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Kletter-Abenteuer<br />
Dank den Hütern der<br />
Anton Renk Hütte im<br />
Oberinntal bei Ried<br />
Familiengruppe<br />
800m bis zum Boden<br />
Am Samstag begannen wir den Tag mit<br />
dem legendären “King Swing”, einer 30<br />
Meter Pendeltraverse. Hier wird man<br />
zuerst von der Boot Flake 20 Meter abgelassen<br />
und fängt dann an, nach links<br />
und rechts an der Wand entlangzulaufen.<br />
Dieses Tarzan-Spiel geht dann solange,<br />
bis man an den in 30 Meter Entfernung<br />
liegenden Riss kommt und sich mit den<br />
Fingerspitzen hält. Das Herumschwingen<br />
am Seil macht an sich schon Spaß, jedoch<br />
nicht am frühen Morgen, mit 500 Meter<br />
Luft unter den Füßen auf einer komplett<br />
glatten Wand. Zwei Seillängen später<br />
wartete dann das nächste prominente<br />
Hindernis: The Great Roof. Das 20 Meter<br />
Dach, unter welchem man an einem Riss<br />
traversiert, gilt als die spektakulärste Seillänge<br />
der Route. Jedoch ist diese Seillänge<br />
auch eine der anspruchsvollsten, weshalb<br />
ich dann prompt die Trittleiter auspackte<br />
und mich technisch durch den überhängenden<br />
Riss durcharbeitete. Dabei schien<br />
das Klettern sich vom Sport eher in eine<br />
Tätigkeit der Handwerker zu verändern,<br />
da man sich nur von einer selbstgeleggen<br />
wir am Freitagmorgen auf die fixierten<br />
Seile empor. Um ca. 7 Uhr begannen wir,<br />
vom Hochpunkt des vorigen Tages weiter<br />
zu klettern. Ich übernahm die Führung<br />
beim Klettern, welche ich auch bis zum<br />
Ende der kompletten Route behielt. Um 14<br />
Uhr kamen wir dann am El Captain Tower,<br />
unserem Biwakplatz für die Nacht an. Da<br />
wir jedoch noch mehrere Stunden Licht<br />
hatten, beschlossen wir, noch die nächsten<br />
zwei Seillängen zu fixieren, damit wir am<br />
nächsten Tag einen schnelleren Start hinlegen<br />
konnten. So durfte ich nochmal eine<br />
Nachmittagsschicht einlegen und mich<br />
durch den Texas Flake schieben. Dieser 60-<br />
80 cm breite Kamin befindet sich in der<br />
Mitte der Wand und bildet sich zwischen<br />
einer Schuppe, welche die Form des Bundesstaates<br />
Texas hat, und der eigentlichen<br />
El Captain Wand. Laut Kletterführer ist<br />
diese Seillänge mit 5+ bewertet und die<br />
leichteste der ganzen Route. Für uns aber<br />
stellte sich diese Seillänge als die wahre<br />
Herausforderung der Route heraus, da sie<br />
keinen Sicherungspunkt hat und mit einer<br />
sehr ungewohnten Technik geklettert<br />
wird, in der man die Knie gegen eine Seite<br />
der Wand presst, während die Füße auf der<br />
anderen Seite des Schachtes an der Wand<br />
positioniert werden. Von dort fängt man<br />
an, sich diesen Schacht hoch zu robben.<br />
Von der Spitze der<br />
Texas Falke, ging<br />
es dann auch noch<br />
auf die Boot Flake,<br />
eine Scheibe Granit<br />
in der Form eines<br />
Stiefel, welche geheimnisvoll<br />
auf der<br />
Wand klebt. Unser<br />
Hochpunkt lag jetzt<br />
Philipp auf dem El Cap Tower<br />
bei 500 Meter über dem Boden. Wir seilten<br />
uns zurück zum El Cap Tower ab, fixierten<br />
die Seile zwischen Ständen und verbrachten<br />
dort die Nacht.<br />
ten Sicherung zur nächsten bewegte. 1,5<br />
Stunden später, war dann aber auch diese<br />
Seillänge Geschichte. Nach weiteren drei<br />
harten Seillängen kamen wir zu unserem<br />
letzten Biwak, um von dort den Sonnenuntergang<br />
zu bewundern. Die Nacht im<br />
Camp V, war unbeschreiblich. Die Sterne<br />
schimmerten am Firmament und die Granitplatten<br />
schienen silbrig im Mondlicht.<br />
Es schien mir wie in einem Traum.<br />
Am nächsten Morgen gab es dann ein gemütliches<br />
Frühstück mit Bageln und Müsliriegeln.<br />
Es war Sonntagmorgen, das Wetter<br />
war perfekt. Wir hatten nur noch acht<br />
Seillängen bis zum Top.Warum sollten wir<br />
uns beeilen? Um 8 Uhr machten wir uns<br />
wieder an die Arbeit. Erneut musste ich<br />
die Trittleiter auspacken, um einige überhängende<br />
Risse klettern zu können. Am<br />
Nachmittag standen wir dann schmutzig,<br />
aber glücklich nach 3 Tagen des vertikalen<br />
Lebens auf dem Gipfel des El Captain,<br />
genossen die Aussicht, erfreuten uns daran,<br />
endlich wieder frei gehen zu können,<br />
ohne an der Leine gehalten zu sein, und<br />
beschlossen noch eine Nacht auf dem Top<br />
zu verbringen, um diese einzigartige Atmosphäre<br />
zu genießen. Am nächsten Morgen<br />
stiegen wir dann ab, lümmelten uns<br />
auf den Wiesen im Tal herum und begannen<br />
mit der Planung für unser nächstes<br />
Abenteuer.<br />
H<br />
Der El Capitan ist ein etwa 1.000 Meter<br />
hoher Monolith im Yosemite-Nationalpark<br />
im US-Bundesstaat Kalifornien.<br />
Sein Gipfel liegt auf einer Höhe von<br />
2.307 Metern über dem Meeresspiegel,<br />
seine bis zu 1.000 Meter hohen Felswände<br />
machen ihn zu einem Anziehungspunkt<br />
für Freikletterer, siehe:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/El_Capitan_<br />
(Kalifornien).<br />
Verlauf der Route:<br />
16<br />
1. El Cap Tower;<br />
2. King Swing;<br />
Buchtipp: Chris McNamaara und Chris<br />
3. Great Roof;<br />
Van Leuven, Yosemite Big Walls, DAVON: 3rd Edition,<br />
Supertopo, 2011<br />
2/13<br />
4. Camp V<br />
DAVON: 2/13<br />
Die Familiengruppe vor der Anton Renk Hütte<br />
Pause beim Abstieg von der Zirmessptize<br />
<strong>Aachen</strong>er Alpenhütte:<br />
84 Jahre und Top in Form<br />
In Österreich über dem Oberinntal steht<br />
auf 2261 Metern eine alte Hütten-Dame:<br />
Die Anton Renk Hütte. Erbaut wurde sie<br />
1926 und ist heute eine der letzten Selbst-<br />
Versorger-Hütten der Alpen. In traumhafter<br />
Lage, ist sie nicht mit dem Auto<br />
zu erreichen, bietet eiskaltes, fließendes<br />
Wasser draußen am Brunnen, verfügt<br />
über eine Freiluftplumpstoilette und besitzt<br />
ein mit selbst gehacktem Feuerholz<br />
zu bestückendes Koch-, Back- Heiz-Wunder.<br />
Fit gehalten wird die alte Dame von<br />
einem Hüttenwart, der sie repariert und<br />
aufhübscht, wenn es nötig ist. Der Hüter<br />
der Hütte heißt heute Peter Zöhrer. Bei seinen<br />
Pflege- und Wartungsarbeiten wird<br />
Peter von seiner Irmgard unterstützt. 2011<br />
löste er Hermann Seiler als Hüttenwart ab.<br />
Hermann und seine Frau Hildegard haben<br />
über 39 Jahre viel Energie in die Erhaltung<br />
dieser Alpenhütte investiert und mit der<br />
Empfehlung von Peter Zöhrer als Nachfolger<br />
ist sicher gestellt, dass wir weiterhin<br />
die alte Dame in bestem Zustand besuchen<br />
können.<br />
Wir, drei Familien mit sechs Erwachsenen<br />
und sechs Kindern haben uns im Juli 2013<br />
zum wiederholten Male vorgenommen, eine<br />
Woche auf der Hütte zu verbringen. Vor<br />
dem Aufstieg muss der Schlüssel bei Peter<br />
Zöhrer abgeholt werden – erste Anrufe bezüglich<br />
der Organisation Schlüsselüber-<br />
gabe. Unverhofft kommen alle Familien<br />
früher in Ried an und möchten auch sofort<br />
starten. Nächste Anrufe bei Peter Zöhrer.<br />
Unser Hüttenwart flexibel und freundlich<br />
übergibt uns vorzeitig den Schlüssel und<br />
ermöglicht einen frühen Aufstieg. Wir<br />
starten von Bichli mit Rucksack, Schlafsack<br />
und Proviant Richtung Anton Renk<br />
Hütte. Der Weg erscheint uns Flachlandtirolern<br />
steil und holprig – aber schöön.<br />
Wir schwitzen schon nach den ersten 100<br />
Metern. Vorbei an Moos bewachsenen<br />
Bäumen und bunten Blumenwiesen sehen<br />
wir nach einer Stunden hinter einer Wegbiegung<br />
die ersehnte Hütte, die oberhalb<br />
des Wasserfalls stolz auf einer Felskante<br />
thront.<br />
Nach dem letzten steilen Anstieg stürzen<br />
wir in die Hütte und nehmen diese<br />
in Beschlag. Die Kinder übernehmen die<br />
Wasserversorgung, die Väter heizen den<br />
Ofen ein und die Mütter inspizieren alle<br />
Zimmer. Überrascht stellen sie fest, dass<br />
die Hütte noch hübscher geworden ist:<br />
Gardinen und Bänke haben einen neuen<br />
Look bekommen und im Westen eine neue<br />
Sonnenuntergangs-Bank. Hier können<br />
wir die letzten Sonnenstrahlen am Abend<br />
sitzend genießen. Zur großen Freude unsere<br />
Kinder wollen wir dieses Jahr auch den<br />
‚Hütten eigenen‘ Klettergarten erobern.<br />
Doch wo sind die Klettergurte? Oh weh<br />
... zwei weitere Anruf bei Peter<br />
Zöhrer. Der gute Mann, immer<br />
noch freundlich, brachte<br />
uns am selben Tag zu Fuß die<br />
Schlüssel für den Raum, in<br />
dem die Gurte lagen. Welch ein<br />
Service!!! Weitere fünf Anrufe<br />
sollten noch folgen - uns war es<br />
ein wenig peinlich, Peter Zöhrer<br />
jedoch blieb immer noch<br />
freundlich.<br />
Auch im Jahr davor Jahr hat er all unsere<br />
Anrufe geduldig ertragen, war immer<br />
sofort persönlich zur Stelle. Als Ben beim<br />
Spielen an der Hütte ausrutschte und sich<br />
verletzte bot er an, den Jungen nach unten<br />
zu tragen. - Zum Glück war das dann doch<br />
nicht nötig.<br />
Peter Zöhrer sorgt sich aber nicht nur um<br />
die Gäste, sondern auch um die gute alte<br />
schöne Hütte. Die gleiche Sorgfalt, die Peter<br />
Zöhrer der alten Dame entgegenbringt,<br />
erwartet er auch von den Gästen. Und<br />
wurde beim Verlassen der Hütte der Vorraum<br />
nicht sorgfältig gekehrt oder nicht<br />
ausreichend Feuerholz gehackt, ist sicher,<br />
dass beim nächsten Besuch ein deutlicher<br />
Hinweis im Hüttenbuch steht... Der beste<br />
Weg sicher zu stellen, dass die alte Hütten-<br />
Dame noch lange Jahre in Form bleibt und<br />
viele Besucher begrüßen kann. H<br />
17<br />
Text:<br />
Barbara Reisner,<br />
Susanne Blumbach<br />
Fotos:<br />
Simon Koppelmann,<br />
Uli Tscharntke<br />
Christan Arlt<br />
Peter Zöhrer,<br />
Hüttenwart der<br />
Anton-Renkt-<br />
Hütte