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HANDWERK / Werften<br />
Christian Gallaschs Werft liegt an der Münchener<br />
Straße in Breitbrunn zwar nicht direkt am Ufer des<br />
Ammersees, Bootskenner finden sie trotzdem.<br />
Der Quere<strong>ins</strong>teiger<br />
Christian Gallasch in Breitbrunn<br />
Die Werft liegt 200 Meter vom Ufer entfernt, einen<br />
maritimen Charme versprüht sie trotzdem. Wellen<br />
aus blauer Wandfarbe schwappen unter den<br />
Schaufenstern des ehemaligen Dorf-Supermarktes<br />
über die Fassade. 2009 ist die jüngste Werft vom<br />
Ammersee hier eingezogen. Es ist das Reich von Christian Gallasch,<br />
47. Ein Ruderboot, Baujahr 1953, steht aufgebockt vor<br />
ihm. Ganz schön mitgenommen sieht es aus, bleich, die Farbe<br />
abgeblättert. Das mürbe Holz verrät auch dem unkundigen Auge,<br />
dass dieses Boot schwer gelitten hat. Sechzig Stunden Arbeit wird<br />
es kosten, es zu retten, mindestens. Sagt Christian Gallasch und<br />
lehnt sich über den Bootsrumpf. Mit seinen Fingerkuppen tastet<br />
er vorsichtig den Bauch des Bootes ab, dann nickt er optimistisch.<br />
Alte Boote zu renovieren ist seine Passion.<br />
Christian Gallasch ist im Fünf-Seen-Land aufgewachsen, der Segelsport<br />
war schon immer sein Liebstes. Das Mittelmeer, der Indische<br />
Ozean – der gelernte Schreiner hat sogar ein halbes Jahr<br />
auf einer Yacht im Roten Meer verbracht. Fünfzehn Jahre ist das<br />
her, sagt Christian Gallasch mit sehnsuchtsvollem Blick auf die<br />
Seekarte, die an der Bürowand hängt und die Routen von damals<br />
anzeigt. Als er die Yacht dafür ausbaute, entdeckte er sein Geschick<br />
für diese Arbeit. Dass er an diesem Ort seine eigene Werft<br />
hat, verdankt er einem Tornado. Nein, keinem Sturm, sondern<br />
dem Bootstyp, mit dem Christian Gallasch seit vielen Jahren<br />
privat auf dem Ammersee unterwegs ist. Oder noch genauer<br />
gesagt, dem „Tornado-Schnitzer“, wie man seinen Mentor, den<br />
heute 73-jährigen Herbert Glas, in Fachkreisen immer nannte.<br />
Bootsbauer Herbert Glas war in den 1970er- und 1980er-Jahren<br />
weltbekannt für die Herstellung der schönsten und innovativsten<br />
Tornados. Er segelte Regatten, machte die Boote olympiafähig<br />
und betreute die Profi-Teams. Auch der junge Gallasch erlag<br />
dieser Anziehungskraft. Gerade im richtigen Moment wurde der<br />
Wassersportbegeisterte vom erfahrenen Tüftler Glas mit <strong>ins</strong> Boot<br />
geholt, wurde Auszubildender, dann Kompagnon und Geschäftsführer<br />
in Personalunion. Mittlerweile hält der Jüngere das Ruder<br />
in der Breitbrunner Werft. Es gibt also viel Arbeit für den Ein-<br />
Mann-Betrieb. Vor allem, weil es neben dem Bootsbau auch um<br />
andere Schreinerarbeiten geht. Ein Kunde will eine Designerliege<br />
aus gebogenem Eschenholz für seinen Garten, ein anderer fragt<br />
nach einem Boot als Badewanne für seinen Wintergarten und<br />
der nächste möchte Material für seinen Boots-Eigenbau. Alles<br />
ist machbar, erklärt der umtriebige Handwerker lachend. Er sieht<br />
sich als Servicemann in Sachen „Boote mit Leidenschaft“.<br />
Ö<br />
44 <strong>SeeMagazin</strong> 2012 | www.seemagazin.de