Luftwege – hinterrücks - Quadriga
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2/2012<br />
<strong>–</strong> 49 <strong>–</strong><br />
Bauschäden<br />
Abb. 3:<br />
Durch das Balkenauflager kann<br />
Wasserdampf aus der Luftschicht<br />
des Mauerwerks in das Dachbauteil<br />
strömen.<br />
Abb. 4:<br />
Die südliche Dachfläche (rechts) wird<br />
mit Feuchte aus dem Mauerwerk<br />
belastet.<br />
„Gezogene“ Konvektion<br />
Der Antriebsmotor? Die<br />
einseitige Anordnung von<br />
Dachlüftern am Hochpunkt<br />
der Dachfläche kann einen<br />
Sog entstehen lassen, der Luft<br />
aus der geplanten Lüftungsebene<br />
abführt. Das ist sicherlich<br />
auch so gewollt, funktioniert<br />
aber nur dann, wenn<br />
das Bauteil mit Außenluft<br />
„durchlüftet“ wird. So fordern<br />
denn auch die Fachregeln des<br />
Deutschen Dachdeckerhandwerks<br />
im Merkblatt Wärmeschutz<br />
bei Dächern für<br />
belüftete Dächer:<br />
„Luftschichten von belüfteten<br />
Dächern müssen an die<br />
Außenluft angeschlossen werden.<br />
Sie müssen einen sich<br />
über die ganze Fläche erstreckenden,<br />
überall durchströmbaren<br />
Luftraum mit Be- und<br />
Entlüftungsöffnungen<br />
aufweisen. …“<br />
Außenluft als Zuluft kann<br />
so den ggf. aus dem Gebäude<br />
eindiffundierenden Wasserdampf<br />
aufnehmen und wieder<br />
abführen. Fehlen die Zuluftöffnungen,<br />
findet keine geplante<br />
Durchströmung statt<br />
sondern der Zufluss erfolgt<br />
„irgendwie“ aus dem Baukörper<br />
<strong>–</strong> hier über die Balkenköpfe<br />
aus der Mauerwerksluftschicht<br />
oder über Undichtigkeiten<br />
der Luftdichtheitsebene<br />
aus dem Gebäudeinneren<br />
<strong>–</strong> mit teilweise erheblicher<br />
Feuchtelast. Zusammen mit<br />
dem thermischen Auftrieb<br />
infolge Sonneneinstrahlung<br />
transportiert die Luft erhebliche<br />
Wasserdampfmengen aus<br />
dem nassen Mauerwerk über<br />
die Mauerwerksluftschicht in<br />
den Dachraum an die kühle<br />
Unterseite der OSB-Platte. Das<br />
Kondensat tropft dann der<br />
Schwerkraft folgend in die<br />
Dämmung. Dass die ersten<br />
Schäden an der Unterdecke<br />
unterhalb der Attikagullys<br />
auftraten, lässt sich sehr gut<br />
durch die Durchdringung der<br />
Attika mit dem Abflussrohr<br />
erklären. Hier ist der Strömungsweg<br />
besonders offen.<br />
Im Norden ist es anders.<br />
Das Flachdach auf der<br />
Nordseite ist im Prinzip ähnlich<br />
konstruiert <strong>–</strong> nur offensichtlich<br />
mit entscheidenden<br />
Abweichungen, die es weitestgehend<br />
schadensfrei halten.<br />
Die Luftschicht beginnt<br />
am Traufpunkt wieder mit<br />
6 cm, erhöht sich aber mit<br />
Hilfe einer Aufkeilung auf<br />
ordentliche 26 cm <strong>–</strong> der<br />
Dachbalken läuft hier waagerecht<br />
(Abb. 4). Eine Reihe<br />
Dachentlüfter sind wieder im<br />
Hochpunkt, aber auch eine<br />
Reihe im Traufenbereich in<br />
jedes Gefach eingesetzt worden.<br />
Somit besteht die Möglichkeit,<br />
dass der Belüftungsraum<br />
mit Außenluft durchströmt<br />
werden könnte. Der<br />
Autor benutzt hier den Konjunktiv,<br />
da einfache Dachentlüfter<br />
(ohne Zwangsventilatoren)<br />
hinsichtlich ihrer Wirkungsweise<br />
nicht genau<br />
berechenbar sind. Wieso sollte<br />
bei gleicher Windanströmung<br />
(Richtung und Stärke) Luft<br />
über den traufnahen Lüfter in<br />
die Dachkonstruktion hinein<br />
und 4m entfernt über den<br />
gleichen Lüftertyp wieder<br />
hinaus fahren? Oder vielleicht<br />
umgekehrt? Es bleibt schwierig<br />
einzuschätzen, insbesondere<br />
wenn bei an höheren Gebäudeteilen<br />
angesetzten Pultdächern<br />
mit Windverwirbelungen<br />
zu rechnen ist. Vielleicht<br />
sind es aber genau diese<br />
Turbulenzen, die an firstnahen<br />
Lüfter eine Sogwirkung initiieren.<br />
Häufig bleiben Dachentlüfter<br />
als letzte Option,<br />
wenn Be- und Entlüftungsöffnungen<br />
gemäß Dachdeckerregelwerk<br />
nicht möglich sind.<br />
Planen lässt sich eine solche<br />
Belüftung nicht genau und<br />
auch nicht wirklich zuverlässig.<br />
Ein Effekt kann gut beschrieben<br />
werden <strong>–</strong> auf der<br />
Nordseite wird die Verblendschale<br />
nicht der Sonneneinstrahlung<br />
ausgesetzt, ein<br />
Feuchtetransport über thermischen<br />
Auftrieb und/oder<br />
durch einen höheren Wasserdampfpartialdruck<br />
von der<br />
Dämmebene der Wand in das<br />
Flachdach hinein wird daher<br />
sehr viel geringer ausfallen.<br />
Die Verschattung der nördlichen<br />
Flachdachflächen durch<br />
angrenzende höhere Gebäudeteile<br />
bleibt ohne Wirkung, da<br />
der Gründachaufbau ohnehin<br />
diesen Effekt vorweg nimmt.<br />
Gründächer sind im Grundsatz<br />
sehr empfindlich gegenüber<br />
Feuchteeinträge, da ihre<br />
äußeren Bauteile unter der<br />
Substratschicht im Sommer<br />
kühl bleiben und ihr Austrocknungspotential<br />
nach<br />
innen äußerst gering ist. Führt<br />
die eigentlich zur Entlastung<br />
angelegte Lüftungsschicht die<br />
Feuchte nicht ab sondern<br />
weitere hinzu, versagt das<br />
Dach sehr schnell.<br />
Das Dach entspricht bereits<br />
beim Bau nicht den anerkannten<br />
Regeln der Technik. Durch<br />
die neue Holzschutznormung<br />
gelten seit Anfang 2012 für<br />
belüftete flachgeneigte Dächer<br />
mittlerweile sehr viel schärfere<br />
Regeln. Belüftete Hohlräume<br />
von mindestens 15 cm<br />
Höhe bei Gründächern unter<br />
5° Dachneigung, bei denen die<br />
Be- und Entlüftungsöffnungen<br />
mindestens 40 % des<br />
Lüftungsquerschnitts betragen<br />
müssen, werden für nachweisfreie<br />
Bauteile gemäß der Anlage<br />
A der DIN 68800-2<br />
verlangt. Damit die Belüftungsöffnungen<br />
auch funktionieren,<br />
sind sie so zu planen,<br />
dass die Windströmung das<br />
Bauteil auch direkt durchfahren<br />
kann.<br />
Bei diesem Bauwerk wäre<br />
eine Flachdachausführung mit<br />
reiner Aufdachdämmung<br />
sinnvoll gewesen und dauerhaft<br />
schadensfrei geblieben.<br />
Kein planerischer noch bautechnischer<br />
Aspekt stünde<br />
dem entgegen, da der Dachaufbau<br />
innerhalb der Attika<br />
liegt und nicht genutzt wird.<br />
Zwangsbelüftet<br />
Ein weiterer Schadensfall<br />
hat eine ähnliche Ursache. Ein<br />
modernes Wohnhaus in kubischer<br />
Architektursprache <strong>–</strong><br />
also mit umlaufender 30 cm