Ar b e it & I nteg ration März 2011 BBZ Siemens geht neue Wege: Behinderte StudentenInnen und AbsolventenInnen sind heute mehr denn je gefragt Rainer Krinner (re) in angeregtem Gespräch mit Teilnehmern am Modell einer Hochspannungsschaltanlage im Siemens-Informationszentrum an der Nonnendammallee 104. Foto: U. Gieche Von Uwe Gieche Das weltweit operierende Unternehmen Siemens geht zumindest in <strong>Deutschland</strong> neue Wege. Unter den 128.000 MitarbeiterInnen sind gerademal 4,5 % Menschen mit Behinderungen oder chronische Erkrankungen angestellt. Das ist dem Vorstandschef Peter Löscher eindeutig zu wenig. Er hat erkannt, dass die fachlich vorhandenen Potentiale bei dieser Personengruppe unbedingt zu nutzen sei, will man den zu erwartenden Arbeitskräftemangel in den nächsten zehn Jahren einigermaßen in den Griff bekommen. Löscher hat daher eine klares Ziel vor Augen: Die gegenwärtige Behindertenbeschäftigungsquote bei Siemens ist zu verdoppeln. Deshalb müssen auch weitere Ressourcen in der Arbeitskräfterekrutierung erschlossen werden. Seit einigen Monaten tüfteln die Personalexperten daher an dieser Aufgabe und haben jüngst etwas Neues ausprobiert. Dabei besann man sich auf bereits vorhandenen Erfahrungen in Berlin. Im Zweigunternehmen an der Nonnendammallee existiert seit über zehn Jahren ein Besucherzentrum, das jährlich rund 300 Führungen mit mehr als 4000 BesucherInnen aus dem In- und Ausland organisiert und zählt. „Unser Grundgedanke war daher auch speziell solche Veranstaltungen für behinderte StudentenInnen und AbsolventenInnen anzubieten“, so der Leiter des Informationszentrums Carsten Zachariae. Diese Möglichkeit nutzen jüngst 15 Frauen und Männer aus unterschiedlichen Bildungseinrichtungen der Hauptstadt. So auch der stark hörbehinderte Jan Schuhmayer. Der gebürtige Hesse studiert Maschinenbau/Verfahrenstechnik und ist auf der Suche nach einem Job. „Da kam das Angebot für diese Veranstaltung bei Siemens mir sehr recht. Ich war von der Werksführung als auch den gesamten Informationsgehalt sehr beeindruckt. Auch die Anwesenheit selbst Betroffener und eines Mitgliedes der Gesamtschwerbehindertenvertretung zeigte, dass man es ernst meint mit der Erhöhung der Quote“. Darauf verwies auch immer wieder in der Diskussion Rainer Krinner. Krinner sorgte mit seinem Vortrag dafür, dass die TeilnehmerInnen zukünftig wissen, wie das Bewerbungsverfahren bei Siemens abläuft. „Sie müssen keine Scheu vor der Bewerbung haben. Sie ist ausdrücklich erwünscht“, appellierte er an die TeilnehmerInnen. Dieser Aufforderung will auch umgehend die Absolventin Edith Teschner nachkommen. Die studierte Betriebswirtschaftlerin sieht nach dieser Veranstaltung durchaus Anknüpfungspunkte hier tätig zu werden. „Ich werde mein Glück versuchen“, so entschloss die junge Frau. Krinner informierte weiter darüber, dass jährlich 30-35 Stellen zur Ausschreibung für diesen Personenkreis in den Fachrichtungen Elektrotechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen vorgesehen sind. „Wir brauchen unbedingt mehr Bewerbungen in den technischen Berufen. Das ist für ein Unternehmen, wie Siemens, nicht nur aber auch eine extentielle Frage“, meint der Manager Krinner. Auch Robert Berkenhagen, Betriebsratsmitglied und Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen stößt in dieses Horn. „Wir brauchen bereits heute mehr denn je auch Frauen und Männer mit Handicaps. Die abgeschlossene Gesamtvereinbarung mit dem Vorstand sichert, dass Chancengleichheit bei Siemens nicht nur proklamiert, sondern praktiziert wird. Wir müssen daher auch neue Wege bestreiten. Heute war ein Anfang“. Auch der Leiter des Informationszentrums sieht sich mit neuen Anforderungen aus dieser Veranstaltung konfrontiert. Es müssen neue Überlegungen angestellt werden, wie beispielsweise die Werksführungen neu zu organisieren sind, um den schwerbehinderten TeilnehmerInnen den Aha- Effekt zu ermöglichen. „Für uns war das auch neu und eine Erfahrung, die wir zukünftig bei der Ablaufgestaltung mit den TeilnehmerInnen berücksichtigen müssen“; so Carsten Zachariae. q Bewerbungen mit Angabe der Stellenbezeichnung sind per E-Mail zu richten an: jobs-ohne-Barrieren@siemens.com Die Stellenbezeichnung findet man unter: www.siemens.de/career/jobbörse REHADAT – Berufliche Rehabilitation: Anbietersuche im Internet Ab sofort steht unter www.rehadat-bure.de eine komfortable Suchmöglichkeit nach Anbietern beruflicher Rehabilitationsleistungen zur Verfügung. Interessierte finden mit dem neuen Service Anbieter von Berufsvorbereitungen, Ausbildungen, Qualifizierungen und Weiterbildungen, die den besonderen Förder- und Unterstützungsbedarf von behinderten Menschen berücksichtigen. Dazu gehören z.B. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke und Anbieter von ambulanter / wohnortnaher Rehabilitation. Die Informationen sind Bestandteil der REHADAT-Datenbank Adressen. Außer nach der Art der Rehabilitationsleistung kann man mit weiteren Kriterien suchen: Bundesland, Spezialisierung der Anbieter auf bestimmte Behinderungsarten, barrierefreie Räumlichkeiten und Unterrichtsgestaltung, betriebliche und außerbetriebliche Angebotsformen und Berufsfelder. Ergänzt werden die Informationen durch Links auf die jeweiligen Kurse und Termine. Die Suche nach einzelnen Bildungsangeboten, die bisher unter REHA- DAT-BURE angeboten wurde, wird durch die neue Anbietersuche ersetzt. REHADAT ist ein Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und wird gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Anja Brockhagen, Referentin REHADAT Informationssystem zur beruflichen Rehabilitation Inklusionslandkarte Bundesweite „Landkarte der inklusiven Beispiele“ startete am 03.12.2010 zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen Am heutigen internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen startet die „Landkarte der inklusiven Beispiele“ der Koordinierungsstelle zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. „Die Landkarte wird zeigen: Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie verhindern will, sucht Begründungen“, so der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe. Beispiele können etwa Kindertagesstätten, Schulen, Betriebe, Sportvereine und Kommunen sein, in denen ein Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen gelebt wird und Barriereren beseitigt wurden. Die Landkarte startet in zwei Phasen, ab heute hat jeder Verantwortliche eines inklusiven Beispiels die Möglichkeit, sein Beispiel in einer Eingabemaske auf www.inklusionslandkarte.de vorzuschlagen. Wer inklusive Beispiele kennt, aber nicht selbst verantwortet, kann diese unter buero@behindertenbeauftragter.de der Koordinierungsstelle melden, die dann Kontakt zu den Verantwortlichen aufnimmt. „Die Landkarte soll nicht nur Mauern in den Köpfen einreißen, sondern auch die Verantwortlichen inklusiver Beispiele öffentlich anerkennen und hierdurch unterstützen“, betonte der Behindertenbeauftragte. In einer zweiten Phase, die am 26. März 2011, dem zweiten Jahrestag des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention, starten wird, werden die als inklusiv anerkannten Beispiele auf der Landkarte veröffentlicht. „Die Entscheidung darüber, ob ein vorgeschlagenes Beispiel inklusiv ist oder nicht, treffen diejenigen, die sich damit am besten auskennen: Die Menschen mit Behinderungen selbst“, erklärte Hubert Hüppe.
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