21.01.2014 Aufrufe

10/2013 - Die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen

10/2013 - Die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen

10/2013 - Die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rubrik<br />

Im Strom der Zeit<br />

Geiz ist gottlos<br />

Ich war dieses Mal nicht auf dem <strong>Kirche</strong>ntag und konnte manches nur am Rande mitverfolgen. Manchmal habe ich<br />

dies besonders bedauert, denn das Thema sprach mich an: „So viel Du brauchst“ setzt e<strong>in</strong>en wohltuenden Gegenakzent<br />

gegen den penetranten Slogan „Geiz ist geil“, der – auch ohne Zutun der Werbung von „saturn“ – längst<br />

die Köpfe und Herzen unserer Zeit beherrscht. Mit dieser Grenzboten-Ausgabe möchte die Redaktion die Vielfalt<br />

des <strong>Kirche</strong>ntages aufgreifen. <strong>Die</strong>s kann nur ansatzweise geschehen mit den verschiedenen Texten und Bildern, die<br />

e<strong>in</strong>ige Teilnehmer dankenswerterweise zügig bis zum Redaktionsschluss e<strong>in</strong>reichten. Der <strong>Kirche</strong>ntag gehört <strong>in</strong>zwischen<br />

der Vergangenheit an, se<strong>in</strong> Motto „So viel Du brauchst...“ aber hat hoffentlich noch e<strong>in</strong>e Zukunftschance.<br />

Todsünden<br />

In der kirchlichen Tradition gibt es die sogenannten „Todsünden“,<br />

dazu zählen Eigenschaften wie Hochmut/Eitelkeit, Geiz/Habgier,<br />

Wollust/Begierde, Zorn/Wut, Völlerei/Maßlosigkeit, Neid/<br />

Missgunst und Faulheit/Feigheit. Nach alter katholischer Lehre<br />

ist Voraussetzung für deren Vergebung zunächst die E<strong>in</strong>sicht<br />

und dann natürlich e<strong>in</strong>e entsprechende Reue. Auch <strong>in</strong> anderen<br />

Konfessionen wurde diese Reue bei besonderen Vergehen angemahnt,<br />

denken wir nur an die Strafbank <strong>in</strong> unseren <strong>Kirche</strong>n,<br />

auf denen Paare saßen, die „heiraten mussten“ und <strong>in</strong> aller Öffentlichkeit<br />

vor der Geme<strong>in</strong>de Buße zu leisten hatten. So hat<br />

man zumeist junge Erwachsene vor versammelter Geme<strong>in</strong>de<br />

gedemütigt, die Versetzungen h<strong>in</strong>terließen manchmal tiefe<br />

Spuren. Bezeichnenderweise wurde bei offensichtlichem sexuellen<br />

Vergehen rigoros verfahren. Dass aber bei den Ermahnungen<br />

des Paulus die Unzucht stets neben dem Geiz steht, hat<br />

nicht dazu geführt, dass irgendwo e<strong>in</strong> Geiziger vor der Geme<strong>in</strong>de<br />

Buße tun musste. Und wegen Völlerei wurde <strong>in</strong> unseren Geme<strong>in</strong>den<br />

me<strong>in</strong>es Wissens auch noch niemand abgemahnt.<br />

Ke<strong>in</strong> Kavaliersdelikt<br />

Beim Geiz tun wir uns also schwer, die D<strong>in</strong>ge beim Namen zu<br />

nennen. Dabei macht der Geiz nach Auskunft der Beitragsbeauftragten<br />

unserer Geme<strong>in</strong>den offensichtlich Schule. Selbst<br />

eifrige Kirchgänger können, wie ich hörte, mit ihren <strong>Kirche</strong>nbeiträgen<br />

manchmal weit unter den erwarteten Beträgen liegen.<br />

Geiz ist nicht erst e<strong>in</strong> Thema, seitdem herausgekommen ist,<br />

dass sogar jemand wie Uli<br />

Endlich e<strong>in</strong>er, der sagt:<br />

Ich habe selbst genug<br />

und kann etwas abgeben!<br />

und nicht:<br />

Geiz ist geil!<br />

Endlich e<strong>in</strong>er, der sagt:<br />

Ihr seid me<strong>in</strong>e Brüder und Schwestern –<br />

ich b<strong>in</strong> für euch verantwortlich!<br />

und nicht:<br />

Es ist mir egal, was mit dir passiert!<br />

Endlich e<strong>in</strong>er, der sagt:<br />

Geben ist besser als nehmen!<br />

und nicht:<br />

Pass auf, dass du nicht zu kurz kommst!<br />

Endlich e<strong>in</strong>er, der sagt:<br />

Ich b<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>t!<br />

und nicht:<br />

Das geht mich nichts an –<br />

es s<strong>in</strong>d ja noch genug andere da!<br />

Hoeneß se<strong>in</strong>e Millionengew<strong>in</strong>ne<br />

am Fiskus vorbei<br />

auf Schweizer Konten<br />

deponierte. Inzwischen<br />

aber wird Steuerh<strong>in</strong>terziehung<br />

als krim<strong>in</strong>elle Tat<br />

beim Namen genannt,<br />

mit der die Geme<strong>in</strong>schaft<br />

um dr<strong>in</strong>gend benötigte<br />

Gelder zur F<strong>in</strong>anzierung<br />

geme<strong>in</strong>samer Aufgaben<br />

geprellt wird. Ob die private<br />

Schwarzarbeit auch<br />

mal verpönt se<strong>in</strong> wird,<br />

vermag ich nicht e<strong>in</strong>zuschätzen.<br />

Aber „e<strong>in</strong> bisschen<br />

Uli Hoeneß s<strong>in</strong>d wir<br />

doch alle“, sagte jemand<br />

im Zuge der vielen Diskussionen<br />

um Steuerbetrug.<br />

Echter Reichtum<br />

Jesus sagte mal: „Seht zu und hütet<br />

euch vor aller Habgier, denn niemand<br />

lebt davon, dass er viele Güter hat“<br />

(Lk. 12, 15) und erzählte anschließend<br />

das Gleichnis vom reichen Kornbauern.<br />

Dessen Scheunen s<strong>in</strong>d voll, dafür hat<br />

er hart gearbeitet, auf vieles verzichtet,<br />

und plötzlich war er tot. Auf se<strong>in</strong>er<br />

Beerdigung hat man wohl se<strong>in</strong>en Fleiß<br />

gelobt, irgendwas Positives muss ja gesagt<br />

werden. Gott aber spricht <strong>in</strong> dem<br />

Gleichnis e<strong>in</strong>e brutale Wahrheit aus: Nur<br />

Arbeit war De<strong>in</strong> Leben? Du Narr! Du hast ©<br />

Adveniat, 2004<br />

am Leben vorbei gelebt und Dir ke<strong>in</strong>e<br />

Reichtümer bei Gott gesammelt.<br />

Wie sammeln wir Reichtum, an den die Motten nicht herankommen<br />

und der mit ke<strong>in</strong>er Börsenkrise dah<strong>in</strong> zerr<strong>in</strong>nt? Wer<br />

ist reich bei Gott? So ähnlich fragte jemand, wie er das ewige<br />

Leben f<strong>in</strong>det, und Jesus weist nicht auf Meditationen, Kirchgänge<br />

oder sonstige fromme Übungen, sondern auf die Liebe<br />

als Konsequenz des Glaubens, und erzählt das Gleichnis vom<br />

barmherzigen Samariter.<br />

Großzügig weil großmütig<br />

In der Geme<strong>in</strong>de Jesu muss also das Gegenmodell von „Geiz ist<br />

geil“ gelten: die Liebe, die Großzügigkeit. Wer ist schon gern<br />

mit e<strong>in</strong>em Geizkragen befreundet? Geizige Menschen s<strong>in</strong>d<br />

oftmals nicht nur mit ihrem Geld knauserig, sondern auch mit<br />

ihrer Zeit und mit ihrer Liebe. Bloß alles für sich behalten, was<br />

geht mich der Andere an? Geizige s<strong>in</strong>d egozentrisch, auf sich<br />

und ihr eigenes kle<strong>in</strong>es Wohlergehen fixiert. Geiz ist also ganz<br />

und gar nicht geil. Geiz schreckt ab, schottet ab und stößt ab.<br />

Adveniat, das katholische Hilfswerk für Late<strong>in</strong>amerika, reagierte<br />

im Jahr 2004 auf die Werbung von „saturn“ mit e<strong>in</strong>er<br />

eigenen „Geiz ist gottlos“-Kampagne. Wer geizt, gibt nichts.<br />

Wer nichts gibt, liebt nicht. Und was ohne Liebe ist, ist ohne<br />

Gott: gottlos!<br />

Im Geben (!) liegt e<strong>in</strong> Segen, sei es Geld oder Zeit für die anderen:<br />

wer großzügig ist, der trägt dazu bei, die Schieflagen<br />

der Welt zu überw<strong>in</strong>den. Wer anderen Gutes gönnt und großherzig<br />

abgeben kann, der braucht se<strong>in</strong>em Geld nicht h<strong>in</strong>terher<br />

zu trauern: es ist gut angelegt! Wer aber denkt: „Hauptsache<br />

billig“, der nimmt <strong>in</strong> Kauf, dass Andere leer ausgehen – oder<br />

wie es das Drama <strong>in</strong> Bangladesch zeigte: Textilarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

werden ausgebeutet und <strong>in</strong> unsicheren Bauten beschäftigt.<br />

Für mehr Sicherheit und Gerechtigkeit ist die Welt zu geizig,<br />

vor allem jene Welt, für die sie produzieren: die Konsumenten<br />

<strong>in</strong> den reichen Ländern...<br />

Fritz Baarl<strong>in</strong>k, Veldhausen<br />

(aus: bistum-eichstaett.de)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!