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Manual Intensivmedizin - Levofloxacin

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<strong>Manual</strong><br />

<strong>Intensivmedizin</strong><br />

Klinikum am Bruderwald<br />

Intensivstation II<br />

Leiter: OA Dr. med. Hendrik Bachmann


2<br />

Welche Aufgabe hat die<br />

Intensivstation II?<br />

Die Intensivstation II ist eine technisch besonders<br />

gut ausgestattete Station des Klinikums Bamberg,<br />

die für die Durchführung der Diagnostik und<br />

Therapie nicht-operativer Krankheitsfälle ausgelegt<br />

ist, die einer besonders intensiven Behandlung<br />

(ICU nach dem amerikanischen Prinzip) oder aber<br />

Überwachung (IMCU) bedürfen.<br />

Der Anteil der Intensivtherapie- sowie der<br />

Intensivüberwachungsfälle schwankt dabei erheblich<br />

im zeitlichen Verlauf und mit ihm auch der Grad<br />

der einzusetzenden materiellen und personellen<br />

Ressourcen.<br />

Die Differenzierung zwischen Beatmungspatienten,<br />

Intensivtherapie- und -überwachungspatienten ist<br />

zum Teil willkürlich und nicht verbindlich definiert.<br />

Die Intensivstation II versteht als ihre Hauptaufgabe<br />

die Sicherstellung oder Wiederherstellung der<br />

Stabilität eines Patienten. Ist diese Aufgabe erfüllt,<br />

so gibt sie den Patienten an eine andere Station ab.<br />

Daher zählt es zu den Besonderheiten dieser Gruppe,<br />

dass die durchschnittliche Verweildauer eines<br />

Patienten sehr kurz ist (Stand 2003: 1,8 Tage).<br />

• Einbindung in die Klinikstruktur<br />

Die Intensivstation II ist dem Fachbereich I im<br />

Zentrum Innere Medizin angegliedert. Die Leitung<br />

obliegt zur Zeit Herrn OA Dr. Bachmann. Ein Team<br />

aus Assistenten stellt einen 24-Stunden-Service zur<br />

Behandlung und Betreuung der Patienten in einem<br />

Dreischichtsystem.<br />

• Ausbildungsauftrag der<br />

Intensivstation II<br />

Eine mindestens sechsmonatige Ausbildung und<br />

vollschichtige Tätigkeit auf einer Intensivstation<br />

wird zur Anerkennung als Facharzt für Innere<br />

Medizin mit Schwerpunkt nach den gegenwärtigen<br />

Richtlinien der Ärztekammern verpflichtend<br />

vorgeschrieben. Die Intensivstation II muss daher<br />

Assistenzärzte des Zentrums Innere Medizin mit<br />

dem Ausbildunsgsziel ‘Internist/Schwerpunkt’ im<br />

Bereich der <strong>Intensivmedizin</strong> weiterbilden.<br />

• Das Ärzteteam der Intensivstation II<br />

Die Ärzte teilen sich die Besetzung der Station rund<br />

um die Uhr. Dies wird in einem Dreischichtsystem<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

realisiert. Jede Schicht übergibt hierbei der<br />

nächsten schriftlich und mündlich die relevanten<br />

Informationen aus der Vorschicht, darüber hinaus<br />

bietet die Schichtübergabe die Möglichkeit,<br />

Strategien der Diagnostik und Therapie im Team<br />

zu besprechen. Diese Gelegenheit zum Austausch<br />

zwischen Ärzten ist ein besonderes Kennzeichen<br />

der ärztlichen Arbeit auf der Intensivstation II und<br />

erfährt eine hohe Schätzung.<br />

Kommunikation auf<br />

Intensivstation II<br />

Man kann nicht nicht kommunizieren, so radikal<br />

formuliert der Wissenschaftler Watzlawik die These<br />

zur Kommunikation in unserer Lebenswelt.<br />

• Wir gehen daher davon aus, dass wir mit allen<br />

Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen auf<br />

unsere Station kommen, in Beziehung treten.<br />

• Dabei prägen Erwartungen, die an uns herangetragen<br />

werden und Anforderungen, die wir an andere stellen,<br />

unseren Kommunikationsstil. Diesen Erwartungen<br />

und Anforderungen müssen und wollen wir uns<br />

bewusst sein.<br />

• mit den Patienten<br />

Der Patient tritt uns oft mit der Erwartung entgegen,<br />

dass seine Erkrankung geheilt oder wenigstens<br />

gebessert und sein Leiden gelindert, sowie weiterer<br />

Schaden von ihm abgewendet wird. Er befindet sich<br />

uns gegenüber häufig in einer subjektiv schwachen<br />

Position. Dies erhöht seine Unsicherheit.<br />

Vertrauen ist daher die Grundlage einer intakten<br />

Arzt-Patienten-Beziehung. Es ist unsere Aufgabe,<br />

Voraussetzungen für dieses Vertrauen herzustellen:<br />

• Als Ärzte tragen wir gut sichtbar Namensschilder<br />

und stellen uns grundsätzlich namentlich und mit<br />

Nennung unserer Funktion vor: ‘ Mein Name ist Dr.<br />

X..., ich bin derzeit der diensthabende Stationsarzt’<br />

• Wir begrüßen den Patienten auch per Geste (z.B.<br />

per Handschlag), wie wir dies im Umgang mit<br />

allen Menschen, mit denen wir enger zu tun haben,<br />

gewohnt sind.<br />

• Wir sprechen in Gegenwart des Patienten, auch<br />

wenn wir Informationen für Dritte bereit halten<br />

(z.B. im Rahmen einer Chefarztvisite), nicht über<br />

ihn in der dritten Person. Wir achten darauf, dass der<br />

Patient zwischenärztliche Gespräche bei der Visite<br />

verfolgen und verstehen kann.<br />

• Wir achten auf die sprachliche Gewandtheit des


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 3<br />

Patienten und passen uns in unserer Kommunikation<br />

dem Verständnisniveau individuell an. Wir<br />

vermeiden medizinische Fremdwörter oder erklären<br />

diese in einer verständlichen Ausdrucksweise.<br />

• Wir respektieren das Selbstbestimmungsrecht<br />

des Patienten, das durch Informationsentzug oder<br />

-verfälschung ausgehöhlt würde. Daher stellen wir<br />

fest, dass es unter keinen Umständen eine ‘Indikation<br />

zum Lügen’ gibt.<br />

•Wir gehen auch dann mit dem Patienten respektvoll<br />

um, wenn seine Möglichkeiten zur Kommunikation<br />

eingeschränkt oder nahezu aufgehoben sind.<br />

• mit den Angehörigen<br />

Im sich bildenden Netzwerk der Kommunikation<br />

mit und über den Patienten haben die Angehörigen<br />

eine herausragende Bedeutung. Wir haben die<br />

Gelegenheit, weitere Informationen über unseren<br />

Patienten zu sammeln:<br />

Fakten aus der medizinischen Vorgeschichte<br />

ebenso wie Angaben über den psychosozialen<br />

Hintergrund, die körperliche, geistige und seelische<br />

Konstitution, Angaben zu Ansprechpartnern und<br />

Telefonnummern,<br />

Gleichzeitig treten Angehörige an uns mit einem<br />

meist großen und drängenden Informationsbedürfnis<br />

heran, da sie die Lage des Patienten nicht<br />

einzuschätzen wissen.<br />

Das Netzwerk der Angehörigen ist oftmals komplex<br />

und nicht selten auch widersprüchlich. Intrafamiliale<br />

Prozesse, in die wir keinen Einblick haben,<br />

beeinflussen positiv wie negativ den Austausch mit<br />

uns.<br />

Wir erleben oft in der Beratung der Angehörigen,<br />

wie gestörte oder besonders enge Bindungen zum<br />

Patienten die Sichtweise zum Therapieprozess<br />

verformt. Wir wissen, dass wir von Angehörigen<br />

keine ‘professionelle Distanz’ zum Patienten<br />

erwarten dürfen.<br />

Daher heißt Kommunikation mit den Angehörigen<br />

auch immer Beziehungsarbeit.<br />

• Wir handeln mit den Angehörigen individuell<br />

und nach den Wünschen des Patienten einen<br />

geeigneten Kommunikationsstrang aus, der dem<br />

Informationsbedürfnis der Angehörigen aber<br />

auch unserem Arbeitsalltag entgegenkommt<br />

(wir vereinbaren einen Ansprechpartner, der den<br />

Kommunikationsstrang zu uns aufrecht erhält, wir<br />

geben eine schriftliche Information mit unserer<br />

Telefonnummer aus und erklären auch, warum<br />

wir im Einzelfall das Telefonat nicht unmittelbar<br />

entgegen nehmen können).<br />

• Wir begleiten die Angehörigen zum Bettplatz des<br />

Patienten und erklären seinen Zustand, wenn der<br />

Patient sich in einem kritischen Zustand befindet<br />

und sich selbst nicht äußern kann.<br />

• Gemeinsam mit dem Pflegedienst erklären wir<br />

den Angehörigen Sinn und Zweck technischer<br />

Apparaturen und versuchen das subjektive Empfinden<br />

des Patienten stellvertretend näherungsweise zu<br />

vermitteln, wenn sich dieser nicht ausdrücken kann.<br />

(z.B. ‘ihr Vater befindet sich wie in einem tiefen<br />

Schlaf, er hat sicher keine Schmerzen’).<br />

• Wir dürfen und wollen uns auch erlauben,<br />

gegenüber den Angehörigen unsere subjektiven und<br />

gefühlsmäßigen Eindrücke zum Zustand und zur<br />

Prognose des Patienten zu vermitteln, denn wir teilen<br />

mit ihnen den Prozess des Kämpfens, Hoffens und<br />

vielleicht auch der Frustration und des Aufgebens.<br />

Dies schafft für uns eine Gesprächsbasis auf der<br />

wir unsere Therapiestrategie mit den Angehörigen<br />

absprechen können.<br />

• mit unseren Teampartnern<br />

Auf der Intensivstation II bietet sich mehr als<br />

irgendwo in der Ausbildungslaufbahn eines<br />

Assistenzarztes, Teamarbeit zu üben und von ihr zu<br />

profitieren.<br />

• Wir nutzen dies, indem wir uns über die<br />

Therapiestrategie in den Übergabezeiten<br />

austauschen, notwendige Maßnahmen absprechen<br />

und zurückliegende Strategien bewerten.<br />

• Wir nutzen die Freiheit eines Arbeitsteams zur<br />

gegenseitigen Hilfe.<br />

• Wir treten uns respektvoll entgegen und nicht<br />

selten erleben wir im Team auch freundschaftliche<br />

Beziehung entstehen. Jeder von uns bringt eigene<br />

Fähigkeiten und Schwächen in das Team ein.<br />

• Differenzen versuchen wir mit den gleichen Mitteln<br />

der Teamarbeit zu bereinigen. Wir bemühen uns in<br />

unserem Vorgehen durch ständige Absprachen um<br />

eine auch von außen nachvollziehbare rote Linie.<br />

• Keinesfalls tragen wir Differenzen herablassend<br />

oder respektlos nach außen. Nach innen gönnen wir<br />

uns konstruktive Kritik.<br />

• mit dem Pflegeteam<br />

Mit keiner Brufsgruppe verzahnt sich unsere<br />

Arbeit so wie mit dem Pflegedienst der I2. Daher<br />

bedarf es hier einer ganz besonders tragfähigen<br />

Kommunikationsbasis und einer ständigen<br />

Abstimmungsarbeit, um die ärztliche und<br />

pflegerische Arbeit synergistisch zu nutzen.


4<br />

• Wir lehnen ein Hierarchiekonzept im Sinne<br />

eines simplen Anordnens-Ausführens in unserer<br />

Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst entschieden<br />

ab.<br />

• An seine Stelle tritt ein erweitertes<br />

funktionsorientiertes Teamkonzept mit eng<br />

verzahnten Verantwortlichkeiten und sich<br />

gegenseitig ergänzenden Kompetenzen, aus denen<br />

sich die Entscheidungsstruktur auf unserer Station<br />

ableitet.<br />

Dies soll kurz beispielhaft erläutert werden: Dem<br />

Arzt der I2 wird in Bezug auf das medikamentöse<br />

Therapieregime selbstverständlich vom<br />

Pfegepersonal Entscheidungskompetenz zugebilligt<br />

(was Nachfragen oder Vorschläge natürlich nicht<br />

verbietet), bei der Frage einer Entwöhnung von<br />

der Beatmung, kann der Arzt nur gemeinsam mit<br />

der betreuenden Pflegekraft eine Therapieplanung<br />

vornehmen, bei der Frage einer Dekubitusprophylaxe<br />

oder einer Aromatherapie wiederum wird der Arzt<br />

die Kompetenz des Pflegepersonals akzeptieren und<br />

deren Vorschläge mittragen.<br />

Ängsten, die angesichts einer solchen Haltung<br />

entstehen könnten, können wir mit der Erfahrung der<br />

letzten Jahre begegnen, in denen wir bereits festgestellt<br />

haben, das sich auch ohne Hierarchiekonzept eine<br />

klare und übersichtliche Arbeitsteilung zwischen<br />

Ärzten und Pflege ergibt.<br />

• Um diese Erfahrungen zu vertiefen, pflegen wir,<br />

auch auf Leitungsebene, den ständigen Austausch<br />

und profitieren von den Kompetenzen des anderen.<br />

• Wir achten gegenseitig auf die Qualität unserer<br />

Arbeit und entwickeln gemeinsam Lösungsstrategien,<br />

wenn wir Schwachstellen auf unserer Station<br />

entdeckt haben.<br />

• mit unseren Teampartnern<br />

Unsere Kollegen anderer Stationen kommen bei<br />

Aufnahmen auf oder Verlegungen von unserer<br />

Intensivstation mit uns in Kontakt.<br />

• Wir wünschen uns von unseren Kollegen eine<br />

persönliche Übergabe eines Patienten von Station<br />

oder Notaufnahme. Wir übernehmen mit dem<br />

Betreten des Patienten unserer Station die gesamte<br />

ärztliche Verantwortung und bemühen uns um eine<br />

möglichst rasche Versorgung.<br />

• Der zuverlegende Kollege informiert im Bedarfsfall<br />

die Angehörigen und klärt sie über das zur Verlegung<br />

führende Ereignis außerhalb unserer Station auf.<br />

• Das Team der I2 legt großes Augenmerk auf<br />

eine möglichst transparente und nachvollziehbare<br />

Dokumentation des Behandlungsverlaufes auf unserer<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Station und bietet bei Rück- oder Weiterverlegung<br />

des Patienten dem nachverantwortlichen Arzt<br />

sowohl einen leserlichen Arztbrief inklusive<br />

Behandlungsregime, der vom ersten Tag an<br />

geschrieben und täglich erweitert wird, um eine<br />

umfassende Darstellung des Behandlungsablaufes<br />

zu ermöglichen, zusätzlich erhält er ein Duplikat<br />

unserer Schichtübergabeprotokolle.<br />

Darüber hinaus können wir nun dem<br />

weiterbehandelnden Kollegen innerhalb unseres<br />

Hauses anbieten, die Verlaufsdokumentation direkt<br />

in seinen Entlassungsbrief zu übernehmen.<br />

Auf diese Weise wollen wir die Verzahnung<br />

zwischen der Intensivstation und den vor- und<br />

nachbehandelnden Gruppen möglichst eng halten.<br />

Spannungsfeld Intensivstation<br />

Wir erleben <strong>Intensivmedizin</strong> als eine Aufgabe, der<br />

es sich in einem multivariatem Spannungsfeld aus<br />

Gegensätzlichem zu stellen gibt. Es ist eine der<br />

herausragenden Merkmale unseres Tätigkeitsfeldes,<br />

dass wir uns sehr häufig zwischen Extremen<br />

bewegen. In der Beschreibung dieser Gegensetze<br />

können wir unser Selbstverständnis als Ärzte der<br />

Intensivstation aufklären.<br />

• Ruhe und Hektik<br />

Am augenfälligsten wird diese Arbeit in den<br />

Extremen an den Begrifflichkeiten Ruhe und Hektik.<br />

Auf einer Intensivstation kann es sehr entspannt und<br />

ruhig zugehen - ein Telefonklingeln, und alles kann<br />

sich ändern.<br />

Dieser Umstand fordert von uns ein besonderes Maß<br />

an Aufmerksamkeit und Bereitschaft, im Bedarfsfall<br />

körperliche, mentale und seelische Ressourcen<br />

sehr rasch zu aktivieren - und dies oft bis hin zur<br />

Ausschöpfung unserer Kapazitäten (Beispiel:<br />

Reanimation).<br />

In diesem Spannungsfeld zu arbeiten, fällt uns im<br />

Team ganz unterschiedlich leicht; wie sehr, kann<br />

nur teilweise erlernt werden. Hier spielt auch die<br />

individuelle Persönlichkeit und Selbstvertrauen eine<br />

Rolle.<br />

• Durch eine fundierte Ausbildung und durch<br />

Handreichung einfacher und schnell abrufbarer<br />

Handlungsvorschläge versuchen wir die Anspannung<br />

in der Ruhe vor dem Sturm zu verringern.<br />

• Auf der anderen Seite sind wir zu anderen Zeiten<br />

auf der Intensivstation kaum ausgelastet (wenige<br />

Patienten, viele Überwachungen). Diese Zeiten<br />

gönnen wir uns ganz bewusst, wir haben sie<br />

uns verdient. Wir nutzen diese Zeiten für all die


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 5<br />

notwendigen Tätigkeiten außerhalb des direkten<br />

Patientenkontaktes (Verschlüsselung von Diagnosen<br />

und Prozeduren, Dokumentationsaufgaben etc.)<br />

• Akuität und Kontinuität<br />

Die Arbeit als Intensivarzt verlangt von uns,<br />

zwei medizinische Philosophien gleichzeitig zu<br />

verfolgen:<br />

• In der Akutsituation sehen wir uns der Aufgabe<br />

gegenüber, einen Patienten unter Aufbietung aller<br />

unserer Möglichkeiten unter hohem Zeitdruck zu<br />

stabilisieren. Dabei tritt häufig die kausale Behandlung<br />

des Patienten zu Gunsten einer symptomatischen<br />

Therapie zunächst in den Vordergrund. Von uns<br />

wird Improvisationstalent verlangt, wir stehen unter<br />

einem hohen Entscheidungsdruck.<br />

• Nach der Stabilisierungsphase dagegen widmen<br />

wir uns der kausalen Diagnostik und Therapie und<br />

bemühen uns durch eine möglichst standardisierte<br />

und behutsame Behandlung des Patienten in<br />

Absprache mit den Oberärzten und im Team um<br />

Konsolidierung.<br />

• Hilfe bieten uns Standards für die Notfall-, die<br />

Stabilisierungs- und Konsolidierungsphase, die<br />

entsprechend dem antizipierten Zeitdruck mehr oder<br />

weniger komplex formuliert werden und jeder Zeit<br />

auch schriftlich abrufbar sind.<br />

• Technik und Menschlichkeit<br />

<strong>Intensivmedizin</strong> ist auch eine technische Medizin.<br />

Wir sehen uns oft persönlich im Gespräch mit<br />

Angehörigen aber auch in der medialen Öffentlichkeit<br />

dem Verdacht ausgesetzt, dass unsere Medizin entmenschlicht.<br />

Auch wir selbst erkennen die Gefahr, dass ein<br />

Patient, dessen Kommunikation eingeschränkt ist,<br />

auf uns unpersönlicher wirkt. Ein abstrakter Patient,<br />

der als Persönlichkeit für uns nicht begreiflich wird,<br />

löst in uns eine weitaus distanziertere Haltung mit<br />

Folgen für unsere Arbeit mit ihm aus.<br />

Und doch sehen wir in der Technik unserer Station<br />

auch eine wesentliche Hilfestellung für unsere<br />

Arbeit.<br />

•Um den scheinbaren Widerspruch zwischen Technik<br />

und Menschlichkeit aufzulösen, bedarf es unsererseits<br />

einer aktiven gewollten Auseinandersetzung mit der<br />

Persönlichkeit des Patienten. Ist dies direkt nicht<br />

möglich, so sind wir auf Angehörigengespräche<br />

angewiesen.<br />

• Auch wir sehen die Gefahr, dass ein Intensivpatient<br />

zum Appendix einer Technik reduziert werden<br />

kann. Dem müssen wir immer wieder aufs Neue<br />

entgegenarbeiten.<br />

• Technik entmenschlicht, wenn es bei ihrem Einsatz<br />

um die Erhaltung physischer Fähigkeiten geht,<br />

obwohl keine rationale Hoffnung auf Konsolidierung<br />

des personalen Lebens besteht. Danach bestimmen<br />

wir in gemeinsamer Absprache den Eskalationsgrad<br />

unserer Maßnahmen.<br />

• Erfolg und Versagen<br />

In der <strong>Intensivmedizin</strong> liegen Erfolg und Versagen<br />

nur allzu eng nebeneinander. Wir können uns<br />

nicht darauf verlassen, dass sich diese Extreme<br />

die Waage halten und somit unser Selbstvertrauen<br />

stabilisieren.<br />

Hinzu kommt, dass wir mit unserem Versagen nur<br />

allzu oft schockierten Angehörigen gegenüber<br />

treten müssen; dass es uns selbst oft schwer fällt zu<br />

akzeptieren, dass wir einen Patienten nicht haben<br />

retten können.<br />

• Wir beklagen in diesem Zusammenhang das<br />

Vakuum der medizinischen Ausbildung in Bezug<br />

auf Supervision und Reflexion. Dieses Vakuum<br />

können wir nur dadurch erträglich gestalten, in dem<br />

wir unsere Teamstrukturen intensiv nutzen.<br />

• Lebensrettung und Sterbebegleitung<br />

Als Ärzte wurden wir unter der Zielvorgabe<br />

Lebensrettung oder -erhaltung ausgebildet. Auf einer<br />

Intensivstation treten wir unsere Arbeit mit dieser<br />

Motivation an - und sehen uns oft einer Situation des<br />

Sterbens gegenüber, für die wir nicht geschult sind.<br />

Oft erstreckt sich das Aufgabenfeld von der<br />

Lebensrettung bis zur Sterbebegleitung über ein und<br />

den selben Patienten.<br />

Hierbei durchlaufen wir einen Prozess, der sich im<br />

Sterbeprozess des Patienten und der Trauerreaktion<br />

der Angehörigen widerspiegelt. Und wir<br />

entwickeln uns hierbei, wenngleich mental durch<br />

eine professionelle Distanz zum Patienten besser<br />

gesteuert, emotional oft in den gleichen Stufen:<br />

Kampf, Aggression, Resignation, Akzeptanz.<br />

• Wir halten es für eine Gefahr für uns selbst und<br />

für den Patienten, wenn wir uns diesen Prozess nicht<br />

zumuten, denn er vermittelt uns die Kompetenz zu<br />

einer individuellen Sterbebegleitung.<br />

• Wir erleben eine kompetente Sterbebegleitung in<br />

unserer Arbeit unter diesen Prämissen als ebenso<br />

befriedigend wie unser Bemühen um eine kurative<br />

Medizin.


6<br />

• Mündigkeit und Ausgeliefertsein<br />

Patienten haben ein verbrieftes Recht auf<br />

Selbstbestimmung. In der <strong>Intensivmedizin</strong> geraten<br />

jedoch viele unserer Patienten in die Lage, dieses<br />

Recht nicht mehr ausüben zu können. Dies bedeutet<br />

auch für unsere Arbeit eine Erschwernis.<br />

• Daher begrüßen wir jede Hilfestellung, die es uns<br />

möglich macht, sich dem mutmaßlichen Willen eines<br />

Patienten anzunähern: Eine Patientenverfügung,<br />

eine Vorsorgevollmacht, ein Organspendeausweis<br />

oder andere informelle Dokumentation einer<br />

Willensäußerung.<br />

• Liegen derartige Hilfestellungen nicht vor,<br />

bemühen wir uns um eine frühzeitige Einrichtung<br />

einer Betreuung durch das Vormundschafts gericht.<br />

Hierbei ist es unser ausdrücklicher Wunsch, dass<br />

im Rahmen des Betreuungsverfahrens durch einen<br />

unabhängigen Richter, der sich ein persönliches<br />

Bild macht, unser Ansinnen überprüft wird. Wir<br />

lehnen Betreuungsverfahren alleine auf dem Weg<br />

eines Schriftverkehrs nachdrücklich ab.<br />

• Zum Schutz des Patienten oder unserer<br />

Mitarbeiter kann es situativ notwendig werden, die<br />

Freiheit des Patienten einzuschränken (Beispiel:<br />

Fixierungsmaßnahmen bei verwirrten Patienten).<br />

Hierbei halten wir uns streng an die gesetzlichen<br />

Vorgaben, wie sie auch per Dienstanweisung unseres<br />

Hauses fixiert sind.<br />

• Keinesfalls beteiligen wir uns als Erfüllungsgehilfe<br />

an freiheits entziehenden Maßnahmen, die aufgrund<br />

nichtmedizinischer Gründe richterlich oder<br />

polizeilich verfügt wurden. Dies bleibt alleine in der<br />

Verantwortung dieser Organe.<br />

Mündigkeit bedeutet auch informierte<br />

Entscheidungskompetenz. Ohne Aufklärung und<br />

Information des Patienten kann dieser nicht mündig<br />

handeln.<br />

• Wir distanzieren uns daher von früheren<br />

Vorstellungen über das Aufklärungs- und<br />

Informationsregime gegenüber Patienten, die dem<br />

Arzt die Kompetenz zum Informationsrückhalt<br />

zugesprochen hatte.<br />

• Wir bieten dem Patienten an, ihn über seine Lage<br />

aufzuklären, soweit sie uns selbst klar erscheint,<br />

wir drängen uns allerdings auch nicht auf,<br />

sondern akzeptieren, wenn Patienten Aufklärung<br />

oder Information ausdrücklich ablehnen oder<br />

verdrängen.<br />

• Ein unterschriebener Aufklärungsbogen ersetzt<br />

nicht das Gespräch. Die Art und der Umfang<br />

einer Aufklärung hat sich an der Dringlichkeit des<br />

Geschehens zu orientieren.<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

• Ausbildung und Kompetenz<br />

Ausbildung und Kompetenz scheinen zunächst<br />

nicht als Gegensätze eines Spannungsfeldes zu<br />

erscheinen und natürlich bedarf es der Ausbildung<br />

zum Kompetenzerwerb.<br />

Für den ärztlichen Dienst der Intensivstation II<br />

heißt Ausbildung aber auch, dass sich Ärzte nicht<br />

auf ihre bereits gereifte Kompetenz verlassen<br />

können, da sie möglicherweise erst am Anfang ihrer<br />

Intensivausbildung stehen. Wunschtraum wäre,<br />

dass jeder Kollege so lange von einem erfahrenen<br />

<strong>Intensivmedizin</strong>er begleitet wird, bis er selbstbewusst<br />

und auf seine Kompetenz vertrauend selbstständig<br />

handeln kann. Dies kann mit den personellen<br />

Ressourcen unseres Hauses nicht gewährleistet<br />

werden.<br />

Dennoch haben wir Wege, Ausbildung und<br />

Kompetenzerwerb auf unserer Station zu<br />

optimieren:<br />

• Wir lehnen ein Ausbildungsverfahren nach dem<br />

Prinzip der Ketteneinarbeitung ab, weil es der<br />

Qualität der ärztlichen Ausbildung schadet. Wir sind<br />

im Ausbildungsbetrieb auf Kontinuität angewiesen.<br />

• Diese schaffen wir, in dem wir in unserem Team<br />

einen festen Oberarzt stellen, der sich aus langjähriger<br />

Intensiverfahrung heraus der Ausbildung, Pflege und<br />

Entwicklung von Standards widmet.<br />

• Er stellt als Erfahrener einen Ansprechpartner für<br />

das Team dar, er vertritt die Arbeit des Teams nach<br />

außen.<br />

• Medizin und Organisation<br />

Wir haben erfahren, dass die ärztliche Tätigkeit<br />

auf unserer Intensivstation zunehmend von<br />

administrativen Anforderungen bestimmt ist.<br />

Diese Anforderungen werden nicht durch eine<br />

Verstärkung personeller Ressourcen seitens des<br />

Trägers beantwortet. Somit bleibt für medizinische<br />

Tätigkeiten, Fortbildungen, Gespräche und<br />

Aufklärungen ein geringerer Anteil an der<br />

Gesamtkapazität unseres Teams.<br />

• Frustrierend ist für uns die Erfahrung, dass wir uns<br />

vom Ziel unserer Berufsausbildung, der Tätigkeit als<br />

Arzt, aufgrund außermedizinischer Anforderungen<br />

distanzieren.<br />

• Wir wissen andererseits um unsere<br />

betriebswirtschaftliche und rechtliche Verantwortung,<br />

die einen Betrieb eines großen Klinikums und damit<br />

unsere Kernarbeit erst ermöglicht.<br />

• Wir bemühen uns daher um eine Differenzierung<br />

unserer Ressourcenzuweisung und nehmen uns<br />

hierbei die Unterteilung in Überwachungs- und


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 7<br />

Intensivpatienten zu Hilfe. Durch Neugestaltung<br />

der Dokumentation, die dem fallbezogenen<br />

Bedarf angepasst wird, bemühen wir uns darum,<br />

unsere personellen und zeitlichen Ressourcen<br />

den individuellen Anforderungen anzupassen, um<br />

diese letztlich den kritisch Kranken verstärkt zur<br />

Verfügung stellen zu können.<br />

• Für IMCU-Patienten haben wir daher eine<br />

vereinfachte, vom Informationsgehalt dagegen sogar<br />

erweiterte Dokumentation entwickelt.<br />

Der Arzt im Grenzbereich der<br />

Medizinethik<br />

Ethische Fragestellungen in der <strong>Intensivmedizin</strong><br />

erleben wir als ein sehr schwieriges Terrain, in denen<br />

wir oft auch unserer juristischen Angreifbarkeit nicht<br />

ganz im Klaren sind.<br />

Stellungnahmen zur Medizinethik, insbesondere zu<br />

den Foci Therapiebegrenzung, Therapieabbruch,<br />

Hilfe beim Sterben und Hilfe zum Sterben, bieten<br />

uns oft eine unzureichende Hilfestellung, da sie<br />

• einer kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen<br />

Prägung unterliegen,<br />

• vom Zeitgeist und aktuellen Wertvorstellungen<br />

geprägt sind und<br />

• selbst innerhalb Europas von Land zu Land<br />

unterschiedlich ausgelegt sind.<br />

• Wir lehnen aktive Sterbehilfe ab.<br />

• Wir betrachten dagegen die Mittel der<br />

Palliativmedizin, die Therapiebegrenzung und den<br />

Therapieabbruch als notwendige Mittel unserer<br />

Medizin, um dem Grundsatz der Achtung der<br />

Menschenwürde gerecht zu werden.<br />

• Hierbei achten wir jedoch bewusst darauf, den<br />

Prozess der Sterbebegleitung nicht nur mental,<br />

sondern auch emotional durchzugehen und uns ihm<br />

zu stellen. Wir achten darauf, diesen Prozess nicht<br />

alleine zu gehen, sondern den Austausch mit dem<br />

Patienten, seinen Angehörigen, im Team, mit dem<br />

Pflegepersonal und allen anderen Beteiligten zu<br />

pflegen.<br />

• Wir stellen uns bei Therapieabbrüchen oder<br />

-begrenzungen grundsätzlich neu die Frage ihrer<br />

Berechtigung.<br />

• Wir fürchten uns davor, lebensbegrenzende<br />

Maßnahmen aus Bequemlichkeit, Abgestoßensein<br />

oder aufgrund von Kostendruck durchzuführen. Diese<br />

Furcht bewahrt uns vor Grenzüberscheitungen.


8<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Inhalt<br />

Welche Aufgabe hat die Intensivstation II?........................................................ 2<br />

Kommunikation auf Intensivstation II.............................................................. 2<br />

Spannungsfeld Intensivstation...................................................................... 4<br />

Der Arzt im Grenzbereich der Medizinethik...................................................... 7<br />

Verzeichnis der Antidote und Spezialmedikamente, die im Klinikum vorrätig sind:........ 11<br />

Verzeichnis der Impfseren, die in der NA-Med vorrätig gehalten werden:.................. 13<br />

Antibiotika........................................................................................... 15<br />

Antibiotikatherapie: ................................................................................ 16<br />

Aktuelle Resistenzstatitistik der I2 aus dem Jahr 2007........................................ 19<br />

Agrastat = Tirofibanhydrochlorid.................................................................. 20<br />

Anaphylaktischer Schock........................................................................... 20<br />

Adrekar = Adenosin................................................................................. 21<br />

Akineton = Biperiden............................................................................... 21<br />

Alupent = Orciprenalin............................................................................. 21<br />

Anexate = Flumazenil............................................................................... 21<br />

Anticholium = Physostigmin........................................................................ 22<br />

Apnoetest zur Diagnosestellung eines Hirntodes................................................ 22<br />

Argatra = Argatroban............................................................................... 22<br />

Atropinsulfat = Atropin............................................................................. 23<br />

Arterenol = Noradrenalin........................................................................... 23<br />

Beatmung: kurze Beschreibung der üblichen Beatmungstechniken.......................... 24<br />

Blut- und Blutkompenentenersatz................................................................ 25<br />

Clonidin = Paracefan................................................................................ 26<br />

Corotrop = Milrinon................................................................................. 27<br />

Dantrolen = Dantrolen.............................................................................. 27<br />

Diabetische Ketoazidose........................................................................... 27<br />

Dilzem = Diltiazem.................................................................................. 28<br />

Dociton = Propranolol.............................................................................. 29<br />

Dopamin.............................................................................................. 29<br />

Dobutamin = Dobutrex............................................................................. 29<br />

Ebrantil = Urapidil................................................................................... 29<br />

Elektrolytengleisungen............................................................................. 29<br />

Favistan = Thiamazol............................................................................... 31<br />

Fluimucil = N-Acetylcystein........................................................................ 31<br />

Glucagon Lilly = Glucagon.......................................................................... 31<br />

Glycilpressin = Terlipressin......................................................................... 31


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 9<br />

Giftzentralen........................................................................................ 31<br />

Gilurytmal = Ajmalin................................................................................ 32<br />

Glycerosteril = Glycerol............................................................................ 32<br />

Haldol = Haloperidol................................................................................ 32<br />

Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT).................................................... 32<br />

Hydrokortison Hoechst = Hydrocortison.......................................................... 33<br />

Isoptin = Verapamil................................................................................. 33<br />

Kontrastmittelvorbereitung........................................................................ 33<br />

Leberkoma........................................................................................... 34<br />

Lyse bei Lungenembolie............................................................................ 34<br />

Maligne Hyperthermie.............................................................................. 34<br />

Narcanti = Naloxon.................................................................................. 35<br />

Natriumbicarbonat.................................................................................. 35<br />

Nepresol = Dihydralazin............................................................................ 36<br />

Nimotop = Nimodipin............................................................................... 36<br />

Oesophagusvarizenblutung......................................................................... 36<br />

Pankreatitis exsudativ/nekrotisierend............................................................ 36<br />

Phenhydan = Phenytoin............................................................................ 36<br />

Proglobal-Test ....................................................................................... 37<br />

Propofol ............................................................................................. 37<br />

Protamin siehe B wie Blutersatz................................................................. 37<br />

Pulmonaliskatheter................................................................................. 37<br />

Reo Pro = Abciximab............................................................................... 38<br />

Rytmonorm = Propafenon.......................................................................... 39<br />

Salzsäure = HCl 2molar............................................................................. 39<br />

Schilddrüse: Thyreotoxikose....................................................................... 39<br />

Myxödemkoma....................................................................................... 40<br />

Schrittmachertherapie mit passagerem SM...................................................... 40<br />

Sedierung............................................................................................ 41<br />

Stilamin = Somatostatin............................................................................ 41<br />

Takus = Ceruletid.................................................................................... 42<br />

THAM = Trometamol = Tris-Puffer................................................................ 42<br />

L-Thyroxin Henning inject = Levothyroxin (T4).................................................. 42<br />

Tygacil = Tigecyclin................................................................................. 43<br />

Xigris = Dotregocin alpha.......................................................................... 43<br />

Xylocain = Lidocain................................................................................. 44<br />

Zyvoxid = Linezolid................................................................................. 44


10<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

S2-Leitlinien zur Sepsis............................................................................. 47<br />

Empfehlungen zur Sepsistherapie................................................................. 48<br />

SOP Künstliche Ernährung.......................................................................... 50<br />

SOP Intensivierte Insulintherapie................................................................. 53<br />

SOP Diagnostik und Therapie der Lungenembolie.............................................. 56<br />

SOP Obere Gi-Blutung und Ösophagusvarizenblutung.......................................... 58<br />

SOP Diagnose und Therapie der Sepsis........................................................... 61<br />

SOP Sequenzielles Sedierungs- und Analgesie-Management................................... 65<br />

SOP Pneumonie...................................................................................... 70<br />

SOP Diagnostik und Therapie der Pankreatitis.................................................. 73


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 11<br />

Verzeichnis der Antidote und Spezialmedikamente, die im<br />

Klinikum vorrätig sind:<br />

Name Inhaltsstoff Indikation<br />

Vergiftungen mit Cyaniden, Blausäure, Nitrilen u.<br />

4-DMAP<br />

Schwefelwasserstoff, im Verlauf der kontroll. intraoperativen<br />

(0,25g/5ml)<br />

Hypotension mit Nitroprussidnatrium<br />

Acimethin (500mg)L-Methionin Paracetamol-Vergiftung., Ansäuereung des Urins<br />

Adrenalin<br />

Quincke-Ödem, beginnende anaphylaktische Reaktion mit<br />

Epinephrin<br />

Medihaler<br />

Einschwellung der oberen Atemwege<br />

Akineton<br />

Biperiden Dyskinesien im Rahmen von Neuroleptikaintoxikationen<br />

(5mg/1ml)<br />

Linderung von Entzugssymptomen bei Alkoholikern (z. B.<br />

Alkoholkonzentrat<br />

Alkohol zur Delirprophylaxe in der operativen Medizin und nach<br />

95% (20ml)<br />

Trauma)., Therapie der Diethylenglykolintoxikation<br />

Anexate 0,5mg<br />

Flumazenil Antagonisierung von Benzodiazepinen<br />

(5ml)<br />

Anticholium<br />

(2mg/5ml)<br />

Antidot Thallii<br />

Heyl (500mg Kps)<br />

Atropinsulfat<br />

100mg (10ml)<br />

Bentonit 250g<br />

Calcium Vitis<br />

(200mg/10ml)<br />

°Chinindihydrochlorid<br />

250mg<br />

Amp.<br />

Desferal<br />

(500mg/5ml)<br />

Digitalis Antidot<br />

BM 80mg<br />

Ditripentat<br />

(1g/5ml)<br />

Fibrogammin<br />

1250E<br />

Favistan<br />

(40mg/1ml)<br />

zentral-anticholinergische Symptome (ZAS), akute u. chron.<br />

Physostigmin Vergiftungen mit Atropin, Phenothiazinen, tri- u. tetrazykl.<br />

Antidepressiva, Alkohol.<br />

Eisen-III-<br />

Hexacyanoferrat Thalliumvergiftung<br />

Atropin<br />

Calcium<br />

Desferoxamin<br />

Digitalis<br />

Antitoxin vom<br />

Schaf<br />

Ca-Trinatrium-<br />

Pentetat<br />

Faktor XIII<br />

Thiamazol<br />

Intoxikation mit Cholinesterasehemmern (E605 u.a.)<br />

Paraquatintoxikationen<br />

Hypocalcämie, Rhythmusstörungen bei Hyperkaliämie<br />

Malaria<br />

Hämochromatose, Siderosen, Eisenvergiftungen<br />

Digitalisintoxikation<br />

Erkenng. u. Behdlg. v. Vergiftungen durch Blei, Zink, Eisen<br />

einschl. Eisenspeicher-Krkh., Mangan, Chrom, Plutonium u.a.<br />

radioaktive Metalle.<br />

Kongenitaler Mangel an Faktor XIII und daraus<br />

resultierende hämorrhagische Syndrome, Blutungen und<br />

Wundheilungsstörungen. Hämorrhagische Diathesen<br />

mitbedingt durch erworbenen Faktor-XIII-Mangel, z. B. bei<br />

akuten Leukosen und Lebererkrankungen (Schub bei Zirrhose<br />

und Leberdystrophien) sowie bei Verbrauchskoagulopathie.<br />

Förderung der Wund- u. Knochenbruchheilung.<br />

Thyreotoxikose


12<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Name Inhaltsstoff Indikation<br />

Fluimucil Antidot ACC Paracetamolintoxikation<br />

Gluca Gen 1mg Glucagon<br />

Betablockerintoxikation, therapieresistente prolongierte<br />

Hypoglykämie<br />

Haemate HS 500 Faktor VIII Hämophilie<br />

Kongenitale Hypo-, Dys- und Afibrinogenämie, erworbene<br />

Hypofibrinogenämie infolge Synthesestörung bei schweren<br />

Hämatocomplettan<br />

Fibrinogen Leberparenchymschäden, gesteigerten intravasalen<br />

HS 1g<br />

Verbrauchs durch disseminierte intravaskuläre Gerinnung und<br />

Hyperfibrinolyse.<br />

Halfan 250mg Halofantrin<br />

Therapie und Stand-by-Therapie der akuten Malaria bei<br />

Kindern und Erwachsenen.<br />

Kaliumpermanganat<br />

dto.<br />

Magenspülung<br />

Kalymin mite<br />

(1mg/1ml)<br />

Pyridostigmin<br />

Myasthenia gravis, myasthenisches Syndrom, Atonie des<br />

Magen-Darm-Traktes und der Blase. Antagonisierung<br />

peripher wirkender Muskelrelaxanzien des nicht<br />

depolarisierenden Typs (Curare-Typ). Bei depolarisierenden<br />

Muskelrelaxanzien nur zur Aufhebung eines Dualblockes<br />

geeignet. Intoxikation mit anticholinerg wirkenden Subst. -<br />

bei Vorliegen peripherer Symptome.<br />

Kelocyanor<br />

(300mg/20ml)<br />

Dicobalt-EDTA Französ. Medikament zur Therapie der Zyanidintoxikation<br />

Lariam 250mg Mefloquin Malaria<br />

Legalon Sil 350mg Silibilin Knollenblätterpilzintoxikation<br />

Chron. Polyarthritis. Vergiftung mit Schwermetallen<br />

Metalcaptase<br />

Penicillamin (Kupfer, Blei, Quecksilber, Zink). Cystinurie, Cystinsteine.<br />

300mg<br />

Sklerodermie. M. Wilson.<br />

Methionin 250g DL-Methionin Urinansäuerung<br />

Methylenblau 1%<br />

(10ml)<br />

Methylenblau<br />

Narcanti<br />

(0,4mg/1ml)<br />

Naloxon Morphinintoxikation<br />

Natriumthiosulfat<br />

(10%/500ml)<br />

dto.<br />

Intravenös, bzw. lok. Spülung bei Vergiftungen durch: Gase:<br />

Blausäure, Rauchgas, Auspuffgas, Kokerei- und Gichtgas.<br />

Dämpfe: Chlor, Brom, Jod, Stickstoffoxide, aliphatische,<br />

aromatische Nitroverbindungen und Kunststoffbrände. Chem.<br />

Grundstoffe: Cyanide, Nitrile (Acrylnitril, Acetoncyanhydrin),<br />

Nitrite, aromatische Amine (Anilin, Toluidin). Alkylanzien:<br />

S-Lost, N-Lost, Überdosierung von Alkylanzien, die als<br />

Cytostatika verwendet werden. Schwermetalle und Thallium.<br />

Neostigmin<br />

(0,5mg/1ml)<br />

Neostigmin Myasthenia gravis, Curare-Antagonist.<br />

Paraffinöl dto. Spülung bei lipophilen Substanzen<br />

Pitressin 20 IE<br />

(1ml)<br />

Vasopressin Diabetes insipidus


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 13<br />

Name Inhaltsstoff Indikation<br />

Protamin 1000 IE /<br />

Protamin Heparinintoxikation<br />

5000 IE<br />

Resochin<br />

Chloroquin Malaria<br />

(150mg/5ml)<br />

Serum<br />

Cholinesterase<br />

Toluidinblau<br />

Toxogonin<br />

(250mg/1ml)<br />

Trasylol<br />

Ugurol (0,5g/5ml) Tranexamsäure<br />

Unizink<br />

Verlängerte Apnoe nach Verabreichung von Succinylcholin<br />

bei genetisch bedingtem Defekt der Serumcholinesterase,<br />

krankheitsbedingter Verminderung der Enzymaktivität<br />

dto.<br />

im Blut (z. B. Lebererkrankungen), Überdosierung von<br />

Succinylcholin. Als unterstützende Therapie bei organischen<br />

Phosphorsäureester-Vergiftungen.<br />

Zur Behdl. der Methämoglobinämie b. Vergift. d. Nitrate,<br />

Nitrite, arom. Amine, od. im Verlauf von Maßnahmen zur<br />

Toloniumchlorid Infiltrations- u. Leitungsanästhesie - nach Überdosierung von<br />

4-DMAP im Verlauf von Cyanidvergiftungen (siehe Spez.-<br />

Prosp.).<br />

Vergiftungen m. Insektiziden aus d. Gruppe d.<br />

Organophosphate (Alkylphosphate, Alkylthiophosphate,<br />

Obidoxim<br />

Phosphorsäureester, Thiophosphorsäureester), z. B. Parathion<br />

= E 605® forte.<br />

Hämorrhagien aufgrund einer hyperfibrinolytischen<br />

Hämostasestörung, z. B. postoperativ (z. B. Prostata, Lunge,<br />

Aprotinin Fruchtwasserembolien), posttraumatisch, bei extrakorporaler<br />

Zirkulation, ante-, intra- und postpartal. Schwere<br />

Blutungskomplikationen unter thrombolytischer Therapie.<br />

Behandlung bzw. Verhütung primär hyperfibrinolyt.<br />

Blutungen, insbes. lokal bedingter Blutungen in Urologie,<br />

Gynäkologie u. Geburtshilfe, Chirurgie, innerer Medizin,<br />

Hals-Nasen-Ohren- sowie Zahnheilkunde.<br />

Ausgleich von Zinkverlusten nach Traumata und<br />

chirurgischen Eingriffen, Bedarfsdeckung bei parenteraler<br />

Ernährung und Langzeit-Intensivtherapie. Acrodermatitis<br />

enteropathica und schwere Zinkmangelerscheinungen.<br />

Störungen der intestinalen Zinkresorption (z. B. Morbus<br />

Crohn oder Zöliakie).<br />

Verzeichnis der Impfseren, die in der NA-Med vorrätig<br />

gehalten werden:<br />

Name Inhaltsstoff Indikation<br />

Berirab 300E (2ml),<br />

750E (5ml), 1500E Tollwut-Immunglobulin Kontakt zu Tollwut-verdächtigem Tier<br />

(10ml)<br />

Botulismus Antitoxin<br />

250ml<br />

Botulinusantitoxin Botulismus


14<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Name Inhaltsstoff Indikation<br />

Diphterieantitoxin<br />

200000E (5ml)<br />

dto.<br />

Diphterieverdacht<br />

FSME-Bulin (2ml/5ml) FSME Immunglobulin V.a. FSME<br />

Engerix HBs-Antigen Aktive Hepatitis-B-Impfung<br />

Hepatitis B<br />

Immunglobulin S5<br />

dto.<br />

Passive Hepatitis-B-Impfung<br />

Rabivac 1ml Tollwut-HDC-Vakzine Tollwutverdacht<br />

Schlangengift Schlangengift Immunserum<br />

Schlangenbiß<br />

Immunserum<br />

Europa<br />

Tetagam 250E Tetanusantitoxin Passive Tetanusimpfung<br />

Tetanol Tetanustoxoid Aktive Tetanusimpfung<br />

Varitect (5ml/20ml)<br />

Immunglobulin gegen<br />

Varizella zoster<br />

Passive Impfung bei VZV-Ansteckungsgefahr


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 15<br />

Antibiotika<br />

Regeln für die Antiotikatherapie:<br />

1. Erreger:<br />

• Am effektivsten ist eine Antibiogramm-gerechte Therapie. Daher:<br />

• Vor Therapiebeginn Blutkultur, Urinkultur und Trachealsekret, ggf. Wundabstrich abnehmen<br />

• Anschließend ggf. kalkulierte Antibiotikatherapie.<br />

• Nach Eingang des Antibiogramms Umstellung und Deeskalation der Antibiotikatherapie<br />

2. Gewebegängigkeit beachten:<br />

• Blut-Hirnschranke: Cephalosporine der 3. Generation, Penicillin, Meropenem<br />

• Abszesse: Keine Wirkung von Aminoglykosiden (bis zu 40mal schwächer), häufig sind auch<br />

Anaerobier zu erwarten<br />

• Bakterien mit intrazellulärem Überleben: Makrolide, Chinolone, Rifampicin<br />

3. Kombinationstherapie sinnvoll, wenn<br />

• Mischinfektionen vorliegen<br />

• lebensbedrohliche Infektionen zu behandeln sind, ohne dass ein Erregernachweis vorliegt.<br />

• Erreger mit hoher Mutations- und Resistenzentwicklung vorliegen: Pseudomonaden,<br />

Mykobakterien<br />

4. Bekämpfung von Resistenzen durch folgende Maßnahmen:<br />

• ‚Standard-Antibiotikum’ turnusweise wechseln!<br />

• Möglichst gezielt behandeln<br />

• Resistenzstatistik in Zusammenhang mit dem Laborleiter erarbeiten und beachten, Antibiotika<br />

mit hoher Abteilungs-spezifischer Resistenz vorrübergehend aus dem Verkehr nehmen.<br />

• Infektionen durch ausreichend lange Therapie sanieren<br />

• Keimbesiedelungen ohne Infektionszeichen NICHT therapieren<br />

5. Bitte den fachlichen Beistand unseres Mikrobiologen nutzen!


16<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Antibiotikatherapie:<br />

Angaben bei Niereninsuffizienz; Dosisreduktion in % der Normaldosis bei leichter NI/mittlerer NI/<br />

schwerer NI (Clearance >50ml/min/10-50/


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 17<br />

Fortum = Ceftazidim<br />

Pckg Fl. mit 0,5/1,0/2,0g<br />

D 2-3 mal 1-2g i.v.<br />

Dosisreduktion bei NI 100/50/25<br />

Kepinol = Bactrim = Cotrimoxazol<br />

Pckg Amp. 480/960mg, Tabl. 480/960mg<br />

D 2mal 960mg p.o. (=2mal Bactrim forte), 2mal 960mg i.v. (= Bactrim in 250ml G5% 2-0-2),<br />

Penumocystis carinii: 4mal 30mg/kg für ca. 3 Wochen<br />

Keine Dosisreduktion bei NI<br />

Klacid = Clarithyromycin<br />

Pckg Kps. 250/500<br />

D 2mal 2mal 250-500mg p.o.<br />

Penicillin G Hoechst = Penicillin G<br />

Pckg Inj.fl. 1/2/10 Mega<br />

D Peumonie: 4mal 5 Mega i.v.<br />

Meningitis 3mal 10 Mega<br />

Endokarditis 4mal 5 Mega<br />

Erysipel 3mal 5 Mega<br />

Dosisreduktion bei NI 100/75/50<br />

Pipril = Piperacillin<br />

Pckg Inj.fl. 1/2/3/4/6g<br />

D 3-4mal 2g i.v., in schweren Fällen 3-4mal 4 g i.v.<br />

Dosisreduktion bei NI 75/50/20<br />

Refobacin = Gentamicin<br />

Pckg Amp. 40/80/120mg<br />

D 3-5mg/kg in 1 Dosis über 1 Stunde<br />

70kg: 1mal 240-320mg<br />

max. 360mg<br />

Dosisreduktion bei NI 70/30/10<br />

! Kontrolle des Talspiegels vor der nächsten Gabe (< 1-2 mg/l)<br />

Rocephin = Ceftriaxon<br />

Pckg 2g Fl.<br />

D 1mal 2g i.v.<br />

Keine Dosisreduktion bei NI


18<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Rulid = Roxithromycin<br />

Pckg Kps. 150mg<br />

D 2mal 150mg p.o.<br />

Sobelin = Clindamycin<br />

Pckg Amp. 300/600/800mg, Kps. 75/150mg<br />

D 3mal 150-400 p.o., 3mal 300-600 i.v.<br />

Keine Dosisreduktion bei NI<br />

Spizef = Cefotiam<br />

Pckg Fl. 1g/2g<br />

D 2mal 2g i.v.<br />

Dosisreduktion bei NI 50/50/20<br />

Staphylex = Flucloxacillin<br />

Pckg Fl. mit Trockensubstanz 250/500/1000/2000mg, Kps. 250/500mg<br />

D i.v./p.o. 4 * 0,5-1g bis max. 4 * 2g<br />

Dosisreduktion bei NI 50/50/20<br />

Tavanic = <strong>Levofloxacin</strong><br />

Pckg 100ml Inf.fl. = 500mg <strong>Levofloxacin</strong>, Na 154mmol/l<br />

D 1-2mal 500mg i.v., Laufzeit mindestens 60 min., bei Harnwegsinfekten genügt<br />

idR. 1mal 250mg<br />

Dosisredukltion bei Niereninsuffizienz: Erstdosis immer 500mg, dann 50/25/25<br />

(Dosierungsintervall gleich belassen, Dosis reduzieren)<br />

KI Epilepsie, Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Tazobac = Piperacillin (4g) + Tazobactam (0,5g)<br />

Pckg Fl. 4,5g<br />

D 2-3mal 4,5g i.v.<br />

Dosisreduktion bei NI 100/50/30 (3mal tgl, 2mal tgl., 1mal tgl. 4,5g)<br />

Tygacil = Tigecyclin<br />

Pckg 50mg Trockensubstanz<br />

D 100mg Startdosis, danach 50mg 1-0-1 über 30-60min i.v..<br />

Keine Dosisreduktion bei NI<br />

Vancomycin = Vancomycin<br />

Pckg Fl. 500mg, Kps. 125mg<br />

D 4mal 500mg oder 2mal 1g i.v.<br />

p.o. 4mal 1 Kps.<br />

Dosisreduktion bei NI 50/50/10


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 19<br />

Zienam = Imipenem<br />

Pckg Pckg 250/500mg<br />

D 3mal 500-1000mg<br />

Dosisreduktion bei NI 100/75/50<br />

Zovirax = Aciclovir<br />

Pckg Fl. 250/500mg, Tab. 200/400/800mg<br />

D Zoster: 3mal 5-10mg/kg, 70kg: 3mal 500mg i.v.<br />

Herpesenzephalitis: 3mal 10mg/kg, 70kg: 3mal 750mg i.v.<br />

Dosisreduktion bei NI 100/50/15<br />

Zyvoxid = Linezolid<br />

Pckg Infusionsbeutel (600mg), Filmtabletten (600mg), Granulat zur Anfertigung einer Suspension<br />

D 600mg 1-0-1 i.v. oder p.o., bei i.v.-Gabe Laufzeit 30-120 min<br />

Keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz<br />

Aktuelle Resistenzstatitistik der I2 aus dem Jahr 2007<br />

Enterokokken<br />

Koagulaseneg.<br />

Staphylokokken<br />

S. aureus<br />

Escherichia<br />

coli<br />

Klebsiella<br />

spp.<br />

Pseudom.<br />

aeruginosa<br />

Proteus<br />

mirabilis<br />

n= 52 60 54 55 22 7 7<br />

Ampicillin 25% 85% 80% 36% 100% 100% 43%<br />

Mezlozillin 25% 85% 80% 36% 100% 29% 43%<br />

Piperacillin 25% 85% 80% 36% 100% 0% 43%<br />

Amoxicillin/<br />

Clavulansäure<br />

Piperacillin/<br />

Tazobactam<br />

23% 70% 35% 13% 23% 100% 0%<br />

23% 70% 35% 4% 0% 0% 0%<br />

Cefuroxim-Axetil 100% 70% 33% 13% 23% 100% 0%<br />

Cefotiam 100% 70% 33% 13% 23% 100% 0%<br />

Cefotaxim 100% 70% 33% 5% 5% 100% 0%<br />

Imipenem 23% 70% 33% 0% 0% 0% 0%<br />

Meropenem 23% 70% 33% 0% 0% 0% 0%<br />

Gentamicin 100% 45% 7% 2% 5% 0% 14%<br />

Vancomycin 2% 0% 0% 100% 100% 100% 100%<br />

<strong>Levofloxacin</strong> 50% 62% 37% 15% 9% 29% 29%<br />

Erythromycin 35% 65% 44% 100% 100% 100% 100%<br />

Clindamycin 100% 65% 44% 100% 100% 100% 100%<br />

Cotrimoxazol 100% 47% 6% 24% 18% 100% 43%<br />

Tetrazyklin 69% 10% 4% 25% 27% 100% 100%


20<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Agrastat = Tirofibanhydrochlorid<br />

WM GPIIb/IIIa-Antagonist, vgl. Reo Pro<br />

I<br />

D<br />

Upstreamtherapie bei jeder Form des akuten Coronarsyndroms (instabile AP, NSTEMI und<br />

STEMI) vor geplanter Coronarangiographie<br />

Hochrisiko-PTCA: Lange und dünne Stents, Diabetes mellitus<br />

Agrastat wird in 250ml NaCl oder G5% aufgelöst, Initiale Laufzeit 0,4µg/kg/min für 30 min.<br />

(siehe Dosierungstabelle), dann: 0,1µg/kg/min über mindestens 12h (siehe Dosierungstabelle),<br />

Halbierung der Dosis bei schwerer Nierenfunktionseinschränkung (Clearance kleiner 30ml/<br />

min), Parallel ASS und Heparin 500 IE/h; Kompletter Wirkungsverlust 8h nach Infusionsende,<br />

nahezu kompletter Wirkungsverlust bereits nach 4h (Op.fähigkeit)<br />

Wann Abciximab, wann Tirofiban?<br />

Prinzipiell sind beide Medikamente für alle Indikationen zugelassen. Abciximab zeigt jedoch<br />

gegenüber Tirofiban eine höhere Reduktion der Infarktwahrscheinlichkeit in einem 30-Tages-<br />

Nachbeobachtungszeitraum. Dafür zeigt es die deutlich höhere Blutungsinzidenz nach invasiven<br />

Maßnahmen. Nach den neuesten Guidelines der ESC ist ReoPro anderen GPIIB/IIIA-Antagonisten<br />

beim STEMI vorzuziehen.<br />

Zusammenfassend: Abciximab wird als das ‚aggressivere’ Medikament<br />

bei Hochrisikopatienten eingesetzt.<br />

KI<br />

Kombination mit Fibrinolytika ist nicht erlaubt, Drastisch erhöhtes Blutungsrisiko: GI-Blutung<br />

hochwahrscheinlich, frisches Trauma, Tumoren, Thrombozytopenie, proliferative diabetische<br />

oder hypertensive Retinopathie, Therapie mit Marcumar<br />

NW Thrombozytopenie, Blutungen: Die Inzidenz von Blutungen unterscheidet sich zwischen den<br />

verschiedenen Präparaten und ist für Abciximab am höchsten.<br />

Maßnahmen zur Blutungsprophylaxe<br />

• Über-Heparinisiserungen vermeiden (PTT-Kontrollen)<br />

• Nach Punktionen (ZVK, Herzkatheter) Heparindosis in der Regel max. 500 IE/h<br />

Dosierung: siehe Aushang I2<br />

Cave: der Einsatz eines GPIIB/IIIA-Antagonisten sollte mit dem OA besprochen werden (sehr<br />

teuer)<br />

Anaphylaktischer Schock<br />

Primärtherapie: Sicherung der Atemwege, falls noch Zeit Adrenalin Medihaler inhalativ 2-3 Hübe,<br />

sonst rasche Intubation (nicht verzögern, Atemwege schwellen ein!), Bekämpfung des Kreislaufschocks<br />

initial mit Supra (1Amp. auf 10ml NaCl verdünnt, davon jeweils 1ml-Boli, Infusion<br />

zum Einschwemmen dranhängen)<br />

Zugänge: ZVK erstmal nebensächlich, 4-5 großvolumige Zugänge<br />

• Flüssigkeit im Schuß über alle Zugänge<br />

• Cortison, H1- und H2-Blocker i.v., z.B. 250mg Urbason, 2 Amp. Fenistil, 1 Amp. Ranitic (Wirkung


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 21<br />

setzt mit mind. 45 Minuten Verzögerung ein).<br />

• Suprarenin: Falls keine rasche Stabiliserung des Patienten, kontinuierliche Suprarenininfusion,<br />

beginnen mit 5 Amp/24h, dann nach RR titrieren.<br />

Adrekar = Adenosin<br />

Pckg 1 Amp. à 6 mg Adenosin<br />

I<br />

Supraventrik. Tachykardien, AV-Reentrytachykardien, WPW, zur DD zwischen SVT mit breiten<br />

Kammerkomplex und VT (kurzfristige AV-Blockierung mit Demaskierung des Fokus)<br />

WM Blockierung des AV-Knotens für wenige Sekunden<br />

D<br />

1 Amp. Adrekar rasch i.v., falls keine Wirkung, 2, dann 3 Amp. Adrekar rasch i.v., jeweils auf<br />

20ml NaCl aufziehen oder mit Infusion einschwemmen lassen<br />

NW Auslösen von VHF, Bronchokonstriktion<br />

KI<br />

Asthma bronchiale, akuter Infarkt, SSS, VHF, QT-Verlängerung<br />

Akineton = Biperiden<br />

Pckg 1.A. 1ml=5mg<br />

WM<br />

I<br />

D<br />

Anticholinergikum<br />

Behandlung von Neuroleptika-induzierten Dyskinesien<br />

0,5-1 A. verdünnt auf 10ml NaCl langsam i.v.<br />

Alupent = Orciprenalin<br />

Pckg Infusionsamp. 5mg in 10ml, Injektionsampullen 0,5mg in 1ml<br />

Ind<br />

Bradykardie, Bradyarrhythmie, AV-Block, ß-Blocker-Intox.<br />

D<br />

1. Bolus: 1 A. mit 0,5mg in 10ml NaCl 5-10ml<br />

2. Perfusor: 15mg (3 Amp.) mit 2ml/h bis zu 15mg/4ml/h<br />

NW VES, Kammerflimmern, Kopfschmerzen, Tremor, Übelkeit, Allergie<br />

KI<br />

Obstrukt. KMP, Asthma bronchiale (hier besser ß2-Sympathomimetika, z.B. Bricanyl)<br />

WW schlechte Steuerbarkeit (‚Alupent nur wer es kennt‘), Antidot: ß-Blocker<br />

Anexate = Flumazenil<br />

Pckg 1 A. 5ml =0,5mg<br />

D 2ml im Bolus i.v., dann 1ml alle Minute, bis der Pat. wach ist, max. 2 A.<br />

Perfusor: 3 Amp. mit 4ml/h, dann je nach Symptomatik titrieren


22<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Anticholium = Physostigmin<br />

Pckg 1A. 5ml=2mg<br />

Ind<br />

D<br />

bei allen anticholinergen Symptomen: Antidepressiva, Antihistaminika, Neuroleptika, Alkohol,<br />

PS-Lytika und bei Alkoholentzugsdelir<br />

initial 1 A. i.v. (Langsam!), bei Wirkung Perf. mit 10 A. mit 2-4 ml/h<br />

KI<br />

Asthma, KHK, Harnverhalt (relative KI)<br />

Apnoetest zur Diagnosestellung eines Hirntodes<br />

Für die Durchführung eines Apnoetestes sollten zwei Ärzte eine Auswertung vornehmen.<br />

Eine Blutgasanalyse (BGA) zu Beginn gibt einen guten Hinweis auf die Ausgangssituation des Tests.<br />

So spricht ein extrem niedriger pCO2-Wert dafür, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird,<br />

diesen adäquat ansteigen zu lassen.<br />

Danach erfolgt eine Voroxygenierung des Patienten über 5 Minuten. Hierzu wird der Sauerstoffanteil<br />

der Beatmungsluft auf 100% gestellt bei ansonsten unverändertem Beatmungsmodus. Gesundes<br />

Lungengewebe reagiert darauf mit extrem hohen Werten für den Sauerstoffpartialdruck (pO2) bei<br />

gleich bleibendem pCO2.<br />

Nach dieser Voroxygenierung wird der Patient hypoventiliert, in dem das Atemminutenvolumen auf<br />

2 Liter reduziert wird. Durch den verminderten Gasaustausch kommt es zu einem pCO2-Anstieg, der<br />

pO2-Wert bleibt durch die 100% Sauerstoffinsufflation dagegen stabil. Der pCOa-Anstieg wird durch<br />

wiederholte Blutgasanalysen protokolliert. Der zeitliche Abstand der Blutgasanalysen richtet sich nach<br />

Ausgangswert und Geschwindigkeit des Anstiegs und sollte alle 2-5 Minuten durchgeführt werden.<br />

Ist der Grenzwert von 60 mm Hg pCO2 erreicht oder überschritten, wird der Beatmungsmodus auf<br />

Spontanatmung umgestellt.<br />

Alternativ ist gemäß den Richtlinien der BÄK auch eine Diskonnektion vom Beatmungsgerät<br />

möglich, um eine Hyperkapnie zu erzeugen. Aufgrund des fehlenden PEEPs und damit der Gefahr<br />

von Atelektasen ist die oben beschriebene Methode vorzuziehen.<br />

Das Beatmungsgerät zeigt an, ob der Patient spontane Atemzüge macht. Zusätzlich kann die<br />

Auskultation mit einem Stethoskop hilfreich sein, um selbstständige Atemzüge zu identifizieren.<br />

Für den Beobachtungszeitraum gibt es keinen exakt festgelegten Zeitraum, eine Bewertung über 2-3<br />

Minuten erscheint jedoch ausreichend und sinnvoll. Die klinische Untersuchung eines Hirntoten kann<br />

nur abgeschlossen werden, wenn der Apnoetest ein Erlöschen der Spontanatmung zeigt.<br />

Argatra = Argatroban<br />

Pckg 100 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, 1 Durchstechflasche mit 2,5 ml<br />

Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung enthält 250 mg Argatroban. Die empfohlene<br />

Endkonzentration nach Verdünnen beträgt 1 mg/ml<br />

Ind<br />

D<br />

Zur Antikoagulation bei erwachsenen Patienten mit heparininduzierter Thrombozytopenie Typ<br />

II (HIT-II), die einer parenteralen antithrombotischen Therapie bedürfen. Die Diagnose sollte<br />

durch den HIPAA („heparin induced platelet activation assay“, Test auf eine heparininduzierte<br />

Thrombozytenaktivierung) oder einen entsprechenden Test bestätigt werden. Eine solche Bestätigung<br />

darf jedoch nicht den Behandlungsbeginn verzögern.<br />

Als Anfangsdosierung für HIT-II bei lebergesunden, erwachsenen Patienten werden<br />

2 Mikrogramm/kg/min, als Dauerinfusion gegeben. Vor der Gabe von Argat-


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 23<br />

ra ist die Behandlung mit Heparin abzusetzen und ein Ausgangswert der aPTT zu erheben.<br />

Überwachung: Die Behandlung mit Argatra wird im Allgemeinen anhand der aktivierten partiellen<br />

Thromboplastinzeit (aPTT) kontrolliert. Gerinnungstests (einschließlich aPTT) erreichen<br />

in der Regel innerhalb von 1-3 Stunden nach Erstanwendung von Argatra den Gleichgewichtszustand<br />

(Steady-state). Der Zielbereich für den aPTT-Wert im Steady-state beträgt das<br />

1,5- bis 3,0fache des anfänglichen Basis-Werts, soll jedoch 100 Sekunden nicht übersteigen.<br />

Eine Dosisanpassung kann zur Erzielung der Ziel-aPTT erforderlich sein (siehe Dosisänderungen).<br />

Zwei Stunden nach Infusionsbeginn ist die aPTT zur Kontrolle, dass sie innerhalb des erwünschten<br />

therapeutischen Bereichs liegt, zu bestimmen. Danach sollte die aPTT mindestens<br />

einmal täglich bestimmt werden.<br />

! Keine Änderung der Dosis bei Einschränkungen der Nierenfunktion<br />

KI Leberfunktionsstörung: Bei der Gabe von Argatra an Patienten mit Lebererkrankung ist<br />

Vorsicht geboten und zu Beginn eine niedrigere Dosis anzuwenden, die bis zum Erreichen des<br />

erwünschten Antikoagulationsniveau sorgfältig titriert wird.<br />

!! Enthält Ethanol: Ein 70 kg schwerer Patient, der die maximal empfohlene Tagesdosis (10 μg/<br />

kg/min) erhält, würde eine Dosis von ungefähr 4 g Ethanol pro Tag erhalten.<br />

Argatra ist mit 250ml 0,9%iger Natriumchlorid-Infusionslösung oder 5%iger Glukose-Infusionslösung<br />

zur intravenösen Infusion auf eine Endkonzentration von 1 mg/ml zu verdünnen. Eine<br />

2,5-ml-Durchstechflasche ist durch Mischen mit 250 ml Verdünnungslösung jeweils auf ein<br />

100faches zu verdünnen.<br />

Atropinsulfat = Atropin<br />

Pckg 1 Amp. (1ml) = 0,5mg, 1 Amp. (10ml) = 100mg<br />

D<br />

1. Bradykardie: 0,5-1mg i.v., max. 2mg<br />

2. Intoxikation mit Alkyphosphaten: 50-100mg i.v., dann 5 Amp. (500mg) mit Laufzeit mit<br />

0,5-25ml/h, je nach Wirkung<br />

! Bei Alkylphosphatvergiftung zusätzlich Obidoxim<br />

Arterenol = Noradrenalin<br />

Pckg 1 Amp. (1ml) 1mg<br />

Ind<br />

D<br />

Septischer Schock, andere Ursachen eines erniedrigten peripheren Widerstandes<br />

1. initial (als Test): 1 A. auf 10ml NaCl 3-8ml i.v.<br />

2. Perfusor: Startdosis zur Dosisermittlung: 10 Amp. Arterenol (=10mg), Start mit 2ml/h,<br />

dann nach Wirkung titrieren<br />

WW Insulinbedarf erhöht, Kombination mit Dobutamin häufig sinnvoll


24<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Beatmung: kurze Beschreibung der üblichen<br />

Beatmungstechniken<br />

1. IPPV bzw. CPPV<br />

Intermittend bzw. Continuos Positive Pressure Ventilation ist eine volumenkontrollierte Beatmungsform<br />

ohne Mitarbeit des Patienten (keine assistierte Beatmung).<br />

Eingestellt wird primär ein Atemzugvolumen für den Patienten, zusammen mit der Atemfrequenz<br />

ergibt sich ein definiertes Atemminutenvolumen.<br />

Zusätzlich wird ein maximaler Inspirationsdruck eingestellt. Wird dieser erreicht, wird die Inspiration<br />

auch dann abgebrochen, wenn das gewählte Atemzugvolumen noch nicht erreicht wurde.<br />

Bei CPPV kehrt der Pat. bei Exspiration nicht zur Atemruhelage zurück, sondern auf ein voreingestelltes<br />

positives Druckniveau (PEEP). --> IPPV+PEEP=CPPV.<br />

Die wichtigsten Parameter zur Einstellung bei IPPV/CPPV sind: Atemhubvolumen, Frequenz,<br />

Arbeitsdruck (max. inspirat. Druck) und PEEP, Inspirations-Exspirationsverhältnis.<br />

Typische Einstellung: Atemhub 10ml/kgKG (70 kg -> 700 ml), Frequenz 10-12/min, PEEP 5 mmHg,<br />

Arbeitsdruck 25-35 mmHg, I/E-Verhältnis 1:2<br />

2. CPAP/ASB<br />

CPAP/ASB ist die Kombination aus zwei druckkontrollierte Beatmungsformen zum Zweck der<br />

assistierten Beatmung.<br />

CPAP: Die Beatmungsmaschine beatmet nicht, stellt aber sicher, dass der Atemwegsdruck nie unter<br />

ein bestimmtes Niveau fällt (Continuous Positive Airway Pressure). Der Pat. atmet spontan. CPAP<br />

soll einem Alveolarkollaps vorbeugen.<br />

ASB: Bei der assistierten Spontanbeatmung wartet die Maschine auf einen spontanen Atemzug des<br />

Patienten und unterstützt diesen, bis ein voreingestellter maximaler Inspirationsdruck erreicht ist.<br />

Durch langsame Rücknahme des Arbeitsdrucks kann der Pat. langsam von der Maschine entwöhnt<br />

werden.<br />

CPAP/ASB: Bei CPAP/ASB werden beide Modi kombiniert: Der Pat. hat in Atemruhelage einen<br />

positiven Atemwegsdruck (CPAP), erzeugt er durch einen beginnenden Atemzug einen Unterdruck<br />

bzw. Fluss (Trigger), gibt die Maschine eine Atemassistenz (ASB).<br />

Die wichtigsten Parameter zum Einstellen bei CPAP/ASB sind: CPAP (Knopf ‘PEEP’), ASB-Druck,<br />

bei neueren Geräten Trigger (Fluss, der vom Pat. bei Atemzug erzeugt werden muß, damit die<br />

Maschine diesen als Atemzug erkennt).<br />

Typische Einstellung für CPAP/ASB: CPAP (PEEP) 5 mmHg, ASB beginnend mit 25-30, dann<br />

langsam senken bis 12-15, Trigger 5 Liter/min..<br />

3. BIPAP<br />

Biphasic Positive Airway Pressure ist eine etwas komplexer zu beschreibende druckkontrollierte<br />

Beatmungsform, die vor allen Dingen bei einer Indikation eine grosse Bedeutung hat: Die schwierige<br />

Entwöhnung.<br />

Hierbei werden bei der Maschine zwei unterschiedliche Drucke eingestellt. Das tiefe Niveau entspricht<br />

dem CPAP, das hohe Niveau ist die Parallele zum Arbeitsdruck. Im Gegensatz zu CPPV allerdings<br />

kann der Patient zu jeder Zeit und auf beiden Druckniveaus auch spontan atmen. Die Entwöhnung von<br />

der Maschine kann jetzt ganz langsam durch Reduktion des oberen Druckniveaus erreicht werden.<br />

Da die Maschine jederzeit die Eigenatmung des Pat. zulässt, kann der Pat. flacher sediert werden,<br />

frustrane Pressatmung gegen die Maschine wird vermieden.<br />

Die wichtigsten Parameter für die Einstellung von BIPAP sind: Oberes und unteres Druckniveau,<br />

I/E-Verhältnis, Frequenz.<br />

Typische Einstellung von BIPAP vor Entwöhnung: PEEP (unteres Druckniveau): 5, Arbeitsdruck


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 25<br />

über PEEP (oberes Druckniveau) 20, I/E-Verhältnis 1:2<br />

Wie es für eine druckkontrollierte Beatmung typisch ist, werden Drucke und keine Atemzeitvolumina<br />

eingestellt. Diese ergeben sich vielmehr aus dem Zusammenspiel zwischen den Druckeinstellungen<br />

der Maschine und der sog. ‘Compliance’ von Lunge und Thorax des Patienten.<br />

4. IMV<br />

Die Intermittend Mandatory Ventilation ist im Gegensatz zu den bisher genannten Beatmungsverfahren<br />

eine volumenkontrollierte Beatmung.<br />

Bei der IMV handelt es sich um ein assistiertes Beatmungsverfahren. Am Gerät wird ein Atemzugvolumen<br />

mit einer bestimmten Frequenz eingestellt. Vorzugsweise werden die Einstellungen so vorgenommen,<br />

dass ein minimales Atemminutenvolumen gewährleistet ist. In den Pausen zwischen diesen Zügen hat<br />

der Pat. Gelegenheit zu eigenen Atemzügen, diese können bei vielen Geräten zusätzlich durch ASB<br />

unterstützt werden. Beim reinen IMV arbeitet die Maschine fest nach dem vorgegebenen Schema,<br />

d.h. es kann auch eine maschinelle Inspiration erfolgen, wenn der Pat. gerade ausatmen will. Beim<br />

synchronisiertem IMV, dem SIMV werden die Atemhübe durch Atemzüge des Pat. getriggert.<br />

Die wichtigsten Parameter zur Einstellung von IMV sind: Atemfrequenz, Atemhubvolumen, ggf.<br />

ASB, CPAP.<br />

Typische Einstellung für IMV: Atemfrequenz 6-8/min, Atemzugvolumen etwa 10ml/kgKG, CPAP 5,<br />

ASB 20.<br />

Protektive Beatmung bei ARDS:<br />

Bei ARDS hat die Verhütung einer VALI (Ventilator associated Lung Injury) Vorrang vor einer<br />

optimalen initialen Oxygenierung.<br />

Typische Stichworte sind: hoher PEEP, niedriges Atemzugsvolumen bei hoher Frequenz, auch unter<br />

Toleranz eines hohen CO2 (permissive Hyperkapnie), niedriger Spitzendruck.<br />

Beispiel protektive Atmung mittels CPPV: PEEP 15, Atemzugvolumen 6ml/kgKG, f 20-25/min,<br />

Spitzendruck 30mbar.<br />

Blut- und Blutkompenentenersatz<br />

1. FFP<br />

Ind Massentransfusionen, Plasmapherese,<br />

! Leberinsuff., DIC: besser PPSB<br />

D<br />

ab 6 EK: pro 2 EK 1 FFP<br />

!! FFP enthält nicht genügende Mengen an Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren, um eine<br />

Marcumarblutung oder eine Blutung bei Leberinsuffizienz substituieren zu können. In diesem<br />

Fällen unbedingt Kombination mit PPSB.<br />

2. PPSB<br />

Pckg 1 Amp. (200/400/500/1000 IE)<br />

Ind<br />

Blutung unter Marcumar<br />

DIC (unter Heparinschutz), schwere Leberinsuffizienz


26<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

D<br />

%Prozent Zuwachs=kg*10, 1400 IE zur Erhöhung des Quick um 20% bei 70kg, Gabe langsam<br />

i.v. oder im Perf. über 30min. ATIII vorher ausgleichen, gleichzeitig Heparin<br />

3. ATIII = Kybernin<br />

Pckg Kybernin 1 Inj.fl. (500/1000 IE)<br />

Ind<br />

ATIII-Mangel<br />

D 1 IE/kg hebt ATIII um 1%, 1400 IE heben AT III bei 70kgKG um 20%<br />

4. Protamin<br />

Pckg Protamin Amp. (1000/5000 IE)<br />

Ind<br />

D<br />

Heparinüberdosis<br />

1 IE antagonisiert 1 IE Heparin, nur etwa 90% sollten antagonisiert werden.<br />

Clonidin = Paracefan<br />

Pckg 1 Amp. (1ml) = 0,75mg<br />

Ind<br />

D<br />

KI<br />

Hypertonie, Alkoholentzugsdelir, CoSedativum<br />

2 Amp. Paracefan, Laufzeit 1-8 ml/h<br />

SSS mit Bradykardie<br />

WW initialer RR-Anstieg<br />

! bei Schwangeren erlaubt<br />

Ko.: Cave in seltenen Fällen in Verbindung mit Haldol in der Therapie des Entzugsdelir Entwicklung<br />

eines paralytischen Ileus.<br />

!! Das Medikament Paracefan enthält Clonidin mit 0,75mg. Die Dosis 10 A. Catapressan entspricht<br />

2 Amp. Paracefan.<br />

Cordarex = Amiodaron<br />

Pckg 1 Amp. (3ml) = 150mg (inkl. 56mg Jod), 1 Tabl. = 200mg (inkl. 74mg Jod)<br />

D<br />

1. Aufsättigung: 2 Amp. in 250ml G5% als Kurzinfusion (oder einfach 2 Amp. i.v. Bolus),<br />

dann 6 Amp. in 250ml G5% mit 10ml/h über 6 Tage, dann 1Amp. 1-0-0 oder oral weiter<br />

2. orale Aufsättigung (gleichzeitig oder statt i.v.-Aufsättigung) und Erhaltung: Cordarex 1-1-1<br />

bis 2-2-2 über 8-10 Tage, dann 1-0-0 (Wochenendpause) unter Kontrolle des Spiegels<br />

NW Leber: Cholestase, Haut: Sonnenlichtsensibilisierung, Erythema nodosum, Hyperpigmentierung,<br />

ZNS: Tremor, Ataxie, PNP, Corneaeinlagerungen, Hyper- und Hypothyreose, Lunge:<br />

schwere, im schlimmsten Fall irreversible Lungenfibrose


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 27<br />

Corotrop = Milrinon<br />

Pckg 1 Amp. (10ml) = 10mg<br />

WM Phosphodiesterasehemmer: Rezeptor-unabhängige Erhöhung des cGMP-Spiegels der Herzmuskelzelle<br />

und damit keine Tachyphylaxie wie Dobutamin. Vasodilatation der Gefäße im großen<br />

und kleinen Kreislauf.<br />

Ind<br />

D<br />

Ketcholamin-refraktäre Herzinsuffizienz<br />

Perf. mit 2 Amp. (10ml) 3-8 ml/h, bei Niereninsuffizienz über 2-4 ml/h<br />

! Max. Th.dauer 48h, in Ausnahmefällen bis 5 Tage<br />

WW Nicht zusammen mit Furosemid in der Leitung, Nicht bei Hyperthyreose und Myokarditis<br />

NW VES, VT, SVES, SVT, Thrombozytopenie<br />

Dantrolen = Dantrolen<br />

Pckg 1 Inf.fl. enthält 20mg (und Mannitol)<br />

Ind<br />

D<br />

Maligne Hyperthermie, malignes Neuroleptikasyndrom<br />

1. Initialdosis 1mg/kgKG i.v. in 5 Minuten, bei 70kg-Pat.: 3Inf.fl. in 5 Minuten,<br />

2. 3mg/kgKG über 30min, bei 70kg-Pat.: 10 Inf.fl. über 30min.<br />

3. 10mg/kgKG über 24h, bei 70kg: 1Inf.fl über 45min.<br />

!! Bei V.a. maligne Hyperthermie unverzüglich Anästhesisten<br />

mit hinzu holen. Diese haben wesentlich mehr Erfahrung mit dieser<br />

lebensbedrohlichen Komplikation.<br />

Diabetische Ketoazidose<br />

1. Grundsätzliches<br />

Eine Ketoazidose entsteht bei absolutem Insulinmangel durch ungebremste Lipolyse und Kapazitätserschöpfung<br />

der Fettsäureoxidation. Sie ist üblich bei Typ-1-Diabetes und selten bei Typ-<br />

2-Form.<br />

Diabetiker in der Ketoazidose sind insbesondere durch die exzessive Exsikkose aufgrund des starken<br />

diuretischen Effektes der Blutglucose gefährdet.<br />

2. Allgemeinmaßnahmen:<br />

1000ml Sterofundin als rasche Infusion binnen maximal 60 Minuten<br />

O2, Low-Dose Heparin<br />

Stündlich BZ, Kalium, venöse BGA


28<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

2mal tgl. kl. Routine inkl. Phosphat<br />

3. ZVK und Rehydratation<br />

Eine Indikation zum ZVK besteht aufgrund der zu erwartenden Kaliumsubstitution bei schwerer Ketoazidose.<br />

NaCl, bei hohem Na im Serum ggf. im Mix mit G5%<br />

0,9 oder 0,45% NaCl 1000ml / 1.h, bei ZVD > 8 über 2h, bei ZVD > 12 über 4h<br />

dann 3000ml 0,9% NaCl/6h<br />

dann NaCl/G5% i. W. / 8h<br />

3. Insulin:<br />

10 IE Actrapid i.v., dann Perf. mit 8 IE /h, ggf. weitere Bolusgaben von 10 IE i.v., falls keine<br />

ausreichende Wirkg. Perf. höher stellen<br />

4. Kalium-Substitution:<br />

in Abhängigkeit von pH und Kaliumausgangswert:<br />

K+


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 29<br />

Dociton = Propranolol<br />

Pckg 1 Amp. (1ml) = 1mg, Tabl. 10/40/80mg<br />

Ind<br />

Vorhoftachykardie<br />

Hyperthyreot induzierte HRST<br />

QT-Syndrom, Prophylaxe der Torsade de pointes-Tachykardie<br />

D<br />

Bolus: 1 Amp. (1mg) über 1 Min. langsam i.v., wdh in 2minütigen Abständen bis 4 mg/Tag.<br />

Dopamin<br />

Indikation: Die Indikation von Dopamin ist zunehmend umstritten und wird auf vielen Intensivstationen<br />

nicht mehr eingesetzt. Grund ist der nicht einzuschätzende Effekt auf die verschiedenen<br />

Katecholaminrezeptoren (alpha, beta, dopamin).<br />

Dobutamin = Dobutrex<br />

Pckg Amp mit 250mg in 50ml<br />

D 250mg Dobutrex auf 50ml G5%<br />

1. Niedrigdosis: 3µg/kg/min<br />

50kg: 2 ml/h<br />

60kg: 2,5 ml/h<br />

70kg: 3 ml/h<br />

KI<br />

2. Mittl. Dosis<br />

6µg/kg/min<br />

50kg: 4 ml/h<br />

60kg: 5 ml/h<br />

70kg: 6 ml/h<br />

3. Hohe Dosis<br />

12µg/kg/min<br />

50kg: 8 ml/h<br />

60kg: 10 ml/h<br />

70kg: 12 ml/h<br />

Obstruktive KMP, Perikarderguß, Erkrankung mit diastol. Füllungsbehinderung<br />

WW Erhöhter Insulinbedarf, nicht mit Nabic und in alkal. Lösungen, Tachyphylaxie nach 72h Dauergabe<br />

Ebrantil = Urapidil<br />

Pckg 1 Amp. (50mg) 10ml<br />

Ind<br />

Hypertonus, besonders gerne bei cerebraler Genese<br />

D<br />

1. Bolus: 1 Amp. i.v.<br />

2. Perfusor: 3 Amp. (150mg) über 2-8 ml/h<br />

Elektrolytengleisungen<br />

1. Hyponatriämie<br />

Ät<br />

iatrogen durch zuviel G5%, in der Restitutionsphase nach ANV, insuffiziente Diuretikatherapie<br />

(meist mit refraktären Ödemen, Aszites), M. Addison, SIADH: zur Diagnostik Serum- und Urinosmolarität<br />

bestimmen sowie E’lytbestimmung in Serum und Urin


30<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Th<br />

Absetzen von Diuretika, Gabe von NaCl 0,9% bei Dehydratation (ZVD), Flüssigkeitsrestriktion<br />

bei Hyperhydratation (ZVD), im Ausnahmefall (Na


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 31<br />

Favistan = Thiamazol<br />

Pckg 1 A. (1ml) = 40mg, 1 Tab. (5mg/20mg)<br />

D Thyreotoxikose: siehe auch unter S wie Schilddrüse: 40-80mg 6 stdl. i.v., Hyperthyreose: 1-0-0<br />

i.v. oder 20mg 1-0-0 oral<br />

NW Agranulozytose, Thrombozytopenie<br />

Fluimucil = N-Acetylcystein<br />

Pckg 1 Spezial-Amp. (25ml) = 5g<br />

Ind<br />

D<br />

Paracetamolvergiftung<br />

150mg/kg i.v. über 15 Min, dann 50mg/kg in 500ml G5% / 125ml/h, dann 100mg/kg in 1000ml<br />

G5% / 60ml/h, bei 70kg: 2 Amp. i.v., dann 1,5 Amp. in 1000ml G5% mit 60ml/h<br />

Glucagon Lilly = Glucagon<br />

Pckg 1 A. (1mg, 10mg) Trockensubstanz<br />

Ind<br />

D<br />

ß-Blocker-Intox, Therapierefraktäre Hypoglykämie<br />

ß-Blocker-Intox: 0,2mg/kg als KI, dann 0,5mg/kg/12h, nicht länger als 24h, 70kg-Patient: 14mg<br />

in Perf. über 30min, dann 30mg in Perf. über 12h, Hypoglykämie durch Sulfonylharnstoffe:<br />

0,5-1mg i.v., evtl. 1mal wiederholen<br />

Glycilpressin = Terlipressin<br />

Pckg 1A. (1mg)<br />

WM Kontraktion der glatten Muskulatur, Gefäßkonstriktion im Splanchnikusgebiet, Senkung des<br />

Pfortaderdruckes<br />

Ind<br />

Ö.varizenblutung, venöse bronchiale Blutung<br />

D<br />

1-1-1-(1) A. i.v.<br />

NW Starke Blässe, Angina pectoris bei vorbestehender KHK möglich, Darmentleerung<br />

Giftzentralen<br />

München: 089/19240 (bevorzugt)<br />

Nürnberg: 0911/3982451, Fax: 398-2205<br />

Berlin: 030/35-3466, -3436, -2215, Fax: 35-2056


32<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Gilurytmal = Ajmalin<br />

Pckg 1 Amp. Gilurytmal 10 (10ml) = 50mg<br />

Ind<br />

D<br />

KI<br />

WPW-Syndrom, SVT, VT, VHF<br />

1. Bolus: 1 Amp. mit 10ml langsam unter EKG-Kontrolle i.v., 2. Erhaltung (selten erforderlich):<br />

5 Amp.mit 2-4 ml/h<br />

Bradykardien, AVB, QT-Syndrom, Schenkelblock, Schwangerschaft<br />

Glycerosteril = Glycerol<br />

Pckg Inf.fl. (500ml) = 50mg Glycerol, 13g Glucose, 2,25 NaCl<br />

D<br />

bis 12mal 100ml über je 30min über ZVK, die Gabe in Boli ist entscheidend für den Effekt,<br />

Dauerinfusion sinnlos.<br />

! alternativ 6-8 mal 30ml Citrusglycerin, am besten mit O-Saft<br />

! Ausschleichend absetzen, da sonst Rebound-Effekt<br />

Haldol = Haloperidol<br />

Pckg Trpf. (1 Trpf. = 0,1mg), Amp. (5mg)<br />

D<br />

Bei Delir 5A. mit 2 bis maximal 4 ml/h, 50 Trpf. = 5mg, bei Älteren 10mg nicht überschreiten,<br />

Kombination mit Melperon (Eunerpan) gut möglich<br />

NW Dyskinesien (Behandlung mit Akineton möglich, siehe dort), malignes Neuroleptikasyndrom<br />

(siehe maligne Hyperthermie)<br />

Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT)<br />

Heparin (LMWH und UFH) induziert bei 2-8% der Patienten nach 5 bis 20 Tagen Antikörper, die bei<br />

0,5% der Patienten, welche Heparin länger als 5 Tage erhalten, zu venösen und arteriellen Thrombosen<br />

(vor allem Beine, Lunge, ZNS, Herz, Mesenterialbereich) führen.<br />

Heparin Antikörper werden bestimmt, wenn<br />

• die Thrombozyten um mehr als 50% abfallen und kein anderer Grund (z. B. große Operation,<br />

Chemotherapie) offensichtlich ist<br />

• sich die Heparin-Injektionsstelle entzündet<br />

• Hinweise auf Thromboembolien oder Bypass-Verschlüsse bestehen.<br />

!! Zunächst Bestimmung der Antikörper mittels ELISA im Hauslabor. Aber: es gibt auch AK-negative<br />

HIT‘s, daher ggf. HIPA-Test an Labor Pachmann, Bayreuth, schicken.<br />

Beim Vorliegen von Heparin-Antikörpern, aber auch schon bei dringendem<br />

Verdacht, wird Heparin durch Orgaran oder Argatra (siehe dort) ersetzt (sofern eine weitere<br />

Antikoagulation notwendig erscheint).<br />

Orgaran: Kreuzreaktionen mit Heparin möglich und Kummulation bei Niereninsuffizienz, daher<br />

sollte Agatroban (Argatra) bevorzugt eingesetzt werden.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 33<br />

Auf orale Antikoagulantien sollte erst 1 Woche nach Absetzen des Heparins umgestellt worden, und<br />

zwar einschleichend nur 2 Tabletten pro Tag. (iatrogener Protein C-Mangel).<br />

Achtung bei allen HIT-Patienten<br />

Auch PPSB und Antithrombin III (einige Präparate) enthalten Heparin!<br />

Keine Thrombozytenkonzentrate geben!<br />

Bei Katheterspülungen (z.B. bei Angiographie), Hämofiltration, -dialyse und Herz-Lungenmaschine<br />

Heparin durch Orgaran oder Aragtroban ersetzen.<br />

Hydrokortison Hoechst = Hydrocortison<br />

Pckg 1 A. Hydrocortison 100/250/500/1000, 1. Tab. Hydrok. 10mg<br />

Ind<br />

D<br />

M. Addison, Thyreotoxikose, Myxödemkoma, schwerer Schock mit Katecholaminpflichtigkeit<br />

bei SD-Komplikationen siehe unter SD<br />

bei Addison: 250mg i.v., dann 100-250mg in Per./24h, bei Infektionen: Verdoppelung der Dosis<br />

bei schwerem Schock: nach den aktuellen Leitlinien zur Sepsistherapie ist die Therapie mit<br />

200mg bis 300mg Hydrocortison/die als kontinuierliche Infusion bei septischem Schock mit<br />

Katecholaminbedarf indiziert.<br />

Hyperthermie, maligne --> siehe Maligne Hyperthermie<br />

Hydroxybuttersäure siehe Somsanit<br />

Isoptin = Verapamil<br />

Pckg 1 Amp. (2ml) = 5mg, 1 Amp. (20ml) = 50mg<br />

D<br />

1. Bolus: 1 Amp. über 2 Min. langsam i.v., 2. Perfusor: 1 Amp. (20ml) mit 50mg mit 2-4 ml/h<br />

WW Erhöhung des Digoxinspiegels<br />

KI<br />

WPW-Syndrom -> Akzeleration der Tachykardie und Gefahr von Kammerflimmern<br />

Kontrastmittelvorbereitung<br />

• Am Tag vor Coro: Pat. trinken lassen und parenteral ausr. bewässern, ACC 600 1-1-0 (hohe<br />

Dosis!) bis 2 Tage nach Coro<br />

• Am Tag der Coro: 500 Stero mit 60 bis 125 ml/h, während der Coro weiterlaufen lassen<br />

• Nach Coro: 2-3l TM Ausscheidung beachten, Lasix NUR bei drohender Überwässerung<br />

Kybernin siehe B wie Blutersatz


34<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Leberkoma<br />

1. Einschätzung der Leberfunktion nach CHILD-PUGH<br />

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte<br />

Albumin<br />

i.S. >3,5 2,8-3,5 70% 40-70% 9 (bis 60%)<br />

2. Parenterale Ernährung (bei Leberkoma):<br />

Beim manifesten Leberkoma kommt der Flüssigkeitszufuhr zunächst besonders hohe Bedeutung<br />

zu, zunächst keine vollkalorische parenterale Ernährung, zunächst reduzierte Flussrate des<br />

Dreikammerbeutels unter NH³-Monitoring.<br />

3. Medikation<br />

Humatin 1g 1-1-1-1 und Lactulose 1MB 1-1-1<br />

500ml Stero + 10A. Hepa-Merz/24h<br />

Ulcusprophylaxe: PPI<br />

Substitution von Gerinnungsfaktoren (PPSB, ATIII=Kybernin, siehe dort) nur, wenn vital<br />

erforderlich<br />

4. Kontrollen:<br />

ZVD, kl. Routine, NH3, Gesamteiweiß, Gerinnung, AT III<br />

5. Aszitestherapie:<br />

Osyrol i.v. 100mg 1-1-0, cave Hepatorenales Syndrom! Kontrolle: Urin auf Natrium, wenn < 10mmol/l<br />

Gefahr des Hepatorenalen Syndroms, nicht mehr als 1l/Tag<br />

Punktion unter Albuminersatz: pro Liter Aszites 100ml Humanalbumin 20%<br />

Lyse bei Lungenembolie<br />

I<br />

D<br />

Siehe SOP Lungenembolie der Intensivstation II, eine Lyseindikation besteht relativ ab Stadium<br />

IIb, sicher ab Stadium III und imperativ im Stadium IV.<br />

Kurzlyse(bevorzugt): Perfusor mit 100mg Actilyse: 10mg rTPA als Bolus, dann 90mg über<br />

120min<br />

Maligne Hyperthermie<br />

Seltene aber hochletale Reaktion auf Inhalations- und i.v.-Anästhetika sowie auf Muskelrelaxantien<br />

mit erblicher Disposition, Männer häufiger als Frauen.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 35<br />

Es besteht bezügl. Symptomatik und Therapie Ähnlichkeit mit dem malignen Neuroleptikasyndrom,<br />

sodass auch bei diesen Substanzen, sowie bei Anticholinergika, Triamteren, Glykoside an eine MH<br />

gedacht werden muß.<br />

Symptome:<br />

Immer Tachykardie + respirat. und metabol. Kombinationsazidose + Hypoxämie + CK-Anstieg; die<br />

Kombination ist pathognomonisch.<br />

Klinisch faßbare Muskelrigidität in 80%<br />

Die Hyperthermie folgt häufig den anderen Symptomen erst nach<br />

Komplikationen: DIC, ANV, Hyperkaliämie<br />

Letalität unbehandelt 70%<br />

Therapie:<br />

Auch bereits bei Verdacht sofortiger Therapiebeginn<br />

• Verdächtiges Medikament sofort abstellen, bei Anästhetika kann die Narkose im Bedarfsfall mit<br />

Fentanyl hochdosiert als Monotherapie fortgeführt werden.<br />

• Hyperventilation des Pat., Ziel ist Steigerung des AMV um das Vierfache des Normalwertes<br />

• Dantrolene i.v.: Initialdosis von 0,5mg/kg i.v. innerhalb 5 Minuten, dann 3mg/kg über 30-60<br />

Minuten, dann 10mg/kg über 24h, nach 24h ausschleichend absetzen. Die Angaben müssen je<br />

nach Klinik nach oben oder unten korrigiert werden. Dantrolene wird in der Anästhesie immer im<br />

Kühlschrank aufbewahrt.<br />

• Azidoseausgleich mit Nabic<br />

• Intensive Kühlung des Patienten (Ausziehen , gekühlte Infusionen, Magenspülungen mit kaltem<br />

Wasser) bis zum Erreichen einer Temperatur von 38-39°.<br />

• Kaliumsenkung mit Glucose/Actrapid (z.B. 500ml G20% + 40 IE Actrapid)<br />

• Low-Dose-Heparinisierung wg. hoher Gefahr der disseminierten intravasalen Gerinnung<br />

Narcanti = Naloxon<br />

Pckg 1. A. 1ml=0,4mg<br />

D<br />

bei Heroinintox: nach Wirkg. 1-5 A. i.v., (WD 15-90 Min.), bei Alkoholintox: nach Wirkung,<br />

in Einzelfällen bis zu 70 A.<br />

! Nach Injektion von 20 A. ist Opioidintox fraglich<br />

Natriumbicarbonat<br />

Pckg 8,4%ig, d.h. 1ml=1mmol<br />

D<br />

(BE*0,3*kgKG) / 2 =mmol Nabic, primär jedoch selten mehr als 75 mmol (außer lebensbdrohliche<br />

Azidosen)<br />

! nicht über den gleichen Zugang mit Katecholaminen, hohe Natriumbelastung, Senkung des<br />

Calciums (ähnlich Hyperventilation)<br />

!! bei Nabic-Pufferung fällt CO2 an, das abgeatmet werden muß -> ausreichende CO2-Abatmung<br />

Voraussetzung für den Therapieerfolg!<br />

Cave: Eine respirat. Azidose darf nie mit Nabi ausgeglichen werden!


36<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Nepresol = Dihydralazin<br />

Pckg 1 Amp. (2ml) = 25mg<br />

Ind<br />

D<br />

Hypertonie, besonders in der Schwangerschaft<br />

Bolus: 1 Amp. auf 10ml NaCl jeweils 2ml fraktioniert unter RR-Kontrolle<br />

Perfusor: 3 Amp. mit 1-3ml/h (laut Packungsbeilage sollte eine Tagesdosis von 100 mg (=4<br />

Amp.) nicht überschritten werden.)<br />

Nimotop = Nimodipin<br />

Pckg Inf.fl. (50ml) = 10mg, Alkoholzusatz!<br />

Ind<br />

Therapie der Vasospasmen bei SAB und Prophylaxe<br />

D<br />

Perfusor mit 50ml mit 5ml/h für 2h, dann 8ml/h, Therapiedauer 14d, ggf. Fortführung mit Tab.:<br />

2-2-2-2-2-2<br />

! Lichtgeschützt<br />

Oesophagusvarizenblutung<br />

siehe SOP Obere GI-Blutung im Intranet der Intensivstation II<br />

Pankreatitis exsudativ/nekrotisierend<br />

siehe SOP Pankreatitis im Intranet der Intensivstation II<br />

Phenhydan = Phenytoin<br />

Pckg 1 Amp. (5ml) = 250mg<br />

Ind<br />

D<br />

VES nur bei Digitalisintoxikation, Zerebrales Anfallsleiden (v.a. Grand mal Status)<br />

1. bei HRST: initial 1/2 Amp. (125mg) über 5 Min. langsam i.v., Wdh. nach 20min bis Gesamtdosis<br />

von max. 500mg<br />

2. bei Krampfanfällen: 3mal tgl. 1 Amp. i.v. am 1. Tag, dann 1-0-0 unter Plasmaspiegelkontrolle<br />

(Spiegel: 10-20 mg/l)


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 37<br />

Proglobal-Test<br />

Ergebnis Bewertung mögliche Ursachen<br />

>0,8 normal<br />

evtl. komp. Prot. C- und Prot. S-Defekte, Lupus<br />

Antikoag.<br />

0,7-0,8 milde Störung<br />

leichte Prot. C- und Prot. S-Defekte, hoher Faktor VIII,<br />

Lupus Antikoagulanz, Oestrogene<br />

selten F V Leiden<br />

0,4-0,7 starke Störung<br />

F V Leiden heterozygote Prot. C- und Prot. S-Defekte,<br />

kombinierte Defekte, Cumarintherapie<br />


38<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

die Spitze am Thoraxeingang liegt, Füllung des Ballons mit der Spritze aus dem Set, Cave: nie mehr<br />

als die vorgeschriebene Menge einfüllen (meist 1ml). Vorschieben unter Kontrolle der Druckkurve, am<br />

besten erstmal ganz langsam. Wenn der Katheter die Trikuspidalklappe passiert, typische ventrikuläre<br />

Druckkurve. Falls die Passage nicht funktioniert, ruckartiges vor- und zurückschieben versuchen.<br />

Wenn der Katheter in RV liegt, weiter langsames vorschieben, bis typische Pulmonaliskurve erscheint,<br />

den Katheter jetzt soweit vorschieben, bis die PC-Kurve sichtbar wird, jetzt Ballon entlüften. Es sollte<br />

sofort wieder die Pulmonaliskurve erscheinen. Wenn nicht, Katheter etwas zurückziehen. Bei Dauer-<br />

Wedge-Position Gefahr des Lungeninfarkts!<br />

Messung: Vor Messung nochmals 0-Abgleich! PC-Druck über den Druckabnehmer bei aufgeblasenem<br />

Ballon, Pulmonalisdruck bei entlüfteten Ballon ablesen.<br />

Für die Eingabe und automat. Berrechnung steht im Computer das Dokument HZV.doc zur Verfügung.<br />

In die Tabelle bitte Eingabe der geforderten Werte, die Formeln werden erst berrechnet, wenn das<br />

Dokument ausgedruckt wird.<br />

Reo Pro = Abciximab<br />

Fab-Fragment eines monoklonalen AK gegen den GP IIb/IIIa-Rezeptor von<br />

Dosierungstabellen:<br />

über Infusomat (250ml)<br />

Gewicht<br />

(kg) 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62<br />

Bolus (ml)6,3 6,4 6,5 6,6 6,8 6,9 7,0 7,1 7,2 7,4 7,5 7,6 7,8<br />

Infusion<br />

(ml/h) 10,6 10,8 11,0 11,2 11,5 11,7 11,9 12,1 12,3 12,5 12,7 12,9 13,1<br />

Gewicht<br />

(kg) 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75<br />

Bolus (ml)7,9 8,0 8,1 8,2 8,4 8,5 8,6 8,8 8,9 9,0 9,1 9,2 9,4<br />

Infusion<br />

(ml/h) 13,4 13,6 13,8 14,0 14,2 14,4 14,6 14,8 15,1 15,3 15,5 15,7 15,9<br />

Gewicht<br />

(kg) 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88<br />

Bolus (ml)9,5 9,6 9,7 9,8 9,9 10 10,1 10,2 10,4 10,6 10,8 10,9 11<br />

Infusion<br />

(ml/h) 16,1 16,3 16,5 16,8 17 17 17 17 17 17 17 17 17<br />

Gewicht<br />

(kg) 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101<br />

Bolus (ml)11,1 11,2 11,4 11,5 11,6 11,7 11,8 12,0 12,1 12,3 12,4 12,5 12,6<br />

Infusion<br />

(ml/h) 17 17 17 17 17 17 17 17 17 17 17 17 17<br />

Indikation<br />

siehe unter Agrastat<br />

NW Schwere Thrombozytopenie, Blutungen: Die Inzidenz von Blutungen unterscheidet sich zwischen<br />

den verschiedenen Präparaten und ist für Abciximab am höchsten.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 39<br />

Maßnahmen zur Blutungsprophylaxe<br />

Über-Heparinisiserungen vermeiden. Nach Punktionen (ZVK, Herzkatheter) Heparindosis max. 500<br />

IE/h.<br />

Nach PTCA wird eine Heparingabe nicht als zwingend indiziert erachtet, wichtiger als Heparin oder<br />

Clexane ist die Thrombozytenaggregation, im Blutungsfall Heparin als erstes stoppen.<br />

Abciximab (ReoPro ®): bei schweren Blutungen Antagonisierung durch Thrombozytenkonzentratgabe<br />

möglich, HWZ 10 bis 30 Minuten, Wirkdauer aber durch feste Bindung an die Rezeptoren wesentlich<br />

länger: 24 bis 48 Stunden!<br />

D 1 Amp. (5ml) mit Bakterienfilter entnehmen und mit 45ml NaCl in Perfusor aufziehen, 1ml =<br />

0,2mg, Keine Änderung bei Niereninsuffizienz, Dosierung siehe oben (Tabelle)<br />

ASS und Clopidogrel wie üblich<br />

Rytmonorm = Propafenon<br />

Pckg 1 Injekt.fl. (20ml) = 70mg, 1 Tabl. = 150/300mg<br />

Ind<br />

D<br />

VES, VT, SVES, VHF, WPW<br />

1. p.o.: 150-150-150 bis 300-300-300mg p.o.<br />

2. 1/2 bis 1 Amp. über 5 Min., dann 3 Amp. auf 50ml G5% (nicht NaCl) über 18 bis 12h<br />

WW Kummulation bei starker Leber- und Niereninsuff., QT-Zeit und QRS-Breite messen, falls Verlängerung<br />

über 20% absetzen, nicht in NaCl geben (Ausfällung).<br />

Salzsäure = HCl 2molar<br />

Pckg Ampulle 10ml = 20mmol (2molare Lösung)<br />

Ind<br />

D<br />

Metabolische Alkalose, soweit dringender Handlungsbedarf besteht. Wichtiger: Ursache behandeln<br />

(Diuretika? Magensaftverlust?)<br />

Bedarf nach folgender Formel ausrechnen: BE * 0,3 * kgKG = mmol HCl-Bedarf.<br />

! Zentralvenös verabreichen, Packungsbeilage beachten: In 500 G5% auflösen!<br />

Schilddrüse: Thyreotoxikose<br />

Allg. Maßnahmen:<br />

Volumen 4-6l/die nach ZVD<br />

Hochkalorische parenterale Ernährung<br />

Kühlung durch Wickel und gekühlte Infusionslösungen bei Hyperthermie<br />

Lowdose Heparin und Infektionsprophylaxe mit Claforan o.ä.<br />

Spezielle Maßnahmen:<br />

Favistan (1A.=40mg) 40-80mg i.v., dann 1-1-1-1 i.v., langsam auf 20-0-0 mg reduzieren<br />

300mg Hydrocortison (Hydrocortison) i.v., dann 100-100-100mg i.v., über 10 Tage reduzieren<br />

Dociton 40 oral 1-1-1(-1) oder Dociton 1A. (1mg) 1-1-1-1 i.v., max. 10mg i.v./die<br />

wenn nach 48h keine Besserung: Plasmapherese oder SD-OP notfallmäßig


40<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Myxödemkoma<br />

L-Thyroxin Henning inject (1A.=500µg T4) 1A. in Perf. (NaCl) über 12h i.v., 2.-7. Tag 1/5 A. (1ml)<br />

i.v., dann oral mit Euthyrox 100 weiter<br />

100mg Hydrocortison i.v., dann 200-400mg Hydrocortison in 500ml G5%/24h, langsame Reduktion<br />

über 10 Tage<br />

ggf. Passagerer SM bei Bradykardie<br />

Digitalis bei Herzinsuff., sehr vorsichtig Katecholamine<br />

Erwärmung mit Infusionen, max. 1°/h.<br />

Schrittmachertherapie mit passagerem SM<br />

EKG-Monitor laut stellen, steril abdecken, Zugang von Subclavia links (rechts möglichst<br />

vermeiden)<br />

Zugang am besten mit Seldinger-Technik: Punktion mit Seldinger-Nadel, Einführen des<br />

Seldingerdrahtes, dann Dilatator inkl. Schleuse über Seldingerdraht schieben.<br />

Schrittmacherkabel mit Verhüterli versehen, dann einführen.<br />

Grundeinstellung am Gerät: Amplitude 10mA, Sensitivität 10mV, Frequenz über Eigenfrequenz, jetzt<br />

Kabel zum Herzen vorschieben und auf Reizantwort achten.<br />

Wenn Reizantwort erfolgt, Amplitude runterstellen, bis gerade eben noch Reizantwort und dann auf<br />

das Doppelte des ermittelten Wertes hochstellen<br />

Schleuse annähen<br />

Rö-Thx-Kontrolle<br />

Für die Schrittmachertherapie beim Bewußtlosen unter Zeitdruck/Reanimationsbedingungen:<br />

externen Schrittmacher verwenden:<br />

EKG-Monitor laut stellen<br />

Schrittmacher-Klebeelektroden (in blauer Packung im Remi-Raum auf dem obersten Regal neben<br />

dem ext. Schrittmacher) auf Brust und Rücken in der Mitte aufbringen (entsprechend gekennzeichnet)<br />

und mit dem SM-Kabel verbinden (auf Farbkennzeichnung achten).<br />

Schrittmacher auf ‘Fix. Stimulation’ stellen, Amplitude weit hochstellen (z.B. 180 mA), mittlere<br />

Impulsdauer (z.B. 25ms) einstellen, Frequenz über Eigenfrequenz des Patienten.<br />

Im EKG nur schwierige Kontrolle des SM-Erfolgs, da breite SM-Spikes die QRS-Komplexe<br />

verdecken, daher Pulskontrolle.<br />

Falls gute Pulsantwort, Impulsdauer und -amplitude reduzieren, bis keine sichere Pulsantwort mehr<br />

erfolgt und dann auf das Doppelte der so ermittelten Werte.<br />

Anschließend ohne Zeitdruck in Ruhe Pat. versorgen und internen Schrittmacher wie oben beschrieben<br />

legen.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 41<br />

Sedierung<br />

Beurteilung der Narkosetiefe nach der RAMSAY-Skala<br />

Reihenfolge der Klinische<br />

Überprüfungverfahren Zustandsbeschrei-bung Ramsay Stufe Beurteilung<br />

Patient ist unruhig,<br />

agitiert, verwirrt 1 unerwünscht<br />

Patient normal<br />

anprechen<br />

Patient reagiert<br />

adäquat 2<br />

erwünscht<br />

Patient laut<br />

ansprechen/<br />

Patientenstirn mit den<br />

Fingern beklopfen<br />

Patient reagiert prompt 3<br />

Patient reagiert<br />

verzögert oder<br />

abgeschwächt 4<br />

Patient kneifen o.ä.<br />

Patient reagiert gezielt<br />

oder ungezielt 5 nur in besonderen<br />

Situationen erwünscht<br />

Pat reagiert nicht 6<br />

SeSAM-Konzept der Narkose:<br />

weiteres dazu siehe SOP SeSAM<br />

Stilamin = Somatostatin<br />

Pckg 1A. (3mg)<br />

WM Hemmung der Splanchnikusdurchblutung, Wirkdauer nur Minuten


42<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Ind<br />

Obere GI-Blutung, siehe SOP GIBlutung<br />

Fistel bei M. Crohn, Fistel bei Pankreatitis (umstritten)<br />

D<br />

siehe SOP GIBlutung<br />

Suprarenin = Adrenalin<br />

Pckg Amp. 1ml = 1mg Adrenalin, Stechflaschen mit 20ml = 20mg Adrenalin<br />

D<br />

Reanimation: im Rahmen des CPR-Algorhythmus jeweils 1mg i.v.<br />

Anaphylaktischer Schock: 1 Amp. (1mg) auf 10ml verdünnen, davon 1ml i.v., bei Bedarf wiederholen,<br />

wenn nach zusätzlicher Gabe von Cortison und H1-Blockern sowie Volumengabe<br />

weiterhin instabile Symptomatik, Beginn mit Perfusor. Einstiegsdosis 5 Amp. Suprarenin /<br />

2ml/h, bei Bedarf strecken oder schneller stellen (nach Druck), hierfür direkte Druckmessung<br />

sinnvoll<br />

Takus = Ceruletid<br />

Pckg 1A. (2ml=40µg)<br />

WM Cholezystokininartige Wirkg., Kontraktion der gl. Musk. des GIT, besonders auch der GB und<br />

der Gallenwege<br />

Ind<br />

Postop. Darmatonie oder paralyt. Ileus<br />

D<br />

1 Amp. in 50ml NaCl im Perf. mit 8ml/h 6h, ggf. schneller bis 16ml/h<br />

THAM = Trometamol = Tris-Puffer<br />

Pckg 1 Amp. (20ml) = 7,268g THAM , 1ml=3mmol, d.h. es handelt sich um eine 3molare Lösung<br />

Ind<br />

Metabolische Azidosen, besonders Salicylat- und Barbituratvergiftungen, oder wenn KI gegen<br />

Nabic bestehen (Hypernatriämie)<br />

D Formel: ml einer 3molaren THAM-Lösung = neg. Base Exzess * kg KG /10<br />

KI<br />

70kg-Patient mit BE von -10 --> 70ml THAM 3molar in 500ml G5%/24h einmalig<br />

Niereninsuffizienz (Kumulation), respiratorische Azidosen, Hypokaliämie (wenn kein Ausgleich<br />

erfolgt)<br />

!! Keine Mischung mit anderen Medikamenten, da stark alkalisch, in Trägerlösung verdünnt getrennt<br />

zentral applizieren, eine paravenöse Applikation führt zu schweren schlecht heilenden<br />

Nekrosen, Gefahr der Hypoglykämie<br />

L-Thyroxin Henning inject = Levothyroxin (T4)<br />

Pckg 1 A. (5ml) = 500 µg


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 43<br />

D bei Myxödemkoma 500µg in Perf. über 12h i.v., dann 100µg in 100ml NaCl als KI 1-1-1<br />

Tygacil = Tigecyclin<br />

Pckg Trockensubstanz mit 50mg zur Herstellung einer Infusionslösung<br />

Ind<br />

Reserveantibiotikum bei Infektionen des Abdomens sowie bei komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen<br />

D Startdosis 100mg, dann 50mg als Kurzinfusion über 30 bis 60 Minuten 1-0-1<br />

NW Die häufigsten Nebenwirkungen (beobachtet bei mehr als einem von 10 Patienten) sind<br />

Übelkeit(Unwohlsein), Erbrechen und Durchfall. Patienten, die allergisch gegen Tetrazykline<br />

sind, können auch auf Tygacil allergisch reagieren.<br />

Xigris = Dotregocin alpha<br />

Pckg Durchstechflaschen (Trockensubstanz) mit 5mg bzw. 20mg aktiviertem Protein C als Trockensubstanz<br />

(inkl. 40mg bzw. 158mg NaCl). Die Durchstechflaschen werden mit Aqua dest.<br />

(2,5 bzw. 5ml) aufgelöst und anschließend in 0,9%iger isotonischer Kochsalzlösung verdünnt.<br />

Xigris sollte über eine getrennte Leitung gegeben werden und darf höchstens zusammen mit<br />

0,9%iger NaCl-Infusion über den gleichen Schenkel infundiert werden.<br />

WM Xigris greift in die Gerinnungskaskade der disseminierten intravasalen Gerinnung durch Inhibition<br />

der Faktoren Va und VIIIa eingesetzt<br />

Ind<br />

D<br />

Die Indikation orientiert sich derzeit an der Zulassungsstudie PROWESS, siehe Checkliste<br />

Sepsis auf Seite 49.<br />

24µg/kg/h für 96 Stunden<br />

Laufzeit Infusomat<br />

bei 10mg/100ml bzw.<br />

Gesamtdosis für 96h Perfusor mit 5mg/50ml Laufzeit Infusomat bei<br />

Gewicht<br />

in mg<br />

in ml/h<br />

20mg/100ml in ml/h<br />

50 115,2 12 6<br />

55 126,72 13,2 6,6<br />

60 138,24 14,4 7,2<br />

65 149,76 15,6 7,8<br />

70 161,28 16,8 8,4<br />

75 172,8 18 9<br />

80 184,32 19,2 9,6<br />

85 195,84 20,4 10,2<br />

90 207,36 21,6 10,8<br />

95 218,88 22,8 11,4<br />

100 230,4 24 12<br />

KI<br />

Aktive Blutung innerer Organe (dagegen spricht eine externe kontrollierbare Blutung nicht gegen<br />

den Einsatz von Xigris


44<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Cerebrale Blutung in den letzten 3 Monaten<br />

Operation am Gehirn oder dem Rückenmarkskanal innerhalb der letzten drei Monate<br />

Periduralkatheter o.ä.<br />

!! Vorsicht ist geboten: bei gleichzeitiger Marcumar-äquivalenter Antikoagulation (INR > 3,0)<br />

bzw. full-dose-Heparinisierung oder erworbener oder angeborener hämorrhagischer Diathese<br />

Thrombozyten < 30.000<br />

Thrombolyse innerhalb der letzten 3 Tage<br />

GPIIA/IIIB-Antagonistengabe innerhalb der letzten 7 Tage (v.a. ReoPro)<br />

NW Blutung ist die häufigste Komplikation, bei bedrohlicher (also v.a. Innerer) Blutung sofortiger<br />

Stopp von Xigris. Bei notwendiger Operation: Stopp Xigris 2 Stunden vor Eingriff, Start Xigris<br />

12 Stunden nach Eingriff, wenn bis dahin keine Blutungszeichen aufgefallen sind.<br />

WW Xigris interferiert in variabler Weise mit der PTT-Messung und kann diese Tests verfälschen<br />

Xylocain = Lidocain<br />

Pckg 1 Amp. (5ml) = 100mg, 1 Spezialampulle (5ml) = 1000mg<br />

WM Klasse Ib-Antiarrhythmikum<br />

Ind<br />

D<br />

VES, VT<br />

1. Bolus: 1 Amp. mit 100mg i.v., Wdh. nach 5 bis 10 Min. möglich<br />

2. Perfusor: 1 Spezialamp. (1g) über 4-6 ml/h, Reduzierung um 50% bei Schock, Herzinsuff.,<br />

Leberinsuff., max. Dosis 6g/die<br />

! Xylocain ist von Cordarex als Mittel der Wahl bei malignen Herzrhythmusstörungen abgelöst<br />

worden.<br />

Zyvoxid = Linezolid<br />

Pckg Infusionsbeutel mit 600mg, Filmtabletten mit 600mg, Granulat zur Herstellung einer Suspension<br />

Ind<br />

1. Nosokomiale Pneumonie und ambulant erworbene Pneumonie:<br />

Zyvoxid ist zur Behandlung von ambulant erworbener Pneumonie und nosokomialer Pneumonie<br />

angezeigt, wenn bekannt ist oder vermutet wird, dass sie durch empfindliche Gram-positive<br />

Erreger verursacht sind. Linezolid ist nicht wirksam bei Infektionen durch Gram-negative<br />

Erreger.<br />

2. Schwere Haut- und Weichteilinfektionen<br />

Zyvoxid ist zur Behandlung von schweren Hautund Weichteilinfektionen nur dann angezeigt,<br />

wenn ein mikrobiologischer Test ergeben hat, dass die Infektion durch empfindliche Gram-po-


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 45<br />

sitive Erreger verursacht ist. Linezolid ist nicht wirksam bei Infektionen durch Gram-negative<br />

Erreger.<br />

D<br />

KI<br />

600mg 1-0-1 i.v. oder p.o., Intravenöse Anwendung: Die Infusionslösung sollte über einen<br />

Zeitraum von 30 bis 120 Minuten infundiert werden.<br />

Vorsicht bei Einnahme anderer Blutdruck-erhöhender Medikamente sowie der Einnahme von<br />

Serotonin-Reuptake-Inhibitoren, Linezolid ist ein MAO-Hemmer.<br />

Verhalten bei Transfusionszwischenfall<br />

1. febrile nicht - hämolytische Transfusionsreaktion:<br />

• Fieber, Schüttelfrost, Juckreiz, nur selten Blutdruckabfall und Atemnot (Bronchospasmus)<br />

• sofort Transfusion stoppen<br />

• 250 mg Prednisolon i.v.<br />

• weitere Therapie nach Symptomatik<br />

2. schwere hämolytische Transfusionsreaktion:<br />

ist der Patient wach, so treten meist folgende Zeichen auf:<br />

• Brennendes Gefühl entlang der Transfusionsvene<br />

• Engegefühl, Unruhe Übelkeit<br />

• Schüttelfrost und Fieber, kalter Schweiß<br />

• Lenden-, Brust- und Kopfschmerzen<br />

• Tachypnoe, Tachykardie und Blutdruckabfall<br />

ist der Patient in Narkose oder unter Analgesedierung:<br />

• Blutdruckabfall<br />

• Hämolyse<br />

• Hämaturie<br />

Der Schock entsteht durch Komplementaktivierung mit Freisetzung von gefäßdilatierenden<br />

Komplementfaktoren sowie von vasoaktiven Aminen.<br />

Die wichtigsten Komplikationen der hämolytischen Transfusionsreaktion sind:<br />

• akutes Nierenversagen<br />

• disseminierte intravasale Gerinnung.<br />

Therapie:<br />

Bei geringstem Verdacht auf eine Transfusionsreaktion muß die Transfusion sofort unterbrochen<br />

werden, denn das Ausmaß der Komplikationen hängt direkt von der zugeführten Blutmenge ab.<br />

Die Soforttherapie ist darauf gerichtet, die Herz-Kreislauf-Funktion zu stabilisieren und eine<br />

ausreichende Urinausscheidung aufrechtzuerhalten.<br />

Hypotension mit Volumenzufuhr und Vasopressoren, z.B. Noradrenalin behandeln<br />

Kortikosteroide in hohen Dosen i.v., z.B. 1g Prednisolon®<br />

Urinausscheidung auf mindestens 75 - 100 ml/h steigern durch:<br />

- Volumenzufuhr<br />

- Furosemid 20-40 mg i.v. oder Mannitol 12,5-50 g in 5-10 min<br />

- Dopamin- Perfusor: 250 mg Dopamin / 50 ml 3 ml / h<br />

low- dose- Heparinisierung<br />

bei persistierender Oligo- / Anurie Dialysebehandlung<br />

bei besonders schweren Fällen Austauschtransfusion, ggf. Plasmapherese<br />

Folgende Laboruntersuchungen müssen durchgeführt werden:


46<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Blutgruppe der Konserve und des Empfängers<br />

Wiederholung der Kreuzprobe<br />

direkter Coombs-Test<br />

Antikörpersuchtest bei Spender und Empfänger (Material von der Kreuzprobe)<br />

freies Hämoglobin im Blut und Urin<br />

Serumhaptoglobin<br />

Serumbilirubin<br />

Serumharnstoff<br />

Gerinnungsstatus, Thrombozyten, Fibrinspaltprodukte<br />

Serumelektrolyte<br />

Blutbild.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 47<br />

S2-Leitlinien zur Sepsis<br />

Nach folgender Checkliste wird zwischen Infektion, SIRS, Sepsis und schwerer Sepsis<br />

unterschieden:<br />

Infektion?<br />

Fragestellung gecheckt trifft zu<br />

Blutkultur: Keimnachweis <br />

Urinkultur: Keimnachweis <br />

Trachealsekret: Keimnachweis <br />

Röntgenbild: Hinweise für Pneumonie <br />

Labor: Nachweis von Leukozyten in Liquor oder Urin <br />

SIRS?<br />

Treffen zwei oder mehr Kriterien zu?<br />

Fragestellung gecheckt trifft zu<br />

Temperatur < 36° oder > 38° (rektal oder Ohr) <br />

Tachykardie > 90/min <br />

Atemfrequenz > 20/min (Tachypnoe) <br />

Leukozyten < 4000 oder > 12000 oder mehr als 10% Stabkernige<br />

im Diff-bb <br />

Organdysfunktion?<br />

Trifft eines der folgenden Kriterien zu?<br />

Fragestellung gecheckt trifft zu<br />

Zeigt der Pat. eine zunehmende Hypoxämie? <br />

Benötigt der Pat. Katecholamine? <br />

Hat der Pat. eine (neu bestehende) Olig- oder Anurie? <br />

Hat der Pat. einen Thrombozytenabfall auf < 150.000? <br />

Hat der Pat. ein erhöhtes Serumlactat? <br />

Sind die Leberenzyme des Pat. gestiegen? <br />

Hat der Pat. eine neu aufgetretene Bewusstseinsstörung? <br />

Schwere Sepsis = Infektion + SIRS + Organdysfunktion( mehr als 1<br />

Organ) = Indikation für Xigris


48<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Empfehlungen zur Sepsistherapie<br />

Empfehlung<br />

Evidenz<br />

Einleitung einer kalkulierten antibiotischen Therapie direkt nach Abnahme<br />

von Kulturen, innerhalb von 1 Stunde nach Diagnosestellung<br />

A<br />

Die Antibiose sollte bei schwerer Sepsis abhängig von der lokalen<br />

Resistenzlage auch Pseudomonaden mit einschließen<br />

E<br />

Prophylaktische Gaben von Antimykotika sind nicht indiziert<br />

E<br />

Eine angehobene Oberkörperposition bei Beatmung verringert die Rate<br />

anVentilator-assoziierten Infektionen (45°)<br />

B<br />

Eine frühe enterale Ernährung wird auch bei Pat. nach Operationen am GI-<br />

Trakt empfohlen.<br />

A<br />

Eine Immunonutrition mit angereicherter Nahrung führt insbesondere bei<br />

Polytraumapatienten und Pat. mit gastrintestinalen Tumoren nach OP zu einer<br />

Verminderung von Infektionen und Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes. A<br />

Eine aggressive Insulintherapie mit einem Blutzuckerzielbereich von<br />

80-110 mg% reduziert bei postoperativen Beatmungspatienten die Rate an<br />

Infektionen, an Nierenversagen, Bluttransfusionen. Es ist bislang noch nicht<br />

geklärt, ob dies auch für internistische Patienten zutrifft.<br />

B<br />

Hämodynamik<br />

Ein erweitertes hämodynamisches Monitoring wird bei septischem Schock<br />

empfohlen, obwohl sein Nutzen nicht eindeutig belegt ist.<br />

E<br />

Die Volumensubstitution ist die erste Maßnahme zur hämodynamischen<br />

Stabilisierung<br />

B<br />

Die Wahl zwischen kristalloiden oder kolloidalen Flüssigkeiten ist irrelevant. C<br />

Die Gabe von Humanalbuminlösungen als Volumenersatz ist bei Pat. mit<br />

schwerer Sepsis jedoch nicht empfehlenswert.<br />

E<br />

Besteht trotz suffizienter Volumengabe ein peristierend niedriges<br />

Herzzeitvolumen, ist Dobutrex das Katecholamin der Wahl, das bei<br />

Hypotension um einen Vasopressor ergänzt wird.<br />

E<br />

Als Vasopressor wird Noradrenalin als Substanz der ersten Wahl empfohlen. C<br />

Dagegen ist Adrenalin wg. negativer Auswirkungen auf die gastrointestinale<br />

Perfusion nicht zu empfehlen, auch nicht zusammen mit Dobutamin. C<br />

Niedrig dosiertes Dopamin hat keine positiven Effekte auf die Nierenfunktion,<br />

auch nicht auf die Überlebensrate, es wird daher nicht empfohlen.<br />

A<br />

Vasopressin ist derzeit noch nicht als Vasopressor in der Therapie des<br />

septischen Schocks zu empfehlen.<br />

E<br />

Phosphodiesterasehemmer sind im septischen Schock nicht routinemäßig<br />

indiziert.<br />

E<br />

Beatmung:<br />

Ziel der Beatmung ist eine Sauerstoffsättigung > 90%<br />

B<br />

Die protektive Beatmung bei ARDS umfasst: ein Tidalvolumen von 4-6 ml/<br />

kgKG, ein Plateaudruck von < 30 cmH2O und einen PEEP zwischen 5 und 25<br />

je nach benötigter fiO2.<br />

D<br />

Die Bauchlagerung kann die Oxygenierung bei ARDS verbessern.<br />

C


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 49<br />

Alle hämodynamisch stabilen Patienten, die ausreichend oxygeniert sind,<br />

sollten einmal täglich einem Spontanatmungsversuch unterzogen werden. A<br />

Glukosteroide<br />

Hochdosierte Gluokortikoide haben keine Indikation in der Therapie der<br />

schweren Sepsis<br />

A<br />

200-300mg Hydrocortison (am besten über Perfusor) pro Tag bei Patienten die<br />

trotz Volumenauffüpllung auf Vasopressoren angewiesen sind, ist indiziert, die<br />

Frage der Therapiedauer ist nicht geklärt.<br />

C<br />

Die Gabe von Hydrocortison ist nicht an die vorherige Testung der<br />

Hormonachse gekoppelt.<br />

E<br />

Die Gabe von Hydrocortison sollte ausschleichend beendet werden. E<br />

Andere Medikamente<br />

Die Gabe von Xigris ® ist indiziert bei schwerer Sepsis plus mindestens zwei<br />

Organversagen so früh wie möglich für die Dauer von 96 Stunden. B<br />

AT III zur Therapie der Sepsis wird nicht empfohlen.<br />

B<br />

Immunglobuline in welcher Form auch immer sind in der Sepsis nicht zu<br />

empfehlen.<br />

B


50<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

SOP Künstliche Ernährung<br />

Schritt 1: Einschätzung des Ernährungszustandes<br />

SGA<br />

Subjective Global Assessment<br />

SGA A<br />

Stabiles Gewicht oder Gewichtszunahme (ohne Wassereinlagerung),<br />

(gut ernährt) normaler Appetit<br />

Gewichtsabnahme von mindestens 5% in den Wochen vor Aufnahme,<br />

SGA B<br />

Abnahme der Nahrungszufuhr und/oder des Appetits<br />

(mäßig mangelernährt) Bei zweifelhafter Entscheidung zwischen SGA A und SGA B SGA A<br />

SGA C<br />

(schwer<br />

mangelernährt) Offensichtliche körperliche Zeichen einer Mangelernährung<br />

Schritt 2: Normale orale Nahrungsaufnahme nicht möglich<br />

SGA<br />

SGA A<br />

SGA B<br />

SGA C<br />

Künstliche Ernährung, wenn eine Nahrungskarenz (< 500 Kcal/die) für mehr als 7<br />

Tage zu erwarten ist.<br />

Künstliche Ernährung, wenn für mehr als 14 Tage keine vollkalorische Ernährung<br />

möglich ist:<br />

24kcal/kg für immobile, 30kcal/kg für mobile Patienten<br />

Künstliche Ernährung, wenn keine vollkalorische Ernährung (24kcal/kg für<br />

immobile, 30kcal/kg für mobile Patienten) möglich ist.<br />

Künstliche Ernährung, wenn keine vollkalorische Ernährung (24kcal/kg für<br />

immobile, 30kcal/kg für mobile Patienten) möglich ist.<br />

Schritt 3: Kontraindikationen zur künstlichen Ernährung<br />

Kontraindikation für jegliche<br />

künstliche Ernährung<br />

Kontraindikationen für eine enterale<br />

Ernährung<br />

Jedoch ‚minimal feeding’ bei<br />

Schritt 4: Kalorienberechnung<br />

Immobiler Patient<br />

Akutphase einer schweren Erkrankung, unmittelbar nach<br />

schwerer Operation oder schwerem Trauma<br />

Serum-Lactat > 3mmol/l<br />

Bei schwerer Azidose (pH < 7,2), bei schwerer Hyperkapnie<br />

(pCO2 > 75)<br />

Akutes Abdomen<br />

Akute GI-Blutung<br />

Schwerer Schock mit intestinaler Ischämie<br />

Darmparalyse<br />

Starker Reflux<br />

Diarrhoen<br />

24 kcal/kg Körpergewicht / Tag<br />

Im kritischen Zustand: Korrekturfaktor 1,0 (100%)<br />

In der Erholungsphase (zunehmende Wachheit und Mobilität,<br />

Wiedererlangung von Kräften): Korrekturfaktor bis 1,5 (150%)


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 51<br />

30 kcal/kg Körpergewicht / Tag<br />

Mobiler Patient<br />

Bei hoher Mobilität: Korrekturfaktor 1,3 (130%).<br />

Initiale Grundlage der Berechnung ist das IST-Gewicht des Patienten, nicht das Sollgewicht (keine<br />

Mast von Untergewichtigen, keine Reduktionskost bei Übergewichtigen in der Phase einer akuten<br />

Erkrankung)<br />

Schritt 5: Enterale und/oder parenterale Ernährung<br />

SGA<br />

SGA A<br />

SGA B+C<br />

Enterale(r) Kost(aufbau) von Anfang an, zusätzliche parenterale Ernährung nur bei<br />

Mangelernährung über mehr als 7 Tage<br />

Duale Ernährung (enteral und parenteral) von Anfang an, bis enterale Ernährung<br />

ausreichend<br />

Schritt 6: Dosierung der Ernährung<br />

Art Vorgehen<br />

Ernährung über Pumpe:<br />

Sondenkost mit 1 kcal/ml<br />

Stufe1: 10-20 ml/h<br />

Stufe 2: 20-30 ml/h<br />

Sondenkost<br />

Stufe 3: 30-50 ml/h<br />

Stufe 4: 50-70 ml/h<br />

Stufe 5: 70-100 ml/h<br />

Bei direktem Übergang von oraler Ernährung zu Sondenkost und Fehlen<br />

einer akuten schweren Erkrankung: Beginn mit Stufe 3; nächste Stufe, wenn<br />

vorangegangene Stufe gut vertragen wird.<br />

Dreikammerbeutel 1ml/1kcal, Basiskalorienbedarf = 24 kcal/kg/die für immobile<br />

TPE<br />

Patienten (+ AddelN + Cernevit je 1 Amp. Pro Tag)<br />

Für immobile Patienten gilt daher: Körpergewicht = Laufzeit in ml/h (75kg =<br />

75ml/h) plus ggf. Aktivitätsfaktor bis zu 1,5<br />

Dual Errechnung des Tageskalorienbedarfes (Schritt 4)<br />

Stufe Enteral Parenteral<br />

1 (+ Addel + Cernevit) 10% 90%<br />

2 (+ Addel + Cernevit) 20% 80%<br />

3 (+ Addel + Cernevit) 40% 60%<br />

4 (+ Addel + Cernevit) 60% 40%<br />

5 (ohne Zusätze) 80% 20%<br />

6 (ohne Zusätze) 100% --<br />

Schritt 7: Komplikationen beachten<br />

Faktor Störung Ursache Maßnahme Bemerkung<br />

Glucose<br />

Hypoglykämie<br />

(


52<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Faktor Störung Ursache Maßnahme Bemerkung<br />

Triglyceride<br />

Azotämie<br />

Lactat<br />

Phosphat<br />

Hyperglykämie<br />

(> 150 mg/dl ~ > 8<br />

mmol/l)<br />

> 350 mg/dl<br />

Hst > 200 mg/dl<br />

Lactat > 3 mmol/l<br />

Leicht : > 0,6<br />

mmol/l<br />

Schwerst: <<br />

0,3 mmol/l<br />

(Atemstillstand)<br />

1 TPE: Parenterale Ernährung<br />

2 SK: Sondenkost<br />

Zu viel Ernährung<br />

Insulinresistenz<br />

Propofol plus Fette<br />

Angeborene Störung<br />

Erworbene Störung<br />

(z.B. C2)<br />

Niereninsuffizienz<br />

Katabolie<br />

Überhöhte AS-Zufuhr<br />

GI-Blutung<br />

Hypoxie und Schock<br />

Propofol-Infusions-<br />

Syndrom<br />

Refeedingsyndrom: zu<br />

rascher Kostaufbau/TPE<br />

Diabetische<br />

Ketoazidose<br />

Beginnende Sepsis<br />

Insulin bis 4 IE/h,<br />

in der Akutphase<br />

bis 10 IE/h<br />

TPE1: Xylit<br />

SK2:<br />

Kohlenhydratreduzierte<br />

SK<br />

Reduktion der<br />

Fettzufuhr<br />

Reduktion der<br />

Aminosäurezufuhr<br />

Volumenzufuhr bei<br />

Exsikkose<br />

Reduktion der<br />

Ernährung<br />

Substitution über<br />

Perfusor<br />

1ml Propofol jeder<br />

Konzentration =<br />

0,1 g Fett<br />

Keine Indikation<br />

für ‚Nephrosteril’<br />

oder ‚Aminosteril-<br />

N-Hepa’ bei<br />

mittelschwerer<br />

Azotämie mehr<br />

Keine Fettgabe bei<br />

Lactatazidose!


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 53<br />

SOP Intensivierte Insulintherapie<br />

© Dr. Hendrik Bachmann<br />

Eine path ologische Erhöhung des Blutzuckers über 125 mg/dl entspricht nicht nur einer erhöhten<br />

Mortalität, sondern auch vermehrten Infektionen, häufigerem Organversagen und chronischer<br />

Schädigung des Nervensystems. Interventionsstudien haben in einigen Patientengruppen einen<br />

klaren Vorteil für eine Normalisierung des Blutzuckers mit Insulin in den Bereich von 80-110 mg/dl<br />

gezeigt. Diese Therapie ist mit einem erhöhten Hypoglykämierisiko verbunden, das jedoch mit keiner<br />

Verschlechterung der Prognose einherging. Die Anwendung von Protokollen, die von Pflege und<br />

Ärzten getragen werden, sind notwendige Maß- nahmen zur Erreichung der Normoglykämie. Der<br />

zusätzliche Aufwand ist in Zeit und Material von etwa 15-20 € pro Patiententag ergibt ein exzellentes<br />

Preis- leistungsverhältnis.<br />

Es wurde beobachtet, dass 38% aller Patienten bei Krankenhausaufnahme erhöhte Blutzuckerwerte<br />

haben. Zwei Drittel dieser Patienten sind bekannte Diabetiker und die restlichen Patienten haben<br />

eine „Stresshyperglykämie“. Die Krankenhausmortalität der normoglykämischen Patienten war am<br />

niedrigsten mit 1,7%, verdoppelte sich auf 3% bei den Diabetikern und war um den Faktor 10 höher<br />

bei „Stresshyperglykämie“ mit 16%.<br />

Letztere Gruppe musste sich auch dreimal häufiger einer Intensivtherapie unterziehen.<br />

„Stresshyperglykämie“ wurde bei Myokardinfarkt, zerebrovaskulärem Insult, Schädelhirntrauma,<br />

herzchirurgischen Operationen und Nierentransplantationen beschrieben. Ein klarer Zusammenhang<br />

mit dem Schweregrad der Erkrankung war nicht immer regelhaft vorhanden aber die Prognose zumeist<br />

deutlich schlechter.<br />

Was sind normoglykämische Werte auf der Intensivstation?<br />

Die angestrebten Glucosezielwerte auf der Intensivstation könnten derzeit nur aus der Beobachtung<br />

abgeleitet werden, dass eine U-förmige Beziehung zwischen Glucosewerten und Prognose besteht.<br />

Diese Beziehung gilt ebenso für Diabetiker wie Nicht- Diabetiker.<br />

Es ist für Intensivpatienten unklar, zu welchem Zeitpunkt der Glukosewert die größte Bedeutung für<br />

die Prognose hat. Es scheint sinnvoll, klar zwischen dem Glukosewert bei Aufnahme, als Ausdruck der<br />

Vorgeschichte der Erkrankung, des Managements in der Akutversorgung und den Werten in den ersten<br />

24 Stunden und während der nachfolgenden Intensivzeit, als Ausdruck der intensivmedizinischen<br />

Betreuungsqualität zu unterscheiden.<br />

Hypoglykämien unter 40 mg/ dl haben eine besondere Beachtung gefunden und zum Abbruch<br />

einzelner Studienprotokolle geführt. Es sollte jedoch beachtet werden, ob es korrekt ist, eine<br />

verbesserte Mortalität durch Therapie mit Insulin gegen das vermehrte Auftreten von Hypoglykämien<br />

aufzuwiegen. Es ist noch nicht definitiv geklärt, welche Bedeutung kurzdauernde therapiebedingte<br />

Hypoglykämien auf die Prognose haben.<br />

Hyperglykämie und Myokardinfarkt<br />

Der Effekt einer Hyperglykämie wurde in einer systematischen Zusammenfassung mehrerer<br />

Untersuchungen getrennt für Diabetiker und Nicht-Diabetiker analysiert.<br />

Bei Nicht-Diabetikern war das Risiko im Krankenhaus zu versterben 4-fach erhöht bei Grenzwerten<br />

für die Hyperglykämie zwischen 125-140 mg/dl und bei Diabetikern trotz eines deutlich höher<br />

gelegten Grenzwertes von 200 mg/dl nur um den Faktor 1,7 erhöht.<br />

In der neuesten Beobachtung von 2127 Patienten mit Myokardinfarkt zwischen 2000-2002 konnte<br />

die Bedeutung von geringen Erhöhungen der Blutglukose bei Nichtdiabetikern mit einer viermal<br />

höheren Mortalität bei der Gruppe knapp oberhalb der Norm und einer 12-mal erhöhten Mortalität<br />

bei der Gruppe (> 10 mmol/l oder > 150mg/dl) beobachtet werden.


54<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Hyperglykämie und Schädel-Hirntrauma<br />

Bei 267 Patienten mit einem GCS unter 9 war der Blutzucker um 40-50 mg/dl höher als im Vergleich<br />

mit der prognostisch besseren Gruppe. Die Bewertung erfolgte nach der chirurgischen Erstversorgung.<br />

Besonders bemerkenswert war die Beobachtung, dass bei Blutzucker > 200 mg/dl bei Aufnahme auf<br />

die Intensivstation das relative Risiko in einem vegetativen Zustand zu überleben fünffach erhöht<br />

war.<br />

Hyperglykämie bei Schlaganfall<br />

Patienten, die mit Schlaganfall hospitalisiert werden, haben in 20-40% der Fälle eine Hyperglykämie<br />

auch ohne vorbestehendem Diabetes mellitus. In einer systematischen Übersicht konnte gezeigt<br />

werden, dass das Risiko zu sterben mehr als dreifach erhöht ist, wenn der Aufnahmeblutzucker über<br />

110-126 mg/dl erhöht ist.<br />

Es ist aus der Sicht der Patienten möglicherweise noch relevanter, dass die Überlebenden mit<br />

Hyperglykämie eine deutlich schlechtere neurologische Funktion und Rehabilitation erreichten. Die<br />

relative Bedeutung von initialem Ausmaß der Ischämie, Diabetes und Stresshyperglykämie wurde<br />

genauer bei 25 Patienten mittels NMR untersucht. Es zeigte sich, dass der mittlere Blutzuckerwert<br />

über die ersten 4 Tage nach Schlaganfall der einzige signifikante Prädiktor für die Zunahme des<br />

geschädigten Areals war. Das besonders betroffene Gebiet ist die ischämische Penumbra. Es werden<br />

nicht nur die vaskulären Effekte der Hyperglykämie sondern auch die pro-inflammatorischen und<br />

pro-oxidativen Effekte angeführt. Ein Editorial in Stroke 2006 fordert die Durchführung einer<br />

prospektiven Studie zur Klärung des Effektes einer strengen Blutzuckereinstellung auf den Verlauf<br />

des Schlaganfalls.<br />

Risiko der Insulintherapie<br />

Die schwere Hypoglykämie < 40 mg/dl wird als das größte Risiko der kontinuierlichen Insulintherapie<br />

betrachtet. Es werden auch immer wieder Fälle von bleibenden neurologischen Schäden berichtet.<br />

Jedoch deutet die Studienlage darauf hin, dass Hypoglykämien aufgrund der intensivierten<br />

Insulintherapie sich nicht so gravierend auf die Prognose auswirken, wie Hypoglykämien aufgrund<br />

einer eingeschränkten Gluconeogenese im Schock oder bei Leberversagen. Aus den vorliegenden<br />

Daten sollte daher aus dem Auftreten von Hypoglykämien nicht unmittelbar auf ein verschlechtertes<br />

Outcome geschlossen werden. Es wird wahrscheinlich bei Implementierung einer intensivierten<br />

Insulintherapie in jedem Fall zu einem gewissen Anstieg der Hypoglykämien kommen. Aufgrund<br />

einer Verbesserung in der Implementierung eines Insulinprotokolls konnten Haisjacki und Mitarbeiter<br />

ihre schwere Hypogly kämierate auf den Wert vor der Intensivierten Therapie im zweiten Jahr<br />

nach der Implementierung senken. Allerdings sollten häufige Hypoglykämien als Hinweis auf ein<br />

Verbesserungspotential der Intensivbehandlungsprozesse gewertet werden.<br />

Praktische Therapie der Hyperglykämie<br />

Die praktische Umsetzung der Therapie der Hyperglykämie muss zwei Gesichtspunkte berücksichtigen.<br />

Einerseits muss bei akuten Erkrankungen, insbesondere wenn eine Aufnahme auf eine Intensivstation<br />

notwendig ist, der Blutzucker mehrmals täglich bestimmt werden.<br />

Andererseits sollte ein Protokoll zwischen Pflegemannschaft und Ärzten vereinbart werden, das<br />

Blutzuckerbestimmungen, die Beurteilung des Ergebnisses und die therapeutischen Entscheidungen<br />

klar regelt. Die meisten erfolgreichen Protokolle haben den am Bett arbeitenden Pflegepersonen<br />

Entscheidungskompetenz übertragen. Die Blutzuckerbestimmung sollte allerdings auch leicht<br />

und schnell verfügbar sein. Es sollte auch evaluiert werden, ob die angewandte Methode für den<br />

angestrebten Zielbereich vorgesehen und präzise ist.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 55<br />

SOP Intensivierte Insulintherapie Version vom 25.02.2007<br />

SOP: Intensivierte Intensivtherapie www.glucontrol.org<br />

Protokoll<br />

Therapiestart Indiziert bei:<br />

Test Ergebnis Therapie jeder Schock<br />

BZ (mg/dl) Actrapid jede schwere Infektion<br />

Myokardinfarkt<br />

Reflo bei ICU-Aufnahme > 180 4 IE/h Hirnblutung und SHT<br />

140-180 2 IE/h Ischämischer Insult<br />

110-140 1 IE/h<br />

300 Erhöhen um 3 IE/h<br />

2mal pro Schicht 181-300 um 2 IE/h<br />

141-180 um 1 IE/h<br />

121-140 um 0,5 IE/h<br />

80-120 keine Änderung<br />

40-79 Stopp Insulin, Reflo stündlich<br />

bis BZ > 80<br />

80<br />

12g Glucose i.v.<br />

Fehleranalyse<br />

Bei Unterbrechung der Kohlenhydratzufuhr: Stopp Insulin zeitgleich


56<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

SOP Diagnostik und Therapie der Lungenembolie<br />

© Dr. Thorsten Lamprecht und Dr. Hendrik Bachmann<br />

1. Obligate Inhalte der Basisdiagnostik bei jedem Verdacht auf<br />

Lungenembolie:<br />

• Vitalparameter (RR, Puls)<br />

• Auskultation (Ausschluss Lungenödem, Ausschluss Pneumothorax)<br />

• EKG (Rechtsherzbelastungszeichen, Ausschluss Infarkt)<br />

• Pulsoxymetrie (Ausmaß der Hypoxie), keine BGA, solange die Indikation zur Lyse nicht geklärt<br />

ist.<br />

• kleine Routine<br />

• D-Dimere: nur bei niedriger Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie<br />

• Troponin I: zur Risikostratifizierung bei V.a. Lungenembolie der Risikogruppe 2<br />

2. Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie bestimmen<br />

Klinisches Zeichen<br />

Punkte<br />

Klinische Zeichen einer Beinvenenthrombose 3<br />

Tachykardie > 100 1,5<br />

OP oder Immobilisation in den vergangenen 4<br />

Wochen 1,5<br />

Zustand nach Thrombose oder Lungenembolie1,5<br />

Hämoptysen 1,0<br />

Tumorerkrankung aktuell oder in den<br />

vergangenen 6 Monaten 1,0<br />

Lungenembolie (aufgrund der Klinik)<br />

wahrscheinlicher als eine andere Diagnose 3,0<br />

Score < 2,0<br />

Lungenembolie unwahrscheinlich<br />

Score > 2,0<br />

Lungenembolie wahrscheinlich<br />

Score > 6,0<br />

Hohe Wahrscheinlichkeit einer<br />

Lungenembolie<br />

3. Risikostratifizierung und Vorgehen danach ausrichten<br />

Stadium Definition<br />

I<br />

Keine Symptome<br />

Vorgehen<br />

Bei dennoch bestehendem Verdacht auf<br />

Lungenembolie Beginn mit Antikoagulation,<br />

Bestätigung der Diagnose binnen 24 Stunden<br />

im Regeldienst.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 57<br />

Stadium Definition<br />

Vorgehen<br />

II<br />

Symptome, Zeichen der<br />

Rechtsherzbelastung<br />

Bei symptomatischen hämodynamisch stabilen<br />

Patienten mit Lungenembolie sofortige<br />

Antikoagulation und intensivmedizinische<br />

Versorgung, rasche Diagnosesicherung und<br />

Echokardiographie. Option der Lyse offen<br />

halten, daher keine invasiven Maßnahmen<br />

(ZVK, BGA); der Benefit einer Lyse<br />

ist umstritten, es dürfen keine relativen<br />

Kontraindikationen vorliegen.<br />

III<br />

Hämodynamisch instabile<br />

Lungenembolie (positiver Schockindex,<br />

schwere Atemnot, beginnende Hypoxie)<br />

Beschränkung auf die Durchführung<br />

der Antikoagulation, Basisdiagnostik,<br />

falls verfügbar, kurze Bestätigung durch<br />

Echokardiographie und rasche Entscheidung<br />

bezüglich Lyse. Der Effekt einer Lyse ist<br />

gesichert. Keine invasiven Maßnahmen (ZVK,<br />

BGA)<br />

IV<br />

Kardiogener Schock<br />

Bei klinischem Eindruck einer Lungenembolie<br />

sofortige Lyse ohne Abfrage von<br />

Kontraindikationen, Reanimation ggf. bis<br />

mindestens 30 Minuten nach Lysebeginn<br />

fortsetzen. Keine invasiven Maßnahmen (ZVK,<br />

BGA)<br />

4. Basistherapie einer gesicherten Lungenembolie<br />

Antikoagulation:<br />

• Initiale Antikoagulation (Laborwerte noch nicht bekannt): 5000 I.E. Heparin i.v.<br />

• Folgeantikoagulation bei normalem Kreatinin: Clexane ® nach Körpergewicht 1-0-1 s.c.<br />

• Folgeantikoagulation bei Niereninsuffizienz (Krea > 1,3): 25.000 I.E. Liquemin in Perfusor, Start<br />

mit 2 ml/h, einmal pro Schicht PTT, Ziel: PTT 2-3mal verlängert<br />

• Marcumar ®: Beginn, sobald keine invasive Diagnostik mehr ansteht<br />

Immobilisation:<br />

• bei klinisch manifester oder bereits bekannter Beinvenenthrombose bis zum Abschwellen des<br />

•<br />

Beines<br />

bei nicht diagnostizierter Beinvenenthrombose bis zur Bildgebung durch<br />

Kompressionsvenensonographie<br />

• bei Venenthrombosen bis zum Leistenband Mobilisation unter Kompression,sobald Bein<br />

abgeschwollen ist<br />

Kompression:<br />

Sofort bei geschwollenem Bein mittels Kompressionsverband<br />

In jedem Fall aber vor Mobilisation; durch Venenkompressionsstrümpfe (keine AE-Strümpfe) oder<br />

mittels Kompressionsverband


58<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

5. Lysetherapie einer Lungenembolie<br />

Antikoagulation wie oben beschrieben<br />

Boluslyse bei Reanimationsbedingungen: 0,6mg/kg in 2min als Bolus (70kg: 40mg Actilyse i.v. im<br />

Bolus)<br />

Kurzlyse (bevorzugt): Perfusor mit 100mg Actilyse: 10mg rTPA als Bolus, dann 90mg über 120min<br />

SOP Obere Gi-Blutung und Ösophagusvarizenblutung<br />

© Dr. Franziska Allert und Dr. Hendrik Bachmann<br />

Letalität akuter Varizenblutungen: ca. 25%, je nach Koinzidenz<br />

Kritische Grenze des Blutverlustes: ~ 35% d. Blutvolumens = 4% d. Körperwassers<br />

Risikoabschätzung:<br />

Hämatokrit, Hb<br />

Sichtbarer Blutverlust<br />

Kreislaufreaktionen<br />

Durch proport. Erythrozyten- und Plasmaverlust bleiben Hb/<br />

Hkt in der Akutphase unverändert kein geeignetes Mittel der<br />

Risikoabschätzung<br />

Erst nach 72 h Redistribution aus Extrazellularraum (Hb, Hkt fällt,<br />

durch Infusionen beschleunigt)<br />

Geringer sichtbarer Blutverlust korreliert nicht sicher mit dem echten<br />

Verlust, hoher sichtbarer Blutverlust bedeutet vital bedrohliche<br />

Blutung<br />

Hypotonie und Tachykardie sind frühe Merkmale eines bedeutsamen<br />

Blutverlustes und sind daher die wichtigsten Warnzeichen.<br />

Abschätzung der Blutungsstärke<br />

Leicht Mittel Schwer<br />

Sichtbarer Blutverlust < 250 ml 250-500 ml > 500<br />

Kreislaufreaktionen keine Tachykardie, Hypotonie Schock<br />

Klinik des Patienten Keine bis Durst, Übelkeit Unruhe<br />

Indikation zur intensivmedizinischen Überwachung<br />

Nach o.g. Kriterien mittlerer bis schwerer Blutverlust oder V.a. Ösophagusvarizenblutung


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 59<br />

Aufnahmediagnostik<br />

Vitalparameter<br />

Labor<br />

Sono<br />

Zur Abschätzung der Blutungsstärke und der Volumensubstitution<br />

Venöse BGA zur Sofortanalyse<br />

Kleine Routine plus Kreuzblut:<br />

2 EK bei geschätztem geringen Blutverlust<br />

4 EK gekreuzt bei mittlerem Blutverlust<br />

6 EK, davon zwei ungekreuzt plus 1 FFP bei schwerem Blutverlust<br />

Bei V.a. Ösophagusvarizenblutung:<br />

CHE, Bili, AP, yGT, Lactat, NH³<br />

Orientierende Notfallsonographie: Freie Flüssigkeit? Leberzirrhose?<br />

Erstmaßnahmen<br />

Zugänge legen<br />

Volumensubstitution<br />

Oberkörperhochlagerung<br />

Sicherung der Atemwege<br />

2 großvolumige (graue) Braunülen, ZVK nur bei fehlenden<br />

peripheren Venen<br />

Kein Unterschied zwischen kristalloiden oder kolloidalen Lösungen<br />

zur Substitution. 1000 ml Sterofundin binnen der ersten 30 Minuten<br />

bis zur Normalisierung des Schockindex.<br />

Solange Bewusstsein besteht, 30° OK-Hochlagerung, bei<br />

Bewusstseinsstörung stabile Seitenlage bis zur Intubation<br />

Intubation bei Bewusstseinsstörung frühzeitig.<br />

Ileuseinleitung:<br />

1 Amp. Etomidate und 1 Amp. Esmeron direkt hintereinander spritzen<br />

bei Wirkungseintritt sofortige Intubation ohne Zwischenbeatmung<br />

Endoskopie<br />

Die Indizierung und Durchführung endoskopischer Maßnahmen liegt alleine beim diensthabenden<br />

Oberarzt der Medizinischen Klinik II.<br />

Erweiterte Maßnahmen<br />

EK-Gabe<br />

Hb > 10 UND leichter<br />

Blutverlust<br />

Reine Volumensubstitution<br />

Hb 8-10 ODER mittlerer<br />

Blutverlust<br />

Initiale Gabe von 2 EK mit anschl. Erfolgskontrolle per BGA<br />

Hb < 8 ODER starker Initiale Gabe von 4 EK mit anschl. Erfolgskontrolle per BGA<br />

Blutverlust<br />

Hb < 8 UND starker Initiale Gabe von 2 ungekreuzten EK, Kreuzung und Bestellung<br />

Blutverlust mit vitaler Gefahrweiterer 4 EK und 1 FFP, pro weitere 2 EK ein FFP<br />

Thrombozytengabe<br />

Indikation bei Blutung unter schwerer Thrombozytopenie. 1 Apherese-TK = erhöht die<br />

Thrombozytenzahl um 20-60/nl


60<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

PPSB<br />

1IE PPSB/kg KG erhöht Quick um 1 Prozent<br />

Medikamente:<br />

Medikament Wirkung Dosierung<br />

Antra/Pantozol ®<br />

Stilamin ®<br />

Glycilpressin ®<br />

Erythrocin ®<br />

Antibiotika<br />

PH-Wert-Anhebung > 6 (Blutstillung<br />

und Gerinnung sind bei einem pH <<br />

5,4 aufgehoben)<br />

Indikation bei blutenden<br />

Ösophagusvarizen, Reduktion des<br />

portalvenösen Flusses<br />

Konstriktkion des<br />

Splanchnikussystems, Senkung des<br />

Pfortaderdruckes.<br />

Senkt als einzige Substanz die<br />

Mortalität, effektiver und teurer als<br />

Stilamin.<br />

potenter Motilin Rezeptor Agonist<br />

, bewirkt darüber eine rasche<br />

Magenentleerung<br />

Verhinderung einer Infektion durch<br />

Darmkeime<br />

Therapieversagen und Rezidivblutung<br />

Therapie Indikation Einschätzung<br />

Endoskopie<br />

Sengstaken-<br />

Blakemore-Sonde<br />

Linton-<br />

Nachlasssonde<br />

Chirurgie<br />

Rezidivblutung nach erfolgreicher<br />

Blutstillung<br />

Ösophagusvarizenblutung im mittleren<br />

und distalen Ösophagus<br />

Blutung aus Fundusvarizen des<br />

Magens<br />

Perforation eines Hohlorgans,<br />

endoksopisch nicht stillbare<br />

Ulcusblutung<br />

Omeprazol oder Pantoprazol:<br />

Bolus 80mg i.v., anschl. Perfusor<br />

80mg/40ml mit 4 ml/h für 72 Stunden.<br />

Die Gabe mit Perfusor ist der<br />

Kurzinfusion überlegen.<br />

Somatostatin:<br />

Perfuor mit 3mg/50ml mit 4 ml/h<br />

Terlipressin:<br />

2mg i.v. als Bolus, wirkt nach 10<br />

Minuten für 4-6 Stunden<br />

2-2-2 mg für 5 Tage i.v.<br />

Erhebliche NW: Koronare Ischämie,<br />

starke Blässe, Stuhlgang<br />

Erythromycin:<br />

250mg als Kurzinfusion 30 Minuten vor<br />

der Gastroskopie<br />

Bei Ösophagusvarizen besteht<br />

eine Indikation zur Prophylaxe!<br />

Cephalosporinen wird der Vorzug<br />

gegeben (Cerfuroxim, Ceftriaxon)<br />

Erste Maßnahme der Wahl bei<br />

Rezidivblutung, eine weitere<br />

erfolgreiche und definitive Blutstillung<br />

ist möglich.<br />

Kann einen Tod durch massive Blutung<br />

verzögern, jedoch selten aufhalten,<br />

daher Kombination mit weiteren<br />

Maßnahmen: Terlipressin, Somatostatin,<br />

Re-Endoskopie.<br />

Vielversprechende Alternative bei<br />

Endoskopieversagen bei Ulcera,<br />

Imperative Therapieindikation bei<br />

Perforation


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 61<br />

SOP Diagnose und Therapie der Sepsis<br />

© Dr. med. Britta Kairies und Dr. med. H. Bachmann<br />

Diagnosekriterien und Definition<br />

Infektion<br />

• Nachweis einer Infektion durch mikrobiologischen Nachweis oder klinische<br />

• Kriterien (z.B. Infiltrat im Thoraxbild, Eiterentleerung, Pyurie, Vegetationen im Echokardiogramm,<br />

Cholezystitiskriterien im Sonogramm etc.)<br />

SIRS (Severe inflammatory responsive syndrome), mind. 2. Kriterien:<br />

• Fieber > 38 °C oder Hypothermie < 36 °C (rektal)<br />

• Tachykardie >90/min<br />

• Tachypnoe >20/min oder Hyperventilation paCO2 12000/mm3 oder Leukopenie < 4000/ mm3 oder > 10% unreife Neutrophile im<br />

Differentialblutbild<br />

Akute Organdysfunktion, mind. 1 Kriterium:<br />

• Gehirn: Akute Encephalopathie: eingeschränkte Vigilanz, Desorientiertheit, Unruhe, Delirium<br />

• DIC: Relative oder absolute Thrombozytopenie: Abfall um > 30% in 24h oder Zahl < 100000/<br />

mm3 (Ausschluss einer Blutung oder immunologischer Ursachen)<br />

• Lunge: Arterielle Hypoxämie: paO2 < 75mmHg unter Raumluft oder paO2/Fi02 < 250 (Ausschluss<br />

manifeste Herz-Lungenerkrankung als Ursache)<br />

• Niere: Renale Dysfunktion: Diurese < 0,5ml/kg/h über 2h trotz adäquater Flüssigkeitssubstitution<br />

• Hämodynamik und Oxygenierung: Metabolische Azidose: BE < -5mmol/l oder Lactat > 3<br />

mmol/l<br />

Sepsis<br />

Schwere Sepsis<br />

Septischer Schock<br />

Infektion plus SIRS<br />

Infektion, SIRS und mindestens 1<br />

Organdysfunktion<br />

Sepsis sowie für mind. 1h syst. Art. RR<br />

< 80mmHg, bzw. MAP


62<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

II<br />

Labor:<br />

Diagnostik, Fokussuche<br />

• bei Erstlabor: gr. Routine, große Gerinnung (Quick, PTT, Fibrinogen, AT3), venöse BGA aus dem<br />

ZVK (Azidose, zentralvenöse Sättigung)<br />

• Folgelabor: kleine Routine (bb, HKE, CRP, CK, GOT, GPT, LDH), große Gerinnung (Quick,<br />

PTT, Fibrinogen, AT3), Lactat, zentralvenöse BGA sowie die pathologischen Laborparameter des<br />

Erstlabores<br />

Mikrobiologie<br />

• Abnahme von Blutkulturen vor Beginn einer antibiotischen Therapie, bei bereits laufender Antibiose<br />

direkt vor der nächsten Gabe; Abnahme möglichst nicht über ZVK oder arterielle Kanüle<br />

1<br />

• Abnahme von Trachealsekret mit Gramfärbung und Urinkultur vor Beginn der antibiotischen<br />

Therapie<br />

2<br />

• Bei klinischem V.a. Meningitis CCT und Liquorpunktion mit Gramfärbung vor antibiotischer<br />

Therapie 3<br />

• Entnahme von Abstrichen aus potentiellen Foci, ggf. intraoperative Abstriche<br />

• Bei V.a. Katheter-assoziierte Sepsis:<br />

• Entfernung invasiver Katheter, die als Infektionsquelle in Frage kommen mit mikrobiolog. Untersuchung<br />

der Katheterspitze, vor Entfernung zusätzlich Abnahme von Blutkulturen über liegenden<br />

Katheter<br />

Bildgebung zur Fokussuche<br />

• Röntgen-Thorax<br />

• Abdomen-Sonographie (obligat bei renaler Dysfunktion)<br />

• erweiterte Bildgebung per CT nach Rücksprache mit OA<br />

• TEE bei V.a. Endokarditis<br />

Monitoring<br />

• Laborparameter: initial zweimal pro Tag (siehe unter Labor)<br />

• ZVD-Messung: dient v.a. als Variable zur Bestimmung des systemischen vask. Widerstandes<br />

• PICCO-Monitoring: Bevorzugtes Monitoringverfahren im septischen Schock (Vasopressorbedarf),<br />

Kalibration einmal pro Schicht.<br />

• Pulsoxymetrie und Überwachung des O2-Bedarfes (siehe Indikation zur Beatmung)<br />

1 Gramfärbung anfordern in der Regeldienstzeit, wenn für frühzeitige gezielte<br />

Antibiotikaauswahl hilfreich<br />

2 Zum Ausschluss eines Hirndruckes<br />

3 Zweites Röhrchen im Kühschrank asservieren, falls pathologischer Liquorbefund


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 63<br />

Kausale Therapie<br />

• Fokussanierung, wo immer möglich z.B. Abszessdrainage, Splinteinlage, Amputation…<br />

• Intravenöse Antibiotikatherapie mit frühestmöglichem Beginn (innerhalb einer Stunde !) mit<br />

Reevaluation nach 48-72h (unter Berücksichtigung der mikrobiologischen Befunde), Dauer max.<br />

7-10 d<br />

• für die Antibiotikaauswahl gilt der jeweils aktuelle Standard der Antibiotikakommission<br />

Supportive Therapie<br />

Hämodynamische Stabilisierung:<br />

• Schritt 1: Volumensubstitution, provisorisches Ziel (vor ZVD-Analyse und PICCO-Messung):<br />

Halsvenenfüllung in der Exspiration auch bei 30°-Hochlagerung klar sichtbar),<br />

•<br />

Ziel MAP>65mmHg, zentralvenöse Sättigung >70%,<br />

•<br />

Gabe von Kristalloiden (initial 500-1000ml) oder Kolloiden (initial 500ml)<br />

• Schritt 2: Anhebung des HZV mit Dobutamin (keine supranormalen Werte)<br />

• Schritt 3: Blutdruckanhebung mit Noradrenalin (keine Empfehlung für Adrenalin und Vasopressin)<br />

• EK-Gabe zur Anhebung der zentralvenösen Sättigung, wenn Volumengabe allein nicht ausreichend<br />

(Mindest-Hb 7-9g%, bei schwerer KHK >10g%)<br />

•<br />

Keine Empfehlung für Humanalbumin<br />

Pulmonale Stabilisierung:<br />

• frühzeitige Respiratortherapie<br />

• bei Sättigungsabfall < 90% unter max. 4 Liter O2 über Sonde<br />

• bei Vigilanzstörung mit drohender Aspiration<br />

• Lungenprotektive Beatmung (AZV 6ml/kgKG, Plateaudruck 7,20, nicht bei erhöhtem Hirndruck)<br />

• Spontanatmungsversuch 1xtgl bei stabilen Patienten<br />

Thromboseprophylaxe mit unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin<br />

Ernährung bevorzugt enteral, siehe SOP künstliche Ernährung<br />

Intensivierte Insulintherapie , siehe SOP intensivierte Insulintherapie<br />

Stressulcusprophylaxe:


64<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Protonenpumpeninhibitoren bei Vasopressorbedarf<br />

bei Erreichen einer vollständigen enteralen Ernährung und ohne Vasopressoren bedarf es keiner medikamentösen<br />

Säureblockade mehr<br />

Adjunktive Therapie<br />

Hydrocortison:<br />

Gabe bei septischem Schock, wenn Vasopressortherapie erforderlich; 200mg kontinuierlich über<br />

24h; ausschleichende Gabe nach Beendigung der Vasopressortherapie (Halbierung der Dosis alle 2<br />

Tage)<br />

Rekombinantes aktiviertes Protein C (Xigris®):<br />

Gabe innerhalb von 48h (möglichst bereits 24h) bei schwerer Sepsis mit mindestens 2 Organversagen;<br />

CAVE: Erhöhung des Blutungsrisikos, frühestens 12h nach operativen Eingriffen, 2h vor geplanten<br />

Interventionen absetzen. Dosierung. 24μg/kgKG/h über 96h<br />

derzeit keine Empfehlung für AT III, Immunglobuline oder Selen


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 65<br />

SOP Sequenzielles Sedierungs- und Analgesie-Management<br />

Der Ramsay-Score<br />

Bei beatmeten Patienten wird die Ergebnisqualität der aktuellen Respiratoreinstellung und der daraus<br />

resultierenden Ventilation und Oxygenierung mit der Blutgasanalyse (BGA) bestimmt. Entspricht diese<br />

nicht den Erwartungen, wird die Beatmung modifiziert und eine erneute Kontrolle durchgeführt. Im<br />

Beatmungsprotokoll werden die Ergebnisse der Blutgasanalysen zusammen mit den entsprechenden<br />

Respiratoreinstellungen festgehalten. Dieses Verfahren zur Dokumentation und Qualitätssicherung<br />

der Beatmung ist allgemein anerkannt und etabliert.<br />

Der modifizierte RAMSAY-<br />

Score ermöglicht durch die<br />

Benutzung einer einheitlichen<br />

Terminologie zur Beschreibung<br />

der Sedierungstiefe eine<br />

analoge Erstellung eines<br />

Sedierungsprotokolls.<br />

Der RAMSAY-Score ist kein<br />

Stufenschema, sondern durch<br />

fließende Übergänge der<br />

Sedierungsqualitäten gekennzeichnet.<br />

Täglich muss für einen Patienten<br />

eine individuelle Vorgabe unter<br />

Einbeziehung des Tag-Nacht-<br />

Rhythmus durch das Team<br />

festgelegt werden. Das erfordert<br />

eine spezifische und dynamische<br />

Anpassung der Sedativa- und<br />

Analgetikadosierung entsprechend dem Algorithmus in Abbildung 2. Die Dokumentation soll 2- bis<br />

3mal pro Schicht erfolgen.<br />

Zur Schulung des Personals müssen an Beispielen die RAMSAY Stadien dargestellt werden, um<br />

eine einheitliche Terminologie auf der Station zu gewährleisten.


66<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

Auswahl der Medikamente zur Sedierung und Analgesie<br />

Die Säulen eines Sedierungs- und Analgesie-Managements sind eine adäquate Bewußtseinsdämpfung,<br />

eine ausreichende Analgesie und eine gute vegetative Dämpfung.<br />

Die heute zur Sedierung und Analgesie gebräuchlichen Pharmaka erfüllen diese Idealforderungen nur<br />

teilweise. Gerade bei der Kombination von Fentanyl/Midazolam kommt es häufig trotz Dosiserhöhung<br />

zu keiner Verbesserung der Wirkung und zu keiner Vertiefung der Sedierung. Dieser<br />

»Ceiling-Effekt«, der besonders bei Benzodiazepinen ausgeprägt ist, führt zu einem verzögerten<br />

Aufwachen, das sich insbesondere bei älteren Patienten über Tage erstrecken kann.<br />

Eine wertvolle Hilfe bei der Auswahl der Medikamente zur kontinuierlichen Sedierung und Analgesie<br />

stellt die von Hughes et al. entwickelte »Kontext-sensitive Halbwertszeit« dar. Dieses pharmakokinetische<br />

Modell beschreibt die Halbwertszeit, innerhalb der die Plasmakonzentration<br />

eines Medikamentes nach Dauerinfusion auf die Hälfte abfällt. Je kürzer die »Kontext-sensitive<br />

Halbwertszeit« ist, desto besser lassen sich die Plasmakonzentrationen steuern und die Sedierungsqualität<br />

modifizieren.<br />

Um die Forderung einer sicheren und einfachen Anwendung zu erfüllen, sollte die Anzahl der Standardpharmaka<br />

zur Sedierung, Analgesie und vegetativen Dämpfung möglichst gering gehalten<br />

werden. Dadurch wird einer Polypragmasie vorgebeugt und eine gute Kenntnis des Wirkungsprofils,<br />

der Nebenwirkungen und der Dosierungen der Pharmaka wird von allen Mitarbeitern<br />

des Teams besser erreicht. Alle Medikamente sollten immer in getrennten Spritzenpumpen appliziert<br />

werden.<br />

Die Basiskombination Propofol/Sufentanil eignet sich besonders gut, da beide Medikamente eine<br />

kurze und nahezu identische »Kontext-sensitive Halbwertszeit« (Abb. 4) haben.<br />

Ein Standard-Sedierungs- und Analgesie-Management sollte 90-95% der Patienten gerecht werden<br />

können.<br />

Bei bestimmten Vorerkrankungen muss eine individuelle Anpassung erfolgen.<br />

Hypnotika<br />

Propofol<br />

Propofol ist in Deutschland ab dem 16.Lebensjahr zur Sedierung für maximal 7 Tage im intensivmedizinischen<br />

Bereich zugelassen. Propofol besitzt eine sedativ-hypnotische, jedoch keine analgetische<br />

Wirkung. Aufgrund der hohen Metabolisierungsrate und der über beliebige Applikationszeiten<br />

fast konstant kurzen kontext-sensitiven Halbwertszeit mit rascher Aufwachzeit und<br />

der Tatsache, dass es keine aktiven Metabolite bildet und kaum kumuliert, ist das Medikament<br />

gut steuerbar und daher besonders zur kurz- und mittelfristigen Sedierung und im Rahmen der<br />

Weaningphase von der maschinellen Beat-mung geeignet.<br />

Probleme einer Propofoltherapie bestehen vor allem in der Möglichkeit des Blutdruckabfalls durch<br />

peripheren Widerstandsverlust, der Kontaminationsgefahr und im möglichen Anstieg von Triglyceriden,<br />

Lipase und Amylase bei Langzeitsedierung, da das Medikament als Fettemulsion<br />

vorliegt (ggf. kalorische Mitbilanzierung besonders bei Langzeitanwendung und Kontrolle<br />

der entsprechenden Laborparameter).Eine Dosisbegrenzung (≤4 mg/kgKG/h, bei 70kg-Patient:<br />

10ml/h) ist erforderlich, um die Gefahr der Entwicklung eines Propofol-Infusions-Syndroms<br />

zu reduzieren (mögliche Symptome: Herzrhythmusstörungen, Herzversagen, Rhabdomyolyse,<br />

schwere metabolische Azidose, akutes Nierenversagen).


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 67<br />

Zur frühzeitigen Erkennung sollen regelmäßige Laborkontrollen (insbesondere Laktat und pH-Wert)<br />

erfolgen.<br />

Ketamin<br />

Ketamin wirkt dosisabhängig in subanästhetischer Dosis ausschließlich analgetisch, eine höhere Dosierung<br />

bewirkt eine Somnolenz bis dissoziative Anästhesie. Aufgrund der psychomimetischen<br />

Wirkung kann die Kombination mit einem Benzodiazepin sowie ggf. einem Vagolytikum zur<br />

Salivationsreduktion erforderlich werden. Die vorrangigen Indikationen zum Einsatz von Ketamin<br />

als Monoanalgetikum sind die Analgosedierung bei Patienten mit Bronchospasmus (z.B.<br />

Asthmapatienten) und die Beatmung von Patienten mit hypotensiver Kreislaufsituation aus<br />

nicht-kardiogener Ursache. Für NMDA-Antagonisten im allgemeinen und Ketamin im besonderen<br />

konnte sowohl im Tierexperiment als auch am Menschen belegt werden, dass diese Substanzgruppe<br />

die opioidbedingte Toleranzentwicklung wirksam unterdrücken kann und zwar in<br />

Dosierungen, die selbst unterhalb der analgetischen Dosierung liegen. Diese Tatsache ist gerade<br />

für den Intensivpatienten mit längerfristiger Opioidgabe von außerordentlich großer Bedeutung,<br />

da damit die analgetische Wirkung der Opioide erhalten bleibt, die dosisabhängigen<br />

Nebenwirkungen reduziert werden und eine erhebliche Kosteneinsparung erzielt werden kann.<br />

In den eingesetzten Dosierungen (< 1mg / kg / h) gibt es für Ketamin keine nachgewiesenen<br />

kardiovaskulären oder psychomimetischen Nebenwirkungen.<br />

Midazolam<br />

Wasserlösliches Benzodiazepin mit geringer kardiovaskulärer und guter amnestischer Wirkung. Relativ<br />

kurzeEliminationshalbwertszeit (1-3 h). Bei längerer und höherer Anwendung und Dosierung<br />

kann es zu einem »Ceiling-Effekt« kommen. Bestandteil der oft angewandten fixen Kombination<br />

mit Fentanyl.<br />

Analgetika<br />

Fentanyl<br />

Klassisches Opiat. µ-Agonist und 100- bis 300mal so potent wie Morphin. Geringe hypnotische Wirkung.<br />

Wegen der langen »Kontext-sensitiven Halbwertszeit« schlecht steuerbar.<br />

Geringe kardiovaskuläre Wirkung.<br />

Sufentanil (Sufenta ®)<br />

µ-Agonist und 5- bis lOmal so potent wie Fentanyl. Ausgeprägte sedierende Komponente.<br />

Kurze, etwa gleichlange »Kontext-sensitive Halbwertszeit« wie Propofol. Gut steuerbar. Geringere<br />

Atemdepression. Geeignet in Kombination mit Propofol zur Sedierung und Analgesie.<br />

Remifentanil (Ultiva®)<br />

Auf der Grundlage seiner pharmakologischen Besonderheiten gewinnt auch Remifentanil zunehmend<br />

an Bedeutung im intensivmedizinischen Analgesiekonzept. Insbesondere multimorbide Patienten<br />

mit Leber- und/oder Nierenfunktionsstörungen profitieren von gut steuerbaren Substanzen<br />

mit kontrollierter Wirkdauer. Dies verringert die Gefahr von Akkumulationen und sich daraus<br />

ergebenden verlängerten Beatmungszeiten mit erhöhtem Pneumonierisiko. Remifentanil wird<br />

durch unspezifische Esterasen nieren- und leber-unabhängig abgebaut, wobei mit Remifentanilsäure<br />

ein Metabolit mit nur minimaler Affinität zum Opioidrezeptor entsteht, sodass insbesondere<br />

bei der bei Intensivpatienten häufig vorkommenden renalen Dysfunktion selbst bei längerfristiger<br />

Remifentanilanwendung keine prolongierten Wirkungen auftraten. Mit Remifentanil<br />

ist auch unter den Bedingungen der <strong>Intensivmedizin</strong> eine zügige Extubation möglich.Ein weiterer<br />

Vorteil der Remifentaniltherapie besteht in der rasch erzielbaren neurologischen Beurteil-


68<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

barkeit der Patienten. Auch bei speziellen Patientengruppen wie bei Schwerst-Brand-verletzten<br />

bietet die Anwendung von Remifentanil Vorteile.<br />

Co-Medikation<br />

Alpha2-Adrenozeptoragonisten: Clonidin.<br />

Die Relevanz der Alpha2-Adrenozeptor-agonisten hat in den letzten Jahren sowohl unter klinischen<br />

als auch ökonomischen Aspekten zugenommen. Klinisch zeichnen sich diese Substanzen vorrangig<br />

durch eine analgosedative, anxiolytische und antihypertensive Wirkung aus. Der Sympathikotonus<br />

wird gesenkt. Clonidin kann bei folgenden Indikationsstellungen eingesetzt werden:<br />

Basissedierung (insbesondere bei hypertensiven Intensivpatienten), Therapie sympathiko-adrenerg-stimulierter<br />

und paradoxer Aufwachreaktionen, Prophylaxe und Behandlung von<br />

Entzugssyndromen nach Langzeitanalgosedierung oder bei vorbestehendem Alkoholabusus,<br />

Reduktion des postoperativen Shiverings. Eine adjuvante Therapie mit Alpha2-Adrenozeptoragonisten<br />

kann eine Dosisreduktion von Sedativa und Analgetika induzieren und damit deren<br />

Nebenwirkungen (z.B. Atemdepression durch Opioide und Benzodiazepine) reduzieren sowie<br />

zu einer Einsparung teurer Medikamente führen.<br />

Folgende Nebenwirkungen begrenzen den Einsatz von Clonidin: bradykarde Herzrhythmusstörungen<br />

durch Verlängerung der Refraktärzeit des AV-Knotens, Blutdruckabfall durch Reduktion des<br />

peripheren Widerstandes und Hemmung der gastrointestinalen Motilität jedoch ohne Beeinträchtigung<br />

der Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt.<br />

Neuroleptika<br />

Von den zur Verfügung stehenden Neuroleptika sind für den intensivmedizinischen Bereich vor allem<br />

Haloperidol und Promethazin relevant. Haloperidol ist insbesondere bei produktiv-psychotischen<br />

Symptomen indiziert, die bei 8% der Patienten auftreten.<br />

Bei höher dosierter Anwendung, insbesondere bei älteren mit Antidepressiva vorbehandelten Patienten,<br />

ist auf das Auftreten extrapyramidaler Nebenwirkungen und im EKG auf eine potentielle<br />

Verlängerung des QT-Intervalls zu achten.<br />

Co-Analgetika<br />

Der Einsatz adjuvanter Substanzen zur Analgesie und Sedierung und die Kombination mit Nonsteroidal<br />

Anti-InflammatoryDrugs (NSAID) und anderen Nicht-Opioid-Analgetika können unter<br />

strikter Beachtung der Kontraindikationen in allen Phasen der Analgosedierung erwogen werden.<br />

Im Rahmen des Weaningprozesses sollte vorzugsweise Clonidin zur Anwendung kommen.<br />

Die Vorteile des Einsatzes adjuvanter Substanzenbestehen in ihrem opioid-sparenden Effekt und damit<br />

der Möglichkeit der Reduktion der Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, Harnverhalt,<br />

Pruritus und der Optimierung der Darmfunktion mit Minderung der postoperativen<br />

Ileusgefahr.<br />

Im intensivmedizinischen Bereich kommen vorrangig nichtsaure antipyretische Analgetika (Paracetamol,<br />

Metamizol) zur Anwendung, da ihre gastrointestinale Toxizität geringer ist als die der<br />

sauren antipyretischen Analgetika. Eine neben der Schmerzreduktion intensivmedizinisch oft<br />

erwünschte weitere Wirkung der genannten Medikamente besteht in der Fiebersenkung. Zu beachten<br />

ist, dass beim Intensivpatienten neben der gastrointestinalen Toxizität häufig Kontraindikationen<br />

für die Gabe von NSAID bestehen (eingeschränkte Nierenfunktion, Hypovolämie<br />

oder Vasopressorgabe). Coxibe (Parecoxib) dürfen nur zur Anwendung bei nicht kardiovaskulär<br />

vorerkrankten Patienten kommen. Außerdem sollte beachtet werden, dass - wenn auch die


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 69<br />

gastrointestinale Toxizität von Coxiben geringer als bei NSAID ist- die anderen Kontrainidikationen<br />

(reduzierte Kreatininclearance, Hypovolämie und Katecholamintherapie) bestehen bleiben.<br />

Die Gabe von Coxiben ist daher bei Intensivpatienten unter Kenntnis der neuesten Studienergebnisse<br />

zu den kardiovaskulären Nebenwirkungen äußerst kritisch zu bewerten und sollte<br />

nur nach dokumentierter Güterabwägung erfolgen.<br />

Austarieren zwischen Analgesie und Sedierung<br />

Das Konzept der Analgosedierung verfolgt klar einen Schwerpunkt auf der Analgesie, dann erst wird<br />

die notwendige Hypontikadosis bestimmt.<br />

Eine Analgosedierung erreicht das Ziel eines Ramsayscores von 2-3 nicht, wenn zur Bekämpfung<br />

von Schmerz und Stress höhere Dosen Hypnotika aufgewendet werden müssen bei gleichzeitiger<br />

Unterdosierung der Opiate.<br />

Daher sollte zunächst auf eine ausreichende Analgesie, ggf. unter Einsatz von Co-Analgetika (Paracetamol,<br />

Metamizol, Clonidin) geachtet werden.<br />

Auswahl des Sedierungskonzeptes<br />

Bei den meisten Patienten lässt sich die Zeit der Sedierung bzw. Beatmung bei der Aufnahme auf die<br />

Intensivstation abschätzen. Diese erwartete Zeitdauer bildet die Grundlage für die Auswahl der<br />

Sedierungskategorie. Daneben müssen die Grund- und Nebenerkrankungen des Patienten in die<br />

Entscheidung einbezogen werden.<br />

SeSAM l: Sedierung bis 24 Stunden<br />

Bei diesen Patienten wird eine postoperative Nachbeatmung durchgeführt, bis die Homöostase (z. B.<br />

Euthermie) wiederhergestellt ist. Die Patienten kommen meist im RAMSAY-Stadium 4 auf Station<br />

und werden entsprechend der Wiederaufwärmung und Herstellung der Homöostase relativ<br />

schnell in RAMSAY-Stadium 2 bzw. 0 überführt und extubiert.<br />

Die Sedierung erfolgt mit Propofol, während die Analgesie als Bolus mit einem Opiat (sehr gut geeignet:<br />

Remifentanil [Uliva®]), einem nichtsteroidalen Analgetikum, durch Bedienen eines<br />

liegenden Periduralkatheters oder mit einer 3-in-l-Blockade durchgeführt wird.<br />

SeSAM II: Sedierung bis 7 Tage (früher: bis 72 Stunden)<br />

Aufgrund der sehr guten Daten wird zunehmend häufiger propagiert, das SeSAM-II-Konzept auch<br />

für Beatmungen bis zu 7 Tagen zu verwenden.<br />

Hier handelt es sich um Patienten, bei denen eine Stabilisierung innerhalb von 24 Stunden nicht absehbar<br />

ist oder bei denen einem postoperativen pulmonalen Versagen auf Grund des operativen<br />

Eingriffes vorgebeugt werden soll.<br />

Hier wird die Kombination Propofol/Sufentanil gewählt. Diese Verbindung erweist sich auf Grund<br />

der guten Steuerbarkeit als sehr gut geeignet, da beide Medikamente nahezu die gleiche »Kontext-sensitive<br />

Halbwertszeit« besitzen. Ergänzend können Regionalanalgesieverfahren und<br />

Clonidin eingesetzt werden.


70<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

SeSAM III: Sedierung länger als 7 Tage<br />

(Phase 1)<br />

Bei diesen Patienten ist auf Grund der Primärerkrankung (Polytrauma, SHT, MKS, Sepsis) die Beatmung<br />

und Sedierung ein wichtiger Bestandteil der Therapie. In der Phase l müssen diese Patienten<br />

in den RAMSAY-Stadien 4 und 5 sediert werden (Bauchlage beim ARDS, invasive Maßnahmen,<br />

Organersatzverfahren und Hirndrucktherapie).<br />

Während dieser Zeit wird die Kombination Fentanyl/Midazolam eingesetzt. Diese Kombination hat<br />

einen relativ geringen Einfluss auf den Kreislauf und bietet ökonomische Vorteile.<br />

Die Medikamente werden in getrennten Spritzenpumpen appliziert Die Steuerbarkeit ist weniger gut<br />

als in SeSAM II, was in dieser Phase jedoch von nachgeordneter Bedeutung ist.<br />

(Phase 2)<br />

Nach Stabilisierung des Patientenzustandes und Anstreben einer Entwöhnung wird auf die Medikation<br />

der Kategorie SeSAM II (Propofol/Sufentanil/Clonidin) umgesetzt. Diese Kombination<br />

ermöglicht eine bessere Steuerung der Sedierungm den RAMSAY-Stufen 2 (tagsüber) und 3<br />

(nachts). Zur vegetativen Dampfung wird adjuvant Clonidin verabreicht. Ebenso können zusätzlich<br />

die regelmäßige Bedienung eines Periduralkatheters oder andere Regionalanalgesieverfahren<br />

eingesetzt werden.<br />

SOP Pneumonie<br />

© Dr. med. Silke Calame<br />

I. Einteilung nach Gesichtspunkten der in Frage kommenden Erreger:<br />

• ambulant erworbene Pneumonie: S. pneumoniae, H. influenza, M. pneumoniae, C. pneumoniae,<br />

S. aureus, resp. Viren (Influenza A und B, Adenovirus, RSV, Parainfluenza)<br />

• mit zunehmendem Alter zudem Enterobacterien, P. aeruginosa<br />

• nosokomiale Pneumonie (Auftreten ab 4d Krankenhausaufenthalt) zusätzlich zu oben MRSA,<br />

Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter, Enterobacter, Proteus vulgaris, Serratia<br />

• Aspirationspneumonie: Risikofaktor für Enterobacteriaceae und ggf. Anaerobier<br />

• Risikofaktoren für eine P. aeruginosa Infektion: pulmonale Komorbidität, stat. Aufenthalt in den<br />

letzten 30d, Glukokortikoidtherapie, Aspiration, stattgefundene Breitspektrumantbiotikatherapie,<br />

Malnutrition<br />

II. Klinik:<br />

Fieber, Husten, Atemnot, Tachypnoe, neuer fokaler Lungenbefund<br />

CURB-Index: Entscheidung über die Hospitalisation bzw. intensivmedizinische Aufnahme<br />

CURB Punkte Empfehlung<br />

C=Confusion<br />

Verwirrtheit, Vigilanzstörung 1 CURB 1-2: Hospitalisation


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 71<br />

CURB Punkte Empfehlung<br />

U=Urea<br />

Harnstoff > 42 mg/dl 1<br />

R=Respiratory Rate<br />

Tachypnoe > 30/min 1 CURB > 2: Intensivstation<br />

B=Blood Pressure<br />

RR < 90/60 mmHg 1<br />

III. Diagnostik:<br />

• Röntgen-Thorax: Optimalerweise Erstaufnahme im Stehen in zwei Ebenen im Rahmen der (Not-)<br />

Aufnahmediagnostik (evtl. initial fehlendes Infiltrat bei Dehydration)<br />

• Blutkulturen: 2x2 von unterschiedlichen Punktionsstellen im Abstand von wenigen Minuten vor<br />

der Gabe des ersten Antibiotikums<br />

• Sputum nur bei purulentem Sekret<br />

• Trachealsekret bei intubierten Patienten obligat!<br />

• Pathogene Keime aerob, anaerobier<br />

• Pilze nur bei Risikokonstellation<br />

Bronchoskopie<br />

Ind V.a. nosokomiale Pneumonie bei Beatmeten, V.a. Belüftungsstörung der Lunge durch einen<br />

endoluminalen Prozess (Dystelektase, Atelektase, Retentionspneumonie), Möglichst rasche<br />

Bronchoskopie nach Aspiration, V.a. opportunistische Infektion<br />

Diag Pathogene Keime, Pilze bei Risikokonstellation, Gramfärbung bei septischen Verlaufsformen,<br />

TBC, Pneumozystis, CMV-PCR bei immunkompromittierten Patienten, BAL-Zytologie bei<br />

V.a. Pneumonitis bzw. Alveolitis<br />

Thoraxsonographie<br />

bei klinischem Verdacht auf Pleuraerguß, Punktion bei signifikanter Menge<br />

Antigennachweis<br />

Bei V.a. Legionellenpneumonie Legionellenantigen im Urin (die ersten 5 d evtl. noch negativ, dann<br />

ca. 6-14d positiv)<br />

Antikörpernachweis<br />

Serologische Diagnostik auf Mycoplasmen, Chlamydia pneumoniae und Viren allgemein nicht<br />

empfohlen, ggf. in epidemiologischen Situationen<br />

IV. Therapie:<br />

A. Allgemeines Therapiestandards:<br />

• Erstantibiotikum direkt im Anschluss an die mikrobiologische Diagnostik innerhalb der ersten 60<br />

Minuten nach Aufnahme nach u.g. Empfehlungen<br />

• Überprüfung der Wirksamkeit der Erstantibiose nach 48 bis 72 Stunden


72<br />

Klinikum, Intensivstation II<br />

• Beginn intravenös, nach Beschwerdebesserung Umstellung auf orale Gabe, Ausnahme Fluorchinolone<br />

(auch bei Monotherapien) und Makrolide (bei Kombinationstherapien): von Anfang orale<br />

Therapie möglich<br />

B. Ambulant erworbene Pneumonie (CAP= Community Acquired Pneumonia):<br />

Initialtherapie bei hospitalisierten CAP-Patienten ohne Risiko einer Infektion durch P. aeruginosa<br />

Start mit Dosierung initial Therapiedauer<br />

Augmentan ® 3 * 2,4 g → 3 * 1,2 g 7-10 Tage<br />

Zinacef ® 3 * 1,5 g 7-10 Tage<br />

Rocephin ® 1 * 2,0 g 7-10 Tage<br />

Claforan ® 3 * 2,0 g 7-10 Tage<br />

+/- Rulid ® 2 * 150 mg 7-10 Tage<br />

ODER<br />

Tavanic ® 1 * 500 mg 7-10 Tage<br />

Avalox ® 1 * 400 mg 7-10 Tage<br />

Therapieempfehlung für die kalkulierte Initialtherapie bei hospitalisierten CAP-Patienten mit<br />

Risiko einer Infektion durch P. aeruginosa<br />

Start mit Dosierung initial Therapiedauer<br />

Tazobac ® 3 * 4,5 g 7-14 Tage<br />

Zienam ® 3 * 1,0 g 7-14 Tage<br />

Meronem ® 3 * 1,0 g 7-14 Tage<br />

+/- Rulid 2 * 150 mg 7-10 Tage<br />

ODER<br />

Tavanic ® 2 * 500mg 7-10 Tage<br />

Ciprobay + Augmentan ®<br />

(oder + Cephalosporin) 3 * 400mg / 3 * 1,2 g 7-10 Tage<br />

C. Nosokomiale Pneumonie<br />

Therapieempfehlung für die kalkulierte Initialtherapie der nosokomialen Pneumonie unter<br />

Berücksichtigung von Risikofaktoren<br />

Risikofaktor<br />

Punkte<br />

Alter > 65 1<br />

Strukturelle Lungenerkrankung 2<br />

Antibiotikavorbehandlung 2<br />

Symptombeginn ab dem 5. stat. Behandlungstag 3<br />

Schwere Gasaustauschsstörung 3<br />

Extrapulmonales Organversagen 4


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 73<br />

Risikofaktor<br />

Therapieempfehlung<br />

Augmentan ®, Zinacef ®, Rocephin ®, Tavanic ®, Avalox ®<br />

Tazobac ®, Fortum ®, Tavanic ®, Avalox ®, Zienam ®,<br />

Meronem ®<br />

Tazobac ®, Zienam ®, Meronem ®<br />

PLUS<br />

Tavanic ® oder Avalox ® oder Gentamicin ®<br />

Punkte<br />

Score<br />

Bis 2 Punkte<br />

3-5 Punkte<br />

> 5 Punkte<br />

D. Aspirationspneumonie:<br />

Amoxicillin/Clavulansäure oder Moxifloxacin oder Carbapenem<br />

E. Therapieversagen:<br />

Def keine Besserung der klinischen Parameter nach 3-4 Tagen, fehlende Entfieberung, progrediente<br />

Infiltrate<br />

Proc Bisherige Antibiose absetzen, nach 2 Halbwertszeiten neuerliche ausführliche Abnahme mikrobiologischer<br />

Proben, Bronchoskopie, ggf. erweiterte Bildgebung mittels CT, Umstellen der<br />

Antibiose auf eine andere Substanzgruppe, ggf. auch von Monotherapie auf Kombinationstherapie<br />

F. Entscheidung über Respiratortherapie<br />

siehe SOP Beatmung (still under construction)<br />

SOP Diagnostik und Therapie der Pankreatitis<br />

© Deutsches Ärzteblatt, Jg. 104, Heft 25, 22.06.07, S. 1615ff<br />

A. Diagnostik der Pankreatitis<br />

I Liegt eine Pankreatitis vor?<br />

Klinik<br />

Symptom<br />

Häufigkeit<br />

Gürtelförmige Oberbauchschmerzen 90 %<br />

Erbrechen 80%<br />

Darmparalyse 70%<br />

Fieber 60%<br />

’Gummibauch’ 60%<br />

Labor<br />

zur Diagnostik der Pankreatitis als solcher genügt die Bestimmung der Lipase alleine, die zuätzliche<br />

Bestimmung der Amylase bringt keine Vorteile<br />

die Höhe der Lipase korreliert zu keinem Zeitpunkt mit dem Ausmaß der Pankreatitis


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Klinikum, Intensivstation II<br />

II Liegt eine biliäre Pankreatitis vor?<br />

Eine alkoholische Pankreatitis hat eine schlechtere Prognose als eine biliäre Pankreatitis. Eine biliäre<br />

Pankreatitis kann kausal durch ERC und Steinextraktion angegangen werden<br />

Lab GPT, AP, y-GT, Bili: Eine dreifach erhöhte GPT hat einen positiv prädiktiven Wert für eine biliäre<br />

Pankreatitis von 95%<br />

Oberbauchsonographie:<br />

Cholezystolithiasis? Cholestasezeichen?<br />

Das Computertomogramm bietet initial keinen zusätzlichen diagnostischen Vorteil<br />

III Liegt eine schwere (nekrotisierende) oder leichte (ödematöse) Pankreatitis vor?<br />

Ransonkriterien (von 1974)<br />

Aufnahme (je 1 Pkt.)<br />

Nach 48 Stunden (je 1 Punktsumme nach Geschätzte Letalität<br />

Punkt)<br />

48h<br />

(1974)<br />

Alter > 55 Volumendefizit > 6 L 0-2 Punkte 1%<br />

Leukos > 16 Tsd Harnstoffanstieg um > 5 3-4 Punke 15%<br />

GOT > 255 Base Exzess < -4 5-6 Punkte 40%<br />

LDH > 350 PaO2 < 60 > 6 Punkte 100%<br />

BZ > 200<br />

Ca < 2 mmol/l<br />

Alternativer Score: APACHE II > 8 Punkte nach 48 Stunden (siehe APACHE-Rechner auf den<br />

Intranetseiten der Intensivstation)<br />

Weitere Parameter eines nekrotisierenden Verlaufes<br />

• CRP > 15 mg/dl, cave: auch hier verspäteter Anstieg möglich<br />

• das CT und auch das MR haben in den ersten 7 Tagen keine ausreichende Aussagekraft für das<br />

spätere Ausmaß der Erkrankung und erlauben keine Risikostratifizierung<br />

• ein normaler Hämatokrit spricht gegen einen nekrotisierenden Verlauf<br />

• eine Normoglykämie spricht gegen einen schweren Verlauf<br />

B. Therapie<br />

I Volumenzufuhr<br />

• Die adäquate Volumensubstitution ist bei der schweren Pankreatitis die obligate und vorrangige<br />

Therapiemaßnahme.<br />

• Bei der schweren Pankreatitis ist die Volumensteuerung über PICCO obligat<br />

• Ödeme, Aszites und Pleuraergüsse sagen nichts über das (enscheidende) intravasale Volumen<br />

aus.<br />

II Benötigt der Patient eine antibiotische Therapie?<br />

Keine antibiotische Therapie, wenn nach den vorangestellten Kriterien ein schwerer Verlauf unwahrscheinlich<br />

ist.


<strong>Manual</strong> <strong>Intensivmedizin</strong> 75<br />

• Bei der schweren nekrotisierenden Pankreatitis empfiehlt sich bei unsicherer Datenlage die Gabe<br />

von Carbapenemen (Nekrosegängigkeit) über einen Zeitraum von 10-14 Tagen.<br />

• Die Gabe von Antinykotika ist nicht indiziert.<br />

III Endoskopische Intervention?<br />

Sind Kriterien für das Vorliegen einer biliären Pankreatitis erfüllt, stellt eine endoksopische retrograde<br />

Cholangiographie ein kausales Therapieverfahren dar, das den Verlauf der Pankreatitis günstig<br />

beeinflussen kann und sollte binnen 72 Stunden durchgeführt werden.<br />

IV Analgesie<br />

Metamizol (Novalgin): Perfusor mit 5g, Laufzeit 2-4ml/h<br />

Pethidin (Dolantin): Perfusor mit 200mg, Laufzeit 2-8 ml/h<br />

Analgosedierung:<br />

Ketamin mit Propofol nach SeSAM-Konzept<br />

V Ernährung<br />

• Grundzüge siehe SOP künstliche Ernährung<br />

• Minimal feeeding oral, sobald die komplette Darmparalyse überwunden ist<br />

• Vorsichtiger oraler Kostaufbau, Indikation zur Unterbrechung des Aufbaus sind Schmerzen und/<br />

oder Erbrechen<br />

• Eine jejunale Sonde zeigt keine Vorteile gegenüber einer normalen nasogastralen Sonde im Bezug<br />

auf den Verlauf einer Pankreatitis<br />

VI Was bringen Spezialmedikamente?<br />

Somatostatin, Octroitid u.a. konnten keinen Wirksamkeitsnachweis bei der Pankreatitis erbringen<br />

und sind nicht indiziert.<br />

VII Wann hole ich den Chirurgen?<br />

Spät. Ein operatives Einschreiten ist frühestens nach 10 Tagen nach Schmerzbeginn indiziert.<br />

Die Chirurgie sollte nur bei Nachweis von infizierten Nekrosen hinzugezogen werden. Auch in diesem<br />

Fall sind häufig interventionelle Verfahren wie CT-gesteuerte Abszessdrainagen möglich.


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