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Julia Franck, Ihre fünf Bücher im Vergleich - Sursee

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MATURAARBEIT<br />

<strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong> – <strong>Ihre</strong> 5 Bücher <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

Reise mit dem Automobil und dem Zug ist für die Schwestern ein einmaliges Erlebnis, von der<br />

Stadt und ihren modernen Bewohnern sind sie überwältigt. Doch auch in der Stadt hat längst nicht<br />

jeder Arbeit und wer welche hat, möchte eine bessere, jedoch sind in der Stadt die unmoralischen<br />

und illegalen Betätigungsfelder größer. An den Bahnhöfen werden, um für Zeitungen zu werben,<br />

Schlagzeilen ausgerufen: „Anträge der demokratischen Parteien abgelehnt! […] Weiter lebe die<br />

Sturmabteilung der nationalsozialistischen Partei! […] Besetzung <strong>im</strong> Ruhrgebiet dauert an!“ 69<br />

Die politische Situation in Deutschland ist unruhig, die SPD versucht sich gegen die Kommunisten<br />

und Monarchisten durchzusetzen, die Rapollopolitik beziehungsweise die Konfrontation der<br />

Siegermächte mit den Verlierermächten ist noch <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Gange.<br />

Bald darauf gibt es den Wechsel von der Rentenmark zur Reichsmark, der erste<br />

Schönheitswettbewerb auf deutschem Boden findet statt, die ersten Telefonapparate werden<br />

verkauft und währen der Beziehung von Helene und Carl entwickelt sich die Flugzeugtechnik so<br />

weit, dass der erste Flug von Ost nach West über den Atlantik gelingt. Helene erlebt die Zeit der<br />

goldenen Zwanziger also in Berlin mit Carl, doch wie das Liebesglück hält auch das wirtschaftliche<br />

Hoch nicht lange an, die Weltwirtschaftskrise setzt ein.<br />

Zur Zeit, als Helene Wilhelm kennen lernt, setzt Adolf Hitler durch. Während nach dem Brand des<br />

Reichstages Kommunisten und Schriftsteller verhaftet werden und die neu gewählte<br />

Regierungspartei der Nationalsozialisten anordnet, „unnütze Esser, gewisse Parasiten durch<br />

Aushungern darben zu lassen“ 70, braucht sich Helene keine Sorgen zu machen. Wilhelm, der<br />

eingefleischte Nationalsozialist besorgt ihr gefälschte Papiere, um seiner zukünftigen Frau mit der<br />

jüdischen Mutter eine „saubere“ Herkunft zu schaffen, obwohl Helene diese neuen Ideen von<br />

wegen „reinem Blut“ und „strotzende Gesundheit als oberstes Gebot“ missfallen. Da Wilhelm an<br />

der Einführung des Rundfunks und dem Bau der Reichsautobahn beteiligt ist, ziehen die beiden<br />

nach Stettin. Dort lebt Helene in Angst um ihre Mutter Selma, an welcher untersucht wird, ob<br />

seelische Erkrankungen vererblich sind, und voller Sorge um ihre Schwester Martha, die nach<br />

jahrelanger Krankheit in ein Arbeitslager eingeteilt wurde.<br />

Während der zweite Weltkrieg <strong>im</strong> Gange ist, muss Helene, von ihrem Mann Wilhelm verlassen,<br />

allein für ihren Sohn Peter sorgen. Während sie als Krankenschwester versucht, Kriegsverwundete<br />

zu heilen oder ihnen den Tod zu erleichtern, muss ihr siebenjähriger Sohn zu Hause selbst<br />

versuchen, die Bombenanschläge zu überleben. Als die Deutschen am Ende des zweiten<br />

Weltkrieges schließlich aufgefordert werden, die Stadt zu verlassen, lässt Helene ihren Peter an<br />

einem Bahnhof zurück, um sich auf die Suche nach ihrer Schwester zu machen.<br />

<strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong> erzählt in „Die Mittagsfrau“ zwar keine wahre Geschichte, trotzdem ist ihr die<br />

Begebenheit nicht ganz unbekannt. Ihr Vater Jürgen Sehmisch, welcher 1937 in Stettin geboren<br />

wurde, wurde 1945 von seiner Mutter auf dem Weg in Richtung Westen an einem Bahnhof<br />

aufgefordert, zu warten, bis sie wiederkomme – was sie nie tat. Als <strong>Julia</strong> <strong>Franck</strong> selbst ein Kind<br />

bekam, interessiert sie sich sehr dafür, „was eine Frau dazu gebracht haben kann, ihr Kind<br />

auszusetzen und überzeugt zu sein, dass es ihm überall anders besser gehen würde als bei ihr<br />

selbst.“ 71 Durch Nachforschungen hat <strong>Franck</strong> herausgefunden, dass ihre Großmutter ihren<br />

Lebensabend gemeinsam mit ihrer Schwester verbracht und ihr Kind gegenüber anderen nie<br />

erwähnt hat. „Den Entschluss eine Mutterschaft und eine Bindung zu einem Kind absolut zu<br />

69 <strong>Franck</strong>, <strong>Julia</strong>, Die Mittagsfrau, 9. Auflage: Dezember 2007, 2007, S. 171<br />

70 <strong>Franck</strong>, <strong>Julia</strong>, Die Mittagsfrau, 9. Auflage: Dezember 2007, 2007, S. 316<br />

71 <strong>Franck</strong>, <strong>Julia</strong>, ZEIT online, 10.10.2007, http://www.zeit.de/online/2007/40/interview-julia-franck<br />

Sandra Tanner, Klasse 6c, 2008 38

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