Julia Franck, Ihre fünf Bücher im Vergleich - Sursee
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MATURAARBEIT<br />
<strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong> – <strong>Ihre</strong> 5 Bücher <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong><br />
beziehungsweise eine Vorausahnung des Lesers bestätigt wird und eine manchmal etwas absurde<br />
Auflösung zum Vorschein kommt. Sei es nun, ob die Protagonistin zum Angriff ansetzt und ihr<br />
eigenes Hotel abfackeln will, sich ihr Freund als Liebediener entpuppt oder ob sie den Entschluss<br />
fasst, ihren siebenjährigen Sohn alleine am Bahnhof zurückzulassen, die erschreckenden<br />
Wendepunkte sind sicher ein Markenzeichen von <strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong>.<br />
Die berühmte Autorin schreibt alle ihre Texte in personalem Erzählverhalten, meist mit einem Ich-<br />
Erzähler, einzig in „Die Mittagsfrau“ gibt es einen Er-/Sie-Erzähler, dem Leser wird die Geschichte<br />
durch die Gedanken und Wahrnehmungen der Figuren erzählt. Die Hauptfiguren sind dabei <strong>im</strong>mer<br />
Frauen, vermutlich weil <strong>Franck</strong> sich dadurch gut in die Charaktere hineinversetzen kann. Die<br />
Autorin versteht es, den Leser zu fesseln, indem sie ihn die Geschichte als Protagonist durchleben<br />
lässt. Oft gibt sie nur das Nötigste an Informationen über das Äussere und andere Formalitäten wie<br />
Namen etc. der Hauptfigur preis. <strong>Franck</strong> legt mehr Wert auf das Innenleben der Protagonistinnen,<br />
sie schildert Gefühle und Gedanken mit wahnsinniger Präzision. Der Versuch einer Verfilmung von<br />
„Liebediener“ scheiterte, bei „Lagerfeuer“ ist dasselbe zu erwarten. <strong>Franck</strong>s Erzählweise scheint<br />
also für die Bücher gut geeignet, nicht aber für einen Film. Sie selbst sagte dazu in einem Interview:<br />
„Literatur lebt – und das ist in meinen Büchern auch der Fall – von Retardierungen, von<br />
Verlangsamungen. Das ist <strong>im</strong> Film kaum nachzubilden.“.<br />
<strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong> liebt es, von einer Welt in die andere zu springen, seien das Wechsel vom Leben der<br />
einen Person in das einer anderen wie in „Lagerfeuer“, von der Gegenwart in die Vergangenheit<br />
und umgekehrt wie in „Die Mittagsfrau“ oder von der Realität in die Phantasie wie beispielsweise<br />
in „Bäuchlings“. Die Übergänge sind oft sehr fließend gestaltet, wodurch der Leser sehr genau<br />
aufpassen muss.<br />
Oftmals soll der Leser auch etwas vorausahnen, wie zum Beispiel Carls Tod in „Die Mittagsfrau“.<br />
Dies verläuft dann meist so, dass die Autorin mit Andeutungen auf eine Tatsache hindeutet, über<br />
die sich die Protagonistin in ihrem Innern schon bewusst ist, sie aber mit allen Mitteln zu<br />
verdrängen versucht, wie dies auch in „Liebediener“ mehrmals der Fall ist.<br />
Besonders gut passt <strong>Franck</strong> die Form dem Inhalt an. Dabei spielt sie oft mit der Länge der Sätze<br />
und verwendet indirekte oder direkte Rede, je nach Distanz zwischen den einzelnen Figuren. Es ist<br />
also zu erkennen, dass die Autorin auch mittels ihres Schreibstils versucht, den Leser die<br />
Geschichte wie als Protagonistin durchleben zu lassen. Sie versucht, dem Leser dasselbe Gefühl zu<br />
vermitteln, indem sie die Ereignisse nicht einfach möglichst kurz und plump erzählt, sondern<br />
wirklich genau schildert. Beispielsweise spricht sie, als Hans in „Lagerfeuer“ von einem<br />
schreienden Baby genervt ist, nicht einfach von einem „ständig schreienden Kind“, sondern sie<br />
vermittelt dem Leser das genervte Gefühl von Hans, indem sie zwischen allen Nebensätzen das<br />
Satzstück „und schreit“ einbaut.<br />
Sandra Tanner, Klasse 6c, 2008 20