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Leben in Literatur zwischen Orient und Okzident. Else Lasker ...

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<strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>Literatur</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Orient</strong> <strong>und</strong> <strong>Okzident</strong><br />

schichte mit Enttäuschung <strong>und</strong> Trauer.<br />

In dem Text Der Sohn der Lilame geht es um T<strong>in</strong>os Vetter Mehmed, e<strong>in</strong>en Sohn<br />

des Großverziers von Konstant<strong>in</strong>opel. Er hat blaue Haare <strong>und</strong> wird deshalb verspottet.<br />

Um sich wegen des Gespötts se<strong>in</strong>es Volkes zu rächen, veranstaltet<br />

Mehmed H<strong>in</strong>richtungen, ergötzt sich an der Angst der Todeskandidaten, schickt<br />

aber letztendlich alle ohne die H<strong>in</strong>richtung zu vollziehen <strong>in</strong> ihre Wohnungen<br />

zurück. Durch diese Taten erzw<strong>in</strong>gt er sich Respekt <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Volk scheut sich<br />

schließlich offen zu lachen. Se<strong>in</strong>e blauen Haare zeichnen ihn mit W<strong>und</strong>erkraft<br />

aus. E<strong>in</strong>es Tages versucht er sich die Haare mit Kalk zu weißen, doch T<strong>in</strong>o h<strong>in</strong>dert<br />

ihn daran. Se<strong>in</strong> Andersse<strong>in</strong> zu akzeptieren <strong>und</strong> anzunehmen ist ihr Rat.<br />

Doch Mehmed will se<strong>in</strong> Potential nicht nutzen, sondern wird größenwahns<strong>in</strong>nig.<br />

Er sieht sich als „e<strong>in</strong> Weiser <strong>und</strong> größer als alle se<strong>in</strong>e Nebenmenschen, als<br />

Mond <strong>und</strong> Sterne“ (TvB: 88). Als er e<strong>in</strong>es Tages von e<strong>in</strong>em Riesenelefanten aus<br />

Ost<strong>in</strong>dien <strong>in</strong> der Zeitung liest, begibt er sich mit se<strong>in</strong>em Gefolge <strong>in</strong> die „Kaiserstadt<br />

der Deutschen“ (TvB: 88) also nach Berl<strong>in</strong>, wo er sich zum Gespött der<br />

Bevölkerung macht. T<strong>in</strong>o jedoch leidet unter der Entwürdigung des e<strong>in</strong>fältigen<br />

Mehmeds, der sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Größenwahn als „e<strong>in</strong> Zwill<strong>in</strong>g Allahs“ sieht (TvB:<br />

88).<br />

In der vorletzten Geschichte Der Dichter von Irsahab gibt <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>- Schüler<br />

die Familiengeschichte16 Grammatons, e<strong>in</strong>em Dichter, wieder. Methusalem,<br />

se<strong>in</strong> Vater, e<strong>in</strong> von K<strong>in</strong>dersegnen begnadeter biblischer Mensch17, sagt se<strong>in</strong>em<br />

jüngsten Sohn se<strong>in</strong>en Tod voraus. Wieder tritt die Farbe Blau, hier <strong>in</strong> der Augenfarbe<br />

des Grammatons, als e<strong>in</strong> Zeichen des Auserwähltse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> den Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Die Re<strong>in</strong>karnation des Vaters Methusalems, Henoch, vollzieht sich <strong>in</strong><br />

der Figur e<strong>in</strong>es Raben, weil er den Gott des Nachbarvolkes beleidigt hat.<br />

Grammaton tritt <strong>in</strong> den Vordergr<strong>und</strong>, weil er e<strong>in</strong> Dichter ist. Da er sich <strong>in</strong> den<br />

Ländereien <strong>und</strong> den Handelsgeschäften nicht auskennt, wird er von se<strong>in</strong>em väterlichen<br />

Erbe ausgeschlossen. Nur der Urvater, <strong>in</strong> der Gestalt des Raben, lässt<br />

ihm ke<strong>in</strong>e Ruhe. Als er dem Wunsch folgt, <strong>in</strong> das Haus se<strong>in</strong>es Vaters zu gelangen,<br />

wird er von se<strong>in</strong>en Brüdern verdrängt <strong>und</strong> er fängt an, sie zu hassen. Dieser<br />

Hass überträgt sich von e<strong>in</strong>er Generation auf die nächste, <strong>in</strong> der sich die e<strong>in</strong>ander<br />

Verwandten aus Blutrache töten. Wenn e<strong>in</strong>er stirbt, tritt der andere an dessen<br />

Stelle <strong>und</strong> da Grammaton mit der ganzen Stadt verwandt ist, versucht er<br />

auch alle vom Geschlecht Methusalems auszurotten.<br />

Zuerst sche<strong>in</strong>t die Geschichte Grammatons, se<strong>in</strong> Dichttum <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Probleme<br />

mit se<strong>in</strong>en Brüdern darzustellen; dass man ihm die Anerkennung verwehrt, löst<br />

16 Hier sei auf das Dramenstück <strong>Else</strong> <strong>Lasker</strong>- Schülers Arthur Aronymus <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Väter h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

17 Methusalem wird als der erste <strong>und</strong> älteste Mensch <strong>in</strong> der Bibelgeschichte angegeben.<br />

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