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diagonal 2009-3 (pdf, 3.9Mb) - Psychiatrie Baselland PBL

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30 Jahre EPD Zu Gast: Willy Schmutz<br />

«Für mich ging eine<br />

Türe auf»<br />

Ein ehemaliger Patient der EPD Liestal schildert, wie ihn die Therapie auf seinem Weg<br />

zum selbstverantwortlichen, autonomen Menschen unterstützt hat.<br />

1987 war ich, wie schon so oft in meinem Leben, in der<br />

Psychiatrischen Klinik Liestal. Es war das letzte Mal. Anschliessend<br />

kam ich in die Tagesklinik. Das war für mich<br />

eine neue, sehr positive Erfahrung. An diesem Ort lernte<br />

ich meine spätere Therapeutin kennen. Ich ging auch in<br />

die Selbsthilfegruppe, doch das lag mir nicht. Ich bin bis<br />

heute nicht gut in der Gruppe. Ich bin zu dominant und<br />

lasse oftmals andere Meinungen nicht gelten.<br />

In einer der ersten Sitzungen mit meiner Therapeutin erwähnte<br />

ich unter anderem: «Wenn ich krank bin, habe ich<br />

zwingende Gedanken.» Sie erwiderte: «Willy *, wenn du<br />

krank bist, liegst du im Bett, das Fieber wird gemessen und<br />

Irmgard, deine Frau, bringt dir Tee. Du bist nicht krank,<br />

sondern manisch-depressiv, das ist nicht eine Krankheit,<br />

sondern eine Art Menschsein.» Das war für mich eine Überraschung,<br />

denn jeder Arzt, zu dem ich gehen musste, hatte<br />

bisher von Krankheit gesprochen. Für mich ging eine Türe<br />

auf, das spürte ich sofort. Das Vertrauen zu meiner Therapeutin<br />

wurde gestärkt.<br />

Auch Irmgard, meine Frau, die mit mir sehr viel Mühe gehabt<br />

hat, gewann Vertrauen in meine Therapie. Ich hörte<br />

vermehrt auf ihre Warnungen, die ich bislang kaum beachtet<br />

hatte. Meine Therapeutin lehrte mich, die Anfänge<br />

einer wachsenden Manie zu beachten. Wenn Irmgard mir<br />

sagte: «Solltest du nicht in die Therapie gehen?», nahm<br />

ich dies ernster als früher, weil ich nun selbst erkennen<br />

konnte, dass meine Gedanken auf eine ansteigende Manie<br />

hindeuten könnten.<br />

Das Vertrauen war jetzt gegenseitig und es begann eine<br />

Zeit, die mich immer mehr beflügelte. Ich besuchte einen<br />

Malkurs und die erste Ausstellung meiner Bilder fand statt.<br />

Dies stärkte mein Selbstvertrauen enorm. In kurzer Zeit<br />

malte ich weitere Bilder. Ein in der Manie gemaltes Bild<br />

schloss diese Periode ab. Ich ging erneut zu meiner Therapeutin<br />

und sagte ihr: «Ich muss mit dem Malen aufhören.»<br />

Sie staunte. Und als ich ihr erklärte, dass ich in der Manie<br />

mein wohl bestes Bild gemalt hätte und nun ins Loch der<br />

Leere, wie ich es nannte, gefallen sei, bewies sie erneut ihre<br />

fachliche Qualifikation. Sie riet mir nicht dazu, Mittel zu<br />

nehmen, die mich aus diesem Loch herausführen würden,<br />

sondern zeigte mir andere Wege. Das rechne ich ihr heute<br />

noch hoch an. Die Therapie an den EPD Liestal und die<br />

wertvolle Mithilfe meiner Frau Irmgard haben viel dazu<br />

beigetragen, dass ich heute ein freier Mensch bin und ganz<br />

ohne Medikamente auskomme.<br />

Mein Leben hielt noch einige Aufgaben für mich bereit. Zunächst<br />

bewältigte ich eine schwere somatische Erkrankung.<br />

Dann erforderte die Modernisierung an meinem Arbeitsplatz<br />

wenige Jahre vor der Pensionierung eine Umschulung.<br />

Mit der erlernten Autonomie und Selbstständigkeit<br />

– als freier Mensch eben – konnte ich die Herausforderungen<br />

erfüllen und bis zur Pensionierung meiner Arbeit<br />

nachgehen. ■<br />

Willy Schmutz-Stähli<br />

Gegenseitiges Vertrauen und Eigenverantwortung<br />

Ich suchte meine Therapeutin jeweils bereits zu einem<br />

früheren Zeitpunkt auf. Manchmal sagte sie nach den einleitenden<br />

Worten in der Sitzung: «Willy, ich erlebe dich<br />

manisch.» Für mich war es ein grosser Schritt, nach solch<br />

einer Aussage zu fragen: «Wie viele Mittel soll ich nehmen?<br />

Was soll ich tun?» Sie antwortete: «Das kann und will ich<br />

dir nicht sagen. Du spürst dich und das, was es braucht,<br />

selbst.» So entliess sie mich in die Eigenverantwortung.<br />

8<br />

* Anmerkung der Redaktion: Vor 20 Jahren war es noch üblich,<br />

dass sich Patienten und ihre Therapeuten duzten.

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