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Religiöse Kunst im Leben der Kirche TITELTHEMA Seite 04 ... - KV

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<strong>KV</strong>_02_2006_14 23.03.2006 16:31 Uhr <strong>Seite</strong> 14<br />

CARL-SONNENSCHEIN-PREIS<br />

Warum eine eifersüchtige<br />

Vortrag: Dr. Jens David Baumbach<br />

Hera verehren?<br />

Votivgaben als Quelle zur Rekonstruktion antiker Kulte<br />

Kb Dr. Jens David Baumbach (li.)<br />

erhält die Urkunde des Carl-<br />

Sonnenschein-Preises vom <strong>KV</strong>-<br />

Ratsvorsitzenden Kb Karl Kautzsch.<br />

14 AM<br />

Stellen Sie sich ein griechisches<br />

Heiligtum vor –<br />

ein heiliger Bezirk, Tempel,<br />

Altäre, Votivgaben und<br />

Opfergeruch. Berühmte<br />

Heiligtümer wie das <strong>der</strong><br />

Athena auf <strong>der</strong> Akropolis<br />

in Athen o<strong>der</strong> das des<br />

Apollon in Delphi sind<br />

Ihnen bekannt. Vieles ist<br />

<strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Jahrtausende<br />

zerstört worden, so dass<br />

es durchaus schwer fällt,<br />

ein solches Heiligtum in<br />

Gedanken zu rekonstruieren.<br />

Wie praktisch, dass<br />

viele Reiseführer Rekonstruktionen<br />

<strong>der</strong> jeweiligen<br />

Orte enthalten. Eine zentrale<br />

Frage jedoch bleibt.<br />

Was hat die antiken Besucher<br />

griechischer Heiligtümer<br />

so angezogen, dass<br />

sie sie mit prächtigen Gebäuden<br />

ausstatteten, Votivgaben nie<strong>der</strong>legten und<br />

Opfer vollzogen? Prestige, politische und soziokulturelle<br />

Gründe können angeführt werden – die über<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te andauernde Kultaktivität in griechischen<br />

Heiligtümern kann letztendlich aber nur religiös<br />

begründet werden. Mit Hilfe von Reiseführern<br />

können wir die jeweiligen Ausgrabungsstätten<br />

visuell rekonstruieren – was ist aber mit <strong>der</strong> Rekonstruktion<br />

des Kultes, <strong>der</strong> den Heiligtümern ihren Sinn<br />

und Zweck gibt?<br />

Die archäologische Forschung hat sich an dieser<br />

Stelle schwer getan. Traditionell liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt<br />

auf <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> architektonischen<br />

Überreste während den Votivgaben, die in großer<br />

Anzahl bei den Ausgrabungen ans Tageslicht kamen,<br />

vergleichsweise geringe Bedeutung eingeräumt wird.<br />

Meist werden sie nur aus kunstgeschichtlicher Sicht<br />

betrachtet - ihrer Bedeutung als Quelle zur Erschließung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Kulte steht man skeptisch<br />

gegenüber. Das Resultat ist eindeutig: Während die<br />

Architektur <strong>der</strong> Heiligtümer gut erforscht ist, liegen<br />

die Ausprägungen und Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> einzelnen<br />

Kulte oftmals <strong>im</strong> Dunkeln. Anstelle auf die archäologischen<br />

Überreste greift die Forschung bei <strong>der</strong> Rekonstruktion<br />

<strong>der</strong> Kulte in <strong>der</strong> Regel auf die literarischen<br />

Quellen zurück.<br />

Einigen von Ihnen ist sicher bekannt, dass – nach<br />

Platons Ansicht – Homer und Hesiod den Griechen<br />

die Götter gegeben haben. Jede Gottheit hat ein<br />

eigenes Profil. Hera ist die eifersüchtige Frau des<br />

Göttervaters Zeus, Zeus waltet über Blitz und Donner,<br />

Apollon ist <strong>der</strong> Gott <strong>der</strong> schönen Künste und des<br />

Orakels, Demeter ist für den Ackerbau zuständig und<br />

Poseidon ist <strong>der</strong> Gott des Meeres. Wir wollen<br />

Homers und Hesiods Verdienste gar nicht schmälern.<br />

Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die Götterbil<strong>der</strong>,<br />

die in <strong>der</strong> Literatur vermittelt werden, den<br />

konkreten Glaubensvorstellungen <strong>der</strong> antiken Besucher<br />

griechischer Heiligtümer entsprachen. Warum<br />

sollten die Griechen wohl eine eifersüchtige Hera<br />

verehren? Eine Demeter mit Zuständigkeit für den<br />

Ackerbau scheint da viel greifbarer zu sein.<br />

Meine Dissertation bringt einen Neuansatz, da sie<br />

sich auf die Votivgaben als Hauptquelle zur Rekonstruktion<br />

<strong>der</strong> einzelnen Kulte stützt. Architektonische<br />

und literarische Quellen sind miteinbezogen – ihnen<br />

kommt bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> einzelnen Kulte allerdings<br />

lediglich eine ergänzende Rolle zu.<br />

Insgesamt werden sechs Heiligtümer <strong>der</strong> Göttin Hera<br />

untersucht, die sich in unterschiedlichen Teilen <strong>der</strong><br />

griechischen Welt befinden. Das berühmte Heraion<br />

auf Samos <strong>im</strong> östlichen Mittelmeer, die Heiligtümer<br />

von Perachora, Tiryns und Argos, die sich allesamt<br />

auf dem Peloponnes befinden, und schließlich die<br />

beiden Herakulte von Paestum südlich von Neapel.<br />

Die Analyse <strong>der</strong> Votivgaben stellt Unterschiede und<br />

Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Kulten<br />

heraus.<br />

Das Bild <strong>der</strong> eifersüchtigen Ehefrau findet <strong>im</strong> Kult<br />

keinen Nie<strong>der</strong>schlag – statt dessen treten ganz konkrete<br />

Zuständigkeiten <strong>der</strong> Gottheit wie zum Beispiel<br />

Heras Funktion als Schutzgöttin <strong>der</strong> Geburt, des Heranwachsens<br />

und <strong>der</strong> Ehe. Selbst an<strong>der</strong>e Bereiche<br />

wie zum Beispiel <strong>der</strong> Ackerbau, <strong>der</strong> ja eigentlich in<br />

die Zuständigkeit von Demeter fällt, sind mit ihr eng<br />

verbunden. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefern<br />

die Funde aus dem Heraion von Tiryns. In den letzten<br />

Tagen seiner Ausgrabung in Tiryns <strong>im</strong> Jahr 1885 entdeckte<br />

Heinrich Schliemann eine Fülle von Terrakotta-Votivstatuetten,<br />

von denen viele eine stehende

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