Sicherheit für Senioren - Polizei Bayern
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IV<br />
IV<br />
IV.3<br />
IV.4<br />
Expertenstatements Dr. Thomas Görgen<br />
Alter geht oftmals einher mit Einschränkungen der Mobilität sowie der Kommunikations-<br />
und Artikulationsfähigkeit. Hilfen für ältere Gewaltopfer können nicht alleine<br />
darauf ausgerichtet sein, dass unmittelbar Betroffene sich eigenständig an Einrichtungen<br />
wenden. Hilfeangebote sollten die vielfältigen Hindernisse und Ängste, die einer<br />
derartigen Inanspruchnahme entgegenstehen, ernst nehmen, aufsuchende Hilfen anbieten<br />
und sich nicht nur an direkt Gewaltbetroffene, sondern auch an Kontaktpersonen<br />
richten.<br />
Die Frage, ob „Gewalt gegen alte Menschen“ ein strafrechtliches oder ein soziales<br />
Problem darstellt, muss mit „Sowohl als auch!“ beantwortet werden. Es fallen darunter<br />
sowohl eindeutig kriminelle und strafrechtlich zu ahndende Verhaltensweisen als auch<br />
solche, bei denen eine Strafverfolgung des unmittelbaren Täters die dahinter stehenden<br />
Probleme unangetastet ließe, dem Unrechtsgehalt der Tat nicht entspräche oder den<br />
Interessen der Opfer nicht gerecht würde. Insbesondere Taten im häuslichen Bereich<br />
(sowohl in Pflegebeziehungen als auch unabhängig davon in Partnerschaften und<br />
familiären Beziehungen) sind zudem für Strafverfolgungsinstanzen nur sehr begrenzt<br />
zugänglich.<br />
IV.4 Prof. Dr. Dr. Rolf Dieter Hirsch<br />
Prävention statt Gewalt – Überforderung von Angehörigen<br />
verringern<br />
Pflegeabhängigkeit und Pflegebelastung sind Faktoren, die häufig zu Gewalthandlungen<br />
in Familien führen können, aber nicht per se müssen. Meist sind sie pathologische<br />
Zeichen von Überforderung von Angehörigen, die mit ihren Belastungen allein gelassen<br />
werden oder hilflos und voller Schuldgefühle sich Pflegebedürftigen ausgeliefert fühlen.<br />
Die Belastungen – „24-Stunden-Tag“ – werden immer höher, bis ein Familienmitglied<br />
nur noch gewalttätig sein kann, flieht (auch in eine Krankheit) oder zum Austritt (z. B.<br />
Klinik, Heimübersiedlung, Tod) gezwungen wird.<br />
Präventive Maßnahmen beginnen bei der Aufklärung und Beratung über Art sowie<br />
Verlauf einer Erkrankung (z. B. Demenz) und Informationen über vorhandene regionale<br />
professionelle Hilfen (z. B. ambulanter Pflegedienst, Tagespflege, Haushaltshilfe). Neben<br />
sozialer Unterstützung sind Angebote von Selbsthilfegruppen wichtig, um Isolation,<br />
Resignation aber auch Verrohung vorzubeugen. Zudem führen aufgezeigte Strategien,<br />
wie problematische Situationen bewältigt werden können, und Entlastungsangebote für<br />
Angehörige zur Verringerung von Konflikten.<br />
Prof. Dr. Dr. Rolf Dieter Hirsch<br />
Expertenstatements<br />
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Die öffentliche Diskussion beeinflusst nachhaltig den „Wert“ des Pflegebedürftigen und<br />
des pflegenden Angehörigen. Die oft diskriminierende und ohne Einbeziehung ethischer<br />
Aspekte geführte Diskussion z. B. über die „Unbezahlbarkeit der Pflege“ fördert eher<br />
eine weitere Überforderung der Angehörigen und verringert Chancen, die – rechtzeitig<br />
genutzt – Leid und Elend der Betroffenen verringern. Primäre Prävention muss hier<br />
ansetzen.<br />
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