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BAHN EXTRA Deutsche Reichsbahn 1939 (Vorschau)

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Fahrzeuge<br />

| SCHNELLTRIEBWAGEN „BAUART KRUCKENBERG“<br />

Werbeprospekt<br />

der Vereinigten<br />

Westdeutschen<br />

Waggonfabriken AG<br />

für den dreiteiligen<br />

Schnelltriebwagen<br />

„Bauart Kruckenberg“<br />

von 1938.<br />

Er zeigt auch<br />

das mit Kugeln<br />

gefederte Triebdrehgestell<br />

und<br />

das Laufdrehgestell<br />

Nachlass F. Kruckenberg/<br />

Slg. Gottwaldt<br />

Die jetzt ausgeführte Versuchsfahrt, die im Rahmen einer längeren<br />

Versuchsreihe zur eingehenden Erprobung des Fahrzeugs durchgeführt<br />

wurde, nahm einen recht befriedigenden Verlauf. Auf der Rückfahrt<br />

von Hamburg nach Berlin konnten ohne Schwierigkeit und bei überraschend<br />

gutem Lauf über einen längeren Streckenabschnitt Stundengeschwindigkeiten<br />

von über 200 km und eine Spitzen geschwin digkeit<br />

von 215 km Stundengeschwindigkeit erreicht werden.<br />

Mit dieser Triebwagenschnellfahrt hat die <strong>Deutsche</strong> <strong>Reichsbahn</strong><br />

erneut einen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt mit einem Fahr -<br />

zeug, das für den öffentlichen Verkehr bestimmt ist, also keine Sondereinrichtungen<br />

zur Erzielung außergewöhnlicher Leistungen enthält.<br />

Dieser dreiteilige Schnelltriebwagen wird nach Beendigung<br />

der Versuchsreihe demnächst auf der Strecke Berlin – Hamburg dem<br />

öffentlichen Verkehr übergeben werden.“<br />

...und der weitere Einsatz<br />

Schon zwei Tage nach der erfolgreichen Sonderfahrt mit dem<br />

SVT 137 155, am 25. Juni <strong>1939</strong>, wurde der neue Zug sonntags in nicht<br />

ausgenutzten FDt-Plänen zwischen Berlin Lehrter Bahnhof und<br />

Hamburg-Altona zur Prüfung der Batterieladung erprobt: Ein Tempo<br />

von 200 km/h war schon nach neun Minuten herausgefahren, als<br />

hinter Block Stresow plötzlich ein Ruck durch den ganzen Wagen<br />

ging! Die Motoren wurden abgestellt, eine Notbremsung eingeleitet,<br />

und der Zug kam kurz vor dem Bahnhof Karstädt zum Stillstand.<br />

Eine Achse des Triebgestells war blockiert!<br />

Kaum gelang es der herbeigerufenen Hilfslokomotive, den Triebwagen<br />

SVT 137 155 bis nach Wittenberge von der Strecke zu ziehen.<br />

Im nahegelegenen <strong>Reichsbahn</strong>-Ausbesserungswerk zeigte sich, dass<br />

wiederum eine Achse gebrochen war, diesmal am anderen Triebdrehgestell<br />

unter der Küche. In Essen erfuhr Franz Kruckenberg<br />

telefonisch, dass eine neue Konstruktion und die Herstellung eines<br />

Ersatzstücks bei Krupp mindestens 14 Monate dauern sollte: Lieferfrist<br />

Sommer 1940!<br />

38<br />

Als „kriegswichtig“ wurde der SVT 137 155 nicht angesehen und<br />

geriet bald in Vergessenheit. Vermutlich rollte er trotz seines Defekts<br />

noch während des Krieges nach Dresden, 1944 vielleicht sogar bis<br />

nach Altenberg, dann wieder nach Dresden-Pieschen. Ein Berliner<br />

Eisenbahner berichtete später, dieser Wagen sei noch 1950 einmal<br />

von Dresden nach Berlin-Karlshorst geschleppt worden. Dort habe<br />

ihn Kruckenberg persönlich untersucht.<br />

Nachkriegszeit in Ost und West<br />

Nach dem Krieg gelang es Franz Kruckenberg auch, mit der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Bundesbahn ins Geschäft zu kommen. Im Auftrag ihres Ersten<br />

Präsidenten Edmund Frohne (1891–1971) leitete er zwischen 1950<br />

und 1953 noch den Entwurf von zwei unterschiedlichen Schnelltriebwagen<br />

der Baureihe VT 10. Die <strong>Deutsche</strong> <strong>Reichsbahn</strong> in der<br />

DDR hat ab 1963 ihre älteren Schnelltriebwagen im internationalen<br />

Verkehr durch neue Züge der „Bauart Görlitz“ mit der Baureihenbezeichnung<br />

VT 18.16 (spätere Baureihe VT 175) ersetzt. Auch deren<br />

Formgebung orientierte sich offensichtlich noch an Kruckenbergs<br />

Schnelltriebwagen von 1938, denn dieser war in der DDR verblieben.<br />

Danach wurde das Fahrzeug wieder für eine längere Zeit am Rande<br />

des <strong>Reichsbahn</strong>ausbesserungswerks Wittenberge abgestellt; seine<br />

Motoren waren längst ausgebaut.<br />

Im Mai 1967 war die Zerlegung des Wagens weitgehend abgeschlossen.<br />

Zurück blieb nur der Küchentrakt als eine Art von Gartenlaube.<br />

1989 fand man im Abstellgleis einige Teile vom Triebgestell<br />

des Wagens SVT 137 155 mit Motor, Flüssigkeitsgetriebe und den<br />

charakteristischen Gummikugeln. Zwischen Februar 1997 und Oktober<br />

2010 war eine daraus im Bw Leipzig Süd hergestellte abstrakte<br />

Fassung des „Silberlings“ mit einem Maybach-Motor im Verkehrsmuseum<br />

Dresden ausgestellt.<br />

Dr. Alfred Gottwaldt<br />

Literaturhinweise – Mehr zum Thema SVT 137 155<br />

Franz Kruckenberg: Fernschnellbahn und Verkehrshaus.<br />

Heidelberg 1959.<br />

Alfred Gottwaldt: Der Schienenzeppelin. Freiburg 2006.<br />

Jan-Henrik Peters: Mit Weltrekord auf Abstellgleis.<br />

In: Eisenbahn geschichte Nr. 22 ( 2007).

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