Arbeitsplätze statt Dienstbotentätigkeiten ... - Jusos München
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POSITIONEN<br />
Arbeitsplätze <strong>statt</strong><br />
Dienstbotentätigkeiten<br />
Man kann es nicht mehr leugnen, das Wachstum in der BRD hat sich in den letzten 2 Quartalen<br />
deutlich abgeschwächt. Die Bundesregierung wird ihr versprochenes Ziel einer deutlichen<br />
Senkung der Arbeitslosenzahlen nicht mehr erreichen. Im Gegenteil: für den Jahresdurchschnitt<br />
2002 werden 3,8 bis 4 Millionen Menschen ohne Arbeit prognostiziert.<br />
In dem Wissen, versprochen zu haben,<br />
sich an den Arbeitslosenzahlen<br />
messen zu lassen, hat die Bundesregierung<br />
eingesehen, dass eine<br />
Politik der „ruhigen Hand“ nun<br />
nicht mehr gefragt ist. So wird<br />
krampfhaft nach einer Lösung gesucht<br />
und (auf Druck des grünen<br />
Koalitionspartners) ein Instrument<br />
aus der sozial- und arbeitsmarktpolitischen<br />
Mottenkiste gepackt: der<br />
Kombilohn. Es geht dabei im Kern<br />
um eine Schaffung eines staatlich<br />
bezuschussten Niedriglohnsektors,<br />
welcher vor allem Jobs für gering<br />
Qualifizierte schaffen soll. Die bereits<br />
durch den kapitalistischen Kapitalverwertungsprozess<br />
wegrationalisierten<br />
Dienstbotentätigkeiten sollen so<br />
wieder eine unverhoffte Renaissance<br />
erfahren.<br />
Die Argumente der Regierung hören<br />
sich auf den ersten Blick relativ logisch<br />
an: Was spricht dagegen,<br />
Menschen, die von Sozialhilfe leben,<br />
in Lohn und Arbeit zu bringen und<br />
schlecht bezahlte Arbeit durch staatliche<br />
Zuschüsse aufzuwerten? Zum<br />
einen sollte man sich nicht der Illusion<br />
hingeben, die Zuschüsse würden<br />
letztendlich dem abhängig Beschäftigten<br />
zukommen; Unternehmen<br />
reagieren rational und werden<br />
die Löhne der Beschäftigten senken,<br />
so dass letztlich die Subvention eher<br />
dem Unternehmen (welche somit<br />
Lohnkosten sparen kann) zukommen<br />
als dem Arbeitnehmer.<br />
Mehr Jobs durch<br />
Niedriglohn?<br />
Zum anderen hat ein Niedriglohnsektor,<br />
wird er im kommerziellen und<br />
öffentlichen Sektor angewandt, niemals<br />
zu mehr regulären Arbeitsplätzen<br />
geführt. Man erinnere sich nur<br />
mit Schrecken an die Instituionalisierung<br />
der 630,- DM-Jobs, und die<br />
damit einhergehende Verdrängung<br />
von Vollzeitjobs durch den am Ende<br />
3-4 Mio. geringfügig Beschäftigte<br />
umfassenden Niedriglohnsektor.<br />
Fraglich ist, ob es sinnvoll ist - gerade<br />
in einer Gesellschaft, in der<br />
man sich zu einem großen Teil über<br />
seine Arbeit definiert - einem Personenkreis<br />
das Signal zu geben, dass<br />
die Arbeitskraft, die man verkauft, so<br />
wenig wert ist, dass sie vom Steuerzahler<br />
(d.h. von der Allgemeinheit)<br />
bezuschusst werden muss. Dies kann<br />
zu demütigenden Verhältnissen führen,<br />
wie man es bereits heute bei<br />
vielen Lohnarbeitern beobachtet<br />
kann, die von der Aufstockung ihrer<br />
Löhne durch Sozialhilfe nicht<br />
Gebrauch machen wollen. Die Ausweitung<br />
des Kombilohnsektors ist<br />
wirtschafts- und sozialpolitisch ein<br />
Schritt in die falsche Richtung und<br />
das energische Drängen des grünen<br />
Koalitionspartners auf eine Erweiterung<br />
des Niedriglohnsektors bestätigt<br />
wieder einmal den eindrucksvollen<br />
Wandel der Öko- und Friedenspartei<br />
von einst zur neoliberalen Klientelpartei<br />
von heute.<br />
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