diagonal 2009-3 (pdf, 3.9Mb) - Psychiatrie Baselland PBL
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30 Jahre EPD Erfolgreiche Gemeindepsychiatrie<br />
Dreissig Jahre EPD – Eine Erfolgsgeschichte<br />
Die erste ambulante Beratungsstelle wurde 1979 in Liestal eröffnet. Seither haben sich die<br />
Externen Psychiatrischen Dienste ständig weiterentwickelt.<br />
Das <strong>Psychiatrie</strong>konzept von 1980, an dessen Entwicklung<br />
Dr. Theodor Cahn wesentlich beteiligt war, bildete die Grundlage<br />
für dreissig Jahre ambulante und teilstationäre psychiatrische<br />
Arbeit. Wesentlich geprägt wurden die EPD durch<br />
ihre bisherigen Chefärzte, Dr. Jakob Christ (1979 – 1991), PD<br />
Dr. Jakob Bösch (1991 – 2006) und Dr. Alexander Zimmer<br />
(seit 2006).<br />
Vernetzung<br />
Unter der Leitung von Dr. Jakob Christ war ich während<br />
einiger Jahre als Sozialarbeiter in der Kantonalen Psychiatrischen<br />
Klinik KPK tätig. Es bestand eine enge Zusammenarbeit<br />
zwischen EPD und KPK. Die EPD betreuten<br />
damals zahlreiche ehemalige Langzeitpatienten des «Hasenbühls»,<br />
denen es dank ambulanter und teilstationärer<br />
Betreuung, mit Unterstützung von Angehörigen, Laienhelfern,<br />
Sozialarbeiterinnen, engagierten Pfarrpersonen und<br />
Hausärzten gelang, nach teilweise jahrelangem stationären<br />
Aufenthalt ihr Leben ausserhalb der Klink zu gestalten. Die<br />
Mitarbeitenden der EPD unterstützten die Helfenden im<br />
Umfeld der Patienten und wirkten mit beim Aufbau von<br />
behinderungsgerechten Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten.<br />
Alle Mitarbeitenden – ob aus dem ärztlichen, psychologischen,<br />
sozialarbeiterischen oder dem Pflegebereich – waren<br />
bestimmten Regionen zugeteilt. Dies gewährleistete<br />
die Vernetzung mit den Hilfsangeboten in der jeweiligen<br />
Gemeinde. Wo es möglich war, wurde zusammen mit den<br />
Helfenden ein Treffpunkt oder ein Betreuungsangebot aufgebaut:<br />
Psychisch Kranke sollten die notwendige Hilfe möglichst<br />
in ihrer Wohngemeinde erhalten, die bei Bedarf von<br />
den EPD unterstützt wurde.<br />
Interne Spezialisierung<br />
Im Mai 1991 wechselte ich in die EPD Liestal. PD Dr. Jakob<br />
Bösch hatte gerade seine Stelle als Chefarzt angetreten<br />
und die Standortteams in die Bereiche Ambulatorium und<br />
Gemeindepsychiatrie aufgeteilt. Damit wurde ein Schritt<br />
Richtung interne Spezialisierung getan, um der zunehmenden<br />
Methoden- und Versorgungsvielfalt gerecht zu<br />
werden, auch dem zunehmenden Bedarf der somatischen<br />
Spitäler nach spezialisierter Hilfe in Form eines ärztlichen<br />
Konsiliar- und Liaisondienstes.<br />
In den 1990er-Jahren wurde die gemeindepsychiatrische<br />
Patientenbetreuung der EPD durch die Beratung und Behandlung<br />
von Menschen geprägt, die im Zuge der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung ihre Arbeit verloren hatten. Mit<br />
dem Verlust der Arbeit gingen oft familiäre und partnerschaftliche<br />
Probleme einher, die sich auf die psychische<br />
Situation der Erkrankten negativ auswirkten. Viele dieser<br />
Patienten kamen aus fremden Kulturen, wir mussten deren<br />
Mentalität und soziale Funktionsweise zuerst verstehen<br />
lernen. Die Fallzahlen nahmen in diesen Jahren sprunghaft<br />
zu.<br />
Für Vernetzungsarbeit in den Gemeinden blieb kaum noch<br />
Zeit. Diese verlor jedoch auch etwas an Bedeutung, weil sich<br />
mittlerweile das dezentrale Angebot für psychisch Behinderte<br />
deutlich verbessert hatte. Die gemeindepsychiatrische<br />
Tätigkeit konzentrierte sich vorwiegend auf die Arbeit mit<br />
dem Patienten und dem direkt betroffenen Umfeld (Familie,<br />
Arbeitgeber, geschützter Arbeits- oder Wohnplatz).<br />
Zudem wurden behandlungsspezifische Gruppentherapien<br />
aufgebaut.<br />
Frühe Intervention<br />
Die Folgeplanung II zum <strong>Psychiatrie</strong>konzept Basel-Landschaft<br />
setzte 2003 für die gemeindepsychiatrische Versorgung<br />
neue Schwerpunkte. Man stellte fest, dass eine<br />
psychische Krankheit für viele Patientinnen und Patienten<br />
immer noch soziale Desintegration bedeutet: Erst spät erhalten<br />
Erkrankte fachpsychiatrische Behandlung, ausserdem<br />
ist diese zu wenig auf das rehabilitative Potenzial der<br />
Patienten fokussiert. Im aktuellen Konzept «Gemeindepsychiatrie»<br />
definieren wir heute deshalb als professionelle<br />
Interventionsschwerpunkte: Rehabilitation, aufsuchende<br />
Behandlung, Angehörigenarbeit, klinisches Casemanagement<br />
und Netzwerkarbeit.<br />
Unter der Leitung von Chefarzt Dr. Alexander Zimmer wird<br />
seit 2006 aus der Folgeplanung II der Aspekt der besseren<br />
gemeindepsychiatrischen Krisenbehandlung hervorgehoben.<br />
Zukünftig soll schon zu Beginn einer Erkrankung Hilfe<br />
angeboten werden, wenn notwendig auch durch mobile<br />
Equipen im Wohnumfeld der Patientinnen und Patienten.<br />
Die Behandlung soll konsequent auf frühe Rehabilitation<br />
und damit auf den Erhalt von Arbeit, sozialen Kontakten,<br />
Rollenfunktionen und das Vermeiden von Stigmatisierung<br />
ausgerichtet werden.<br />
Während der vergangenen dreissig Jahre hat sich die Gemeindepsychiatrie<br />
stetig weiterentwickelt. Bei allem Wandel<br />
soll hier aber auch die Wichtigkeit von Beständigem<br />
betont werden: In unserer Arbeit stehen nach wie vor der<br />
Mensch und die therapeutische Beziehung im Zentrum und<br />
die Qualität der Hilfeleistung hängt von der Menschlichkeit<br />
der betreuenden Person ab. Es gibt Langzeitpatienten,<br />
die die Dienste der EPD seit ihrer Gründung bei Bedarf in<br />
Anspruch nehmen. Diesen Menschen gibt die Kontinuität<br />
der Einrichtung einen oft unterschätzten Rückhalt in der<br />
Bewältigung ihres Alltags. Dass dies über einen so langen<br />
Zeitraum funktioniert hat, ist für mich vielleicht der grösste<br />
Erfolg dieser Geschichte. ■<br />
Heinz Widmer-Scholz, Teamleiter Gemeinde- und<br />
Rehabilitationspsychiatrie EPD Liestal<br />
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