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Leben in Literatur zwischen Orient und Okzident. Else Lasker ...

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<strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>Literatur</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Orient</strong> <strong>und</strong> <strong>Okzident</strong><br />

Nicht nur ist die Dichter<strong>in</strong> dar<strong>in</strong> nicht mehr anbetende Jünger<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>es älteren, männlichen Mentors, sondern sie vermittelt durch<br />

die Persona T<strong>in</strong>o h<strong>in</strong>durch auch e<strong>in</strong>e Konzeption ihrer dichterischen<br />

Selbstberufung, aus der e<strong>in</strong>e Rebellion gegen die Macht der<br />

Vater<strong>in</strong>stanzen spricht. (Liska 1998: 16)<br />

Der Tanz, e<strong>in</strong> Mittel um den Körper <strong>in</strong> die Trance zu versetzen, ist e<strong>in</strong>es der<br />

wichtigsten Elemente, derer sich die Dichter<strong>in</strong> bedient, um das ganze Universum<br />

zu erfassen. Die lokale Verortung <strong>in</strong> den <strong>Orient</strong>, nach Bagdad, Marokko,<br />

das ägyptische Theben, Kairo, Konstant<strong>in</strong>opel <strong>und</strong> Berl<strong>in</strong> ermöglichen der<br />

Dichter<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Reichtum an dekorativem Repertoire: Himmel, Sterne, Gold,<br />

Edelste<strong>in</strong>e, üppige Vegetation, Wüste, exotische Wesen, Schriften, Zeichen <strong>und</strong><br />

Sprache geben ihr e<strong>in</strong>e unerschöpfliche Inspirationsquelle für die Rhetorik ihres<br />

Liebesdiskurses. Sie gestaltet e<strong>in</strong>en Raum, den sie mit orientalischen Themen,<br />

Motiven <strong>und</strong> Attributen ausschmückt <strong>und</strong> als e<strong>in</strong>en Raum darstellt, <strong>in</strong> der sie<br />

ihre Ängste, Wünsche, Emotionen ausleben kann oder der auch als der Ort ihrer<br />

Utopie gesehen werden kann, so De Rosa, <strong>in</strong> der „die Märchenw<strong>und</strong>er e<strong>in</strong>es<br />

wiedergef<strong>und</strong>enen Paradieses“ (Di Rosa 2006: 158) gedeutet werden können.<br />

Die Erwähnung der Nächte im Titel verweist schon von Anfang an auf die<br />

dunklen Seiten, das Träumerische <strong>und</strong> das <strong>Orient</strong>alische. Die Nacht ermöglicht<br />

der Dichter<strong>in</strong> diesen Traum auszuleben <strong>und</strong> nochmals erlebend auszudeuten,<br />

denn sie verarbeitet <strong>in</strong> ihrer „spontanen Seelenwanderung“ (Reiß- Suckow<br />

1997: 267) ihr poetisches Konzept.<br />

Mit ihrer literarischen Verortung <strong>in</strong> den <strong>Orient</strong> bearbeitet sie eigene Probleme<br />

<strong>und</strong> verschiedene Rollenzuweisungen. E<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> der ersten Geschichte ist e<strong>in</strong>e<br />

Frauenfigur dargestellt, die e<strong>in</strong>e ungehemmte <strong>und</strong> geglückte Verwirklichung<br />

erlebt: e<strong>in</strong>e Art weiblicher Derwisch, die tanzend Zeit <strong>und</strong> Raum, <strong>Leben</strong> <strong>und</strong><br />

Tod überw<strong>in</strong>det <strong>und</strong> als tanzende Mumie ihren Körper öffnet <strong>und</strong> erlebt. In den<br />

weiteren Geschichten werden die Frauen nur durch ihre Bezüge zu männlichen<br />

Verwandten def<strong>in</strong>iert.<br />

T<strong>in</strong>o ist die Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> der Nächte, die als Selbstprojektion <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>- Schülers<br />

zu sehen ist. In e<strong>in</strong>em Akt der Neugeburt oder auch Neugestaltung befreit<br />

sie sich aus den ihr auferlegten konventionellen Festschreibungen <strong>und</strong> versteht<br />

ihre Dichtung als literarischen Raum. Wie bereits oben gesagt, besitzt <strong>Lasker</strong>-<br />

Schülers fiktives alter ego diverse Gestalten, mal ist sie Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>, Dichter<strong>in</strong><br />

oder uralte Mumie, tanzender Derwisch <strong>und</strong> verstoßener E<strong>in</strong>siedler. Diese imag<strong>in</strong>ativen<br />

Rollen tragen vor allem weibliche, aber auch zum Teil männliche<br />

Züge.<br />

Der <strong>in</strong> der Gestalt T<strong>in</strong>os implizierte Weiblichkeitsentwurf zeigt Möglichkeiten<br />

auf, sich im Akt des „Schreibens aus dem bürgerlichen Harem <strong>und</strong> von dessen<br />

Besitzern, den herrschaftlichen Patriarchen, zu befreien“ (Reiß- Suckow 1997:<br />

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