicht nur eine<br />

solide oder manchmal doch wankelmütige Geldanlage ist, scheint angesichts<br />

der Ästhetisierung der Kommerzialisierung beinahe naiv. Und doch hält sich<br />

beharrlich das Wort von der „nichtkommerziellen Kunst“, <strong>als</strong> gäbe es eine<br />

Unterscheidung in gut und böse. Wobei, ganz nebenbei, die damit einhergehende<br />

Verunglimpfung von „kommerzieller Kunst“ <strong>als</strong><br />

abgehoben und marktorientiert strukturellen Antisemitismus<br />

in sich trägt. Als Bestandteil der Bewegung des Kapit<strong>als</strong>,<br />

und nicht etwa <strong>als</strong> dessen Antagonist, funktioniert<br />

die Kunst jedenfalls sehr gut: sie ist gefügig und verkaufbar,<br />

sie erstellt Exklusionen und Exklusivität.<br />

Gefügig und exklusiv<br />

Von der ursprünglichen Aufgabe der Kunst, ein möglichst<br />

gutes Abbild der Welt zu schaffen, hat sie sich in einer<br />

langen und wechselvollen Geschichte mit etlichen<br />

Turns, linguistischen wie performativen, auf unterschiedlichen<br />

Ebenen gelöst. Längst geht es nicht mehr darum,<br />

die Zentralperspektive zu verstehen, sondern vermeintlich<br />

darum, in den Winkelzügen der spätkapitalistischen<br />

Gesellschaft nach Perspektiven zu suchen. Personen und<br />

Gegenstände der Natur gemäß darzustellen, war ihr Anliegen<br />

seit der Renaissance und hat sich <strong>als</strong> Betrachtungsweise<br />

bis in die Brüche der Moderne fortgeschrieben, auf<br />

dem Weg lagen symbolsprachliche Konventionen und das<br />

Aufspüren von naturgemäßen Gesetzmäßigkeiten. Die Renaissance,<br />

an einem nachzeichnenden, natürlichen Außen<br />

interessiert, wendet sich explorativ in den durch Prunk<br />

fesselnden Barock und kehrt bald darauf wieder nach Innen<br />

um, wendet sich <strong>als</strong> in der Romantik allein aus der<br />

Empfindung hervorgebracht. Ähnlich zur Entwicklung in<br />

der frühen Neuzeit verläuft die Entfaltung im 19. Jahrhundert<br />

vom Realismus über den Impressionismus zum Expressionismus,<br />

vom äußeren sozialkritischen Anspruch<br />

über die nur an der sichtbaren Oberfläche orientierten<br />

Lichtspiele bis zum vornehmlich aus der Innenschau gestalteten<br />

expressionistischen Kunstwerk. Der gesellschaftliche<br />

Zusammenhang bringt dabei die Vermittlung zustande, die Vermittlung<br />

wendet sich von außen nach innen und fällt mit dem Gegenstand in eins und<br />

wieder auseinander. Für diese Schleifen erweist sich das Subjekt <strong>als</strong> konstitutiv<br />

in der trennenden Vermittlung mit dem Objekt. Kunst und Gesellschaft –<br />

und damit Kunst und Kapital – sind untrennbar verwoben.<br />

Die Reflexivität und Bewegung der Form begleitet die Kunst seit dem<br />

Mittelalter, sie kann sich nicht im diskursfreien Raum bewegen. Sie besteht<br />

BYE BYE<br />

„Von der<br />

ursprünglichen<br />

Aufgabe der Kunst,<br />

ein möglichst<br />

gutes Abbild der<br />

Welt zu schaffen,<br />

hat sie sich […] auf<br />

unterschiedlichen<br />

Ebenen gelöst.“<br />

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