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Leben in Literatur zwischen Orient und Okzident. Else Lasker ...

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<strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>Literatur</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Orient</strong> <strong>und</strong> <strong>Okzident</strong><br />

Nach ihrem Auferstehen, eigentlich kann es nicht als e<strong>in</strong>e Auferstehung angesehen<br />

werden, denn die Geschichte geht so weiter als habe der Tod nie stattgef<strong>und</strong>en,<br />

sitzt dann T<strong>in</strong>o bei e<strong>in</strong>em Fest neben dem Khediven, wo er sie als se<strong>in</strong>e<br />

Gemahl<strong>in</strong> vorstellt. Auf diesem Fest, bei dem die ganze Bevölkerung im Rausch<br />

vers<strong>in</strong>kt, stirbt T<strong>in</strong>o nochmals. Der Khedive bleibt e<strong>in</strong>sam zurück, so dass se<strong>in</strong><br />

Anblick den ihn Sehenden an Schmerzen sterben lässt. In dieser Geschichte<br />

s<strong>in</strong>d karnevalistische Elemente mit traumhaften Märchengeschichten verb<strong>und</strong>en<br />

dargestellt. Es ist <strong>in</strong>teressant, dass die Dichter<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem Text die Unterscheidung<br />

<strong>zwischen</strong> T<strong>in</strong>o <strong>und</strong> T<strong>in</strong>o, der Dichter<strong>in</strong> Arabiens macht. Diese Unterscheidung<br />

kann als e<strong>in</strong>e autobiographische Anspielung <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>- Schülers angesehen<br />

werden, da <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>- Schüler sich auch im realen <strong>Leben</strong> von anderen<br />

Frauen durch ihr prophetisches Dichtertum abgegrenzt hat. Die Anerkennung,<br />

die der Dichter<strong>in</strong> T<strong>in</strong>o als Frau verwehrt wird, erlangt sie nach der Loslösung<br />

von ihrer weiblichen Identität. Diese Lösung vollzieht sich zuerst durch Gewalt<br />

<strong>und</strong> dann durch Trauer, ermöglicht aber letztendlich ihre Auferstehung. T<strong>in</strong>o<br />

erhebt sich selbst zum Mythos <strong>und</strong> so lebt auch die Dichter<strong>in</strong> <strong>Lasker</strong>- Schüler<br />

selbst <strong>in</strong> ihrem Mythos weiter.<br />

In der Geschichte Der Khedive stellt <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong> die Überw<strong>in</strong>dung ihrer Weiblichkeit,<br />

die dadurch entstandene Ausgeschlossenheit <strong>und</strong> Wunsch nach dichterischer<br />

Anerkennung deutlich dar:<br />

Und als der Khedive se<strong>in</strong>e Herzallerliebste zum Tanze holen wollte,<br />

lag sie am Rücken des schweren Elefanten gelehnt- T<strong>in</strong>o ist tot!<br />

Und der Goldf<strong>in</strong>ger der Sonne zeigte auf ihren e<strong>in</strong>geschnittenen<br />

Namen <strong>in</strong> die Haut des Riesentiers. (TvB: 74f.)<br />

Sie h<strong>in</strong>terlässt das Zeichen ihres Namens für die Ewigkeit, e<strong>in</strong>gemeißelt <strong>in</strong> die<br />

Haut des Elefanten. E<strong>in</strong>e mahnende Denkschrift, so Uta Grossmann, die „den<br />

Namen rettet, dessen Träger<strong>in</strong> an se<strong>in</strong>er Verleugnung gestorben ist. Die Episode<br />

kann auch als Plädoyer gegen die Assimilation der Juden im deutschen Reich<br />

gelesen werden“ (Grossmann 2001: 224). Der Wunsch <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>s nach ihrem<br />

Tode zu Ruhm <strong>und</strong> Anerkennung zu gelangen, die ihr zeit ihres <strong>Leben</strong>s versagt<br />

blieben, ist offenk<strong>und</strong>ig. Sie stellt dies durch T<strong>in</strong>os Tod dar, ihr Name verewigt<br />

auf der Haut des Elefanten, also durch die Trennung ihrer Benennung von<br />

Raum <strong>und</strong> Zeit, erlangt sie ihre Identität als Frau wieder <strong>und</strong> die Anerkennung,<br />

die ihr den zuvor verwehrten E<strong>in</strong>lass <strong>in</strong> den Palast gewährt.<br />

Obwohl der neunte Text als Me<strong>in</strong> Liebesbrief betitelt ist, handelt es sich nicht<br />

um e<strong>in</strong>en Brief im gewöhnlichen S<strong>in</strong>ne. Der Adressat ist der Leser <strong>und</strong> dargestellt<br />

ist eher e<strong>in</strong> Bild als e<strong>in</strong>e Handlung. Blaue Sterne, goldener Himmel <strong>und</strong><br />

wieder ist der Ort des Geschehens der Harem. Abdul, der Geliebte, lässt das<br />

Herz T<strong>in</strong>os blau werden. Erst durch se<strong>in</strong>e Liebe kann dies geschehen.<br />

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