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Leben in Literatur zwischen Orient und Okzident. Else Lasker ...

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<strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>Literatur</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Orient</strong> <strong>und</strong> <strong>Okzident</strong><br />

<strong>Lasker</strong>- Schüler entwickelt das Blaue sich zur Metapher für das Auserwähltse<strong>in</strong>,<br />

Andersse<strong>in</strong> <strong>und</strong> das Dichttum.<br />

In der dritten Erzählung Plumm Pascha setzt die Dichter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Parallele zur<br />

ihrem realen <strong>Leben</strong>, <strong>in</strong> dem sie e<strong>in</strong>e Figur <strong>in</strong> den Mittelpunkt setzt (Pull), die für<br />

ihren Sohn Paul steht. T<strong>in</strong>o erzählt, wie Pull von Plumm Pascha gehuldigt, geehrt<br />

<strong>und</strong> durch die Verlobung mit se<strong>in</strong>en Zwill<strong>in</strong>gstöchtern zum Adel erhoben<br />

wird. Sie zeichnet Pull als e<strong>in</strong>en Auserwählten, der mit weißen Elefanten stolz<br />

spielt, vom Khediven11 Ägyptens anerkannt wird, so dass er sogar vom Fürst im<br />

Palast auf den Schultern getragen wird <strong>und</strong> dieser mit ihm spielt: „Aber die<br />

jungen Pr<strong>in</strong>zen im Harem fürchten sich vor Pulls Tyrannei; er schlägt sie, wenn<br />

sie nicht se<strong>in</strong>es Willens s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> die lieblichen Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>nen we<strong>in</strong>en“ (TvB:<br />

64). Die plötzliche Schwermut, die Plumm Pascha ergreift, führt die Ich- Erzähler<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ehe, <strong>in</strong> der sie die neun<strong>und</strong>siebzigste Frau des Paschas werden<br />

wird. Nicht alle<strong>in</strong> sich <strong>und</strong> ihre Ängste transferiert <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>, auch ihre Wünsche,<br />

Zukunftsängste <strong>und</strong> Visionen im H<strong>in</strong>blick auf ihren Sohn f<strong>in</strong>det Gestaltung.<br />

In Plumm Pascha resigniert T<strong>in</strong>o h<strong>in</strong>sichtlich des Durchsetzens eigener Interessen.<br />

Die Verortung des Geschehens <strong>in</strong> den Harem (oder auch <strong>in</strong> den Hamam),<br />

kann auch als e<strong>in</strong>e Verortung der Verortung <strong>in</strong>terpretiert werden, denn beide<br />

Orte, der Harem <strong>und</strong> der Hamam, s<strong>in</strong>d aus der männlich -literarischen Imag<strong>in</strong>ation<br />

als Orte der, so Petra He<strong>in</strong>richs, die als „,<strong>Orient</strong> im <strong>Orient</strong>’ <strong>und</strong> dadurch<br />

zum verdoppelten Inbegriff e<strong>in</strong>es Raumes im anderen Raum avancierten“<br />

(He<strong>in</strong>richs 2011: 85), also Räume des Geheimnisses, <strong>in</strong> die nur Frauen <strong>und</strong><br />

Auserwählte E<strong>in</strong>tritt f<strong>in</strong>den. In diesen Räumen, die eigentlich der Männerwelt<br />

verschlossen s<strong>in</strong>d, kann <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong> ihrer Phantasie Ausdruck geben.<br />

In Ached Bey gibt T<strong>in</strong>o mehr Auskunft über ihren Ort, über die Umgebung <strong>und</strong><br />

verwandtschaftliche Beziehung. Ached, der Kalif ist ihr Onkel. Se<strong>in</strong>e Präsenz<br />

ist überall <strong>in</strong> Bagdad <strong>und</strong> sogar „bis <strong>in</strong> die Sterne“ zu spüren. Diese Präsenz <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong> weitgreifender E<strong>in</strong>fluss s<strong>in</strong>d symbolisiert dargestellt durch se<strong>in</strong>e große<br />

Hand. Die Hand des Onkels ist e<strong>in</strong> Zeichen der Macht, welches über <strong>Leben</strong> <strong>und</strong><br />

Tod, über Mut <strong>und</strong> Demut, über Genuss <strong>und</strong> Vergewaltigung entscheidet. Am<br />

Anfang ist T<strong>in</strong>o vom Kalifen, der e<strong>in</strong>er vergangenen Liebe zu e<strong>in</strong>er Jüd<strong>in</strong> nachtrauert,<br />

angezogen. In der darauffolgenden Szene ist verdeckt e<strong>in</strong>e erotische,<br />

rauschhafte Beziehung angedeutet: „Wir rauchen aus samtumspannten Pfeifen<br />

<strong>und</strong> tr<strong>in</strong>ken blaue Getränke aus Diamantkrügen, <strong>und</strong> ich beuge mich über die<br />

Hieroglyphen se<strong>in</strong>er grosser Hand“ (TvB: 66). Die Hieroglyphen deutet Liska<br />

als „verschlüsselte Liebeszeichen“ (Liska 1998: 98).<br />

Im Augenblick e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>richtung, als der Oheim die enthaupteten Häupter der<br />

11 Khedive war von 1867 bis 1914 der Titel des Vizekönigs von Ägypten.<br />

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