Zentral bauen. urban wohnen - Wirtschaftsförderung Kanton ...
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Datum: 10.05.2013<br />
az Verlags AZ<br />
8201 Schaffhausen<br />
052/ 633 08 33<br />
www.schaffhauseraz.ch<br />
Medienart: Print<br />
Medientyp: Tages- und Wochenpresse<br />
Auflage: 2'137<br />
Erscheinungsweise: wöchentlich<br />
Themen-Nr.: 260.8<br />
Abo-Nr.: 1086338<br />
Seite: 1<br />
Fläche: 32'708 mm²<br />
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L LUX<br />
<strong>Zentral</strong> <strong>bauen</strong>. <strong>urban</strong> <strong>wohnen</strong><br />
Die Schaffhauser Wirtschaftsförderung hat in ein Wespennest gestochen. Ihr<br />
vor einem Monat lancierter Vorschlag, an zentraler Lage eine Fläche von rund<br />
einem Quadratkilometer als Bauland zu verkaufen, löste ungläubiges Kopfschütteln<br />
und erste, heftige Proteste aus. Wo befindet sich dieses Land, und wie<br />
ist die Wirtschaftsförderung auf ihre Idee gekommen? Allzu konkret möchte<br />
sie nicht werden, aber in Frage kämen zum Beispiel das Güterbahnhof-Areal<br />
und der Charlottenfels.<br />
Foto: Peter Pfister<br />
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Der Vorschlag der Wirtschaftsförderung für eine grosse, zentrale Bauzone gibt zu reden<br />
«Wir brauchen mehr Zuwanderer»<br />
Die Schaffhauser Wirtschaftsförderung sucht eine Lösung für die demog-rafischen und finanziellen<br />
Probleme unseres <strong>Kanton</strong>s. Ohne eine kontinuierliche Zuwanderung fehlten der Wirtschaft bald die<br />
Konsumenten und dem Staat die Steuerzahler, sagt Ueli Jäger im Gespräch mit der «az».<br />
Ueli Jäger über ideale Bauzonen: «Auf dem Areal des Güterbahnhofs könnte attraktives, <strong>urban</strong>es Wohnen entstehen.»<br />
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Bernhard Ott<br />
az Ueli Jäger, die Schaffhauser Wirtschaftsförderung<br />
hat kürzlich mit<br />
dem Vorschlag für Aufsehen gesorgt.<br />
<strong>Kanton</strong>, Gemeinden und weitere<br />
Landbesitzer sollten eine Fläche von<br />
einem Quadratkilometer als Bauland<br />
einzonen und verkaufen, uni damit<br />
zu Einnahmen von rund einer Milliarde<br />
Franken zu kommen. War dieser<br />
Vorschlag ernst gemeint oder nur ein<br />
kleines Gedankenspiel?<br />
Ueli Jäger Der Gedamke ist absolut ernst<br />
gemeint, aber im Zentrum unserer Überlegungen<br />
steht nicht das Landgeschäft,<br />
sondern die langfristige Entwicklung unserer<br />
Region, denn der <strong>Kanton</strong> Schaffhausen<br />
sieht sich mit grossen Problemen<br />
konfrontiert und muss dringend handeln.<br />
An welche Probleme<br />
denken Sie<br />
konkret?<br />
Wir machen uns<br />
Sorgen wegen der finanziellen und demografischen<br />
Zukunft. Schaffhausen gehört<br />
zu den <strong>Kanton</strong>en mit dem höchsten<br />
Anteil an über 65-jährigen Einwohnern.<br />
«Ist das Bauland immer<br />
am richtigen Ort?»<br />
Als Folge steigen künftig die Gesundheitskosten<br />
massiv. Gegenwätig sind es schon<br />
fünf Millionen Franken, die für den <strong>Kanton</strong><br />
jährlich hinzukommen. Wenn keine<br />
Zuwanderung stattfindet, können wir<br />
uns das nicht leisten,<br />
und wenn die<br />
Einwohnerzahl wegen<br />
der tiefen Geburtenraten<br />
sinkt,<br />
fehlen dem Gewerbe<br />
Konsumenten und der öffentlichen<br />
Hand Steuerzahler.<br />
Wieviele Zuwanderer braucht der<br />
<strong>Kanton</strong> Schaffhausen, um aus der demografischen<br />
und finanziellen Abwärtsspirale<br />
herauszukommen? Ist<br />
eine Zahl von 90'000 oder gar 120'000<br />
<strong>Kanton</strong>sbewohnern das Ziel?<br />
Es gibt verschiedene Szenarien: Wenn<br />
die Ecopop-Initiative angenommen würde,<br />
die noch ein Bevölkerungswachstum<br />
von 0,2 Prozent erlauben will, würde die<br />
Zahl der Einwohner auf etwa 50'000 zurückgehen.<br />
Wird das Wachstum nicht reguliert,<br />
dann hätten wir gemäss einer Berechnung<br />
des Bundesamts für Statistik<br />
eine Zuwanderung von jährlich 1700 Personen<br />
und folglich im Jahr 2080 eine Bevölkerung<br />
von 150'000 Einwohnern. Das<br />
wäre zu viel, darum scheint uns der Mittelweg<br />
der beste zu sein, mit einem Netiozuwachs<br />
von 0,8 Prozent oder ca. 700<br />
Personen pro Jahr. 2050 hätte der <strong>Kanton</strong><br />
Schaffhausen dann rund 87'000 Einwohner.<br />
Wäre er mit 87'000 Einwohnern,<br />
10'000 mehr als heute, nicht bereits<br />
«übernutzt»?<br />
Der Mehrkonsum an Fläche wird zum<br />
grössten Teil durch die wachsenden<br />
Raumbedürfnisse der bereits im <strong>Kanton</strong><br />
<strong>wohnen</strong>den Bevölkerung verursacht. Wir<br />
selber haben also in erster Linie den zunehmenden<br />
Verschleiss an Bauland zu<br />
verantworten. Das ist nicht zuletzt die<br />
Folge von gesellschaftlichen Veränderungen:<br />
Es gibt auch bei uns mehr Einzelhaushalte,<br />
mehr Geschiedene usw. Auf<br />
den heute eingezonten Flächen hätte es<br />
sogar Platz für weitere 75'000 Einwohner.<br />
Die Frage bei unserer Projektidee<br />
lautet darum, ob das Bauland immer am<br />
richtigen Ort vorhanden ist, und wie wir<br />
Verschiebungen steuern und finanzieren<br />
können.<br />
Wo liegt denn für Sie das ideale Bau-<br />
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land?<br />
Wir sagen vorerst nur: Geeignet wäre<br />
Land, das sich zwischen Schaffhausen<br />
und Beringen befindet. Schaffhausen,<br />
Neuhausen und Beringen wachsen sowieso<br />
immer mehr zusammen. Im besten<br />
Fall gehört das in Frage kommende<br />
Land schon der öffentlichen Hand, sodass<br />
man durch die Verkäufe wirklich ausreichend<br />
Mittel bekäme, um an anderen Orten<br />
Bauland auszuzonen.<br />
Dagegen regt sich bereits Widerstand.<br />
Die Landgemeinden, in denen<br />
Bauland ausgezont werden soll, werfen<br />
der Wirtschaftsförderung vor,<br />
mit der <strong>Zentral</strong>isierung der Bauzonen<br />
in der Agglomeration Beringen,<br />
Neuhausen und Schaffhausen werde<br />
die weitere Entwicklung der kleinen<br />
Landgemeinden blockiert.<br />
Das ist eines der wichtigen Themen, die<br />
in Zukunft angegangen werden sollen.<br />
Das revidierte Raumplanungsgesetz, das<br />
vom Volk auch im <strong>Kanton</strong> Schaffhausen<br />
angenommen wurde, fordert eine überkommunale<br />
Abstimmung der Bauzonen.<br />
Nicht gelöst sind einerseits die Finanzierung<br />
der Entschädigungen für Landeigentümer<br />
bei Auszonungen und andererseits<br />
der Ausgleich zwischen den<br />
Gemeinden. Wenn<br />
zentrale Angebote<br />
zur Verfügung stehen,<br />
ist das eifach<br />
am effizientesten<br />
und geeignet, eine<br />
der grossen Stärken Schaffhausens zu erhalten<br />
die weitgehend unberührten,<br />
weiten Landschaften. Wir sollten also<br />
nicht die gleichen Fehler machen wie andere<br />
Regionen in der Schweiz.<br />
Was verstehen Sie unter «zentrale Angebote»?<br />
Das sind Flächen, an die man im Moment<br />
gar nicht denkt, wie etwa der Güterbahnhof<br />
oder das Charlottenfels. Auf<br />
dem Gelände des Güterbahnhofs, das<br />
der SBB Cargo gehört, könnte attraktives,<br />
<strong>urban</strong>es Wohnen entstehen und<br />
im C.harlottenfels-Areal, heute noch ein<br />
Trenngürtel zwischen Schaffhausen<br />
und Neuhausen, wäre eine Überbauung<br />
mit einer öffentlich nutzbaren Parkanlage<br />
möglich.<br />
Diese Vorschläge der Wirtschaftsförderung<br />
sind in enger Abstinunung<br />
mit der Industrievereinigung (WS)<br />
entstanden? Wer hat wen inspiriert?<br />
Die Industrievereinigung die Wirtschaftsförderung<br />
oder umgekehrt?<br />
Die Wirtschaftsförderung, die WS und<br />
die zuständigen kantonalen Departemente<br />
pflegen einen regelmässigen Gedankenaustausch.<br />
Die Schaffung von neuen<br />
Bauzonen an zentralen Orten war schon<br />
lange ein Thema. Die aktuelle Situation<br />
mit der demografischen und finanziellen<br />
Entwicklung der Region Schaffhausen<br />
und die Zustimmung des Volkes zum<br />
revidierten Raumplanungsgesetz veranlasste<br />
uns, nun mit unseren Ideen an die<br />
Öffentlichkeit zu treten.<br />
«Der Erlös hängt von<br />
der Nachfrage ab»<br />
Gab es bereits erste Kontakte für die<br />
Umsetzung Ihres Vorschlags?<br />
Wir wollen zusammen mit der ETH ein<br />
Projekt machen. Es wird uns auf der Basis<br />
von raumplanerischen und umwelttechnischen<br />
Überlegungen zeigen, wo in<br />
Zukunft in der Region Schaffhausen das<br />
ideale Bauland liegen könnte. Dieses Modell<br />
werden wir mit den volkswirtschaftlichen<br />
und finanziellen Aspekten anreichern<br />
und so einen Vorschlag vorlegen<br />
können, der im Rahmen einer interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit entstanden<br />
ist.<br />
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Apropos Finanzen: Bei der Präsentation<br />
der Projektidee<br />
wurde den<br />
anwesenden «Finanzministern»<br />
von <strong>Kanton</strong> und<br />
Gemeinden der<br />
Mund wässerig gemacht mit der Ankündigung,<br />
man könne mit diesem<br />
Projekt eine Milliarde Franken generieren.<br />
Woher soll dieses Geld kommen?<br />
Aus dem Verkauf von Land oder aus der<br />
Abgabe im Baurecht, je nach Zielgruppe.<br />
Wie hoch der Erlös sein wird, hängt aber<br />
natürlich davon ab, ob es sich wirklich<br />
um Land der öffentlichen Hand handelt<br />
sowie von der Nachfrage und von der Art<br />
der Bebauung.<br />
Wer ist jetzt am Zug? Welches ist der<br />
nächste Schritt?<br />
Wir werden als Erstes versuchen, die<br />
Diskussion wieder zu versachlichen und<br />
zur Analyse zurückzuführen, die unserem<br />
Vorschlag zugrunde liegt. Im Zentrum<br />
steht jetzt das Projekt, das mit der<br />
ETH ausgearbeitet wird. Auf Verwaltungsebene<br />
sind das Volkswirtschafts-,<br />
Finanz- und Baudepartement in die Gespräche<br />
involviert, ferner ganz viele Interessengruppen<br />
und Fachleute, die wir<br />
zur Mitwirkung einladen werden. Das<br />
wird alles viel Zeit in Anspruch nehmen.<br />
Wir beginnen also nicht nach den<br />
Sommerferien und sind schon an Weihnachten<br />
2013 fertig; wir 'gehen vielmehr<br />
von der Annahme aus, dass es mindestens<br />
zwei Jahre dauern wird, bis erste Realisierungsvorschläge<br />
auf dem Tisch liegen.<br />
Ueli Jäger (44) hat an der Universität St. Gallen Okonomie<br />
studiert und ist Bereichsleiter Standortentwicklung<br />
bei der Wirtschaftsförderung Schaffhausen.<br />
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