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SeeMagazin Hinein ins Vergnügen! (Vorschau)

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SEE-GESPRÄCH / Julia Fischer<br />

„Ich bin süchtig nach<br />

Musik, selbst auf<br />

der Bühne stehen muss<br />

ich aber nicht. Ich bin<br />

auch als Zuhörer glücklich“<br />

die furchtlos und temperamentvoll ihre Ideen<br />

durchsetzte. „Mit 13 diskutierte ich mit dem<br />

Dirigenten Lorin Maazel. Es ging um das Tempo<br />

bei einem Bach-Konzert. Ich sagte, das sei viel<br />

zu schnell, das können wir so nicht machen.“<br />

Es kam zum Kompromiss.<br />

Ab 1998 begann die internationale Laufbahn:<br />

Julia Fischer gastierte beim New York Philharmonic<br />

und Philadelphia Orchestra, sie trat in<br />

Wien, St. Petersburg, Berlin, Rom, Dresden auf,<br />

2003 debütierte sie in der Carnegie Hall – und<br />

mit jedem Erfolg wuchs ihr Selbstbewusstsein noch<br />

ein Stückchen mehr. „Das gehört einfach dazu.<br />

Man kann sich als Solist nicht vor ein Orchester<br />

stellen, wenn man nicht total von dem überzeugt<br />

ist, was man tut.“ Das Ensemble der berühmten<br />

Academy of St. Martin in the Fields in London<br />

jedenfalls lässt sich von ihr in enger Verbundenheit<br />

seit langem immer wieder musikalisch leiten, die<br />

geme<strong>ins</strong>amen Tourneen werden begeistert gefeiert.<br />

Und auch als sie 2006 mit 23 Jahren als jüngste Professorin<br />

Deutschlands an die Hochschule für Musik und Darstellende<br />

Kunst nach Frankfurt berufen wurde, akzeptierten die Studenten<br />

problemlos die Autorität der nicht viel Älteren. Seit Ende 2011<br />

unterrichtet sie übrigens an der Münchner Hochschule und findet<br />

das herrlich: „Ich kenne aus der eigenen Studienzeit die anderen<br />

Professoren, ich kenne das Haus – wunderbar. In Frankfurt habe<br />

ich mich immer verlaufen, hier ist mir jeder Winkel vertraut.“<br />

Zurück zum Thema Selbstbewusstsein: Als der gefürchtete<br />

Late-Night-Talker Harald Schmidt sie 2010 in seine<br />

TV-Show einlud, sagte Julia Fischer noch ab. „Ich hatte<br />

mir damals seine Sendungen angeschaut und gesehen, wie er mit<br />

Kollegen umging – das war mir zu heiß.“ Anfang 2012 kam die<br />

Einladung noch einmal, diesmal ging sie hin. Perfektes Makeup,<br />

große Frisur, umwerfendes Pailletten-Top, aufs Schlimmste<br />

gefasst. Mit spöttischem Lachen, souveräner Schlagfertigkeit und<br />

durchgedrücktem Rücken, die Guadagnini-Geige aus dem Jahr<br />

1742 als Schutzschild im Arm, parierte sie dem Zyniker Schmidt.<br />

Der schließlich aufgab und nur noch lobte.<br />

In der Zeit zwischen 2003 und 2009 lebte Julia Fischer nur selten<br />

daheim, sondern vor allem in den Hotels überall in der Welt. Ein<br />

aufregendes, anstrengendes Leben, aber sie liebt es. „Es muss ja<br />

nicht immer gleich so turbulent sein wie 2011, als ich mit dem<br />

Pianisten Martin Helmchen an einem Freitagabend im spanischen<br />

Alicante auftrat. Für Sonntagvormittag um elf Uhr war in Essen<br />

das nächste Konzert geplant. Plötzlich streikten die Fluglotsen<br />

und wir saßen fest. Nur noch eine Autovermietung hatte offen,<br />

nur einen kleinen Alfa Romeo gab es noch zu mieten. Und dazu<br />

kam auch noch ein verzweifeltes junges Flitterwochenpaar aus<br />

Australien! Zu viert sind wir losgebrettert, erst da ging mir auf,<br />

wie groß Spanien ist! Die Koffer auf den Knien und im Nacken,<br />

1 200 Kilometer nach Marseille. Von dort ging am Sonntag um<br />

sechs Uhr in der Früh der Flug nach Frankfurt, von dort aus mit<br />

Angeregt im Gespräch und die Zeit ist<br />

wieder mal viel zu schnell verflogen:<br />

Weltklasse-Musikerin Julia Fischer und<br />

Autorin Elke Reichart.<br />

Fotos: Julia Wesely; Jörg Fokuhl (2)<br />

54 <strong>SeeMagazin</strong> 2012 | www.seemagazin.de

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