Speed-Magazin Stefan Bradl Moto2 (Vorschau)
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Foto: Bernd Lukas George<br />
Foto: Bernd Lukas George<br />
Das ist nicht normal, Kühe mit Aufsicht!<br />
Kreuzfahrt für Biker.<br />
wässern.<br />
Und die verantwortlich<br />
sind für die üppige Vegetation, die seit<br />
Jahrtausenden entwickelte Landwirtschaft und den<br />
deutlich sichtbaren Wohlstand. Trotzdem holt uns<br />
auf einem kurzen asphaltierten Zwischenstück die<br />
politische Gegenwart ein. Der Staat Kerala war der<br />
weltweit erste, der 1956 eine demokratisch gewählte<br />
kommunistische Regierung erhielt. Und seit den 50er<br />
Jahren wechseln sich die Kommunisten und die Konservativen<br />
der Kongresspartei beim Regieren ab. Am<br />
Wochenende vor unserer Ankunft wurde gewählt. Zahlreiche<br />
Plakate und Beschriftungen auf der Straße (Ein<br />
Gefühl wie auf den Bergetappen der Tour de France<br />
oder der Nordschleife!) legten noch Zeugnis vom<br />
Wahlkampf ab. Ob Konservative oder Kommunisten<br />
regieren, wird aber nicht sehr viel Unterschied machen.<br />
„Aussichtsreichste Kandidaten sind im Moment<br />
ein Filmstar; Gegenkandidaten sind seine Tochter und<br />
der gemeinsame Drehbuchautor“, erklärt Roby. Bollywood<br />
lässt grüßen, denke ich mir.<br />
Zur Abwechslung hat sich aber die Kongresspartei mit<br />
dem Spitzenkandidaten Oommen Chandy durchgesetzt,<br />
der nun als Chief Minister das Schicksal der 33<br />
Millionen Bürger von Kerala bestimmt.<br />
Unser „Schicksal“ bedeutete nach dem Ende der<br />
politischen Exkursion:<br />
ab in die<br />
Berge! Nach dem<br />
erfrischenden Bad<br />
geht es nur noch<br />
bergauf. Einige<br />
Plantagen (Kurkuma<br />
Anbau, die Grundlage<br />
für Curry) und<br />
Reisfelder sorgten<br />
für etwas Entlastung,<br />
doch ich hatte das<br />
Gefühl zum höchsten<br />
Gipfel der Bergkette unterwegs<br />
zu sein: gefühlte<br />
1000 Serpentinen<br />
brachten wir an diesem<br />
Tag hinter uns. Aber für<br />
die hart erkämpften Höhenmeter gab es auch reichlich<br />
Entschädigung: nach wenigen Kilometern ließ ein<br />
atemberaubender Blick in Richtung Ozean die Mühen<br />
s c h n e l l<br />
wieder vergessen. Die Talfahrt<br />
an dem immer breiter werdenden Bach entlang war<br />
dann ein Riesenspaß und die anschließende Durchquerung<br />
ein weiteres Highlight. Bevor wir uns dann<br />
für den nächsten Tag in Richtung Ayurveda-Wellness<br />
verabschieden wollten, bestand Ray noch auf einem<br />
Tagesabschluss-Bierchen, da er kurz vor dem Ziel<br />
eines der seltenen Restaurants mit Alkohol-Lizenz gesehen<br />
hatte.<br />
Abgekämpft und müde – aber glücklich und zufrieden<br />
liefen wir auf dem Ayurveda Gelände von Poomulli<br />
Mana wieder ein und freuten uns jetzt schon, auf die<br />
Massage. Leckeres vegetarisches Essen, lauwarmer<br />
Tee und ein Buch sorgten schnell für zufriedenen<br />
Schlaf.<br />
Am nächsten Morgen wird wieder fl eißig über die<br />
fehlenden Elefantenkontakte gelästert. Doch Roby<br />
kann heute zumindest fast 100 Tempelelefanten bieten.<br />
Neben Ray sind noch zwei Stammgäste dabei:<br />
Vasudevan arbeitet in Mumbai (frühere Bezeichnung<br />
Bombay, aber politisch nicht korrekt) und kommt wie<br />
Sammy ursprünglich auch aus Kerala. „In unseren<br />
Großstädten ist Motorradfahren kaum möglich, also<br />
holen wir das im Urlaub nach. Dann wollen wir frische<br />
Luft, freie Straßen, möglichst viel Natur und<br />
auch etwas Traditionen<br />
und Brauchtum erfahren.<br />
Letztes Jahr habe ich sogar<br />
eine Mountainbike<br />
Tour gemacht,“ erklärt<br />
mir Sammy, der bis vor<br />
zwei Jahren für Bosch<br />
in Bangalore arbeitete.<br />
Bergauf, bergab, Bildungs-<br />
und Plauderpausen<br />
wechseln sich in<br />
perfekter Reihenfolge<br />
ab und ich kann kaum<br />
glauben, dass wir<br />
schon seit Stunden<br />
unterwegs sind, als<br />
wir in der Mittagspause<br />
einen kleinen,<br />
aber berühmten<br />
Tempel besuchen. Völlig entspannt<br />
stellen wir fest, dass wir in unserer Reisegruppe<br />
fünf Religionen vorfi nden. Genauso entspannt sieht<br />
auch der Abt des Tempels diese Situation, nachdem<br />
ihm Nidhin die Gruppe und das Reiseziel vorgestellt<br />
Herr Mahni ist ein netter Herr, doch seine Hände und Füße werden bei der Massage zu Waffen!<br />
Foto: Bernd Lukas George<br />
hat. Frisch gesegnet und gestärkt geht es dann weiter.<br />
Nun steht wieder Natur im Mittelpunkt. Ein Teil der<br />
Route führt durch den Wayand Nationalparks (einer<br />
der vier Parks) und unser Tourguide erwähnt beiläufi g,<br />
dass er noch nie einen Tiger in freier Wildbahn gesehen<br />
habe. Aber genau auf diesem Stück vor einigen<br />
Jahren einem schwarzen Panther begegnete. Einen<br />
Blick auf wilde Elefanten erhoffe ich mir schon, muss<br />
aber für heute mit riesigen Käfern, Tausendfüßlern<br />
und dem lauten zirpen der Zikaden zufrieden sein.<br />
Doch wieder einmal hat Roby den perfekten Kommentar:<br />
„Wenn dir die Ruhe bei der Ayurveda nicht reicht,<br />
können wir ja noch einen Ausfl ug in das „Silent Valley“<br />
machen. Dort herrscht absolute Stille. Bis heute ist<br />
unerforscht, wieso es in diesem Tal keine Zikaden (die<br />
mächtig laut sein können) und kaum Tiere gibt.“ Doch<br />
24 Kilometer Fußmarsch oder mit dem Jeep, bis das<br />
Tal überhaupt beginnt, schrecken mich vorerst ab.<br />
Am späten Nachmittag kommen wir Europäer dann<br />
zum ersten Elefanten-Kontakt. In einer riesigen Anlage<br />
werden fast 100 der Rüsselträger für ein großes religiöses<br />
Fest vorbereitet. „Bei diesem kommen manchmal<br />
150.000 Pilger in den Tempel von Guruvayoor. In<br />
diesem Menschengewimmel müssen die Dickhäuter<br />
ganz ruhig bleiben. Deshalb die lange Ausbildung“,<br />
lernen wir. Später besuchen wir noch die Tempelanlage<br />
und haben das Gefühl, dass auch an normalen Tagen<br />
schon so viele Gläubige vorbei schauen. Indien!<br />
Unsere nächste Tagestour hat als erstes Highlight eine<br />
Fahrt mit der Fähre. Aber nicht so eine, wie sie über<br />
Rhein oder Elbe verkehrt! Ca. 20 Stangen Bambus<br />
bilden den Schwimmkörper, ein Seil über den Fluß<br />
hilft dabei, diesen mit Muskelkraft zu überwinden.<br />
Eine wacklige Angelegenheit und mich hätte interessiert,<br />
ob Robys sorgenvoller Blick den Enfi led-Maschinen<br />
oder seinen Gästen gilt! Der Fährmann ist mit<br />
dem Tagesgeschäft zufrieden, nachdem er die ganze<br />
Gruppe mit halbwegs trockenen Füßen zum anderen<br />
Ufer gebracht hat. Unser nächster „Naturkundeblock“<br />
widmet sich danach folgerichtig dem Thema Bambus.<br />
Über 50 Arten dieser schnell wachsenden Pfl anze<br />
kommen in Indien vor. Die jungen Sprosse, der bis<br />
zu 25 Meter hohen Büsche, werden gerne von Elefanten<br />
gefressen. Da aber alle 60 Jahre ein regionales<br />
Bambussterben einsetzt und die wilden Elefanten das<br />
schon vorher spüren, sollte man den grauen Riesen in<br />
dieser Zeit mit nochmals erhöhter Vorsicht begegnen.<br />
Mit der Info vom Bambussterben kann ich wenigstens<br />
meinem Nachbarn eine Freude machen, der in seinem<br />
Garten die Kontrolle über den Bambus verloren hat.<br />
48 12 - 2011 <strong>Speed</strong> - Ihr Motorradmagazin