26.02.2014 Aufrufe

Trödler Alte Reklame (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

58<br />

BLICKPUNKT<br />

GLAS<br />

■ Weserbergland<br />

Das Weserbergland gehört seit dem Mittelalter<br />

zu den großen Glasregionen in Europa.<br />

Im Dreiländereck Nordhessen, Ostwestfalen<br />

und Südniedersachsen erstreckt<br />

sich das Mittelgebirge entlang der<br />

Oberweser zwischen Hannoversch Münden,<br />

wo Werra und Fulda sich bekanntlich<br />

küssen, ihre Namen büßen müssen und<br />

zur Weser werden, bis zu ihrem Eintritt in<br />

die norddeutsche Tiefebene bei Porta<br />

Westfalica. Seine Züge wie Hils, Ith, Süntel,<br />

Solling, Bramwald und Reinhardswald<br />

erreichen Höhen zwischen 400 und 530<br />

Meter. Im alten Reich lagen in diesem Gebiet<br />

geistliche und weltliche Territorien<br />

und freie Städte, darunter das Hochstift<br />

Paderborn, die Landgrafschaft Hessen-<br />

Kassel, das Herzogtum Braunschweig<br />

und das Kurfürstentum Hannover. Bekannt<br />

ist die Gegend als Märchenland der<br />

Brüder Grimm. Ausgestattet mit viel Geschichte,<br />

Schlössern, Herrenhäusern, Klöstern<br />

und Fachwerkstädten in intakter Natur,<br />

ist hier seit einigen Jahren der Fahrradund<br />

Kulturtourismus stark auf dem Vormarsch.<br />

Bis in unsere Tage spielt die Glasproduktion<br />

hier eine tragende wirtschaftli-<br />

Vier Becher mit Goldmalerei. Fürstliche Glashütte Altmünden, um 1760. H 6,8 cm (Dr. Fischer, Heilbronn,<br />

Auktion vom 02.07.2011)<br />

Pokal mit Wappen der Landgrafen von Hessen-<br />

Kassel. Fürstliche Glashütte Altmünden, um 1720.<br />

H 22,5 cm (Dr. Fischer, Heilbronn, Auktion vom<br />

02.07.2011)<br />

07 / 13<br />

che Rolle, denkt man an Großhersteller wie<br />

Noelle & von Campe in Boffzen als Lieferanten<br />

von Glasbehältern für Lebensmittel,<br />

Interpane in Lauenförde, einen Weltmarktführer<br />

für Spezialflachglas für extravagante<br />

Architekturprojekte, oder die Glashütte<br />

Grünenplan als Zweigwerk der Schott AG.<br />

Aus dem Grenzraum zum Eggegebirge<br />

bei Bad Driburg stammen allseits bekannte<br />

Namen wie Leonardo Glas der Firma<br />

Glaskoch, Walther-Glas und Ritzenhoff &<br />

Breker.<br />

Die natürlichen Ressourcen Holz und<br />

Quarzsand boten hier die Voraussetzungen<br />

für eine Mengenproduktion von Waldglas,<br />

Gebrauchsglas, Flachglas und allem,<br />

was früher mit dem Begriff der groben<br />

Glasverhüttung bezeichnet wurde, und<br />

das schon seit dem 12. Jahrhundert. Noch<br />

heute kann der aufmerksame Wanderer an<br />

bestimmten Plätzen im Weserbergland, z.<br />

B. im Solling, Tonscherben mit anhaftender<br />

Glasmasse entdecken – es sind Fragmente<br />

von Glashäfen, in denen aus den<br />

Rohstoffen Sand und Holzasche, Pottasche<br />

oder Soda Glasgemenge erschmolzen<br />

wurde. Verglaste Steine können<br />

von einer alten gemauerten Hafenbank<br />

herrühren, während grüne und blaue<br />

Glastropfen als mittelalterliche glastechnische<br />

Relikte identifiziert werden können.<br />

Rodungen im Wald oder längliche Geländeerhebungen<br />

lassen ebenso noch manchen<br />

früheren Standort von Glashütten<br />

bzw. Schmelzöfen erahnen. Die groben<br />

Hütten für Fensterglas und grünes Hohlglas<br />

waren bis ins 18. Jahrhundert hinein<br />

Waldglashütten, die ihren Standort alle 15<br />

bis 20 Jahre verlegten, wenn das Brennholz<br />

verbraucht war, und daher auch Wanderhütten<br />

heißen. Schon seit 1406 waren<br />

die Glaserfamilien, auch jene im Weserbergland,<br />

im Spessartbund organisiert,<br />

der sich einmal im Jahr in Großalmerode<br />

in Nordhessen versammelte und 1537<br />

vom Hessischen Gläsnerbund abgelöst<br />

wurde. Aus Großalmerode stammte auch<br />

der spezielle, weithin exportiert Ton, der<br />

den besonderen Anforderungen zur Herstellung<br />

von Glashäfen genügte. Schwerpunktgebiete<br />

im Weserbergland waren<br />

die bewaldeten Höhen Reinhardswald,<br />

Solling, Hils, Süntel und Deister. Archäologische<br />

Untersuchungen haben Hunderte<br />

ehemalige Glashüttenstandorte nachgewiesen.<br />

Die Hütten bildeten eine wichtige<br />

Einnahmequelle für Grundherren. Neben<br />

groben Glashütten bestanden besonders<br />

seit dem 18. Jahrhundert die sogenannten<br />

feinen Glashütten. Diese waren keine<br />

Wanderglashütten mehr, sondern ortsfeste<br />

Hütten, die mit landesherrlicher Förderung<br />

im Zeichen des Merkantilismus betrieben<br />

wurden und künstlerisch besonders<br />

verziertes weißes Glas herstellten.<br />

Den ausführlichen Artikel „Werserbergland – Glasland”<br />

(neun Seiten, 17 Abbildungen) von Dr. Oliver<br />

Gradel finden Sie in der aktuellen Juli-Ausgabe der<br />

Zeitschrift „Sammler Journal” (ab 25. Juni im Handel<br />

erhältlich)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!