03.03.2014 Aufrufe

CAROLINE. Das Theatermagazin März/April 2014

Mit einer ausführlichen Vorschau auf Premieren, Konzerte und andere Highlights, interessanten Interviews, einer Kinderseite, vielen Fotos, Preisrätseln und so einigem mehr, gewährt das Theater Rudolstadt tiefere Einblicke in Spielpläne und Vorhaben. Für alle, die noch näher "dran" sein wollen!

Mit einer ausführlichen Vorschau auf Premieren, Konzerte und andere Highlights, interessanten Interviews, einer Kinderseite, vielen Fotos, Preisrätseln und so einigem mehr, gewährt das Theater Rudolstadt tiefere Einblicke in Spielpläne und Vorhaben. Für alle, die noch näher "dran" sein wollen!

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<strong>CAROLINE</strong><br />

DAS<br />

THEATERMAGAZIN<br />

MÄRZ / APRIL <strong>2014</strong><br />

NEU IM SPIELPLAN:<br />

ORPHEUS STEIGT HERAB<br />

STÜCK VON TENNESSEE WILLIAMS<br />

Premierenvorschau. Wer den Schaden hat,<br />

braucht für den Spott nicht zu sorgen! Zur<br />

Komödie »Dinner für Spinner« S. 3<br />

Im Gespräch. Starpianist Lev Vinocour<br />

über den typisch »russischen Ton« und<br />

allerlei Hirngespinste S. 7<br />

Vorgestellt. Die Requisite: stets<br />

im Hintergrund und doch unentbehrlich<br />

S. 9


2 AKTUELLES<br />

EDITORIAL<br />

NEU IM THEATER-SPIELPLAN<br />

<strong>Das</strong> war über »Orpheus steigt herab« in der Presse zu lesen<br />

Verehrte Leserinnen und Leser,<br />

ein sehr musikalischer Frühling steht<br />

uns bevor – der Schwerpunkt unserer<br />

neuen Ausgabe der noch jungen<br />

Theaterzeitung.<br />

»Neue Freuden, neue Schmerzen«<br />

besingt der kleine Cherubino in Mozarts<br />

populärster, witzigster und kunstvollster<br />

Oper »Die Hochzeit des Figaro«. Gemeint<br />

sind die zarten erotischen Abenteuer<br />

des kleinen Pagen im Kreise der Frauen,<br />

die alle sehnsüchtig nach erfüllter<br />

Liebe suchen, während ihre Männer<br />

auf Rache sinnen. Unsere langjährige<br />

erfolgreiche Kooperation mit dem<br />

Theater Nordhausen bringt uns Mozarts<br />

turbulentes Meisterwerk im <strong>April</strong> auf<br />

die Bühne. Doch nicht nur deshalb steht<br />

unser Orchester unter Dampf, noch<br />

läuft das erfolgreiche »Shakespeare-<br />

Ballett« durch die Abonnements, der<br />

Vorstellungszyklus von Joseph Haydns<br />

komischer Oper »Die Welt auf dem<br />

Monde« ist fast beendet, während unser<br />

Gemeinschaftsprojekt »Zukunftsmusik«<br />

mit den jugendlichen und erwachsenen<br />

Musikamateuren der Region in den<br />

Anfängen steht. Die Sinfoniekonzerte<br />

des Frühlings bringen uns mit Elisaveta<br />

Blumina und Lev Vinocour zwei namhafte<br />

Klaviervirtuosen, beliebt bei Publikum<br />

und Orchester. <strong>Das</strong> <strong>März</strong>-Konzert<br />

erzählt die Geschichte einer exotischen<br />

aserbaidschanischen Prinzessin, und<br />

auch dem Komponistennachwuchs<br />

bieten wir mit »Carte Blanche« ein<br />

Podium.<br />

Lassen Sie sich neugierig machen<br />

auf das Kommende, werfen Sie einen<br />

Blick auf die Programmdiskussionen<br />

unserer Dramaturgen und Künstler und<br />

verfolgen Sie die für uns lebenswichtige<br />

kulturpolitische Debatte in Stadt und<br />

Land.<br />

Ihr Chefdirigent<br />

Oliver Weder<br />

Schmerzlich-schöne Liebesgeschichte in kalten<br />

Zeiten: Stück von Tennessee Williams im<br />

Großen Haus<br />

»Die Kraft des Abends liegt bei den<br />

Frauen«, übertitelt Hendryk Goldberg<br />

(Thüringer Allgemeine) seine Kritik zu<br />

der gefeierten Quintana-Inszenierung.<br />

Während Orpheus, alias Val Xavier<br />

(gespielt von Tino Kühn) weniger das<br />

»wild-romantische Tier« als ein »großer<br />

Junge mit Charme« ist und »womöglich<br />

eher eine zum Anlehnen braucht«, liege<br />

die Bereitschaft zum Aufruhr bei den<br />

Frauen, und dieser Junge ist ihre Chance<br />

dazu. So begeisterte sich der Kritiker<br />

über den Abend, der seiner Meinung<br />

nach »so kurzweilig wie ernsthaft ist«.<br />

»Keine Hoffnung für die Liebe«<br />

resümiert Ulrike Kern (Ostthüringer<br />

Zeitung) die Aufführung, die Williams’<br />

düsteres Bild einer engstirnigen<br />

Gesellschaft großartig auf die Bühne<br />

bringe. »Es mangelt dem Stück nicht<br />

an großen Emotionen, großen, ja fast<br />

philosophischen Sätzen.« Deshalb<br />

sei Williams mit diesem eher selten<br />

gespielten Stück genau richtig im Hier<br />

und Heute. Auch die Schauspieler<br />

des Rudolstädter Ensembles<br />

würden mit einer durchweg starken<br />

Leistung überzeugen, wofür sich das<br />

Premierenpublikum »mit langem<br />

Applaus und Jubel« bedankte.<br />

• Nächste Vorstellung:<br />

04.04. / 19.30 Uhr / Großes Haus<br />

Weckt die Hoffnung auf ein neues, glückliches Leben: der Musiker Val Xavier (Tino Kühn), hier mit<br />

Lady Torrance (Carola Sigg).<br />

Foto: Peter Scholz<br />

WWW-Wer weiß wo? In Rudolstadt,<br />

Saalfeld und Umgebung. Ein Rätsel im<br />

Rätsel – diese Entdeckung habe ich ganz in<br />

der Nähe meiner neuen Wohnung gemacht.<br />

Als Germanistin und Dramaturgin interessiert<br />

mich natürlich alles, was mit Sprache zu tun<br />

hat. Da sich mein Sohn in der Schule gerade<br />

mit Codes und Geheimschriften beschäftigt,<br />

hat dieser »Hingucker« meine besondere<br />

Aufmerksamkeit geweckt. Außerdem hat das<br />

Rätsel mit Friedrich Schiller zu tun, meinem<br />

Lieblingsdichter …<br />

Antje Klahn, Schauspieldramaturgin


WER DEN SCHADEN HAT, BRAUCHT<br />

FÜR DEN SPOTT NICHT ZU SORGEN<br />

Zweifach verfilmter Komödienerfolg »Dinner für Spinner« ab 15. <strong>März</strong> auf der großen Bühne<br />

Martin Andreas Greif ist in der Komödie als Verleger Pierre zu erleben. Auf unserem Werbebild<br />

wurde er mit einem netten Streichholzstrauß überrascht.<br />

Foto: Friederike Lüdde<br />

Sommertheater auf der Heidecksburg<br />

ab 20. Juni <strong>2014</strong><br />

Premiere am 20. Juni <strong>2014</strong> / 19.30 Uhr<br />

VIEL LÄRM UM NICHTS<br />

Komödie von William Shakespeare<br />

Weitere Vorstellungen: Sa, 21.06. / 19.30 Uhr / So, 22.06. / 15 Uhr<br />

Fr, 27.06. / 19.30 Uhr / Sa, 28.06. / 19.30 Uhr<br />

So, 29.06. / 15 Uhr / Fr, 11.07. / 19.30 Uhr<br />

Sa, 12.07. / 19.30 Uhr<br />

Karten zu 19 Euro/1. Kategorie und 17 Euro/2. Kategorie<br />

Festliche Gala am 13. Juli <strong>2014</strong> / 18 Uhr<br />

ES GRÜNT, SO GRÜN …<br />

Unsterbliche Melodien aus Oper,<br />

Operette und Musical mit dem lyric opera studio Weimar<br />

Karten zu 19 Euro/1. Kategorie und 17 Euro/2. Kategorie<br />

Jetzt die<br />

KARTEN<br />

sichern!<br />

Vorverkauf:<br />

(03672) 422766<br />

SONDERVERSANSTALTUNG FÜR SAALFELD<br />

AUF DEM HOHEN SCHWARM<br />

Sonntag, 5. Juli <strong>2014</strong> / 20 Uhr<br />

SCHAUSPIEL 3<br />

Über Blödmänner kann man sich ruhig<br />

lustig machen – wozu sind sie sonst<br />

da? Dieser Meinung ist zumindest der<br />

erfolgreiche Verleger Pierre Brochant.<br />

Gemeinsam mit Freunden veranstaltet<br />

er regelmäßige Partys, sogenannte<br />

»Dinner für Spinner«. Wer den größten<br />

Idioten mitbringt, geht als Sieger aus<br />

dem Abend hervor.<br />

Nun hat Pierre einen wahren<br />

»Weltklassetrottel« gefunden –<br />

einen Streichholzmodellbauer, der<br />

stundenlang über seine Bauwerke reden<br />

kann und scheinbar nichts anderes im<br />

Kopf hat. Mit seinem Tick hat er sogar<br />

seine Frau vertrieben. Doch damit nicht<br />

genug: Als er bei Brochant aufschlägt,<br />

um ihn zum Dinner abzuholen,<br />

schlittert er in seiner Naivität und<br />

Trotteligkeit von einem Fettnäpfchen<br />

ins nächste. Binnen kürzester Zeit stellt<br />

er sowohl Pierres Wohnung, als auch<br />

dessen komplettes Leben auf den Kopf.<br />

Am Ende steht der Verleger fassungslos<br />

vor einem Scherbenhaufen. Und der<br />

Zuschauer darf sich fragen, wer denn<br />

nun eigentlich der größere Trottel<br />

von beiden ist. Schließlich gilt: »Wer<br />

anderen eine Grube gräbt... «<br />

Mit »Dinner für Spinner« kochte der<br />

französische Großmeister der Komödie,<br />

Francis Veber, eine köstliche Suppe aus<br />

urkomischen Situationen, schrägen<br />

Typen und herrlichen Dialogen.<br />

DINNER FÜR SPINNER<br />

Komödie von Francis Veber<br />

Deutsch von Ursula Lyn und Peter Gilbert<br />

Regie: Norbert Baumgarten / Bühne und<br />

Kostüme: Katharina Piriwe<br />

Es spielen: Laura Göttner; Johannes<br />

Arpe, Horst Damm, Martin Andreas Greif,<br />

Benjamin Griebel<br />

• PREMIERE: 15.03. / 19.30 Uhr<br />

• Nächste Aufführungen:<br />

So, 16.03. + Di, 25.03. / 15 Uhr<br />

Sa, 29.03., Fr, 11.04. + So, 20.04. +<br />

Fr, 23.05. / 19.30 Uhr / Di, 10.06. /<br />

15 Uhr / Großes Haus


4 SCHAUSPIEL<br />

DAS WANDERN IST DES ... LUST!?<br />

Ein Gespräch über wandernde Intendanten und die Frage »Wohin gehen wir eigentlich?«<br />

Angesichts fortschreitender Technisierung<br />

und Digitalisierung dieser Welt ist dieses<br />

Vorhaben so anachronistisch wie reizvoll:<br />

Ein Theaterstück über das Wandern. Zu<br />

den Gründen und Hintergründen sprach im<br />

Vorfeld der Uraufführung der Vorsitzende<br />

des Thüringer Gebirgs- und Wandervereins<br />

Rudolstadt, Günther Scholz, mit Steffen<br />

Mensching, dem Autor und Regisseur.<br />

Was war das auslösende Moment, dass<br />

Sie sich mit dem Wandern beschäftigt<br />

haben? Was hat Sie und Ihren Co-<br />

Autoren Michael Kliefert dazu bewogen,<br />

darüber ein Theaterstück zu schreiben?<br />

Wenn man in Thüringen lebt, kommt<br />

man am Phänomen Wandern nicht<br />

vorbei. <strong>Das</strong> hat mich – als bekennenden<br />

Städter und Ironiker – interessiert.<br />

Welche Sehnsucht lebt sich da aus? Ist<br />

der Antrieb eher körperlicher, geistiger,<br />

sozialer oder natürlicher Natur? Und<br />

warum zieht es andere in nicht minder<br />

großer Zahl in die Städte?<br />

Ganz kurz: Worum wird es in dem Stück<br />

gehen?<br />

Jeder Wanderer hat – würde ich<br />

annehmen – wenn er losläuft, einen<br />

mehr oder weniger fixierten Plan,<br />

erwartet oder erhofft aber gleichzeitig<br />

etwas Unberechenbares. Keine<br />

Sensation, aber doch immerhin ein<br />

Ereignis, das mit eben diesem Ausflug<br />

verknüpft wird. »Weißt du noch, als wir<br />

im Sommer 96 im Elbsandsteingebirge<br />

waren und uns die Igelfamilie über den<br />

Weg lief ?« So geht es auch den sechs<br />

oder sieben oder dreizehn Personen,<br />

die sich im Freien begegnen und<br />

aufeinander einlassen. Sie entstammen<br />

verschiedenen Milieus, wollen dem<br />

Alltag entfliehen, schleppen ihn aber<br />

mit. Man schwärmt von der Natur, der<br />

Intelligenz der Ameisen, dem Wunder<br />

des Lebens, kann aber nie ganz in<br />

der Idylle versinken. Die Gespräche<br />

schwingen in großen Amplituden hin<br />

und her, man redet über Gott und die<br />

Welt, kommt vom Hundertsten ins<br />

Tausendste, wechselt vom Geologischen<br />

zum Erotischen, von Ernährungstipps<br />

zu Sinnfragen. Wem das Herz überläuft,<br />

der macht’s den Vögeln nach und<br />

beginnt zu singen. Am Ende steht eine<br />

ebenso simple wie komplexe Frage:<br />

Wohin gehen wir eigentlich? Ach ja,<br />

vergnüglich bis komisch sollte der<br />

Ausflug auch noch werden.<br />

Herr Mensching, eine vielleicht indiskrete<br />

Frage: Was verbinden Sie mit dem Begriff<br />

»Wandern«? Wann sind Sie in der letzten<br />

Zeit gewandert? (Spaziergänge zählen für<br />

uns nicht!)<br />

Eigentlich bin ich Flaneur, das ist der<br />

urbane Bruder des Naturburschen. Beide<br />

Tätigkeiten sind aber kontemplativ und<br />

regen zum Sinnieren an, das heißt, man<br />

sollte irgendetwas in sich bewegen,<br />

wenn man so bewusst auf äußere<br />

Ablenkung verzichtet. Nun zu den<br />

Fakten: Ich bin im vergangenen Sommer<br />

in der Rhön und in Mecklenburg<br />

gewandert. Am letzten Herrentag lief<br />

ich über den Hain bis Lichstedt und<br />

querfeldein zurück nach Mörla. Da<br />

gibt’s im Dickicht jähe Einschnitte und<br />

herrliche Wiesen.<br />

Worin sehen Sie die besonderen Stärken<br />

des Wanderns bezüglich sozialer Effekte?<br />

Die Natur egalisiert, bringt verschiedene<br />

Leute auf eine Augenhöhe. (So<br />

übrigens auch eine öffentliche Sauna.)<br />

Es gibt zwar auch im Wald Leute, die<br />

manches besser wissen (Ornithologen,<br />

Entomologen, Botaniker usw.), aber<br />

keine Vorrechte für Spezialisten.<br />

Es existiert kein Leistungsdruck,<br />

dafür funktioniert gesellschaftliche<br />

Durchmischung (und zwar nicht nur<br />

im Mischwald, sondern auch inmitten<br />

Thüringer Fichten.) <strong>Das</strong> Tempo einer<br />

Gruppe wird durch den langsamsten<br />

Mitläufer bestimmt. Wanderer sind auf<br />

sich (und das, was sie in ihrem Säckel<br />

tragen) angewiesen. Hilfsbereitschaft ist<br />

eine stille Grundvereinbarung im Wald.<br />

Der bedeutende amerikanische Dichter<br />

Walt Whitman war der Meinung: »Alle<br />

großen Gedanken wurden unter freiem<br />

Himmel erdacht.«<br />

WWW.WIR WANDERN WIEDER<br />

Theaterstück von Steffen Mensching /<br />

Michael Kliefert (Mitarbeit)<br />

Regie: Steffen Mensching / Bühne und<br />

Kostüme: Mathias Werner / Musik: Thomas<br />

Voigt, Schnaftl Ufftschik<br />

Es spielen: Verena Blankenburg, Anna<br />

Oussankina, Carola Sigg; Tino Kühn, Jörg<br />

Schlüter, Markus Seidensticker, Matthias<br />

Winde<br />

• URAUFFÜHRUNG: Sa, 19.04. / 19.30 Uhr<br />

• Nächste Aufführungen: Sa, 26.04. +<br />

Sa, 17.05. / 19.30 Uhr / Di, 29.04. + So,<br />

25.05. + Di, 03.06. / 15 Uhr /<br />

Großes Haus<br />

IM VORFELD: THEATERFRÜH-<br />

STÜCK MIT WANDERUNG<br />

Wie könnte es anders sein: Bei dieser<br />

Premierenmatinee geht es nach kurzer<br />

Stückeinführung raus in die Natur.<br />

Zusammen mit Schauspielern der<br />

Inszenierung, geführt von Günther Scholz,<br />

wandern wir über den Hain, pausieren<br />

zünftig mit Bier und Bratwurst an der<br />

ehemaligen Georgs-Eiche und treffen<br />

uns dann nach Lust und Laune wieder zu<br />

Kaffee und Kuchen im Schillerhaus.<br />

• Treff: So, 13.04. / 11 Uhr / Schillerhaus


SCHAUSPIEL 5<br />

WIE LIEBE, NUR BESSER<br />

»Ziemlich beste Freunde« – ein wahres Märchen über echte Freundschaft<br />

In Frankreich war der Film der<br />

Kinohit des Jahres 2011 schlechthin,<br />

und auch in Deutschland landete die<br />

Komödie »Ziemlich beste Freunde«<br />

mit über 6 Millionen Zuschauern einen<br />

Überraschungserfolg, der Jung und<br />

Alt in die Vorführungen lockte. In der<br />

Bühnenfassung von Gunnar Dreßler<br />

wird das große Hohelied auf die echte<br />

Freundschaft nun in Rudolstadt auf die<br />

kleine Schminkkastenbühne gebracht.<br />

Was bisher nur an der Komödie am<br />

Kurfürstendamm versucht wurde, stellt<br />

nun das hiesige Produktionsensemble,<br />

allen voran Regisseur Jens Schmidl und<br />

sein studentisches Ausstattungsteam<br />

mit Cristina Lelli (Kostüme) und<br />

Johannes Maas (Bühnenbild), vor große<br />

Herausforderungen. Doch zurück zur<br />

Story.<br />

Sie klingt wie ein modernes Märchen,<br />

hat sich aber tatsächlich ereignet:<br />

Philipp – gelähmt, deprimiert und<br />

sehr wohlhabend – begegnet auf<br />

der Suche nach einem neuen Pfleger<br />

dem kleinkriminellen Einwanderer<br />

Driss. Irgendwie ist er fasziniert<br />

von dessen unverschämtem, teils<br />

unbeholfenem Auftreten und stellt ihn<br />

ein. Vielleicht ahnt er, dass ihn Driss’<br />

Härte und erfrischender Lebensinstinkt<br />

mehr mobilisieren können als alle<br />

Therapien zusammen? Sie könnten<br />

unterschiedlicher nicht sein. Und<br />

trotzdem – fortan beginnt für beide<br />

eine wahre Entdeckungsreise hinein ins<br />

Leben. Während Philipp im Sportwagen<br />

dem Rausch der Geschwindigkeit<br />

unterliegt, Discomusik hört und sich<br />

sogar neu verliebt, lernt Driss die Welt<br />

der High Society kennen, beginnt zu<br />

malen, hört klassische Musik. Jeder<br />

vermag dem anderen genau das zu<br />

geben, was der andere bisher nicht<br />

hatte.<br />

Wahre Freundschaften, gibt es die<br />

heutzutage eigentlich noch? Wir<br />

haben das Stück zum Anlass genommen,<br />

darüber nachzudenken und<br />

uns im Ensemble einmal umgehört:<br />

Jens Schmidl (Regisseur): Für mich ist es<br />

echte Freundschaft, wenn man nicht reden<br />

muss, wenn man ohne Krise eine Stunde<br />

lang schweigen kann und eine ähnliche<br />

Wahrnehmung der Welt, von wesentlichen<br />

Dingen hat. Frühe Freunde sind leichter beste<br />

Freunde, z. B. aus der Schule und vom Studium.<br />

Sibylla Rasmussen (Schauspielerin): Obwohl<br />

Liebe ja auch wachsen muss, glaube ich, dass<br />

man auch im Alter neue Freunde finden kann.<br />

Für mich ist wahre Freundschaft Liebe, nur<br />

ohne Beziehung, also ohne Sex. Eigentlich fast<br />

die »bessere« Liebe. Deshalb hält sie auch<br />

länger als Partnerschaften. Man sollte sich auf<br />

Freunde unbedingt verlassen können.<br />

Ulla Voigt (Regieassistentin): Auch der Partner<br />

oder Ehemann kann zum besten Freund<br />

werden.<br />

Christian Klischat (Darsteller des Driss): Ich<br />

habe da ein etwas romantisches Bild – man<br />

sollte auf Herzenshöhe sein. Da können<br />

auch mal zwei verschiedene Meinungen<br />

gegeneinander stehen, aber wenn aller Mist<br />

weg ist, merkt man, der oder die ist in meinem<br />

Herzen. Wenn die anderen sagen, Freundschaft<br />

hat mit Liebe zu tun, würde ich noch<br />

weitergehen und sagen, sie hat sogar auch mit<br />

Erotik zu tun.<br />

Matthias Winde (spielt Philippe): Wahre<br />

Freundschaft heißt für mich Einstehen<br />

füreinander in allem. <strong>Das</strong> hat etwas mit Liebe<br />

zu tun. Meinen besten Freund habe ich seit 40<br />

Jahren, Freundinnen habe ich mehr (lacht). Aber<br />

Freundschaft ist auch Arbeit ...<br />

ZIEMLICH BESTE FREUNDE<br />

Nach dem gleichnamigen Film von Olivier<br />

Nakache und Éric Toledano<br />

Bühnenfassung: Gunnar Dreßler<br />

Regie: Jens Schmidl / Bühne: Johannes<br />

Maas* / Kostüme: Cristina Lelli*<br />

Es spielen: Sibylla Rasmussen; Joachim<br />

Brunner, Christian Klischat, Matthias Winde<br />

*Studenten des Masterstudiengangs<br />

Bühnenbild/Szenischer Raum der TU Berlin<br />

• PREMIERE: Sa, 08.03. / 20 Uhr<br />

• Nächste Aufführungen: Do, 13.03. + Fr,<br />

14.03. + So, 16.03. + Sa, 29.03. + Sa,<br />

12.04. / 20 Uhr / Schminkkasten


6 MUSIKTHEATER<br />

WENN DER CHEF SEINE HAND AUF DEN<br />

OBERSCHENKEL SEINER ANGESTELLTEN LEGT<br />

Mozarts politische Liebeskomödie »Die Hochzeit des Figaro« feiert im <strong>April</strong> Rudolstädter Premiere<br />

Auch wenn Mozarts Skandaloper »Die<br />

Hochzeit des Figaro« kaum mehr<br />

mit Aufführungsverboten zu rechnen<br />

hat, ihr scharfer Blick auf ungerechte<br />

Machtverhältnisse von Herrschenden<br />

und Beherrschten regt bis heute zur<br />

Auseinandersetzung an. War es 1786<br />

bei der Uraufführung in Wien trotz<br />

aller Heiterkeit noch die offensichtlich<br />

kritische Haltung gegenüber dem<br />

Diese Inszenierung wurde im<br />

Jahresrückblick auf Deutschlandradio<br />

Kultur zu den drei herausragenden<br />

Operninszenierungen 2013 gezählt!<br />

Gebaren der Adeligen, ist es heute<br />

vielleicht das Ausgeliefertsein von<br />

Angestellten gegenüber ihren Chefs.<br />

Sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz?<br />

Längst kein Tabuthema mehr.<br />

Auf der Suche nach einem geeigneten<br />

Schauplatz für seine Inszenierung<br />

ist Regisseur Kay Link auf das<br />

Hotelgewerbe gestoßen: »Es ist<br />

verblüffend, wie sich alle Ebenen eines<br />

feudalen Haushalts darauf übertragen<br />

lassen, was sich bis heute auch in<br />

historischen Livrees, Uniformen etc.<br />

zeigt.« Bei ihm ist Graf Almaviva, der<br />

das Recht der ersten Nacht von der<br />

Kammerzofe Susanna einfordert, denn<br />

er ist – wie soll es auch anders sein –<br />

der oberste Boss, der Geschäftsführer.<br />

Doch Mozart wäre nicht Mozart, wenn<br />

er selbst der skrupellosesten Figur<br />

nicht noch echte Gefühle geben würde.<br />

Und so ist Almavivas Verletzung im<br />

dritten Akt echt, wenn er per Zufall<br />

mitbekommt, dass Susanna ihn unter<br />

falschen Vorzeichen in den Garten lockt.<br />

»Da ist mehr als nur verletzte Eitelkeit«,<br />

so der Regisseur. Und während der<br />

Graf kein ausgemachter Mistkerl ist,<br />

sind auch seine betrogene Gattin und<br />

Susanna keine Heiligen. »Sie sind in<br />

ihrer Liebe nicht 100% beständig und,<br />

wie alle Figuren dieser Oper, erotischen<br />

Versuchungen ausgesetzt.«<br />

<strong>Das</strong> Publikum erwartet also ein »toller<br />

Tag« – so lautet der Untertitel der<br />

Vorlage von Beaumarchais – voller<br />

turbulenter Verwicklungen, Intrigen<br />

und Verkleidungsspiele, der in einem<br />

großen Finale seinen Höhepunkt<br />

findet. Die vielleicht geistreichste und<br />

bewegendste musikalische Komödie der<br />

Operngeschichte!<br />

DIE HOCHZEIT DES FIGARO<br />

Dramma giocoso von W. A. Mozart<br />

Kooperation mit dem Theater<br />

Nordhausen<br />

Musikalische Leitung: Oliver Weder /<br />

Inszenierung: Kay Link / Ausstattung:<br />

Frank Albert<br />

Mit: Katharina Boschmann, Bianca Koch,<br />

Yunfei Lu, Elena Puszta, Brigitte Roth,<br />

David Johnson, Marian Kalus, Thomas<br />

Kohl, Florian Kontschak, Lawrence Meikle,<br />

Yoontaek Rhim, Łukasz Ziołkiewicz,<br />

Opernchor, Statisterie und Thüringer<br />

Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt<br />

Thomas Kohl und Elena Puszta als das Dienerpaar Figaro und Susanna.<br />

Foto: Tilmann Graner<br />

• PREMIERE: Sa, 05.04. / 19.30 Uhr<br />

• Nächste Aufführungen: Di, 22.04. /<br />

15 Uhr / Fr, 25.04. / 19.30 Uhr / So,<br />

27.04. / 15 Uhr / Fr, 02.05. / 19.30 Uhr<br />

Di, 20.05. / 15 Uhr / Großes Haus


IM GESPRÄCH 7<br />

DER VERFALL DES GEBILDETEN<br />

KULTURBÜRGERTUMS IST EIN HIRNGESPINST<br />

Starpianist Lev Vinocour über die Zukunft des Konzertpublikums und das Russische in der Musik<br />

Herr Vinocour, wodurch zeichnet sich die<br />

russische Musik aus? Gibt es einen spezifisch<br />

»russischen Ton«?<br />

Die russische Musik ist extrem jung.<br />

<strong>Das</strong> erste Beispiel russischer Musik<br />

im engeren Sinne rechnet man für das<br />

Jahr 1836. Trotz ihrer »Jugend« ist der<br />

relative Anteil der russischen Musik<br />

im internationalen Konzertbetrieb<br />

aber erstaunlich hoch! Der spezifisch<br />

»russische Ton« dieser Musik ist für<br />

mich vor allem durch eine große<br />

Intensität des Klangs charakterisiert,<br />

was nicht zuletzt ihren Erfolg<br />

begründet. Sie ist schlicht mitreißend!<br />

Ist Dmitri Schostakowitschs Konzert für<br />

Klavier, Trompete und Streichorchester<br />

eine Herausforderung an das klassische<br />

Klavierkonzert?<br />

Meines Erachtens ist dieses Werk eher<br />

eine Art Jux – ein witziger Einfall. Stücke<br />

für Solo-Trompete sind in der russischen<br />

Musik seit dem 19. Jahrhundert sehr<br />

verbreitet, woran Schostakowitsch<br />

hier anknüpft. Der schöne zweite Satz<br />

des Werks etwa gehört zum großen<br />

Teil der Trompete. So verbindet<br />

dieses Konzert die Erfahrungen des<br />

jungen Pianisten Schostakowitsch mit<br />

den Besonderheiten der russischen<br />

Musikkultur. Dabei ist es – eingedenk<br />

der enthaltenen musikalischen Zitate –<br />

tatsächlich eine Satire auf die Tradition<br />

des großen romantischen Konzertes.<br />

Nun zu Rachmaninov: Seine Rhapsodie<br />

hat er dem großen »Teufelsgeiger« Niccolò<br />

Paganini gewidmet. Ist sie dementsprechend<br />

teuflisch?<br />

Rachmaninows Rhapsodie ist tief<br />

traurig, ja tragisch und spiegelt die<br />

permanente Endzeitstimmung des<br />

Komponisten. Sie ist zwar opulent<br />

besetzt, aber sehr nüchtern in der<br />

Aussage und damit eben auch äußerst<br />

charakteristisch für die russische<br />

Musiktradition. Rachmaninow<br />

war Misanthrop; sein Vater hat das<br />

Geld versoffen und verspielt, es gab<br />

später etliche Zusammenbrüche und<br />

Misserfolge – seine Musik blieb daher<br />

tragisch. Diese exemplarisch tragische<br />

Hoffnungslosigkeit als Haltung der<br />

meisten russischen Künstler hat sich im<br />

Übrigen bis heute nicht geändert.<br />

Man hört manchmal, dass die russische<br />

Musikkultur als konservativ gilt. Stimmen<br />

Sie zu und wenn ja, was denken Sie, ist damit<br />

gemeint?<br />

Es ist doch vollkommen egal, wie<br />

man hier dazu steht! Die Erfolge der<br />

russischen Schule sprechen für sich.<br />

Viele Dirigenten, die heutzutage in der<br />

Welt erfolgreich auftreten, stammen<br />

vom St. Petersburger Konservatorium<br />

ab: Gergijew, Jansons, Petrenko, Simone<br />

Young, Oliver Weder usw.<br />

Es ist eine konservative Kultur, ja – aber<br />

ohne eine gewisse Gewalt und ohne<br />

Konservatismus schafft man keine<br />

Schule. Ethisch gesehen ist das, ich gebe<br />

es zu, unanständig. Halbherzig aber<br />

kann man nichts erreichen.<br />

Oft wird behauptet, das Interesse der<br />

Gesellschaft an Kunst und Kultur lasse nach.<br />

Können Sie das bestätigen?<br />

Nein. Die Konzerte sind hervorragend<br />

besucht. Die Zuhörer klassischer<br />

Konzerte sind zwar älter, aber ihre<br />

Zahl wird sogar noch größer werden,<br />

eben weil die Lebenserwartung steigt.<br />

Und im Alter von 70 kann man sich<br />

nicht mehr auf dieselbe Art und Weise<br />

amüsieren, wie in jungen Jahren. <strong>Das</strong><br />

Publikum wird grauhaarig bleiben,<br />

aber es wird hingehen. Es ist auch nicht<br />

anders vorstellbar, weil man im Lebens-<br />

»Winter« im Fußballstadion nicht mehr<br />

überlebt. Den Verfall des gebildeten<br />

Kulturbürgertums generell halte ich<br />

für ein Hirngespinst, genauso wie die<br />

jüngste Idee einer kinderfreundlichen<br />

Bundeswehr eins ist.<br />

Ich bedanke mich für das interessante<br />

Gespräch! Von Thomas Grysko<br />

6. SINFONIEKONZERT<br />

Lev Vinocour, Klavier<br />

Evgeny Liatte, Trompete<br />

Musikalische Leitung: Oliver Weder<br />

Pjotr I. Tschaikowsky: »Romeo und<br />

Julia« Fantasie-Ouvertüre / Dmitri<br />

Schostakowitsch: Konzert Nr. 1 für Klavier,<br />

Trompete und Streichorchester / Reinhold<br />

Glière: Ouvertüre »Shakh Senem« / Sergej<br />

Rachmaninow: Rhapsodie über ein Thema<br />

von Paganini für Klavier und Orchester<br />

• 21.03. / 19:30 / Meininger Hof Saalfeld<br />

• 22.03. / 19:30 / Theater Rudolstadt


8 JUNGES THEATER<br />

KÜSSE BEIM<br />

3KÄSEHOCH<br />

Im Dezember konnte das Team der<br />

beliebten 3käsehoch-Reihe bereits<br />

die 50. Veranstaltung feiern. Steffen<br />

Mensching ist nicht nur der Erfinder<br />

dieses Mitspieltheaters. Als Erzähler<br />

und Spielleiter<br />

animiert er<br />

auch seine<br />

jüngsten Gäste zum<br />

aktiven Rollenspiel und Verkleiden.<br />

Ausgestattet mit Krone, Schwert und<br />

Feenhut werden Märchenfiguren<br />

lebendig und gemeinsame Abenteuer<br />

bestanden. Sie kämpfen und besiegen<br />

sich, sie suchen und verlieben sich …<br />

nur den Kuss zum guten Schluss will<br />

meist kein Kind mehr spielen. <strong>Das</strong> ist<br />

bei den beiden Spielleiterinnen Galina<br />

Glushkov und Ulrike Lenz nicht anders.<br />

Dort allerdings verleihen die kleinen<br />

Spieler in deutscher und russischer<br />

Sprache Figuren aus russischen<br />

Volksmärchen Gestalt.<br />

Einmal im Monat gehört sonntags 11 Uhr<br />

die Bühne nicht den Schauspielern,<br />

sondern dem Publikum. Es heißt: Bühne<br />

frei für Kinder! Steffen Mensching<br />

oder seine beiden zweisprachigen<br />

Mitstreiterinnen gestalten abwechselnd<br />

ein spannendes Mitmachtheater für<br />

Menschen ab 5 Jahren. Am 16. <strong>März</strong><br />

ist es wieder so weit, und Steffen<br />

Mensching lädt alle spielfreudigen<br />

»Dreikäsehochs« auf die Bühne ein.<br />

Dort können sie sich dann in »Hans im<br />

Glück« verwandeln, der über sich selber<br />

sagt: »Ich muss in einer Glückshaut<br />

geboren sein. Alles, was ich wünsche,<br />

trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.«<br />

Und da er mit leichtem Herzen und frei<br />

von aller Last nach sieben Jahren heim<br />

zu seiner Mutter kehrt, muss noch nicht<br />

einmal eine Prinzessin geküsst werden!<br />

Russisch-Deutsch gemixt geht es dann<br />

am 27. <strong>April</strong> weiter, wenn Galina und<br />

Ulrike, gewappnet mit der goldenen<br />

Feder des Feuervogels, das bucklige<br />

Pferdchen satteln und sich auf die Suche<br />

nach der schönsten Prinzessin begeben.<br />

Am Ende heißt es dort: »Die Prinzessin<br />

aber nahm Iwan bei der Hand. Dieser<br />

empfand sie nicht länger als blass und<br />

dünn, sondern als das schönste und<br />

anmutigste Geschöpf, das es jemals<br />

auf Erden gab. Später heirateten sie mit<br />

einem großen und prunkvollem Fest,<br />

und Iwan durfte die Prinzessin endlich<br />

küssen.« Mal sehen, ob sich diesmal<br />

jemand traut?<br />

TERMINE:<br />

• 16.03. / 11 Uhr / Schminkkasten<br />

• 27.04. / 11 Uhr / Schminkkasten<br />

Ich schleife die Schere<br />

und drehe geschwind<br />

und hänge mein Mäntelchen<br />

nach dem Wind.<br />

Dreikäsehoch:<br />

Kleine Kinder, die klug und neugierig sind,<br />

aber für viele Dinge noch zu klein, werden von<br />

Erwachsenen gerne mal als »Dreikäsehoch«<br />

bezeichnet. Aber woher kommt dieser Begriff,<br />

der im 18. Jahrhundert zum ersten Mal<br />

auftauchte und zur spöttischen Maßeinheit für<br />

kleine, vorwitzige Burschen wurde?<br />

Käse war schon damals ein seit Jahrhunderten<br />

bekanntes Nahrungsmittel, und jeder<br />

kannte die zum Teil wagenradgroßen<br />

Laiber. Maßeinheiten wie Zentimeter und<br />

Meter waren noch unbekannt und die Leute<br />

rechneten in Einheiten aus dem täglichen<br />

Leben. Zum Beispiel in Ellen, was dem Maß<br />

eines ausgewachsenen Unterarmes entsprach.<br />

Aber auch Schritte und Füße dienten als<br />

Maßangabe. Oder eben auch Käse. Wenn<br />

jemand nur so hoch ist, wie drei aufeinander<br />

gestellte Käselaiber, dann ist er eben noch<br />

sehr klein.<br />

In das zweite Foto von einer lustigen 3käsehoch-Veranstaltung haben sich fünf Fehler eingeschlichen.<br />

Kannst Du sie entdecken?


VORGESTELLT 9<br />

LEIDENSCHAFT FÜR KLEINE DINGE<br />

Stets im Hintergrund und dennoch unabdingbar: unsere Requisiteure<br />

Wie im Leben, so ist es auch am Theater! Oft<br />

erschaffen erst die kleinen Dinge das ganz<br />

Besondere. Am Theater Rudolstadt sind die<br />

Requisiteure Lothar Kleisner und Dieter Zenteck<br />

dafür zuständig, alle Utensilien und den ganzen<br />

Krimskrams, die für eine Inszenierung benötigt<br />

werden, anzufertigen oder zu beschaffen.<br />

Von Stefan Botz<br />

Vom Kunstblumenstrauß bis zum<br />

Offiziersdegen, vom Wischmop bis<br />

zum blutverschmierten Kaninchen –<br />

im Requisiten-Fundus finden sich die<br />

verschiedensten Kuriositäten. Obwohl<br />

es hier ziemlich chaotisch aussieht,<br />

Kleisner und Zenteck kennen ihren<br />

Fundus wie ihre Westentasche. In den<br />

vollgepackten Lagerräumen wissen sie<br />

genau, wo welches Ding verstaut ist.<br />

Kein Wunder, denn Kleisner ist schon<br />

lange am Haus: »Eigentlich müsste man<br />

mir einen Inventarstempel verpassen«,<br />

so der gelernte Heizungsinstallateur. Die<br />

handwerklichen Kenntnisse kommen<br />

ihm heute noch zugute. Seit 1978 ist<br />

er mit kürzeren Unterbrechungen<br />

am Theater tätig, davon 10 Jahre im<br />

Malsaal. Vor fünf Jahren stieß Dieter<br />

Zenteck hinzu. Seitdem bilden die<br />

beiden das Gespann, das schneidet,<br />

klebt und lötet, damit alle Produktionen<br />

mit den erforderlichen Gegenständen<br />

versorgt sind. Während Kleisner<br />

allerdings ein Quereinsteiger ist,<br />

arbeitet Zenteck schon immer für<br />

Theater, Film und Fernsehen, zunächst<br />

in Gelsenkirchen, später u. a. für das<br />

Musical »Afrika! Afrika!« und sogar für<br />

die Produktionsfirma von Stefan Raab.<br />

Wie ein typischer Arbeitstag in der<br />

Requisite aussieht, können die beiden<br />

gar nicht beantworten. »Bei uns ist<br />

jeder Tag anders. Wir müssen sehr<br />

flexibel sein.« Während der Stückproben<br />

stehen sie in engen Kontakt mit den<br />

Regieassistenmen, die ihnen die<br />

Ideen und Wünsche der Regisseure<br />

mitteilen. Neue Anweisungen können<br />

die Requisiteure da von einer auf die<br />

andere Probe vor unerwartete Aufgaben<br />

stellen. Dann sind kreatives Denken und<br />

technisches Geschick gefragt. Nicht<br />

selten, dass in der kleinen Werkstatt<br />

Lothar Kleisner und Dieter Zenteck in ihrer kleinen Requisitenwerkstatt.<br />

direkt neben der Bühne im Großen<br />

Haus regelrecht gezaubert werden muss.<br />

Und das mit begrenztem Budget.<br />

Eine Natter, die sich in einer rollenden<br />

Milchkanne windet? Ein Hut, aus<br />

dem eine Wiese wächst? Fast alles ist<br />

möglich! Aber vorbereiten kann man<br />

sich auf solche spontanen Anfragen<br />

nicht. Auch für die beiden Profis sind<br />

die Aufträge immer wieder »kleine<br />

Premieren«, die zeigen, wie wichtig<br />

Einfallsreichtum und Materialkenntnisse<br />

in ihrem Job sind.<br />

Vor allem die Vormittagsstunden werden<br />

genutzt, um die neuen Requisiten<br />

herzustellen. Am Abend betreuen<br />

die beiden Herren zumeist ihre<br />

Vorstellungen. Und wenn das Publikum<br />

den Saal verlässt, ist für Kleisner und<br />

Zenteck noch lange nicht Schluss. Damit<br />

die Requisiten auch bei der nächsten<br />

Vorstellung im Originalzustand<br />

vorgefunden werden, wird alles wieder<br />

ordentlich verpackt. »<strong>Das</strong> ist immer wie<br />

ein kleiner Umzug«, beschreibt Zenteck<br />

die aufwendige Aktion.<br />

Ganz besonders viel Aufwand bedeuten<br />

aber vor allem die Inszenierungen,<br />

in denen Lebensmittel zum Einsatz<br />

kommen. Bei der Nachbereitung<br />

zum musikalischen Kochkurs<br />

»Happa Happa«, bei dem auf der<br />

Schminkkastenbühne ein richtiges<br />

Foto: Stefan Botz<br />

Menü gekocht wird, würde Kleisner<br />

ohne die Hilfe der Kollegen von der<br />

Pforte und den Ankleiderinnen »wohl<br />

bis in die Nacht hinein abwaschen.«<br />

Als in dem Stück »Venedig im Schnee«<br />

eine Torte im Gesicht von Rayk Gaida<br />

landete, sorgte das regelmäßig für<br />

Erheiterung beim Publikum. Für die<br />

Requisiteure bedeutete die kurze<br />

Sequenz viel Mühen. Damit die<br />

Kostüme wieder gereinigt werden<br />

konnten, musste die Torte mit jeder<br />

Menge Magerquark und in aufwendiger<br />

Handarbeit vor jeder Vorstellung neu<br />

modelliert werden.<br />

Oft bleibt der Aufwand des Requisiten-<br />

Teams für den Zuschauer also im<br />

Verborgenen. Wie auch die zahlreichen<br />

Gegenstände, die in stundenlanger<br />

Kleinarbeit angefertigt werden und dann<br />

doch nicht zum Einsatz kommen ...<br />

Da kommt es ihnen wohl zugute, dass<br />

die Männer, die stets im Hintergrund<br />

wirken, an ihrem Arbeitsplatz die Dinge<br />

schätzen, die von außen nicht sofort ins<br />

Auge fallen. »Wir sind glücklich, wenn<br />

wir auftretende Probleme schnell lösen<br />

können und eine Produktion am Ende<br />

rund läuft.« Präzise und kreativ, wie<br />

ihre Tätigkeit selbst, resümiert Zenteck<br />

weiter, dass ihre Arbeit dann erfolgreich<br />

war, »wenn niemand gemerkt hat, dass<br />

wir da waren.«


10 DIES UND DAS<br />

MUSIKUNTERRICHT<br />

EINMAL ANDERS<br />

Thüringer Symphoniker unterwegs<br />

Schüler der 5. und 6. Klasse der<br />

Regelschule in Neusitz und der<br />

Schillerschule in Rudolstadt konnten<br />

sich freuen, denn ihr Unterricht lief<br />

an diesem Tag einmal ganz anders<br />

ab. Zu Gast waren die wichtigsten<br />

Instrumentengruppen eines Orchesters:<br />

die Blech- und Holzbläser, Streicher<br />

und ein Schlagzeuger der Thüringer<br />

Symphoniker. Neugierig verfolgten<br />

die Jugendlichen, was ihnen die<br />

Profimusiker an anschaulichem<br />

Wissen mitbrachten: Sie erklärten<br />

ihre Instrumente, demonstrierten<br />

deren Klangvielfalt und sprachen über<br />

Klangerzeugung. Und zwischendurch<br />

gab es immer wieder Ensemblemusik<br />

und natürlich Raum für Fragen oder<br />

die Möglichkeit, sich die Instrumente<br />

aus der Nähe anzusehen. Besondere<br />

Begeisterung löste das Schlagzeug<br />

aus: Jedes Kind durfte mal ran und<br />

einen vorgegebenen Rhythmus auf<br />

dem Schlagzeug spielen, was auch mit<br />

großem Spaß getan wurde. Dazu gab<br />

es Erläuterungen zu den verschiedenen<br />

Schlagwerkinstrumenten und ihrer<br />

Herstellung.<br />

»Muki mobil« ist ein Angebot der Thüringer<br />

Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt, das sich<br />

vornehmlich an die 5. und 6. Klassen richtet.<br />

Weitere Informationen und Termine sind<br />

über das Orchesterbüro (0 36 72) 4 50-23 01<br />

erhältlich.<br />

EIN KLEINER EXKURS IN SACHEN STREICHHÖLZER<br />

Hätten Sie gewusst, dass die ersten praktisch einsetzbaren Streichhölzer bereits Anfang des<br />

19. Jahrhunderts auf den Markt kamen? Wegen der damaligen Verwendung von weißem<br />

Phosphor waren die Herstellung und der Gebrauch der Zündhölzer allerdings noch extrem<br />

gesundheitsschädigend. 1844 ersetzten die Chemiker Gustaf Erik Pasch und Karl Frantz Lundström<br />

dann den weißen vollständig durch roten Phosphor. Aber erst die Verlagerung des Phosphors<br />

aus dem Zündkopf in die Reibfläche der Schachtel durch Rudolf Christian Boettger führte 1848<br />

zur Entstehung der bis heute verwendeten Sicherheitszündhölzer. Er verkaufte sein Patent an<br />

die schwedische Zündholzindustrie. Die seit 1850 weltweit eingesetzten Streichholzschachteln<br />

bestehen aus einer Lade und einer Hülse mit Reibfläche zum Entzünden des Streichholzes.<br />

Noch bis 1983 bestand auf Betreiben des schwedischen »Zündholzkönigs« Ivar Kreuger in der<br />

Bundesrepublik Deutschland ein staatliches Zündwarenmonopol.<br />

Mit der immer größeren Verbreitung und Benutzung von Streichhölzern, verbunden mit<br />

der gestalterischen Vielfalt ihrer Verpackungen, entstand die Passion des Sammelns von<br />

Streichholzschachteln und –briefchen, was als Phillumenie bezeichnet wird. Begriffe wie »dünn<br />

wie ein Streichholz sein« oder »Streichholzbeinchen haben« hielten als Redewendungen Einzug<br />

in unsere Sprache. Hans Christian Andersen<br />

setzte mit seinem Märchen von »<strong>Das</strong> Mädchen<br />

mit den Schwefelhölzchen« den praktischen<br />

Zündwaren ein literarisches Denkmal.<br />

Auch werden die meist leicht verfügbaren<br />

Streichhölzer gern für Freizeitspiele genutzt.<br />

Hierzu gehören Denkaufgaben, bei denen durch<br />

Umlegen von Hölzern die Lösung zu finden ist.<br />

In unserer nächsten Schauspielproduktion, der<br />

französischen Komödie »Dinner für Spinner«<br />

begegnen wir noch einer weiteren Leidenschaft<br />

rund um die kleinen Hölzchen. Abertausende,<br />

nur kurz entzündete Streichhölzer werden<br />

von Enthusiasten in monate- bis jahrelanger<br />

Bautätigkeit in Hobbywerkstätten zu<br />

beeindruckenden Miniaturmodellen verleimt.<br />

ZWEI KLEINE KNOBELEIEN<br />

Wie viele Dreiecke sind in<br />

diesem Stern enthalten?<br />

Die Lösungen senden Sie uns bitte bis zum<br />

14. <strong>April</strong> <strong>2014</strong>.<br />

Theater Rudolstadt, Anger 1,<br />

07407 Rudolstadt<br />

oder per Mail an<br />

presse@theater-rudolstadt.de<br />

Unter den richtigen Einsendungen<br />

verlosen wir 1 mal 2 Freikarten für<br />

einen Besuch in Ihrem Theater Rudolstadt.<br />

Details zum Modell: Länge ca. 760 mm / Höhe<br />

ca. 350 mm / Breite ca. 50 mm / Verbaute<br />

Streichhölzer ca. 6000 Stck.<br />

Durch das Umlegen von einem Streichholz stimmt die<br />

Gleichung. Welches Holz muss umgelegt werden und<br />

wie lautet die Gleichung richtig?<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

Thüringer Landestheater - Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt<br />

GmbH<br />

Intendant und Geschäftsführer: Steffen Mensching / Spielzeit 2013/<strong>2014</strong><br />

Heft Nr. 2-<strong>2014</strong> / Redaktion: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Layout:<br />

Hermine Wange / Fotos: Ulrike Lenz, Friederike Lüdde, Henning Schossig,<br />

Wolfgang Köhler, u. a. / Technische Herstellung: flyeralarm /<br />

Satz: Friederike Lüdde, Hermine Wange


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Tel.: 03671 5135-0, Fax: 03671 5735-36<br />

info@automueller.de, www.automueller.de

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