Religiöse Kunst im Leben der Kirche TITELTHEMA Seite 04 ... - KV
Religiöse Kunst im Leben der Kirche TITELTHEMA Seite 04 ... - KV
Religiöse Kunst im Leben der Kirche TITELTHEMA Seite 04 ... - KV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>KV</strong>_02_2006_03 23.03.2006 16:25 Uhr <strong>Seite</strong> 3<br />
Die lange Reise zum Bild<br />
Religiöse <strong>Kunst</strong> weckt das „innere Sehen“<br />
Impuls: Hans-Joach<strong>im</strong> Leciejewski<br />
GEISTLICHES WORT<br />
„Eine scheinbar unbedeutende Begegnung mit einem<br />
Poster, auf dem in einem Ausschnitt Rembrandts<br />
‚Rückehr des Verlorenen Sohnes’ abgebildet war,<br />
löste in mir ein langes Abenteuer aus. Es führte<br />
mich zu einem neuen Verständnis meiner Berufung<br />
und gab mir neue Kraft, sie zu leben. In <strong>der</strong> Mitte<br />
dieses Abenteuers stehen ein Bild aus dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
und sein Maler, ein Gleichnis aus dem 1.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t und sein Urheber sowie ein Mensch des<br />
20.Jahrhun<strong>der</strong>ts mit seiner Suche nach dem Sinn<br />
des <strong>Leben</strong>s.“ – so Henri J.M. Nouwen einleitend in<br />
seinem Buch „N<strong>im</strong>m sein Bild in dein Herz. Geistliche<br />
Deutung eines Gemäldes von Rembrandt“<br />
(Freiburg 20<strong>04</strong>, 14. Auflage, <strong>Seite</strong> 15). Henri Nouwen<br />
beschreibt seine Reise zu diesem Bild in die damalige<br />
Sowjetunion, eine Reise, die ihn aufs Tiefste<br />
zum Evangelium vom barherzigen Vater (Lk 15,<br />
11-32) und damit zu seiner Berufung führte. Er<br />
n<strong>im</strong>mt den Leser mit auf diese Reise und führt ihn<br />
<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> neu an die Frage nach dem eigenen<br />
<strong>Leben</strong>sentwurf. Es ist ein spannendes und bewegendes<br />
Buch, das ich wie<strong>der</strong>geholt gelesen habe.<br />
Brauchen wir überhaupt religiöse <strong>Kunst</strong> (Bil<strong>der</strong>,<br />
Statuen, Musik, <strong>Kirche</strong>nräume ...)? Warum brauchen<br />
wir sie? „Das Bild Christi und die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Heiligen<br />
sind keine Fotografien. Ihr Wesen ist es, über das<br />
bloß materiell Feststellbare hinauszuführen, die<br />
inneren Sinne zu wecken und ein neues Sehen zu<br />
lehren, das <strong>im</strong> Sichtbaren das Unsichtbare wahrn<strong>im</strong>mt.<br />
Die Sakralität des Bildes besteht gerade<br />
darin, dass es aus einem inneren Sehen kommt und<br />
so zu einem inneren Sehen hinführt. Es muss Frucht<br />
innerer Kontemplation, einer gläubigen Begegnung<br />
mit <strong>der</strong> neuen Wirklichkeit des Auferstandenen sein<br />
und so wie<strong>der</strong> in das innere Schauen, in die betende<br />
Begegnung mit dem Herrn hineinführen.“ (Joseph<br />
Kardinal Ratzinger, Der Geist <strong>der</strong> Liturgie, Freiburg<br />
2000, S. 114f)<br />
Hans-Joach<strong>im</strong> Leciejewski<br />
Ein <strong>Kunst</strong>werk – wie das genannte Bild von Rembrandt<br />
– ist religiöse <strong>Kunst</strong> nicht nur, weil es einen<br />
religiösen Inhalt darstellt, son<strong>der</strong>n vielmehr, weil es<br />
aus einer Begegnung mit „dem Ankommenden“ hervorgeht,<br />
mag diese Begegnung, die wir auch Erscheinung<br />
o<strong>der</strong> Epiphanie nennen, flüchtig o<strong>der</strong> gestalthaft,<br />
leuchtend o<strong>der</strong> bedrohlich, faszinierend<br />
o<strong>der</strong> erschreckend sein, o<strong>der</strong> von allem etwas haben.<br />
Der Künstler n<strong>im</strong>mt schließlich sein Material<br />
und sein Werkzeug und gibt <strong>der</strong> Epiphanie Konkretheit,<br />
er gibt dem in ihm Ankommenden die Möglichkeit<br />
des Konkretwerdens, <strong>der</strong> Inkarnation.<br />
Ist das <strong>Kunst</strong>werk geschaffen, tritt <strong>der</strong> Betrachter<br />
vor dieses und es kann sich wie<strong>der</strong>um eine Art Epiphanie<br />
ereignen. In <strong>der</strong> Betrachtung des <strong>Kunst</strong>werkes<br />
kann es zu einer Begegnung mit jener Epiphanie<br />
o<strong>der</strong> Inspiration kommen, die den Künstler bewogen<br />
hat, sein Werk zu schaffen. Wenn dies geschieht,<br />
kann <strong>der</strong> Betrachter aufgeschlossen werden, kann<br />
für ihn ein Bild entstehen, das Weg weisende, das<br />
<strong>Leben</strong> deutende und /o<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>nde Kraft hat.<br />
Rembrandt, Rückkehr des verlorenen Sohns<br />
Henri Nouwen fand in dem Bild „Rückkehr des Verlorenen<br />
Sohnes“ von Rembrandt ein Bild, das ihn auf<br />
seiner Suche nach dem Sinn des <strong>Leben</strong>s begleitet<br />
hat, an dem er sich nicht satt sehen konnte. Je<strong>der</strong><br />
Christ, ein nach Sinn Suchen<strong>der</strong>, ist eingeladen, auf<br />
Jesus Christus zu schauen, und sich an IHM nicht<br />
satt zu sehen.<br />
AM 03