eb - Elektrische Bahnen Hochgeschwindigkeitsstrecke Ankara (Vorschau)
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B 2580<br />
8/2011<br />
Monat August<br />
<strong>Elektrische</strong><br />
B ahnen<br />
Elektrotechnik<br />
im Verkehrswesen<br />
Themenschwerpunkt Österreich<br />
Editorial<br />
Nachhaltige Infrastruktur für Generationen<br />
Interview<br />
„Wir planen den Technologiewechsel“<br />
Standpunkt<br />
Steigende Potenziale für elektrische <strong>Bahnen</strong><br />
Projekte<br />
Ausbauplan 2011-2016 für die österreichische<br />
Bahninfrastruktur<br />
Oberleitungen<br />
Deckenstromschienen für hohe Fahrgeschwindigkeiten<br />
Bahnstromversorgung<br />
<strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> <strong>Ankara</strong> −<br />
Eskisehir − (Istanbul) − Oberleitungen und<br />
Unterwerke<br />
Journal<br />
ETCS bei ÖBB<br />
Neubaustrecken bei ÖBB<br />
Betri<strong>eb</strong>sführung bei ÖBB<br />
<strong>Bahnen</strong>, Energie und Umwelt, Produkte und<br />
Lösungen, Kommentare, Historie, Termine<br />
Erste Fachzeitschrift für Elektrotechnik<br />
im öffentlichen Verkehr
WISSEN für die ZUKUNFT<br />
Mit vielen, bisher<br />
unveröffentlichten Bildern<br />
Wechselstrom-<br />
Zugbetri<strong>eb</strong><br />
in Deutschland<br />
Band 2: Elektrisch in die<br />
schlesischen Berge – 1911 bis 1945<br />
Eine einzigartige, chronologische Beschreibung der Entwicklung<br />
der Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge, Bahnstromversorgungs- und Fahrleitungsanlagen<br />
sowie des Werkstättenwesens dieser Zeit<br />
Bereits bei der Aufnahme des elektrischen Zugbetri<strong>eb</strong>s war klar, dass<br />
die Technik mit Einphasen-Wechselstrom ihre Tauglichkeit auch unter<br />
schwierigen topografi schen Bedingungen unter Beweis stellen sollte.<br />
Die Teststrecke Lauban – Königszelt wies alle Eigenschaften einer G<strong>eb</strong>irgsbahn<br />
auf. Nachdem die Mittel zur Elektrisierung genehmigt waren,<br />
begann eine stürmische Entwicklung, die durch den Ersten Weltkrieg<br />
unterbrochen wurde. In den zwanziger Jahren wurde das Engagement<br />
fortgesetzt, das zum Erfolg der elektrischen Traktion in Deutschland beigetragen<br />
hat. Die Betri<strong>eb</strong>serfahrungen sowie deren technische Umsetzung<br />
prägten die Entwicklung von Fahrzeugen, Oberleitungen und<br />
anderen Einrichtungen der elektrischen Zugförderung der Deutschen<br />
Reichsbahn.<br />
Dieses Werk veranschaulicht ein Stück Zeitgeschichte und beschreibt<br />
die Zusammenhänge zwischen den technischen, wirtschaftlichen sowie<br />
gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen dieser Epoche.<br />
P. Glanert / T. Scherrans / T. Borbe / R. Lüderitz<br />
1. Aufl age 2011, ca. 300 Seiten mit CD-ROM, Hardcover<br />
CD-ROM<br />
mit ausführlichem<br />
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Oldenbourg Industrieverlag<br />
www.<strong>eb</strong>-info.eu<br />
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Oldenbourg Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante Fachang<strong>eb</strong>ote informiert und beworben werde. Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
Inhalt<br />
<strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 8/2011<br />
Elektrotechnik im Verkehrswesen<br />
Hauptbeiträge Seite Hauptbeiträge Seite<br />
Editorial − Österreich<br />
Nachhaltige Infrastruktur für<br />
Generationen 379<br />
Interview − Österreich<br />
J. Pluy<br />
„Wir planen den Technologiewechsel“ 380<br />
Standpunkt − Österreich<br />
R. Chodasz<br />
Steigende Potenziale für elektrische<br />
<strong>Bahnen</strong> 383<br />
Projekte − Österreich<br />
Th. Dreßler<br />
Ausbauplan 2011-2016 für die<br />
österreichische Bahninfrastruktur 384<br />
Master plan 2011 to 2016 to improve the<br />
Austrian railway infrastructure<br />
Plan d’aménagement 2011-2016 de l’infrastructure<br />
des chemins de fer autrichiens<br />
Oberleitungen − Österreich<br />
F. Kurzweil, B. Furrer<br />
Deckenstromschienen für hohe<br />
Fahrgeschwindigkeiten 398<br />
Overhead conductor bar for high speed<br />
Ligne de contact rigide pour vitesse élevée<br />
Bahnstromversorgung<br />
H. H. Güney, C. Isikoglu, R. Puschmann<br />
<strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> <strong>Ankara</strong> −<br />
Eskisehir − (Istanbul) − Oberleitung<br />
und Unterwerke 405<br />
<strong>Ankara</strong>–Eskisehir–(Istanbul) high-speed line –<br />
overhead contact line and substations<br />
Ligne à grande vitesse <strong>Ankara</strong> – Eskisehir –<br />
(Istanbul) – caténaire et sous-stations<br />
Journal<br />
Journal extra<br />
ETCS bei ÖBB 418<br />
Neubaustrecken bei ÖBB 423<br />
Betri<strong>eb</strong>sführung bei ÖBB 424<br />
<strong>Bahnen</strong> · Railways · Chemins de fer 427<br />
Berichtigung · Correction · Retification 431<br />
Energie und Umwelt · Energy and environment ·<br />
Énergie et environnement 432<br />
Produkte und Lösungen · Products and solutions ·<br />
Produits et solutions 432<br />
Kommentare · Comments · Commentaires 433<br />
Historie · History · Histoire 436<br />
Termine · Dates · Dates U 3<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
377
Impressum<br />
<strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
Gegründet 1903 von Prof. Wilhelm Kübler, Königlich Sächsische Technische Hochschule<br />
zu Dresden.<br />
Herausg<strong>eb</strong>er:<br />
Dr. Klaus Baur, Vorsitzender der Geschäftsführung, Bombardier Transportation GmbH, Berlin<br />
Dr. Ansgar Brockmeyer, Leiter Business Segment Public Transit, Siemens Mobility, Erlangen<br />
Dipl.-Ing. Thomas Groh, Geschäftsführer, DB Energie GmbH, Frankfurt am Main (federführend)<br />
Dr.-Ing. Friedrich Kießling, Baiersdorf<br />
Prof. Dr.-Ing. Peter Mnich, Fachg<strong>eb</strong>iet Betri<strong>eb</strong>ssysteme elektrischer <strong>Bahnen</strong>, Technische<br />
Universität Berlin<br />
Dr.-Ing. Steffen Röhlig, ELBAS <strong>Elektrische</strong> Bahnsysteme Ingenieur-Gesellschaft mbH,<br />
Dresden<br />
Prof. Dr.-Ing. Andreas Steimel, Lehrstuhl für elektrische Energietechnik und Leistungselektronik,<br />
Ruhr-Universität, Bochum<br />
Beirat:<br />
Dipl.-Ing. Dirk Behrends, Eisenbahn-Bundesamt, Bonn<br />
Dipl.-Ing. Christian Courtois, Leiter des Geschäftsg<strong>eb</strong>ietes Traktionsenergie-Versorgungssysteme<br />
in der Direction de l‘ingéniere der SNCF<br />
Dr.-Ing. Thomas Dreßler, Experte für Energie, Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft<br />
mbH, Abteilung Benannte Stelle, Wien<br />
Dr.-Ing. Gert Fregien, Leiter Fahrzeugtechnik, DB Fernverkehr, Frankfurt am Main<br />
Dr. Andreas Fuchs, Principal Engineer, Siemens Mobility, Erlangen<br />
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtschaftsing. Wolfgang Harprecht, Senior Consultant, Marburg an der Lahn<br />
Dipl.-Ing. Alfred Hechenberger, Standortverantwortlicher München und Leiter<br />
Öffentlich keitsarbeit, DB Systemtechnik, München<br />
Dr. Dieter Klumpp, Mannheim<br />
Dipl.-Ing. Martin Lemke, Leiter Planung und Projekte, DB Energie GmbH, Köln<br />
Prof. Dr.-Ing. Adolf Müller-Hellmann, Geschäftsführer VDV-Förderkreis e.V., Köln<br />
Dr. Dipl.-Ing. Johann Pluy, Geschäftsbereichsleiter Energie, ÖBB-Infrastrukturtechnik<br />
AG., Wien<br />
Dipl.-Ing. (FH) Peter Schließmann, Leiter Consulting Services Ausrüstungstechnik, DB International,<br />
Frankfurt am Main<br />
Dipl.-Ing. Udo Stahlberg, Fachbereichsleiter Nahverkehrs-Schienenfahrzeuge, elektrische<br />
Energieanlagen und Standseilbahnen, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen<br />
(VDV), Köln<br />
Prof. Dr.-Ing. Arnd Stephan, Lehrstuhl für <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong>, TU Dresden, Dresden<br />
Dipl.-Ing. (FH) Mike Walter, Leiter Kompetenzcenter Elektrotechnik, Balfour Beatty Rail<br />
GmbH, Offenbach am Main<br />
Dipl.-Wirtschaftsing. Michael Witt, Lahmeyer International GmbH, Bad Vilbel<br />
Redaktionsleitung:<br />
Eberhard Buhl, M.A. (verantwortlich),<br />
Fon: +49 89 45051-206, Fax: -207,<br />
E-Mail: buhl@oiv.de, Postanschrift siehe Verlag.<br />
Fachredaktion:<br />
Dipl.-Ing. Roland Granzer, Dresden (verantwortlich für die Hauptbeiträge)<br />
Dipl.-Ing. Martin Binswanger, Mering<br />
Dipl.-Ing. Erich Braun, Schwalbach<br />
Dipl.-Ing. (FH) Bodo Ehret, DB AG, Vorstandsressort Technik, Frankfurt am Main<br />
Dipl.-Ing. Walter Gunselmann, Siemens Mobility, Erlangen<br />
Dr.-Ing. Friedrich Kießling, Baiersdorf<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Kropp, Balfour Beatty Rail GmbH, Offenbach am Main<br />
Verlag:<br />
Oldenbourg Industrieverlag GmbH, Rosenheimer Straße 145,<br />
81671 München, Deutschland, Fon: +49 89 45051-0, Fax: -207<br />
Internet: http://www.oldenbourg.de<br />
Geschäftsführer:<br />
Carsten Augsburger, Jürgen Franke, Hans-Joachim Jauch<br />
Mediaberatung:<br />
Inge Matos Feliz, Fon: +49 89 45051-228, Fax: -207,<br />
E-Mail: matos.feliz@oiv.de, Anschrift siehe Verlag.<br />
Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 57.<br />
Redaktionsbüro:<br />
Ursula Grosch, Fon: +49 89 3105499<br />
E-Mail: ulla.grosch@seccon-group.de<br />
Abonnement/Einzelheftbestellungen:<br />
Leserservice <strong>eb</strong> − <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
Postfach 9161<br />
97091 Würzburg,<br />
Fon: +49 931 4170-1615, Fax: +49 931 4170-492,<br />
E-Mail: leserservice@oldenbourg.de<br />
Bezugsbedingungen:<br />
„<strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong>“ erscheint 10 x jährlich (davon 2 Doppelhefte).<br />
Jahresinhaltsverzeichnis im Dezemberheft<br />
Jahresabonnement 289,00 € (inkl. MwSt.)<br />
Porto Inland 30,00 € (inkl. MwSt.) / Porto Ausland 35,00 €<br />
Einzelheft 33,00 € (inkl. MwSt.), Porto (Deutschland 3,00 € / Ausland 3,50 €)<br />
Einzelausgabe als ePaper 33,00 €<br />
Abo Plus (Print plus ePaper) 375,70 €<br />
Porto Inland 30,00 € (inkl. MwSt.) / Porto Ausland 35,00 €<br />
Die Preise enthalten bei Lieferung in EU-Staaten die Mehrwertsteuer, für das übrige<br />
Ausland sind sie Nettopreise.<br />
Studentenpreis: 50 % Ermäßigung gegen Nachweis.<br />
Bestellungen über jede Buchhandlung oder direkt an den Verlag.<br />
Abonnements-Kündigungen 8 Wochen zum Ende des Kalenderjahres.<br />
Jahresinhaltsverzeichnis im Dezemberheft. – Mikrofilmausgaben ab 44. Jahrgang, 1973,<br />
sind durch University Mikrofilms Ltd., St. John‘s Road Tylers Green High Wycombe, Buckinghamshire,<br />
England, HP 108 HR, zu beziehen.<br />
Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urh<strong>eb</strong>errechtlich<br />
geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung<br />
ohne Einwilligung des Verlages strafbar.<br />
ISSN 00 13-5437<br />
Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier<br />
109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Editorial<br />
Nachhaltige Infrastruktur<br />
für Generationen<br />
Die größte Herausforderung<br />
für Infrastrukturmanager ist<br />
das Denken in Generationen.<br />
Planung, Erhaltung und Betri<strong>eb</strong><br />
von Eisenbahn-Infrastruktur<br />
brauchen eine langfristige Perspektive,<br />
die über Jahrzehnte hinausreicht. Mit<br />
den Investitionen von heute bestimmen<br />
wir schließlich die Mobilität von morgen.<br />
Das heißt: Wir müssen heute den Mobilitätsbedarf<br />
und die gesellschaftlichen<br />
Trends der nächsten 20 bis 40 Jahre abschätzen<br />
und darauf unsere Planungen<br />
aufbauen.<br />
Dieser Herausforderung begegnen<br />
die ÖBB mit einer langfristigen Infrastrukturstrategie,<br />
dem Zielnetz 2025+.<br />
Mit dem Zielnetz 2025+ werden wir<br />
die ÖBB-Hochleistungsstrecken mit regionalen Nahverkehrsang<strong>eb</strong>oten<br />
verbinden und damit die Infrastruktur-<br />
Grundlagen für einen österreichweiten Taktfahrplan nach<br />
Schweizer Modell schaffen. Die Marktposition der Bahn<br />
gegenüber dem Straßen- und Luftverkehr kann dadurch<br />
mittelfristig deutlich gestärkt werden.<br />
Grundlage der Zielnetz-Strategie ist die Verkehrsprognose<br />
2025+, die von renommierten Forschungsinstituten<br />
im Auftrag des BMVIT erstellt wurde. Sie zeigt, dass der<br />
Eisenbahnverkehr in Österreich in den nächsten 20 Jahren<br />
um über 30 % steigen wird. Auslöser dieses Nachfrageanstiegs<br />
sind einerseits die steigende individuelle Mobilität<br />
und andererseits der durch den Klimawandel ausgelöste<br />
Druck zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene.<br />
Um die Vision Zielnetz umzusetzen, ist ein umfassendes<br />
und fortgesetztes Investitionsprogramm notwendig.<br />
Einerseits gilt es, das Bestandsnetz auf<br />
den Stand der Technik zu bringen, denn<br />
rund 70 % der bestehenden Trassen<br />
stammen noch aus der Zeit der Monarchie.<br />
Andererseits müssen wir die dringend<br />
benötigten Kapazitätserweiterungen<br />
auf der Westbahn und der Südbahn<br />
schaffen. Der viergleisige Ausbau der<br />
Westbahnstrecke von Wien bis Linz steht<br />
bereits kurz vor Fertigstellung, der Abschnitt<br />
Wien − St. Pölten wird Ende<br />
2012 in Betri<strong>eb</strong> gehen. Die Südbahnstrecke<br />
wird bis 2024 durch den Bau der<br />
Koralmbahnstrecke zwischen Graz und<br />
Klagenfurt sowie durch den Bau des<br />
neuen Semmering-Basistunnels deutlich<br />
verstärkt. Zusätzlich zu diesem Ausbauprogramm<br />
wird die ÖBB-Infrastruktur in<br />
den nächsten Jahren auch einen großen Technologiesprung<br />
machen. Die Einführung von ETCS Level 2, die Ausstattung<br />
mit GSM-R sowie die Zusammenführung der gesamten Betri<strong>eb</strong>slenkung<br />
in 5 Betri<strong>eb</strong>sführungszentralen werden den<br />
Bahnbetri<strong>eb</strong> in ein neues Zeitalter führen.<br />
Diese vielfältigen Maßnahmen am Weg zum Zielnetz<br />
werden seitens unseres Eigentümers, der Republik Österreich,<br />
unterstützt und finanziell abgesichert. Als Infrastrukturunternehmen<br />
brauchen wir dieses Vertrauen<br />
und das starke Bekenntnis der Politik zur Bahn. Damit<br />
wir heute die Grundlagen für die Mobilität der Zukunft<br />
schaffen können.<br />
Mag. (FH) Andreas Matthä,<br />
Vorstandssprecher der ÖBB-Infrastruktur AG<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
379
Interview – Österreich<br />
„Wir planen den Technologiewechsel“<br />
Die kommenden Jahre dürften spannend werden für die Bahn in Österreich<br />
– und das im doppelten Sinn des Wortes. Denn mit dem Neu- und Ausbauprogramm<br />
„Zielnetz 2025+“ haben sich die Infrastruktur-Planer der ÖBB<br />
ehrgeizige Ziele gesteckt. Über die Vorgaben, Herausforderungen und Optionen<br />
sprach <strong>eb</strong>-Redakteur Eberhard Buhl mit Dr. Johann Pluy, Geschäftsbereichsleiter<br />
Energie bei der ÖBB-Infrastruktur AG.<br />
<strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong>: Lässt sich heute schon einigermaßen<br />
sicher einschätzen, wie sich der Bahnverkehr<br />
– und damit verbunden auch der Bedarf an Energie und<br />
Systemleistung – in den nächsten zehn oder 20 Jahren<br />
entwickeln werden? Und wie viel davon konnten Sie in der<br />
vor Jahresfrist vorgestellten Strategie „Zielnetz 2025+“<br />
bereits berücksichtigen?<br />
Dr. Johann Pluy: Das Zielnetz 2025+ ist ja der Masterplan<br />
der ÖBB-Infrastruktur für eine systemgerechte und<br />
kosteneffiziente Weiterentwicklung der Eisenbahn-Infrastruktur<br />
in Österreich. Er sieht zum Beispiel den viergleisigen<br />
Ausbau der Westbahn und den Bau des Hauptbahnhofs<br />
Wien vor, eine „Neue Südbahn“ durch den Ausbau<br />
der Pottendorfer Linie, den Bau des neuen Semmering Basistunnels<br />
und der Koralmbahn sowie zahlreiche weitere<br />
Projekte und Strecken-Upgrades. Diese Vorgaben, gekoppelt<br />
mit den Annahmen, welche Verkehre darauf geführt<br />
werden, wandeln wir in die für uns wichtigen Größen um,<br />
nämlich in die Bedarfsprognosen bei Anlagen, Strecken<br />
und Energie. Unter Ausnutzung aller effizienzsteigenden<br />
Maßnahmen müssen wir bis 2025 mit rund 30 % höherem<br />
Energi<strong>eb</strong>edarf rechnen. Und durch die zunehmende<br />
Vertaktung der Fahrpläne werden wir einen 40 bis 50 %<br />
höheren Leistungsbedarf haben.<br />
<strong>eb</strong>: Die Hauptkompetenz Ihres Geschäftsbereichs liegt in<br />
der Bahnstromversorgung ...<br />
Dr. Pluy: Selbstverständlich. Bahnstromversorger waren<br />
die Pioniere der Elektrizitätsversorgung, gerade auch mit<br />
regenerativen Energieträgern. Unsere ältesten Wasserrechtsbescheide<br />
stammen aus der Zeit um 1915 und den<br />
Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Nachdem Österreich<br />
von den schlesischen Kohlevorräten abgeschnitten war,<br />
hat die Bahn verstärkt elektrifiziert und dabei die Wasserkraft<br />
der Alpen genutzt. Die Elektrifizierung begann<br />
im Westen Österreichs am Arlberg und in der Region um<br />
Innsbruck mit der Mittenwaldbahn und wurde dann Richtung<br />
Osten fortgesetzt.<br />
<strong>eb</strong>: Die 1912 eröffnete Mittenwaldbahn war ja eine der<br />
ersten <strong>Bahnen</strong> mit hochgespanntem einphasigem Wechselstrom<br />
und insofern ein Meilenstein, <strong>eb</strong>enso wie das<br />
Spullersee-Kraftwerk von 1925 ...<br />
Dr. Pluy: ... das eines der ersten Großkraftwerke Europas<br />
war. Seither haben wir viel Erfahrung gesammelt mit der<br />
Bahnstromproduktion aus Wasserkraft. Genau hier zeigt<br />
sich aber auch<br />
die Problematik<br />
unserer Anlagen:<br />
Ihr Alter ist immer<br />
gleichzusetzen<br />
mit solchen<br />
Elektrifizierungswellen.<br />
Wir haben<br />
es heute mit<br />
einer großen Zahl von Anlagen zu tun, die zwar sehr gut<br />
gewartet, aber auch sehr alt sind und in den nächsten<br />
zehn bis 15 Jahren einen sehr hohen Erneuerungsbedarf<br />
erfordern. Wir werden einige 100 Mio. EUR allein in Umbau<br />
und Modernisierung dieser alten Anlagen stecken.<br />
<strong>eb</strong>: In welche konkreten Projekte soll dieses Geld fließen?<br />
Dr. Pluy: Derzeit laufen zwei große Kraftwerksprojekte.<br />
Da ist erstens das geplante Pumpspeicherkraftwerk<br />
Tauernmoos – ungefähr 170 Mio. EUR Investition, 130 MW<br />
Pumpspeicher mit angeschlossenem 60-MW-Umrichterwerk.<br />
Das Projekt liegt geografisch günstig genau im<br />
Herzen von Österreich und hat den großen Vorteil, dass<br />
wir im 16,7-Hz-Netz und im 50-Hz-Netz in alle Himmelsrichtungen<br />
pumpen und Strom liefern können. Im vierten<br />
Quartal werden wir die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
abschließen. Zweitens projektieren wir im Bundesland<br />
Kärnten an der Tauernbahn das Kraftwerk Obervellach<br />
II, wobei das Bestandskraftwerk von 1943 für rund<br />
155 Mio. EUR komplett erneuert und auf die doppelte<br />
Leistungsfähigkeit g<strong>eb</strong>racht werden soll. N<strong>eb</strong>en diesen<br />
Leuchtturmprojekten soll die Optimierung der Bestandsanlagen<br />
nochmals vier bis fünf Prozent des Regelarbeitsvermögens<br />
bringen.<br />
<strong>eb</strong>: Und wie steht es um die Übertragungsleitungen?<br />
Dr. Pluy: Bei 50 oder 60 Jahre alten Bahnstromleitungen<br />
sind oft die Leiterseile ermüdet und die Isolatoren am<br />
Ende. Also müssen wir auch hier investieren und diese Anlagen<br />
während des laufenden Betri<strong>eb</strong>s umbauen.<br />
<strong>eb</strong>: Dabei werden Sie Ihr Bestandnetz nicht nur auf den<br />
Stand der Technik bringen, sondern langfristig zukunftsfähig<br />
machen?<br />
Dr. Pluy: Selbstverständlich. Netzverluste reduzieren<br />
und die Energieeffizienz in unseren Systemen insgesamt<br />
erhöhen – das sind herausragende Aufgaben in der<br />
380 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Interview<br />
nächsten Zeit. Bis 2015 möchte ich die Netzverluste um<br />
25 % niedriger sehen. Durch moderne IT-Technologien,<br />
durch veränderlichen, optimierten Kraftwerkseinsatz,<br />
entsprechende Disziplin bei Leitungsabschaltungen, intelligente<br />
Abschaltkoordination und einiges mehr können<br />
und müssen wir diese Netzverluste reduzieren. Das<br />
ist für uns ein wesentlicher Kostenfaktor.<br />
<strong>eb</strong>: Sprechen Sie von Maßnahmen, die sich heute per<br />
Software steuern lassen, früher aber eher nach Gefühl<br />
entschieden wurden?<br />
Dr. Pluy: Bis in die 1970er Jahre war es üblich, bei integrierten<br />
Netzausbauplanungen die Leitungen anzuschließen,<br />
einzuschalten und dann mal zu sehen, wo Gesamtsystemverluste<br />
und Systemkosten liegen. Das geht heute<br />
nicht mehr. Wir haben ein Bahnstromversorgungsnetz,<br />
in dem relativ kleine Kraftwerke über ein relativ dünnes<br />
Netz verbunden sind und in dem die Netzlasten nicht statisch<br />
sind, sondern regional sehr stark schwanken. Gleich<br />
nach der Physik kommen heute die Kosten, und das leider<br />
bei Lasten, die sehr volatil sind und die sich quer durchs<br />
Netz bewegen. Dieses komplexe System müssen wir besser<br />
unter einen Hut bringen.<br />
<strong>eb</strong>: Durchweg rechnergestützt?<br />
Dr. Pluy: Die Algorithmen sind da, aber sie verlangen<br />
nach sehr leistungsfähigen Systemen, wie wir sie jetzt<br />
neuerdings einsetzen. Wichtig ist aber auch, dass wir von<br />
Hochschulen guten Ingenieurnachwuchs bekommen, Leute,<br />
die damit umgehen können.<br />
<strong>eb</strong>: Gibt es denn diesen Nach wuchs? In Deutsch land werden<br />
in vielen Bereichen händeringend gute Ingenieure<br />
gesucht, und in Österreich dürfte es nicht viel anders sein.<br />
Dr. Pluy: Guter Ingenieurnachwuchs ist in der Tat rar. Die<br />
Studentenzahlen sind zwar wieder gestiegen, aber ich<br />
denke, dass die Nachfrage nicht gestillt wird im Moment.<br />
Damit beginnt der Kampf der Unternehmen um die Besten.<br />
Wir bei der ÖBB können damit punkten, dass unsere thematische<br />
Vielfalt schwer zu toppen ist. Denn bei uns kann<br />
man von der Netzsimulation über die Stromerzeugung bis<br />
zum Energiesparmanagement alles in einem Haus finden.<br />
Wenn einer Wert auf Breite legt und ein System verstehen<br />
will, bekommt er sicher bei uns den besten Einblick. Und bis<br />
jetzt haben wir tatsächlich genug Bewerber. Noch.<br />
<strong>eb</strong>: Das heißt aber, Sie wollen Ingenieurskompetenz im<br />
eigenen Hause aufbauen?<br />
Dr. Pluy: Genau. Erstens, um nicht so abhängig zu sein<br />
vom Markt. Zweitens wollen wir zusammen mit den<br />
benachbarten Bahnstromversorgern von SBB und DB daran<br />
arbeiten, die nationalen Standards aneinander anzupassen<br />
und unnötige Differenzen in Details auszuräumen.<br />
Bahnstromversorgung ist eine Spezialtechnologie, und<br />
auch wenn das Prinzip schon vor hundert Jahren entwickelt<br />
wurde, ist doch noch einiges drin.<br />
<strong>eb</strong>: Wie aber wollen Sie die prognostizierten Zuwächse<br />
beim Energi<strong>eb</strong>edarf auffangen?<br />
Dr. Pluy: Bei diesem Thema müssen wir Strategie und<br />
Werteorientierung unter einen Hut bringen. Momentan<br />
stammen bereits 92 % unserer Energie aus erneuerbaren<br />
Energieträgern, 88 % Wasserkraft sowie 4 % Wind und<br />
Photovoltaik. Die Frage ist: Genügt uns das oder wollen<br />
wir im Jahr 2025 beispielsweise 100 % Ökostrom erreichen?<br />
Wollen wir neue Wasserkraftwerke betreiben, stärker<br />
diese oder jene Technologie einsetzen?<br />
<strong>eb</strong>: Oft wird ja die Frage gestellt: Sind 100 % überhaupt<br />
machbar?<br />
Dr. Pluy: Alles ist machbar. Es ist halt eine Frage, was Sie<br />
sich selber leisten möchten und was der Kunde bezahlen<br />
will. Wir haben bereits ein Bahnstromversorgungsprodukt<br />
mit Null Gramm CO 2<br />
auf den Markt g<strong>eb</strong>racht – Null<br />
Gramm, vorgelagerte Emissionen eingeschlossen. Aber<br />
wenn man Bäume zum Kompensieren pflanzt, Photovoltaik-<br />
oder Windstrom einkauft, ist das <strong>eb</strong>en teurer. Solche<br />
Premiumprodukte muss man sich als Kunde <strong>eb</strong>enso leisten<br />
wollen wie als Lieferant. Weil wir auch weiterhin für uns<br />
in Anspruch nehmen wollen, der „ökologischste“ Mobilitätsanbieter<br />
zu sein, müssen wir uns also genau überlegen,<br />
wie wir die steigende Energienachfrage ökologisch<br />
einwandfrei befriedigen können. Wir werden saubere<br />
Energie zukaufen müssen, trotz unserer eigenen Bau- und<br />
Ausbauprojekte.<br />
<strong>eb</strong>: Und welches Verhältnis str<strong>eb</strong>en Sie da an?<br />
Dr. Pluy: Unsere Strategie legt zwei Punkte ganz klar<br />
fest: Ausbaustrategien nur mit erneuerbaren Energieträgern.<br />
Und 25 % mehr Stromerzeugung aus eigenen<br />
Kraftwerken.<br />
<strong>eb</strong>: Durch Ihren frühen, massiven Einstieg in die Wasserkraft<br />
haben Sie ja bessere Vorbedingungen als viele<br />
andere <strong>Bahnen</strong>. Andererseits können Sie nicht einfach ein<br />
Dutzend neue Wasserkraftwerke bauen ...<br />
Dr. Pluy: Ja, das ist schwierig. Zwischen einer Projektidee<br />
und der Fertigstellung liegen bei einem mittleren Wasserkraftwerk<br />
gut und gern zehn Jahre, und in dieser Zeit<br />
muss man sich unter anderem mit strengen Verfahren zur<br />
Daten und Fakten zum Geschäftsbereich Energie der ÖBB-Infrastruktur AG<br />
Der Geschäftsbereich Energie der ÖBB-Infrastruktur AG ist für den Themenkomplex der Energieversorgung innerhalb des Konzerns zuständig<br />
und deckt vier Geschäftsfelder ab. Die Bahnstromversorgung selbst sowie die Anlagenbereitstellung von Kraftwerken, Umformern, Umrichtern<br />
und Bahnstromleitungen ist Hauptaufgabe. Das zweite Geschäftsfeld umfasst die Betri<strong>eb</strong>sstättenversorgung mit Einkauf, Vertri<strong>eb</strong> und Anlagenbereitstellung<br />
für 50-Hz-Strom, Gas-, Wärme- und Kältenetze. Dazu kommen Geschäftsfelder im Sektor Dienstleistung: Als Dienstleistung für<br />
Eisenbahnverkehrsunternehmen betreut der Geschäftsbereich EVUs außerhalb des Kernmarktes Österreich bei Zählungen, beim Einkauf und<br />
verwandten G<strong>eb</strong>ieten. Das vierte Geschäftsfeld bietet Dienstleistungen für komplexe Industriekunden, die n<strong>eb</strong>en dem Einkauf auch Beratung in<br />
ihren Kernprozessen wünschen. Aktuell zählt der Geschäftsbereich Energie rund 360 Beschäftigte und setzt jährlich mehr als 400 Mio. EUR um.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
381
Interview – Österreich<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung und<br />
einem teils massiven Widerstand der<br />
Bürger auseinandersetzen.<br />
<strong>eb</strong>: Da herrscht oft das St.-Florians-<br />
Prinzip vor: Öko-Energie ja – aber<br />
bitte nicht vor meiner Haustür ...<br />
Dr. Pluy: ... und deshalb müssen wir<br />
uns ernsthaft fragen, ob solche großen<br />
ökologischen Investments unter<br />
den aktuellen Rahmenbedingungen<br />
künftig überhaupt noch sinnvoll sind.<br />
Der gesellschaftliche Wille dazu ist<br />
aus meiner Sicht oft nicht erkennbar,<br />
das muss man ganz offen sagen.<br />
Deshalb werden wir massiv unsere<br />
Bestr<strong>eb</strong>ungen für ein effizientes<br />
Energiesparmanagement verstärken<br />
– dort haben wir die wesentlichen<br />
Stellschrauben selbst in der Hand. Ein Aspekt dazu ist<br />
konsequentes Eco-Driving, weil wir dann unter dem Strich<br />
ein ganzes Kraftwerk weniger bauen müssen. Und wir<br />
erarbeiten Lösungen zur optimierten Rückspeisung oder<br />
zu den Hilfsbetri<strong>eb</strong>en. Allein die Wärmeisolierung von<br />
Waggons bringt viel: Eine Reisezuggarnitur von heute,<br />
die über Nacht aufg<strong>eb</strong>ügelt ist, verbraucht rund 250 kW –<br />
das ist zu viel, meine ich.<br />
<strong>eb</strong>: Nun können Sie einerseits nicht überall Wasserkraftwerke<br />
hinstellen, anderseits nicht unbegrenzt Energie<br />
einsparen ...<br />
Dr. Pluy: ... deshalb planen wir den Technologiewechsel.<br />
<strong>eb</strong>: Mit kleineren, vielleicht dezentralen Kraftwerken?<br />
Dr. Pluy: Ja, wir müssen dezentral produzieren, und<br />
zwar nicht nur mit 16,7 Hz, sondern auch mit 50 Hz. Insgesamt<br />
ist eine ausgewogene Kombination aus zentraler<br />
und dezentraler Erzeugung gefragt, denn wenn wir verbrauchsnah<br />
erzeugen wollen, tun wir das idealerweise<br />
nah an der Oberleitung und damit zwingend dezentral.<br />
Auch ist die Versorgungssicherheit einer Zentral-Dezentral-Kombination<br />
besser als bei rein zentraler Produktion.<br />
Und im vergangenen Jahr haben wir eine große Studie<br />
zur Situation 2025 und 2030 gemacht und anhand von<br />
Grenzbeispielen simuliert, was es kostet, wenn wir nur<br />
gewisse Energieträger wie Biomasse, Photovoltaik, Wind<br />
oder Wasser zulassen und wie ein optimierter Strommix<br />
der Zukunft aussieht.<br />
<strong>eb</strong>: Sie setzen also künftig auf Photovoltaik, Wind und<br />
Biomasse?<br />
Dr. Pluy: Photovoltaik und Wind, ja. Biomasse kann eine<br />
Mogelpackung sein. Wenn dafür zum Beispiel Holz aus<br />
Kanada importiert wird, ist das für uns als ökologisch<br />
ausgerichteten Mobilitätsanbieter widersinnig. Wenn<br />
ich Biomasse aus einem landwirtschaftlichen Betri<strong>eb</strong> der<br />
Steiermark nehme, stehe ich aber plötzlich in direkter<br />
Konkurrenz zur heimischen Papierindustrie. Beim Thema<br />
Raps und Co. flammt dagegen schnell die Tank-oder-<br />
Teller-Diskussion auf. Das können wir<br />
uns nicht leisten, wir brauchen eine<br />
robuste Lösung. Im Jahr 2050 werden<br />
wir sicher ein zentral-dezentrales<br />
System mit Wind-, Photovoltaik- und<br />
Wasserkraft haben in Österreich.<br />
<strong>eb</strong>: Dann ist auch effiziente Zwischenspeicherung<br />
ein Thema für Sie?<br />
Dr. Pluy: Na klar. Wir haben momentan<br />
einen Anteil von etwa 50 %<br />
rückspeisefähigen Tri<strong>eb</strong>fahrzeugen in<br />
Österreich. Das heißt der rückgespeiste<br />
Strom verbleibt im Oberleitungsnetz.<br />
Was aber, wenn eines Tages alle<br />
Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge rückspeisefähig sind<br />
und die Rückspeisung so weit optimiert<br />
ist, dass beispielsweise ein Unterwerk<br />
in die Rücklieferung gehen<br />
muss? Das ist dann wirklich suboptimal. Sicher können<br />
wir vor Ort zwischenspeichern, aber wir müssen uns schon<br />
überlegen, wie wir mit dem Themenkomplex Energiespeicherung<br />
langfristig umgehen wollen. Da werden wir in<br />
den nächsten zehn Jahren noch auf Pumpspeicher setzen<br />
müssen, die <strong>eb</strong>en leider nur 77 % Wirkungsgrad haben.<br />
<strong>eb</strong>: Man kann natürlich auch sagen, besser 77 % als Null.<br />
Dr. Pluy: Von der Energierechnung her ist der Einwand<br />
richtig – aber stimmt bei einem Neubau anschließend<br />
noch meine Kostenrechnung? Bis zum Jahr 2020, wenn<br />
tatsächlich alle Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge rückspeisefähig sind, wissen<br />
wir mehr.<br />
<strong>eb</strong>: Letztlich müssen Sie also auf Risiko setzen und für<br />
die nächsten zehn oder 20 Jahre planen, ohne zu wissen,<br />
mit welchen Technologien sich Erzeugung und Bedarf<br />
austarieren lassen?<br />
Dr. Pluy: Deshalb ist die Kooperation der Bahnversorger<br />
untereinander eminent wichtig, damit wir unsere Stärken<br />
und Schwächen grenzüberschreitend ausgleichen können.<br />
Wir haben ja zusammenhängende Netze über die<br />
Grenzen hinweg, mit der Schweiz schließen wir uns im<br />
ersten Quartal 2012 zusammen. Und wir wollen dieses<br />
Verbundnetz nicht nur im Sinne einer elektrischen Verbindung<br />
sehen, sondern auch im Sinne einer möglichst<br />
intelligenten Nutzung.<br />
<strong>eb</strong>: Herr Dr. Pluy, herzlichen Dank.<br />
Dr. techn. Dipl.-Ing. Johann Pluy (43) studierte Energietechnik an<br />
der Technischen Universität Wien und promovierte dort auch im<br />
Fachg<strong>eb</strong>iet Netzplanung. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter<br />
anderem als Assistent am Institut für <strong>Elektrische</strong> Anlagen der TU<br />
Wien, bekleidete er ab 1997 verschiedene Funktionen bei den Österreichischen<br />
Bundesbahnen, ab 2004 als Leiter Energiemarketing,<br />
Vertri<strong>eb</strong>, Trading, dann Leiter Energiewirtschaft im Geschäftsbereich<br />
Kraftwerke. Ab 2006 zeichnete er als Prokurist und Geschäftsbereichsleiter<br />
Kraftwerke ÖBB-Infrastruktur Bau AG, seit 2010 als<br />
Geschäftsbereichsleiter Energie der ÖBB-Infrastruktur AG. Seit 2011<br />
ist er zudem Beirat der <strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong>.<br />
382 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Steigende Potenziale für<br />
elektrische <strong>Bahnen</strong><br />
Auf dem Weg zur ressourcenschonenden und umweltverträglichen Mobilität von<br />
morgen spielen elektrische <strong>Bahnen</strong> eine ganz wesentliche Rolle. Österreich ist auf diesem<br />
G<strong>eb</strong>iet schon heute ausgezeichnet aufgestellt. Ein Statement von Ronald Chodász.<br />
Österreich – Standpunkt<br />
Das im Frühjahr 2011 vorgestellte „Europäische Weißbuch<br />
Verkehr“ nennt eine Reduktion der Treibhausgase<br />
um 60 % bis 2050 (Basis 1990) als konkretes Ziel für den<br />
Verkehrssektor.<br />
Abgeleitet aus dieser Zielsetzung wird die Notwendigkeit<br />
einer modalen Verschi<strong>eb</strong>ung definiert. Beispielsweise<br />
sind 30 % des Straßengüterverkehrs bei Distanzen von<br />
über 300 km bis zum Jahr 2030 auf die Verkehrsträger<br />
Schiene oder Wasserstraße zu verlagern. Weitere in diesem<br />
Weißbuch definierte Ziele betreffen den raschen Ausbau<br />
des europäischen Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsnetzes<br />
sowie eine Halbierung der Nutzung von mit konventionellem<br />
Kraftstoff betri<strong>eb</strong>enen Pkw im Stadtverkehr bis 2030.<br />
Die einzelnen europäischen Staaten haben nun mittels<br />
Neugestaltung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen<br />
jedenfalls dafür zu sorgen, dass die in Form von<br />
übergeordneten Zielen definierte Politik tatsächlich umgesetzt<br />
wird.<br />
Für elektrische <strong>Bahnen</strong> in allen Bereichen – von Hochgeschwindigkeitsbahnen<br />
bis zu U-<strong>Bahnen</strong> und Stadtbahnen<br />
– erg<strong>eb</strong>en sich somit äußerst interessante Perspektiven.<br />
Um die Ziele des Weißbuches als Referenzdokument<br />
der europäischen Verkehrspolitik erreichen zu können,<br />
sind jedenfalls umfassende Investitionen in Infrastruktur<br />
und Fahrzeuge elektrischer <strong>Bahnen</strong> notwendig und konkret<br />
zu erwarten.<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> praktizieren bereits seit rund 100 Jahren<br />
das, was erst in den letzten Jahren unter dem Schlagwort<br />
„Elektromobilität“ allgemein populär geworden ist.<br />
Dabei stellt der elektrisch betri<strong>eb</strong>ene Schienenverkehr aufgrund<br />
der Möglichkeit kontinuierlicher Zufuhr von elektrischer<br />
Energie in das Fahrzeug in vielen Bereichen eine<br />
alternativlose Lösung dar (insbesondere im Güterverkehr).<br />
Damit soll das Potenzial batteri<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong>ener Straßenfahrzeuge<br />
in keiner Weise negiert werden, allerdings liegt deren<br />
Hauptanwendungsfeld wohl im Flächenverkehr, wobei<br />
in Ballungszentren die typischen Nachteile des motorisierten<br />
Individualverkehrs (wie hoher Flächenbedarf, Stauanfälligkeit,<br />
limitierter Parkraum) ungelöst erhalten bleiben.<br />
Eine intelligente Verknüpfung der unterschiedlichen<br />
Verkehrsträger wird unter dem Stichwort Intelligent<br />
Transport Systems ITS – insbesondere mit den Mitteln der<br />
Verkehrstelematik – zu allgemein akzeptablen Lösungen<br />
führen. Ebendiese intelligenten Verkehrssysteme und deren<br />
physische wie telematische Vernetzung werden beim<br />
ITS-Weltkongress in Wien vom 22. bis 26. Oktober 2012<br />
das Leitthema sein.<br />
Zur Situation in<br />
Österreich<br />
In Österreich wird der allergrößte<br />
Anteil der Transportleistung<br />
auf der Schiene mit<br />
elektrisch betri<strong>eb</strong>enen Fahrzeugen<br />
erbracht. Das ist bereits vorgel<strong>eb</strong>te Elektromobilität.<br />
Der Modalsplit im Güterverkehr liegt bei rund 36 % für<br />
den Schienenverkehr (auf Basis Tonnenkilometer). Trotz<br />
dieser relativ guten Ausgangsposition ist noch erh<strong>eb</strong>liches<br />
Potenzial für die volle Erreichung der im „Weißbuch Verkehr“<br />
formulierten Steigerungsziele für den Schienenverkehr<br />
realisierbar.<br />
Der österreichische Verband der Bahnindustrie repräsentiert<br />
einen starken und stetig wachsenden Wirtschaftsbereich.<br />
Unsere Mitgliedsunternehmen liefern innovative<br />
Produkte und Dienstleistungen für Betreiber und deren<br />
Kunden. Die in Österreich aktive Bahnindustrie ist in<br />
zahlreichen Bereichen Markt- und Technologieführer und<br />
liefert ihre Produkte weltweit.<br />
Die Stärke der Bahnindustrie zeigt sich auch darin, dass<br />
Österreich im internationalen Vergleich in diesem attraktiven<br />
Wirtschaftsbereich deutlich überproportional aktiv<br />
und exportorientiert ist.<br />
Tausende hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiter<br />
treiben die Entwicklung des umweltfreundlichen und<br />
ressourcenschonenden Schienenverkehrs voran. Dabei ist<br />
eine intensive Zusammenarbeit zwischen Industrie und<br />
Betreibern eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg.<br />
Wichtig ist aber auch, dass die Verkehrspolitik weiterhin<br />
attraktive Vorzeigeprojekte möglich macht. Daher<br />
setzt sich der Verband der Bahnindustrie für die ständige<br />
Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Arten<br />
des Schienenverkehrs ein. Gezielte Interessenvertretung<br />
und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Eintreten für die<br />
beschleunigte Modernisierung von Infrastruktur, Kundeninformationssystemen<br />
und Fahrzeugen helfen bei der<br />
Neupositionierung des Schienenverkehrs.<br />
Wir sind davon überzeugt, dass speziell der elektrisch<br />
betri<strong>eb</strong>ene Schienenverkehr im Rahmen vernetzter und<br />
arbeitsteilig angelegter Verkehrskonzepte enormes Zukunftspotenzial<br />
hat.<br />
Ing. Ronald Chodász, Geschäftsführer beim österreichischen Verband<br />
der Bahnindustrie.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
383
Projekte – Österreich<br />
Ausbauplan 2011–2016 für die<br />
österreichische Bahninfrastruktur<br />
Thomas Dreßler, Wien<br />
Trotz allgemeiner Mittelkürzungen bleiben die Investitionen in das Schienennetz der ÖBB auf<br />
Rekordhöhe. Im Mittelpunkt steht der Ausbau der großen Achsen und Korridore und der Bahnanlagen<br />
rund um die Ballungsräume. Im Rahmenplan der ÖBB Infrastruktur AG 2011–2016 sind<br />
11,5 Mrd. EUR Investitionen verankert. Der Ausbau der Brennerachse, der Westbahn mit der Neubaustrecke<br />
Wien – St. Pölten, der Koralmbahn, des Semmering-Basistunnels, der Bau des Hauptbahnhofes<br />
Wien und mehrere Kraftwerke, sind die bedeutendsten Schieneninfrastrukturprojekte.<br />
Master plan 2011 to 2016 to improve the Austrian railway infrastructure<br />
Despite general reduction of governmental spending, the investment for ÖBB’s railway networks<br />
remain on a record level. The main focus is on the main line corridors and on the installations<br />
around the conurbations. The of ÖBB Infrastructure’s master plan comprises the investment<br />
of 11,5 Billion EUR between 2011 and 2016. The improvement of Brenner axis, Westbahn<br />
including the new line Vienna to St. Pölten, the Koralm line, the Semmering base tunnel, the<br />
construction of Vienna main station and several power plants form the most important projects.<br />
Plan d’aménagement 2011-2016 de l’infrastructure des chemins de fer autrichiens<br />
Malgré la réduction généralisée du financement public, les investissements dans l’aménagement<br />
du réseau ÖBB restent à un niveau record. Les axes majeurs sont l’aménagement des<br />
couloirs européens ainsi que des installations dans les grands centres urbains. Le plan directeur<br />
de ÖBB Infrastruktur AG 2011-2016 prévoit un volume d’investissements de 11,5 Milliards EUR.<br />
Les principaux projets inscrits au programme sont l’aménagement de l’axe du Brenner, de la<br />
ligne Ouest avec la ligne nouvelle Vienne-St-Pölten, la construction de la ligne directe Graz-<br />
Klagenfurt (Koralmbahn), du tunnel de base du Semmering ainsi que la construction de la gare<br />
centrale de Vienne et de plusieurs centrales.<br />
1 Einleitung<br />
Bild 1: Gesamtübersicht Infrastrukturprojekte der ÖBB. Bedeutung der Ziffern siehe Tabelle 1.<br />
Die österreichische Verkehrsministerin Doris Bures präsentierte<br />
Ende 2010 den Ausbauplan 2011–2016 für die österreichische<br />
Verkehrsinfrastruktur: Der Wirtschaftsstandort<br />
braucht ein umweltfreundliches, leistungsfähiges Verkehrsnetz.<br />
Wachstum und Arbeitsplätze hängen direkt mit<br />
einer gut ausg<strong>eb</strong>auten Infrastruktur zusammen. Beim Infrastrukturausbau<br />
gilt Schiene vor Straße. Trotz spürbarer<br />
Einsparungen bleiben die Investitionen auf Rekordhöhe.<br />
In die aktuelle Verkehrsprognose für Österreich wurden<br />
die Auswirkungen der Wirtschaftskrise bereits eingerechnet.<br />
Die Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
dämpft das Verkehrswachstum bis<br />
2025, im Personenverkehr weniger<br />
stark als im Güterverkehr, trotzdem<br />
zeigt sie, dass der Verkehr zunehmen<br />
wird. Das Wachstum des Güterverkehrs<br />
wird nach 2025 anhalten – so<br />
die Prognosen. Auf Basis dieser Vorhersagen<br />
und der Evaluierung wurde<br />
der strategische Ausbauplan vorgelegt<br />
mit dem Ziel: Der Verkehrszuwachs<br />
soll so weit wie möglich auf<br />
die umweltfreundliche Schiene g<strong>eb</strong>racht<br />
werden.<br />
Trotz Einsparungen bleiben die<br />
Investitionen in das Schienennetz<br />
auf Rekordhöhe. Immerhin werden<br />
384 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
11,5 Mrd. EUR in den nächsten fünf<br />
Jahren dafür zur Verfügung gestellt.<br />
Das sind zwar 1,5 Mrd. EUR weniger<br />
als im vorhergehenden Rahmenplan<br />
2009–2014, aber im Vergleich zur<br />
Straße – Reduzierung 2,8 Mrd. EUR<br />
bei 6,5 Mrd. EUR bestätigtem Investitionsplan<br />
– eine wesentlich geringere<br />
Reduzierung des Investitionsvolumens.<br />
Einige Großvorhaben der<br />
Schieneninfrastruktur werden zeitlich<br />
anders geplant, zum Beispiel:<br />
• Der Koralmtunnel wird zwei Jahre<br />
später fertiggestellt als geplant<br />
(2022 statt 2020). Der Termin für die<br />
Fertigstellung rückt damit näher<br />
mit dem Termin des Semmering-<br />
Basistunnels zusammen, der um ein<br />
Jahr vorgezogen wird. Gemeinsam<br />
sollen die beiden Projekte dann<br />
maximale Netzwirkung entfalten.<br />
• Der Bau des Hauptstollens des<br />
Brenner-Basistunnels beginnt erst<br />
2016, allerdings nur unter der Bedingung,<br />
dass die EU die Mitfinanzierung<br />
über die gesamte Bauzeit<br />
zusagt, und dass die verkehrspolitischen<br />
Rahmenbedingungen wie<br />
die Querfinanzierung auch im Unterinntal<br />
umgesetzt werden.<br />
Im Mittelpunkt des Ausbauplans<br />
stehen weiterhin die Leistungs- und<br />
Kapazitätssteigerungen der großen<br />
Achsen, Korridore und rund um die<br />
Ballungsräume. Die aktuelle Übersicht<br />
ist Bild 1 zusammen mit Tabelle 1<br />
zu entnehmen. Der Wirtschaftsstandort<br />
braucht eine leistungsfähige Infrastruktur<br />
und die wiederum schafft<br />
Beschäftigung. Das österreichische<br />
Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo)<br />
und das Institut für höhere Studien<br />
(IHS) haben errechnet, dass in<br />
der Bauphase durch die Schieneninfrastrukturinvestitionen<br />
40 000 Arbeitsplätze<br />
gesichert werden und im<br />
Betri<strong>eb</strong> durch die höhere Wirtschaftsleistung<br />
danach 48 000 dauerhafte<br />
Arbeitsplätze entstehen.<br />
Die Investitionen wirken als Konjunkturlokomotive<br />
für viele Branchen<br />
in Österreich. Jeder in die ÖBB<br />
investierte Euro bedeutet rund zwei<br />
Euro an Wertschöpfung für Österreichs<br />
Wirtschaft. Gleichzeitig ermöglichen<br />
die Schieneninfrastrukturanlagen<br />
umweltfreundliche und<br />
sichere Mobilität.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
Tabelle 1: Ausbauprojekte.<br />
Projekt Nr. Abschnitt Art<br />
Arlbergachse 1 St. Margrethen – Lauberach Streckenausbau<br />
2 Bregenz – Bludenz Rheintalkonzept<br />
Brennerachse, 3 Kundl/Radfeld Streckenausbau<br />
Unterinntal<br />
4 Schaftenau – Kundl Streckenausbau<br />
Donauachse, 5 Salzburg – Freilassing Streckenausbau<br />
Westbahn<br />
6 Salzburg Hauptbahnhof Umbau<br />
7 Bahnhof Seekirchen, Bahnhof Hallwang-<br />
Elixhausen<br />
Modernisierung<br />
Großraum<br />
Wien<br />
Baltisch-Adriatische<br />
Achse/<br />
Südbahn<br />
Phyrn-Schoberachse<br />
8 Bahnhof Attnang – Puchheim Modernisierung<br />
9 Lambach – Breitenschützing Streckenausbau<br />
10 Linz – Wels Streckenausbau<br />
11 Ortseinfahrt Linz Lückenschluss<br />
12 Asten – Linz Kleinmünchen Streckenausbau<br />
13 Ybbs – Amstetten Lückenschluss<br />
14 Bahnhof Melk Modernisierung<br />
15 St. Pölten – Loosdorf Lückenschluss<br />
16 St. Pölten Hauptbahnhof Umbau<br />
17 Wien – St. Pölten Neubaustrecke<br />
18 Lainzer Tunnel Errichtung<br />
19 Hauptbahnhof Wien Neubau<br />
20 Wien Westbahnhof Umbau<br />
21 Bahnhof Wien Mitte Umbau<br />
22 Haltstelle Wien Südtiroler Platz Umbau<br />
23 Bahnhof Flughafen Wien Umbau<br />
24 Wien Hausfeldstraße / Flugfeld Aspern Ausbau<br />
25 Wien – Bratislava Streckenausbau<br />
26 Pottendorfer Linie Ausbau<br />
27 Terminal Wien Inzersdorf Planung<br />
28 Semmering Basistunnel neu Planung<br />
29 Semmering Bestandsstrecke Sanierung<br />
30 Bahnhof Bruck a. d. Mur Umbau<br />
31 Graz Hauptbahnhof Umbau<br />
32 Koralmbahn Graz – Klagenfurt<br />
33 Wels – Passau Streckenausbau<br />
34 Summerauerbahn, Linz – Summerau Attraktivierung<br />
35 Werndorf – Spielfeld/Straß Streckenausbau<br />
Bild 2: Übersicht Neubaustrecke Unterinntal.<br />
385
Projekte – Österreich<br />
2 Brennerachse<br />
2.1 Die neue Unterinntalbahn<br />
Beim Ausbau des TEN-1-Eisenbahnkorridors von München<br />
nach Verona, der Brenner-Achse, hat sich die europäische<br />
Verkehrspolitik für ein schrittweises Vorgehen entschieden.<br />
Derzeit nimmt die Erweiterung des österreichischen Abschnitts<br />
Kundl/Radfeld – Baumkirchen im Tiroler Unterinntal<br />
Bild 3: Baugrube Tunnel Radfeld.<br />
auf vier Gleise oberste Priorität ein. Die Planung des Abschnittes<br />
Kundl – Kufstein und die notwendige Abstimmung<br />
mit Deutschland werden parallel dazu durchgeführt.<br />
2.2 Trassenverlauf<br />
Als Teil der nördlichen Zulaufstrecke zum Brenner Basistunnel<br />
ist der Streckenabschnitt Kundl/Radfeld – Baumkirchen<br />
auf Basis internationaler Vereinbarungen mit den<br />
Nachbarländern und der EU vorrangig auszubauen. In<br />
diesem Streckenabschnitt überlagert sich der Eisenbahnverkehr<br />
aus der Nord-Süd- mit der Ost-West-Richtung.<br />
Bis 2012 wird die bestehende zweigleisige Eisenbahnstrecke<br />
durch eine modern angelegte, zweigleisige Hochleistungstrasse<br />
ergänzt (Bild 2). Die heute bis an die Kapazitätsgrenze<br />
belastete bestehende Bahnverbindung kann in<br />
Zukunft der europäischen Wirtschaft wieder zukunftsweisende<br />
Transportoptionen bieten.<br />
N<strong>eb</strong>en der notwendigen Kapazitätsausweitung bietet<br />
die Neubautrasse auch die Möglichkeit zur Entflechtung<br />
der Bahnverkehre. Bisher wurde der gesamte Güterund<br />
Personenverkehr auf der bestehenden, zweigleisigen<br />
Strecke im Unterinntal gefahren. Die wichtigsten Daten<br />
und Fakten sind der Tabelle 2 zu entnehmen.<br />
Tabelle 2: Daten und Fakten der Unterinntalstrecke.<br />
Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN)<br />
40,1 km zweigleisige Neubaustrecke (NBS)<br />
30,6 km der Trasse in Tunnels, 2,3 km in Wannen, 1,3 km in einer<br />
Galerie und 5,9 km in offener Streckenführung<br />
10 Hauptbaulose sowie 12 Fachbaulose für Ausrüstungsarbeiten<br />
Durchgängiger Einbau einer Festen Fahrbahn mit Masse-Feder-<br />
System<br />
Technische Ausführung für Geschwindigkeiten bis 250 km/h<br />
Signalisierung mit ETCS Level 2<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme am 09.12.2012<br />
Gesamtkosten 1. Ausbauschritt 2,32 Mrd. EUR<br />
Förderungen bis zu 10 % der gesamten Projektkosten durch die<br />
EU-Kommission<br />
2.3 Baufortschritt<br />
2.3.1 Hauptbaulose<br />
Im Dezember 2010 wurde der Rohbau für 32 km zweigleisige<br />
Eisenbahntunnels zwischen Kundl und Baumkirchen<br />
abgeschlossen. Die Arbeiten an den Tunnels<br />
der neuen Unterinntalbahn sind im August 2003 angelaufen.<br />
Nahezu rund um die Uhr wurde in zehn<br />
Bauabschnitten gegraben, g<strong>eb</strong>ohrt und betoniert. 35<br />
Rettungsschächte, mehr als 10 km Sicherheitsstollen,<br />
Querschläge und verschiedene Zugangstunnels waren<br />
als N<strong>eb</strong>enbauwerke herzustellen. Dabei haben die Mineure<br />
und Techniker nahezu alle heute üblichen Tunnelbauverfahren<br />
angewandt.<br />
Seit April 2008 wurde auch am Tunnel Radfeld g<strong>eb</strong>aut.<br />
Auf 1 600 m Länge war eine 16 m breite und bis zu 15 m<br />
tiefe Baugrube auszuh<strong>eb</strong>en (Bild 3). Durch massive Betonplatten<br />
sicherten Bautaucher die Grube gegen das<br />
allgegenwärtige Grundwasser. Woche für Woche haben<br />
Arbeiter rund 20 mEisenbahntunnel betoniert. Eine 800 m<br />
lange Wanne ergänzt bei Radfeld das Tunnelbauwerk.<br />
2.3.2 Ausrüstungslose<br />
Bild 4: Schachtkopfg<strong>eb</strong>äude für Tunnelrettung.<br />
Aufgrund der zeitlich gestaffelten Fertigstellung der Tunnelrohbauten<br />
wird die bahntechnische Ausrüstung abschnittsweise<br />
unmittelbar nach Abschluss und Abnahme<br />
der Rohbauarbeiten eing<strong>eb</strong>aut.<br />
In den jeweiligen Abschnitten wird dann die komplette<br />
bahntechnische Ausrüstung: Oberbau, Oberleitung, Signal<br />
386 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
und Fernmeldetechnik, Tunnelsicherheitseinrichtungen<br />
und Energieversorgung eing<strong>eb</strong>aut. Durch diese Vorgehensweise<br />
ist sichergestellt, dass die Unterinntalbahn am<br />
9. Dezember 2012 zeitgerecht in Betri<strong>eb</strong> genommen werden<br />
kann.<br />
Die Unterwerke Fritzens-Wattens und Wörgl versorgen<br />
sowohl die Neubaustrecke als auch die Bestandsstrecke mit<br />
1 AC 15 kV 16,7 Hz. Beide Unterwerke bestehen bereits und<br />
werden für die Anforderungen der Neubaustrecke adaptiert.<br />
Das bisher geplante zusätzliche Unterwerk Münster<br />
wird zu einem späteren Zeitpunkt falls notwendig errichtet.<br />
Die Oberleitungsbauart Typ 2.1 [1] der ÖBB wird durchgängig<br />
auf der Neubaustrecke und den Verknüpfungsstellen<br />
Baumkirchen, Stans und Radfeld installiert.<br />
In Tabelle 3 sind die Leistungsdaten der Neubaustrecke<br />
zusammengefasst.<br />
Höchste Verfügbarkeit der <strong>Bahnen</strong>ergieversorgung<br />
wird dadurch erreicht, dass der Fahrstrom für die Neubaustrecke<br />
Wien – St. Pölten von vier Unterwerken Wien-<br />
Meidling, Wien-Auhof, Tullnerfeld, und Wagram zur Verfügung<br />
gestellt werden kann.<br />
Die sonstigen Stromverbraucher im Wienerwaldtunnel,<br />
zum Beispiel Beleuchtung, Belüftung, werden von zwei un-<br />
2.3.3 Übertägige Maßnahmen<br />
Diese Maßnahmen umfassen Bauleistungen an Objekten<br />
Übertage, die sich über den gesamten Streckenabschnitt<br />
der Neubaustrecke von Kundl/Radfeld bis Baumkirchen<br />
verteilen. Übertägig angeordnet sind zum Beispiel<br />
Schachtkopfg<strong>eb</strong>äude (Bild 4) in rund 500 m Abstand als<br />
oberirdischer Abschluss von Rettungsschächten, Betri<strong>eb</strong>sg<strong>eb</strong>äude,<br />
in denen die gesamte bahntechnische Steuereinrichtung<br />
unterg<strong>eb</strong>racht ist, Zufahrtsrampen zum<br />
Tunnel sowie Tunnelportale und jeweils zugehörige Rettungszufahrten<br />
und Rettungsplätze, wobei letztere im<br />
Notfall als Aufstellfläche für die Einsatzkräfte von Polizei,<br />
Rettung und Feuerwehr dienen.<br />
Bild 5: Streckenverlauf <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
Wien – Salzburg (blau).<br />
3 Neubaustrecke Wien – St. Pölten<br />
3.1 Beschreibung<br />
Die 44 km lange Neubaustrecke (NBS) ist ein wesentlicher<br />
Bestandteil des Ausbaus zur viergleisigen Westbahn<br />
zwischen Wien und Wels (Bild 5). Die Strecke Wien – St.<br />
Pölten (Bild 6) wurde als eines der ersten Projekte Österreichs<br />
einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem<br />
UVP-Gesetz unterzogen.<br />
Durch die Hochleistungsstrecke sollen erh<strong>eb</strong>liche Reisezeitverkürzung<br />
im Personenverkehr realisiert werden.<br />
Die Fahrzeit zwischen Wien und Salzburg wird künftig<br />
nur rund 2,5 h und zwischen Wien und St. Pölten ohne<br />
Zwischenhalt nur knapp 25 min betragen.<br />
Die regionale Anbindung des Raumes Tullnerfeld an<br />
das Hochleistungsschienennetz wird durch den neuen<br />
Regionalbahnhof Tullnerfeld mit 500 Park&Ride-Plätzen<br />
mit kurzen Reisezeiten nach Wien und St. Pölten mit jeweils<br />
knapp 15 min hergestellt. Durch die Verknüpfung<br />
der bestehenden Bahnlinie Tulln – Herzogenburg mit der<br />
Neubaustrecke werden zusätzliche Verkehrsrelationen<br />
geschaffen. Für die Pendler des nördlichen Niederösterreichs<br />
sind durch die Einbindung der Franz-Josef-Bahn<br />
über die Tullner Westschleife viele Bereiche des Wiener<br />
Großraums in kurzer Zeit bequem und sicher zu erreichen.<br />
Bild 6: Übersicht Neubaustrecke Wien – St. Pölten (orange).<br />
Tabelle 3: Daten und Fakten Neubaustrecke Wien – St. Pölten.<br />
Teil der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN)<br />
44 km zweigleisige Neubaustrecke (NBS)<br />
4 Tunnel in bergmännischer Bauweise, 3 Tunnel in offener Bauweise,<br />
27 Brückenobjekte, Regional- und Überholbahnhof Tullnerfeld<br />
3 Bauabschnitte: Wiener Wald 13,4 km, Tullnerfeld 17,0 km, Westabschnitt<br />
12,6 km<br />
57 km feste Fahrbahn, 31 km Schotteroberbau<br />
Technische Ausführung für Geschwindigkeiten bis 250 km/h<br />
Signalisierung mit ETCS Level 2<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme 2022<br />
Gesamtkosten 1,6 Mrd. EUR<br />
Förderungen der Projektkosten durch die EU-Kommission<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
387
Projekte – Österreich<br />
abhängigen Energieversorgungsunternehmen eingespeist.<br />
So ist bei Ausfall einer Versorgungsquelle immer die Energieversorgung<br />
durch den anderen Versorger sicher gestellt.<br />
3.2 Abschnitt Wienerwald<br />
Der Abschnitt Wienerwald ist 14,4 km lang. Davon entfallen<br />
13,3 km auf den Wienerwald Tunnel [2]. Dieser wird<br />
über 2,2 km als zweigleisiger Tunnel ausgeführt, welcher<br />
anschließend in zwei eingleisige Tunnel übergeht. Die beiden<br />
eingleisigen Tunnelröhren werden durch Querschläge<br />
in 500 m Abstand miteinander verbunden. Bild 7 zeigt das<br />
Tunnelportal des Wienerwaldtunnels in Chorherrn.<br />
Beim Wienerwald Tunnel kamen zwei Tunnelvortri<strong>eb</strong>smethoden<br />
zum Einsatz. Der Ostvortri<strong>eb</strong> wurde mittels<br />
Neuer Österreichischer Tunnelbaumethode (NÖT) hergestellt<br />
und der Westvortri<strong>eb</strong> mittels zweier Tunnelvortri<strong>eb</strong>smaschinen.<br />
Der Rohbau ist seit dem Frühjahr 2010<br />
abgeschlossen. Sämtliche Ausrüstungsarbeiten laufen<br />
noch bis 2012.<br />
3.3 Abschnitt Tullnerfeld<br />
Bild 7: Tunnelportal des Wienerwaldtunnels.<br />
Bild 8: Gleisschema Wien – St. Pölten.<br />
Der Abschnitt Tullnerfeld ist rund 17 km lang und beinhaltet<br />
eine Abfolge von Tunnels in offener Bauweise:<br />
• Tunnel Atzenbrugg mit 2 460 m Länge<br />
• Tunnel Hankenfeld mit 663 m Länge<br />
• Tunnel Saladorf mit 729 m Länge in offener Bauweise<br />
Im Gemeindeg<strong>eb</strong>iet von Michelhausen/Langenrohr<br />
entsteht der<br />
neue Regional- und Überholbahnhof<br />
Tullnerfeld, von dem aus beide<br />
Bahnlinien in die Neubaustrecke<br />
eing<strong>eb</strong>unden werden. Somit ist eine<br />
direkte Verbindung der Franz-Josefs-<br />
Bahn mit der Neubaustrecke Wien –<br />
St. Pölten geg<strong>eb</strong>en. Ein wesentlicher<br />
Bestandteil des Abschnittes Tullnerfeld<br />
ist die Reaktivierung der rund<br />
1,8 km langen Tullner Westschleife,<br />
die die Franz-Josef-Bahn mit der<br />
bestehenden Bahnlinie Tulln – Herzogenburg<br />
verbindet (Bild 8). Kernpunkt<br />
der Tullner Westschleife war<br />
die Generalsanierung der Tullner Donaubrücke,<br />
die seit Ende 2009 beendet ist.<br />
Bereits im September 2006 wurde der Rohbau des<br />
Regional- und Überholbahnhofs Tullnerfeld fertig gestellt.<br />
Der Endausbau wird zeitlich abgestimmt mit der<br />
Fertigstellung und Inbetri<strong>eb</strong>nahme der Neubaustrecke<br />
Ende 2012 fertiggesellt. Die Anforderungen an einen<br />
regionalen Verkehrsknotenpunkt erfüllt eine Park&Ride-<br />
Anlage mit rund 500 Pkw-Parkplätzen, vier Bushaltestellen<br />
und 50 Fahrradabstellplätzen optimal.<br />
3.4 Westabschnitt<br />
Bild 9: Teilprojekte des Umbaus Hauptbahnhof Graz.<br />
1 Immo Entwicklungsfläche B, 2 Neuer Bahnsteig 8/9, 3 Verlängerung<br />
Personentunnel Süd, 4 Neuerrichtung Personentunnel Nord,<br />
5 Produktionsstützpunkt, 6 Dienstg<strong>eb</strong>äude, 7 Immo Entwicklungsfläche<br />
C, 9 Neugestaltung Bahnhofsvorplatz, 10 elektronisches<br />
Stellwerk, 11 Verschi<strong>eb</strong><strong>eb</strong>ahnhof, 12 Dienstantrittsg<strong>eb</strong>äude,<br />
13 Personenwagenabstellgruppe, 14 Technische Services Halle,<br />
15 Immo Entwicklungsfläche A<br />
Der 12,9 km lange Westabschnitt erstreckt sich von Diendorf<br />
bis zum Knoten Wagram. Das Kernstück des Westabschnitts<br />
bildet die Tunnelkette Perschling bestehend aus<br />
dem 1,4 km langen Reiserbergtunnel, dem 3,3 km langen<br />
Stierschweiffeldtunnel und dem 2,8 km langen Raingrubentunnel<br />
und aus 5,1 km freier Strecke.<br />
388 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
Im Dezember 2005 starteten die Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten für<br />
den Stierschweiffeldtunnel nahe der Ortschaft Rassing<br />
mit einer Tunnelvortri<strong>eb</strong>smaschine (TVM) mit 13 m Schilddurchmesser.<br />
Die Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten des Stierschweiffeldtunnels<br />
waren mit dem Tunneldurchschlag im April 2007<br />
beendet. Danach wurde die TVM mit einem Sondertransport<br />
zum Reiserbergtunnel g<strong>eb</strong>racht. Die Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten<br />
des Reiserbergtunnels erstrecken sich von August<br />
2007 bis F<strong>eb</strong>ruar 2008. Nach dem Durchschlag musste<br />
die TVM zerlegt und zum Raingrubentunnel transportiert<br />
werden, wo im Sommer 2008 mit dem Vortri<strong>eb</strong> begonnen<br />
wurde. Nach erfolgtem Durchschlag waren im März 2009<br />
alle Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten der Tunnelkette Perschling abgeschlossen<br />
und die TVM wurde abgedreht.<br />
4 Graz Hauptbahnhof und Koralmbahn<br />
4.1 Graz Hauptbahnhof 2020<br />
Der Grazer Hauptbahnhof ist mit rund 30 000 Bahnkunden<br />
täglich einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte<br />
Österreichs. N<strong>eb</strong>en einer weiteren Taktverdichtung wird<br />
durch die Fertigstellung der Koralmbahn im Jahr 2022<br />
und die damit verbundenen Erfordernisse seine Bedeutung<br />
international und national sowohl für den Nord-<br />
Süd-Verkehr als auch für den Ost-West-Verkehr weiter<br />
steigen. Dies erfordert eine Anpassung der Anlagen an<br />
die aktuellen und zukünftig zu erwartenden betri<strong>eb</strong>lichen<br />
Anforderungen und eine Erhöhung der Kapazitäten.<br />
Das Gesamtprojekt kombiniert Infrastrukturprojekte<br />
der ÖBB, der Stadt Graz und des Landes Steiermark sowie<br />
Hochbauprojekte. In seiner Gesamtheit stellen sich besondere<br />
Anforderungen hinsichtlich Organisation, Koordination<br />
und Information.<br />
Die Ziele des Gesamtprojekts Graz Hauptbahnhof 2020<br />
als Verkehrsknoten lassen sich im Wesentlichen über nachstehende<br />
übergeordnete Funktionen definieren (Bild 9).<br />
Ziele der Verkehrsknotenfunktion sind die Gewährleistung<br />
der notwendigen Infrastruktur. Dieser Bahnhof<br />
muss unter Berücksichtigung neuester nationaler und<br />
internationaler Standards, zum Beispiel Halt für interoperable<br />
Züge und Barrierefreiheit (Bild 10), für die<br />
neuen Vorgaben und für höhere Kapazitäten infolge der<br />
Bild 10: Visualisierung<br />
Graz Hauptbahnhof<br />
Bahnsteig 4-5.<br />
Infrastrukturprojekte wie Koralmbahn und Ausweichen<br />
an der Ostbahn ausg<strong>eb</strong>aut werden.<br />
Der Hauptbahnhof Graz soll auch durch einen durchgehenden<br />
Personentunnel im Nordbereich der Bahnsteige<br />
Ost- und Westteil des Stadtbezirkes Lend verbinden.<br />
Unter Berücksichtigung der städt<strong>eb</strong>aulichen Entwicklung<br />
in Teilbereichen der Stadt Graz sowie unter Wahrung der<br />
architektonischen Qualität wird der Verkehrsknoten neu<br />
gestaltet.<br />
Rund 40 000 Fahrgäste sollen zukünftig den Grazer<br />
Hauptbahnhof täglich frequentieren. Die Umbauarbeiten<br />
werden in den kommenden fünf Jahren 500 Arbeitsplätze<br />
sichern und somit einen wesentlichen Impuls für die Region<br />
in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten liefern. Für das<br />
Gesamtprojekt Umbau Graz Hbf werden 20 000 m Gleise<br />
und 90 Weichen neu verlegt.<br />
Weitere Daten und Zahlen sind:<br />
• Rund 26 000 m Oberleitung werden umg<strong>eb</strong>aut oder<br />
neu errichtet.<br />
• Rund 360 Fahrleitungsmasten müssen dafür gestellt<br />
werden.<br />
• Rund 120 000 m Nieder- und Mittelspannungskabel für<br />
die Energieversorgung aller Verkehrsanlagen sollen<br />
verlegt und montiert werden.<br />
• Rund 40 000 m Signal- und Fernmeldekabel müssen<br />
verbaut werden.<br />
4.2 Koralmbahn<br />
Die Koralmbahn ist die Verlängerung des transeuropäischen<br />
Korridors VI in den oberitalienischen Raum. Sie<br />
verbessert national die Erreichbarkeit Süd-Österreichs und<br />
bindet die West-Steiermark und den Südkärntner Raum<br />
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389
Projekte – Österreich<br />
Tabelle 4: Daten und Fakten Koralmbahn.<br />
Teil der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN)<br />
Streckenlänge rund 130 km, davon Koralmtunnel rund 32,9 km<br />
Zweigleisige, elektrifizierte Hochleistungsstrecke<br />
10 Bahnhöfe und Haltestellen<br />
Entwurfsgeschwindigkeit: 250 km/h<br />
Fahrzeit Graz – Klagenfurt nach Fertigstellung 1 Stunde, jetzt:<br />
3 Stunden<br />
Betri<strong>eb</strong>sprogramm nach Fertigstellung: 158 bis 256 Züge pro Tag<br />
je nach Streckenabschnitt<br />
Technische Ausführung für Geschwindigkeiten bis 250 km/h<br />
Signalisierung mit ETCS Level 2<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme am 09.12.2012<br />
Gesamtkosten 5,246 Mrd. EUR, davon 2,3 Mrd. EUR für den Koralmtunnel<br />
Bild 11: Streckenverlauf der Koralmbahn.<br />
optimal an die Landeshauptstädte Graz und Klagenfurt<br />
an, wovon die Pendler und die regionale Wirtschaft profitieren.<br />
Die wichtigsten Daten und Fakten sind Tabelle 4<br />
zu entnehmen.<br />
Aus heutiger Sicht wird die Koralmbahn voraussichtlich<br />
bis 2022 durchgehend befahrbar sein.<br />
Den Streckenverlauf zeigt Bild 11. Nach einem viergleisigen<br />
Abschnitt zwischen Graz Hbf und Feldkirchen am<br />
Beginn der Strecke zweigt die Koralmbahn westlich von<br />
der bestehenden Südbahn ab, führt über den Flughafen<br />
Graz zum Terminal Werndorf, wo sie sich wieder auf rund<br />
200 m an die bestehende Trasse annähert.<br />
Von dort biegt sie nach Westen und folgt dem Laßnitztal<br />
aufwärts. Kurz nach dem künftigen IC-Bahnhof Weststeiermark<br />
im Raum Groß St. Florian, der die Koralmbahn<br />
mit der Graz – Köflacher-Eisenbahn verbindet, beginnt<br />
der rund 32,9 km lange Koralmtunnel (Bild 12). Anschließend,<br />
rund 2 km nördlich von St. Paul, befindet sich der<br />
Bahnhof Lavanttal, wo die Regionalstrecke Zeltweg –<br />
Wolfsberg einmündet.<br />
Nach der Tunnelkette Granitztal überquert die Koralmbahn<br />
bei Aich die Drau, biegt bei Bleiburg in einem Bogen<br />
Richtung Westen ab und läuft dann in rund 2 km Entfernung<br />
nördlich am Klopeiner See vorbei. Nahe Grafenstein<br />
überquert sie erneut die Drau und folgt im weiteren Verlauf<br />
der Bestandsstrecke nach Klagenfurt Hbf.<br />
Die Koralmbahn wird nach bisherigen Erkenntnissen<br />
von den neu zu errichtenden Unterwerken Werndorf, das<br />
auch die Strecke nach Spielfeld versorgt, Deutschlandsberg,<br />
Lavanttal und Oberfischern mit Traktionsstrom versorgt.<br />
Die 110-kV-<strong>Bahnen</strong>ergieleitung von Werndorf nach<br />
Oberfischern wird im Abschnitt des Koralmtunnels als<br />
Kabel ausgeführt, da eine Führung der Freileitung über<br />
die Koralpe zu teuer wäre. Dazu ist eine entsprechende<br />
Kompensationsanlage im Ostabschnitt der Koralmbahn<br />
vorgesehen.<br />
5 Semmering-Basistunnel neu<br />
Der Semmering-Basistunnel neu zählt zu den wichtigsten<br />
österreichischen Infrastrukturprojekten der Zukunft im Herzen<br />
Europas. Der 27,3 km lange zweiröhrige Tunnel (Bild 13)<br />
soll die Bergstrecke von Gloggnitz in Niederösterreich bis<br />
Mürzzuschlag in der Steiermark, das Weltkulturerbe Ghega<br />
Bahn (Bild 14), zukünftig entlasten. Als Investitionssumme<br />
Bild 12: Prinzipskizze Koralmtunnel.<br />
werden 2,8 Mrd. EUR veranschlagt.<br />
Der neue Semmering-Basistunnel<br />
verbindet gemeinsam mit den Projekten<br />
Hauptbahnhof Wien sowie der Koralmbahn<br />
Graz – Klagenfurt die Ostsee<br />
mit der Adria. Durch diese baltischadriatische<br />
Achse werden neue Märkte<br />
und Wirtschaftsräume erschlossen.<br />
Er besteht aus zwei parallel geführten<br />
Tunnelröhren mit rund 10 m<br />
Durchmesser und 40 bis 70 m Abstand<br />
zueinander. Sie sind in Bild 13: Prinzipskizze und Trassenverlauf des neuen Semmering Basistunnels.<br />
maximal<br />
390 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
500 m Abständen durch begehbare Querstollen miteinander<br />
verbunden. Diese dienen primär der Selbstrettung.<br />
Der neue Tunnel entspricht mit weiteren Sicherheitsmaßnahmen<br />
wie Löschwasserleitung, Elektranden, beleuchteter<br />
Handlauf, TETRA-Funk, Brandbeständigkeit der Tunnelausrüstungen,<br />
steuerbare Belüftung und so weiter den<br />
aktuellen Anforderungen an die Tunnelsicherheit [3].<br />
In der Tunnelmitte ist zwischen den beiden Röhren eine<br />
Nothaltestelle eingerichtet, von der aus die Fahrgäste im<br />
Ereignisfall über die jeweils sichere Röhre aus dem Tunnel<br />
g<strong>eb</strong>racht werden können. Der Tunnel wird nach seiner<br />
Fertigstellung auf der Südbahn im Abschnitt Semmering<br />
Fahrgeschwindigkeiten bis 230 km/h erlauben.<br />
Zum Tunnelbauwerk zählen n<strong>eb</strong>en den beiden Tunnelröhren<br />
auch<br />
• architektonisch anspruchsvolle Portalbauten in Gloggnitz<br />
(Bild 15) und Mürzzuschlag,<br />
• die Zwischenangriffe (ZA) Göstritz, Fröschnitzgraben<br />
und Grautschenhof, die in der Bauphase als zusätzliche<br />
Zugänge für die Tunnelherstellung dienen,<br />
• die Deponie Longsgraben mit einem Volumen bis zu<br />
5 Mio. m 3 zur Ablagerung des Aushubmaterials,<br />
• temporäre Straßen zur Erschließung der Baustellen und<br />
zur Entlastung der öffentlichen Verkehrswege während<br />
der Bauphase,<br />
• umfangreiche wasserbauliche Maßnahmen für den<br />
Hochwasserschutz,<br />
• Baubelüftungsschächte, die für die Belüftung unter<br />
Tag notwendig sind und<br />
• ein Begleitstollen als Bauhilfsmaßnahme.<br />
6 Hauptbahnhof Wien<br />
Das Gesamtprojekt Hauptbahnhof Wien mit 109 ha Fläche<br />
ist derzeit die bedeutendste Infrastrukturmaßnahme für<br />
die österreichische Hauptstadt. Es geht bei diesem Projekt<br />
nicht nur um den Bahnverkehr, sondern um die Entwicklung<br />
eines gesamten Stadtviertels.<br />
Der neue Durchgangsbahnhof wird die Stadt zu<br />
einem multi-modalen Knotenpunkt des transeuropäischen<br />
Schienennetzes machen und für den internationalen<br />
und nationalen Bahnverkehr von großer Bedeutung<br />
sein (Bild 16). Der neue Bahnhof ermöglicht die reibungslose<br />
Durchbindung transeuropäischer Eisenbahnlinien<br />
der Nord-Süd- und Ost-West-Achsen. Dies bedeutet<br />
für Reisende schnellere Zugverbindungen, mehr<br />
Bild 14: Die 150 Jahre alte Semmeringbahn: Weltkulturerbe Ghega Bahn.<br />
Der erste Tunnelvortri<strong>eb</strong> ist 2014<br />
im Fröschnitzgraben geplant. In<br />
2015 soll mit den Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten<br />
in Gloggnitz sowie beim Zwischenangriff<br />
Göstritz begonnen werden.<br />
Voraussichtlich 2016 wird das letzte<br />
Tunnelbaulos in Grautschenhof<br />
gestartet. Bis 2020 sollen alle Vortri<strong>eb</strong>sarbeiten<br />
abgeschlossen und<br />
die beiden Tunnelröhren im Rohbau<br />
durchgängig fertiggestellt sein. Nach<br />
Einbau der Tunnelausrüstung kann<br />
der Semmering-Basistunnel neu voraussichtlich<br />
Ende 2023 in Betri<strong>eb</strong><br />
genommen werden.<br />
Die bestehenden Unterwerke in<br />
Schlöglmühl und Semmering reichen<br />
in ihrer Leistungsfähigkeit nicht aus,<br />
um n<strong>eb</strong>en der Bergstrecke über den<br />
Semmering künftig auch die Tunnelstrecke<br />
mit Traktionsstrom zu versorgen.<br />
Daher ist die Errichtung von zwei<br />
neuen Unterwerken mit den entsprechenden<br />
Zuleitungen vom bestehenden<br />
Freileitungsnetz erforderlich. Die<br />
neuen Unterwerke sind in Gloggnitz<br />
und Langenwang geplant.<br />
Bild 15: Portalgestaltung Gloggnitz mit neu errichteter Eisenbahnbrücke und neuem Unterwerk.<br />
Bild 16: Der neue Hauptbahnhof Wien und sein Umfeld.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
391
Projekte – Österreich<br />
Tabelle 5: Daten und Fakten Hauptbahnhof Wien.<br />
Gesamtfläche Bahninfrastrukturprojekt 50 ha<br />
Gesamtlänge Bahninfrastrukturprojekt 6 km<br />
Gesamtfläche Brückenneubau rund 30 000 m 2<br />
Gleisneulage rund 100 km<br />
Weichenneulage rund 330<br />
Lärmschutzwände rund 8 km<br />
Überdachte Inselbahnsteige 5<br />
Gleise 12, inklusive 2 Durchfahrgleise<br />
Tiefgarage mit rund 660 Stellplätzen<br />
Fahrradstellplätze rund 1 150<br />
Shops im Einkaufszentrum rund 100<br />
11 S-Bahnlinien<br />
Sechs U-<strong>Bahnen</strong>, Straßenbahnen, innerstädtische Buslinien<br />
11 Regionalbuslinien<br />
Gesamtfläche neues Stadtviertel rund 59 ha,<br />
davon Grünfläche 8 ha<br />
Bürofläche im neuen Stadtviertel rund 550 000 m 2<br />
Wohneinheiten im neuen Stadtviertel rund 5 000<br />
Einwohner im neuen Stadtviertel rund 13 000<br />
Arbeitsplätze rund 20 000<br />
Neues und adaptiertes Straßennetz 9,2 km<br />
Neue und adaptierte Fahrradwege 8,8 km<br />
Schrittweise Inbetri<strong>eb</strong>nahme Verkehrsstation, Wohnanlagen, Park<br />
2013/2014<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme des neuen Hauptbahnhofs 2014<br />
Fertigstellung der gesamten Bahnprojektes 2015<br />
Gesamtkosten rund 4 Mrd. EUR, davon 970 Mio. EUR für die Bahninfrastruktur<br />
Bild 17: Hauptbahnhof Wien, aktuelle Baustelle, Montage des ersten Elements des Rautendachs.<br />
Reisekomfort durch einfaches Umsteigen und optimale<br />
Anbindungen sowie Barrierefreiheit gemäß den neuesten<br />
Standards.<br />
Das Stadtbild erfährt eine neue Prägung und auch die<br />
umliegenden G<strong>eb</strong>iete werden von dieser Entwicklung positiv<br />
beeinflusst werden. Mit großen Büroflächen, neuen<br />
Wohnungen, einem 8 ha großen Park sowie Schulen und<br />
Kindergarten wird dort eine Stadt in der Stadt mit hoher<br />
Wohn- und Arbeitsqualität für rund 30 000 Menschen<br />
entstehen. Das neue Stadtviertel wird an hochrangige<br />
öffentliche Verkehrsmittel ang<strong>eb</strong>unden und durch ein<br />
dichtes Netz an Rad- und Fußwegen erschlossen. Eine Zusammenfassung<br />
der Daten und Fakten ist der Tabelle 5 zu<br />
entnehmen. Einen Eindruck über den aktuellen Bautenstand<br />
(Juni 2011) soll Bild 17 vermitteln.<br />
Mit dem Fahrplanwechsel vom 13. Dezember 2009 wurden<br />
die Tore des Wiener Südbahnhofes geschlossen, um<br />
den neuen und modernen G<strong>eb</strong>äuden zu weichen, die im<br />
Rahmen des Gesamtprojektes Hauptbahnhof Wien entstehen<br />
werden. Seit Ende der 50er Jahre kamen hier am<br />
ehemaligen Südbahnhof täglich zehntausende Fahrgäste<br />
der Süd- und Ostbahn an.<br />
Der Südbahnhof wird seit Januar 2010 mitsamt Bahnanlagen<br />
abgetragen. Parallel dazu hat die Bahnhofs-<br />
Großbaustelle ihre eigentlichen Arbeiten aufgenommen.<br />
Auf der derzeit größten Baustelle in Wien sind bis zu 400<br />
Vorarbeiter, Arbeiter, Poliere, Schlosser und Maschinisten<br />
im Einsatz. Über 100 Baugeräte von Lastkraftwagen, Bagger,<br />
Radlader, Walzen und Kräne sind auf dem Gelände<br />
unterwegs.<br />
Ende März 2011 wurde die ehemalige Verbindung<br />
von Süd- und Ostbahn, der Steudeltunnel, still gelegt.<br />
Seine Lage direkt unter dem neuen Tragwerk n<strong>eb</strong>en der<br />
Laxenburger Straße, dem künftigen Busbahnhof, und<br />
unter dem Vorplatz Süd der Verkehrsstation macht aus<br />
statischen Gründen eine Schließung und Verfüllung notwendig.<br />
Als Ersatz wurde eine 859 m lange Umfahrung,<br />
die mit zwei Gleisen mitten durch die Baustelle fährt,<br />
errichtet. Sie ist seit 28. März 2010<br />
in Betri<strong>eb</strong>.<br />
Die Rohbauarbeiten für die<br />
neue Verkehrsstation laufen bis<br />
Herbst 2011, danach wird mit dem<br />
Innenausbau begonnen. 2011 wird<br />
auch der Wiedner Gürtel umg<strong>eb</strong>aut<br />
und die ersten G<strong>eb</strong>äude wachsen empor.<br />
Im Dezember 2012 wird der erste<br />
Teil der Verkehrsstation in Betri<strong>eb</strong><br />
genommen.<br />
Südlich des Bahnhofsg<strong>eb</strong>äudes<br />
entsteht ab 2011 die neue ÖBB-<br />
Konzernzentrale für 1 600 Mitarbeiter<br />
(Bild 18). An der Ecke Wiedner<br />
Gürtel – Arsenalstraße wird ein Finanzzentrum<br />
einer österreichischen<br />
Bank realisiert. Südlich davon baut<br />
ein Bauträger Büro- und Wohng<strong>eb</strong>äude.<br />
Für weitere Bauflächen ist<br />
man bemüht, Partner zu finden, die<br />
392 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
einen l<strong>eb</strong>haften Mix aus Büro, Gewerbe,<br />
Kultur und Wohnen ermöglichen.<br />
International renommierte<br />
Architekten sind eingeladen, diesem<br />
neuen Stadtviertel ein modernes und<br />
ansprechendes Gesicht zu verleihen.<br />
7 Umbau Hauptbahnhof<br />
Salzburg<br />
Als bedeutender Verkehrsknotenpunkt<br />
des Landes Salzburg soll der<br />
neue Hauptbahnhof Salzburg den<br />
Reisekomfort wie auch die Verkehrsabwicklung<br />
verbessern. Der derzeitige<br />
Kopfbahnhof wird zu einem<br />
Durchgangsbahnhof umg<strong>eb</strong>aut, der<br />
den Anforderungen eines modernen<br />
Bahnzeitalters gerecht wird. Die Umbauarbeiten<br />
finden unter laufendem<br />
Betri<strong>eb</strong> statt. In Abstimmung mit<br />
dem Bundesdenkmalamt entsteht bis<br />
2014 einer der modernsten Bahnhöfe<br />
Österreichs, wobei die historische<br />
Dachkonstruktion über dem heutigen<br />
Mittelbahnsteig erhalten bleibt<br />
(Bild 19). Das Herzstück des neuen<br />
Hauptbahnhofes bildet eine zentrale<br />
Fußgängerpassage, die künftig<br />
die Lastenstraße mit dem Südtiroler<br />
Platz verbindet (Bild 20). Über diese<br />
sind künftig die Bahnsteige durch Stiegen und Rolltreppen<br />
sowie barrierefrei durch Lifte erreichbar.<br />
Der Salzburger Hauptbahnhof hatte lange Zeit die<br />
Funktion eines Grenzbahnhofs in Richtung Deutschland<br />
und wurde daher als kombinierter Durchgangs- und Inselbahnhof<br />
angelegt. Bisher endete ein Großteil der Züge<br />
am Salzburger Hauptbahnhof. Mit neun durchgehenden<br />
Bahnsteigen können künftig mehr Züge gefahren werden.<br />
Durch den Ausbau der Schieneninfrastruktur wird die<br />
West-Ost-Verbindung verbessert und der Hauptbahnhof<br />
Salzburg noch effizienter in das transeuropäische<br />
Netz von Paris und Stuttgart über Wien nach Bratislava<br />
(TEN 17) integriert.<br />
Die Bauarbeiten sind im vollen Gange. Gegenwärtig<br />
sind die Bahnhofshalle, die ehemaligen Personentunnel<br />
(Tiroler Tunnel, Bayrischer Tunnel) sowie die Bahnsteige<br />
1, 2 und 21 gesperrt. Östlich und westlich des Bahnhofsg<strong>eb</strong>äudes<br />
gibt es provisorische Zugänge. Mit dem Neubau<br />
des Nelböckviaduktes wurde im Januar 2011 begonnen.<br />
Der Wiederaufbau der historischen Stahlhallenkonstruktion<br />
wird im August 2011 abgeschlossen.<br />
Alle Gleisanlagen im Bahnhofsbereich werden komplett<br />
umg<strong>eb</strong>aut: Künftig ersetzen vier Inselbahnsteige,<br />
an denen beidseitig Züge fahren, den bisherigen Mittelbahnsteig.<br />
Ein Randbahnsteig grenzt an das Bahnhofsg<strong>eb</strong>äude<br />
an. Zukünftig sind alle Bahnsteige überdacht und<br />
Bild 18: ÖBB-Konzernzentrale am Hauptbahnhof Wien.<br />
Bild 19: Querschnitt des neuen Salzburger Hauptbahnhofs.<br />
ermöglichen den Reisenden ein komfortables und witterungsgeschütztes<br />
Warten. Für leichteres und bequemeres<br />
Ein- und Aussteigen werden alle Bahnsteige angehoben<br />
und neue Bahnsteigoberflächen mit integriertem Blindenleitsystem<br />
errichtet.<br />
Das Bahnhofsg<strong>eb</strong>äude bleibt in seiner heutigen Form<br />
bestehen und wird renoviert. Ein Teil der historischen<br />
und denkmalgeschützten Stahlhalle am bisherigen Mittelbahnsteig<br />
bleibt erhalten, wird renoviert und in die neue<br />
Bahnsteigüberdachung integriert.<br />
Bild 20: Verbindung der beiden Stadtteile Schallmoos und Elisabeth-<br />
Vorstadt durch den Salzburger Hauptbahnhof.<br />
1 Brücke über die Plainstraße, 2 Brücke über die Rainerstraße,<br />
3 N<strong>eb</strong>öckviadukt, 4 neue Zentrale Passage<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
393
Projekte – Österreich<br />
Um den Hauptbahnhof optimal an die dreigleisige Strecke<br />
nach Freilassing anzubinden, werden im Westen des<br />
Bahnhofs die Eisenbahnbrücken über die Gabelsbergerstraße<br />
(Nelböckviadukt), die Plainstraße und die Rainerstraße<br />
erneuert (Bild 20). Die 100 Jahre alten Stahlbrücken<br />
werden abgetragen und durch Stahlbetonbrücken ersetzt.<br />
Dabei werden auch Trassierungsveränderungen realisiert.<br />
Die derzeitige Durchfahrtshöhe wird von 3,60 m wird auf<br />
4,20 m und 4,60 m angehoben. Das Nelböckviadukt erhält<br />
einen Stiegenaufgang zu den Bahnsteigen der S-Bahn.<br />
8 Ausbau der Westbahn<br />
Die rund 300 km lange Strecke Wien – Salzburg ist eine österreichische<br />
Magistrale und gleichzeitig als vorrangiges<br />
TEN-Vorhaben Nr. 17 von Paris nach Bratislava wichtiger<br />
Bestandteil des hochrangigen europäischen Schienennetzes.<br />
Der viergleisige Ausbau der Westbahn als Teil der<br />
Donauachse nimmt für den Anstieg der Leistungsbedürfnisse<br />
an Personen- und Güterverkehr eine hohe Priorität<br />
ein. Der Ausbau der Westbahn besteht aus mehreren<br />
Vorhaben:<br />
• Lückenschluss St. Pölten – Loosdorf (Güterzugumfahrung)<br />
• Umbau St. Pölten Hauptbahnhof<br />
• Umfahrung Bahnhof Melk<br />
• Lückenschluss Ybbs – Amstetten<br />
• viergleisiger Ausbau Linz – Marchtrenk<br />
• Neutrassierung Salzburg – Seekirchen<br />
Den viergleisigen Ausbau zwischen St. Pölten und Linz<br />
zeigt Bild 21.<br />
Der 24,7 km lange Lückenschluss St. Pölten – Loosdorf,<br />
die Güterzugumfahrung (GZU), ist eine zweigleisige<br />
Neubaustrecke mit 120 km/h Entwurfsgeschwindigkeit.<br />
Die Neubaustrecke der Güterzugumfahrung umfährt das<br />
Stadtzentrum von St. Pölten im Süden und entlastet somit<br />
den Bahnhof St. Pölten vom Güter- und Durchgangsverkehr<br />
(Bild 22). Ziel und Zweck dieses Vorhabens sind die<br />
Kapazitätssteigerung auf der Donauachse insbesondere<br />
für den Güterverkehr und die betri<strong>eb</strong>liche Entlastung des<br />
Bahnhofes St. Pölten vom Güterverkehr. Verlässliche Justin-time-Lieferungen<br />
im Güterverkehr sind Grundlagen<br />
für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die<br />
Schiene. Die Verbesserung der L<strong>eb</strong>ensqualität und die<br />
Entspannung der Lärmsituation für die Anrainer im Stadtzentrum<br />
sind ein weiteres Hauptziel des Projektes.<br />
Nachdem der Hauptbahnhof St. Pölten bereits an<br />
seinen Kapazitätsgrenzen angelangt war, bestand der<br />
Zwang zu einer umfassenden Modernisierung. Innerhalb<br />
von fünf Jahren wurde der Hauptbahnhof St. Pölten bei<br />
laufendem Betri<strong>eb</strong> und unter besonderer Berücksichtigung<br />
des Denkmalschutzes umg<strong>eb</strong>aut. Heute präsentiert<br />
er sich für die täglich mehr als 26 000 Fahrgäste als moderner,<br />
hochleistungstauglicher Verkehrsknotenpunkt, der<br />
gleichzeitig als zentrales Eingangstor zur Stadt fungiert.<br />
Der Umbau des Bahnhofs schafft erh<strong>eb</strong>liche Kapazitäten<br />
für den Personen- und Güterverkehr. Gleichzeitig realisiert<br />
er einen gesamtheitlichen, modernen Infrastrukturplan<br />
für den neuen Bahnhof der niederösterreichischen<br />
Landeshauptstadt.<br />
Das denkmalgeschützte Aufnahmeg<strong>eb</strong>äude Melk ist<br />
eines der schönsten Österreichs. Es mussten während<br />
der letzten zwei Jahre massive Umbauarbeiten realisiert<br />
werden, um den Bahnhof an den neuesten Stand<br />
der Technik anzupassen und ihn barrierefrei zu gestalten.<br />
Die feierliche Inbetri<strong>eb</strong>nahme wird im Herbst 2011<br />
sein. Gleichzeitig wurde eine zweigleisige Umfahrung der<br />
Welterbe- und Bezirkshauptstadt Melk im Rahmen des<br />
viergleisigen Ausbaus der Westbahn durch einen neuen<br />
Tunnel (Bild 23) realisiert.<br />
Bild 21: Viergleisiger Ausbau St. Pölten – Linz.<br />
grün fertiggestellt 112 km, rot im Bau 41 km, blau in Planung 8 km,<br />
schwarz Anschlussstrecken<br />
Bild 22: Lückenschluss St. Pölten – Loosdorf.<br />
blau neue Strecke, oliv Bestandsstrecke, magenta Neubaustrecke<br />
Bild 23: Umfahrung<br />
Melk durch den Melker<br />
Tunnel.<br />
394 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Projekte<br />
Die Trasse zwischen Ybbs an der Donau und Amstetten<br />
wird durch zwei Neubaugleise ergänzt, die eine Befahrbarkeit<br />
mit bis zu 250 km/h Geschwindigkeit ermöglicht.<br />
Die bestehenden Gleise werden erneuert und auf<br />
Hochleistungsniveau angehoben. Die Bahnhofsköpfe in<br />
Ybbs und Amstetten müssen angepasst werden. Die Verkehrsstationen<br />
Neumarkt an der Ybbs und Blindenmarkt<br />
werden neu gestaltet. Der viergleisige Ausbau zwischen<br />
Linz und Marchtrenk und die Neutrassierung zwischen<br />
Salzburg und Seekirchen sind derzeit im Trassenfindungsverfahren.<br />
Bild 24: Übersicht<br />
Kraftwerksprojektstandorte<br />
(siehe<br />
Tabelle 6).<br />
Tabelle 6: Kraftwerksprojekte.<br />
Nr. Projekt/Kraftwerk Art der Arbeiten Investition Mio. EUR<br />
9 Kraftwerke<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
1 Tauernmoos Neubau 110<br />
2 Spullersee Beileitung Ost 22<br />
3 Spullersee Erneuerung der<br />
Druckrohrleitung<br />
4 Ötztal Neubau 205<br />
5 Obervellach II Neubau 105<br />
Bild 25: Anlagen Pumpspeicherwerk Tauernmoos.<br />
Tabelle 7: Daten und Fakten Kraftwerk Tauernmoos.<br />
Gesamtleistung rund 130 MW<br />
Zwei Pumpturbinen mit 50 Hz-Motor/Generator<br />
Maximaler Turbinendurchfluss rund 70 m 3 /s<br />
Maximaler Pumpendurchfluss rund 50 m 3 /s<br />
Mittlere Fallhöhe 220 m<br />
Jahrespumpenergie 450 GWh<br />
Jahreserzeugung 330 GWh<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme 2016<br />
Gesamtkosten rund 110 Mio. EUR<br />
Der Jahresenergi<strong>eb</strong>edarf an Traktionsleistung für die ÖBB<br />
wird bis zum Jahr 2025 nach Aussagen in [4] um rund 30 %<br />
steigen; die Jahresspitzenleistung sogar um rund 50 %.<br />
Das haben komplexe Studien zu Verkehrsprognosen, der<br />
Energienachfrage und der Entwicklung der Energiepreise<br />
erg<strong>eb</strong>en. Unter Berücksichtigung der strategischen Ziele<br />
für einen zukunftsorientierten Ausbau der <strong>Bahnen</strong>ergieversorgung<br />
in Österreich wie Schonung der Ressourcen,<br />
Erhöhung der Energieeffizienz, Erhöhung der Eigenerzeugung,<br />
hohe Versorgungszuverlässigkeit und natürlich<br />
Wirtschaftlichkeit wurde beschlossen, unter anderem die<br />
installierte Leistung der Wasserkraftwerke um 100 MW zu<br />
erhöhen. Bild 24 und Tabelle 6 g<strong>eb</strong>en eine Übersicht der<br />
Kraftwerksprojekte.<br />
Das Besondere am ÖBB-Kraftwerk Tauernmoos wird die<br />
Verbindung zu zwei verschiedenen Stromnetzen – dem<br />
Bahnstromnetz mit 16,7 Hz und dem öffentlichen Stromnetz<br />
mit 50 Hz – sein (Bild 25). Dadurch werden Übertragungsverluste<br />
auf ein Minimum reduziert. Der Strom wird<br />
von der hochalpinen unterirdischen Kraftwerksanlage<br />
über Erdkabel bis zu den bestehenden Kraftwerken in<br />
Uttendorf geleitet. Zur Einspeisung in das bahneigene<br />
Stromnetz ist dort ein Frequenz-Umrichter mit zwei Einheiten<br />
zu je 30 MW geplant. Von diesem Umrichterwerk<br />
soll ein Abzweig über unterirdisch verlegte Kabel weiter<br />
Richtung Salzachtal führen, wo die Energie in das öffentliche<br />
Leitungsnetz eingeleitet wird. Das Pumpspeicherwerk<br />
soll nach 2016 pro Jahr 330 GWh erzeugen. Die Daten und<br />
Fakten sind Tabelle 7 zu entnehmen.<br />
Die Kraftwerksanlage Spullersee zählt zu den ältesten<br />
Wasserkraftwerken Europas und wurde in den Jahren<br />
1919 bis 1925 von den Österreichischen Staatsbahnen<br />
zur Stromversorgung der Arlbergstrecke errichtet. Die<br />
drei oberirdischen Druckrohrleitungen (Bild 26) mit abgestuften<br />
Durchmessern 950 mm bis 650 mm überwinden<br />
761 m Höhenunterschied zum Krafthaus Spullersee. Jede<br />
dieser jeweils 1 395 m langen Rohrleitungen führt zu einem<br />
Maschinensatz. Nach 80 Jahren Betri<strong>eb</strong> müssen zwei<br />
der drei Druckrohrleitungen getauscht werden. Um die<br />
ökologisch, technisch und wirtschaftlich beste Lösung für<br />
den Ersatz der steil abfallenden Rohrleitungen zu finden,<br />
wurden umfangreiche Untersuchungen und Planungsarbeiten<br />
durchgeführt. Dabei wurden n<strong>eb</strong>en der oberirdischen<br />
Erneuerung des Bestandes auch unterirdische Verlegungsmöglichkeiten<br />
untersucht. Nur im Zusammenhang<br />
mit dem zeitgleich geplanten Projekt Beileitung Ost kann<br />
eine optimale Lösung gefunden werden.<br />
Um weitere 40 GWh <strong>Bahnen</strong>ergie zu erzeugen, muss<br />
im Kraftwerk Spullersee eine neue Beileitung installiert<br />
werden. Die Beileitung Ost leitet das Wasser in den<br />
40<br />
395
Projekte – Österreich<br />
Bild 26: Oberirdische<br />
Druckrohrleitungen<br />
zum Kraftwerk Spullersee.<br />
Bild 27: Projektübersicht Spullersee – Beileitung Ost.<br />
bestehenden Speicher Spullersee und von dort über Druckrohrleitungen<br />
zum Kraftwerk für die Bahnstromproduktion<br />
weiter (Bild 27). Die Rohrleitungen und Stollenbauwerke<br />
des Überleitungsstollens werden hauptsächlich<br />
unter irdisch errichtet und sind somit nach Fertigstellung<br />
der Beileitung Ost nicht sichtbar. Sichtbar bleiben die Fassungsbauwerke<br />
am Pazüelbach und Zürsbach, die Stollenportale<br />
und eine Pumpstation am Fuße der bestehenden<br />
Deponie in Zürs. Die Trasse liegt zur Gänze außerhalb von<br />
b<strong>eb</strong>autem G<strong>eb</strong>iet.<br />
Die landeseigene Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag) und<br />
die ÖBB haben ihren Streit im Zusammenhang mit den<br />
konkurrierenden Kraftwerksplänen im Ötztal mit einem<br />
Tauschgeschäft beigelegt. Die ÖBB ziehen ihren eing<strong>eb</strong>rachten<br />
Antrag auf Bewilligung eines Kraftwerkprojektes<br />
an der Ötztaler Ache zurück. Im Gegenzug bekommen<br />
sie von der Tiwag für rund 70 Jahre Strom zu „angemessenen<br />
Konditionen“. Nach den Plänen der ÖBB hätte das<br />
Kraftwerk Ötztal rund 230 GWh je Jahr erzeugt.<br />
Mit rund 105 Mio. EUR soll das Kraftwerk Obervellach<br />
erweitert werden. Dazu soll die Wasserkraft aus dem<br />
Dösenbach und dem Kaponigbach über Rohrleitungen<br />
zum neuen Krafthaus Obervellach II geleitet werden.<br />
Dort sollen Maschinensätze mit 50 MW Leistung installiert<br />
werden. Die Jahreserzeugung des Pumpspeicherwerks soll<br />
nach 2018 120 GWh betragen.<br />
Literatur<br />
[1] Zweig, B.-W.: Energieversorgung der elektrischen <strong>Bahnen</strong>.<br />
In: Handbuch Eisenbahninfrastruktur. Springer-Verlag Berlin<br />
Heidelberg, 2007.<br />
[2] Schindlegger, H.; Polzhofer-Girstmair, G.; Neulinger, M.: Wienerwaldtunnel<br />
– Elektrotechnische Ausrüstung. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 108 (2010) H. 7, S. 297–303.<br />
[3] Entscheidung 2008/163/EG: Technische Spezifikation für die<br />
Interoperabilität bezüglich Sicherheit in Eisenbahntunneln<br />
im konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystem und<br />
im transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystem. In:<br />
Amtsblatt der europäischen Union 2008, DE, S. L64/1-L64/7.<br />
[4] Pluy, J.: Konzeption und Ausbau der 16,7-Hertz-<strong>Bahnen</strong>ergieversorgung<br />
der ÖBB-Infrastruktur AG. Vortrag auf der acrps-<br />
Tagung, Leipzig, 2011.<br />
Dr.-Ing. Thomas Dreßler (56), Studium und Promotion<br />
der Elektrotechnik/<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> an der<br />
Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“<br />
Dresden; 1983 bis 2001 verschiedene Tätigkeiten<br />
im Elektrotechnischen Dienst der Deutschen <strong>Bahnen</strong>;<br />
2001 bis 2009 Leiter Bauzentrum West und<br />
Direktor Elektrotechnik bei Balfour Beatty Rail<br />
GmbH; seit 2009 in der Schieneninfrastruktur-<br />
Dienstleistungsgesellschaft mbH, Wien, Leiter der<br />
Benannten Stelle und Leiter des Technischen Büros<br />
für Eisenbahn-Infrastrukturtechnik.<br />
Adresse: Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft<br />
mbH, Abteilung Benannte Stelle,<br />
Lassallestr. 9b, 1020, Wien, Österreich;<br />
Fon: +43 1812 7343-1604, Fax: -1400;<br />
E-Mail: t.dressler@schig.com<br />
Quelle aller Fotos, Designstudien und Grafiken: ÖBB Infrastruktur<br />
AG. Für den Druck bearbeitet vom Autor und<br />
der Redaktion.<br />
396 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Den Fortschritt erl<strong>eb</strong>en.<br />
Li<strong>eb</strong>herr-Aerospace & Transportation SAS mit<br />
Sitz in Toulouse (Frankreich) ist eine der neun<br />
Spartenobergesellschaften der Li<strong>eb</strong>herr Firmengruppe<br />
und koordiniert alle Aktivitäten<br />
in den Bereichen Verkehrstechnik und Luftfahrtausrüstungen.<br />
Die Sparte verzeichnet<br />
weltweit fast 4.000 Beschäftigte.<br />
Der Bereich Verkehrstechnik der Firmengruppe<br />
Li<strong>eb</strong>herr entwickelt und fertigt Klimaanlagen,<br />
hydraulische Antri<strong>eb</strong>e und Stromversorgungssysteme<br />
für alle Arten von Schienenfahrzeugen<br />
und blickt dabei auf jahrelange<br />
Erfahrung zurück. Über die eigenen Vertri<strong>eb</strong>sund<br />
Servicezentren hinaus hat die Sparte auch<br />
Zugang zu den weltweiten Einrichtungen der<br />
Firmengruppe für Entwicklung und Service.<br />
Li<strong>eb</strong>herr-Transportation Systems GmbH & Co KG<br />
Li<strong>eb</strong>herrstraße 1<br />
2100 Korneuburg, Österreich<br />
Tel.: +43 (0)2262 6020<br />
info.lvf@li<strong>eb</strong>herr.com<br />
www.li<strong>eb</strong>herr.com<br />
Die Firmengruppe
Oberleitungen – Österreich<br />
Deckenstromschienen für hohe<br />
Fahrgeschwindigkeiten<br />
Franz Kurzweil, Wien; Beat Furrer, Bern<br />
Die Weiterentwicklung der Deckenstromschiene und deren häufige Anwendung in der Schweiz<br />
und in Österreich haben zur weltweiten Verbreitung dieser Oberleitungsbauart einen erh<strong>eb</strong>lichen<br />
Beitrag geleistet und den Stand der Technik geprägt. Im Rahmen des Ausbaus der Westbahn<br />
der österreichischen Bundesbahn (ÖBB) für den Hochgeschwindigkeitsverkehr wurde der<br />
rund vier Kilometer lange Sittenbergtunnel im Jahre 2004 mit einer Deckenstromschiene ausgerüstet<br />
und im Jahre 2009 mit einer weiterentwickelten Bauart mit verbessertem Profilquerschnitt,<br />
die 2010 erfolgreich mit 253 km/h befahren werden konnte, nachgerüstet.<br />
Overhead conductor bar for high speed<br />
The development of the overhead conductor bar and its frequent application in Switzerland<br />
and Austria have massively contributed to the worldwide use of this overhead contact line type.<br />
In the course of the upgrading of the Austrian Westbahn for high-speed traffic the four km long<br />
Sittenbergtunnel was equipped in 2004 with a first type of conductor bar which has been replaced<br />
in 2009by a further improved conductor bar having an enhanced cross section, and which<br />
was tested successfully at a speed of 253 km/h in 2010.<br />
Ligne de contact rigide pour vitesse élevée<br />
Le développement continuel du profile aérien de contact (PAC) et son application répandu<br />
en Suisse et en Autriche ont fortement contribué à la propagation globale de ce type ligne<br />
de contact. Dans le cadre de l’aménagement du Westbahn en Autriche pour le trafic à haute<br />
vitesse, le Tunnel du Sittenberg a été équipé d’un nouveau type de PAC en 2004, à ce qui a<br />
été rajouté un profil amélioré en 2009, qui a été parcouru en 2010 à des vitesses allant jusqu’à<br />
253 km/h.<br />
1 Erste Anlagen in Zürich<br />
Für die Ausrüstung des Bahnhof Museumstrasse in Zürich<br />
galt es, ein Fahrleitungssystem einzubauen, welches eine<br />
höchstmögliche Zuverlässigkeit im Betri<strong>eb</strong> ausweisen,<br />
praktisch unzerstörbar sein, über eine hohe elektrische<br />
Leitfähigkeit verfügen und einfach zu montieren sein<br />
Bild 1: Versuchsanlage Zürich-Opfikon von 1984, links sind noch Teile<br />
der durch die Stromschiene ersetzten R-Fahrleitung zu sehen.<br />
sollte. Furrer+Frey schlugen hierfür eine neuartige Deckenstromschiene,<br />
kurz DSS, vor. Im Netz der S-Bahn Zürich<br />
stand ein Tunnel zur Verfügung, in dem Versuche mit<br />
dieser Deckenstromschiene als Oberleitungsbauart durchgeführt<br />
wurden [1]. Diese waren so Erfolg versprechend,<br />
dass 1986 die Ausrüstung des Bahnhofs Museumstrasse<br />
beschlossen wurde, in welchem 2,5 Minuten Zugfolgezeit<br />
und bis zu vier Stromabnehmer je Zug geplant waren. Die<br />
Anlage bewährt sich nach 20 Jahren Betri<strong>eb</strong> immer noch,<br />
ohne dass Störungen durch das Versagen der DSS aufgetreten<br />
wären oder Komponenten hätten ausgewechselt<br />
werden müssen. Bild 1 zeigt die Versuchsanlage im Bahnhof<br />
Zürich-Opfikon. Im Hintergrund sind noch Teile der<br />
ersetzten Oberleitungsanlage zu erkennen. Weitere Anlagen<br />
folgten, insbesondere dort, wo der Einbauraum beengt<br />
war, aber auch für S-<strong>Bahnen</strong>, wo die Zuverlässigkeit<br />
und Brandfestigkeit ein besonderes Anliegen ist [1; 2; 3; 4].<br />
Derzeit befindet sich in Zürich der zweite unterirdische<br />
Durchgangsbahnhof Löwenstrasse im Bau. Die Inbetri<strong>eb</strong>nahme<br />
ist abschnittweise ab 2014 geplant. Der Bahnhof<br />
und der Tunnel Richtung Oerlikon werden <strong>eb</strong>enfalls mit<br />
einer DSS ausgerüstet. Dieser Entscheid ist als Nachweis<br />
des Vertrauens in die hohe betri<strong>eb</strong>liche Verfügbarkeit<br />
der Deckenstromschiene zu werten. Insgesamt errichtete<br />
398 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Oberleitungen<br />
Bild 2: Kumulierte Länge der Deckenstromschienen<br />
der Bauarten CR1 bis<br />
CR3 nach Stromarten im Jahr 2011.<br />
rot Wechselstrom, blau Gleichstrom<br />
Furrer+Frey bis 2011 über 1000 km Deckenstromschienen<br />
in 15 Ländern in unterschiedlichen Anwendungen (Bild 2).<br />
2 Anlagen mit Deckenstromschienen<br />
2.1 Weltweit erstellte Anlagen<br />
Nach den ersten Einsätzen der DSS von Furrer+Frey in der<br />
Schweiz, darunter die Pilotstrecke im Simplontunnel, welche<br />
1988 bereits mit 160 km/h befahren wurde und dann<br />
für 140 km/h im Betri<strong>eb</strong> zugelassen wurde [5], folgten größere<br />
Projekte für die Korean National Railroad in Seoul in<br />
Südkorea mit über 90 km Streckenlänge, deren gegenwärtige<br />
Verlängerung auch mit DSS ausgerüstet wird.<br />
Um 1995 wurde die Ausrüstung des Hauptbahnhofs<br />
Berlin geplant. Da die DSS zugkraftlos an den Tragwerken<br />
angehängt wird, sind keine zusätzlichen Räume für die<br />
mechanischen Nachspannvorrichtungen erforderlich, was<br />
insbesondere im Weichen- und Kreuzungsbereich erh<strong>eb</strong>liche<br />
Vorteile bietet [6]. DSS wurden und werden weltweit<br />
auf beweglichen Brücken, so zum Beispiel in den USA<br />
[7], in der Schweiz [8], und aktuell in Frankreich und in<br />
Deutschland eingesetzt.<br />
Die Deckenstromschiene bietet nicht nur in Tunneln,<br />
sondern auch in Instandhaltungswerkstätten [9] und bei<br />
Verladeanlagen Vorteile. Hier werden die Ausleger für die<br />
DSS schwenkbar ausgeführt, was es möglich macht, die<br />
Deckenstromschiene motorisch seitlich weg zu schwenken<br />
und den Raum über dem Gleis für Arbeiten auf dem Dach<br />
der Fahrzeuge oder für den Kraneinsatz im Dachraum frei<br />
zu machen.<br />
2.2 Erfahrungen mit Deckenstromschienen<br />
Im Jahr 2004 bot sich die Gelegenheit, die 1990 dem Betri<strong>eb</strong><br />
überg<strong>eb</strong>ene Deckenstromschiene im Bahnhof Museumstrasse<br />
(Bild 3) nach vierzehn Jahren S-Bahn-Betri<strong>eb</strong> zu<br />
begutachten. Die Anlage befand sich in einem ausgezeichneten<br />
Zustand. Die Tragwerke, Parallelführungen, Fixpunkte<br />
und die eingesetzten Verbund- und Porzellanisolatoren<br />
haben sich bewährt. Außer Verschmutzungen und<br />
einer Fahrdrahtabnutzung wurden keine Veränderungen<br />
festgestellt. Bezogen auf eine Million Stromabnehmerdurchgänge<br />
zeigten die Messungen bei der<br />
• konventionellen Oberleitung 2,10 %,<br />
• Stromschiene im Rampenbereich 3,95 %,<br />
• Stromschiene im Gleis 21 2,10 %<br />
Bild 3: Festpunktanordnung im Bahnhof Zürich-Museumstrasse, Gleis 21.<br />
Bild 4: Dehnungsausgleichsapparat mit 1000 mm Weg.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
399
Oberleitungen – Österreich<br />
• Bei besonders starken Vibrationen sich lockernde<br />
Schrauben werden mit NordLock-Scheiben gesichert.<br />
• Die Zuverlässigkeit der DSS im Brandfall wurde 2004 in<br />
einem Versuch nachgewiesen. Als Erg<strong>eb</strong>nis kann festgestellt<br />
werden, dass im Brandfall die DSS mindestens<br />
viermal länger befahren werden kann als eine konventionelle<br />
Oberleitung. Züge haben also eine größere<br />
Chance, noch ins Freie zu gelangen.<br />
Bild 5: 15-kV-Streckentrenner mit beschliffenen Kunststoff-Stäben<br />
zum Schließen des Spalts zwischen den Kufen im mechanischen Versuch<br />
zum Nachweis der Befahrbarkeit mit hoher Geschwindigkeit.<br />
Der Streckentrenner ist hier elektrisch überbrückt.<br />
Querschnittsminderung an den Fahrdrähten. Diese Werte<br />
lassen mehr als 40 Jahre Restl<strong>eb</strong>ensdauer des Fahrdrahts<br />
erwarten, wenn bis 50 % Fahrdrahtabnutzung zugelassen<br />
werden.<br />
2.3 Weiterentwicklung<br />
Für viele Anlagen wurden den Anforderungen und Betri<strong>eb</strong>serfahrungen<br />
folgend Bauteile und Baumethoden<br />
stetig weiter entwickelt:<br />
• Überschüssiges Fett am Fahrdraht führte zur Entwicklung<br />
einer neuen Fettpumpe.<br />
• Der Einwirkung von Salzn<strong>eb</strong>el im Freien sowie Betonund<br />
Bergtropfwasser wird durch ein brandresistentes<br />
Schutzprofil über der DSS begegnet.<br />
• Lichtbögen und Kraftspitzen bei hoher Fahrgeschwindigkeit<br />
werden durch neue, gefederte Bauteile gemildert.<br />
• Unregelmäßige Abnutzung der Schleifleisten bei überwiegend<br />
mit Stromschienen ausgerüsteten Metro-Linien<br />
ergaben neue Erkenntnisse zur Einstellung der<br />
Seitenlage der DSS.<br />
3 Deckenstromschiene für höhere<br />
Geschwindigkeiten<br />
3.1 Zulassungen in Deutschland für<br />
140 km/h, in der Schweiz für 160 km/h<br />
und in Österreich für 200 km/h<br />
Mit zunehmendem Einsatz der Deckenstromschiene sollte<br />
auch die Frage nach höheren Befahrgeschwindigkeiten<br />
im Betri<strong>eb</strong> beantwortet werden. Mit dem Pilotversuch im<br />
Simplontunnel, den dort erfolgten Messfahrten mit dem<br />
Messwagen der DB Systemtechnik und den ausführlichen<br />
statischen Berechnungen ließ das Eisenbahn Bundesamt<br />
(EBA) in Bonn bereits 1996 die DSS Bauart Furrer+Frey für<br />
140 km/h zu [10]. Das war Bedingung für die Planungsaufnahme<br />
im Hauptbahnhof Berlin. Für die Ausrüstung des<br />
vier Kilometer langen Kerenzerberg-Doppelspurtunnels<br />
der SBB auf der Strecke zwischen Zürich und Chur, welcher<br />
seit 2001 täglich mit 160 km/h befahren wird, erteilte auch<br />
das Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV), die Zulassung<br />
für 160 km/h. In Österreich wurde bei der Pilotanlage im<br />
Sittenbergtunnel durch das Bundesministerium für Verkehr,<br />
Innovation und Technologie (BMVIT) die Betri<strong>eb</strong>sbewilligung<br />
für 200 km/h erteilt. Im Herbst 2010 wurde der<br />
Nachweis für 230 km/h in weiteren Messfahrten erbracht.<br />
Das Bewilligungsverfahren ist derzeit im Gang.<br />
Bild 6: Entwicklungen der Deckenstromschienenprofile CR1 bis CR3.<br />
a Querschnitt CR1, b Querschnitt CR 2, c Querschnitt CR 3, 1 Stromschienenprofil, 2 Verbindungslaschen<br />
400 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Oberleitungen<br />
Bild 7: Aerodynamische Anpresskräfte des<br />
Stromabnehmers BWLO mit verschiedenen<br />
Windleitblechen (WLB) im Spießgang, gemessen<br />
im Windkanal. Entwicklungsschritte.<br />
1 Ziel-Kurve nach TSI Energie, 2 Stromabnehmer<br />
mit Windleitblechen des Herstellers,<br />
3 ohne Windleitbleche, 4 Windleitbleche nur<br />
am Horn, 5 Windleitbleche am Horn und an<br />
den Schleifstücken<br />
Bild 8: Verhältnis der aerodynamischen<br />
Anpresskräfte an den Schleifleisten des<br />
Stromabnehmers gemessen im Windkanal.<br />
2 Stromabnehmer mit Windleitblechen<br />
des Herstellers, 3 ohne Windleitbleche,<br />
4 Windleit bleche nur am Horn, 5 Windleitbleche<br />
am Horn und an den Schleifstücken<br />
3.2 Weitere Steigerung der<br />
Geschwindigkeiten<br />
3.2.1 Schaukeln der Stromabnehmerwippe<br />
Verursacht durch die höhere Steifigkeit der Stromschiene<br />
und den schnellen Wechsel der Fahrdrahtseitenlage, wie<br />
er beim Kettenwerk in Parallelläufen und an Streckentrennern<br />
vorkommt, treten Querbeschleunigungen an der<br />
Stromabnehmerwippe auf, welche zu einer unregelmäßigen<br />
Stromabnahme führen. Diesen Erscheinungen konnte<br />
mit neuen Bauteilen wie Längenausgleichsapparaten<br />
(Bild 4) und geschlossenen Streckentrennern begegnet<br />
werden (Bild 5).<br />
3.2.2 Stetiger Fahrdrahthöhenverlauf<br />
Die praktischen Erfahrungen und Messungen ließen erkennen,<br />
dass im Bereich der Stoßlaschen, welche die<br />
Profile der DSS verbinden, das Lochspiel für den Verlauf<br />
der Fahrdrahthöhe eine nicht unerh<strong>eb</strong>liche Rolle spielt.<br />
Im Profiltyp CR1 (Bild 6a) werden die Abschnitte allein<br />
durch <strong>eb</strong>ene Platten und Schrauben verbunden. Das Loch-<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
spiel führte bei der Montage zu Längsknicken im Stromschienenverlauf,<br />
die sich in Messfahrten als Kraftspitzen<br />
zeigten. Mit dem Profiltyp CR2 (Bild 6b) wurden diese<br />
Knicke durch bessere Formschlüssigkeit zwischen Laschen<br />
und Profil teilweise beseitigt. Die Formschlüssigkeit war<br />
jedoch noch nicht vollständig erreicht. Beim Profiltyp CR3<br />
(Bild 6c), der nach dem Feder-Nut-Prinzip ausgestaltet<br />
ist, wurde die Formschlüssigkeit vollständig erreicht, die<br />
elektrische Verbindung verbessert und die Schraubenanzahl<br />
von 16 auf 8 reduziert. Der Profiltyp CR3 hat so weit<br />
überzeugt, dass Konkurrenten diese Lösung sinngemäß<br />
kopiert haben.<br />
3.2.3 Versuchsfahrten mit 250 km/h<br />
Die Railjet-Zugkonfigurationen mit nur 31 m Stromabnehmerabstand,<br />
welche regelmäßig in Österreich auf der<br />
Westbahn mit bis 230 km/h Fahrgeschwindigkeit verkehren,<br />
stellen für konventionelle Oberleitungen, Deckenstromschienen<br />
und Stromabnehmer eine Herausforderung dar.<br />
Aus diesem Grund haben die ÖBB die Stromabnehmer vom<br />
Typ 8WLO im Windkanal der Firma Audi und im mechanischen<br />
Prüfstand der DBAG Systemtechnik in München optimiert.<br />
Die Gestaltung der Windleitbleche verbesserte die<br />
401
Oberleitungen – Österreich<br />
Bild 9: Kontaktkraftmessungen an der Deckenstromschiene,<br />
korrigiert um Massenkräfte<br />
der Schleifstücke. Auswertung zum<br />
Nachweis der Einhaltung der Vorgaben der<br />
TSI Energie am vorauslaufenden Stromabnehmer.<br />
1 Mittelwert, 2 obere Grenze, 3 untere Grenze,<br />
Raute Mittelwert, Dreieck Mittelwert<br />
plus drei Standardabweichungen, Viereck<br />
Mittelwert minus drei Standardabweichungen;<br />
durch Überkompensation der einberechneten<br />
Massenträgheit der Schleifstücke<br />
sich erg<strong>eb</strong>ende nicht plausible Werte sind<br />
punktiert umrandet.<br />
Bild 10: Kontaktkraftmessungen an der<br />
Deckenstromschiene, korrigiert um Massenkräfte<br />
der Schleifstücke. Auswertung zum<br />
Nachweis der Einhaltung der Vorgaben der<br />
TSI Energie am nachlaufenden Stromabnehmer.<br />
1 Mittelwert, 2 obere Grenze, 3 untere Grenze,<br />
Raute Mittelwert, Dreieck Mittelwert<br />
plus drei Standardabweichungen, Viereck<br />
Mittelwert minus drei Standardabweichungen;<br />
durch Überkompensation der einberechneten<br />
Massenträgheit der Schleifstücke<br />
sich erg<strong>eb</strong>ende nicht plausible Werte sind<br />
punktiert umrandet<br />
Qualität der Stromabnahme an der Oberleitung und auch<br />
an der Deckenstromschiene im Sittenbergtunnel. Bild 7<br />
zeigt die im Windkanal ermittelte aerodynamische Anpresskraft<br />
in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit<br />
für mehrere der untersuchten Ausführungen der Stromabnehmerwippe<br />
beim Fahren im Spießgang. Bild 8 zeigt die<br />
bei den Versuchen im Windkanal gemessene Aufteilung<br />
der Anpresskraft auf die beiden Schleifleisten. Mit diesen<br />
Messerg<strong>eb</strong>nissen wurde der Stromabnehmer 8WLO nach<br />
der TSI Energie zertifiziert und wird künftig bei den railjet-<br />
Tri<strong>eb</strong>fahrzeugen 1016 + 1116 der ÖBB Taurus Generation<br />
verwendet werden.<br />
Im Sittenbergtunnel ist ein Gleis auf der gesamten Länge<br />
von rund vier Kilometern mit der Deckenstromschiene<br />
ausgerüstet. Dabei wurden je zur Hälfte der Typ CR2 und<br />
CR3 verwendet. Bild 9 zeigt die Auswertung der Kontaktkraftmessungen<br />
am vorauslaufenden, Bild 10 am nachlaufenden<br />
Stromabnehmer im Hinblick auf die Anforderung<br />
der TSI Energie [11], wonach die Kontaktkräfte im Bereich<br />
des Mittelwertes der Messungen plus/minus drei Standardabweichungen<br />
liegen und größer Null sein müssen.<br />
Die Sensoren der Kraftmessung befinden sich wie üblich<br />
unterhalb der Schleifleisten. Die unter der Schleifleiste<br />
gemessene Kontaktkraft unterscheidet sich von der tatsächlich<br />
zwischen Schleifleiste und Fahrdraht auftretenden<br />
um die Wirkung der Massenträgheit der Schleifstücke.<br />
Dies wird teilweise kompensiert durch eine Messung der<br />
Beschleunigung der Schleifstücke und Einrechnung der<br />
damit berechneten Massenkräfte in die Kontaktkraft. Die<br />
Schleifstücke bewegen sich aber nicht nur linear auf- und<br />
abwärts, sie führen auch Drehbewegungen um die Längs<br />
und Querachse aus. Deren rechnerische Berücksichtigung<br />
ist schwierig. Es können sich daher sogar scheinbar negative<br />
Kontaktkräfte erg<strong>eb</strong>en, was physikalisch gar nicht<br />
möglich ist: das Schleifstück kann den Fahrdraht nicht<br />
nach unten ziehen. Diese nicht plausiblen Messpunkte<br />
sind in Bild 9 und 10 punktiert umrandet. Somit gelten die<br />
Anforderungen der TSI Energie als erfüllt.<br />
Mit dem Nachweis der TSI Zielkurve im Zusammenwirken<br />
eines TSI zertifizierten Stromabnehmers auf einer TSI zerti-<br />
402 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Österreich – Oberleitungen<br />
fizierten Stromschiene ist ein weiterer Schritt in<br />
die Zukunft der DSS getan. Die erläuterten Entwicklungsschritte<br />
und die aktuellen Messerg<strong>eb</strong>nissen<br />
erlauben den beteiligten Ingenieuren,<br />
für die Deckenstromschiene eine Zulassung für<br />
250 km/h zu beantragen und künftige Tunnelprojekte<br />
mit der Deckenstromschiene auszurüsten.<br />
Beim Projekt Koralmtunnel in Österreich<br />
wird diese Bauart angewendet, womit der mit<br />
40,3 m ² kleinere Tunnelquerschnitt auch deutlich<br />
geringere Investitionen nach sich zieht.<br />
Literatur<br />
[1] Lörtscher, M.; Furrer, B.; Wili, U.: Stromschienenoberleitungen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 92<br />
(1994), H. 9, S. 249–259.<br />
[2] Furrer, B.; Wili, U.: A Rigid Beam as an Alternative<br />
to Conventional Catenary. Beitrag zu:<br />
The Institution of Electrical Engineers International<br />
Conference on “Main Line Railway Electrification“.<br />
University of York: 25.-28. September<br />
1989.<br />
[3] Mansour, B.: Rigid Catenary Finds Favour Underground.<br />
In: International Railway Journal (2006),<br />
H. Sept., S. 89.<br />
[4] Furrer, B.; Wili, U.: Overhead conductor rails above<br />
underground tracks at Berlin Main Station. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 104 (2006), H. 6, S. 297–301.<br />
[5] Wili, U.: Stromschienenoberleitung für Geschwindigkeiten<br />
bis 160 km/h. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 87 (1989), H. 10, S. 310–315.<br />
[6] Furrer, B.: Stromschienenoberleitung im Berliner<br />
Nord-Süd-Fernbahntunnel. In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
101 (2003), H. 4-5, S. 191–194.<br />
[7] Cox, S. G.; Nünlist, F.; Marti, R.: Deckenstromschienen<br />
für Dreh- und Klappbrücken. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 99 (2001), H. 1-2, S. 90–93.<br />
[8] Keller, P.: Brücken hydraulisch aus dem Gefahrenbereich<br />
h<strong>eb</strong>en. In: Baublatt 17 (2006),<br />
H. F<strong>eb</strong>., S. 30–31.<br />
[9] Bissell, S.: Furrer and Frey’s swinging overhead<br />
line equipment. In: The Rail Engineer (2007),<br />
H. Nov., S. 87.<br />
[10] Syre, P.: Zulassung einer Stromschienenoberleitung<br />
durch das Eisenbahn-Bundesamt. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 94 (1996), H. 11, S. 325–327.<br />
[11] Entscheidung 2008/284/‘EG: Technische Spezifikation<br />
für die Interoperabilität des Teilsystems<br />
„Energie“ des transeuropä ischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems<br />
gemäß Artikel 6,<br />
Abs. 1 der Richtlinie 96/48/EG. In: Amtsblatt<br />
der Europäischen Gemeinschaften 20087, DE,<br />
S. L104/1-L10479.<br />
Ing. Franz Kurzweil (48), Elektrolehre bei den ÖBB und Elektroinstallateur,<br />
Abendstudium der Elektrotechnik an der Höheren<br />
Technischen Lehranstalt in Wien I, Schellinggasse. Ab 1978 Sachbearbeiter<br />
für Oberleitungsanlagen, Projektplanung und Instandhaltungsmanagement<br />
für Oberleitungsanlagen, ab 1994<br />
Systembearbeiter für Oberleitungsanlagen in der Reglementierung<br />
und seit 1998 Systemverantwortlicher für ÖBB-Oberleitungsanlagen.<br />
Ab 2007 verantwortlich für die Reglementierung<br />
von 50-Hz-Energietechnikanlagen, Wei chen heizungs anlagen<br />
und 16,7-Hz-Bahnstromanlagen sowie Fernwirk- und Leittechnik-Anlagen<br />
einschließlich Zulassung von Produkten und Systemen.<br />
Derzeit ÖBB INFRASTRUKTUR AG, Engineering Services –<br />
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Adresse: ÖBB INFRA AG, Engineering Services, Praterstern<br />
3-4, 1020 Wien, Österreich;<br />
Fon: +43 664-178612; Fax: +43 1 93000-25287;<br />
E-mail: franz.kurzweil@o<strong>eb</strong>b.at<br />
Dipl.-Ing. Beat Furrer (62), Dipl.-Bauingenieur ETHZ, Inhaber<br />
der Furrer+Frey AG. Nach dem Studium seit 37 Jahren ausschließlich<br />
mit der Entwicklung, der Planung und dem Bau von<br />
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Bahnstromversorgung<br />
<strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> <strong>Ankara</strong><br />
– Eskisehir – (Istanbul) – Oberleitung<br />
und Unterwerke<br />
Hasan Huseyin Güney, <strong>Ankara</strong>; Cantekin Isikoglu, Istanbul;<br />
Rainer Puschmann, Erlangen<br />
Die erste türkische <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong>, mit einer deutschen Oberleitungsbauart<br />
Re250 ausgerüstet, führt von <strong>Ankara</strong> nach Istanbul. Im Jahr 2009 begann auf dem ersten 245 km<br />
langen Teilabschnitt <strong>Ankara</strong> – Eskisehir der Betri<strong>eb</strong> mit 250 km/h Geschwindigkeit. Sorgfältige,<br />
sachkundige Planung und Errichtung der Oberleitung und Energieversorgung sowie Betri<strong>eb</strong><br />
und Instandhaltung dieser Strecke ergaben 99,98 % Verfügbarkeit.<br />
High-speed line <strong>Ankara</strong> – Eskisehir – (Istanbul) – overhead contact line and substations<br />
The first high-speed line in Turkey connects <strong>Ankara</strong> and Istanbul and has been equipped with<br />
the German overhead contact line type Re250. In 2009 commercial services started on the<br />
245 km long section <strong>Ankara</strong> – Eskisehir with 250 km/h. Professional planning and construction of<br />
contact line and power supply as well as operation and maintenance of this line resulted in an<br />
availability of 99,98 %.<br />
LGV <strong>Ankara</strong> – Eskisehir – (Istanbul) – caténaires et sous-stations<br />
La première ligne à grande vitesse de Turquie, équipée d’une caténaire de type allemand Re250,<br />
est en construction entre <strong>Ankara</strong> et Istanbul. Le premier tronçon de 245 km <strong>Ankara</strong> – Eskisehir<br />
a été ouvert à l’exploitation en 2009. Les trains y circulent à 250 km/h. Le haut niveau de soin et<br />
de compétence dont ont fait preuve les techniciens dans la conception et la pose de la caténaire,<br />
l’alimentation électrique ainsi que dans l’exploitation et la maintenance de cette ligne a permis<br />
d’atteindre un niveau de disponibilité de 99,98 %.<br />
1 Einführung<br />
Im Jahr 1856, mit Inbetri<strong>eb</strong>nahme der ersten 73 km langen<br />
Eisenbahnstrecke von Izmir nach Aydin, begann die<br />
Eisenbahnzeit im damaligen Osmanischen Reich. Diese<br />
Bahnstrecke entsprach den Handelsinteressen der Engländer,<br />
die Izmir als Ausgangspunkt für den Handel mit<br />
Rohstoffen und Waren wählten und im Jahr 1866 auf<br />
einer weiteren, 93 km langen Stichstrecke von Izmir ins<br />
nördliche Turgutlu den Betri<strong>eb</strong> eröffneten. Später entstanden<br />
weitere Stichstrecken vom Marmarameer nach<br />
Bursa sowie von Mersin, die später bis an die Stichstrecken<br />
von Izmir führten.<br />
Ausländische Interessen, die den Bau dieser Stichstrecken<br />
von den Küsten ins Hinterland vorantri<strong>eb</strong>en, sollten<br />
den Export von Rohstoffen und den Import von Waren<br />
erleichtern. Osmanische Interessen zur Planung eines eigenen<br />
Eisenbahnnetzes fanden dabei keine Berücksichtigung.<br />
Erst 1870 versuchte Kalif Sultan Abdülhamid II.,<br />
europäische Errungenschaften zu integrieren, um das<br />
Reich zu modernisieren. Abdülhamid II. beschleunigte<br />
den Bau der Anatolischen Eisenbahn (CFOA), um Mesopotamien<br />
und Bagdad mit Anatolien zu verbinden<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
und den Persischen Golf zu erreichen. 1872 erhielt der<br />
deutsche Ingenieur Wilhelm Pressel den Auftrag, ein<br />
Eisenbahnnetz für das Osmanische Reich zu planen.<br />
Sein Vorschlag enthielt den Bau der Bagdadbahn, einer<br />
Eisenbahnverbindung zwischen Istanbul, der damaligen<br />
Hauptstadt des Osmanischen Reichs, und Bagdad mit<br />
der Verlängerung nach Basra am Persischen Golf. Auf<br />
dem ersten Abschnitt dieser Strecke, Istanbul – <strong>Ankara</strong>,<br />
nahm 1892 die CFOA den Betri<strong>eb</strong> auf und 1896 folgte<br />
der Abschnitt Eskisehir – Konya. 1903 ging ab Konya der<br />
Bau der Eisenbahnstrecke nach Bagdad mit deutscher<br />
Finanzierung unter Führung von Georg von Siemens,<br />
dem Mitgründer der Deutschen Bank, weiter (Bild 1).<br />
Der Erste Weltkrieg verzögerte die Bauarbeiten und<br />
nach der Teilung des Osmanischen Reiches führte nun<br />
die Bagdadbahn durch die Türkei und die damals neuen<br />
Staaten Syrien und Irak. Bis zur neuen Staatsgrenze Türkei/Syrien<br />
in Nusaybin/Qamischli war die Strecke bereits<br />
1918 fertig. Aber erst 1940 ließen sich die letzten Lücken<br />
in Syrien und im Irak schließen und den durchgängigen<br />
Betri<strong>eb</strong> zwischen Istanbul und Bagdad aufnehmen. Die<br />
Gründung der Türkischen Republik im Jahr 1923 und die<br />
Gründung der Türkischen Staatsbahn, Türkiye Cumhuriy-<br />
405
Bahnstromversorgung<br />
eti Devlet Demiryolları (TCDD), am 23. Mai 1927, führten<br />
zum Ausbau der Strecken<br />
• <strong>Ankara</strong> – Kayseri – Sivas – Kars – Gyumri an die türkisch/<br />
armenische Grenze,<br />
• Istanbul – Edirne – Kapıkule – Swilengrad an die türkisch/bulgarische<br />
Grenze und<br />
• Maltaya – Elazı – Tatvan – Van – Kapiköj an die türkisch/iranische<br />
Grenze.<br />
Bild 1: Streckenverlauf der Bagdad-Bahn im Jahr 1912.<br />
schraffierte Fläche Osmanisches Reich im Jahr 1912<br />
schwarz<br />
Strecke ist in Betri<strong>eb</strong><br />
schwarz gestrichelt Strecke ist im Bau<br />
Weiterhin entstanden Zweiglinien zu den Lagerstätten<br />
bedeutender Rohstoffvorkommen wie die in Fevzipaa<br />
von der Bagdadbahn abzweigenden Neubaustrecke über<br />
Malatya nach Elazi und Diyarbakir an die Ölfelder bei<br />
Kurtalan und den Kupfervorkommen bei Ergani.<br />
Durch die Verknüpfung vorhandener Strecken entstand<br />
nun ein sinnvolles Eisenbahnnetz. Nach 1945 hinkten<br />
die Erhaltung und Streckenerweitung der Eisenbahn<br />
dem Straßenbau hinterher. Es entstand eine Phase der<br />
Stagnation, die teilweise zum Verfall einzelner Strecken<br />
führte. So umfasste das Eisenbahnnetz der TCDD im Jahr<br />
2001 nur 10 984 km mit ca. 20 % Anteil elektrifizierter<br />
Strecken (Bild 2). Ein wirtschaftlicher Betri<strong>eb</strong> der elektrifizierten<br />
Strecken war nicht möglich, da es für die voneinander<br />
getrennten Teilstrecken von der bulgarischen Grenze<br />
bis Istanbul-Sirkeci, Istanbul-Haydarpaa – <strong>Ankara</strong>, die<br />
Strecken um Izmir und die Strecke skenderun – Malatya<br />
– Divrii keine elektrifizierten Verbindungsstrecken gab.<br />
Bild 2: Elektrifizierte Strecken der TCDD<br />
im Jahr 2003.<br />
blau elektrifizierte Strecken mit 25 kV<br />
50 Hz<br />
rot nicht elektrifizierte Strecken<br />
Bild 3: Verlauf der <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
<strong>Ankara</strong> – Eskiehir – Istanbul.<br />
blauer Kreis die Größe des blauen<br />
Kreises stellt die Einwohneranzahl<br />
der Stadt dar<br />
grün<br />
Strecke ist in Betri<strong>eb</strong><br />
gelb<br />
Strecke ist im Bau<br />
gelb gestrichelt Strecke ist unter Vertrag<br />
weiß<br />
Streckenplanung ist<br />
abgeschlossen<br />
weiß gestrichelt Streckenplanung wird<br />
begonnen<br />
406 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Bahnstromversorgung<br />
Erst mit der Entscheidung der Regierung im Jahr 2001<br />
zum beschleunigten Ausbau des Eisenbahnnetzes war<br />
die Grundlage zur Netzerweiterung und zum Bau einer<br />
<strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> von <strong>Ankara</strong> nach Istanbul<br />
geg<strong>eb</strong>en. Am 13. März 2009 leitete die Inbetri<strong>eb</strong>nahme<br />
dieser Strecke eine Ära des Hochgeschwindigkeitsverkehrs<br />
in der Türkei ein. Der 245 km lange Abschnitt <strong>Ankara</strong><br />
– Eskiehir ist der erste Abschnitt der insgesamt 533 km<br />
langen <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> von <strong>Ankara</strong> nach<br />
Istanbul (Bild 3).<br />
2 Streckenführung<br />
Die türkische <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> verbindet die<br />
mit 11 Mio. beziehungsweise 4 Mio. Einwohnern bevölkerungsreichsten<br />
Städte der Türkei, Istanbul und <strong>Ankara</strong><br />
(Bild 3). In <strong>Ankara</strong> beginnt am modernisierten<br />
Hauptbahnhof die 39 km lange Anschlussstrecke, die sich<br />
mit 120 km/h Betri<strong>eb</strong>sgeschwindigkeit bis Sincan und<br />
250 km/h bis Esenkent befahren lässt. Von Esenkent führt<br />
der 206 km lange und neue Hochgeschwindigkeitsabschnitt<br />
in die Universitätsstadt Eskisehir. Die Streckentrassierung<br />
berücksichtigt 250 km/h Betri<strong>eb</strong>sgeschwindigkeit<br />
mit 3700 m minimalen Radien bei maximal 130 mm Überhöhung.<br />
Die zweigleisige 1435-mm-Normalspurstrecke<br />
mit 4,5 m Gleisabstand besteht aus einem Schotteroberbau<br />
(Bild 4), der 22,5 t Achslast zulässt. Die größte Längsneigung<br />
der Strecke beträgt 16 ‰. Das Lichtraumprofil<br />
GC entspricht der EN 15273 [1].<br />
Die UIC60-Schienen, endlos verschweißt, liegen auf<br />
vorgespannten B70-Betonschwellen.<br />
Von Esenkent aus verläuft der Hochgeschwindigkeitsabschnitt<br />
über vier Eisenbahntalbrücken mit 3 926 m Gesamtlänge,<br />
wobei die Sakarya-Brücke mit 2 233 m die<br />
längste ist (Bild 5). Es folgen 26 Straßenüberführungen,<br />
13 Flussbrücken, 30 Straßenunterführungen, 7 Eisenbahnüberführungen<br />
und ein 471 m langer Tunnel. Bild 6 zeigt<br />
den Querschnitt dieses Tunnels.<br />
Bild 4: Querschnitt der offenen Strecke mit Oberleitungsmasten und<br />
Auslegern; Maßangaben in mm.<br />
Die <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> endet vorerst 19 km<br />
vor Eskisehir. Von dort fü hrt eine Anschlussstrecke zum<br />
Hauptbahnhof Eskisehir. Im Jahr 2013 soll diese Anschlussstrecke<br />
durch einen 3,4 km langen Tunnel unter der Stadt<br />
hindurch zum unterirdischen Bahnhof in Eskisehir führen<br />
und von dort weiter als <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
nach Istanbul.<br />
3 Anforderung an die<br />
Bahnelektrifizierung<br />
3.1 Klima<br />
Die relative Luftfeuchte kann bis zu 90 % erreichen. Die<br />
Lufttemperatur schwankt wegen der kontinentalen Lage<br />
der Strecke zwischen –10 °C nachts bis +40 °C tagsüber<br />
bei rund 300 Sonnentagen im Jahr. Bis zu 30 m/s Windgeschwindigkeit<br />
soll der Betri<strong>eb</strong> möglich sein. Die Anlagen<br />
müssen Erdb<strong>eb</strong>en standhalten. Der<br />
Grundwasserpegel erfordert keine<br />
besonderen Vorgaben.<br />
Die Anlagen der Bahnelektrifizierung<br />
sollen den Vorgaben der TSI<br />
ENE HS [2] und den Europäischen<br />
Normen entsprechen.<br />
3.2 Betri<strong>eb</strong><br />
Bild 5: Sakarya-Brücke.<br />
Die Bahnelektrifizierung hat für die<br />
Stromart AC 25 kV 50 Hz mit einer<br />
10-min-Zugfolge die Energie bereit<br />
zu stellen. Jeder Zug soll eine Dauerleistung<br />
bis 4 800 kW entnehmen<br />
können. Die maximale Betri<strong>eb</strong>sgeschwindigkeit<br />
soll 250 km/h betragen.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
407
Bahnstromversorgung<br />
Bild 6: Tunnelquerschnitt<br />
mit Hängesäulen und<br />
Auslegern; Maßangaben<br />
in m.<br />
3.3 Technische Anforderungen<br />
Es waren folgende Vorgaben einzuhalten:<br />
• Stromart<br />
– AC 25 kV 50 Hz<br />
• Geometrie der Oberleitung<br />
– Fahrdrahtnennhöhe 5300 mm,<br />
– Fahrdrahtgrenzlage ≤ 400 mm in der Geraden und im<br />
Bogen nach EN 50367,<br />
– Systemhöhe auf der offenen Strecke 1,6 m und im<br />
Tunnel 1,2 m,<br />
• Sicherheit, Erdung und Potentialausgleich nach<br />
EN 50122-1 [3]<br />
• Stromabnehmertyp<br />
– Euro-Stromabnehmer mit 1600 mm Breite,<br />
• Übertragbarer Strom des Stromabnehmers<br />
– 420 A<br />
• Güte der Stromabnahme<br />
– mittlere Kontaktkraft F m<br />
nach TSI ENE HS [2]<br />
– Standardabweichung bei 250 km/h nach [2]<br />
• Raum für den Anhub des Seitenhalters<br />
– 200 mm<br />
• Instandhaltung nach [2]<br />
Die Anforderungen in [2] nach<br />
• Sicherheit,<br />
• Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit,<br />
• Gesundheit,<br />
• Umweltschutz,<br />
• technischer Verträglichkeit,<br />
und auch die Anforderungen an die Schnittstellen zu den<br />
Teilsystemen Infrastruktur, Zugsteuerung/Zugsicherung<br />
und Fahrzeugtechnik waren zu erfüllen.<br />
4 Planung<br />
Die türkische Regierung stimmte 2001 den Plänen zum<br />
Ausbau der vorhandenen Strecke zwischen Istanbul und<br />
<strong>Ankara</strong> zu. Ein weiterer Beschluss der Regierung sah<br />
die Errichtung einer Neubaustrecke unabhängig von der<br />
vorhandenen Strecke vor. Es waren Investitionen von<br />
umgerechnet 21,5 Mrd. EUR vorgesehen. Die Planung der<br />
Oberleitung begann am 10. Dezember 2003 gleichzeitig<br />
in den Abschnitten Eskisehir – Biçer und Biçer – Esenkent<br />
durch Guinovar Electrificaciones y Montajes S.A., einem<br />
spanischen Unternehmen. Für diese Abschnitte war die<br />
Erweiterung und der Neubau der Unterwerke zu planen.<br />
Die Oberleitungsanlage wurde mit der interoperablen<br />
Bauart Re250, die sich auf der Hochgeschwindigkeitstrecke<br />
Madrid – Sevilla bestens bewährt hatte, mit einigen Änderungen<br />
geplant. Die vorgenommen Modifikationen führten<br />
zur Bezeichnung Re250TR. Die Unterwerke in Alpu, Sazak,<br />
Beylikköprü und Malıköy speisten bisher die Oberleitung<br />
der bestehenden Strecke aus dem nationalen 3 AC 154-kV-<br />
Netz. Diese Unterwerke waren auf 2 x 25 MVA Leistung zu<br />
erweitern, um die Leistungsbereitstellung für die <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
sicherzustellen. Das Unterwerk in<br />
Nenek in der Nähe von <strong>Ankara</strong> war neu zu planen.<br />
408 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
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Bahnstromversorgung<br />
Bild 8: Querschnitt und Anordnung des Mastfundaments; Maßangaben<br />
in mm.<br />
Bild 7: Übersichtsschaltplan des Unterwerks in Nenek.<br />
Bild 9: Spannbetonmast mit Beton-Mörtelmanschette.<br />
5 Errichtung<br />
5.1 Unterwerke<br />
Die Unterwerke, zwischen 2004 und 2007 erweitert oder<br />
neu errichtet, speisten rechtzeitig zum Beginn des Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong>s.<br />
Bild 7 zeigt einen Übersichtsschaltplan für das<br />
neue Unterwerk in Nenek.<br />
5.2 Oberleitung der offenen Strecke<br />
Die Errichtung der Oberleitungsanlage begann gleichzeitig<br />
in den Abschnitten Eskisehir – Biçer durch die<br />
Siemens A.S. Türkei und Biçer – Esenkent durch Guinovar<br />
Electrificaciones y Montajes S.A. mit der Herstellung der<br />
Ortbetonfundamente (Bild 8). Die kreisrunden Öffnungen<br />
der Fundamente nahmen die Spannbetonmasten<br />
auf. Den Spalt zwischen Fundament und Mast verschloss<br />
eine Beton-Mörtelmanschette (Bild 9). Die Anzahl der<br />
Masttypen beschränkte sich auf 8. Bild 10 stellt die<br />
Masttypen 1 bis 6 nach ihrer Funktion dar. Bei Jochen<br />
mit Querspannweiten bis 25 m findet der Masttyp 7<br />
Anwendung, bei Jochen mit <strong>Bahnen</strong>ergieleitungen der<br />
Masttyp 8.<br />
Die 3,00 m langen Ausleger, mit Winkelprofilen und<br />
Spannband am Betonmast befestigt, bestehen aus aluminiumlegierten<br />
Rohren ohne Diagonalrohr (Bild 11). Nur<br />
der Ausleger, der das zur Verankerung führende Kettenwerk<br />
trägt, ist mit einem Diagonalrohr ausgerüstet.<br />
Bild 10: Masttypen<br />
und ihre Funktion.<br />
410 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Bahnstromversorgung<br />
In mehrgleisigen Streckenabschnitten tragen Joche die<br />
Ausleger und Oberleitungen (Bild 12). Die Nachspannvorrichtungen<br />
übersetzen die Gewichtskraft in die Zugspannung<br />
im Fahrdraht und Tragseil im Verhältnis 1:3. Bild 13<br />
enthält wichtige Parameter der Oberleitung.<br />
Die Weichen sind tangential überspannt. Bei der Fahrt<br />
im durchgehenden Hauptgleis berühren Stromabnehmer<br />
im Weichenbereich nicht den Fahrdraht des abzweigenden<br />
Gleises. Bild 14 zeigt den verwendeten Euro-Stromabnehmer<br />
und die Lage des Fahrdrahts bei 180 mm Anhub<br />
des Stromabnehmers in Feldmitte und bei 200 mm<br />
maximaler Seitenverschi<strong>eb</strong>ung des Stromabnehmers in<br />
der Geraden. Diese Vorgaben erfüllen die Anforderungen<br />
• keine Klemmen und Stützpunkte im klemmenfreien<br />
Raum,<br />
• keine Berührung des Fahrdrahts im Zweiggleis bei<br />
Fahrten im Hauptgleis,<br />
• gute Auflaufeigenschaften des Fahrdrahts bei Fahrten<br />
vom Zweiggleis ins Hauptgleis,<br />
• nur ein Fahrdraht am Stützpunkt im Kontakt mit dem<br />
Stromabnehmer,<br />
• Einhaltung der Fahrdrahtgrenzlage auch bei Windeinwirkung,<br />
und zeigen geringere Ungleichförmigkeiten der Elastizität<br />
als bei einer kreuzend bespannten Weiche. Die Bespannung<br />
der verwendeten Weiche UIC60-1500-1:23,8 zeigt Bild 15 [4].<br />
Nach 940 m Strecke folgen jeweils Überlappungen,<br />
deren Kettenwerke bei nichtisolierten Überlappungen<br />
200 mm Abstand und 450 mm bei isolierenden Überlappungen<br />
haben. Die neutralen Zonen trennen die Unterwerksspeiseabschnitte<br />
und haben 490 m wirksame Länge.<br />
Zwischen den Kettenwerken in den die neutrale Zone<br />
begrenzenden fünffeldrigen isolierten Überlappungen ist<br />
550 mm Abstand vorhanden. Die elektrischen Signale,<br />
die die Annäherung an die neutrale Zone signalisieren,<br />
fordern den Tri<strong>eb</strong>fahrzeugführer auf, den Hauptschalter<br />
des Tri<strong>eb</strong>fahrzeugs auszuschalten, vorhandene Balisen bewirken<br />
das selbsttätige Ausschalten des Hauptschalters.<br />
Ursprünglich war das elektrische Signal Hauptschalter<br />
AUS, in Fahrtrichtung gesehen, am ersten Mast mit Doppelausleger<br />
befestigt. Nach einigen<br />
Oberleitungsstörungen beträgt der<br />
Abstand zwischen dem elektrischen<br />
Signal und dem ersten Mast mit Doppelausleger<br />
jetzt 150 m. Ein Vergleich<br />
dieser Abstände bei europäischen Eisenbahninfrastrukturunternehmen<br />
zeigt für<br />
• Deutschland 87 m für 250 km/h,<br />
• Niederlande 139 m für 300 km/h,<br />
• Frankreich 42 m für 300 km/h und<br />
• Spanien 80 m für 250 km/h.<br />
Tabelle 1: Merkmale der Oberleitungsbauart Re250TR.<br />
Re250TR<br />
Fahrdraht<br />
CuAg AC-120<br />
Zugkraft in kN 15<br />
Tragseil Bz II 70<br />
Zugkraft in kN 15<br />
Y-Beiseil Bz II 35<br />
Zugkraft in kN 2,8<br />
Länge in m 18<br />
Längsspannweite in m 65<br />
Systemhöhe offene Strecke in m 1,60<br />
Systemhöhe im Tunnel in m 1,20<br />
Seitenlage in der Geraden in m ± 0,20<br />
Fahrdrahthöhe in m 5,30<br />
Maximale halbe Nachspannlänge in m 615<br />
Nicht isolierte Überlappung<br />
Fünf Felder<br />
Feldlängen in m 65 + 60 + 50 + 60 + 65<br />
Isolierte Überlappung<br />
Fünf Felder<br />
Feldlängen in m 65 + 60 + 50 + 60 + 65<br />
Anbauteile am Ausleger<br />
S235/S355<br />
Auslegerrohre<br />
Aluminiumlegierung F31<br />
Joche<br />
S235/S355<br />
Masten<br />
Schleuderbetonmasten<br />
Fundamente<br />
Blockfundamente<br />
Bild 11: Aluminium – Ausleger ohne Diagonalrohr.<br />
An beiden Seiten der Strecke<br />
führen die Masten jeweils ein Rückleitungsseil<br />
147-AL1/34-St1A nach<br />
EN 50182:2001. In 600 m Abstand verbinden<br />
im Gleisplanum verlegte Stahldrähte<br />
mit 10 mm Durchmesser die<br />
Bild 12: Joch.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
411
Bahnstromversorgung<br />
Rückleiterseile auf beiden Seiten der<br />
Strecke miteinander. An dieser Stelle<br />
führen Cu-Kabel mit 50 mm 2 Querschnitt<br />
von den leitenden Teilen des<br />
Oberleitungsmastes zu den Schienen.<br />
An den Festpunkten befinden sich<br />
Erdungssonden zur Verbesserung des<br />
Erdübergangswiderstands. Tabelle 1<br />
gibt eine Übersicht weiterer Parameter<br />
der Oberleitungsbauart Re250TR.<br />
Bild 13: Schematische Darstellung der Oberleitung Re250TR.<br />
6 Abnahme und<br />
Inbetri<strong>eb</strong>nahme<br />
6.1 Ziele<br />
Bild 14: Wippenprofil des Euro-Stromabnehmers WBL 85 und Fahrdrahtlage; Maßangaben in mm.<br />
Die Abnahme von Oberleitung und<br />
Unterwerken begann mit einer Siemens-internen<br />
Prüfung. Es folgten<br />
eine Sicherheitsprüfung des Teilsystems<br />
Energie durch den TÜV Rail<br />
Süd aus Deutschland und zeitgleich<br />
die Abnahme durch die TCDD. Da<br />
es gegenwärtig in der Türkei keine<br />
Eisenbahnaufsicht gibt, vergleichbar<br />
mit dem Eisenbahn-Bundesamt in<br />
Deutschland, hat diese Aufgabe der<br />
TÜV Rail Süd übernommen. Die Abnahme<br />
zielte auf die ganzheitliche<br />
Betrachtung der technisch-funktionalen<br />
Anforderungen und deren Realisierung<br />
als auch auf die Erfüllung<br />
der sicherheitstechnischen Vorgaben<br />
zum Beispiel nach EN 50122. Die<br />
Prüfung der Interoperabilität nach<br />
[2] war Bestandteil jeder Abnahmestufe.<br />
6.2 Ablauf der<br />
Oberleitungsabnahme<br />
Die Abnahmeprüfung der Oberleitungen<br />
der offenen Strecke und im<br />
Tunnel unterteilte sich in<br />
• Begehung der bodennahen Anlagenteile,<br />
• Befahrung der bodenfernen Anlagenteile,<br />
• Fahrdrahtlagemessung,<br />
• Kontaktkraftmessung und<br />
• Überwachung der Mängelbeseitigung.<br />
Bild 15: Tangentiale Anordnung der Oberleitung für die Weiche UIC60-1500-1:23,8;<br />
Maßangaben in m; Angaben in den Klammern beziehen sich auf die Fahrdrahthöhe.<br />
blau Fahrdraht im Zweiggleis rot Fahrdraht im Hauptgleis<br />
412 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Bahnstromversorgung<br />
Fahrdrahtlage-Messauswertung-Software (FMA) [5] und<br />
die folgende Korrektur führten zu einer Fah rdrahtlage,<br />
die den Anforderungen der <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
entsprach.<br />
6.6 Kontaktkraftmessung<br />
Bild 16: Gleis-Trolley mit Wizard zur Ultraschall-Messung der<br />
Fahrdrahtlage.<br />
Nach vollständiger Mängelbeseitigung galt die Anlage<br />
als abgenommen und der Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong> konnte beginnen.<br />
6.3 Begehung der Oberleitungsanlage<br />
Die Begehung der Anlage umfasst die Prüfung der Fundamente,<br />
der Masten, der unteren Teile der Nachspannvorrichtungen<br />
und der Erdungsverbindungen einschließlich<br />
der Erdungssonden an den Festpunkten.<br />
Die Kontaktkraftmessung soll nach EN 50317 den Nachweis<br />
für die Einhaltung der Vorgaben an das Zusammenwirken<br />
von Stromabnehmer und Oberleitung liefern. Das<br />
ist die Einhaltung der<br />
• mittleren Kontaktkraft,<br />
• Standardabweichung und<br />
• Kontaktkraftmaxima sowie -minima<br />
bei höchster Betri<strong>eb</strong>sgeschwindigkeit.<br />
Mit dem ersten Hochgeschwindigkeitstri<strong>eb</strong>zug HT65001<br />
von Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles (CAF) aus<br />
Spanien und der Kontaktkraftmessanlage von Schunk,<br />
einem schwedischen Stromabnehmer-Hersteller, begannen<br />
die Kontaktkraftmessungen [6], die den Nachweis des<br />
mit [2] konformen Zusammenwirkens von Oberleitung<br />
und Stromabnehmer erbringen sollten. Diese Messungen<br />
führten auch zur Zulassung des Stromabnehmers WBL<br />
85 von Schunk [7]. Die mittlere Kontaktkraft betrug bei<br />
diesen Messungen bei 250 km/h 122 N und lag damit innerhalb<br />
der Toleranz. Die maximale Standardabweichung<br />
s max<br />
betrug 33 N und entsprach der Vorgabe aus [2] mit<br />
s max<br />
< 0,3 · F m<br />
= 36,6 N. Bild 17 zeigt die mittlere, maximale<br />
und minimale Kontaktkraft in Abhängigkeit zur Messgeschwindigkeit.<br />
Die Ursachen auftretender Unterschreitungen<br />
der zulässigen Kontaktkraftminima ließen sich mit<br />
Hilfe der Fahrdrahtlagemessung ermitteln und beseitigen.<br />
6.4 Befahrung der Oberleitungsanlage<br />
Die Befahrung der Oberleitungsanlage mit dem Inspektionsfahrzeug<br />
beinhaltete die Prüfung der oberen<br />
Teile der Masten, der Ausleger, der Oberleitung,<br />
der Festpunkte, der Trenner, der Überlappungen,<br />
der oberen Teile der Nachspannvorrichtung, der<br />
Kabelendverschlüsse und der Schalter.<br />
6.5 Fahrdrahtlagemessung<br />
Entsprechend der EN 50119 soll die Fahrdrahtlagemessung<br />
die Einhaltung der vorgeg<strong>eb</strong>enen<br />
Geometrie bestätigen. Diese Messung war auch<br />
für den Errichter ein Nachweis seiner anforderungsgerechten<br />
Installation. In beiden Abschnitten<br />
nutzten Siemens Mobility und Guinovar für<br />
die Fahrdrahtlagemessung die Ultraschallmessung<br />
mit dem OHVWizard [5]. Mit vergleichweise<br />
geringem Aufwan d und flexibler Messfolge<br />
entsprechend den fertig gestellten Abschnitten<br />
wurde der OHVWizard auf ein Trolley-Fahrzeug<br />
im Siemens-Abschnitt (Bild 16) und auf ein Schienenfahrzeug<br />
der TCDD im Guinovar-Abschnitt<br />
montiert und die Fahrdrahtlagemessung durchgeführt.<br />
Die Auswertung der Lagefehler mit der<br />
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Bild 17: Kontaktkraftmessungen.<br />
blau mittlere Kontaktkraft<br />
grün Maxima der Kontaktkraft<br />
rot Minima der Kontaktkraft<br />
Überschreitungen der Kontaktkraftgrenze 350 N traten<br />
nicht auf.<br />
Der beschri<strong>eb</strong>ene Abnahmeablauf hat sich nicht nur in<br />
Deutschland, sondern auch bei anderen internationalen<br />
Projekten bewährt – so auch auf dieser türkischen <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong>.<br />
6.7 Ablauf der Abnahmen in den<br />
Unterwerken<br />
Die Abnahme der Unterwerke bestand aus der Sichtprüfung<br />
und der Funktionsprüfung. Die Sichtprüfung<br />
umfasste die korrekte Installation der Anlagenteile und<br />
die Prüfung von Messprotokollen. Die vollständige und<br />
strukturelle Prüfung der Unterwerksfunktion unterstützte<br />
eine Prüfmatrix. Diese enthielt die Funktionen, die<br />
nach den schrittweise durchgeführten Prüfungen die<br />
fehlerfreie Arbeitsweise der Anlagen bestätigten.<br />
Die Prüfmatrix hilft auch bei der Instandhaltung, sämtliche<br />
Funktionen in zeitlich festen Abständen zu prüfen.<br />
Die Prüfung der Vollständigkeit der für die Instandhaltung<br />
notwendigen Revisionsdokumente schloss die Abnahme<br />
der Unterwerke ab.<br />
6.8 Aufnahme des Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong>s<br />
Nach der Beh<strong>eb</strong>ung der sicherheitsrelevanten Mängel<br />
begann am 23.04.2007 der Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong> mit dem ersten<br />
Hochgeschwindigkeitstri<strong>eb</strong>zug HT65001 in einem Teilabschnitt<br />
der <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong>. Während des<br />
Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong>s wurden die Teilsysteme und deren sicheres<br />
zuverlässiges Zusammenwirken geprüft. Die betri<strong>eb</strong>liche<br />
und die elektrische Leitstelle, beide in <strong>Ankara</strong> im N<strong>eb</strong>eng<strong>eb</strong>äude<br />
des Hauptbahnhofs unterg<strong>eb</strong>racht, steuerten<br />
den Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong>. Die Infrastruktur mit der Gleisanlage,<br />
der Signalanlage, der Fahrgastinformationsanlage, der<br />
Telekommunikationsanlage als auch der Energieversorgung<br />
arbeiteten dabei reibungslos. Der Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong><br />
endete nach drei Monaten am 23.07.2007.<br />
7 Fahrzeuge<br />
Der 2007 von CAF gelieferte sechsteilige Tri<strong>eb</strong>zug HT65000<br />
verkehrt zwischen <strong>Ankara</strong> und Eskisehir. Er kann bis zu<br />
419 Fahrgäste befördern. Die erste Klasse verfügt über<br />
die Sitzkonfiguration 2 plus 2, in der Businessklasse sind in<br />
Tabelle 2: Instandhaltungsinhalte mit Perioden für die Oberleitung.<br />
Art der Inhalt Abschaltung Priorität der Oberleitung<br />
Instandhaltung<br />
Priorität 1 Priorität 2<br />
I 1<br />
Inspektion der bodennahen<br />
Anlagenteile als Begehung<br />
Nein 6 Monate 12 Monate<br />
I 2 Inspektion der bodenfernen Anlagenteile als Befahrung Ja 6 Monate 12 Monate<br />
I 3 Fahrdrahtlagemessung Nein 3 Monate 12 Monate<br />
I 4 Kontaktkraftmessung Nein 3 Monate 12 Monate<br />
W Wartung der Oberleitungsschalter durch Befahrung und Begehung Nein<br />
50 Schaltungen oder<br />
5 Kurzschlüsse<br />
50 Schaltungen oder<br />
5 Kurzschlüsse<br />
R 1 Begehung Nein bei Bedarf bei Bedarf<br />
R 2 Befahrung Ja bei Bedarf bei Bedarf<br />
V Begehung oder Befahrung Ja/Nein nach Auftrag nach Auftrag<br />
414 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Bahnstromversorgung<br />
einer Reihe drei Sitze (2 plus 1) angeordnet. Die Züge sind<br />
vollklimatisiert, besitzen Fahrgastinformationsanlagen<br />
sowie einen in den Vordersitz integrierten Touchscreen<br />
für das Unterhaltungsprogramm. Außerdem steht den<br />
Reisenden ein Bordbistro zur Verfügung. Das Interieur<br />
ist modern und funktionell eingerichtet. Die Einstiege<br />
befinden sich in Wagenmitte. Die Züge mit 4800 kW Dauerleistung<br />
erreichen 250 km/h Höchstgeschwindigkeit und<br />
sind für AC 25 kV 50 Hz ausgelegt. Der Strom wird dem<br />
Tri<strong>eb</strong>zug über den interoperablen Einholm-Dachstromabnehmer<br />
vom Typ Schunk WBL 85 zugeführt. Der Zug ist<br />
158,9 m lang. Der Abstand der Stromabnehmer beträgt<br />
112 m, wobei nur der hintere Stromabnehmer in Fahrtrichtung<br />
gesehen die Traktionsenergie überträgt.<br />
8 Betri<strong>eb</strong><br />
Am 29.01.2009 nahmen zehn sechsteilige Tri<strong>eb</strong>züge vom<br />
Typ HT65000 täglich in der Zeit von 6:45 Uhr bis 23:30 Uhr<br />
den Betri<strong>eb</strong> zwischen <strong>Ankara</strong> und Eskisehir auf. Zwei weitere<br />
Tri<strong>eb</strong>züge verbli<strong>eb</strong>en als Betri<strong>eb</strong>s- und Instandhaltungsreserve<br />
im Depot in <strong>Ankara</strong>.<br />
Es lassen sich täglich bis zu 42 700 Passagiere bei<br />
10-min-Zugfolge auf der 65 min dauernden Fahrt zwischen<br />
<strong>Ankara</strong> und Eskisehir je Richtung befördern.<br />
Gegenwärtig verkehrt je Richtung und Stunde ein Zug.<br />
Das monatliche Fahrgastaufkommen betrug im ersten<br />
Betri<strong>eb</strong>smonat März 2009 63 000 Fahrgäste und stieg auf<br />
202 120 Fahrgäste im Mai 2011.<br />
Im ersten Betri<strong>eb</strong>sjahr beförderte die TCDD auf<br />
der <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> <strong>Ankara</strong> – Eskisehir<br />
1,035 Mio., im zweiten Betri<strong>eb</strong>sjahr bereits 1,818 Mio.<br />
Fahrgäste.<br />
Nach der Verlängerung der <strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong><br />
bis Istanbul bis 2013 erwartet die TCDD eine deutliche<br />
Zunahme der Fahrgastzahlen. Mit dem Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />
wird eine Steigerung des Marktanteils der<br />
Eisenbahn für den Personentransport von gegenwärtig<br />
10 % auf künftig 78 % prognostiziert.<br />
Der Betreiber TCDD ist für den Betri<strong>eb</strong> der Tri<strong>eb</strong>züge,<br />
CAF für die Instandhaltung der Fahrzeuge und Siemens<br />
Mobility für die Instandhaltung der Oberleitung sowie<br />
der Unterwerke zuständig. Die Erfahrungen aus dem<br />
Prob<strong>eb</strong>etri<strong>eb</strong> und den ersten zwei Betri<strong>eb</strong>sjahren zeigen<br />
eine hohe Qualität der Planung, Errichtung und Instandhaltung<br />
der <strong>Bahnen</strong>ergieversorgung.<br />
9 Instandhaltung<br />
9.1 Ziel<br />
Die Instandhaltung sorgt für die Erhaltung des funktionsfähigen<br />
Zustands oder dessen Wiederherstellung nach<br />
Störungen, damit eine hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit<br />
gewährleistet werden kann.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
9.2 Vorgaben<br />
Die DIN 31051 [8] strukturiert die Instandhaltung in vier<br />
Grundmaßnahmen: Wartung, Inspektion, Instandsetzung<br />
und Verbesserung. Daher ist es im Rahmen der Instandhaltung<br />
notwendig, den Ist-Zustand der Anlage in festgelegten<br />
Zeitabständen zu prüfen, um unzulässige Abweichungen gegenüber<br />
dem Soll-Zustand zu erkennen. Wenn Abweichungen<br />
die Verfügbarkeit unmittelbar beeinträchtigen, sind sie<br />
sofort zu beh<strong>eb</strong>en, wie gerissene Hänger, oder andernfalls<br />
mittelfristig einzuplanen, wie ein abgefahrener Fahrdraht.<br />
Die vorbeugende Instandhaltung mit festen Inspektionsintervallen<br />
und Instandsetzungen in Abhängigkeit vom Inspektionserg<strong>eb</strong>nis<br />
ist am effektivsten. Der Zeitplan für die<br />
Oberleitungsinspektionen der Oberleitung berücksichtigt die<br />
Anzahl der Stromabnehmerdurchgänge pro Tag, die Betri<strong>eb</strong>sgeschwindigkeit,<br />
die geforderte Verfügbarkeit der Strecke,<br />
die Oberleitungsbauart und den Zustand der Anlage. Aus der<br />
Tabelle 2 ist der Zeitplan für die Inspektionen der Oberleitung<br />
zu entnehmen. Dieser berücksichtigt die Betri<strong>eb</strong>sbelastung,<br />
Kurzschlusshäufigkeit und klimatische Einflüsse.<br />
9.3 Instandhaltungskonzept<br />
Für die Durchführung von Inspektionen liefert der Zeitplan<br />
nach Tabelle 2 die Fristen und deren Inhalte. Der Standort<br />
und die Ausstattung der Instandhaltungsstützpunkte in<br />
Polatli und Eskisehir, das Personal mit seiner Qualifikation<br />
und die Dokumentation sind weitere Bestandteile des<br />
Instandhaltungskonzepts. Der Bereitschafts- und Alarmierungsplan,<br />
der schnelle Zugriff auf Ersatzteile und das<br />
sinnvolle Vorgehen bei der Beseitigung von Störungen<br />
komplettieren das Instandhaltungskonzept.<br />
Bei der Instandhaltung der Oberleitungsanlage Re-<br />
250TR sind<br />
• Inspektion und Wartung als präventive Instandhaltung,<br />
• Reparatur nach einer Störung oder einem festgestellten<br />
Mangel als korrektive Instandhaltung und<br />
• Verbesserungen<br />
zu unterscheiden.<br />
Nach Kurzschlüssen, abnormen Regenfällen und Stürmen<br />
sind außerordentliche Inspektionen als Begehung<br />
oder Befahrung notwendig.<br />
9.4 Ablauf<br />
Nach dem täglichen Betri<strong>eb</strong>sende 23:30 Uhr schaltet die<br />
elektrische Leitstelle die Oberleitungsanlage spannungslos.<br />
Ab diesem Zeitpunkt beginnen nach den Sicherungsmaßnahmen<br />
die Inspektion I1 als Begehung entlang der Strecke und<br />
die Inspektion I2 mit dem Schienenfahrzeug. Beide Inspektionen<br />
sollen möglichst örtlich zusammen stattfinden, um Synergien<br />
bei der Beseitigung entdeckter Mängeln zu nutzen.<br />
Nach Abschluss der Inspektion und Rückbau der Sicherungsmaßnahmen<br />
startet 6:45 Uhr der elektrische Betri<strong>eb</strong><br />
erneut. In einer Datenbank werden die Inspektionserg<strong>eb</strong>nisse<br />
gespeichert.<br />
415
Bahnstromversorgung<br />
9.5 Verfügbarkeit<br />
Wichtige Voraussetzungen für eine hohe Anlagenverfügbarkeit<br />
sind eine ausreichende Anzahl qualifizierter<br />
Mitarbeiter, die sofortige Verfügbarkeit der notwendigen<br />
Ersatzteile, eine stete Kommunikation und Mobilität<br />
sowie das Vorhandensein von Inspektionsfahrzeugen<br />
für den Transport von Arbeitskräften, Material und<br />
Werkzeugen.<br />
Im Störfall ist eine straffe Planung und Logistik vom<br />
Bereitschaftsleiter gefordert. Das Mitdenken und eigenständige<br />
Handeln von Monteuren verkürzt wesentlich<br />
die Störungszeit. Die bereitwillige Unterstützung der<br />
zum Störungszeitpunkt nicht in Bereitschaft stehenden<br />
Kollegen ist notwendig, um bei großen Störungen nach<br />
spätestens zwölf Stunden das Bereitschaftsteam abzulösen.<br />
Jeder Störfall stellt eine Bewährungssituation dar<br />
und zeigt das kollegiale Zusammenspiel der Führungskraft<br />
mit den Mitarbeitern und der Mitarbeiter untereinander.<br />
Störungen lassen sich in Teamarbeit effizienter<br />
beseitigen.<br />
Mit dem Bereitschaftsdienst 24 Stunden pro Tag und an<br />
365 Tagen im Jahr betrug die Verfügbarkeit der Oberleitungsanlage<br />
in den beiden ersten Betri<strong>eb</strong>sjahren 99,98 %.<br />
10 Ausblick<br />
Die besondere Herausforderung bei der Instandhaltung<br />
der Hochgeschwindigkeitsoberleitung und der Unterwerke<br />
bestand darin, dass innerhalb von wenigen Tagen<br />
der Aufbau einer Instandhaltungsorganisation vollzogen<br />
sein musste. Dieser begann mit der Rekrutierung von<br />
Mitarbeitern und endete mit der Beschaffung von Instandhaltungsfahrzeugen<br />
einschließlich der notwendigen<br />
Spezialwerkzeuge. Es gab keine Erfahrungen für die<br />
Instandhaltung von Hochgeschwindigkeitsoberleitungen<br />
in der Türkei. Das erstellte Instandhaltungskonzept gründete<br />
daher auf den weltweit vorhandenen Erfahrungen<br />
in gleichartigen Siemens-Projekten.<br />
In der Siemens-Organisation der Türkei waren qualifizierte<br />
und erfahrene Mitarbeiter für die Errichtung der<br />
Oberleitungsanlage vorhanden. Die Abnahme der Anlagen<br />
führten deutsche Mitarbeiter durch, die während der<br />
Abnahme und in späteren Schulungen die lokalen Mitarbeiter<br />
für die weitere Instandhaltung ausbildeten. Während<br />
des ersten Betri<strong>eb</strong>sjahrs unterstützten erfahrene<br />
Mitarbeiter aus Deutschland auch die Instandhaltung. Die<br />
mit 99,98 % hohe Verfügbarkeit der Oberleitungsanlage<br />
spiegelt die Expertise des Instandhaltungsteams wider<br />
und die gute Zusammenarbeit zwischen den Siemensund<br />
den TCDD-Mitarbeitern, die mit ihrer umfangreichen<br />
Erfahrung erh<strong>eb</strong>lichen Anteil an diesem herausragenden<br />
Erg<strong>eb</strong>nis haben.<br />
Nach der bevorstehenden Vertragsverlängerung um<br />
weitere zwei Jahre lässt sich der Support aus Deutschland<br />
reduzieren. Damit liegt dann die Zuständigkeit für die<br />
anforderungsgerechte Instandhaltung bei der Siemens-<br />
Instandhaltungsorganisation in der Türkei, die durch<br />
Kompetenz und Kostenbewusstsein die Grundlage zur<br />
Verlängerung des bestehenden Instandhaltungsvertrags<br />
und eine Erweiterung des Vertrags auf die sich im Bau<br />
befindliche Hochgeschwindigkeitstrecke <strong>Ankara</strong> – Konya<br />
geschaffen hat.<br />
Literatur<br />
[1] DIN EN 15273: Bahnanwendungen – Begrenzungslinien – Teil<br />
2: Fahrzeugbegrenzungslinien. CENELEC 12/2010.<br />
[2] Entscheidung 2008/284/EG: Technische Spezifikationen für<br />
Interoperabilität (TSI) des Teilsystems Energie des transeuropäischen<br />
Hochgeschwindigkeitsbahnsystems gemäß Artikel 6<br />
Absatz 1 der Richtlinie 96/48/EG. Amtsblatt der Europäischen<br />
Gemeinschaften 2008, DE S. L104/1 – L104/79.<br />
[3] EN 50122-1: Bahnanwendungen – Ortsfeste Anlagen – <strong>Elektrische</strong><br />
Sicherheit, Erdung und Rückleitung – Teil 1: Schutzmassnahmen<br />
gegen elektrischen Schlag. CENELEC 01/2011.<br />
[4] Kießling, F.; Puschmann, R.; Schmieder, A.; Schmidt, P.: Fahrleitungen<br />
elektrischer <strong>Bahnen</strong>. Stuttgart: Verlag B. G. Teubner, 2.<br />
Auflage, 1998.<br />
[5] Puschmann, R.; Wehrhahn, D.: Fahrdrahtlagemessung mit Ultraschall<br />
(Ultra sonic measurement of contact wire position).<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 109 (2011) H. 7, S. 323-330.<br />
[6] N. N.: Measuring for higher efficiency. In: Product informationen<br />
of Schunk Nordiska AB.<br />
[7] N. N.: Stromabnehmersysteme für Oberleitungsfahrzeuge. In:<br />
Produktinformation 04/2000, Schunk Bahntechnik GmbH.<br />
[8] DIN 31051: Grundlagen der Instandhaltung. DIN 06/2003.<br />
Ing. Hasan Huseyin Güney (30), Studium Elektrotechnik/Elektronik<br />
an der Universität Kırıkkale.<br />
Tätig als Leiter der Instandhaltungsabteilung der<br />
<strong>Hochgeschwindigkeitsstrecke</strong> <strong>Ankara</strong> – Eskiehir<br />
der türkischen Staatsbahn, TCDD in <strong>Ankara</strong>.<br />
Adresse: TCDD, Talatpasa Bulvarı, 06630 Gar –<br />
<strong>Ankara</strong>, Türkei;<br />
Fon: +90 312 3090515;<br />
E-Mail: hasanhuseyinguney@tcdd.gov.tr<br />
Ing. Cantekin Cem Iıkolu (42), Studium Elektrotechnik/Elektronik<br />
an der Universität Bilkent in<br />
<strong>Ankara</strong>. Tätig als Projektleiter bei der Siemens<br />
Landesgesellschaft in der Türkei im Geschäftsg<strong>eb</strong>iet<br />
Mobility in Istanbul.<br />
Adresse: Siemens AS, Yakacık Caddesi, 111 34870<br />
Kartal – Istanbul, Türkei;<br />
Fon: +90 216 4592942;<br />
E-Mail: cantekin.isikoglu@siemens.com<br />
Dipl.-Ing. Rainer Puschmann (60), Studium <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> an der Hochschule für Verkehrswesen<br />
Dresden und Studium Eisenbahnbau an der<br />
Fachschule für Verkehrstechnik Dresden. Verschiedene<br />
Tätigkeiten bei den Deutschen <strong>Bahnen</strong><br />
und der Siemens AG, tätig als Segmentleiter im<br />
Geschäftsg<strong>eb</strong>iet Integrated Services der Siemens<br />
AG in Erlangen und als EBA- und EBC-Gutachter.<br />
Adresse: Siemens AG, Industry Mobility, Si<strong>eb</strong>oldstr.<br />
16, 91052 Erlangen, Deutschland;<br />
Fon:+49 9131 722626, Fax: +49 9131 82822626;<br />
E-Mail: rainer.puschmann@siemens.com<br />
416 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
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Journal Extra<br />
ETCS bei ÖBB<br />
Auf einer Prominenz- und Medienveranstaltung Ende Mai 2011 in Innsbruck stellte ÖBB den zu<br />
den Fahrplanwechseln Dezember 2011 und 2012 beginnenden ETCS-Regelbetri<strong>eb</strong> einiger ihrer<br />
Strecken vor, und sechs Unternehmen präsentierten ihre Rolle dabei. Eine Woche vor dem Termin<br />
hatte eine von einem Zug der Rollenden Landstraße herabhängende Kette über hundert Euro-<br />
Balisen des Fahrwegs zerstört, die aber für eine Demonstrationsfahrt noch ersetzt werden konnten<br />
(Bild 1). Außer zum Kernthema gab es viel Information zu Infrastruktur und Betri<strong>eb</strong> der ÖBB.<br />
Allgemeines<br />
Als strategische Ziele sind dem Unternehmen vom Eigentümer<br />
Bund vorgeg<strong>eb</strong>en:<br />
• Die Marktposition der Schiene stärken.<br />
• Die Wirtschaftlichkeit steigern.<br />
• In der Fläche präsent sein.<br />
• Die Sicherheit weiter entwickeln.<br />
Diese Liste birgt Konflikte zwischen dem zweiten Ziel<br />
und den drei anderen, besonders dem dritten. Hohe Verkehrsnachfrage<br />
gibt es natürlich in und um Wien sowie in<br />
den Großstadtregionen Salzburg, Linz, Graz, Klagenfurt<br />
und Bregenz. Dazwischen liegen jedoch außer vielen Mittelstadtregionen<br />
ausgesprochen dünn besiedelte G<strong>eb</strong>iete.<br />
Die ÖBB muss deshalb ihre Maßnahmen vorrangig und<br />
abgestuft nach den Streckenbelastungen konzentrieren<br />
(Bild 2). Verkehrsrelevante Schwerpunkte sind dabei:<br />
• Kapazitäten erweitern.<br />
• Reisezeiten kürzen.<br />
• Zugänge im Reise- wie im Güterverkehr verbessern.<br />
Von Wien sollen, bezogen auf 2009, bis 2025 die<br />
Reisezeiten nach Salzburg, Innsbruck sowie den nächsten<br />
Haupt- oder Großstädten der Nachbarländer Bayern,<br />
Tschechien, Ungarn, Italien und der Schweiz um 10 bis<br />
20 % kürzer werden, nach Graz und Klagenfurt durch<br />
Semmering-Basistunnel und Koralmbahn sogar um ein<br />
Drittel.<br />
Bis 2016 wird Österreich noch 18 Mrd. EUR in seine Verkehrsinfrastruktur<br />
investieren, da von zwei Drittel beim<br />
Schienenverkehr. Dieses Programm bedeutet 50 000 Arbeitsplätze.<br />
Zu den Großprojekten zählen n<strong>eb</strong>en dem<br />
neuen Hauptbahnhof Wien mehrere Hochleistungs- und<br />
Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecken (NBS). Groß investiert<br />
wurde und wird in die Betri<strong>eb</strong>sführung (Tabelle 1).<br />
Bild 1: Sonderzug aus<br />
Lokomotive Rh 1116,<br />
Messwagen und<br />
Lokomotive Rh 1116<br />
in Fritzens-Wat tens<br />
nach ETCS-Fahrt ab<br />
Matrei am Brenner<br />
durch Umfahrung<br />
Innsbruck, vorne<br />
ETCS-Balisen<br />
und PZB-Magnet<br />
(Foto: Helmut Petrovitsch,<br />
31. Mai 2011).<br />
Österreich wird nächst den skandinavischen Ländern und<br />
der Schweiz eine Pionier- und Schlüsselrolle bei der ETCS-<br />
Einführung in Europa aufnehmen. Durch seine zentrale<br />
Lage mit acht Nachbarstaaten, das Fürstentum Liechtenstein<br />
mit gezählt, ist es besonders wichtig als Transitland<br />
nach Süd- und Südosteuropa. Transporteur auf der<br />
Schiene ist dabei nicht nur die ÖBB: Am Güterverkehr<br />
über die Brennerachse hat sie noch 50 % Marktanteil, die<br />
andere Hälfte teilen sich 30 Unternehmen mit eigenen<br />
Lokomotiven.<br />
Die EU hat festgelegt, dass ihre Mitgliedsländer auf<br />
den jeweiligen Abschnitten der Trans-European Transport<br />
Networks (TEN-T) das ERTMS einführen, bestehend<br />
ETCS<br />
Tabelle 1: Investitionen ÖBB Infrastruktur für Betri<strong>eb</strong>sführung in<br />
Mio. EUR, ausgewählte Bereiche.<br />
2002 – 2006 Einrichten Betri<strong>eb</strong>sführungszentralen 600<br />
2007 – 2013 Einrichten digitales Zugfunknetz GSM-R 82<br />
2010 – 2015 Einführen Zugsicherungssystem ETCS 200<br />
jährlich technische Sicherung von Bahn übergängen 25<br />
418 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Journal Extra<br />
Bild 2: Streckenbelastung ÖBB-Netz 2011<br />
für Infrastrukturmaßnahmenbündelung<br />
(Grafik: ÖBB).<br />
Strichstärken = Prioritäten 1 bis 4 bei >250,<br />
>200, >100 und
Journal Extra<br />
Bild 3: ÖBB-Planung ETCS Level 1 (rot) und Level 2 (grün) bis 2021 (Grafik: ÖBB). schwarz-grün St. Pölten – Linz: alte und abschnittsweise<br />
fertige paralle neue Westbahn, letztere voraussichtlich erst > 2021 mit ETCS<br />
1 Feldkirch 9 Gemeinschaftsbahnhof Tarvisio<br />
2 Buchs 10 Bruck an der Mur<br />
3 Grenzübergang Kiefersfelden – Kufstein 11 Grenzübergang Spielfeld-Straß – Maribor<br />
4 Gemeinschaftsbahnhof Brenner 12 Wiener Neustadt<br />
5 Attnang-Puchheim 13 Streckenknoten Wien Hadersdorf<br />
6 Wels 14 Grenzübergang Nickelsdorf – Heygeshalom<br />
7 Grenzübergang Schärding – Passau 15 Grenzübergang Bernhardsthal – Baclav<br />
8 Villach<br />
Tabelle 4: ETCS-Elementezahlen, teils gerundet.<br />
Teststrecke 1 Brennerkorridor 2<br />
Radio Block Center (RBC) 1 1<br />
ang<strong>eb</strong>undene Stellwerke 3 16<br />
Signale 30 500<br />
Weichen 30 440<br />
Balisen 250 2 000<br />
1<br />
ein Gleis der Umfahrung Innsbruck<br />
2<br />
siehe Tabelle 6<br />
Tabelle 5: ÖBB-Bestandstrecken oder -abschnitte mit ETCS Level 1.<br />
Längen gerundet wegen Abgrenzungen an Anfangs- und Endpunkten<br />
Länge in km<br />
bis 2011 1<br />
Wien – Nickelsdorf – Grenze (– Heygeshalom) 2<br />
Wels – Schärding – Grenze (– Passau)<br />
bis 2012 1<br />
Knoten Hadersdorf – Wagram<br />
Attnang-Puchheim – Salzburg<br />
bis 2021<br />
Innsbruck – Bregenz – Grenze (– Lindau)<br />
Feldkirch – Grenze (– Buchs SG)<br />
70<br />
80<br />
45<br />
75<br />
205<br />
15<br />
Summe 490<br />
1<br />
zum Jahresfahrplanwechsel im Dezember<br />
2<br />
ETCS 2003 in Betri<strong>eb</strong>, derzeit neuestem Stand angepasst<br />
Tabelle 6: ÖBB-Bestandstrecken oder -abschnitte und Neu baustrecken<br />
(NBS) mit ETCS Level 2.<br />
Längen gerundet wegen Abgrenzungen an Anfangsund<br />
Endpunkten<br />
Länge<br />
in km<br />
bis 2012 1<br />
Wien Meidlich – St. Pölten NBS<br />
(Kiefersfelden –) Grenze – Kufstein – Umfahrung<br />
Innsbruck 2 – Brenner 3<br />
Radfeld – Baumkirchen NBS 4<br />
60<br />
110<br />
40<br />
bis 2013 1<br />
Wien – Bernhardsthal – Grenze (– Baclav) 85<br />
bis 2019<br />
Wien Meidling – Wiener Neustadt NBS 5 50<br />
bis 2021<br />
Linz – Attnang-Puchheim<br />
Wien – Semmeringbahn – Bruck an der Mur<br />
Bruck a.d. Mur – Spielfeld-Straß – Grenze (– Maribor)<br />
Graz – Koramlbahn – Klagenfurt NBS<br />
Klagenfurt – Grenze (– Tarvisio)<br />
55<br />
160<br />
105<br />
130<br />
65<br />
Summe 860<br />
1<br />
zum Jahresfahrplanwechsel im Dezember<br />
2<br />
via Innsbruck Hauptbahnhof kein ETCS<br />
3<br />
Grenze im Gemeinschaftsbahnhof<br />
4<br />
neue Unterinntalbahn, auch oft mit Kundl – Fritzens-Wattens<br />
verortet<br />
5<br />
Pottendorfer Linie uber Wampersdorf<br />
420 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Journal Extra<br />
Behörden erledigen, Einzelprojekte koordinieren, Tests<br />
definieren, organisieren und überwachen sowie dabei<br />
Abweichungen vom Soll dokumentieren und dem Verursacher<br />
zuschreiben.<br />
Auch konzeptionell geht die ÖBB weiter als andere<br />
<strong>Bahnen</strong>, indem sie Überholungsgleise der Unterwegsbahnhöfe<br />
und ganze Knotenbahnhöfe wie beispielsweise<br />
Wörgl voll in das ETCS einbezieht.<br />
Teststrecke seit Jahreswechsel ist ein nur dafür reserviertes<br />
Gleis der 15 km langen Umfahrung Innsbruck<br />
mit architektonisch eigenwilliger Innbrücke und 13 km<br />
langem Tunnel, die bei Gärberbach wieder in die Brennerbahn<br />
mündet und 1994 in Betri<strong>eb</strong> ging. Tabelle 4 vermittelt<br />
den ETCS-An la genumfang dabei und beim ganzen<br />
Korridorabschnitt. Die 16 Stellwerke sind weltweit die<br />
meisten an einem einzelnen RBC.<br />
Die Tabellen 5 und 6 mit dem Bild 3 zeigen, wie es<br />
weitergehen soll. Die Längen bedeuten ETCS-Ausrüstung,<br />
also nicht unbedingt Betri<strong>eb</strong>sstreckenlängen. Mit Ausnahme<br />
des Gemeinschaftsbahnhofs Brenner liegt die Grenze<br />
zu den Nachbarbahnen immer auf freier Strecke. Zum<br />
Fahrplanwechsel Ende 2012 werden also zusammen fast<br />
500 km mit ETCS fertig sein und in zehn Jahren rund<br />
1 350 km, also ein Viertel des heutigen Gesamtnetzes.<br />
Zum Level 3, der ganz ohne signaltechnische Streckeneinrichtungen<br />
auskommen soll, hieß es übrigens, dass<br />
es noch nicht einmal die Spezifikationen für die Zug-<br />
Bild 4: Videoübertragung im Messwagen-Vortragsraum bei ETCS-<br />
Fahrt (Bild 1) (Foto: Helmut Petrovitsch).<br />
links: Blick von Umfahrung Innsbruck auf Deckungssignale<br />
Abzweigstelle Baumkirchen (Überleitungen zu alter und zu<br />
neuer Unter inntalstrecke)<br />
Mitte: Tachometeranzeige zulässige Geschwindigkeit 90 km/h,<br />
Istgeschwindigkeit 10 km/h nach Halt vor Deckungssignal<br />
rechts: elektrische Sicht mit nichtlinearer Skala in 100-m-Schritten<br />
von 0 bis 500 m, danach schrittweise verdoppelt bis 8 000 m<br />
schlussüberwachung gibt. Ansonsten sind die Dinge im<br />
Fluss: 2014 soll eine neue ETCS-Baseline kommen, deren<br />
umfangreiche Software-Änderungen auch endlich Europa-einheitliche<br />
Bremskurven enthalten sollen. Besonders<br />
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<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
421
Journal Extra<br />
wegen der vielen dann zu ändernden Balisenstandorte<br />
warten einige europäische <strong>Bahnen</strong> bei ETCS noch ab.<br />
Auf der Westbahn von Wien bis St. Pölten werden<br />
Bestandsstrecke und NBS ausgerüstet. Besonderheit von<br />
St. Pölten bis Linz ist, dass es bis auf eine Lücke bei Ybbs<br />
schon seit langem eine parallele Schnellfahrstrecke mit<br />
linienförmiger Zugbeeinflussung (LZB) gibt. Erst wenn<br />
diese nach 2021 abgeschri<strong>eb</strong>en ist oder wenn es vorher<br />
Ersatzteilprobleme gibt, soll hier ETCS kommen. In Innsbruck<br />
bekommt nur die 1994 eröffnete Umfahrung ETCS,<br />
die Strecke über den Hauptbahnhof dagegen nicht.<br />
Als ÖBB-Fahrzeuge bekommen bis 2015 alle 382 Lokomotiven<br />
der TAURUS-Flotte, die ICE-Tri<strong>eb</strong>züge im Pool<br />
und alle bei ÖBB verbli<strong>eb</strong>enen Railjet-Steuerwagen ETCS<br />
(Tabelle 7). Von den Antennen bis zu den Anzeige- und<br />
Bediengeräten vollständig belassen werden PZB und LZB,<br />
die auch in Deutschland und in Slowenien wirksam sind,<br />
sowie die weiteren insgesamt vier Nachbarsysteme (Tabelle<br />
7). Jedoch bekommen PZB/LZB, EVM und MIREL eine<br />
Schnittstelle zum ETCS, über die sie während der Fahrt<br />
ein- und ausgeschaltet werden können. Bei ZUB und<br />
SCMT ist dies nur im Stillstand möglich. Für das ETCS-MM<br />
(Bild 4) war übrigens in den Gremien als gemeinsame<br />
Sprache Englisch vorgeschlagen worden, was aber auf<br />
französisches Veto stieß. Die nicht einfachen Nachrüstarbeiten<br />
führt anfänglich Alstom aus (Bild 5) und danach<br />
ÖBB-TS in seinen Werken.<br />
Die Brennerbahn wird trotz ETCS Level 2 ihre Signale<br />
und PZB behalten. Auch die beiden NBS bekommen nach<br />
einschlägigen schweizerischen Erfahrungen noch konventionelle<br />
Signale in etwa 5-km-Abständen für zwei bis drei<br />
Jahre. Allerdings sind das nur technische Rückfall<strong>eb</strong>enen.<br />
Die ÖBB warnt im Internet, dass ab Fahrplanwechsel<br />
Dezember 2012 nur noch Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge mit tauglicher<br />
ETCS-Ausrüstung für Level 2 zugelassen sind. Sie ruft zur<br />
Anmeldung für Personalschulungsfahrten auf, für die sie<br />
2012 ein bis zwei Monate freistellen will.<br />
Für das Einrichten von ERTMS im Brennerkorridor (Tabelle<br />
4) sind 40 Mio. EUR zu investieren, davon 11 Mio. EUR<br />
auf der NBS. Die EU-Förderbeträge für die beiden TEN-T-<br />
Korridore stehen in Tabelle 8.<br />
Anmerkung: Daten und Fakten beruhen weitgehend<br />
auf Papieren und Mitschriften aus dem Termin; nur in<br />
offenkundig angezeigten Fällen wurde nachrecherchiert.<br />
Be<br />
Literatur<br />
[1] Behmann, U.: ERMTS/ETCS-System ATLAS. In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
108 (2010), H. 8-9, S. 401–404.<br />
Bild 5: ETCS-Nachrüstung im Lokomotivmaschinenraum (Foto: Alstom).<br />
Tabelle 7: ÖBB-Fahr zeuge mit ETCS.<br />
Grundausrüstung alle mit PZ/LZB auch für Deutschland,<br />
bei Rh 1216 auch für SIowenien<br />
Reihe bis 2013 bis 2015 zusätzliche Zugsicherungen<br />
bisher<br />
1016 1 0 50 –<br />
1016 1 und 1116 2 282 282 9 Stück MIREL für CZ,<br />
SL und HG<br />
36 Stück EVM für HG<br />
23 Stück EVM für HG<br />
und ZUB für CH<br />
1216 3 25 50 11 Stück MIREL für CZ<br />
25 Stück SCMT für IT<br />
4011 4 0 3 –<br />
8090 5 51 51 3 Stück MIREL für HG<br />
23 Stück MIREL für HG<br />
und ZUB für CH<br />
Summe 358 436<br />
1<br />
für 15 kV 16,7 Hz<br />
2<br />
auch für 25 kV 50 Hz<br />
3<br />
wie vor auch für DC 3 kV<br />
4<br />
ICE<br />
5<br />
Steuerwagen Railjet, 16 weitere auszurüstende nach<br />
ETCS-Auftrag an D verkauft<br />
Tabelle 8: Korridore TEN-T durch Österreich und EU-Förderung für<br />
ERTMS-Ausrüstung.<br />
Korridor B E<br />
österreichische Teillänge<br />
EU-Mittel<br />
zugeschiedene Fahrzeuge<br />
EU-Mittel<br />
(110 + 40) km<br />
12 Mio. EUR<br />
10 Rh 1116<br />
+ 15 Rh 1216<br />
2 Mio. EUR<br />
150 km<br />
10 Mio. EUR<br />
97 Rh 1116<br />
7 Mio. EUR<br />
422 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Journal Extra<br />
Neubaustrecken bei ÖBB<br />
Die im Bericht zum ETCS bei ÖBB genannten NBS verdienen<br />
etwas nähere Angaben.<br />
Im Norden verläuft eine für 160 km/h trassierte NBS ab<br />
Wien Meidling im Lainzer Tunnel unter der Stadt 15 km<br />
weit zu einer Weichenhalle unter der S-Bahnstation Wien<br />
Hadersdorf, wo sie einen Streckenkno ten mit der hier<br />
gleichfalls tief gelegten alten Westbahn bildet (Bild 1).<br />
Danach unterquert sie in einem 13 km langen Tunnel den<br />
Wienerwald und führt durch das Tullnerfeld und eine Kette<br />
kleiner Tunnel bis Wagram, 5 km vor St. Pölten (Bild 1<br />
<strong>eb</strong> Heft 7/2010 Seite 298). Weil die für 250 km/h trassierte<br />
Linie weit nach Norden ausholt, ist sie mit 46 km zwischen<br />
den beiden Verknüpfungsstellen praktisch gleich lang wie<br />
die kurvenreiche alte Westbahn. Baubeginn war 2003,<br />
Abschluss soll 2012 sein.<br />
Im Unterinntal treffen in Wörgl die beiden Hauptstrecken<br />
von München – Kufstein und von Salzburg – Zell am<br />
See zusammen. Für den Zulauf zum Brenner-Basistunnel<br />
war ab hier eine zweite Strecke unabdingbar, auf die<br />
das transitgeplagte Bundesland Tirol lange warten musste.<br />
Die 40 km lange NBS zwischen den Abzweigstellen<br />
Radfeld bei Wörgl Kundl und Baumkirchen bei Fritzens-<br />
Wattens, wo die Umfahrung Innsbruck abzweigt, liegt zu<br />
drei Viertel in Tunneln, unter Galerien oder in Wannen,<br />
denn in dem teilweise dicht b<strong>eb</strong>auten G<strong>eb</strong>iet war die<br />
Trassierung für 250 km/h äußerst schwierig; mehrmals<br />
Bild 1: Verknüpfung alte und neue Westbahn in Wien Hadersdorf<br />
(Foto: ÖBB).<br />
werden Inntal-Autobahn, bestehende Bahnstrecke und<br />
Inn über- oder unterquert. Inbetri<strong>eb</strong>nahme soll gleichfalls<br />
Ende 2012 sein (Bild 2).<br />
Von Wien nach Süden gibt es bis Wiener Neustadt<br />
außer der Südbahn über Baden die weiter östlich verlaufende<br />
Pottendorfer Linie über Wampersdorf. Diese wird<br />
zur Entlastung der Südbahn und für den wachsenden<br />
Bild 3: Pottendorfer Linie südlich Wien Blumenthal (Foto: ÖBB).<br />
Bild 2: Montage Deckenstromschiene im Tunnel<br />
Stans–Terfens Neue Unterinntalbahn (Foto: ÖBB).<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
423
Journal Extra<br />
Pendlerverkehr in einem Umfang modernisiert, der einem<br />
Neubau gleichkommt. Seit den 1980er Jahren wurde der<br />
21 km lange südliche Abschnitt ab Wampersdorf zweigleisig<br />
ge macht. Im Norden ist die Umgestaltung ab Wien<br />
Meidling seit 2000 im Gange (Bild 3), inzwischen bis km 19<br />
fortgeschrit ten und voraussichtlich 2019 abgeschlossen.<br />
Die Koralmbahn, benannt nach dem bis nach Slowenien<br />
hinein reichenden G<strong>eb</strong>irgszug Koralpe zwischen<br />
Steiermark und Kärnten, schafft die schon seit dem Ersten<br />
Weltkrieg geplante direkte Verbindung der Landeshauptstädte<br />
Graz und Klagenfurt. Die Reisezeit, die heute durch<br />
den Umweg über Bruck an der Mur rund drei Stunden<br />
dauert, wird auf 50 min sinken. Als Kernstück ist der 33 km<br />
lange, noch ganz in der Steiermark liegende Koralmtunnel<br />
zwischen Deutschlandsberg im Osten und Frauental<br />
im Westen schon im Bau (Bild 4). Betri<strong>eb</strong>seröffnung<br />
soll nach allerneuester Planung 2022 sein.<br />
Be, rrr<br />
Bild 4: Ostportal Koralmtunnel (Foto: ÖBB).<br />
Betri<strong>eb</strong>sführung bei ÖBB<br />
Tabelle 1: Pünktlichkeit ÖBB-Personenverkehr in % gerundet,<br />
Basis Züge ≤ 5 min Verspätung.<br />
2009 2010 2011 1<br />
Fernverkehr 68 76 89<br />
Nahverkehr 92 95<br />
2<br />
97<br />
Wiener Schnellbahn 91<br />
2<br />
97 99<br />
Railjet 61 67 88<br />
Summe<br />
2<br />
90 94 97<br />
1<br />
Monate Januar bis April<br />
2<br />
+0,5<br />
Tabelle 2: Vergleich Pünktlichkeit Personenverkehr gesamt in %<br />
gerundet, Basis Züge ≤ 5 min Verspätung.<br />
2009 2010 2011 1<br />
ÖBB<br />
3<br />
90 94 97<br />
SBB 96 96 98<br />
DB — 2 — 2 3 93<br />
1<br />
Monate Januar bis April<br />
2<br />
keine Angaben<br />
3<br />
+0,5<br />
Tabelle 3: Geschäftsumfang ÖBB Westnetz Jahresmitte 2011.<br />
Westnetz davon BFZ<br />
Innsbruck<br />
Streckenlänge in km 494 249<br />
Zugfahrten pro Werktag 1 200 600<br />
Zahl besetzte Betri<strong>eb</strong>sstellen 1 31 –<br />
Zahl Verkehrsstationen 123 44<br />
1<br />
mit örtlichem Fahrdienstleiter<br />
Die ÖBB hat 2005 ein Projekt Neue Betri<strong>eb</strong>sführungsstrategie<br />
gestartet. Ausgangslage waren netz weit 530 besetzte<br />
Stellwerke in der ganzen Breite von mechanischen<br />
bis elektronischen, fünf regionale Verkehrsleitungen und<br />
eine Verkehrsleitzentrale in Wien. Unter Verkehr versteht<br />
man bei der ÖBB auch das Fahren der Züge. Ziel war, unterhalb<br />
der Verkehrsleitzentrale die Zugsteuerung und<br />
-dis po sition sowie die Kundeninformation für das Kernnetz<br />
in fünf Betri<strong>eb</strong>sführungszentralen (BFZ) zu bündeln,<br />
mit jeweils einem Technik-Servicecenter dabei. Regionalbahnen<br />
sollen autark und in vereinfachten Verfahren<br />
betri<strong>eb</strong>en werden.<br />
Die BFZ Innsbruck ist als erste der ÖBB seit Oktober 2008<br />
in Betri<strong>eb</strong>, diejenige in Salzburg ist es inzwischen <strong>eb</strong>enfalls<br />
und die in Wien teilweise. In Linz und in Villach entstehen<br />
die Rohbauten, und 2015 sollen alle komplett sein.<br />
Nicht zuletzt durch diese Schritte wurde, nach Einbrüchen<br />
in der Zeit davor, die Pünktlichkeit der Personenverkehrszüge<br />
in den letzten zwei Jahren viel besser; erklärtes<br />
Ziel ist, Schweizer Niveau zu erreichen (Tabellen 1 und<br />
2). Beim Personenfernverkehr hängt man allerdings stark<br />
vom Ausland ab, wobei das derzeitige Bauprogramm der<br />
DB zu schaffen macht (<strong>eb</strong> Heft 3/2011, Seite 147).<br />
Das Westnetz der ÖBB umfasst mit knapp 500 km<br />
Strecken in Nordtirol und Vorarlberg nur ein Zehntel des<br />
aktuell rund 5 150 km langen Gesamtnetzes, wickelt aber<br />
aufgrund des starken Transitverkehrs als tägliche Zugzahl<br />
ein Sechstel des Netzdurchschnitts ab. Es ist aus der Bundesbahndirektion<br />
Innsbruck hervorgegangen, die nach<br />
1945 für die französische Besatzungszone wieder neu<br />
gegründet wurde.<br />
424 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Journal Extra<br />
Tabelle 4: Produktivität Betri<strong>eb</strong>sführung ÖBB-Netz in Zugkilometer<br />
pro Jahr und Dienstkraft.<br />
2005 35 000<br />
2010<br />
50 000<br />
dabei Westnetz 1 78 000<br />
Zielwert 120 000<br />
1<br />
mit BFZ Innsbruck<br />
Bild 1: Arbeitsplatz ÖBB-Betri<strong>eb</strong>sführungszentrale Innsbruck mit<br />
Monitoren für die dispositive Ebene (oben) und die operative Ebene<br />
(unten) (Foto: ÖBB).<br />
Tabelle 5: Regelbesetzung ÖBB-Betri<strong>eb</strong>sführungszentrale<br />
Innsbruck.<br />
Betri<strong>eb</strong>skoordinator 1<br />
Notfallkoordinator 1<br />
Zuglenker Brenner 2<br />
Fahrdienstleiter 9<br />
Informationskoordinator 1 1<br />
Produktionsvorbereiter 1<br />
1<br />
für Kundeninformation<br />
Von Anlagen und Verkehr im Westnetz überwacht<br />
und lenkt die BFZ Innsbruck aktuell die Hälfte (Tabelle 3).<br />
Endziel ist die vollständige Anbindung vornehmlich der<br />
Arlbergbahn; nur die Außerfernbahn und die beiden<br />
Verschi<strong>eb</strong><strong>eb</strong>ahnhöfe Hall in Tirol (8 km östlich Innsbruck)<br />
und Wolfurt (8 km südlich Bregenz) sollen örtlich besetzt<br />
bleiben. Derzeit benötigt das Westnetz noch 269 Dienstposten<br />
für Fahrdienstleiter (Fdl), im Jahre 2035 sollen es<br />
noch 145 sein. Der Erfolg dieses Konzeptes spiegelt sich in<br />
einer griffigen Produktivitätskennzahl wider (Tabelle 4).<br />
In der BFZ Innsbruck sind 19 Arbeitsplätze eingerichtet<br />
(Bild 1), von denen im Regelfall 15 besetzt sind (Tabelle 5).<br />
Dabei werden die Fdl-Stellbereiche flexibel zugewiesen;<br />
im Extremfall kann ein Platz nur eine geschäftige Großbaustelle<br />
zu betreuen haben. So leitet ein Platz in den<br />
nächsten Monaten ganz allein den ETCS-Testbetri<strong>eb</strong> auf<br />
der Umfahrung Innsbruck.<br />
Die Fdl-Funktion ist der Einstieg in die BFZ-Arbeit, jedoch<br />
werden grundsätzlich alle Personale für alle sechs<br />
Funktionen ausg<strong>eb</strong>ildet. Eine besondere Personalführungsaufgabe<br />
entsteht beim Auflassen der Besetzung<br />
örtlicher Stellwerke: Die dortigen Personale haben Jahre<br />
bis vielleicht Jahrzehnte lang Einzeldienst verrichtet, vielfach<br />
in völliger Einsamkeit wie an der Arlbergbahn, und<br />
müssen sich auf Gruppenarbeit umstellen.<br />
Für die Leit- und Dispositions -Hardware und -Software<br />
der BFZ und ihrer Außenposten wurde das Advanced Railway<br />
Automation, Management and Information System<br />
(ARAMIS) von Thales gewählt; eine seiner acht eingerichteten<br />
Anwendungen ist ETCS. Zur Ausstattung der BFZ<br />
gehören auch zwei Fahrsimulatoren.<br />
Be<br />
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<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
425
WISSEN für die ZUKUNFT<br />
2. korrigierte<br />
Auflage<br />
<strong>Elektrische</strong> Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge<br />
und ihre Energieversorgung<br />
Grundlagen und Praxis<br />
Das Buch wendet sich in seiner zweiten Auflage<br />
an Studierende der elektrischen Energietechnik,<br />
der Regelungstechnik und des Maschinenbaus.<br />
Es gibt einen Überblick über die Grundlagen der<br />
elektrischen Zugförderung und beschreibt nach<br />
einer Darstellung der Kommutatormotoren und<br />
deren wichtigsten Spannungsstellglieder schwerpunktmäßig<br />
die Drehstromantri<strong>eb</strong>stechnik.<br />
Exemplarisch werden aktuelle Hochleistungslokomotiven,<br />
Hochgeschwindigkeitstri<strong>eb</strong>züge,<br />
diesel-elektrische Lokomotiven und Nahverkehrsfahrzeuge<br />
vorgestellt. Im Anschluss wird<br />
die Energieversorgung der <strong>Bahnen</strong> (16 2/3 Hz,<br />
50 Hz, GS) unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Leistungselektronik und der Netzrückwirkungen<br />
behandelt.<br />
A. Steimel<br />
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ETFZdZ2010
<strong>Bahnen</strong> Journal<br />
ETCS in Deutschland<br />
Von den vier transeuropäischen<br />
Schienenverkehrskorridoren,<br />
die Deutschland durchqueren,<br />
soll der Korridor A<br />
Rotterdam – Genua gemäß<br />
europäischen Vereinbarungen<br />
bis 2015 mit betri<strong>eb</strong>sfähigem<br />
ETCS ausgerüstet sein. Damit<br />
soll ein barrierefreier grenzüberschreitender<br />
Schienenverkehr<br />
möglich sein und die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der<br />
Bahn gesteigert werden. Auf<br />
einer Veranstaltung des Deutschen<br />
Verkehrsforums und des<br />
Verbandes der Bahnindustrie<br />
in Deutschland (VBD) Ende<br />
Juni 2011 wurden allerdings<br />
Kosten, Nutzen und Startzeitpunkt<br />
von ETCS auf dem<br />
deutschen Abschnitt unterschiedlich<br />
bewertet.<br />
Dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium<br />
ging<br />
es vorrangig um das Ziel eines<br />
europaweit durchgängigen<br />
Schienenverkehrs, die dazu<br />
eingesetzte Technik sei nicht<br />
vorrangig. ETCS-fähige Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge<br />
könnten mit Specific<br />
Transmission Modules für<br />
das Fahren auf DB-Strecken<br />
aufgerüstet werden, was<br />
schneller zu bewirken und billiger<br />
wäre als das komplette<br />
Umrüsten der Schieneninfrastruktur<br />
auf ETCS. Die genaue<br />
Umsetzung werde mit den<br />
Nachbarländern besprochen.<br />
Der EU-Koordinator für<br />
ERTMS bedauerte diese klare<br />
Position, mit der der Zeitplan<br />
zur ETCS-Ausrüs tung auf Korridor<br />
A in Deutschland nicht eingehalten<br />
werden kann. Die<br />
deutschen Entscheidungen<br />
würden große Signalwirkungen<br />
für das gesamte ETCS-Projekt in<br />
Europa haben. Es müssten Lösungen<br />
gefunden werden, die<br />
auch den Interessen der Nachbarstaaten<br />
gerecht werden.<br />
Vertreter der Ausrüstungsindustrie,<br />
des VDB und der<br />
SBB betonten, wie wichtig die<br />
Einführung von ETCS für den<br />
Eisenbahnverkehr in Europa<br />
sei und dass Deutschland als<br />
Drehscheibe des europäischen<br />
Schienenverkehrs dabei eine<br />
zentrale Rolle hätte.<br />
Quelle: VDB Verband der Bahnindustrie<br />
in Deutschland, Presseinformation<br />
30. Juni 2011<br />
Sicherheitsgenehmigung für DB N etz<br />
Die EU-Richtlinie 2004/49/EG<br />
verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten,<br />
einheitliche Sicherheitsstandards<br />
für den Bahnbetri<strong>eb</strong><br />
einzuführen und<br />
umzusetzen. Die hiernach<br />
vorgesehene Sicherheitsgenehmigung<br />
hat das Eisenbahn-Bundesamt<br />
(EBA) der DB<br />
Netz erteilt, nachdem diese<br />
die Einführung eines wirksamen<br />
Sicherheitsmanagementsystems<br />
(SMS) nachgewiesen<br />
hat. Die Genehmigung gilt für<br />
fünf Jahre und muss vor Ablauf<br />
neu beantragt werden.<br />
mit Zugbegleiter(in) besetzen;<br />
diese Maßnahme dient sonst<br />
dazu, bei gestörter Sicherheitsfahrschaltung<br />
die Weiterfahrt<br />
mit mehr als 50 km/h zu erlauben.<br />
Die Züge sind noch in der<br />
Gewährleistung, sodass die DB<br />
beim elektrischen Ausrüster<br />
Bombardier Transportation<br />
Schadenersatz anmelden will.<br />
Quelle: DB WELT Nr. 07 Juli-<br />
August 2011<br />
[1] N. N.: BR 422 an DB Regio NRW<br />
ausgeliefert. In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
108 (2010), H. 11, S. 529.<br />
Tri<strong>eb</strong>zug Baureihe 422, Ruhrbrücke<br />
Essen-Steele<br />
(Foto: DB/Georg Wagner, 2009).<br />
Jahreserg<strong>eb</strong>nis S-Bahn Berlin 2010<br />
Fortsetzung zu <strong>eb</strong> Heft<br />
4-5/2011 Seite 260<br />
Die technischen Mängel am<br />
Fahrzeugpark der S-Bahn<br />
Berlin GmbH belasteten deren<br />
Geschäftserg<strong>eb</strong>nis 2010 massiv,<br />
und zwar sowohl direkt durch<br />
den Aufwand für ihre Beseitigung<br />
als auch indirekt durch<br />
Erlöseinbußen in Folge der<br />
Betri<strong>eb</strong>seinschränkungen<br />
mangels Verfügbarkeit der<br />
Fahrzeugflotte. Für deren<br />
Instandhaltung wurden<br />
120 Mio. EUR aufgewendet,<br />
Kürzungen der Bestellerentgelte<br />
wegen nicht erbrachter<br />
Betri<strong>eb</strong>sleistungen sowie Strafzahlungen<br />
wegen Qualitätsmängeln<br />
kumulierten sich zu<br />
60 Mio. EUR und Kompensationsleistungen<br />
für Fahrgäste<br />
wurden mit 75 Mio. EUR Erlösausfall<br />
bewertet. Der Bilanzverlust<br />
betrug 222 Mio. EUR<br />
(Vorjahr 93 Mio. EUR), den die<br />
Muttergesellschaft DB Regio<br />
ausgleichen muss. Darin sind<br />
Rückstellungen für verbesserte<br />
Besandungsanlagen und Fahrmotoren<br />
der Baureihe (BR) 481<br />
sowie für Reaktivierung von 20<br />
Viertelzügen (Vz) BR 485 enthalten.<br />
Als Grundlagen für Besserung<br />
wurden neue Prozessstrukturen<br />
in der Instandhaltung<br />
und konkrete Ertüchtigungspläne<br />
für den Fahrzeugpark<br />
geschaffen. Alle<br />
Radsätze bei der 1. Bauserie<br />
BR 480 wurden ersetzt, und es<br />
begannen die Radsatztauschaktionen<br />
für die BR 481 und<br />
485. Zum Bewältigen dieser<br />
und anderer Zusatzarbeiten<br />
wurden Infrastrukturen der<br />
Werkstätten Oranienburg,<br />
Friedrichsfelde und Erkner erweitert<br />
und Werkstattpersonal<br />
an allen Standorten aufgestockt.<br />
Trotzdem musste man<br />
Aufträge zur Reaktivierung<br />
der genannten 20 Vz und zur<br />
Vorübergehende Sicherheitsmaßnahmen<br />
bei Tri<strong>eb</strong>zügen Baureihe 422<br />
Von 2008 bis 2010 hat die DB<br />
für den S-Bahnverkehr in Nordrhein-Westfalen<br />
84 vierteilige<br />
Tri<strong>eb</strong>züge Baureihe 422 mit<br />
140 km/h zulässiger Geschwindigkeit<br />
geliefert bekommen<br />
[1]. Bei diesen Fahrzeugen trat<br />
Anfang April 2011 als Störung<br />
auf, dass bei bahnüblichen<br />
Erschütterungen ein Relais die<br />
punktförmige Zugbeeinflussung<br />
(PZB, früher Induktive<br />
Zugsicherung INDUSI) abschaltete.<br />
Die Eisenbahn-Bau- und<br />
Betri<strong>eb</strong>sordnung (EBO) bestimmt<br />
als zulässige Geschwindigkeit<br />
der Züge bei unwirksamer<br />
Zugbeeinflussung auf<br />
Hauptbahnen 100 km/h. Im<br />
vorliegenden Fall kam jedoch<br />
hinzu, dass die Fahrzeugsoftware<br />
die Störung dem Tri<strong>eb</strong>fahrzeugführer<br />
nicht anzeigte.<br />
Um eine drohende Stilllegung<br />
der Baureihe durch das Eisenbahn-Bundesamt<br />
(EBA) zu<br />
vermeiden, musste der Betreiber<br />
DB Regio bis Juni alle Züge<br />
Zwei Viertelzüge Baureihe 485+885 S-Bahn Berlin nach Reaktivierung und<br />
Revision in DB-Werken Wittenberge und Dessau zurück im S-Bahnwerk<br />
Berlin-Schöneweide (Foto: DB/Rolf Kranert, März 2011).<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
427
Journal <strong>Bahnen</strong><br />
Revision von 32 Vz dieser BR<br />
an die DB-Werke Wittenberge<br />
und Dessau verg<strong>eb</strong>en.<br />
Aufgrund der ernsthaften<br />
Anstrengungen des Unternehmens,<br />
die technischen und organisatorischen<br />
Defizite zu<br />
beh<strong>eb</strong>en, erteilte das Eisenbahn-Bundesamt<br />
im Dezember<br />
2010 wieder eine Betri<strong>eb</strong>serlaubnis<br />
für nunmehr drei<br />
Jahre. Die Zahl eigener Abonnements<br />
stieg von April bis<br />
Dezember um 8 %, allerdings<br />
in gleicher Größenordnung<br />
auch bei der BVG.<br />
Neue Nahverkehrsanbindungen Hauptbahnhof<br />
Berlin<br />
Anfang Juni 2011 starteten in<br />
Berlin die Bauarbeiten für<br />
zwei weitere Nahverkehrsanbindungen<br />
des Berliner Hauptbahnhofs<br />
(Hbf).<br />
In der Invalidenstraße, die<br />
an der Hbf-Nordseite entlang<br />
verläuft, soll ab 2015 eine<br />
Straßenbahn fahren. Dazu<br />
werden deren Gleise, die von<br />
Osten her jetzt bis zur Chausseestraße<br />
liegen, um 1,7 km bis<br />
zur Einmündung der Invalidenstraße<br />
in die Straße Alt-<br />
Moabit mit einer Wendeschleife<br />
dort verlängert.<br />
Im S-Bahnnetz bekommt<br />
der Hbf zur durchgehenden<br />
Ost-West-Stadtbahn in Hochlage<br />
einen weiteren Anschluss,<br />
und zwar am Nordring in den<br />
S-Bahnhöfen Westhafen und<br />
Wedding mit zwei zweigleisigen<br />
Verbindungskurven, die<br />
Sanierung Brennerbahn<br />
Auf dem 37 km langen österreichischen<br />
Teil der Brennerbahn<br />
Innsbruck – Bozen sind Gleise,<br />
Brücken und Tunnel dringend<br />
erneuerungsbedürftig. Umfangreiche<br />
Arbeiten sind für<br />
Juni bis Oktober 2012 geplant,<br />
was sechs Wochenendsperrungen,<br />
im Monat August Totalsperrung<br />
und drei Monate<br />
etwas nördlich der Invalidenstraße<br />
vereinigt in einen zweigleisigen<br />
Tunnel abtauchen.<br />
Einige der Kreuzungsbauwerke<br />
hierfür wurden in den letzten<br />
Jahren schon mit errichtet.<br />
Im Tiefgeschoss entsteht dann<br />
östlich der DB-Regionalbahnsteige<br />
bis 2017 ein neuer S-<br />
Bahn-Kopfbahnhof. Damit<br />
wird es hier spiegelbildlich die<br />
gleiche Struktur g<strong>eb</strong>en wie<br />
von 1872 bis 1944 zwischen<br />
Südring und Potsdamer Ringbahnhof.<br />
Im Süden warten<br />
dann nach 1,5 km die fertigen<br />
Aus- und Einfädelungen zweier<br />
Streckengleise am S-Bahnhof<br />
Potsdamer Platz; für diesen<br />
ungewissen Lückenschluss<br />
müsste noch die Spree unterquert<br />
werden.<br />
eingleisigen Betri<strong>eb</strong> zur Folge<br />
haben wird. Unter mehreren<br />
Varianten haben sich die Österreichischen<br />
Bundesbahnen<br />
(ÖBB) für diese Lösung als die<br />
zweckmäßigste entschieden. Zu<br />
erneuern sind 26 km Gleis mit<br />
42 000 Schwellen und 120 000 t<br />
Schotter, der Untergrund wird<br />
auf 14 km Länge saniert und<br />
100 Jahre Mittenwaldbahn<br />
den heutigen Belastungen<br />
angepasst, und auf 20 km Länge<br />
sind Arbeiten an der Entwässerung<br />
notwendig, die auf<br />
G<strong>eb</strong>irgsbahnen besonders<br />
wichtig ist. Die 20 m lange<br />
Vikarbachbrücke bei Schönberg<br />
soll in der kurzen Zeit völlig<br />
neu g<strong>eb</strong>aut werden. Die Energieversorgung<br />
der Strecke wird<br />
bei dieser Gelegenheit <strong>eb</strong>enfalls<br />
verstärkt. In zwei Tunneln<br />
müssen insgesamt 660 m gemauertes<br />
Gewölbe erneuert<br />
werden und alle durchweg<br />
150 Jahre alten Tunnel bekommen<br />
gemäß heutigen Vorschriften<br />
Gehwege mit Handlauf,<br />
Beleuchtung, Orien tier ungshilfen<br />
und Sprechverbindungen.<br />
Während der Totalsperrung<br />
fahren für den Personenverkehr<br />
Autobusse; Güterzüge<br />
können über die Tauernbahn<br />
entweder direkt zum Grenzbahnhof<br />
Tarvisio oder über San<br />
Candido/Innichen zurück zur<br />
Brennerbahn umgeleitet werden.<br />
Beim eingleisigen Betri<strong>eb</strong><br />
sollen Eurocity und Rollende<br />
Landstraße durchfahren können.<br />
Die betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen<br />
wie<br />
besonders die HUPAC bemühen<br />
sich um Fahrplantrassen auch<br />
auf Ausweichstrecken durch<br />
Österreich oder die Schweiz.<br />
Dort wird der Alpentransit<br />
durch gleichzeitige Bauarbeiten<br />
auf der Simplonstrecke<br />
erschwert.<br />
rrr<br />
Die von Österreich initiierte,<br />
nach Abschluss eines Staatsvertrages<br />
mit Bayern von Innsbruck<br />
über Mittenwald und<br />
Garmisch-Partenkirchen bis<br />
nach Reutte in Tirol geführte<br />
Bahn wird 2012 hundert Jahre<br />
alt. Sie wurde nach nur 2 1 / 2<br />
Jahren Bauzeit am 28. Oktober<br />
1912 eröffnet und auf dem<br />
Abschnitt Innsbruck – Mittenwald<br />
sogleich elektrisch mit<br />
1 AC 15 kV 15 Hz betri<strong>eb</strong>en; auf<br />
den beiden weiteren Abschnitten<br />
gab es noch eine Zeitlang<br />
Dampftraktion. Am 16. Mai<br />
2011, genau 100 Jahre nach<br />
dem Durchschlag des 1 800 m<br />
langen Martinswandtunnels,<br />
begannen Vorarbeiten für die<br />
Feierlichkeiten, die 1 1 / 2<br />
Jahre<br />
dauern sollen. Als Interreg-<br />
Projekt Tirol-Bayern angelegt,<br />
werden sie im Rahmen der<br />
europäischen Regionalförderung<br />
auch von der EU unterstützt.<br />
Beteiligt sind n<strong>eb</strong>en<br />
den ÖBB und DB Regio auch<br />
die Gemeinden entlang der<br />
Strecke, Vereine und Tourismusorganisationen<br />
sowie das<br />
Verkehrsarchiv Tirol. Eine<br />
Homepage soll demnächst<br />
laufend über die Programme<br />
informieren.<br />
Info: www.mittenwaldbahn.info<br />
rrr<br />
Eurocity München – Verona auf Brenner-Nordrampe zwischen Steinach<br />
am Brenner und St. Jodok (Foto: DB/Bartolomiej Banaszak, 2010).<br />
Deutsch-russisches Joint Venture für<br />
Fahrzeugbau gegründet<br />
Siemens (SIM) hat mit dem<br />
russischen Partner Sinara<br />
Group das Gemeinschaftsunternehmen<br />
Train Technologies<br />
in Russland gegründet. Das<br />
Unternehmen soll für die<br />
Russischen Eisenbahnen (RZD)<br />
Regionalzüge herstellen. Der<br />
erste Auftrag umfasst die<br />
Lieferung von 240 fünfteiligen<br />
Regionaltri<strong>eb</strong>zügen Desiro<br />
RUS. Die Höchstgeschwindigkeit<br />
der Züge soll 160 km/h<br />
betragen. Weitere Details für<br />
die Lieferung der Tri<strong>eb</strong>züge<br />
werden in noch fortzuführenden<br />
Verhandlungen vereinbart.<br />
Die Züge sollen von 2013<br />
428 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
<strong>Bahnen</strong> Journal<br />
bis 2020 nördlich von Jekaterinburg<br />
hergestellt werden.<br />
Gegenwärtig werden in Krefeld<br />
38 der 54 Züge hergestellt,<br />
die 2009 von der RZD<br />
bestellt wurden [1]. Der Vertrag<br />
sieht eine teilweise Fertigung<br />
dieser Züge in Russland<br />
vor. Für die Produktion der<br />
restlichen 16 Züge in Russland<br />
wurde mit dem gegründeten<br />
Joint Venture die rechtliche<br />
Grundlage geschaffen. Die<br />
Regionaltri<strong>eb</strong>züge Desiro RUS<br />
erhalten in Russland den Namen<br />
Lastotschka ()<br />
– kleine Schwalbe. Die ersten<br />
Desiro RUS-Züge sollen im<br />
Herbst 2013 in Vorbereitung<br />
der Olympischen Winterspiele<br />
2014 in Sotchi in Betri<strong>eb</strong> genommen<br />
werden.<br />
[1] N. N.: Olympische Winterspiele<br />
2014: Desiro-Züge für Sotschi.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 108<br />
(2010), H. 1-2, S. 93.<br />
Flexity 2 für Gold Coast. (Designstudie: Bombardier).<br />
Regionaltri<strong>eb</strong>zug Desiro RUS. (Designstudie: Siemens).<br />
Unterwerke und Oberleitungen<br />
sowie für die Signal-,<br />
Steuerungs- und Kommunikationssysteme<br />
und setzt diese<br />
auch in Betri<strong>eb</strong>. 14 si<strong>eb</strong>enteilige<br />
FLEXITY 2-Stadtbahnfahrzeuge<br />
[1] mit je 45 m Länge<br />
und die Ausrüstungen des<br />
Depots, in dem die Instandhaltung<br />
der Fahrzeuge durchgeführt<br />
wird, gehören <strong>eb</strong>enfalls<br />
zum Lieferumfang. Die<br />
Instand haltung der genannten<br />
Ausrüstungen und Fahrzeuge<br />
wird für 15 Jahre von BT<br />
durchgeführt. Als Besonderheit<br />
sind in den FLEXITY 2-<br />
Stadtbahnfahrzeugen Gepäckablagen<br />
für Surfbretter<br />
eing<strong>eb</strong>aut.<br />
[1] N. N.: Neue Straßenbahnfahrzeuge<br />
für Blackpool. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 107 (2009), H. 8,<br />
S. 364.<br />
Neues Stadtbahnsystem in Gold Coast,<br />
Queensland, Australien<br />
Modernisierung des Signalsystems der<br />
Londoner U-Bahn<br />
In Gold Coast im australischen<br />
Bundesstaat Queensland soll<br />
ein Stadtbahnsystem aufg<strong>eb</strong>aut<br />
werden. Eine 13 km lange<br />
Strecke mit 16 Haltestellen<br />
wird das neue Universitätsklinikum,<br />
die Griffith-Universität<br />
und die schnell wachsenden<br />
Geschäfts-, Wohn- und Freizeitzentren<br />
Southport, Surfers<br />
Paradise und Broadbeach ab<br />
2014 miteinander verbinden.<br />
Der Auftrag für Planung, Bau,<br />
Betri<strong>eb</strong> und Instandhaltung,<br />
der einen Wert von etwa<br />
1 Mrd. AUD (730 Mio. EUR)<br />
besitzt, hat das so genannte<br />
GoldLinQ-Konsortium erhalten.<br />
Zu dem Konsortium gehören<br />
McConnell Dowell für die<br />
Baumaßnahmen, Bombardier<br />
Transportation (BT) für die<br />
elektrotechnischen Ausrüstungen<br />
und die Stadtbahnfahrzeuge<br />
sowie KDR Keolis Downer<br />
EDI Rail, ein Zusammen schluss<br />
des Nahverkehrsbetreibers<br />
Keolis und des australischen<br />
Streckenverlauf in Gold Coast.<br />
(Quelle: Google Maps).<br />
Straßen- und Schienenverkehrsunternehmens<br />
Downer<br />
EDI, für den Betri<strong>eb</strong> des Stadtbahnsystems.<br />
Die Plenary<br />
Group ist als finanzieller und<br />
kommerzieller Berater <strong>eb</strong>enfalls<br />
Mitglied des Konsortiums.<br />
BT ist nach eigenen Angaben<br />
für das Projektmanagement<br />
sowie die Systemtechnik und<br />
-integration verantwortlich,<br />
liefert und montiert die technischen<br />
Ausrüstungen für die<br />
Bombardier Transportation<br />
(BT) hat von London Underground<br />
einen Großauftrag zur<br />
Modernisierung des Signalsystems<br />
für die automatische<br />
Zugsteuerung des britischen<br />
U-Bahn-Netzes Sub Surface<br />
Railway, SSR mit dem Automatic<br />
Train Control ATC erhalten.<br />
Dieser Auftrag, der sich auf<br />
rund 354 Mio. GBP<br />
(402 Mio. EUR) beläuft, ist Teil<br />
des Modernisierungsprogramms<br />
des U-Bahn-Netzes<br />
(SSR Upgrade Programme,<br />
SUP). Zum Einsatz wird das<br />
CITYFLO 650 ATC-System mit<br />
seiner kommunikationsbasierten<br />
Zugsteuerungstechnik<br />
Communication-Based Train<br />
Control (CBTC) kommen, das<br />
nach dem Moving-Block-Prinzip<br />
funktioniert und für die<br />
Kommunikation zwischen<br />
Leitzentrale und Zug funkgesteuerte<br />
Netzwerke nutzt. Die<br />
Installation ist ohne Beeinträchtigung<br />
des Betri<strong>eb</strong>s<br />
möglich. Zudem kann das<br />
System zusammen mit herkömmlichen<br />
Zugsteuerungssystemen<br />
betri<strong>eb</strong>en werden.<br />
Der Auftrag umfasst die Erneuerung<br />
des Signalsystems<br />
und die Bereitstellung eines<br />
ATC-Systems für die vier Londoner<br />
U-Bahn-Linien Metropolitan,<br />
District, Circle und Hammersmith<br />
& City. Diese Linien<br />
machen 40 % der Streckenlänge<br />
aus und befördern mit<br />
1,1 Mio. Fahrgästen pro Tag<br />
ein Viertel aller Fahrgäste. Bis<br />
2018 werden 310 km Strecke,<br />
113 Haltestellen, 191 Tri<strong>eb</strong>züge,<br />
49 Wartungszüge sowie<br />
sechs historische Züge ausgestattet.<br />
40 km der auszurüstenden<br />
Strecken verlaufen in<br />
Tunneln. BT leistet für die<br />
tech nischen Systeme zwei<br />
Jahre Garantie.<br />
[1] N. N.: Nahverkehr Taipeh. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 107 (2009),<br />
H. 7, S. 326.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
429
Journal <strong>Bahnen</strong><br />
Testzug China – Deutschland<br />
DB Schenker hat erneut einen<br />
Container-Ganzzug von China<br />
durch Asien nach Deutschland<br />
Tabelle: Container-Ganzzüge China – Deutschland.<br />
Route Süd Mitte [1] Nord<br />
Start und Ziel 1 Chongqing (2) – Duisburg (16) Peking (3) – Hamburg (15) Shanghai (1) – Duisburg (16)<br />
Länge in km 10 320 9 990 12 920<br />
Dauer in Tagen 16 15 19<br />
Länder nach ISO 639 CN – KZ – RU – BY – PL – DE CN – MN – RU – BY – PL – DE CN – RU – BY – PL – DE<br />
Zahl Grenzübergänge 5 5 4<br />
1<br />
(x) Kennung im Bild<br />
Routen für Container-Ganzzüge China – Deutschland, Grenzübergänge in Fahrtrichtung Ost West.<br />
1 Shanghai<br />
2 Chongqing<br />
3 Peking<br />
4 Manzhouli Zabaikalsk<br />
5 Erenhot Zamyn Uud<br />
6 Sukbaatar Naushki<br />
7 Ulan Ude<br />
8 Alashankou Dostyk<br />
fahren lassen. Der Abgangsort<br />
Chongqing in der Provinz<br />
Sichuan im Binnenland Chinas<br />
9 Petropavlovsk Kurgan<br />
10 Jekaterinburg<br />
11 Moskau<br />
12 Krasnoe Osinovka<br />
13 Brest Malaszewicze<br />
14 Kunovice Frankfurt (Oder)<br />
15 Hamburg<br />
16 Duisburg<br />
ist mit derzeit rund 30 Mio.<br />
Bewohnern eines der größten<br />
und am schnellsten wachsenden<br />
Wirtschaftszentren der<br />
Welt. Der Transport führte<br />
südlich an der Mongolei vorbei<br />
und dauerte enschließlich<br />
aller Grenzbehandlungen und<br />
-abfertigungen und zweimaligem<br />
Umladen auf Tragwagen<br />
anderer Spurweite 16 Tage.<br />
Das ist nur etwa halb so lange<br />
wie auf dem Seeweg, und im<br />
Einzelwagenverkehr wäre es<br />
eineinhalb Mal so lange.<br />
Gleichartige Fahrten in den<br />
letzten Jahren waren entweder<br />
durch die Mongolei gelaufen<br />
[1] oder nördlich an dieser<br />
vorbei ganz über die Transsibirische<br />
Bahn. Dieser Weg ist<br />
zwar länger (Tabelle), erfordert<br />
aber eine Zollbehandlung<br />
weniger. Bemerkenswert ist<br />
dass diese Transporte, bis auf<br />
im Verhältnis kurze Abschnitte<br />
in den entlegendsten G<strong>eb</strong>ieten<br />
und an den Grenzen, überwiegend<br />
mit elektrischer Traktion<br />
laufen. Bei ausreichender<br />
Nachfrage und Wirtschaftlichkeit<br />
soll daraus noch 2011 ein<br />
Regelverkehr werden, wobei<br />
sich die Route nach dem jeweiligen<br />
Abgangsg<strong>eb</strong>iet richten<br />
wird. Die Umschlaganlagen<br />
sind an allen drei Ausgangsstellen<br />
China und der Eingangsstelle<br />
Europa modern<br />
und leistungsfähig.<br />
[1] N. N.: Container-Testzug Peking<br />
– Hamburg. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 106 (2008), H. 1-2,<br />
S. 95–96.<br />
Bremsausrüstungen für Metrozüge in China<br />
In Beijing (Peking) entsteht<br />
n<strong>eb</strong>en anderen Projekten<br />
parallel zur Metrolinie 1 etwas<br />
Bremssteuergerät EP2002 (Fotos: Knorr-Bremse).<br />
nördlich zu dieser die 43 km<br />
lange Ost-West-Metrolinie 6<br />
mit den Endstationen Wuluju<br />
und Dongxiaoying<br />
und 25 Zwischenstationen.<br />
Der erste<br />
33 km lange Abschnitt<br />
soll 2012 in<br />
Betri<strong>eb</strong> gehen, der<br />
zweite voraussichtlich<br />
2015. Für 64<br />
achtteilige Metrozüge<br />
des chinesischen<br />
Herstellers<br />
CNR Changchun<br />
Railway Vehicles Co.<br />
Ltd. (CRC) hat<br />
Knorr-Bremse den<br />
Auftrag zur Liefe-<br />
Zweistufiger Dreizylinder-Luftpresser VV120, mit 1 450 min –1 920 l/min<br />
gegen 10 bar bei 50 Hz, etwa 1,2-fache Werte bei 60 Hz, gesamt 158 kg zur<br />
Direktaufhängung.<br />
von links: 3AC-Motor – Luftansaugung und -filter – vorne und gegenüber<br />
Niederdruck-, oben Hochdruckzylinder – Vor- und Nachkühler<br />
430 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
<strong>Bahnen</strong> Journal<br />
rung von EP2002-Bremssteuerungen,<br />
Druckluftkompressoren<br />
Typ VV120 und Bremssätteln<br />
für 25 Mio. EUR bekommen.<br />
Die Komponenten<br />
werden am Produktionsstandort<br />
in Suzhou gefertigt.<br />
Das Unternehmen hat 1990<br />
als ersten Großauftrag aus<br />
China die Bremssysteme für 96<br />
Wagen der Metro Shanghai<br />
geliefert, 2009 vier Aufträge<br />
für das Metronetz Peking<br />
erhalten und bis heute die<br />
Fahrzeuge von neun dortigen<br />
Metrolinien verschiedener<br />
Betreiber ausgerüstet; allein<br />
diese Parks umfassen mit<br />
gleichfalls ausgerüsteten in<br />
Shanghai und Guangzhou<br />
7 000 Fahrzeuge. Der neue<br />
Auftrag ist sein bisher größter<br />
im Metrosegment in Asien,<br />
und mit einem weiteren für<br />
240 Wagen der Metrolinie 1 in<br />
Kunming, Hauptstadt der<br />
Provinz Yunnan, werden es in<br />
China über 10 000 Wagen.<br />
ICE-Tri<strong>eb</strong>züge Baureihe 407<br />
Offenbar vornehmlich in Süddeutschland<br />
trifft man nach<br />
dem Zufallsprinzip auf einen<br />
der neuen ICE-Tri<strong>eb</strong>züge Baureihe<br />
407 wie am 8. Juli 2011<br />
auf dem südlichen Ausziehgleis<br />
des Bahnhofs Nürnberg<br />
Großmarkt abgestellt.<br />
Metrosystem für HoChiMinhCity<br />
Die vietnamische Großstadt<br />
HoChiMinhCity (früher Saigon)<br />
mit rund 6 Mio. Bewohnern<br />
hat die hierfür typischen<br />
Verkehrs probleme asiatischer<br />
Metropolen. Sie bekommt<br />
deshalb ein Metronetz aus<br />
fünf Linien, die von 2015 bis<br />
2020 fertig werden sollen. Für<br />
die Linie 2 (Tabelle) stellt die<br />
Tabelle: Von Deutschland cofinanzierte<br />
Metrolinie 2 in HoChiMinhCity.<br />
Streckenlänge 1<br />
davon unterirdisch<br />
Spurweite<br />
Zahl Stationen<br />
davon unterirdisch<br />
Bahnsteiglänge<br />
Streckenkapazität 2<br />
bei Zügen voll besetzt<br />
Wagen je Zug anfangs<br />
später<br />
Wagenlänge<br />
Breite<br />
Zahl Türen je Seite<br />
<strong>Bahnen</strong>ergieversorgung<br />
3<br />
aus 3 AC<br />
Beginn Bauarbeiten<br />
Betri<strong>eb</strong>seröffnung<br />
1<br />
+2 km zum Depot<br />
2<br />
je Richtung<br />
3<br />
dritte Schiene<br />
11 km<br />
9 km<br />
1 435 mm<br />
11<br />
10<br />
135 m<br />
40 000 h –1<br />
5 m –2<br />
3<br />
6<br />
22 m<br />
3,15 m<br />
4<br />
DC 750 V<br />
110 kV<br />
50 Hz<br />
2012<br />
2016<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
über ihre KfW Entwicklungsbank<br />
eine günstige Finanzierung<br />
für 340 Mio. USD<br />
(241 Mio. EUR) bereit, den<br />
bisher höchsten Betrag im<br />
Rahmen der Zusammenarbeit<br />
beider Länder. Mit diesen<br />
Mitteln sollen besonders deutsche<br />
Lieferungen für den<br />
bahnspezifischen elektrischen<br />
und mechani schen Teil des<br />
Projekts sowie Beratungsleistungen<br />
und die Weitergabe<br />
deutschen Know-hows zu<br />
U-Bahnbau und -betri<strong>eb</strong> finanziert<br />
werden. Weitere<br />
rund 1 Mrd. USD (710 Mio.<br />
EUR) stellen die Asian Development<br />
Bank (ADB) und die<br />
European Investment Bank<br />
(EIB) für Bauleistungen. Vietnam<br />
ist ein Schwerpunktland<br />
der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />
und<br />
hat bisher von Deutsch land<br />
Zusagen über insgesamt<br />
1,1 Mrd. EUR als Darlehen oder<br />
als Zuschüsse erhalten. N<strong>eb</strong>en<br />
Umwelt und Stadtentwicklung<br />
werden die Bereiche<br />
Berufliche Bildung und Gesundheit<br />
unterstützt.<br />
Foto: Jochen Schmidt.<br />
Fahrzeugtestanlage La Pocatière<br />
Bombardier Transportation<br />
(BT) errichtet in Saint-Bruno,<br />
Kanada bis 2012 ein Zentrum<br />
für Produkt-Design und -Entwicklung<br />
(Product Design and<br />
Development Centre) und in<br />
La Pocatière eine moderne<br />
Teststrecke. In dem Kompetenzzentrum<br />
sollen Reisezugwagen<br />
entwickelt und Prototypen<br />
hergestellt werden.<br />
Nach der Entwicklungsphase<br />
werden die Wagen in den<br />
Fahrzeugwerken produziert.<br />
Die Teststrecke in La Pocatière<br />
wird multifunktional aufg<strong>eb</strong>aut,<br />
damit Prüfungen an<br />
allen elektrischen Tri<strong>eb</strong>zügen<br />
uneingeschränkt durchgeführt<br />
werden können. Sie ist einen<br />
Kilometer lang und wird<br />
komplett überdacht. Der Baubeginn<br />
soll noch 2011 erfolgen.<br />
Die technischen und<br />
konstruktiven Arbeiten sind<br />
bereits abgeschlossen. Die<br />
Aufrüstung der Strecke soll<br />
Ende des Sommers beginnen.<br />
Zentrum für Produkt-Design und -Entwicklung in Saint Bruno, Qu<strong>eb</strong>ec<br />
(Designstudie: Bombardier).<br />
Berichtigung<br />
Lokomotivbestand DB<br />
In dem Bericht „<strong>Elektrische</strong>r<br />
Betri<strong>eb</strong> bei der Deutschen<br />
Bahn im Jahre 2010“ in <strong>eb</strong><br />
Heft 1-2/2011 muss es auf<br />
Seite 36 in der Tabelle 6 Spalte<br />
2011 bei den Lokomotiven von<br />
DB Schenker Rail als Summe<br />
1 158 und darunter als<br />
total 2 435 heißen.<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
431
Journal Energie und Umwelt<br />
Lärmsanierung an Bahnstrecken und<br />
Güterwagen<br />
An deutschen Hauptstrecken<br />
soll bis 2020 der Schienenverkehrslärm<br />
gegenüber 2000 um<br />
10 dB (A) sinken, also subjektiv<br />
empfunden auf die Hälfte.<br />
Basis ist ein 1999 aufgelegtes<br />
und mit 100 Mio. EUR/a dotiertes<br />
Bundesprogramm für<br />
Infrastrukturmaßnahmen. Von<br />
den darin aufgenommenen<br />
3 400 km Strecke sind inzwischen<br />
rund ein Viertel abgearbeitet,<br />
wobei 330 km Gleis<br />
Schallschutzwände und knapp<br />
44 000 Wohnungen Schallschutzfenster<br />
bekamen. Aus<br />
Konjunkturmitteln des Bundes<br />
kam dazu ein Jahresbetrag für<br />
ortsfeste Neuerungen. Damit<br />
sind in über 100 geplanten<br />
oder umgesetzten Einzelmaßnahmen<br />
14 neue Technologien<br />
aufgegriffen, vorrangig auf<br />
Strecken mit starkem Güterverkehr<br />
wie am Mittelrhein.<br />
Hier wurden mehr als 20 km<br />
Gleise mit Schienenstegdämpfern<br />
ausgerüstet, in mehreren<br />
Ortslagen Schienenschmiereinrichtungen<br />
eing<strong>eb</strong>aut und<br />
eine Eisenbahnbrücke entdröhnt.<br />
In weiteren Versuchen<br />
erprobt man transparente<br />
oder niedrigere und näher am<br />
Gleis stehende Schallschutzwände,<br />
hochelastische Schienenbefestigungen,<br />
verschäumte<br />
Schotterbettungen und<br />
Unterschottermatten.<br />
Auch für die Fahrzeuge gibt<br />
es jetzt wie lange gefordert<br />
eine Lösung. Die DB will zum<br />
Fahrplanwechsel im Dezember<br />
2012 die Trassenpreise für Güterzüge,<br />
die nicht ausschließlich<br />
aus Wagen mit lärmarmer<br />
Bremse g<strong>eb</strong>ildet sind, erhöhen.<br />
Die Mehrerträge sollen, durch<br />
Bundeszuschuss verdoppelt, als<br />
Boni direkt an die Einsteller<br />
von Güterwagen mit lärmarmer<br />
Bremse fließen. Hierdurch<br />
hofft man, in acht Jahren mit<br />
0,3 Mrd. EUR die Umrüstung<br />
von rund 180 000 Güterwagen<br />
deutscher Halter zu erreichen.<br />
Für ausländische Wagen rechnet<br />
man mit wirksamem Preisdruck<br />
der mehrbelasteten Eisenbahnverkehrsunternehmen.<br />
In Erwartung der Erg<strong>eb</strong>nisse<br />
aus europaweiten Versuchsfahrten<br />
eines EuropeTrain mit<br />
LL-Brems sohlen ist ein auf<br />
2014 befristetes DB-Forschungsprojekt<br />
Lärmreduzierter<br />
Güterverkehr durch innovative<br />
Verbundstoffbremssohlen<br />
(LäGiV) aufgelegt. Zusammen<br />
mit einem Herstellerkonsortium<br />
aus Wabtec/Becorit,<br />
Bremskerl, Honeywell,<br />
Federal Mogul und TMD Friction<br />
sowie deren Verband der<br />
Reibbelagindustrie (VRI) will<br />
man bis 2012 erste Prototypen<br />
und dann mehrere marktfähige<br />
LL-Verbund stoff bremssohlen<br />
entwickeln, welche die<br />
aus den Versuchsfahrten gewonnenen<br />
Zulassungskriterien<br />
erfüllen. Den 15 Mio. EUR Gesamtetat<br />
fördert das Bundesministerium<br />
für Wirtschaft<br />
und Technologie mit knapp<br />
7 Mio. EUR. Die LL-Sohlen sind<br />
begehrte Alternative zu den<br />
seit 2003 zugelassenen<br />
K-Brems sohlen, deren anderes<br />
ÖBB-Klimabilanz 2010<br />
Mit 92 % der 16,7 Hz-<strong>Bahnen</strong>ergie<br />
aus erneuerbaren Energien<br />
ist der elektrische Bahnbetri<strong>eb</strong><br />
in Österreich im Vergleich<br />
zu dem in der Schweiz mit 75 %<br />
und zu Deutschland mit 20 %<br />
überaus klimafreundlich. Der<br />
absolute Bedarf ist seit 2003<br />
praktisch gleich groß g<strong>eb</strong>li<strong>eb</strong>en<br />
(Bild 5 in <strong>eb</strong> Heft 7/2010 Seite<br />
294), obwohl in diesen Jahren<br />
die transportierten Gütermengen<br />
und Personenzahläquivalente<br />
um >10 % gestiegen sind.<br />
Erreicht wurde das durch den<br />
vermehrten Einsatz rückspeisefähiger<br />
Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge und<br />
Schulung der Tri<strong>eb</strong>fahrzeugführer<br />
in Energie sparender<br />
Fahrweise.<br />
ÖBB-Bahnstromversorgungspreise 2011<br />
Reibwertverhalten teure Umbauten<br />
der gesamten Bremsanlage<br />
erfordert.<br />
ÖBB Infrastruktur bestimmt<br />
für 16,7-Hz-Bahnstrom-Jahresverträge<br />
2011 als Hochtarifzeit<br />
(HT) für Montag bis Freitag,<br />
soweit kein Feiertag,<br />
08:00 bis 20:00, als Niedertarifzeit<br />
(NT) für Montag bis<br />
Samstag, soweit kein Feiertag,<br />
00:00 bis 06:00 sowie für<br />
Sonn- und Feiertag 00:00 bis<br />
09:00; dazwischen gilt Mitteltarif<br />
(MT).<br />
Als Arbeitspreise ab Oberleitung<br />
gelten für Elektro-<br />
Zugfahrten mit Zählerwertenabrechnung<br />
HT 159,25 EUR/<br />
MWh, MT 117,72 EUR/MWh<br />
und NT 103,27 EUR/MWh. Die<br />
Preise enthalten das Entgelt<br />
für die Nutzung des Bahnstromnetzes<br />
und alle mit<br />
„Stromlieferungen“ zusammenhängenden<br />
Abgaben und<br />
Steuern, ausgenommen 20 %<br />
Umsatzsteuer. Bemerkenswert<br />
ist, dass rückgespeister Bahnstrom<br />
mit denselben Werten<br />
vergütet wird. Blauer Bahnstrom,<br />
das heißt zu 100 % aus<br />
Wasserkraft stammend, kostet<br />
zeitunabhängig 3,00 EUR/<br />
MWh mehr für den Saldo aus<br />
Abnahme und Rückspeisung.<br />
Messpreise fallen mit 65,00,<br />
70,00 oder 75,00 EUR/Monat<br />
an, je nachdem, wem der<br />
Zähler gehört und wer ihn<br />
ausliest.<br />
Für die Durchleitung gelten<br />
als Netznutzungspreise, bei<br />
den selben Tarifzeiten, bei HT<br />
und MT etwa die 0,5-fachen<br />
Werte und bei NT etwa der<br />
0,7-fache, Viertelstunden-<br />
Rückspeisesalden werden wesentlich<br />
geringer vergütet.<br />
Quelle: ÖBB Presse Infrastruktur<br />
AG Das Unternehmen<br />
Bahnstromversorgung<br />
Bahnstrompreise-Jahresvertrag<br />
oder Durchleitungspreise<br />
Produkte und Lösungen<br />
Mobiles Störfeldmessgerät<br />
Für interoperabel einsetzbare<br />
Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge sieht die<br />
Richtlinienreihe EN 50238<br />
unter anderem Mess- und<br />
Bewertungsverfahren vor, die<br />
Zulassungen ohne länderspezifische<br />
Messungen ermöglichen<br />
sollen. Das Frequenzmanagement<br />
wird auf Basis der<br />
in TS 50238-3 definierten<br />
Verfahren im Interface Document<br />
der aktuell überarbeiteten<br />
TSI-CCS festgelegt werden.<br />
Das mobile System<br />
Magnetic Noise Receiver<br />
(MNR) auf Basis INTEL-<br />
432 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Produkte und Lösungen Journal<br />
Industrie-PC kann dazu Echtzeitmessungen<br />
aufnehmen,<br />
aufzeichnen und auswerten.<br />
Messreihen bei den ÖBB bestätigten,<br />
dass es die TS-<br />
Anforderun gen zur Messmethodik<br />
und Auswertung<br />
voll erfüllt. Seine Funktionen<br />
wie dreidimensionale Felder-<br />
Erfassung und Echtzeitauswertung<br />
wurden bei Fahrgeschwindigkeiten<br />
bis 200 km/h<br />
bewiesen. Online-Auswertung<br />
mittels FFT-Analyse oder diskret<br />
programmierten Filterkurven<br />
konnte dargestellt<br />
werden, aber auch Aufzeichnung<br />
der unbearbeiteten<br />
Rohdaten zur späteren Auswertung<br />
ist möglich. Besondere<br />
Merkmale sind robuste<br />
Befestigung an der Schiene<br />
und Einstellmöglichkeiten<br />
nach Vorbild RSR 123.<br />
Info: www.frauscher.com<br />
Mobile Magnetic Noise Receiver im Feldtest (Foto: Frauscher Sensortechnik<br />
GmbH).<br />
Kommentare<br />
zur Y-Nordringanbindung Berlin Hauptbahnhof<br />
Die Nachricht vom Baubeginn<br />
wirft wieder die Frage nach<br />
dem Sinn auf, für derzeit veranschlagte<br />
226 Mio. EUR eine neue<br />
zweigleisige Y-Anbindung der<br />
S-Bahn an die Ringbahn zu<br />
bauen und unterirdisch in den<br />
neuen Hauptbahnhof (Hbf)<br />
hineinzuführen, wo es doch in<br />
Sichtweite bereits die mit 1 AC<br />
15 kV elektrifizierten zweigleisigen<br />
Strecken Westhafen – Hbf<br />
und Gesundbrunnen – Hbf und<br />
weiter über Potsdamer Platz<br />
zum Südkreuz gibt. Damit<br />
besteht bereits eine perfekte<br />
Anbindung des Hbf von Norden<br />
und von Süden her, deren vier<br />
Tunnel- und acht Bahnsteiggleise<br />
bei weitem nicht ausgelastet<br />
sind. Welch schnelle Verbindungen<br />
darauf möglich sind, zeigte<br />
sich, als im Herbst 2009 die<br />
S-Bahn-Fahr zeug misere Ersatz-<br />
Fahrplanausschnitt Süd-Nord-Regionalverkehr Berlin Herbst 2009 (Sammlung Ch. Tietze).<br />
verkehr mit AC-Tri<strong>eb</strong>zügen Baureihe<br />
425 erforderte (Bild). Ein<br />
durchdachtes Betri<strong>eb</strong>skonzept<br />
hiernach könnte die zweite<br />
Y-Spange, den fünften Hbf-<br />
Tief bahn steig und später die<br />
zweite Spree-Unterquerung<br />
zum Potsdamer Platz überflüssig<br />
machen. Übergänge vom<br />
und zum S-Bahnnetz sind in<br />
den neuen oder großzügig<br />
modernisierten Bahnhöfen<br />
Jungfernheide und Gesundbrunnen<br />
am Nordring, Potsdamer<br />
Platz in Stadtmitte und<br />
Südkreuz am Südring vorhanden,<br />
einige unstrittig fehlende<br />
Zwischenhaltepunkte können<br />
auf weitgehend stillgelegtem<br />
Bahngelände mit wenig Aufwand<br />
geschaffen werden. Die<br />
Länder Berlin und Brandenburg<br />
sollten ihre gedeckelten Finanzmittel<br />
für Nahverkehrsleistungen<br />
sinnvoller schrittweise von<br />
der S-Bahn – mit Stromschiene<br />
DC 800 V ohnehin ein nicht<br />
mehr zeitgemäßes Unikat – auf<br />
das 1AC-Bahnnetz verlagern.<br />
Das wäre zugleich ein Beitrag<br />
zur Lösung des Fahrzeugmangels<br />
bei der S-Bahn, der wohl<br />
auch bis 2017 nicht behoben<br />
sein wird.<br />
Christian Tietze, Berlin<br />
zu Diesellokomotiven für die DB<br />
Mit dem in <strong>eb</strong> Heft 6/2011<br />
(Seite 311–312) gemeldeten<br />
Vertragsabschluss zwischen<br />
DB Regio und Bombardier<br />
Transportation über die Lieferung<br />
von 200 dieselelektrischen<br />
Lokomotiven von 2013<br />
bis 2020 scheint ein grundsätzlicher<br />
Übergang vom dieselhydraulischen<br />
zum dieselelektrischen<br />
System vorgesehen zu<br />
sein. Dies wäre das Ende einer<br />
mit dem Namen Föttinger<br />
verbundenen Ära. Der Maschineningenieur<br />
Hermann<br />
Föttinger (* 1877 in Nürnberg,<br />
† 1943 in Berlin) war Konstrukteur<br />
bei der Vulkan-Werft in<br />
Stettin und später Professor<br />
an den Technischen Hochschulen<br />
Danzig sowie Berlin; er<br />
erfand unter anderem die<br />
Föttinger-Kupplung und das<br />
Föttinger-Getri<strong>eb</strong>e.<br />
Joseph Beiens, München<br />
Anmerkung: DB Schenker hat<br />
im Sommer 2008 bei Voith<br />
Turbo 130 dieselhydraulische<br />
Rangierlokomotiven bestellt.<br />
Im Vorfeld dazu sagte die DB<br />
auf Anfrage, dass die Wahl<br />
von Dieselelektrik oder Dieselhydraulik<br />
den Anbietern überlassen<br />
bleibe und die Entscheidung<br />
von den Life Cycle<br />
Costs abhängen werde. Wie<br />
vor drei Jahren gilt auch heute,<br />
dass öffentliche Vergleiche<br />
hierüber <strong>eb</strong>enso interessant<br />
wären wie vor 25 Jahren<br />
(Historie in <strong>eb</strong> Heft 9/2007<br />
Seiten 497–499). Hersteller<br />
und Betreiber seien hiermit<br />
dazu aufgerufen.<br />
Be<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
433
Journal Kommentare<br />
zu Autotransformatoren zur<br />
Spannungsstützung<br />
Die im <strong>eb</strong>-Heft 4-5/2011 Seite<br />
242–246 im Abschnitt 3 beschri<strong>eb</strong>ene<br />
Lösung, die Spannungshaltung<br />
bei AC-<strong>Bahnen</strong><br />
mit 1AC-Autotransformatoren<br />
zu verbessern, ist nicht grundsätzlich<br />
neu. Sie wurde vielmehr<br />
schon in den 1950er<br />
Jahren einmal bei der DB angewendet,<br />
um die Fahrleitungsspannung<br />
auf der 22-‰-Rampe<br />
Geislingen (Steige) – Amstetten<br />
heraufzusetzen [1].<br />
Be<br />
[1] Schneider, M.: Zusatzumspanner<br />
für die Verbesserung der<br />
Fahrleitungsspannung auf Steilrampen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
23 (1952), H. 9, S. 228–232. Prinzipschaltbild Zusatzumspanner zum Hochsetzen der Fahrleitungsspannung<br />
in Amstetten zwischen Unterwerken Neu-Ulm (links, 29 km) und<br />
Plochingen (rechts, 44 km) (Bild 3 in [1]).<br />
Blindleistung<br />
Abspannportal mit Traversen<br />
Fehlstation<br />
„Zum Erneuern von 26 km<br />
Gleis müssen 50 km Schienen<br />
... eing<strong>eb</strong>aut werden.“ (aus<br />
Skript zu einer Streckengroßsanierung).<br />
Perspektivisch anderer Aus schnitt<br />
von Unterwerk an der Strecke<br />
Beijing – Tianjin (Bild 6 in <strong>eb</strong><br />
Heft 8/2009 Seite 348).<br />
434 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
mit 5 zusätzlichen Fachaufsätzen<br />
WISSEN für die ZUKUNFT<br />
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<strong>Elektrische</strong> Zugförderung<br />
im Lötschberg-Basistunnel<br />
Dieses Buch dokumentiert und illustriert die<br />
Einzelschritte vom Pflichtenheft bis zur Betri<strong>eb</strong>sbewilligung<br />
für den Bahnverkehr in dem Jahrhundertbauwerk.<br />
Der Lötschberg-Basistunnel ist die erste alpenunterquerende<br />
Hochleistungsbahnverbindung, die zum<br />
Europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz gehört.<br />
Der Tunnel wird seit Dezember 2007 fahrplanmäßig<br />
sowohl von Reisezügen genutzt, die mit Geschwindigkeiten<br />
von bis zu 250 km/h fahren, wie auch von<br />
Güterzügen mit bis 3.250 Tonnen Anhängelast. Seine<br />
elektrische Ausrüstung ist nach Umfang und Anforderungen<br />
bis heute beispiellos und einzigartig.<br />
Erfahren Sie, welche ingenieur- und bautechnischen<br />
Meisterleistungen nötig waren, bis der sichere<br />
Betri<strong>eb</strong> von Hochgeschwindigkeitszügen durch diese<br />
Alpentransversale möglich wurde.<br />
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Journal Historie<br />
<strong>eb</strong> – <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> im Jahre 1936 – Teil 2<br />
Fortsetzung zu <strong>eb</strong> Heft 3/2011<br />
Seiten 165–167<br />
Gleich am Anfang stand<br />
mit [16] das große Elektrifizierungsvorhaben<br />
der Deutschen<br />
Reichsbahn im Vordergrund,<br />
das schon in früheren Heften<br />
angekündigt war und nun mit<br />
hoher Priorität begonnen wurde,<br />
nämlich der elektrische Lückenschluss<br />
zwischen süddeutschem<br />
und mitteldeutschem<br />
Netz über 320 km mit dem<br />
Fernziel Berlin (Bild 8). Diese<br />
Karte ist bemerkenswert, weil<br />
hier erstmalig die mögliche<br />
Verbindung Leipzig – Dresden<br />
– Görlitz zum schlesischen<br />
Netz dargestellt erscheint.<br />
Konkrete Planungen hierzu<br />
sind nicht bekannt; mit dem<br />
Zweiten Weltkrieg zerplatzte<br />
ohnehin diese Vision. Auch die<br />
für Sommer 1939 geplante Betri<strong>eb</strong>saufnahme<br />
bis Halle<br />
scheiterte kriegsbedingt, gelang<br />
aber immerhin bis Leipzig<br />
noch im November 1942. Zu<br />
dem Vorhaben gehörte auch<br />
der Zusammenschluss der<br />
16 2 / 3<br />
-Hz-<strong>Bahnen</strong>ergieversorgung<br />
zwischen den nicht ausgelasteten<br />
Wasserkraftwerken<br />
in Bayern und dem Braunkohlekraftwerk<br />
Muldenstein mit<br />
einer 110-kV-Bahnstromleitung<br />
und einem Umformer bei<br />
Nürnberg als weiterem Stützpunkt.<br />
Die Investitionen waren<br />
mit 68 Mio. Reichsmark (RM)<br />
für ortsfeste Anlagen veranschlagt<br />
und teilten sich zu rund<br />
64 % für Starkstrom anlagen<br />
und 36 % für Bau, Fernmeldeund<br />
Sicherungstechnik auf, für<br />
Tri<strong>eb</strong>fahrzeugbeschaffung waren<br />
46 Mio. RM vorgesehen. Die<br />
Reichsbahn musste strenge,<br />
nach Prozentsätzen für die einzelnen<br />
Gewerke geltende Vorgaben<br />
zur Beschäftigung Arbeitsloser<br />
beachten.<br />
Ähnliche Großvorhaben<br />
hatten sich die kleineren Österreichischen<br />
Bundesbahnen<br />
(BBÖ) vorgenommen [28]. Eine<br />
bekannte Netzkarte (<strong>eb</strong> Heft<br />
7/2008 Seite 331 Bild 9) zeigte<br />
die geplante Ausdehnung des<br />
elektrischen Betri<strong>eb</strong>s östlich<br />
von Salzburg nach Wien und<br />
von dort auf der historischen<br />
Bild 8: Streckenelektrifizierung Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft 1936 (Bild 1 aus [16]).<br />
Bild 9: Zwei Tri<strong>eb</strong>züge Vorg<strong>eb</strong>irgsbahn Köln – Bonn, Baujahr 1930 (Bild 7<br />
aus [29]).<br />
Spurweite 1 435 mm, Fahrleitungsnennspannung DC 1 100 V, Länge über<br />
Puffer 2 x 19 m, Radsatzfolge Bo’Bo‘+22, Stundenleistung 460 kW, Höchstgeschwindigkeit<br />
85 km/h, Sitzplatzzahl 140<br />
Südbahn nach Graz, jedoch<br />
wurde im Text dies nicht kommentiert.<br />
Das hauptsächlich<br />
nach dem Ersten Weltkrieg<br />
von Westen her einschließlich<br />
Brenner- und Tauernbahn bis<br />
Salzburg mit 1 AC 15 kV<br />
16 2 / 3<br />
Hz elektrifizierte Netz<br />
hatte 826 km Betri<strong>eb</strong>slänge erreicht.<br />
Einschließlich der 91 km<br />
langen mit 1 AC 25 Hz betri<strong>eb</strong>enen<br />
Mariazeller Schmalspurbahn<br />
und einiger lokaler DC-<br />
<strong>Bahnen</strong> betrugen die netzweiten<br />
Anteile schon 16 % der<br />
Streckenlänge und 21 % der<br />
Bruttotonnenkilometer. An<br />
elektrischen Tri<strong>eb</strong>fahrzeugen<br />
waren 219 Lokomotiven und<br />
Tri<strong>eb</strong>wagen vorhanden.<br />
Schwerpunkt des Berichtes waren<br />
wieder die Energiewirtschaft<br />
und die Betri<strong>eb</strong>sführung<br />
der fünf Wasserkraftwerke<br />
mit zusammen 94 MW<br />
Leistung, die sich zu 56 % auf<br />
Speicher- und 44 % auf Laufwasserwerke<br />
aufteilten. Nur<br />
134 GWh mittlere Jahresarbeit,<br />
das heißt nur 1 660 h/a Ausnutzung<br />
erklärten sich zum Teil<br />
aus ungleichförmigem Wasserzufluss<br />
und aus hohen Lastspitzen<br />
auf G<strong>eb</strong>irgsstrecken,<br />
zeigten aber auch Überkapazitäten.<br />
Diagramme der Tagesbelastung<br />
und Regelkennlinien<br />
der ständig im Verbund parallel<br />
betri<strong>eb</strong>enen Kraftwerke<br />
veranschaulichten die Zusammenhänge.<br />
Im Raum Köln war die ursprünglich<br />
meterspurige, von<br />
den Köln-Bonner Eisenbahnen<br />
(KBE) betri<strong>eb</strong>ene Vorg<strong>eb</strong>irgsbahn<br />
Köln – Brühl – Bonn nach<br />
1920 schrittweise auf Tri<strong>eb</strong>wagen<br />
mit Benzolmotorantri<strong>eb</strong><br />
umgestellt worden. Ab 1929<br />
erfolgte <strong>eb</strong>enfalls abschnittsweise<br />
der Umbau auf Normalspur<br />
mit Linienverbesserungen<br />
und die Elektrifizierung mit<br />
DC 1,1 kV wie schon 1906 bei<br />
der Rheinuferbahn. Mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
war 1935 der letzte Abschnitt<br />
Brühl – Köln fertiggestellt<br />
worden [29]. Für die rund<br />
30 km Gesamtstrecke, die in<br />
436 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Historie Journal<br />
Bild 10: Streckenfahrleitung<br />
Vorortverkehr<br />
Kopenhagen<br />
(Bild 3 aus [17]).<br />
Nennspannung DC<br />
1 500 V, Doppelfahrdraht<br />
Cu 2x100 mm 2<br />
nachgespannt, Tragseil<br />
70 mm 2 fest, Verstärkungsleiter<br />
Cu-Seil<br />
240 mm 2<br />
Bild 11: Tunnelfahrleitung Vorortverkehr Kopenhagen (Bild 11 aus [17]).<br />
Tragseil 2 x 70 mm 2 , sonst wie Bild 9<br />
Bild 12: Wassergekühlte<br />
12-anodige Hg-Dampfgleichrichter<br />
in Stahlgefäßen,<br />
Unterwerk<br />
Enghave Vorortverkehr<br />
Kopenhagen<br />
(Bild 16 aus [26]).<br />
Nenndaten DC 1 650 V,<br />
1 500 A dauernd bis<br />
4 500 A mit 40 s<br />
Bild 13: Forciert belüftete<br />
Wasserrückkühler<br />
Unterwerk Enghave<br />
(Bild 15 aus [26]).<br />
Bonn und in Köln auf die mit<br />
DC 0,55 kV betri<strong>eb</strong>enen Straßenbahnstrecken<br />
überging,<br />
waren nur zwei Unterwerke<br />
mit Hg-Dampf gleichrichtern<br />
notwendig. Die für 85 km/h<br />
ausgelegte Fahrleitung war<br />
wie bei der KBE als Kettenwerk-Oberleitung<br />
in Vielfachaufhängung<br />
ausgeführt. Ab<br />
1930 waren fest gekuppelte<br />
vierachsige Tri<strong>eb</strong>- und Steuerwagen<br />
neu beschafft (Bild 9).<br />
Es gab einen 30-/60-min-Taktfahrplan<br />
mit Personen- und<br />
Eilzügen. Seit den 1970er Jahren<br />
sind Vorg<strong>eb</strong>irgsbahn und<br />
Rheinuferbahn als U-<strong>Bahnen</strong><br />
in den Verkehrsverbund Rhein-<br />
Sieg integriert.<br />
Kopenhagen mit damals<br />
0,8 Mio. Bewohnern hatte<br />
1934/1936 ein mit Oberleitung<br />
DC 1,5 kV betri<strong>eb</strong>enes Nahverkehrsnetz<br />
erhalten [17; 26]. Es<br />
war überwiegend mit eigenen<br />
Gleisen parallel zu den vom<br />
Hauptbahnhof ausstrahlenden<br />
Fernverkehrsstrecken angelegt<br />
und besteht trotz deren Elektrifizierung<br />
mit 1AC 25 kV 50 Hz<br />
ab 1985 auch heute noch. Eine<br />
grundsätzliche Systemdiskussion<br />
hatte es vorher nicht geg<strong>eb</strong>en,<br />
nur die Alternative<br />
DC 3 kV war im Hinblick auf<br />
Leitungskupferersparnis untersucht<br />
und wegen erhöhter<br />
Fahrzeugkosten wieder verworfen<br />
worden, desgleichen<br />
ein Stromschienenbetri<strong>eb</strong> wegen<br />
vieler Gleiskreuzungen.<br />
Die Bauart der Streckenfahrleitung<br />
folgte deutschen Normen<br />
bei 350 mm Zickzack, während<br />
im Innenstadt-Tunnel eine Sonderbauform<br />
mit gespreiztem<br />
Doppeltragseil entstand (Bilder<br />
10 und 11). Die Standorte der<br />
zunächst vier Unterwerke einheitlicher<br />
Bauart und Leistung<br />
waren für 30 % maximalen<br />
Spannungsfall und mit Blick<br />
auf Streckenerweiterungen<br />
ausgesucht (Bilder 12 und 13).<br />
Für ein flexibles Zugang<strong>eb</strong>ot<br />
wurden zunächst kuppelbare<br />
Tri<strong>eb</strong>züge aus zwei Tri<strong>eb</strong>- und<br />
einem Mittelwagen mit<br />
8 x 120 kW Stundenleistung eingesetzt,<br />
später sollte es auch<br />
Züge mit zwei Mittelwagen sowie<br />
aus je einem Tri<strong>eb</strong>wagen<br />
und Steuerwagen g<strong>eb</strong>en.<br />
Zwei Beiträge erinnern daran,<br />
wie schon in früher Zeit<br />
der Bahnelektrifizierung extreme<br />
Witterungseinflüsse die<br />
Standfestigkeit der Bahnstrom-<br />
Fernleitungen herausforderten.<br />
An der Arlberg-Leitung<br />
der BBÖ hatten zwei schwere<br />
Lawinenabgänge aufwändige<br />
Reparaturen erfordert [20]. Im<br />
schlesischen Rieseng<strong>eb</strong>irgsvorland<br />
hatten leidvolle Erfahrungen<br />
grundsätzliche Verbesserungen<br />
der Mastbauformen<br />
und der Seilaufhängungen erfordert,<br />
um Kurzschlüsse und<br />
Seilrisse durch Wind und Eisbelag<br />
zu vermeiden, und ein Enteisungsverfahren<br />
mittels gezieltem<br />
Einspeisen begrenzter<br />
Kurzschlussströme war erfolgreich<br />
gewesen (Bild 14); das<br />
Wissen um diese Kunstschaltungen<br />
scheint heute verloren<br />
zu sein. Eislastbeanspruchungen<br />
und ihr Einfluss auf den<br />
Durchhang führten nach komplizierten<br />
Rechenbeispielen<br />
zur sicheren Erkenntnis, dass<br />
Schwenkausleger an Fernleitungsmasten<br />
Gewicht und Material<br />
sparen und den festen<br />
Auslegern mechanisch gleichwertig<br />
seien [19].<br />
Zur Einstimmung auf nun<br />
folgende Beiträge zu Tri<strong>eb</strong>fahrzeugen<br />
konnte man sich<br />
in [23] einlesen, wo systematisch<br />
abgeleitet alle wegen der<br />
Vielzahl damaliger Fahrzeugkonstruktionen<br />
möglichen<br />
Radsatzfolgen mit alpha-numerischer<br />
Codierung erfasst<br />
wurden. Dieses Schema ist<br />
auch heute noch gültig, wenn<br />
es daraus auch praktisch nur<br />
noch die Einzelachsantri<strong>eb</strong>e<br />
Bo‘Bo‘und Co’Co‘ gibt, in<br />
Frankreich vereinfacht als BB<br />
und CC bezeichnet.<br />
Einen weiteren Normierungserfolg<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit IEC konnte der Herausg<strong>eb</strong>er<br />
in [36] darstellen: In<br />
übersichtlicher Gliederung<br />
wurden die Schaltzeichen der<br />
Starkstrom-, Steuer- und Messkreise<br />
elektrischer Tri<strong>eb</strong>fahrzeuge<br />
tabellarisch dargestellt<br />
und in drei Sprachen verbindlich<br />
benannt (Bild 15). Auch<br />
wenn viele Symbole durch<br />
Leistungselektronik und Rechnertechnik<br />
überholt sind,<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
437
Journal Historie<br />
Bild 14: Zweipoliges Schaltbild Fernleitungsheizung im schlesischen Bahnstromnetz bei fortgeführtem elektrischen Zugbetri<strong>eb</strong> (Bild 8 aus [18]).<br />
Lauban: Heizkurzschlussschalter<br />
Hirschberg: Heiztrennschalter, Sammelschienen I und II 80 kV, Umspanner-Hauptschalter, (Bahn)-Um spanner in Heizschaltung, Trennumschalter, Heizhauptschalter<br />
2 und 1, (Bahn)-Umspanner in Betri<strong>eb</strong>sschaltung, Sammelschienen I und II 15 kV zum Bahnbetri<strong>eb</strong><br />
Nieder Salzbrunn: Erdungsschalter, Außen-Hauptschalter, Sammelschienen I und II 80 kV außen mit Abzweigen nach Breslau, Heiztrennschalter, Innen-<br />
Hauptschalter, Sammelschienen I und II 80 kV, Umspanner-Hauptschalter, Trennschalter, Bahnumspanner in Betri<strong>eb</strong>sschaltung und in Heizschaltung,<br />
(Heiz)-Hauptschalter, Trennschalter, Sammelschienen I und II 15 kV zum Bahnbetri<strong>eb</strong><br />
Mittelsteine: Erdungsschalter, Bahnstromleitungen I und II 80 kV<br />
lohnt die Darstellung noch als<br />
Übersetzungshilfe.<br />
Beeindruckend umfangund<br />
inhaltsreich war die Beschreibung<br />
[22] der schon früher<br />
vorgestellten deutschen<br />
1‘Do1‘-Schnellzuglokomotive<br />
E 18 (<strong>eb</strong> Heft 11/2010 Seite<br />
537 Bild 13). Wegen ihrer beachtlichen<br />
4 220 PS = 3 100 kW<br />
„größter Stundenleistung auf<br />
letzter Fahrstufe bei 15 kV<br />
Fahrdrahtspannung“ und<br />
150 km/h Höchstgeschwindigkeit<br />
wurde sie damals als „leistungsstärkste<br />
Einrahmen-Lokomotive<br />
der Welt“ gerühmt<br />
und auch wegen ihrer gelungenen<br />
aerodynamischen Kontur<br />
auf der Pariser Weltausstellung<br />
1937 ausgezeichnet.<br />
Die elektrische Ausrüstung<br />
war aus der E 04 (<strong>eb</strong> Heft<br />
Bild 15: Beisipiel IEC-Schaltzeichen (Ausschnitt aus Tafeln in [36]).<br />
7/2008 Seite 332) von drei auf<br />
vier Fahrmotoren höherer<br />
Leistung weiter entwickelt<br />
worden. Die Führung der äußeren<br />
Treibradsätze übernahmen<br />
die bewährten Krauss-<br />
Helmholtz-Lenkgestelle Bauart<br />
Kleinow (Bild 16). Erstmalig<br />
bei elektrischen Lokomotiven<br />
wurde eine Hochleistungs-<br />
Druck luft bremse mit geschwindigkeitsabhängiger<br />
selbsttätiger Abstufung des<br />
Bremszylinderdrucks angewendet<br />
(Bild 17). Illustriert<br />
438 109 (2011) Heft 8 <strong>eb</strong>
Historie Journal<br />
Tabelle 1: Fernleitungsheizung im schlesischen Bahnstromnetz (Ergänzungen<br />
aus Bild 14).<br />
Bild 16: Lenkgestell Schnellzuglokomotive E 18 und Treibradsatz, AEG-<br />
Hohlwellen-Federtopf antri<strong>eb</strong>, Fahrmotor und Doppellüfter getrennt für<br />
Ständer und Läufer (Bild 8 aus [22]).<br />
Bild 17: Fliehkraftschalter für zweistufige<br />
Druckluftbremse Schnellzuglokomotive<br />
E 18 (Bild 17 aus [22]).<br />
<strong>eb</strong> 109 (2011) Heft 8<br />
Lauban –<br />
Hirschberg<br />
Hirschberg –<br />
Nieder Salzbrunn<br />
Nieder Salzbrunn –<br />
Mittelsteine<br />
Entfernung km 41 46 38<br />
Cu-Leiterseil mm 2 30 65 90<br />
Heizstrom A 155 275 375<br />
Heizdauer min 45 60 45<br />
Bild 18: Wirbelstrombremsmagnete<br />
(Bild 15 aus [32]).<br />
Bild 19: Wirbelstrombremsscheibe<br />
(Bild 14 aus [32]).<br />
wurde dies mit einem ganzseitigen<br />
Farbdruck des Druckluftschemas<br />
als Beilage; <strong>eb</strong>enso<br />
großzügig lag auch der elektrische<br />
Steuerstromschaltplan<br />
farbig bei. Von einer Serienbestellung<br />
der Reichsbahn für 92<br />
Lokomotiven wurden kriegsbedingt<br />
nur 53 geliefert, dazu<br />
8 lizenzierte Nachbauten für<br />
die BBÖ. Die DB übernahm 39<br />
Stück mit schweren Kriegsschäden<br />
in ihren Bestand und<br />
ließ 1955 zwei Stück nachbauen;<br />
die letzten davon wurden<br />
erst 1984 ausgemustert! Die<br />
E 18 047 ist nach Wiederaufarbeitung<br />
betri<strong>eb</strong>sfähig. Bei der<br />
DR erl<strong>eb</strong>ten zwei für 180 km/h<br />
umg<strong>eb</strong>aute E 18 als BR 218 sogar<br />
noch die politische Wende<br />
1989 und sind als nicht mehr<br />
betri<strong>eb</strong>sfähige Museumsfahrzeuge<br />
erhalten g<strong>eb</strong>li<strong>eb</strong>en.<br />
Die in [23] vorgestellte Meterspur-Bahnstrecke<br />
erschloss<br />
den Südosten Brasiliens südlich<br />
Rio de Janeiro im Güterund<br />
Personenverkehr und fällt<br />
zur Atlantikküste hin mit 20<br />
bis 35 ‰ kurvenreich ab. Als<br />
Exportauftrag für elektrischen<br />
Betri<strong>eb</strong> mit DC1,5 kV lieferte<br />
SSW fünf Unterwerke und<br />
acht Bo’Bo‘-Lokomotiven für<br />
nur 12 t Radsatzlast mit<br />
720 kW Stundenleistung. Die<br />
planmäßigen Anhängelasten<br />
sollten 200 bis 300 t betragen.<br />
Der Mechanteil wurde von der<br />
BMAG vorm. L. Schwartzkopff<br />
bezogen und war mit deren<br />
für deutsche E 44-Prototyplokomotiven<br />
entwickelten Achsdruck-Ausgleichsvorrichtung<br />
ausgestattet. Die elektrische<br />
Ausrüstung entsprach damaligem<br />
Stand der DC-Technik mit<br />
Widerstandsteuerung und Reihen-/Parallelgruppierung.<br />
Erstaunlicher<br />
Weise war trotz<br />
der Gewichtsgrenze n<strong>eb</strong>en<br />
Druckluft– und Vakuumbremse<br />
auch eine elektrische Widerstandsbremse<br />
unterg<strong>eb</strong>racht,<br />
über deren Leistung<br />
nichts gesagt war.<br />
Nachrichten über neue Entwicklungen<br />
in der Sowjetunion<br />
gab es nur spärlich. In [25]<br />
konnte der dem Berichter/verbundene<br />
AEG-Kollege/Andreas<br />
Brauer über Schnellzuglokomotiven<br />
für DC 3 kV der<br />
Werke „Dynamo“ und „Kolomna“<br />
mit Radsatzfolge<br />
2‘Co2‘, AEG-Federtopfantri<strong>eb</strong>en,<br />
2 040 kW Stundenleistung<br />
und 130 km/h Höchstgeschwindigkeit<br />
berichten. N<strong>eb</strong>en<br />
einer Datentabelle skizzierte<br />
der Verfasser den mechanischen<br />
Aufbau von<br />
Fahrmotoren und Antri<strong>eb</strong>en.<br />
Außer der Druckluftbremse<br />
war auch eine nicht näher<br />
spezifizierte elektrische Widerstandsbremse<br />
vorhanden.<br />
Ob es in dieser Zusammenarbeit<br />
zu einer Serienfertigung<br />
kam, bli<strong>eb</strong> offen.<br />
Der Mitherausg<strong>eb</strong>er und<br />
Elektrifizierungsdirektor der<br />
SJ konnte es nicht lassen, in<br />
[27] noch einmal eine Lanze<br />
für den Kurbelwellen-Stangenantri<strong>eb</strong><br />
elektrischer Lokomotiven<br />
zu brechen, speziell<br />
der 1‘C1‘-Bauart Reihe D, und<br />
die Argumente und Kostenrechnungen<br />
deutscher Fachleute<br />
für den Einzelachsantri<strong>eb</strong><br />
([14] in Teil 1) zu zerpflücken.<br />
Geschichtliche<br />
Ironie ist, dass die SJ erst 30<br />
Jahre später zum Einzelachsantri<strong>eb</strong><br />
fanden, die Bo’Bo‘-<br />
Nachfolg<strong>eb</strong>auarten Rc 1 bis 6<br />
ihres Hoflieferanten ASEA<br />
dann aber zu 1AC-Exportschlagern<br />
nach Österreich,<br />
Südosteuropa, Iran und selbst<br />
USA für AMTRAC wurden.<br />
Das Heft 8 stand unter dem<br />
Leitthema Leichtmetall [30; 31;<br />
32; 33; 34; 35]. Die staatlich gelenkte<br />
deutsche Wirtschaftspolitik<br />
für devisensparende Heimstoffe<br />
gab dem hohe Priorität<br />
[34], um den Import von Cu, Sn<br />
und Zk zu vermeiden. Obwohl<br />
die Produktion von Al-Legierungen<br />
teurer war, wurden<br />
zahlreiche Beispiele für nun<br />
bevorzugte Ersatzkonstruktionen<br />
überwiegend für nicht tragende<br />
Elemente im Fahrzeugbau<br />
vorgestellt. Der Leitartikel<br />
[30] eines Schweizer Autors<br />
stellte eine Fülle neuer Konstruktionen<br />
aus unterschiedlichen<br />
Al-Legierungen mit ihren<br />
Handelsnamen dar, hauptsächlich<br />
bei Nahverkehrs- und<br />
Schnelltri<strong>eb</strong>wagen. Bemerkenswert<br />
erscheinen die erstmalige<br />
Anwendung von<br />
Strangpressprofilen in selbsttragenden<br />
Fachwerk-Gerippekonstruktionen<br />
als „Schalen-<br />
439
Journal Historie<br />
kasten“, der späteren verwindungssteifen<br />
Röhre, damals<br />
noch genietet, dazu Versuchsdrehgestelle<br />
sogar einschließlich<br />
gegossener Scheibenräder.<br />
Wegen des gegenüber Stahl<br />
kleineren Elastizitätsmoduls<br />
und gleichzeitig höherer<br />
Streckgrenze ordnete man den<br />
Al-Konstruktionen viel höhere<br />
Formänderungsarbeit bei Aufstößen<br />
zu. In [32] wurden Versuchszüge<br />
von Pullman/<br />
Westing house mit Al-Kasten<br />
und -Drehgestellen mit solchen<br />
von Budd Company/GE aus<br />
stainless steel verglichen. Interessant<br />
ist dabei die von GE eing<strong>eb</strong>rachte<br />
Scheibenbremse<br />
(Bilder 18 und 19) mit DC-Erregung<br />
aus der Stromschiene, für<br />
die Serie umgestellt auf generatorische<br />
Erregung durch die<br />
bremsenden Fahrmotoren. Beitrag<br />
[35] schloss mit der Erkenntnis,<br />
dass Deutschland wegen<br />
der guten Erfahrungen<br />
mit Schwei ßen im Stahlbau<br />
noch Nachholbedarf für tragende<br />
Leichtmetallkonstruktionen<br />
im Fahrzeugbau habe<br />
und dazu ausländische Erfahrungen<br />
nutzen sollte.<br />
Die neu eingeführte Rubrik<br />
Das Ausland braucht, laut<br />
„DAZ“ zeigte die vielfältigen<br />
Beziehungen der deutschen<br />
Industrie zu den europäischen<br />
Nachbarstaaten und nach<br />
Übersee auf, unter anderem<br />
Mittel- und Südamerika. Gefragt<br />
waren vor allem Eisenbahnmaterial<br />
allgemeiner Art<br />
wie Oberbau, aber auch elektrische<br />
Komponenten und<br />
Werkstattausrüstungen. Eine<br />
Erfolgsmeldung betraf die<br />
AEG, die für 1 Mio. RM elektrische<br />
1,5-kV-Streckenausrüstungen<br />
Eindhoven – Utrecht<br />
und Utrecht – Arnhem liefern<br />
durfte.<br />
Christian Tietze<br />
Hauptbeiträge Jahrgang 12 (1936) Hefte 5 bis 8<br />
[16] Naderer, Georg: Die Elektrisierung<br />
Nürnberg – Halle/Leipzig.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 5, S. 101–103.<br />
[17] Kristensen, Johannes: Die<br />
Elektrisierung des Nahverkehrs<br />
von Kopenhagen,Teil I:<br />
Fahrleitungen. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 5, S. 103–<br />
109.<br />
[18] Usbeck, Werner: Abwehrmaßnahmen<br />
gegen Eisbelastungen<br />
bei den Fernleitungen<br />
der schlesischen G<strong>eb</strong>irgsbahnen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 5, S. 110–116.<br />
[19] Iltgen, E.: Untersuchungen<br />
über Stahl-Aluminium-Freileitungen<br />
an Masten mit<br />
schwenkbaren Auslegern. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 12 (1936),<br />
H. 5, S. 116–12.<br />
[20] Karbus, J.: Lawinenschäden<br />
an der Arlbergpassleitung der<br />
Österreichischen Bundesbahnen<br />
im Winter 1934/35. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 12 (1936),<br />
H. 5, S. 121–127.<br />
[21] Hausmann: Schreibende Fahrleitungs-Meßgeräte.<br />
In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 5,<br />
S. 124–127.<br />
[22] Kleinow, Walter: 1Do1-Reichsbahn-Schnellzuglokomotive.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 6, S. 129–144.<br />
[23] Michel, Otto: Einheitliche Bezeichnung<br />
der Lokomotiven<br />
und Tri<strong>eb</strong>wagen. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 6,<br />
S. 145–148.<br />
[24] Schröder, Wilhelm: Bo-Bo-<br />
Güterzuglokomotiven 1500 V-<br />
Gleich strom für die Oeste de<br />
Minas-Bahn in Brasilien. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 12 (1936),<br />
H. 6, S. 149–156.<br />
[25] Brr.: Die erste elektrische<br />
Schnellzuglokomotive PB 21<br />
der Sowjetunion. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 6,<br />
S. 156–157.<br />
[26] Fogtmann, H. W.: Die Elektrisierung<br />
des Nahverkehrs<br />
von Kopenhagen, Teil II: Die<br />
Gleichrichterwerke, die Fahrzeuge<br />
und Betri<strong>eb</strong>serg<strong>eb</strong>nisse.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 7, S. 159–170.<br />
[27] Öfverholm, Ivan: Die elektrischen<br />
Lokomotiven der<br />
Schwedischen Staatseisenbahnen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 7, S. 170.<br />
[28] Teichtmeister, Josef: Der elektrische<br />
Zugbetri<strong>eb</strong> bei den Österreichischen<br />
Bundesbahnen<br />
im Jahre 1935. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 7, S. 171–<br />
174.<br />
[29] Streiffeller, W; Blasberg, F.:<br />
Der elektrische Betri<strong>eb</strong> der<br />
Vorg<strong>eb</strong>irgsbahn Köln – Bonn.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 12 (1936),<br />
H. 7, S. 175–180.<br />
[30] Müller, Josef: Leichtmetallkonstruktionen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 8, S. 183–<br />
189; Berichtigung H. 10, S. 258.<br />
[31] Steiner, F.: Die ersten Leichttri<strong>eb</strong>wagen<br />
der Schweizerischen<br />
Privatbahnen. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 8,<br />
S. 190–191.<br />
[32] Schaefer, H. H.: Neue Leichtzüge<br />
einer New-Yorker U-<br />
Bahngesellschaft. In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 8,<br />
S. 192–196.<br />
[33] N. N.: Neuer Magirus-Tri<strong>eb</strong>wagen.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 8, S. 197.<br />
[34] N. N: Fahrzeugausrüstung mit<br />
heimischen Leichtmetallen. In:<br />
<strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong> 12 (1936),<br />
H. 8, S. 198.<br />
[35] Reidemeister, F.: Leichtmetallfahrzeuge.<br />
In: <strong>Elektrische</strong><br />
<strong>Bahnen</strong> 12 (1936), H. 8, S. 199–<br />
203.<br />
[36] Michel, Otto: Schaltzeichen<br />
für den elektrischen Zugbetri<strong>eb</strong>.<br />
In: <strong>Elektrische</strong> <strong>Bahnen</strong><br />
12 (1936), H. 8, S. 203–213.<br />
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Termine<br />
Messen, Tagungen, Fachausstellungen<br />
DMG-Fachsymposium −<br />
„Lokomotiven und grüne Technologien“<br />
23.08.2011 Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft e.V.<br />
Chemnitz (DE) Bezirksgruppe Ost<br />
Fon: +49 371 50348-282, Fax: -280,<br />
E-Mail: sabine.felgnervoith.com,<br />
Internet: www.dmg-berlin.info<br />
9. DVWG Bahnforum<br />
01.09.2011 Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V.<br />
Braunschweig (DE) Hauptgeschäftsstelle<br />
Fon: +49 30 29360-60 , Fax: 29360-629,<br />
E-Mail: katrin.schwark@DVWG.de,<br />
Internet: www.dvwg.de<br />
Seminar − Die rechtliche Verantwortung des Bauleiters<br />
bei der Leitung und Überwachung von Bauvorhaben<br />
11.-12.10.2011 Haus der Technik/Zweigstelle Berlin<br />
Berlin (DE) Fon: 030 3949-3411, Fax: -3437,<br />
E-Mail: h.cramer-jekosch@hdt-essen.de,<br />
Internet: www.hdt-berlin.de<br />
DMG-Jahrestagung 2011 − „20 Jahre Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />
in Deutschland – Nationale und internationale<br />
Perspektiven“<br />
13.-15.10.2011 Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft E.V.<br />
Freiburg (DE) Bezirksgruppe Mitte<br />
Fon: + 49 6101-43956,<br />
E-Mail: bernd.rockenfelt@gmx.de,<br />
Internet: www.dmg-berlin<br />
suissetraffic 2011<br />
06.–09.09.2011 BEA bern expo AG<br />
Bern (CH) Fon: +41 31 34011-49, Fax: -44,<br />
E-Mail: info@beaexpo.ch,<br />
Internet: www.suissetraffic.ch<br />
11. Signal+Draht-Kongress<br />
03.–04.11.2011 DVV Media Group GmbH<br />
Fulda (DE) c/o punktgenau GmbH<br />
Fon: +49 40 23714-470, Fax: -471,<br />
E-Mail: eurailpress-events@dvvmedia.com<br />
40. Tagung Moderne Schienenfahrzeuge<br />
11.-14.09.2011 Technische Universtität Graz<br />
Graz (AT) Fon: +43 316 8736216, Fax: 816896,<br />
E-Mail: peter.veit@TUGraz.at,<br />
Internet: www.schienenfahrzeugtagung.at<br />
Podiumsdiskussion „Wird die Bahn immer sicherer?“<br />
01.12.2011 Innovationszentrum Bahntechnik Europa e. V.<br />
Dresden (DE) Fon: 0351 4769857, Fax: 0351 4519675,<br />
E-Mail: meyer@izbe.eu,<br />
Internet: www.izbe.eu<br />
Seminar – Fahrleitungstechnik<br />
21.-23.09.2011 Schreck-Mieves GmbH<br />
Longuich (DE) Dagmar Daniel,<br />
Fon: +49 6502 9941-17, Fax: -68;<br />
E-Mail: dagmar.daniel@schreck-mieves.de<br />
STUVA-Tagung‘11<br />
06.–08.12.2011 Studiengesellschaft für<br />
Berlin (DE) unterirdische Verkehrsanlagen e.V.<br />
Fon: +49 221 5979-50, Fax: -550,<br />
E-Mail: info@stuva.de,<br />
Internet: www.stuva.de<br />
ÖVG-Fahrwegtagung<br />
27.–29.09.2011 Österreichische Verkehrswissenschaftliche<br />
Salzburg (AU) Gesellschaft (ÖVG)<br />
Fon: +43 1 5879727, Fax: +43 1 5853615,<br />
E-Mail: office@oevg.at,<br />
Internet: www.oevg.at<br />
14. EBA-Sachverständigentagung<br />
14.-15.02.2012 Info: DVV Media Group GmbH<br />
Fulda (DE) c/o punktgenau GmbH,<br />
Fon: +49 40 23714-470, Fax: +-471,<br />
eurailpress-events@dvvmedia.com<br />
Nordic Rail<br />
04.–06.10.2010 Elmia<br />
Jönköping (SE) Fon: +46 36 152230, Fax: +46 36 164692,<br />
E-Mail: jorgen.nystrom@elmia.se,<br />
Internet: www.elmia.se/nordicrail<br />
Praxis-Seminar − Einführung in den Blitzschutz für Bahnanlagen<br />
− Die Anwendung der neuen Blitzschutznorm<br />
DIN VDE 0185-305<br />
28.02.2012 Haus der Technik/Zweigstelle Berlin<br />
Delitsch (DE) Fon: 030 3949-3411, Fax: -3437,<br />
E-Mail: h.cramer-jekosch@hdt-essen.de,<br />
Internet: www.hdt-berlin.de<br />
6. Internationaler Eisenbahnkongress<br />
05.–06.10.2011 VDV Akademie<br />
Frankfurt/M. (DE) Fon: +49 221 57979-173, Fax: -8171,<br />
E-Mail: akademie@vdv.de,<br />
Internet: www.akademie-vdv.de/<br />
EXPO Ferroviaria 2012<br />
27.-29.03.2012 Info: Mack Brooks Exhibitions<br />
Turin (IT) Fon: +44 1727 814-400, Fax: -401,<br />
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