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BAHN EXTRA Deutsche Reichsbahn 1939 (Vorschau)

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Fahrzeuge<br />

| SCHNELLTRIEBWAGEN „BAUART KRUCKENBERG“<br />

Spitzentempo<br />

und Treibachsbruch<br />

Mit stromlinienförmigen Triebwagen in Leichtbauweise<br />

machte sich Franz Kruckenberg in den 30er-Jahren einen Namen.<br />

Im Juni <strong>1939</strong> kam der dreiteilige SVT 137 155 zwischen Berlin<br />

und Hamburg auf sensationelle 215 km/h. Aber technische<br />

Probleme und der Kriegsbeginn setzten der Entwicklung ein Ende<br />

Zwei berühmte „silberne Züge“ hat der Luftfahrtingenieur und<br />

Eisenbahnpionier Franz Kruckenberg (1882–1965) im Jahrzehnt<br />

vor dem Zweiten Weltkrieg für die <strong>Reichsbahn</strong> entwickelt<br />

und zu Spitzengeschwindigkeiten gebracht. Am Sonntag, dem<br />

21. Juni 1931, erzielte sein propellergetriebener „Schienenzeppelin“<br />

während einer Versuchsfahrt zwischen Berlin und Hamburg die<br />

Tempo-Höchstmarke von 230 km/h. Und acht Jahre später, am<br />

23. Juni <strong>1939</strong>, erreichte der Schnelltriebwagen mit der Betriebs -<br />

nummer SVT 137 155 auf demselben Streckenabschnitt sensationelle<br />

215 km/h! Dennoch sind beide Projekte grandios gescheitert.<br />

Der Bau und die Erprobung des dreiteiligen Schnelltriebwagens<br />

„Bauart Kruckenberg“ hatten sich über mehrere Jahre bis Anfang<br />

1938 hingezogen. Das Fahrzeug wurde von den Vereinigten Westdeutschen<br />

Waggonfabriken A. G. in Köln-Deutz gefertigt. Der<br />

70 Meter lange und 113 Tonnen schwere Zug mit 100 Sitzplätzen<br />

verkörperte zahllose Neuerungen. Er besaß zwei Maybach-Dieselmotoren<br />

des Typs GO 6 mit jeweils 600 PS Leistung in den Über -<br />

hängen der Kopfglieder, hatte hydraulische<br />

Kraftüber tragun gen sowie eine Gummi -<br />

kugelfederung mit Lenkern zwischen Drehgestellen<br />

und Wagenkästen in geschweißter<br />

Schalenbauweise.<br />

Die ersten Erprobungen<br />

Am 27. Januar 1938 begannen interne Probefahrten<br />

mit dem „Fliegenden Silberling“,<br />

wie der Schnelltriebwagen gelegentlich genannt<br />

wurde, von Köln Hauptbahnhof rheinaufwärts<br />

nach Mainz. Drei Wochen später,<br />

am 15. Februar 1938, waren zahlreiche<br />

Reichs bahnbeamte versammelt, um an einer<br />

Vorführungsfahrt mit dem SVT 137 155 von<br />

Köln über Wuppertal nach Hagen teilzunehmen.<br />

Trotz besonderer Laufgüte bei hoher<br />

Geschwindigkeit sorgte sich Kruckenberg<br />

dabei um die kostbaren leichten Laufwerke<br />

des Fahrzeugs. Auf der Rückfahrt brannten<br />

die Anlassmotoren der Dieselmaschinen wegen<br />

eines Schaltfehlers durch. Die Lieferfirma<br />

AEG konnte Ersatz erst binnen drei<br />

Monaten liefern.<br />

Am 3. Mai 1938 war der dreiteilige<br />

Schnelltriebwagen bei einer weiteren Probefahrt<br />

erstmals am Hauptbahnhof in Han-<br />

36<br />

Am 23. Juni 1937 erklärte Franz Kruckenberg<br />

seinen Eintritt in die Nationalsozialistische<br />

<strong>Deutsche</strong> Arbeiter-Partei und wurde unter der<br />

Mitgliedsnummer 4 386 725 aufgenommen.<br />

Aufnahme am Platz „Nr. 100“ in seinem drei -<br />

teiligen Schnelltriebwagen, Anfang 1938<br />

Nachlass F. Kruckenberg/Slg. Gottwaldt<br />

nover zu sehen, also in der Stadt, wo 1930 der „Schienenzeppelin“<br />

entstanden war. Am 19. Mai 1938 übergab Westwaggon den<br />

SVT 137 155 zur weiteren Erprobung an die <strong>Reichsbahn</strong>. Die<br />

Einladun gen zur Vorführungsfahrt des neuen ,,Schnelltriebwagens<br />

Bauart Kruckenberg“ am 29. Juni 1938 waren bereits verschickt, als<br />

er sich zwei Tage vorher zur letzten Probefahrt auf die Tour begab.<br />

Der Hinweg auf der rund 290 Kilometer langen Paradestrecke von<br />

Berlin nach Hamburg wurde anstandslos zurückgelegt. Aber auf<br />

der Rückfahrt von der Elbe über Büchen, Hagenow Land,<br />

Wittenberge und Neu stadt (Dosse) machte sich zwischen<br />

Paulinenaue und Nauen am Berger Damm, etwa 30 Kilometer vor<br />

Spandau, plötzlich Brand geruch im Fahrzeug bemerkbar, und die<br />

Geschwindigkeit fiel ab. Im Bahn hof Falkensee fiel sofort eine rotglühende<br />

Treibradnabe auf, denn die Achse war gebrochen.<br />

Kein Fehler der Konstruktion hatte wohl den Schaden verursacht,<br />

sondern vermutlich war ein nachlässig montiertes Achslager heißgelaufen.<br />

So entschlossen sich Kruckenberg, Westwaggon und<br />

<strong>Reichsbahn</strong>, eine Ersatzachse nach den vorhandenen<br />

Zeichnungen anfertigen zu las -<br />

sen. Weil die deutschen Maschinenfabriken<br />

durch Rüstungsaufträge inzwischen stark<br />

beschäftigt waren, sollte dies ein ganzes Jahr<br />

dauern.<br />

Die Rekordfahrt <strong>1939</strong><br />

Der Fahrplanwechsel am 15. Mai <strong>1939</strong> verging,<br />

bevor das Lieferwerk Westwaggon in<br />

Köln die Reparatur des SVT 137 155 abgeschlossen<br />

hatte. Noch vor der nächsten Probefahrt<br />

wünschte Kruckenberg, dass auch<br />

die Achsen des anderen Maschinenwagens<br />

unbedingt kontrolliert werden sollten. Er<br />

konn te aber die Kosten für den Ausbau nicht<br />

tragen, weshalb dies unterblieb.<br />

Am Freitag, dem 23. Juni <strong>1939</strong>, führte das<br />

<strong>Reichsbahn</strong>-Versuchsamt für Lokomotiven<br />

und Triebwagen in Grunewald eine glück -<br />

liche Probefahrt zwischen Berlin-Charlottenburg<br />

und Hamburg Hauptbahnhof durch.<br />

Dabei fiel als sehr erfreulich auf, wie nach<br />

der Anfahrt mit zwei Motoren eine der<br />

beiden Dieselmaschinen vollkommen ausreichte,<br />

um die für den Normalbetrieb des<br />

Wagens vorgesehene Höchstge schwindig -

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