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Staufner Dorfzeitung und amtliches Blatt März 2004 - Staufen

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Ein Gespräch mit Frau Pfarrerin Loni Eggenschwiler<br />

Im Schlössli Schafisheim begrüsst mich<br />

zuerst ein schöner, roter Kater. Mit ihm<br />

auf dem Arm steh ich am Fenster <strong>und</strong><br />

schaue den Menschen zu, die sich vor der<br />

Kirche unterhalten <strong>und</strong> verabschieden. Es<br />

ist eine Taufgesellschaft, unter ihnen Loni<br />

Eggenschwiler im Talar.<br />

(Der Talar ist ein langer schwarzer Mantel<br />

mit zwei weissen «Bäffchen» vorn unter<br />

dem Kragen. Er ist die Amtstracht der<br />

protestantischen PfarrerInnen, wird aber<br />

nicht mehr von allen getragen.)<br />

Zu mir kommt Frau Eggenschwiler ohne<br />

Talar. Das sei ein Souvenir an ihre erste<br />

Arbeitsstelle in Wald, er sei so «gäbig»,<br />

da sich die Kostümwahl erübrige. Lange<br />

wird sie ihn nicht mehr tragen, am 31. Mai<br />

<strong>2004</strong> geht Frau Eggenschwiler in Pension.<br />

8 Jahre war sie in der Gemeinde <strong>Staufen</strong>/<br />

Schafisheim als Pfarrerin tätig, sie habe in<br />

turbulenten Zeiten angefangen. Die Wogen<br />

haben sich geglättet, <strong>und</strong> Frau Eggenschwiler<br />

blickt auf gute <strong>und</strong> erfüllte Jahre<br />

zurück.<br />

Auf meine Frage, ob sie aus den verschiedenen<br />

Arbeitsgebieten – Unterricht, Hochzeiten,<br />

Taufen, Gottesdienste, Seelsorge –<br />

etwas besonders gern gemacht habe meint<br />

sie: Nein, das sei wie im Haushalt, diverse<br />

Arbeiten stehen an, <strong>und</strong> je nach Tagesform<br />

sei einem das eine oder andere lieber.<br />

Den kirchlichen Unterricht hätte sie zuerst<br />

gern jemandem Jüngeren überlassen,<br />

aber die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen<br />

sei doch gelungen <strong>und</strong> es gab viele<br />

gute St<strong>und</strong>en.<br />

Die Abendandacht hätte Frau Eggenschwiler<br />

gerne weitergeführt, mit der<br />

«Gründung» der Kinderkirche fand sie aber<br />

schnell eine neue Favoritin. Mit einem<br />

Team von Helferinnen gestaltete sie 6mal<br />

im Jahr in der Schafisheimer Kirche am<br />

Mittwochmorgen ein kindergerechter<br />

Gottesdienst. Mit Bildern, Musik, Figuren<br />

<strong>und</strong> Requisiten werden biblische Geschichten<br />

<strong>und</strong> christliche Feiern erlebbar<br />

gemacht. Der Höhepunkt im letzten Jahr<br />

war die Weihnachtsfeier beim Waldhaus!<br />

Frau Eggenschwiler ist Mutter dreier<br />

erwachsener Kinder <strong>und</strong> mich nimmt<br />

w<strong>und</strong>er, wie sie die Doppelrolle erlebt<br />

hat. Ursprünglich Lehrerin, hat sie mit<br />

einem Biologie-Studium geliebäugelt,<br />

sich dann aber für die Arbeit als Mutter<br />

<strong>und</strong> Hausfrau entschieden.<br />

Aus einer Laune heraus wollte sie Griechisch<br />

lernen. Und weil der beste Griechisch-Lehrer<br />

ein Theologe an der Uni<br />

Zürich war, <strong>und</strong> schnell einmal die Bibel in<br />

den Unterricht einbezog, fand sich Loni<br />

Eggenschwiler als Theologie-Studentin<br />

wieder. Die Kinder sind mitgewachsen,<br />

haben die Mutter unterstützt, <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

mit ihrem ältesten Sohn konnte sie<br />

ihr Studium erfolgreich abschliessen.<br />

Auch ihr Mann stand hinter ihr, inzwischen<br />

ist er ein pensionierter Lehrer. Aber<br />

die Doppelrolle ist eine Doppelbelastung.<br />

Mit dem Gefühl zu leben, nie fertig zu<br />

sein <strong>und</strong> eigentlich an zwei Orten gleichzeitig<br />

sein zu sollen, ist eine andauernde<br />

Belastung.<br />

Und doch sieht sich Frau Eggenschwiler<br />

vor allem als Mutter. In allen Rollen ihres<br />

Lebens, als Lehrerin, Studentin <strong>und</strong> Pfarrerin,<br />

war sie Mutter. Die Familienfrau <strong>und</strong><br />

die Pfarrerin sind gleichberechtigt, das ist<br />

eine typische Situation berufstätiger Frauen.<br />

Als ich sie auf die Kirchenpolitik anspreche,<br />

winkt sie ab. Sie mag den Überbegriff<br />

«die Kirche» nicht. Wichtig sind für sie die<br />

Menschen, die mit Freude <strong>und</strong> Engagement<br />

sagen: ich gehöre gern zur Kirche,<br />

die Sache Jesu ist mir etwas wert. Und<br />

entsprechend ist auch ihr Wunsch für die<br />

Kirchgemeinde <strong>Staufen</strong>/Schafisheim: sie<br />

wünscht allen viel Freude für den Neuanfang<br />

mit einer Pfarrerin!<br />

Frau Eggenschwiler hat ihrerseits einen<br />

Wunsch an die Kirche: Sie sollte einmal<br />

allen Leuten, die nie zur Kirche kommen,<br />

aber Jahr für Jahr die Kirchensteuern zahlen,<br />

«Danke» sagen.<br />

In dem bewegten Leben steht eine neue<br />

Veränderung an. Hat sie Angst vor dem<br />

grossen Loch? Nein, sie sei sich sehr<br />

bewusst, was ihr alles fehlen werde, aber<br />

ein Loch werde sich nicht auftun. Da ist<br />

ein Nachhol-Bedarf sich in Haus <strong>und</strong> Garten<br />

zu betätigen, sie möchte für ihre zwei<br />

kleinen Grosskinder mehr Zeit haben <strong>und</strong><br />

die Reiselust wird sie packen. Und da ist<br />

auch die Idee, Russisch zu lernen. Was<br />

wohl aus diesem Neuanfang alles werden<br />

wird?<br />

Ich wünsche Frau Eggenschwiler viel Zeit,<br />

ohne die lange Liste der unerledigten<br />

Sachen. Ich wünsche ihr viel Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Vitalität, dass aus dem neuen<br />

Lebensabschnitt genauso eine spannende<br />

Geschichte werde wie diejenige, die jetzt<br />

zu Ende geht. Dass sie mit ihrem Humor<br />

<strong>und</strong> Elan die neue «Freizeit» geniesse!<br />

Beim Hinausgehen verabschiede ich mich<br />

auch vom roten Kater, der auf seinem<br />

Plätzchen schläft. Er wird nicht der einzige<br />

sein, der Frau Eggenschwiler vermissen<br />

wird…<br />

Sabina Tschachtli<br />

Foto Mi<br />

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