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I n s i d e L l e w y n D a v i s<br />

Kampf um Anerkennung<br />

ab<br />

5.12.<br />

C a r r i e<br />

Eimerweise Schweineblut<br />

ab<br />

5.12.<br />

Andreas Busche<br />

Was Llewyn Davis (Oscar Isaac) anfasst, verwandelt sich in Scheiße. Er<br />

schwängert die Freundin (Carrey Mulligan) seines besten Freundes (Justin<br />

Timberlake), das Angebot eines erfolgreichen Produzenten, in eine neue<br />

Folkpopband einzusteigen, schlägt er aus und für einen Aushilfsjob <strong>als</strong> Studiomusiker<br />

streicht er aus Geldnot das Handgeld ein, statt sich die Tantiemen<br />

zu sichern. Das Stück wird natürlich ein Hit.<br />

Joel und Ethan Coen bereichern mit Llewyn Davis ihr ansehnliches Repertoire<br />

gescheiterter Existenzen um ein weiteres Prachtexemplar. „Inside<br />

Llewyn Davis“, inspiriert von den Memoiren des Folkmusikers Dave<br />

Van Ronk, ist nur vordergründig ein Film über die New Yorker Folkszene im<br />

Greenwich Village Anfang der 60er – kurz bevor ein gewisser Robert Zimmerman<br />

die beschauliche Gemeinschaft aus Beatniks, Bohos und Künstlern<br />

in einen Hotspot der amerikanischen<br />

Gegenkultur verwandelte. Im<br />

Kern erzählt „Inside Llewyn Davis“ die<br />

alte Coen-Geschichte über menschliche<br />

Unzulänglichkeit. Llewyn kämpft<br />

um Anerkennung, aber er hat der Unwägbarkeit<br />

des Lebens und den Kräften<br />

des Marktes wenig entgegenzusetzen:<br />

Seine Freunde stößt er ständig vor<br />

den Kopf und künstlerisch hält er an<br />

seinen Idealen fest: dem traditionellen<br />

Folk des ländlichen Amerikas mit seinen<br />

Geschichten über Mörder, Gesetzlose<br />

und Ausgestoßene. Musik spielt<br />

hier <strong>als</strong>o durchaus eine tragende Rolle,<br />

jedoch eher <strong>als</strong> treibende erzählerische<br />

Kraft. Die Songs – produziert von<br />

T-Bone Burnett, gesungen von Hauptdarsteller<br />

Oscar Isaac, Timberlake und<br />

Mulligan – heben den Plot über weite<br />

Strecken des Films auf und unterstreichen<br />

seinen episodischen Charakter.<br />

Die Odyssee Llewyns, ausgelöst durch die Hauskatze eines befreundeten<br />

Ehepaares, führt ihn einmal durch das Village bis nach Chicago. Auf dem<br />

Weg zurück kommt es zu einer denkwürdigen, David Lynch-artigen Begegnung<br />

mit John Goodman. Die zirkuläre Struktur führt die Geschichte Llewyns<br />

konsequent an ihren Ausgangspunkt zurück. „Inside Llewyn Davis“ beginnt<br />

und endet buchstäblich mit einem Schlag in die Fresse. Aber viel zentraler<br />

für das Selbstverständnis der Coens <strong>als</strong> ungerührte Chronisten der menschlichen<br />

Existenz ist, dass sie ihren Antihelden just in dem Moment von der<br />

Bühne abtreten und blutend in der Gosse einer Seitenstraße liegen lassen,<br />

<strong>als</strong> Robert Zimmerman erstm<strong>als</strong> vor das Publikum im Gaslight Café tritt.<br />

Regie: Ethan Coen, Joel Coen;<br />

USA 2013; 105 Minuten;<br />

mit Oscar Isaac, Carey Mulligan,<br />

Justin Timberlake u. a.<br />

Carsten Happe<br />

Stephen-King-Revival auf allen Kanälen. Erstm<strong>als</strong> reist der Horror-Großmeister<br />

auf Lesetour durch Deutschland, seine „Shining“-Fortsetzung „Doctor<br />

Sleep“ stürmt die Bestsellerlisten und Kings Erstlingswerk „Carrie“ wurde<br />

bereits ein drittes Mal verfilmt. Brian DePalmas 76er-Adaption mit Sissy<br />

Spacek in der Titelrolle ist mittlerweile ein amtlicher Genre-Klassiker, über<br />

das TV-Remake aus dem Jahr 2002 und die 99er-Fortsetzung „Carrie 2 – Die<br />

Rache“, für die allein Amy Irving<br />

ihre Rolle aus dem Original<br />

wiederbelebte, hüllen wir<br />

gnädig den Mantel des Schweigens.<br />

Nun <strong>als</strong>o ein Update fürs<br />

21. Jahrhundert, mit Smartphones,<br />

Facebook-Mobbing, aufgemotzten<br />

CGI-Effekten, Teenie-<br />

Star Chloë Grace Moretz in der<br />

Hauptrolle sowie Julianne Moore<br />

<strong>als</strong> überprotektivem Muttertier.<br />

Dazu im Hintergrund lauernde<br />

Fragen: Brauchen wir<br />

das? Welchen Mehrwert vermittelt<br />

eine Neuverfilmung, die <strong>als</strong><br />

„werkgetreuere Adaption“ angekündigt<br />

wurde? Gibt‘s eine<br />

andere Perspektive, irgendeinen<br />

Erkenntniszugewinn?<br />

All das kann getrost verneint<br />

werden. Die 2013er-„Carrie“<br />

nimmt sich weniger den Roman zum Vorbild <strong>als</strong> vielmehr den Originalfilm,<br />

der in vielen Szenen eins-zu-eins kopiert und leidlich modernisiert wurde,<br />

um zumindest auf einer oberflächlichen Ebene so etwas wie Existenzberechtigung<br />

zu erfahren. Julianne Moore trumpft einmal mehr groß auf, beweist<br />

Mut zur Hässlichkeit und reizt die Abgründe ihrer Rolle aus. Die Probleme<br />

liegen eindeutig bei Carrie, bei Filmfigur und Darstellerin. Chloë Grace Moretz<br />

ist zwar durchaus talentiert, aber viel zu hübsch und niedlich für die Rolle<br />

des schüchternen, ungelenken Mauerblümchens. Während Sissy Spacek,<br />

die dam<strong>als</strong> zehn Jahre älter <strong>als</strong> ihre Rolle war, Carrie einen glaubhaften pubertären<br />

Kampf mit ihrem Körper mitgab, wirkt die neue Carrie nurmehr wie<br />

das typische Teeniekomödien-Entlein, dem man lediglich die Brille vom Näschen<br />

nehmen muss – schon entpuppt sich der schöne Schwan. Darüber hinaus<br />

verfügt Carrie derweil nicht mehr bloß über telekinetische Kräfte, die bei<br />

DePalma für schaurigen Budenzauber sorgten. Mit ihren Superkräften könnte<br />

sie locker bei den „X-Men“ anheuern.<br />

Diese Anbiederung ans Popcorn-Kino ist umso bedauerlicher, <strong>als</strong> mit Kimberly<br />

Peirce eine Regisseurin engagiert wurde, die mit „Boys Don’t Cry“ und<br />

„Stop-Loss“ hinlänglich bewiesen hatte, dass sie komplexe jugendliche Charaktere<br />

zu inszenieren versteht. Bei „Carrie“ ist ihr Einfluss offenbar unter einem<br />

leidlich unterhaltsamen Effektgewitter und mehreren Eimern Schweineblut<br />

verschütt gegangen.<br />

Regie: Kimberly Peirce;<br />

USA 2013; 100 Minuten;<br />

mit Chloë Grace Moretz, Julianne<br />

Moore, Gabriella Wilde u. a.<br />

BYE BYE<br />

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