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Curry bleibt Curry / Nunc est bibendum Wer spricht heute noch ... - KV

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SEPT./OKT. 2004<br />

AMAKADEMISCHE<br />

MONATSBLÄTTER<br />

Zeitschrift des Kartellverbandes<br />

katholischer deutscher Studentenvereine<br />

<strong>KV</strong> • 116. Jahrgang • Nr. 8<br />

<strong>Curry</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>Curry</strong> /<br />

<strong>Nunc</strong> <strong>est</strong> <strong>bibendum</strong><br />

TITELTHEMA Seite 04<br />

<strong>Wer</strong> <strong>spricht</strong> <strong>heute</strong> <strong>noch</strong> Latein?<br />

Reformieren oder<br />

wiederherstellen??<br />

<strong>KV</strong> AKADEMIE Seite 13


INHALT<br />

TITELTHEMA<br />

<strong>Curry</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>Curry</strong> 04<br />

<strong>Nunc</strong> <strong>est</strong> <strong>bibendum</strong> 07<br />

HOCHSCHULE<br />

Jungakademiker und Gesellschaft 09<br />

DAS AM-INTERVIEW<br />

Moritz Becker 14<br />

AUS DEM <strong>KV</strong><br />

Hans Daniels Bonner Ehrenbürger /<br />

Konzert des <strong>KV</strong>-Orch<strong>est</strong>ers /<br />

Siegfreid Schiele erhielt<br />

Verdienstmedaille 20<br />

<strong>KV</strong>-AKADEMIE<br />

Bonn – Reformieren oder<br />

wiederherstellen? 13<br />

Xanten – Kunst – Kult – Religion 19<br />

FORUM<br />

Minderheit – Mehrheit? 16<br />

STATT EINES GEISTLICHEN WORTES<br />

Zeichen am Wege 03<br />

AUS DEN ORTSZIRKELN<br />

Burgundreise der OZOZ Schwäbisch<br />

Gmünd und Stuttgart 18<br />

AUS DER AKTIVITAS<br />

Markomannia auf neuen Wegen 21<br />

WAS li<strong>est</strong> gerade…<br />

Siegfried A. Koß 17<br />

PERSONALIA<br />

Nachruf auf <strong>Wer</strong>ner Böckenförde /<br />

Zwei Wuppertale Arminen geweiht 22<br />

Nachruf auf Kuno Walter 23<br />

EDITORIAL<br />

Liebe Kartellbrüder,<br />

Die Neug<strong>est</strong>altung der „Akademischen Monatsblätter“,<br />

wie sie in der letzten Nummer erkennbar war, ist erfreulich<br />

gut angekommen. Zahlreiche Briefe, E-Mails und Telefonanrufe<br />

haben der Redaktion b<strong>est</strong>ätigt, einen richtigen Weg beschritten<br />

zu haben. Auch der Hauptausschuss hat auf seiner Sitzung am<br />

18. September 2004 das neue Konzept<br />

diskutiert und keine Einwände dagegen<br />

gemacht. Über einige Details sollte<br />

<strong>noch</strong> nachgedacht werden: Verhältnis<br />

Bild-Text, Länge der Beiträge, Anzahl<br />

der Personalnachrichten, Berichte<br />

aus den Gremien u. a. Die Redaktion<br />

freut sich über die vielen positiven<br />

Stellungnahmen und bedankt sich für<br />

die rege Anteilnahme der Kartellbrüder<br />

an der Diskussion über die „neuen<br />

AM“. Neben der Vorstellung des geänderten<br />

Erscheinungsbilds der „AM“<br />

stand auch eine Beratung über den<br />

Internetauftritt der Verbandes auf der<br />

Tagungsordnung des Hauptausschusses. Die von den Kartellbrüdern<br />

gemachten Vorschläge werden bei den weiteren Beratungen<br />

in dem dafür vom <strong>KV</strong>-Rat eingesetzten Arbeitskreis berücksichtigt<br />

werden. Es war bei der Erörterung auf dem Hauptausschuss<br />

unstrittig, dass das Internet keine Konkurrenz zu den<br />

„AM“ werden soll, sie aber ergänzen kann.<br />

Das Euch <strong>heute</strong> vorliegende Heft befasst sich mit einem auf den<br />

ersten Blick etwas abgelegenem Thema: dem Nutzten der lateinischen<br />

Sprache. Aber genau betrachtet sind wir mit unserem<br />

Küchenlatein auf den Kommersen und Kneipen eine Institution,<br />

die <strong>noch</strong> immer sich dieser Sprache verpflichtet fühlt. Wie aktuell<br />

übrigens Latein sein kann, beweist der finnische Rundfunk<br />

mit aktuellen Nachrichten in lateinischer Sprache, die man<br />

unter www.yle.fi/fbc/latini nachlesen kann. Schließlich bietet<br />

ebenfalls Radio Bremen unter www.Radiobremen.de/<br />

nachrichten/latein einen Monatsrückblick auf Latein.<br />

Bleibt uns gewogen<br />

Wolfgang Löhr,<br />

Vorsitzender des <strong>KV</strong>-Rates<br />

Euer<br />

IMPRESSUM<br />

Akademische Monatsblätter<br />

Herausgeber: Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (<strong>KV</strong>).<br />

V.i.S.d.P: Der Vorsitzende des <strong>KV</strong>-Rates, c/o <strong>KV</strong>-Sekretariat.<br />

Kommissionsverlag: Verband alter <strong>KV</strong>er e.V., <strong>KV</strong>-Sekretariat, Postfach 10 16 80, 45746 Marl, Linder Weg 44, 45770 Marl, Telefon (02365) 5729010, Telefax (02365) 5729051.<br />

Anzeigenverwaltung: <strong>KV</strong>-Sekretariat, Anschrift wie oben. Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 15.<br />

Druck: Pomp, Bottrop.<br />

Die AM werden im Rahmen der Verbandszugehörigkeit allen Kartellangehörigen ohne besondere Bezugsgebühr geliefert.<br />

Redaktion: Wilhelm Schreckenberg (Ehrenvorsitzender), Wolfgang Löhr (Vorsitz und v.i.S.d.P), Thomas Drescher, Stefan Einecke, Siegfried Koß, Günter Georg Kinzel, Michael Kotulla,<br />

Hans-Joachim Leciejewski, Reinhard Nixdorf, Harald Stollmeier, Hans-Georg Wehling.<br />

Die Akademischen Monatsblätter erscheinen zehnmal im Jahr. Es wird gebeten, alle Manuskripte nur digital einzusenden. Die Redaktion setzt das Einverständnis zu etwaigen Kürzungen und redaktionellen<br />

Änderungen voraus. Die mit Namen versehenen Beiträge geben die Meinung des Verfassers und nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Die Beiträge sind grundsätzlich in ehrenamtlicher Mitarbeit geschrieben.<br />

Der Abdruck ist nur mit Zustimmung der Redaktion g<strong>est</strong>attet.<br />

Hinweis nach § 4 Abs. 3 PD-SVD.<br />

Gegen das übliche Verfahren der Anschriften-Weitergabe durch die Deutsche Post AG kann der Zeitschriftenempfänger jederzeit Widerspruch beim <strong>KV</strong>-Sekretariat, Postfach 10 16 80, 45746 Marl, einlegen.<br />

ISSN 0002-3000<br />

Internet-Adresse: www.kartellverband.de<br />

Ausgabe 10/2004: Redaktionsschluss: 1. November 2004, Auslieferung: 10. Dezember 2004<br />

Titelfoto: PressPic, Bach<br />

02 AM


STATT EINES GEISTLICHEN WORTES<br />

„Zeichen am Wege“<br />

Pater Nobert Reus SAC:<br />

Goldenes Pri<strong>est</strong>erjubiläum<br />

Am 25. Juli 1954 wurde unser Kartellbruder P. Norbert<br />

Reus SAC (Bv, E d Moe-Stg, E d Al, E d Arm)<br />

zum Pri<strong>est</strong>er geweiht. Der Pallottiner, der auch Anglistik<br />

und Geschichte studierte, fand seine <strong>KV</strong>-Heimat<br />

bei Bavaria-Freiburg.<br />

P. Norbert Reus war in seiner Zeit als Lehrer am Vinzenz-Pallotti-Kolleg<br />

in Rheinbach bei Bonn auch Verbandsseelsorger<br />

des <strong>KV</strong>. Viele werden sich an Begegnungen<br />

mit ihm erinnern, sei es bei Vertreterversammlungen,<br />

bei Stiftungsf<strong>est</strong>en oder als Leiter der<br />

<strong>KV</strong>-Romreisen, die so gut vorbereitet waren und wo<br />

man sich bei Besichtigungen, Gottesdiensten und<br />

frohem Beisammensein näher kam. P. Norbert war<br />

besonders für die Aktivitates nicht nur ein freundlicher<br />

Begleiter, sondern ein „Zeichen am Wege“.<br />

Nach Pensionierung und einer Zwischenstation in<br />

Vallendar/Rhein wurde er nach Hamburg-Farmsen<br />

versetzt, wo er seit 1997 Seelsorger im Caritas-<br />

Wohn- und Pflegeheim war; nun steht der Wechsel<br />

zum Missionshaus der Pallottiner in Limburg/Lahn<br />

bevor. Aus diesem Grund feierte P. Norbert sein<br />

Goldenes Pri<strong>est</strong>erjubiläum mit der Gemeinde in<br />

Hamburg-Farmsen ein wenig vorgezogen schon am<br />

30. Mai.<br />

Ein ehemaliger Schüler, jetzt Provinzprokurator der<br />

Pallottiner in Limburg, P. Rüdiger Kiefer SAC, hielt<br />

die F<strong>est</strong>predigt zum Thema: Pater Norbert – Zeichen<br />

am Wege! „Er hat uns als Schüler länger als ein<br />

Jahr in jeder Schulmesse mit dem Thema Zeichen<br />

am Wege beschäftigt und ist für uns ein solches<br />

Zeichen geworden“, so Pater Kiefer. Dem Jubilarpri<strong>est</strong>er<br />

überreichte er eine Steinfigur, wie sie im<br />

Norden Kanadas von den Einheimischen als „Inukshuk“,<br />

als „Wegweiser“, aufg<strong>est</strong>ellt wird.<br />

Dir, lieber Kartellbruder Norbert, können wir nur<br />

danken für Deinen steten Einsatz im <strong>KV</strong> als „Zeichen<br />

am Wege“. Mög<strong>est</strong> Du die kommenden Jahre bei<br />

b<strong>est</strong>er Gesundheit erleben. – Die KbKb H. Salbeck<br />

und D. Kawohl hatten in Dankbarkeit die Freude, den<br />

Jubilarpri<strong>est</strong>er zum F<strong>est</strong>gottesdienst begleiten zu<br />

dürfen.<br />

Ad multos annos!<br />

Dietrich Kawohl<br />

AM 03


Titelthema: Siegfried A. Koß<br />

<strong>Curry</strong> <strong>bleibt</strong><br />

Wo man auch mit seinem<br />

Neulatein<br />

Das Lateinische sei wie das Griechische eine tote<br />

Sprache, ist eine Ansicht, die so verbreitet ist wie irrig.<br />

Im Unterschied zum Altgriechischen, aus dem nur<br />

Neugriechisch hervorgegangen ist, lebt Lateinisch<br />

weiterentwickelt fort in den romanischen Tochtersprachen.<br />

Latein lebt weiter in den modernen Sprachen zwischen Atlantik<br />

und Schwarzem Meer, darunter die Weltsprachen Französisch,<br />

Portugiesisch und Spanisch. Das Lateinische selbst endete<br />

nicht 476 mit dem W<strong>est</strong>römischen Reich, sondern war als Mittellateinisch<br />

<strong>noch</strong> 1000 Jahre lang Lingua franca, Verkehrssprache<br />

des mittelalterlichen Europa. So blieb Lateinisch lange<br />

Sprache der Diplomatie, des Rechtswesens, der Medizin, der<br />

Philosophie und der Theologie. Über das Mittelalter hinaus<br />

blieb Lateinisch weltweit Sprache der Katholischen Kirche in<br />

kurialen Verlautbarungen und vor allem in der Liturgie des Gottesdienstes,<br />

letzteres bis vor etwa 40 Jahren <strong>noch</strong>. Wenn auch<br />

in der Katholischen Kirche das Lateinische an Bedeutung verloren<br />

hat – die Sprache ist längst nicht tot! Zwar sprechen auf<br />

römischen Bischofssynoden die Oberhirten inzwischen weit<br />

überwiegend nicht lateinisch sondern englisch. Doch auf Neulateinisch<br />

sich über Fernsehapparat und Waschmaschine zu unterhalten,<br />

bereitet einem Saarbrücker Freundeskreis der „toten“<br />

Sprache keine Probleme. „Asterix“ gibt es auf Lateinisch<br />

und ebenso die sämtlichen Songtexte von Elvis. Der finnische<br />

Rundfunk sendet regelmäßig einen lateinischen Programmbeitrag.<br />

Fortwährend entwickelt eine vatikanische Expertenkommission<br />

den neulateinischen Wortschatz weiter.<br />

04 AM<br />

Als im April 2004 das Päpstliche Komitee für die Historischen<br />

Wissenschaften in Rom sein 50jähriges B<strong>est</strong>ehen beging, erklärte<br />

sein Präsident, der deutsche Kirchenhistoriker Walter


TITELTHEMA<br />

<strong>Curry</strong><br />

am Ende ist<br />

AM 05


TITELTHEMA<br />

Brandmüller: „Angesichts einer um sich greifenden<br />

blinden Zukunftsorientierung“, die den Blick auf die<br />

Vergangenheit versperrt, „scheint der Augenblick<br />

gekommen, die Kräfte zu einer neuerlichen kulturellen<br />

Rettungstat zu sammeln“. Er erläuterte weiter,<br />

daß das Päpstliche Komitee zu diesem Zweck die Initiative<br />

Ad Fontes gegründet habe. Gemeinsam mit<br />

anderen Einrichtungen, darunter das „Zentrum für<br />

europäische Integrationsforschung“ der Universität<br />

Bonn, wolle man einen Prozeß der Rückbesinnung<br />

auf die Bedeutung der klassischen Sprachen einleiten.<br />

Ohne Kenntnis von Lateinisch und Griechisch<br />

gelange seriöse theologische, historische und gemein-geisteswissenschaftliche<br />

Forschung an ihre<br />

Grenzen. „Eine Situation, in der solide Kenntnisse<br />

der klassischen Sprachen auf einen ... engen Kreis<br />

beschränkt sein würden, wie das bei ... Sanskrit ...<br />

der Fall ist, würde das Ende aller europäisch geprägten<br />

Bildung und Kultur bedeuten.“ Der Würzburger<br />

Journalist Guido Horst brachte das Problem kulturpolitisch<br />

auf den Punkt: „... wer die Oberhoheit darüber<br />

erringt, was [durch die Alten Sprachen] an historischem<br />

Wissen zu bewahren und wie es zu interpretieren<br />

ist, g<strong>est</strong>altet damit Gegenwart und Zukunft“<br />

(Die Tagespost v. 22.4. 2004).<br />

Wir wollen an dieser Stelle ein konkretes Unternehmen<br />

vorstellen, das dem neu aufkeimenden Bedürfnis<br />

nach Latinität einen weiten Schritt entgegen<br />

kommt. 1992 erschien in der Libreria Editoria Vaticana<br />

ein italienisch-neulateinisches Wörterbuch. Die<br />

italienischen Stichwörter wurden in den folgenden<br />

Jahren ins Deutsche übersetzt und deutsch neu<br />

alphabetisiert. Diese deutsche Ausgabe erschien<br />

1998: „Neues Latein-Lexikon]Lexicon recentis Iatinitatis“,<br />

Bonn: Edition Lempertz. Das Wörterbuch enthält<br />

auf 435 Seiten etwa 15000 Lemmata. Bei 15000<br />

Stichwörtern kann man annehmen, daß vielleicht<br />

14800 lateinische Neuschöpfungen, erarbeitet von<br />

Experten, sprachlich unanfechtbar sind. Es seien<br />

deshalb hier nur wenige Anmerkungen gemacht.<br />

Notwendig, nützlich oder nachvollziehbar sind Ausdrücke<br />

wie instrumentum computatorium (Computer),<br />

promuntuarium Canaveralense (Cape Canaveral)<br />

bzw. pactum arma atomica non propagandi (Atomwaffensperrvertrag)<br />

[warum aber nicht non proliferandi?].<br />

Nicht nachvollziehbar ist summus marescalcus<br />

(Feldmarschall), wenn Generalfeldmarschall<br />

summus militiae magister sein soll. Umständlichst<br />

erscheint für „Eindüsenflugzeug“ (einstrahliger Jet)<br />

aeronavis uno machinamento motorio inversa vi propulsa.<br />

Doppelt problematisch: ein Dominion sei eine<br />

Britannici imperii possessio. Erstens gibt es das<br />

Britische Empire seit 1926 nicht mehr, und zweitens<br />

sind Dominions eben kein britischer Besitz. Ähnlich<br />

problematisch: ars tractandi metalla für Hüttenkunde.<br />

Man kann den Ausdruck auch als Schmiedehandwerk<br />

missverstehen, weil metallum nicht nur<br />

für Erz in der Hüttenverarbeitung steht sondern auch<br />

für Metall im umfassenden Sinn. Agricola nannte<br />

seine Bücher „De re metallica“ schon 1556 so und<br />

meinte damit das gesamte Gebiet von Erzbergbau<br />

und Hüttenkunde. Warum nicht weiter so?<br />

Manches mag für die italienische Originalausgabe<br />

einleuchtend gewesen sein, ist in der deutschen<br />

Fassung aber überflüssig (z.B. fernetum für Fernet).<br />

Mit einem Augenzwinkern sollte man für Pizza<br />

placenta compressa hinnehmen. <strong>Wer</strong> schließlich<br />

jemanden, der für und von Lateinisch keinerlei<br />

Verständnis hat, einen Dummkopf schelten will,<br />

bekommt dafür gleich elf Versionen angeboten.<br />

Dummschwätzer (homines iactantes) sollte man die<br />

Bearbeiter dieses Wörterbuchs allerdings nicht<br />

nennen – auch wenn der Tamilismus „<strong>Curry</strong>“ für sie<br />

eine unverdauliche Soße ist. <strong>Curry</strong> <strong>bleibt</strong> bei ihnen<br />

curry – undeklinierbar. Da ist man auch mit seinem<br />

Neulatein am Ende.<br />

06 AM


TITELTHEMA<br />

Titelthema: Wolfgang Löhr<br />

<strong>Nunc</strong> <strong>est</strong> <strong>bibendum</strong><br />

Der Student<br />

handhabt<br />

voll Übermut und<br />

Keckheit auf den<br />

Kneipen die<br />

altehrwürdige<br />

Sprache.<br />

Sätze wie der als Überschrift zitierte, den der lateinische<br />

Dichter Horaz nach der siegreichen Schlacht<br />

von Actium verfasste, gehörten bis in die fünfziger/<br />

sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zum<br />

Sprüchereservoire eines europäischen Akademikers.<br />

Und ein Korporationsstudent, vor allem aus dem CV<br />

und <strong>KV</strong>, erlernt immer <strong>noch</strong> sein Kneiplatein, sagt<br />

„verbum peto“, wenn er um das Wort bittet, setzt<br />

sich, wenn es „sedeatis“ heißt und ersucht um<br />

„tempus utile“, wenn er den Saal dringend verlassen<br />

muss. Das ist ein Erbe jener Zeiten, als das<br />

Latein <strong>noch</strong> zum Alltag der Studenten gehörte, als<br />

Karl Marx <strong>noch</strong> seinen Abituraufsatz in lateinischer<br />

Sprache schrieb und Dissertationen aller Fakultäten<br />

sich das Lateins bedienten. Ende des 19. Jahrhunderts<br />

stellte Friedrich Kluge zum studentischen<br />

Latein f<strong>est</strong>, der Student handhabe „voll Übermut und<br />

Keckheit… auf den Kneipen die altehrwürdige Sprache<br />

und“ zeige „in toller Sprachmischung, in kühnen<br />

Verschnörkelungen einheimischen Sprachguts mit<br />

lateinischen Floskeln, in rücksichtsloser Abstreifung<br />

jeden Regelzwangs, in derb komischer Verschmelzung<br />

von Deutsch und Latein, daß er einen lästigen<br />

Zwang auch beim Bier“ ertrage. Auch außerhalb der<br />

Kneipe entstanden kuriose Wendungen und Wörter,<br />

darauf weist Friedhelm Golücke hin, und erwähnt<br />

Latinisierungen wie „Pfiffikus“ und „Schwachmatikus“.<br />

Das so genannte „makkaronische“ Latein,<br />

auch Küchenlatein (latinitas culinaria) genannt, stelle<br />

„einen Höhepunkt in dieser Richtung“ dar. Wenn<br />

es auch ein mehr oder minder „barbarisches“ Latein<br />

ist, das bei uns weiterlebt, so steht diese begrüßenswerte<br />

Pflege des Überkommenen ganz im<br />

Gegensatz zu der gegenwärtigen<br />

„Lateindämmerung“ in Deutschland, von der Hannes<br />

Hintermeier am 20. März 2004 in der Frankfurter Allgemeinen<br />

sprach. Zwar wiese die Kurve der<br />

Lateinschülerzahlen seit einiger Zeit „ganz vorsichtig<br />

nach oben“ und „sogar in den neuen Ländern, die<br />

bisher einer lateinfreien Zone“ geglichen hätten,<br />

gäbe es „die Einsicht, daß es doch nicht so verkehrt<br />

sein könnte, sich dieser Sprache zu widmen.“ Doch<br />

ist er überzeugt, dass bei der Verkürzung der Gymnasialschulzeit<br />

von 13 auf 12 Jahre „der Druck auf<br />

das Fach Latein“ zunehmen wird. „Auf dem Weg des<br />

reinen Zweckdenkens“, so schließt Hintermeier,<br />

werden die produktiven Umwege, die Latein bietet,<br />

immer stärker begradigt.“ Er befürchtet den Ausbau<br />

„einer Bildungsdatenautobahn“, dem Latein im<br />

Wege sei. Nun gibt es immer <strong>noch</strong> Studiengänge<br />

wie Theologie, Philosophie und Geschichte, bei denen<br />

Lateinkenntnisse zu Recht verlangt werden und<br />

die mancher Studierender in einem „Crashkurs“ später<br />

mühevoll-Latinum in latrinam fluchte manchersich<br />

erwerben musste und muss, aber die Argumente<br />

gegen das Schulfach Latein werden immer lautstärker<br />

vorgetragen. Eine Studie des Instituts der<br />

deutschen Wirtschaft in Köln, zu der 354 Mitarbeiter<br />

befragt wurden, ergab, man solle „lieber direkt moderne<br />

Fremdsprachen lernen, Latein“ sei „bloß zeitaufwendiger<br />

Umweg.“ Das ist die von Hintermeier<br />

diagnostizierte oberflächliche Beurteilung der lateinischen<br />

Sprache nach ihrem Nutzen. Dieses<br />

Hauptargument gegen eine „tote“ Sprache wird ergänzt<br />

durch eine Reihe anderer F<strong>est</strong>stellungen, die<br />

alle nicht neu sind, aber jetzt ihre Wirkung zeigen.<br />

Sie lauten z. B.:<br />

Kinder lernen imitativ, Latein ist aber nur kognitiv<br />

zu erlernen.<br />

Grammatik und Sprachstrukturen lassen sich über<br />

die Muttersprache erlernen.<br />

Die wichtigsten Quellen der lateinischen Antike<br />

und des Mittelalters liegen in guten Übersetzungen<br />

vor.<br />

Dagegen weist der Altphilologe Karl-Wilhelm<br />

Weeber (Witten) auf den Vorteil des Lateinischen<br />

als „abgeschlossenem sprachlichen System“ hin.<br />

Dadurch würde besonders ermöglicht, “die Sprache<br />

selbst als analytisches Studienobjekt in den Blick zu<br />

nehmen. Wo es auf aktive Sprachbeherrschung und<br />

Hörverstehen“ nicht ankomme, könnten „die insoweit<br />

nicht benötigten Lernenergien anderweitig genutzt<br />

werden.“ Darüber würde man einen Einblick<br />

gewinnen, wie Sprache funktioniere und dieses<br />

Funktionieren beschreiben. „Die dazu notwendige<br />

metasprachliche Begrifflichkeit“ werde dadurch<br />

„viel intensiver eingeübt als in den modernen<br />

Fremdsprachen.“ Außerdem könne Latein als<br />

„Sprachtraining für die Muttersprache“ genutzt werden.<br />

Schließlich halte das Lateinische erstaunlich<br />

viel „aktuelles, lebendiges Bildungspotential“ bereit.<br />

Bei Übersetzungen aus dem Lateinischen ginge<br />

zudem „ein Großteil der literarisch-ästhetischen<br />

Substanz der Originaltexte verloren.“ Zu ergänzen<br />

<strong>bleibt</strong>, dass von den mittelalterlichen lateinischen<br />

Quellen nur ein Bruchteil übersetzt worden ist und<br />

die Mediävistik den Weg zu einem Orchidieenfach<br />

schon angetreten hat. Natürlich, so fährt Weeber<br />

AM 07


TITELTHEMA<br />

In der Praxis der<br />

katholischen Kirche hat<br />

die Landessprache das<br />

Latein weitgehend verdrängt.<br />

Und die Übersetzungen<br />

entsprechen<br />

den Forderungen<br />

sakraler Sprache selten.<br />

08 AM<br />

fort, sei Latein ein „sperriges“ Fach. Es verlange<br />

„Lernarbeit“ und fordere und fördere „Konzentrationsfähigkeit,<br />

Gründlichkeit, Genauigkeit, analytisches<br />

und kreatives Denken sowie Frustrationstoleranz.“<br />

Weeber schließt mit der F<strong>est</strong>stellung:<br />

„Tradition und Modernität, Zeitgemäßheit und<br />

,Anti-mainstream-Angebot’, gesellschaftliche Relevanz<br />

und persönliches Bildungserlebnis: Das alles<br />

bietet Latein. Wir sollten es unseren Schülern zumuten,<br />

und wir sollten es ihnen gönnen.“ Wobei dann<br />

der Gegensatz imitativ-kognitiv zu vernachlässigen<br />

ist. Nicht ganz so ernst gemeint ist in diesem Zusammenhang<br />

das von Lateinfreunden gerne gebrauchte<br />

Argument, Schüler, die neun Jahre Latein<br />

in der Schule gelernt haben, würden besser bei<br />

G. Jauchs TV-Show „<strong>Wer</strong> wird Millionär?“ abschneiden.<br />

Noch ein anderer Verteidiger der alten Sprachen<br />

sollte erwähnt werden:<br />

Den Niedergang des Lateinischen beklagt seit vergangenem<br />

Jahr vehement der Kirchenhistoriker Walter<br />

Brandmüller, Leiter des seit 50 Jahren b<strong>est</strong>ehenden<br />

Päpstlichen Komitees der Geschichtswissenschaften<br />

und früher Ordinarius in Augsburg. Er<br />

wandte sich, unterstützt von drei weiteren wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen an die Akademien der<br />

Wissenschaften in fünfzehn europäischen Ländern<br />

und wies auf die Gefahr eines „unabwendbaren Abbruchs<br />

einer nahezu dreitausendjährigen Tradition“<br />

hin. Alle angeschriebenen Akademien bis auf die der<br />

Niederlande antworteten zustimmend. Eine politische<br />

Initiative wurde nicht daraus. Auch die angesprochenen<br />

Politiker einschließlich des damaligen<br />

Präsidenten der EU-Kommission, Romano Prodi, versicherten<br />

ihre Sympathie. Das war’s. Brandmüller<br />

organisierte daraufhin eine „Schola A<strong>est</strong>iva“, eine<br />

Sommerakademie, an der im vergangenen Jahr 23<br />

junge Menschen aus sechs europäischen Ländern<br />

teilnahmen. Ein Teilnehmer rühmte Brandmüllers<br />

Bemühungen, „um die wichtige Rolle des Lateinischen<br />

für die Identitätsfindung eines Europäers<br />

wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen zu<br />

rufen“, in einem Leserbrief in der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung vom 18. Februar 2004. In derselben<br />

Zeitung hatte schon Hannes Hintermeier am 6. Februar<br />

2004 unter der Aufmerksamkeit erregenden<br />

Überschrift „Lingua coola“ Brandmüllers Einsatz herausg<strong>est</strong>ellt<br />

und berichtet, der denke daran, etwa<br />

einen Publikumsliebling wie Thomas Gottschalk zu<br />

aktivieren, der Latein gelernt habe und einmal<br />

Stipendiat des katholischen Instituts zur Förderung<br />

des publizistischen Nachwuchses gewesen sei.<br />

Gehört hat man davon bisher nichts. Brandmüller hat<br />

auch jüngst in einem Aufsatz in der Zeitschrift „Paneuropa<br />

(Nr. 2/2004) eingeräumt, dass in der Praxis<br />

der katholischen Kirche „die Landessprache das<br />

Latein weitgehend verdrängt“ habe und die Übersetzungen<br />

„den Forderungen sakraler Sprache selten“<br />

entsprächen. Meist sei „Banalität des Ausdrucks zu<br />

beklagen.“<br />

Hinzu zu fügen wäre <strong>noch</strong>, dass im Vatikan das<br />

Italienische das Latein längst auf den zweiten Platz<br />

verwiesen hat, woran auch das seit vierzig Jahren<br />

b<strong>est</strong>ehende Päpstliche Latein-Institut unter dem<br />

Schweizer Kardinal Georges Cottier wohl nichts<br />

ändern konnte. Auch die kanonistische Fakultät der<br />

Päpstlichen Gregoriana hat nach dem letzten Konzil<br />

„ohne Not“, so Christian Schneider in einem Leserbrief<br />

an die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom<br />

17. Februar 2004 „die letzte Bastion gesprochenen<br />

Lateins … selbst geschleift.“ Schließlich müsste<br />

man <strong>noch</strong> erwähnen, dass auch die auf lateinischen<br />

Texten beruhende und von den Vätern ererbte Gregorianik<br />

in vielen Kirchen verstummt ist. Den<strong>noch</strong>:<br />

Für die Verwendung der Landessprache gibt es gute<br />

Gründe, weil sie einem größeren Kreis von Gläubigen<br />

das Mitfeiern der Liturgie erst möglich macht.<br />

Doch <strong>bleibt</strong> zu fragen, ob es zu einer so radikalen<br />

Ausmerzung des Lateins in der römischen Kirche<br />

kommen musste. Man sollte auch nicht vergessen,<br />

dass es ein Vorteil war, ob man in New York, Paris,<br />

Madrid oder Kalkutta weilte, den identischen lateinischen<br />

liturgischen Texten folgen zu können.<br />

Ob dem Latein bald das Sterbeglöcklein geläutet<br />

wird, ist vielleicht <strong>noch</strong> nicht entschieden. Es ist<br />

nicht auszuschließen, dass es zu einer Renovatio<br />

linguae latinae kommen wird, weil auf die Denkschule<br />

Latein nicht verzichtet werden mag.


HOCHSCHULE<br />

Essay: Hans Pohl<br />

Jungakademiker<br />

und Gesellschaft<br />

Die Kosten des<br />

Studentenlebens werden<br />

in der Bundesrepublik<br />

weitgehend vom<br />

Steuerzahler getragen,<br />

das heißt von der Gesellschaft,<br />

der arbeitenden<br />

Bevölkerung, denn die<br />

Zahl der Stipendiaten<br />

nimmt permanent zu.<br />

Sprechstunde. Ein Erstsem<strong>est</strong>er kommt zur Studienberatung<br />

in die Sprechstunde des Professors. Der<br />

fragt den Kommilitonen, was er für ihn tun könne.<br />

Der Kommilitone: „Ich möchte eine Studienberatung“.<br />

Professor: „Was wollen Sie studieren?“ Student:<br />

„Um das zu entscheiden, bin ich hier.“ Professor:<br />

„Welche Berufsabsichten haben Sie, was möchten<br />

Sie werden?“ Student: „Das weiß ich nicht. Deshalb<br />

benötige ich eine Studienberatung.“ Professor:<br />

„Es tut mir leid, aber wenn Sie nicht wissen, welchen<br />

Beruf Sie ergreifen möchten, oder wenigsten in<br />

welche Sparte Sie später eintreten möchten, kann<br />

ich Sie nicht beraten.“ Student: „Das aber hatte ich<br />

von Ihnen erwartet, weil ich ja nicht weiß, was ich<br />

will.“ Ende des Gesprächs.<br />

Diese nachg<strong>est</strong>ellte Szene haben meine Kollegen<br />

und ich tausendfach in den letzten Jahrzehnten erlebt.<br />

Es ist symptomatisch für den Studenten der<br />

Geisteswissenschaften, denn der Naturwissenschaftler<br />

weiß meistens etwas genauer, ob er Pharmazeut,<br />

Chemiker oder Geologe werden will. Er hat<br />

meist eine klare Vorstellung von seinem Studium<br />

und damit auch meist von seinem Berufsziel. Das<br />

gilt besonders für diejenigen, die an hervorragenden<br />

Technischen Hochschulen wie Aachen zu studieren<br />

beabsichtigen.<br />

Was ist an dem Gespräch symptomatisch? Es zeigt<br />

zunächst die geistige Unreife der meistens 19 bis<br />

20jährigen Studenten, die ein geisteswissenschaftliches<br />

Studium anstreben wollen, denn sie haben<br />

zwar ein Abitur b<strong>est</strong>anden, aber keine Reifeprüfung.<br />

Vielleicht ist auch Unkenntnis dabei, die allerdings<br />

hätte vor Aufnahme des Studiums beseitigt werden<br />

können, denn es gibt dazu genügend Einrichtungen.<br />

Wozu ein Realschüler und sogar Hauptschüler in der<br />

Lage sind, nämlich, sich zu entscheiden, welchen<br />

Beruf sie ergreifen wollen, müsste eigentlich ein<br />

4 Jahre älterer, künftiger Akademiker erst recht in<br />

der Lage sein. Denn es ist nun mal ein großer Unterschied,<br />

ob ich mich für einen juristischen Beruf, vom<br />

Richter bis zum Manager in einer Großbank, oder für<br />

Alte Geschichte interessiere. Ohne diese Grundüberlegung<br />

des Kandidaten ist aber eine sinnvolle Beratung<br />

nicht möglich. Vielleicht ist aber auch die Studienberatung<br />

an sich, die ja seit erst rund 20 Jahren<br />

überall in den Universitäten in riesigen Abteilungen<br />

ausgebaut worden ist und außerdem <strong>noch</strong> in den jeweiligen<br />

Instituten stattfindet, eine Fehleinrichtung,<br />

denn vor 30 Jahren hatten wir keine Studienberatungen<br />

und auch keine so großzügige finanzielle Unterstützung<br />

der Studenten, so dass sich jeder genau<br />

überlegte, was er werden wollte und wie viel das<br />

wohl kosten würde.<br />

Damit sind wir bei einem zweiten Punkt. Den Kosten.<br />

Der durchschnittliche Student, der sein Studium<br />

Ende 2002 an einer w<strong>est</strong>deutschen Universität abschloss,<br />

hatte im Durchschnitt für Bude, Mensa,<br />

Kino, Klamotten und Co. rund 54.000 Euro aufgewandt.<br />

Der Geisteswissenschaftler lag weit über<br />

dem Durchschnitt, zwischen 59.000 und 63.000 Euro.<br />

An der untersten Kostenskala lagen die Juristen mit<br />

46.000 Euro und <strong>noch</strong> darunter die Fachhochschulabsolventen.<br />

Die Kosten des Studentenlebens werden<br />

in der Bundesrepublik weitgehend vom Steuerzahler<br />

getragen, d. h. von der Gesellschaft, der arbeitenden<br />

Bevölkerung, denn die Zahl der Stipendiaten über<br />

Bafög und anderswie, nimmt permanent zu. Von den<br />

Stipendien für Schüler auf den Gymnasien ganz zu<br />

schweigen.<br />

Um bei der Finanzierung zu bleiben: Die Industrieländer<br />

dieser Erde lassen im allgemeinen für das<br />

Know how des wissenschaftlichen Nachwuchses,<br />

sprich für die Hochschulfinanzierung, sehr viel Geld<br />

fließen, dabei lagen wir 1999 mit nur etwas mehr<br />

als 1 % des Bruttoinlandsproduktes auf Platz 15 von<br />

18 Plätzen der OECD-Staaten. Wohingegen beispielsweise<br />

Kanada und die USA mehr als 2,3 bzw.<br />

2,5 % für ihr Hochschulwesen ausgaben. Noch viel<br />

interessanter ist allerdings die Aufsplitterung der<br />

Ausgaben für die Hochschulen. In den USA gibt der<br />

Staat etwa 1,99 % und private Sponsoren 1,24 %<br />

aus. Dagegen werden die deutschen Hochschulen zu<br />

fast 100 % mit öffentlichen Mitteln finanziert.<br />

Außerdem wird bei uns im Schnitt, im Vergleich zu<br />

den OECD-Ländern, in der Regel ein Jahr länger studiert.<br />

Jeder Jungakademiker sollte sich fragen, ob<br />

er es verdient hat, dass die Gesellschaft derart hohe<br />

Kosten für ihn übernimmt. Wenn wir Akademiker<br />

auch künftig eine Leistungs-Elite sein wollen, und<br />

AM 09


HOCHSCHULE<br />

Wollte man <strong>noch</strong> Freitisch in der Mensa haben, d.h.<br />

von den 3 zur Verfügung g<strong>est</strong>ellten Essen das mittlere,<br />

von 80 Pfennig pro Mahlzeit, musste man eine<br />

weitere Fleißprüfung ablegen, natürlich auch jedes<br />

Sem<strong>est</strong>er neu. Wir haben in den Ferien auch keine<br />

Urlaubsreisen gemacht, weil für uns Studium kein<br />

Stress war, sondern selbstverständlich, denn wir<br />

wussten, dass wir dafür später höhere Berufe haben<br />

werden, die anderen vorenthalten sind und damit<br />

auch ein höheres Einkommen und Sozialpr<strong>est</strong>ige als<br />

der Durchschnittsbürger. Auch die britischen Universitäten<br />

haben seit einem Jahrzehnt eine strenge<br />

Studiengebührstaffelung; sie betragen am University<br />

College in London für verschiedene BA-Studiengänge,<br />

abg<strong>est</strong>uft nach der Herkunft der Studenten<br />

aus GB, EU und sonstigen Ländern, zwischen rund<br />

1.600 Euro und 17.000 Euro. In den MA-Studiengängen<br />

von 4.000 Euro bis rund 15.000 Euro, an kleineren<br />

Universitäten liegen sie niedriger.<br />

Auch in einem anderen Punkt können wir von den<br />

angelsächsischen Ländern lernen. Die deutsche Kultusministerkonferenz<br />

hat zwar endlich bundesweit<br />

einheitliche Prüfungsanforderungen für das Abitur in<br />

Mathematik, Englisch und Deutsch beschlossen, jedoch<br />

nicht einheitliche, national-standardisierte<br />

T<strong>est</strong>verfahren. So lang wir diese T<strong>est</strong>verfahren nicht<br />

haben, d.h. entsprechende Zulassungsverfahren und<br />

Kontrollverfahren in jedem Sem<strong>est</strong>er, so genannte<br />

,quality assessments‘ und ,assurance-Verfahren‘,<br />

sind deutsche Standards kaum zu verbessern. Der<br />

Hinweis, dass dies auf Grund der Kulturhoheit der<br />

Länder nicht möglich sei, kann kaum zählen, denn<br />

auch in den USA haben wir ein dezentrales Bildungssystem:<br />

trotzdem gibt es die achievement- und<br />

aptitude-t<strong>est</strong>s, die von großen T<strong>est</strong>zentren durchgeführt<br />

und ausgewertet werden, schon allein aus dem<br />

Grund, weil die USA permanent bemüht sind, ihre<br />

internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.<br />

Jeder Abiturient sollte<br />

sich <strong>heute</strong> fragen,<br />

ob er wirklich ein<br />

wissenschaftliches<br />

Studium benötigt,<br />

oder nur anfängt zu<br />

studieren, weil er<br />

nichts Besseres weiß.<br />

10 AM<br />

nur dann sind die von der Allgemeinheit für die<br />

Jungakademiker übernommenen Kosten des Studiums<br />

gerechtfertigt, dann sind wir zur Übernahme<br />

besonderer Aufgaben verpflichtet. Es wäre an der<br />

Zeit, endlich das Hochschulrahmengesetz wieder zu<br />

ändern, wie einige Länder, so Baden-Württemberg,<br />

Bayern und Sachsen beim Bundesverfassungsgericht<br />

durch eine Klage gegen das vom Bund beschlossene<br />

Studiengebührenverbot beabsichtigen, weil schließlich<br />

das Hochschulrecht Kernbereich der Länderzuständigkeit<br />

ist. In anderen Ländern sind die Studiengebühren<br />

überhaupt keine Frage, sondern eine<br />

Selbstverständlichkeit. Das gilt nicht nur für die<br />

USA, die gerne als Beispiel herangezogen werden,<br />

wo bereits der Schulbesuch auf qualifizierten Schulen<br />

teuer ist, im Schnitt zwischen fünf und zehn Tausend<br />

Dollar pro Jahr, sondern wo auch an guten Universitäten<br />

die Gebühren zwischen 15 und 25.000<br />

Dollar pro Jahr liegen, die der Student ohne die Kosten<br />

für seinen Lebensunterhalt, Unterkunft etc. aufwenden<br />

muss. Allerdings gewähren die guten Universitäten<br />

auch entsprechend viele Stipendien, jedoch<br />

stets mit der Auflage, dass über die Vergabe<br />

von Stipendien ein Qualifikationst<strong>est</strong> entscheidet,<br />

der regelmäßig wiederholt werden muss. Das war<br />

auch in den 50er und 60er Jahren in der Bundesrepublik<br />

selbstverständlich, wenn man einen Gebührenerlass<br />

bekommen wollte. Die durchschnittlichen<br />

Gebühren pro Sem<strong>est</strong>er betrugen in der zweiten<br />

Hälfte der 50er Jahre, als ich studierte, rund 200<br />

DM, was damals sehr viel Geld war. Um Gebührenerlass<br />

zu erhalten, musste man jedes Sem<strong>est</strong>er so<br />

genannte Fleißprüfungen über zwei Vorlesungen ablegen.<br />

Jeder Abiturient sollte sich <strong>heute</strong> fragen, ob er wirklich<br />

ein wissenschaftliches Studium benötigt, oder<br />

nur anfängt zu studieren, weil er nichts Besseres<br />

weiß. Wenn er nur viel Geld verdienen will, sollte er<br />

besser Koch oder Installateur werden, deren Einkommen<br />

weit über dem eines Durchschnittsakademikers<br />

liegt. Diejenigen, die nach dem Abitur mit<br />

einer beruflichen Ausbildung beginnen und anschließend<br />

mit einem Teil des verdienten Geldes ihr<br />

Studium finanzieren, haben sicherlich die bessere<br />

Wahl getroffen, weil ihnen der Übergang in das Berufsleben<br />

später leichter fällt, sie häufig an ihre<br />

frühere Stelle anknüpfen können und vom früheren<br />

Arbeitgeber übernommen werden. Es ist zweifelsohne<br />

<strong>heute</strong> immer <strong>noch</strong> so, dass die gehobenen Positionen<br />

in der Gesellschaft einen Hochschulabschluss<br />

voraussetzen, jedoch keineswegs immer nur so,<br />

dass es ein Universitätsabschluss sein muss, zumal<br />

die Fachhochschulen <strong>heute</strong> in der Bundesrepublik<br />

teilweise eine bessere Qualität mit größerem Pra-


HOCHSCHULE<br />

xisbezug erreicht haben, als manche Universität.<br />

Hinzu kommt, dass permanent neue Fächer in die<br />

Studiengänge aufgenommen werden, so dass das<br />

Spektrum für den Studenten breiter geworden ist.<br />

Angesichts der heutigen Möglichkeiten zur Information,<br />

beispielsweise über das Internetprogramm<br />

„Klipp und Klar“, oder über das Internetprogramm<br />

der „Wirtschaftswoche“, oder die Initiative „Neue<br />

soziale Marktwirtschaft“, kann sich der angehende<br />

Akademiker genau<strong>est</strong>ens informieren über die Möglichkeiten<br />

für ein Studium bzw. eine Ausbildung.<br />

Das bedeutet, er kann sich über die vier für das weitere<br />

Leben entscheidenden Fragen b<strong>est</strong>ens informieren.<br />

Diese sind: 1) <strong>Wer</strong> bin ich, was kann ich, wo<br />

liegen meine Stärken und Interessen? – d.h. Selbstfindung;<br />

2) Was will ich? – d.h. Orientierungshilfen<br />

über Berufsziele; 3) Was gibt es? – Informationen,<br />

die bei der Entscheidung zur Karriereplanung helfen<br />

und 4) Was muss ich tun? – Tipps und Ratschläge<br />

zur Bewerbung und zum Vorstellungsgespräch.<br />

Wenn ein angehender Student und Akademiker sich<br />

diese Fragen nicht vorlegt und sie ernsthaft beantwortet,<br />

wird er weder im akademischen Studium<br />

<strong>noch</strong> im späteren Beruf erfolgreich sein.<br />

Dies erscheint dringend erforderlich, denn der<br />

Berufseinsteiger muss klar seine Begabung und<br />

seine Interessen angesichts der ihn zu erwartenden<br />

Aufgaben formulieren. Ohne eigenes Engagement<br />

und Initiative wird er kaum weiterkommen. Dazu<br />

muss er seine persönlichen Fähigkeiten, Neigungen<br />

und Interessen objektiv selbst f<strong>est</strong>stellen und auch<br />

seine Stärken, wobei die schulischen Leistungen<br />

wichtige Hinweise geben, aber nicht immer ausschlaggebend<br />

sind, Außerschulische Interessen und<br />

Hobbys sind durchaus wichtig. Mit den angegebenen<br />

Möglichkeiten der Selbstanalyse und des Berufseignungst<strong>est</strong>s<br />

kann man, abgesehen von den Berufsberatern<br />

der Berufsinformationszentren der Arbeitsämter,<br />

den Infomedien und den Studienberatungen,<br />

durchaus zu klaren Entscheidungen kommen.<br />

Dies scheint umso notwendiger, als die Zahl der<br />

Studienabbrecher gewaltig zugenommen hat. Dabei<br />

dürften die eben genannten Gründe ebenso eine<br />

Rolle spielen, wie die Tatsache, dass der Staat<br />

größtenteils die Kosten des Studiums trägt. Nach<br />

den neu<strong>est</strong>en Angaben wissen wir, dass mind<strong>est</strong>ens<br />

ein Drittel derer, die ein Studium beginnen, irgendwo<br />

versandet, ohne dass sie ihr Studium abgeschlossen<br />

haben. In den einzelnen Fächern ist der<br />

Prozentsatz teilweise beachtlich höher. Beim Besuch<br />

von Lehrveranstaltungen liegt er oft bei bis zu zwei<br />

Dritteln, weil viele Studenten den untersten Weg<br />

gehen, was leider immer <strong>noch</strong> möglich ist. Nach<br />

neu<strong>est</strong>en Untersuchungen des Instituts der deutschen<br />

Wirtschaft sind die Hauptgründe für den Abbruch<br />

des Studiums zu einem knappen Drittel der<br />

Umstand, dass die Studenten nicht die richtige Einstellung<br />

zu ihrem Studium gefunden haben, zu einem<br />

weiteren Drittel die Erkenntnis, dass sie lieber<br />

praktisch arbeiten und ohne Examen ins Berufsleben<br />

eintreten wollen und schließlich Aspekte wie die,<br />

dass sich die Studierenden überfordert fühlten, zu<br />

lange studieren oder familiäre Probleme bekamen.<br />

Dabei ist die Abbrecherquote bei den Geisteswissenschaften<br />

mit Abstand am höchsten, also in den<br />

Sprach- und Kulturwissenschaften, in Jura, Wirtschafts-<br />

und Sozialwissenschaften, wohingegen sie<br />

in den Naturwissenschaften weit geringer ist und in<br />

der Medizin nur 8 % beträgt.<br />

Seit Jahren haben wir es mit der so genannten „verhätschelten<br />

Generation“ zu tun. Dies hat gewiss<br />

mehrere Ursachen. Zunächst einmal liegt es an den<br />

Elternhäusern, die ihren Zöglingen schon in der<br />

Schulzeit und auch <strong>noch</strong> im Studium alle Probleme<br />

abnehmen, von den finanziellen über die alltäglichen<br />

Probleme, vom Einkaufen über das Wäsche<br />

waschen, den Autokauf, die Versicherung, das zu<br />

hohe Taschengeld, die Handykosten etc. Es ist kein<br />

Zufall, dass immer mehr Studierende in der Nähe<br />

des Elternhauses studieren wollen, um bei Mama<br />

und Papa zu wohnen, deren Auto und deren vollen<br />

Kühlschrank benutzen zu können, die Wäsche gewaschen<br />

und alles geregelt zu bekommen. Obendrein<br />

darf ja nun auch die Freundin oder der Freund<br />

inzwischen im Elternhaus des Freundes oder der<br />

Freundin schlafen. Warum also ausziehen? Damit<br />

wird eine Form der Unselbständigkeit gezüchtet, die<br />

die Eigeninitiative erlahmen lässt. Ich zitiere die<br />

Berufsberaterin Uta Glaubitz: „ohne Eigeninitiative<br />

kann man <strong>heute</strong> auf dem Arbeitsmarkt leider gar<br />

nichts mehr erreichen“. Wenn diese Eigeninitiative<br />

aber gar nicht entwickelt ist, bzw. erst dann einsetzt,<br />

wenn man plötzlich sieht, dass man doch nicht<br />

leicht die schöne Stelle bekommt und permanente<br />

Ablehnungen auf die Bewerbung erhält, dann ist es<br />

meistens zu spät. Deshalb rät jene Berufsberaterin,<br />

dass sich jeder fragen soll: Was kann ich eigentlich<br />

Besonderes? Und dann diese Fähigkeiten mit Engagement<br />

nach vorne treibt. Nur auf diese Weise wird<br />

man dann vielleicht auch den Beruf finden, der zu<br />

der Persönlichkeit passt, wobei Glaubitz auch <strong>noch</strong><br />

größten <strong>Wer</strong>t auf die Motivation legt.<br />

Ich zitiere sie <strong>noch</strong> einmal, „alles gibt es irgendwann<br />

zum ersten Mal: den ersten Harry Potter Band,<br />

die ersten Inlineskates, das erste Chanel No. 5.<br />

Das alles ist nicht aus der Kalkulation von Angebot<br />

und Nachfrage entstanden, sondern weil jemand mit<br />

Spaß und Leidenschaft bei der Sache war.“<br />

Die Unselbständigkeit, die wir <strong>heute</strong> überall beobachten,<br />

wird auch durch die Schule gefördert, weil<br />

sie erst diese Null-Bock- und scheinbare Stresswelt<br />

entstehen lässt, wobei die Lehrer, meist <strong>noch</strong> der<br />

68er Generation verhaftet, nicht unschuldig sind.<br />

Schließlich trägt die gesamte Gesellschaft, und damit<br />

auch die Politik, eine entscheidende Schuld an<br />

dieser Entwicklung der mangelnden Einsatzbereit-<br />

Seit Jahren haben wir es<br />

mit der so genannten<br />

„verhätschelten<br />

Generation“ zu tun.<br />

Die Unselbständigkeit,<br />

die wir <strong>heute</strong> überall<br />

beobachten, wird auch<br />

durch die Schule<br />

gefördert, weil sie erst<br />

diese Null-Bock- und<br />

scheinbare Stresswelt<br />

entstehen lässt, wobei<br />

die Lehrer, meist <strong>noch</strong> der<br />

68er Generation verhaftet,<br />

nicht unschuldig sind.<br />

AM 11


HOCHSCHULE<br />

<strong>Wer</strong> in Deutschland<br />

etwas leisten will, darf<br />

nicht auf Unterstützung<br />

durchden Staat hoffen,<br />

sondern muss sich gegen<br />

ihn durchsetzen.<br />

schaft, Eigeninitiative und des mangelnden Verantwortungsbewusstseins.<br />

Altkanzler Helmut Schmidt<br />

hat in seiner Laudatio auf Altbundespräsident<br />

Roman Herzog bei der Preisverleihung des Franz Josef<br />

Strauß-Preises 2003 zu Recht betont, dass wir<br />

weder „eine unsolidarische Ellbogen-Gesellschaft“<br />

<strong>noch</strong> eine „bewegungsunfähige Sitzfleisch-Gesellschaft“<br />

in der Bundesrepublik brauchen und „uns<br />

nicht länger als Opfer verstehen“ dürfen, von der<br />

Weltkonjunktur, der Wiedervereinigung etc, sondern<br />

„Mut und Entschlossenheit“ zeigen sollen. Edmund<br />

Stoiber hat in dieser Feier auf die in Deutschland<br />

herrschende „mentale Depression“ und ein zu<br />

großes „Sicherheitsdenken“ hingewiesen und gefordert:<br />

„Mehr Selbstverantwortung muss als Gewinn<br />

für das Ganze und nicht als Last vermittelt werden.“<br />

Dabei müssten sich die Eliten – und dazu wollen wir<br />

Akademiker uns doch zählen – an die Spitze der Aufbruchbewegung<br />

setzen. Wenn wir immer nur von<br />

Freizeit reden und Urlaube bzw. Reisen planen und<br />

von Arbeitszeitverkürzung, dann brauchen wir uns<br />

nicht wundern, dass die junge Generation dieses<br />

aufgreift.<br />

Wie alarmierend die Situation bei uns ist, geht aus<br />

dem World Competitive Yearbook des Lausanner<br />

Management Institutes IMD hervor, wonach wir von<br />

30 Ländern auf Platz 12 abg<strong>est</strong>ürzt sind. IMD führt<br />

die Einschätzung vorwiegend auf den überregulierten<br />

Arbeitsmarkt sowie die hohe Steuer- und Abgabenlast<br />

zurück. Der Autor in der FAZ schreibt dazu:<br />

„<strong>Wer</strong> in Deutschland etwas leisten will, darf nicht<br />

auf Unterstützung durch den Staat hoffen, sondern<br />

muss sich gegen ihn durchsetzen“. Hier ist also die<br />

Politik gefordert, um dem Gesamtwohl zu dienen<br />

und nicht speziellen Gruppen. Lassen Sie mich <strong>noch</strong><br />

den früheren amerikanischen Offizier Ralph Peters<br />

zitieren, der uns vorhält: „die Europäer halten sich<br />

lieber an tröstliche Illusionen, als an harte Realitäten.<br />

Sie reden viel, tun wenig und machen die Vereinigten<br />

Staaten für ihre eigenen Missstände verantwortlich.<br />

Das Jammern und Klagen in Europa, die<br />

Begeisterung, mit der man den Amerikanern jede<br />

erdenkliche Bosheit unterstellt, während man alle<br />

Tugenden für sich beansprucht, und der erstaunliche<br />

Mangel an Selbstkritik lösen bei den Amerikanern<br />

B<strong>est</strong>ürzung aus.“ Daher kämen die intelligent<strong>est</strong>en<br />

jungen Leute aus Europa in die USA, um dort zu<br />

leben und zu arbeiten.<br />

Der Inhaber der Unternehmensberatung Jochen<br />

Kienbaum hat unlängst darauf hingewiesen, dass<br />

die grundlegende Frage für jeden sein muss: „Was<br />

kann ich?“ Es ist ein eisernes Gesetz, sich Klarheit<br />

über seine fachlichen und sozialen Kompetenzen zu<br />

bilden und erst dann hieraus die Tätigkeitsfelder<br />

abzuleiten, die diese Fähigkeiten nachfragen. Er<br />

fordert von jungen Leuten, die erfolgreich sein wollen,<br />

„ein überdurchschnittliches Engagement“, die<br />

Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen sowie<br />

originelle Ideen zu entwickeln.<br />

Damit bin ich bei einem letzten Punkt, der immer<br />

wieder angesprochen, aber nur von wenigen realisiert<br />

wird, den so genannten Zusatzfähigkeiten. Abgesehen<br />

von den genannten Qualifikationen und der<br />

fachlichen Breite, Flexibilität und Mobilität – alle<br />

diese Eigenschaften sind bei uns verloren gegangen<br />

oder verkümmert – sind die Auslandserfahrung, d.h.<br />

sowohl das Auslandsstudium wie die Arbeit in ausländischen<br />

Einrichtungen und Unternehmen, oft von<br />

entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Karriere.<br />

Zusätzliche Sprachkenntnisse und zusätzliche<br />

Erfahrungen im Ausland sind <strong>heute</strong> ein großes Prae<br />

für jeden Berufseinsteiger. Dafür sollten Jungakademiker<br />

auch die akademischen Ferien nutzen, nicht<br />

nur zum Sonnenbaden und Feiern.<br />

Mein Fazit: Der Jungakademiker hat Einsatzbereitschaft,<br />

Verantwortungsbewusstsein, eine neue<br />

Bescheidenheit und auch wieder einen gewissen<br />

Vorbildcharakter hinsichtlich Arbeits- und Lebenshaltung<br />

zu zeigen und sich sozial und politisch zu<br />

engagieren, wenn er künftig zur Elite gehören und<br />

diese Gesellschaft verändern will.<br />

Verändert er sie nicht, wird er den <strong>heute</strong> <strong>noch</strong> existierenden<br />

beruflichen und gesellschaftlichen Vorsprung<br />

und wirtschaftlichen Wohlstand in Zukunft<br />

nicht haben, denn die Herrschaftsstrukturen, wie sie<br />

jetzt in der Bundesrepublik existieren, werden auf<br />

Grund der Immobilität weiter Bevölkerungsschichten<br />

nur sehr mühsam zu verändern sein, und diese Aufgabe<br />

wartet auf unsere Jungakademiker. Vivant,<br />

crescant, floreant.<br />

12 AM<br />

Kb Hans Pohl (Un) ist emeritierter Professor der Universität<br />

Bonn und war 1961/62 Vorortspräsident des <strong>KV</strong>.


<strong>KV</strong>-AKADEMIE<br />

AM 13


DAS AM-INTERVIEW<br />

Moritz Becker<br />

Münsteraner Aktiver schließt juristisches<br />

Examen mit „sehr gut“ ab.<br />

14 AM<br />

Lebenslauf<br />

1979 geboren in Köln<br />

1998 Abitur (Note 1,6; Gymnasium Kreuzgasse, Köln),<br />

1998 - 1999 Zivildienst im integrativen Kindergarten Köln-<br />

Deutz<br />

1999-2004 W<strong>est</strong>fälische Wilhelms Universität<br />

– Fachspezifische Fremdsprachen Ausbildung<br />

(Englisches Recht), Abschluss im Sommer 2001<br />

(Gesamtnote 1,3)<br />

– Erstes Staatsexamen im August 2004: 140,6 Punkte<br />

(sehr gut)<br />

März 2001- Juli 2002<br />

Studentische Hilfskraft am Freiherr-vom-Stein-Institut<br />

(Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages<br />

NRW an der Universität Münster)<br />

seit Juli 2001 Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Berufserfahrung/Praktika:<br />

1996 Friedrich-Ebert- Stiftung (1 Monat):<br />

Archiv, Bibliothek<br />

1998 Bezirksregierung Köln (1 Monat): Aktenverwaltung<br />

1998-1999 Friends & Sons: Promotion, Eventmanagement<br />

2000 Janet Ali Solicitors, London (1 Monat):<br />

Rechtsanwaltspraktikum<br />

2001 Bezirksregierung Köln (1 Monat): Verwaltungspraktikum<br />

2002 Linklaters Oppenhoff & Rädler (1 Monat):<br />

Rechtsanwaltspraktikum<br />

2002 Bezirksregierung Köln (1 Monat):<br />

Verwaltungspraktikum<br />

Gesellschaftliches Engagement:<br />

1990-1992 Greenteam Köln (Jugendorganisation<br />

Greenpeace)<br />

1995-1999 Jugendleiter katholische Pfarrjugend St. Vitalis<br />

seit 1997 Mitglied der SPD<br />

seit 2000 Mitglied des K.ST.V. Germania im <strong>KV</strong> zu Münster<br />

Interessen: Geige, Gitarre, Vereinsfußball<br />

1. Hallo Moritz, gratulor, Du hast soeben Dein erstes juristisches<br />

Staatsexamen mit der Note „sehr gut“ hinter Dich<br />

gebracht. Dies gelingt bei ca. 2.000 Examenskandidaten nur<br />

einem. – Wie fühlst Du Dich?<br />

Antwort:<br />

„Sehr gut! Vor allem erleichtert, dass nach eineinhalb<br />

Jahren Examensvorbereitung und einem halben Jahr Dauer<br />

für das Examen selbst endlich Gewissheit über einen guten<br />

Ausgang b<strong>est</strong>eht.“<br />

2. So ein Bombenergebnis und das als Verbindungsstudent?<br />

Antwort:<br />

„Natürlich! Dass die Mitgliedschaft in einer Verbindung<br />

und ein erfolgreiches Studium sich nicht ausschließen,<br />

habe ich immer geglaubt. Im übrigen bin ich in der langen<br />

Ge-schichte der Germania sowie des gesamten <strong>KV</strong> nun<br />

beileibe nicht der einzige, der diesen behaupteten Widerspruch<br />

widerlegt hat.“<br />

3. Du hast bei Deiner Korporation, der Germania Münster, ein<br />

bemerkenswertes Seniorat und weitere Chargen inne gehabt.<br />

Du warst Mitglied des Strukturausschusses des <strong>KV</strong><br />

und hast damit mit die Weichen für unsere Zukunft g<strong>est</strong>ellt.<br />

Dies alles neben Deinem Studium. Wie hast Du das organisiert?<br />

Antwort:<br />

„Indem ich alles hintereinander und nicht alles gleichzeitig<br />

gemacht habe. Die Chargen habe ich in meinen Anfangssem<strong>est</strong>ern<br />

absolviert. Die Mitgliedschaft in der Strukturkommission<br />

reichte zwar von Sommer 2002 bis Sommer<br />

2003 und damit in die Examensvorbereitung hinein, jedoch<br />

hatte ich anschließend <strong>noch</strong> 10 Monate Zeit bis zu den<br />

Klausuren. In diesem Zeitraum habe ich mich dann auch<br />

immer mehr aus dem Verbindungsleben zurückgezogen –<br />

mit vollem Verständnis der Aktivitas Germaniae übrigens –,<br />

um mich allein auf das Examen konzentrieren zu können.“<br />

4. Also ein erfolgreich abgeschlossenes Studium und ein<br />

Engagement in Verbindung und Verband vertragen sich gut?<br />

Antwort:<br />

„Ja! Um es deutlich zu sagen: Die Verbindungsstudenten,<br />

die zwar in der Verbindung viel leisten, aber in ihrem Studium<br />

nicht vorankommen, würden sich ein anderes Betätigungsfeld<br />

für ihre Energien suchen, wenn es Verbindungen<br />

nicht gäbe. Es mag Ausnahmen geben, aber ich denke, dass<br />

keiner in seinem Studium scheitern wird, weil er viel für<br />

seine Verbindung leistet. Eher ist es umgekehrt, man engagiert<br />

sich viel in einer Verbindung, weil es im Studium nicht<br />

geklappt hat.“


DAS AM-INTERVIEW<br />

5. Ehrenamtliche Aktivitäten und in Deinem Fall ein<br />

straff durchgezogenes Studium sprechen – und<br />

Deine Vita zeigt es ja auch – für Erfahrungen im<br />

ehrenamtlichen Bereich. Kannst Du dies <strong>noch</strong><br />

ein wenig konkretisieren?<br />

Antwort:<br />

„Ich war eigentlich bis jetzt in jeder Lebensphase<br />

in eine Gemeinschaft eingebunden. Als<br />

ich klein war, war ich bei den Pfadfindern.<br />

Außerdem bin ich mit 9 Jahren Messdiener geworden<br />

und es 13 Jahre geblieben. Nebenbei<br />

war ich als Jugendleiter in meiner Heimatgemeinde<br />

St. Vitalis in Köln-Müngersdorf aktiv<br />

und habe bei der Messdienerausbildung mitgearbeitet.<br />

1997 bin ich Mitglied der SPD geworden. Und zu<br />

guter Letzt bin ich 2000 e.s.v. K.St.V. Germania<br />

beigetreten.“<br />

6. Wie haben Dich der <strong>KV</strong> bzw. die Germania persönlich<br />

geprägt?<br />

Antwort:<br />

„Am wichtigsten ist mir, dass ich bei der<br />

Germania, aber auch im <strong>KV</strong>, viele wirklich gute<br />

und interessante Menschen kennen gelernt<br />

habe, die ich sonst nie kennen gelernt hätte.<br />

Das umfasst andere Aktive, junge und alte<br />

AHAH und auch die Frauen oder Witwen von<br />

alten <strong>KV</strong>ern.<br />

Außerdem habe ich in meiner Wohnzeit auf dem<br />

Germanenhaus mit Dutzenden anderen Studenten<br />

zusammengelebt, dabei sehr viel Menschenerfahrung<br />

gesammelt und mich persönlich –<br />

hoffe ich wenigstens – erheblich weiterentwickelt.<br />

So was geht nur in einer Verbindung.<br />

Schließlich denke ich, dass sich in dem Mikrokosmos<br />

Verbindung meine Überzeugung vertieft<br />

hat, dass eine Gesellschaft nur durch Traditionen,<br />

Gemeinschaft und Regeln zusammengehalten<br />

werden kann.“<br />

7. Könnten oder sollten die Korporationen ihrem<br />

Grundsatz „scientia“ mehr oder anderes Gewicht<br />

beimessen?<br />

Antwort:<br />

„Ich denke, dass jede Verbindung ihre eigene<br />

Tradition hat, wie sie mit dem Prinzip „scientia“<br />

verfährt. Insoweit kann ich also keine pauschale<br />

Antwort geben. Eines gilt aber <strong>KV</strong>-weit: Um dem<br />

Lebensgefühl und den Zielen der Aktiven sowie<br />

der Keilanden entge-genzukommen, muss der <strong>KV</strong><br />

besondere Veranstaltungen anbieten, die eine<br />

Fortbildung und eine Vernetzung zu ermöglichen.<br />

Wir haben so viele hervorragende Studenten<br />

und Berufsträger im Verband und das Vorurteil,<br />

Verbindungen begründen Seilschaften, b<strong>est</strong>eht<br />

eh. Deshalb müssen wir mit diesem Thema<br />

offensiv umgehen."<br />

8. Sind Eliteuniversitäten und Studiengebühren für<br />

Langzeitstudenten die richtigen Antworten für<br />

Dich auf die heutige Uni-Situation?<br />

Antwort:<br />

„Daran, dass mehr Geld für b<strong>est</strong>immte Universitäten<br />

ausgegeben wird, kann ich zunächst nichts<br />

falsches finden. Vorausgesetzt, es wird nicht<br />

den anderen Universitäten weggenommen. Die<br />

Gefahr dabei liegt darin, dass das Schlagwort<br />

„Eliteuniversität“ und die Diskussion darüber<br />

eine Diskussion über erforderliche Strukturveränderungen<br />

verhindern könnte.<br />

Ob die Einführung von Studiengebühren eine<br />

solche erforderliche Strukturveränderung ist?<br />

Für Langzeitstudenten gilt ein klares „Ja“. Was<br />

die generelle Einführung von Studiengebühren<br />

angeht: Es ist ja ein Phänomen, dass viele ehemalige<br />

Studenten die Einführung von Studiengebühren<br />

ab dem Tag für sinnvoll halten, an<br />

welchem sie ihren Abschluss gemacht haben<br />

und selbst nicht mehr betroffen sind. Das einzige<br />

was ich für sozial vertretbar hielte, wäre<br />

die Einführung von Studiengebührenkonten, die<br />

erst mit Eintritt in einen Beruf ausgeglichen<br />

werden müssen.“<br />

9. Würd<strong>est</strong> Du auf Grund Deiner Erfahrung und der<br />

Notwendigkeit, schnell zu studieren, jungen<br />

Studenten zum Eintritt in eine Korporation raten<br />

und wenn ja, warum?<br />

Antwort:<br />

„Ich würde ihnen zum Eintritt raten. Bei mir persönlich<br />

war es so, dass ältere Mitglieder bzw.<br />

junge AHAH, die ihr Studium erfolgreich absolviert<br />

hatten, mich motivierten, auch erfolgreich<br />

zu sein. Außerdem haben mir ältere Aktive zu<br />

Beginn meines Studiums Rat gegeben und mir<br />

geholfen. Also ist es abgesehen von den vielen<br />

anderen guten Gründen, auch das Ziel eines<br />

guten Studiums, das für den Eintritt in eine Verbindung<br />

<strong>spricht</strong>.“<br />

10. Nun beginnt Deine Referendarzeit und am Ende<br />

steht das 2. Examen. Ziehst Du Dich nun vom <strong>KV</strong><br />

und der Germania zurück?<br />

Antwort:<br />

„Nein! Zwar ziehe ich nach Köln zurück und<br />

werde wohl auch eine Zeit im Ausland verbringen,<br />

aber ich werde mich jetzt b<strong>est</strong>immt nicht<br />

zurückziehen. Das ist doch gerade das schöne<br />

am <strong>KV</strong>er-Dasein, dass ich jetzt für immer in<br />

Münster – auch wenn meine Studienfreunde<br />

schon längst dort weggezogen sind – bei der<br />

Germania einen Ort habe, an welchem ich mich<br />

zu Hause fühle. Ich freue mich deshalb schon<br />

auf die kommenden Winter- und Stiftungsf<strong>est</strong>e.“<br />

Das Interview führte Kb Michael Kotulla.<br />

AM 15


LESERFORUM<br />

Leserbrief zum Leitartikel „Der Mann, ein unbekanntes<br />

Wesen?“ (AM Juli/August 2004)<br />

MINDERHEIT –<br />

MEHRHEIT ?<br />

In Ihrem Beitrag wird auf Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz vom<br />

November 2003 für die Männerseelsorge hingewiesen. Darin heißt es demnach<br />

wörtlich: „Reine Männerverbände, in denen die Männerfrage gezielt<br />

aufgegriffen wird, stellen inzwischen eine Minderheit dar“. Dies trifft zweifellos<br />

<strong>heute</strong> in unserem Land zu. Allerdings stellt sich dabei die Frage, wer<br />

und was ist dann die Mehrheit. Darüber sollten auch einmal die katholischen<br />

Studentenpfarrer in Deutschland genauer nachdenken. Und – wer ist eigentlich<br />

in der Bundesrepublik kirchlicherseits zuständig für die katho-lischen<br />

Akademiker ?<br />

Kb Msgr. Richard Völkl (Ott)<br />

Litauenaktion –<br />

<strong>Wer</strong> kann helfen?<br />

In der Nähe der Stadt Kaunas, in Vilkija, befindet sich eine staatlich anerkannte<br />

Fachoberschule mit den Zweigen Kunstkeramik und Volkstrachten.<br />

Obwohl die Schule <strong>noch</strong> sehr jung ist, hat sie sich bereits in zahlreichen Ausstellungen<br />

der Öffentlichkeit präsentieren können. Bei einem auf Empfehlung<br />

des Erzbischofs von Kaunas durchgeführten Besuch der Schule konnten wir<br />

uns von ihren eindrucksvollen Leistungen überzeugen. Ihr Leiter Zigmas<br />

Kalesinskas (kalesinskas@centras.lt) und mehrere Schüler sprechen Deutsch.<br />

Herr Kalesinskas hat den Wunsch geäußert, für sich und zwei bis drei seiner<br />

Schüler eine Einladung eines Keramikunternehmens zu einem ein- bis zweiwöchigen<br />

Informationsbesuch nach Deutschland zu erhalten. Für die Fahrkosten<br />

– nicht die des Aufenthaltes – könnten sie aufkommen.<br />

<strong>Wer</strong> kann einen solchen Besuch vermitteln?<br />

Eine Antwort wird unter der E-Mail-Adresse f.j.fischer@t-online.de erbeten.<br />

Franz Josef Fischer<br />

Die Ausschreibung für den <strong>KV</strong>-<br />

Förderpreis „Carl-Sonnenschein-<br />

Preis 2005“ wird im Novemberheft<br />

veröffentlicht. Der <strong>KV</strong> vergibt<br />

diesen mit 2.000 Euro dotierten<br />

Preis im Sinne seines Prinzips<br />

„Wissenschaft“. Er wird für eine<br />

wissenschaftliche Arbeit aus<br />

einem Hochschulfachgebiet an<br />

einen Kartellangehörigen verliehen.<br />

Bewerbungen sind ab sofort<br />

möglich. Laut Satzung (siehe<br />

Novemberheft) muss die Arbeit<br />

bis spät<strong>est</strong>ens 2. Januar kommenden<br />

Jahres beim <strong>KV</strong>-Sekretariat<br />

eingegangen sein. Sie<br />

muss druckfertig sein, darf bis<br />

zur Vorlage nicht älter als zwei<br />

Jahre sein und ist in dreifacher<br />

Ausfertigung einzureichen.<br />

Der Bewerber soll nicht älter als<br />

30 Jahre sein. Er muss seine Verpflichtungen<br />

gegenüber dem <strong>KV</strong><br />

erfüllt haben. Den Einreichungsunterlagen<br />

sind ein Lebenslauf<br />

und ein Foto des Bewerbers beizufügen.<br />

Informationen ab sofort<br />

im <strong>KV</strong>-Sekretariat (Anschrift<br />

siehe Impressum, Seite 02).<br />

BETRIFFT<br />

LESERBRIEFE<br />

Das Thema „Neue Rechtschreibung“<br />

(AM 4/2004) hat eine rege<br />

Diskussion unter den Lesern der<br />

AM ausgelöst. Die Leserbriefe<br />

zu diesem Thema sollen in der<br />

Heftreihe „Verbum peto“ veröffentlicht<br />

werden. Subskription<br />

ab sofort beim <strong>KV</strong>-Sekretariat<br />

(Anschrift siehe Impressum,<br />

Seite 02).<br />

16 AM


WAS LIEST GERADE …<br />

Siegfried A. Koß<br />

Zwei deutsche Kardinäle<br />

in neuen Veröffentlichungen<br />

Beide hatten einiges gemeinsam:<br />

Sie waren<br />

zunächst Zöglinge und<br />

später Präfekten des<br />

Würzburger Kilianeums,<br />

glanzvolle Absolventen<br />

des Würzburger Neuen<br />

Gymnasiums (<strong>heute</strong>:<br />

Riemenschneider-<br />

Gymnasium), studierten<br />

beide in Würzburg Theologie<br />

und traten dort auch<br />

ins Pri<strong>est</strong>erseminar ein; beide waren Stipendiaten hochrenommierter<br />

römischer Kollegien, wurden Oberhirten<br />

des Doppel-Erzbistums München und Freising, waren<br />

Vorsitzende der Bayerischen Bischofskonferenz und wurden<br />

zu Kardinälen der Kirche erhoben. Beide waren bis<br />

zum Lebensende treue, ja, aktive Würzburger Normannen<br />

und Münchner Alemannen: die Kardinäle Michael<br />

von Faulhaber (Nm-W, Kar, Ale, E d Ale, E d Frk, E d Ott,<br />

E d Tri, E d Fr-Is) und Julius Döpfner (Nm-W, Ale, E d<br />

Ask, E d Sx).<br />

Es liegen seit kurzem zwei neue wissenschaftliche<br />

Veröffentlichungen vor über beide deutsche Kirchenführer,<br />

von denen einer, Kb Döpfner, ja auch Vorsitzender<br />

der Deutschen Bischofskonferenz war, auf die hier hingewiesen<br />

wird. Ihr Erscheinen ist umso begrüßenswerter,<br />

als auch im <strong>KV</strong> gelegentlich die Haltung Faulhabers<br />

(„im Grunde seines Wesens ein unpolitischer Mensch“;<br />

W. Stadtmüller, Faulhaber, in: Biographisches Lexikon<br />

des <strong>KV</strong>, T. 5, Köln 1998) gegenüber dem Nationalsozialismus<br />

nicht sine ira gesehen wird. Aber auch unter Berufshistorikern<br />

ist das Thema nach den veröffentlichten<br />

Dokumenten <strong>noch</strong> keineswegs ausgeschöpft. Umso<br />

wichtiger ist die 2002 erfolgte Öffnung des Kardinal-<br />

Faulhaber-Archivs für die Wissenschaft. Der zu diesem<br />

Anlass erschienene Ansprachen- und Vorträge-Band<br />

enthält Beiträge von Experten der Katholischen Zeitgeschichtsforschung<br />

wie z.B. Heinz Hürten und Rudolf<br />

Morsey. – Während dieser Band fast den gesamten<br />

42jährigen Episkopat Faulhabers abdeckt, befasst sich<br />

der Döpfner-Band schwerpunktmäßig mit der Konzilstätigkeit<br />

Döpfners, besonders mit seiner Funktion als<br />

Konzilsmoderator. Wie der Band über Faulhaber dokumentiert<br />

auch dieser die Freigabe von Akten, die jetzt<br />

der Konzilsforschung zur Verfügung stehen (Konzilsarchiv Kardinal<br />

Döpfner im Erzbischöflichen Archiv München). Beiträger zu<br />

diesem Band sind u.a. Klaus Wittstadt und Alois Baumgartner.<br />

Herausgeber beider Bände ist der Direktor des „Archivs des<br />

Erzbistums München und Freising“ und des „Erzbischöflichen<br />

Archivs München“:<br />

Peter Pfister (Hrsg.), Julius Kardinal Döpfner und das Zweite<br />

Vatikanische Konzil: Vorträge des Wissenschaftlichen Kolloquiums<br />

anlässlich der Öffnung des Kardinal-Döpfner-Konzilsarchivs<br />

am 16. November 2001, Regensburg: Schnell u. Steiner<br />

2002, 132 S. (= Schriften des Archivs des Erzbistums München<br />

und Freising 4) [ISBN: 3-7954-1477-6].<br />

Ders. (Hrsg.), Michael Kardinal von Faulhaber (1869-1952):<br />

Beiträge zum 50. Tod<strong>est</strong>ag und zur Öffnung des Kardinal-<br />

Faulhaber-Archivs, Regensburg: Schnell u. Steiner 2002, 175 S.<br />

(= Schiffen des Archivs des Erzbistums München und Freising 5)<br />

[ISBN: 3-7954-1548-9].<br />

AM 17


AUS DEN ORTSZIRKELN<br />

Burgundreise<br />

der OZOZ Schwäbisch Gmünd<br />

und Stuttgart.<br />

Es ist schon etwas besonderes, das sich daraus entwickelt hat, als der Vorsitzende<br />

des OZ Schwäbisch Gmünd, Dr. Rainer Seeliger, vor 10 Jahren den als besonders<br />

reiselustig bekannten OZ Stuttgart anschrieb und um Verstärkung bei der 1. Reise in<br />

die Auvergne bat. Die Verstärkung konnte nur zahlenmäßig gemeint sein, denn die<br />

Vorbereitung war perfekt. Aber der Reihe nach:<br />

Der Erfolg der ersten Reise war so gewaltig, dass inzwischen schon der ganze Süden<br />

Frankreichs Reiseziel war. Diesmal ging es nach Burgund.<br />

Das Geheimnis des Erfolges lässt sich in den Prinzipien: Kultur – Natur – Kartellbrüderliche<br />

Freundschaft – Picknick finden.<br />

Von Anfang an lag die künstlerische Reiseleitung bei Rosi Seeliger. <strong>Wer</strong> wie sie<br />

Kunstgeschichte in Südfrankreich studiert hat, ist für diese Aufgabe ein Glückstreffer.<br />

Da ging es nicht darum, Kunstgeschichte zu vermitteln, sondern Begeisterung zu übertragen.<br />

In Cluny konnte die fast untergegangene Pracht – die so gar nicht zum Mönchtum<br />

passte; ein 2. Babylon? – an Hand des von Rainer selbst gefertigten Pappmodells<br />

nachvollzogen werden. Oder in St. Adoche, Saulieu ein Kapitell mit Namen „Bärenfurz“<br />

(lt. Kirchenführer), das in einem anderen Führer als „Gallische Gottheit, ein Wildschwein<br />

mit einem Holzhammer bekämpfend“ beschrieben ist. Wir haben die Frage<br />

nicht ausdiskutiert. Aber die Spannbreite innerhalb der sakralen Kunst ist enorm und<br />

kann jetzt, da die Fotos entwickelt sind, erst richtig nachvollzogen werden. Deshalb<br />

unterlasse ich die vollständige Aufzählung alles Gesehenen. Erwähnenswert sind auf<br />

jeden Fall <strong>noch</strong> die Weinschlösschen mit Weinprobe, ohne die Kunst in Frankreich<br />

wohl doch zu trocken wäre. Lieber trockener Wein als trockene Kunst. Letzteres bei<br />

Rosi unmöglich!<br />

War vor 10 Jahren <strong>noch</strong> jeden zweiten Tag eine 2 - 3 stündige Wanderung eingeplant,<br />

waren es diesmal nur 2 knapp einstündige Spaziergänge, dem g<strong>est</strong>iegenen Alter entsprechend.<br />

Der Aufstieg zum Solutré, dem „prähistorischen“ Felsen und ein Spaziergang<br />

um den Lac de Settons.<br />

18 AM<br />

BETRIFFT<br />

BEITRÄGE<br />

Beiträge, die in diese Ausgabe<br />

der Akademischen Monatsblätter<br />

nicht aufgenommen werden<br />

konnten, werden im Internet veröffentlicht.<br />

Ab dem kommenden<br />

Jahr werden sie auf der dann<br />

neug<strong>est</strong>alteten Internetseite<br />

www.kartellverband.de zu finden<br />

sein.<br />

Das zweite „Main Event“ war wie jedes Jahr das tägliche Picknick zur Mittagszeit.<br />

Pâté, fromage, vin, tous de la région, dank Waltraud und Hans-Georg Walter lebten<br />

wir wie Gott in Frankreich. Diese besondere Art zu speisen ist Tradition und wurde nur<br />

zweimal wegen Regens in geschlossene Räumlichkeiten verlegt: In der Auvergne<br />

aßen wir im Refektorium eines alten Klosters und jetzt in Burgund gelang uns ein Picknick<br />

im Bus.<br />

In einem Bericht der AM’s die kartellbrüderliche Freundschaft hervorzuheben wäre<br />

tatsächlich wie Eulen nach Athen tragen.<br />

Bleibt anzumerken, dass selbst Erlebnisse wie diese durch den Freundeskreis eine<br />

neue Dimension erhalten.<br />

Es stimmt übrigens nicht, dass Rosi Seeliger die heimliche OZ-Vorsitzende sei! Das<br />

geht nämlich gar nicht (Frauen im <strong>KV</strong>!), aber sie ist die Beliebt<strong>est</strong>e überhaupt!


<strong>KV</strong>-AKADEMIE<br />

AM 19


AUS DEM <strong>KV</strong><br />

Siegfried<br />

Schiele<br />

erhielt<br />

Verdienstmedaille<br />

Baden-Württembergs<br />

Kb Dr. h.c. Siegfried Schiele (Al, Rh-Bor),<br />

Direktor der Stuttgarter Landeszentrale<br />

für politische Bildung, ist mit der Verdienstmedaille<br />

des Landes Baden-Württemberg<br />

geehrt worden. Es handelt sich<br />

dabei um die höchste Auszeichnung, die<br />

das Land nur an sehr wenige Persönlichkeiten<br />

verleiht.<br />

Ministerpräsident Erwin Teufel hob in<br />

seiner Laudatio hervor, Kb Schiele habe<br />

während seines jahrzehntelangen Wirkens<br />

an der Spitze der Landeszentrale<br />

mit politischem Gespür für das Notwendige<br />

und vielen wegweisenden Ideen<br />

wesentlich dazu beigetragen, dass die<br />

politische Bildungsarbeit Baden-Württembergs<br />

bundesweit eine Spitzenposition<br />

einnehme. Ausserdem würdige die<br />

Landesregierung mit dieser Ehrung auch<br />

das vielfältige ehrenamtliche Engagement<br />

von Siegfried Schiele im Bildungsbereich<br />

und in kirchlichen Gremien.<br />

Hans Daniels<br />

Bonner Ehrenbürger<br />

Der Rat der Stadt Bonn hat am 8. Juli 2004 beschlossen, dem ehemaligen Oberbürgermeister<br />

von Bonn, Kb Dr. rer.pol. Hans Daniels (Flg, Alb, Arm), die Ehrenbürgerwürde<br />

zu verleihen. Die Oberbürgermeisterin der Bundesstadt, Bärbel Dieckmann (SPD), hatte<br />

diese Ehrung Ihres der CDU angehörenden Amtsvorgängers vorgeschlagen und dabei<br />

betont, Hans Daniels habe für Bonn Außergewöhnliches geleistet. Während seiner 38-<br />

jährigen Zugehörigkeit zum Rat der Stadt und seiner Amtszeit von 19 Jahren als Oberbürgermeister<br />

habe er wesentlich dazu beigetragen, die Rolle Bonns als Bundeshauptstadt<br />

zu definieren, und nach dem Wegzug von Parlament und wesentlichen Teilen der<br />

Regierung nach Berlin habe er ganz wesentlich zum Gelingen des Strukturwandels der<br />

Stadt beigetragen. Die offizielle Ehrung soll zum 70. Geburtstag Kb Dr. Daniels´ am 11.<br />

Dezember vorgenommen werden.<br />

Auch der Vater des neuen Ehrenbürgers, Wilhelm Daniels - ebenfalls <strong>KV</strong>er - , war als<br />

ehemaliger Oberbürgermeister Bonns schon zum Ehrenbürger ernannt worden. Unter<br />

den bisher 55 Bonner Ehrenbürgern befinden sich so illustre Persönlichkeiten wie Otto<br />

von Bismarck, Paul von Hindenburg, Konrad Adenauer und frühere Bundespräsidenten.<br />

Auch Johannes Henry, ein „Ält<strong>est</strong>er des <strong>KV</strong>“, war Ehrenbürger von Bonn.<br />

Konzert<br />

des <strong>KV</strong>-Orch<strong>est</strong>ers<br />

Am 22. Mai 2004 wirkte das <strong>KV</strong>-Orch<strong>est</strong>er bei der Jahresversammlung vom Cartell<br />

Rupert-Mayer mit, die in der Würzburger Neubaukirche stattfand. Als musikalische<br />

Begleitung spielte es das Konzert in C-Dur für Orgel und Streichorch<strong>est</strong>er (Hob.<br />

XVIII:10); beim anschließenden Empfang im unmittelbar benachbarten Foyer der Neubaukirche<br />

fanden Ferenc Farkas´ Alte ungarische Tänze allgemeine Beachtung.<br />

Am Samstagabend darauf wurde im Dom während des Pontifikalamts, das der emeritierte<br />

Diözesanbischof Scheele zelebrierte, Grand Choeur dialogue für Orgel, Blechbläser<br />

und Pauken von Eugène Gigout geboten.<br />

Am Sonntagvormittag musste das Promenadenkonzert vom Erwin-Vornberger-Platz<br />

am Rathaus in Veitshöchheim wetterbedingt in den großen Pfarrsaal der St.-Vitus-<br />

Gemeinde verlegt werden; das Programm b<strong>est</strong>and aus:<br />

Ferenc Farkas, Alte ungarische Tänze,<br />

Georg Philipp Telemann, Konzert für zwei Violinen und Streichorch<strong>est</strong>er in C-Dur,<br />

Ludwig van Beethoven, Musik zum Trauerspiel "Egmont" Op. 80.<br />

Dirigent Kb Martin Flesch: "Die Rückmeldungen fielen nach dem Orch<strong>est</strong>erkonzert<br />

sowohl auf offizieller Ebene als auch im Freundes- und Bekanntenkreis durchweg<br />

äußerst (!) positiv aus."<br />

Paul Wolters<br />

20 AM


AUS DER AKTIVITAS<br />

Markomannia<br />

auf neuen Wegen<br />

Seit einiger Zeit haben die Markomannen an ihrem Selbstbild<br />

gefeilt und einen neuen Stil der Mitgliederwerbung entwickelt.<br />

Daraus ein Beispiel. Wir hoffen auf Reaktionen aus dem <strong>KV</strong>.<br />

Angesetzt haben wir bei den typischen Merkmalen des münsterschen<br />

Studenten: Denn was für Venedig die Gondel, ist für<br />

Münster das Fahrrad. Was lag also näher, als allerlei Bücher,<br />

ein Fahrrad und den Mk-Zirkel in die Mitte eines Graphik-Entwurfs<br />

der Markomannia zu rücken? Ab Herbst 04 soll das Logo<br />

für Aufkleber, Anzeigen und Mk-Taschen die Wege der Erstsem<strong>est</strong>er<br />

an der Universität Münster zieren. Es sollte Kult werden,<br />

dieses Zeichen zur Schau zu tragen. Wir erwarten davon<br />

keineswegs einen Ansturm von Keilanden, doch sollte jedem,<br />

der uns bisher lediglich für trinkf<strong>est</strong> gehalten hat, klar werden,<br />

wir sind frisch, jung, sportlich, leistungsstark!<br />

Paul Ridder (Mk)<br />

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ZIMMER FREI!<br />

Für ein erfolgreiches Studium an der RWTH Aachen bietet der<br />

KStV Pruthenia für das kommende Wintersem<strong>est</strong>er Zimmer an.<br />

Besonders in den Ingenieurswissenschaften zeichnet sich die<br />

RWTH Aachen durch einen weltweit renommierten Ruf aus.<br />

Für das Studium an dieser Uni bieten wir Zimmer an, die zwischen<br />

15 und 30 m2 groß sind und über Telefon- sowie<br />

Internetanschluss verfügen. Weiterhin bietet unser Haus viele<br />

Gemeinschaftsräume, eine große Theke und einem schönen<br />

Garten zum Grillen und Entspannen<br />

Weitere Informationen zu den Zimmern und dem Haus sowie<br />

viele Bilder unter: www.pruthenia.de<br />

KStV Pruthenia<br />

Zollernstr. 25, 52070 Aachen, Tel.: 0241/51 19 91<br />

STUDIEREN IN STUTTGART?<br />

Zum Ende des Sommersem<strong>est</strong>ers werden auf dem Haus<br />

des KAV Rheno-Nicaria einige Zimmer frei (ruhige Lage in<br />

Nähe der Innenstadt, gute Anbindung zur Uni).<br />

<strong>Wer</strong> Interesse hat oder Interessenten vermitteln kann<br />

wendet sich bitte an:<br />

Sebastian Mach, Florian Haupt<br />

Tel.: (0711) 601 801 -50 / -62 / -65<br />

Email: Senior@Rheno-Nicaria.de<br />

Auch bei allgemeinen Fragen zum Studium in Stuttgart<br />

bieten wir gerne unsere Hilfe an.<br />

AM 21


PERSONALIA + ANZEIGEN<br />

†<br />

Zwei<br />

Prof. Dr. Dr.<br />

<strong>Wer</strong>ner<br />

Böckenförde<br />

Kb Prof. Dr. iur. Dr. theol. <strong>Wer</strong>ner Böckenförde (Tsk-Mon, Mk)<br />

war der ältere Bruder von Kb Prof. Dr. mult. Ernst-Wolfgang<br />

Böckenförde (Hs), des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht.<br />

<strong>Wer</strong>ner Böckenförde wurde am 21. März 1928 in<br />

Hilders/Rhön geboren. Außer Ernst-Wolfgang hatte er <strong>noch</strong><br />

sechs weitere Geschwister. Er studierte in Münster und Paderborn<br />

Theologie (1946-51) und als Zweitstudium Jura in Münster<br />

(1949-52). Er promovierte in Jus 1956 und 1969 in Theologie;<br />

1976 wurde ihm an der Universität Frankfurt eine Honorarprofessur<br />

Ihr Katholisches Kirchenrecht verliehen.<br />

Mit Abschluß des Theologi<strong>est</strong>udiums wurde Böckenförde Wissenschaftlicher<br />

Assistent bei Kb Prof. Dr. mult. Josef Höffner<br />

(EM d WM), dem späteren Kölner Erzbischof und Kardinal, am<br />

Münsteraner Franz-Hitze-Lehrstuhl für Christliche Soziallehre<br />

(1951-55). 1957 erhielt er die Pri<strong>est</strong>erweihe durch den Paderborner<br />

Erzbischof und nachmaligen Kardinal Kb Dr. h.c. Lorenz<br />

Jaeger (Ttg, Ed Gm, E d Stf). Erneut wurde Böckenförde Assistent,<br />

nunmehr bei Kb Prof. Dr. Joseph Ratzinger (Li, Is, Ale) in<br />

Bonn und Münster, dem heutigen Kurienkardinal und Präfekten<br />

der Kongregation für die Glaubenslehre. Im Jahr seiner theologischen<br />

Promotion, 1969, trat Böckenförde in den Dienst des<br />

Bistums Limburg. Er wurde Persönlicher Referent von Kb Bischof<br />

Dr. Wilhelm Kempf (EM d Stf) und Leiter der Rechtsabteilung<br />

des Bistums Limburg. 1976 ernannte ihn der Bischof zum<br />

Domkapitular.<br />

<strong>Wer</strong>ner Böckenfördes Forschungs- und Lehrtätigkeit würdigte<br />

Hermann Weber jüngst umfassend (vgl. Neue Juristische Wochenschrift<br />

[2004], S. 995): Er sei „als scharfsinniger Publizist<br />

auf dem Gebiet des katholischen Kirchenrechts bekannt“ gewesen.<br />

Er habe „die Reform des kirchlichen Rechts immer wieder<br />

mit ebenso klarem wie kritischem Blick und stets unter Rückgriff<br />

auf die theologischen Wurzeln kirchlichen Rechtsverständnisses<br />

begleitet“. Böckenfördes Aufsatz über den neuen Codex<br />

Juris Canonici von 1983 (vgl. NJW [1983], S.2583) nennt Weber<br />

eine „scharfsichtige Analyse“. Jenen Aufsatz habe, so Weber<br />

weiter, Kb Prof. Dr. mult. Ernst Friesenhahn (Vd, Ah Gs),<br />

langjähriger Richter am Bundesverfassungsgericht, in einem<br />

Schreiben an <strong>Wer</strong>ner Böckenförde folgendermaßen kommentiert:<br />

„‘Ich habe mich belehren lassen und spüre den kritischen<br />

Unterton. Im Grunde ist dieses katholische Kirchenrecht eine<br />

bedenkliche Sache, und es ist vielleicht ganz gut, daß die Masse<br />

der Gläubigen es nicht in allen Einzelheiten kennt“‘.<br />

Bonner Arminen<br />

in Wuppertal<br />

zu Diakonen geweiht<br />

Mit fünf weiteren Pri<strong>est</strong>eramtskandidaten des Erzbistums Köln wurden<br />

am 6. Juni 2004 in St. Laurentius zu Wuppertal-Elberfeld durch Weihbischof<br />

Dr. Rainer Woelki zwei <strong>KV</strong>er zu Diakonen geweiht.<br />

Kb Jörg Stockem und Kb Tobias Marvin Zöller studierten in Bonn<br />

Katholische Theologie und traten der Arminia in Bonn bei. Kb Stockem,<br />

der eigentlich aus Würselen und damit aus dem Bistum Aachen<br />

stammt, verbrachte seine Freisem<strong>est</strong>er in München (Alemannia-<br />

München), während Kb Zöller die beiden Auswärtssem<strong>est</strong>er in Wien<br />

(Aggstein-Wien) verbrachte.<br />

An der Weiheliturgie nahmen drei Arminenpri<strong>est</strong>er und eine stattliche<br />

Anzahl weiterer Bundesbrüder unter dem Philistersenior Johannes<br />

Wilde teil und überbrachten ihre Glückwünsche. Ebenfalls war der Wuppertaler<br />

<strong>KV</strong>-Ortszirkel „Stübchen“ mit seinem Vorsitzenden Franz-Heinrich<br />

Fiebach (FrS+Ebg, Gm-Ho) vertreten, der zudem stellvertretender<br />

Vorsitzender des Kirchenvorstands von St. Laurentius in Wuppertal ist.<br />

Nicht wenig hatten die beiden in Wuppertal tätigen Diakone den Ortszirkel<br />

damit überrascht, daß sie sich von selbst beim Vorstand gemeldet<br />

und ihr Interesse an den Veranstaltungen des „Stübchens“ bekundet<br />

hatten.<br />

BERUFLICHES<br />

Pfarrer Markus Poltermann (Gst, Rh-Bor, Tir), Dipl.Theol. (38),<br />

ist, gemeinsam mit K.-J. Pütz, Pfarrer an St. Mariä Empfängnis<br />

in Willich-Neersen und an St. Johann Baptist in Willich-Anrath.<br />

Er war zuvor Geistlicher in der Gemeinschaft der Gemeinden<br />

Eschweiler/Rheinland. – Im Verband ist er bekannt durch seine<br />

Mitarbeit am „Biographischen Lexikon des <strong>KV</strong>". S. K.<br />

PFEIFER WIRD PFARRADMINISTRATOR<br />

Kb Martin Pfeifer (Gst), Mitglied des Seelsorgeteams des <strong>KV</strong>,<br />

wurde am 1. September zum Ständigen Pfarradministrator von<br />

Großkrotzenburg in der Nähe von Seligenstadt berufen.<br />

Als emeritierter Domkapitular (ab 1993) lebte <strong>Wer</strong>ner Böckenförde<br />

in Freiburg/Breisgau. Dort starb er am 26. November<br />

2003. Möge er ruhen im Frieden des Herrn.<br />

Siegfried A. Koß<br />

22 AM


PERSONALIA + ANZEIGEN<br />

†<br />

Alamannia trauert um<br />

Dr. Kuno Walter<br />

Unser lieber Bundesbruder Kuno Walter ist tot. Er starb am 7.<br />

Mai 2004 an den Folgen einer Krankheit, die jahrelang an seinen<br />

Kräften zehrte. Seit seiner schweren gesundheitlichen Krise,<br />

im Jahr 1997, wo er auf Leben und Tod erkrankt war, fand er<br />

nicht mehr zu seiner alten Form zurück.<br />

Wir Alamannen trauern um einen unserer treu<strong>est</strong>en Bundesbrüder.<br />

Kuno Walter ist dem Beispiel seines Großvaters und Vaters,<br />

beide verdiente Alamannen, in herausragender Weise gefolgt.<br />

Der liebe Verstorbene war unserem Bund, seit seinem Eintritt<br />

im Sommersem<strong>est</strong>er 1949, wie selten einer, mit Leib und Seele<br />

verbunden. <strong>Wer</strong> ihn in seinen ersten Sem<strong>est</strong>ern erlebt hat,<br />

weiß, dass Kuno Walter in den damaligen Diskussionen sich für<br />

eine solide Ausrichtung an unseren bewährten Prinzipien eingesetzt<br />

hat. In die Erinnerung vieler Generationen von Alamannen<br />

hat er sich durch die Brillianz zahlreicher Beiträge, meist im<br />

klassischen Versmaß des Hexameters geistreich geformt und<br />

stets zur großen Freude des Auditoriums vorgetragen, eingeprägt.<br />

Unser lieber Bundesbruder trug jedoch nicht nur zum geistigen<br />

Niveau Alamanniae bei. Seine Bereitschaft, für unseren Bund,<br />

wo immer es ihm möglich war, zu wirken, war beispielhaft. Das<br />

zeigte sich bei seinen regelmäßigen Besuchen von Veranstaltungen<br />

der Altherrenschaft wie der Aktivitas. Trotz seiner<br />

Krankheit war er jedes Jahr einige Male, zuletzt bei der AH-<br />

Kneipe am 30. Januar, auf dem Alamannenhaus im Kreis seiner<br />

Bundesbrüder, wo er sich spürbar wohl fühlte.<br />

Unb<strong>est</strong>ritten bilden die sieben Jahre Vorsitz des Altherrenvereins<br />

den Höhepunkt seiner Alamannen-Vita. „AH-Senior Dr. Kuno<br />

Walter sei Dank”, so lasen wir im Alamannenblatt vom Mai<br />

1997, in dem sein beispielhafter Einsatz von 1990 bis 1997 rühmend<br />

gewürdigt wurde. Die äußerst ersprießliche Zusammenarbeit<br />

mit Altherrenschaft und Aktivitas hat Kuno Walter in dieser<br />

Zeit mit feinem Gespür, g<strong>est</strong>ützt von langer Verbindungs- und<br />

Lebenserfahrung sowie seinem praktischen Sinn, gefördert. Jeder<br />

Bundesbruder spürte stets, wie sehr ihm seine Alamannia<br />

eine Herzensangelegenheit geblieben ist.<br />

Nicht von ungefähr wurde Kuno Walter Ehrenphilister unserer<br />

Tochterverbindung Rheno-Nicaria-Stuttgart. Über mehrere Jahrzehnte<br />

nahm er interessiert an deren Verbindungsleben teil.<br />

Zahlreiche Rheno-Nicaren sind in dieser Zeit seine Freunde geworden.<br />

Seine Verbundenheit mit dem <strong>KV</strong> erwies sich auch im<br />

regen Besuch des Stuttgarter <strong>KV</strong>-Zirkels, wo er mehrere Jahre<br />

im Vorstand mitwirkte. Dazuhin hat er sich im Sport, als<br />

langjähriger Präsident des Stuttgarter Sportbundes, große Verdienste<br />

erworben.<br />

Als Direktor und Justitiar bei der Landesbausparkasse in Stuttgart<br />

hat er in seinem langen Berufsleben am Erfolg des Unternehmens<br />

mitgewirkt. Er genoß nicht nur intern, sondern bundesweit<br />

hohes Ansehen. Dies verdankte Kuno Walter auch seinen<br />

juristischen Kenntnissen und seiner Erfahrung. Er hat diese<br />

in Fachbüchern und Kommentaren, die in der Praxis <strong>noch</strong> <strong>heute</strong><br />

sehr gefragt sind, verarbeitet.<br />

Die Chargierten von Alamannia-Tübingen und Rheno-Nicaria-<br />

Stuttgart sowie zahlreiche Kartell- und Bundesbrüder nahmen<br />

an der Trauerfeier auf dem Stuttgarter Pragfriedhof und am<br />

Trauergottesdienst in St.Georg teil. Unserem lieben Bundesbruder<br />

Kuno Walter, so schloß der AH-X seine Ansprache, „schulden<br />

wir Dank und freundschaftliche Erinnerung an fünfeinhalb<br />

Jahrzehnte währende Treue, seiner lieben Gattin und Familie<br />

unsere herzliche Verbundenheit.“<br />

Dr. Max Gögler<br />

AM 23


Akademische Monatsblätter K 1061 E<br />

Verband alter <strong>KV</strong>er e.V.<br />

Geschäftsstelle:<br />

<strong>KV</strong>-Sekretariat, Postfach 10 16 80, 45746 Marl<br />

PVSt, Deutsche Post AG, „Entgelt bezahlt“ / §4 Abs. 3 PD-SVD: s. Impressum<br />

TERMINE<br />

Aushang im Kooperationshaus erbeten!<br />

TERMIN ORT TITEL VERANSTALTER<br />

14.-17.10.2004 Dresden 77. Stiftungsf<strong>est</strong> der KStV Abraxas Rheinpreußen im <strong>KV</strong> zu Dresden, Bergstraße 68,<br />

KStV Abraxas Rheinpreußen 01069 Dresden, Tel. 0351/4716560, abraxas-rheinpreußen@gmx.de<br />

15.-16.10.2004 Xanten Kunst - Kult - Religion <strong>KV</strong>-Akademie, c/o <strong>KV</strong>-Sekretariat, Postfach 101680, 45746 Marl,<br />

Tel. 02365/5729010, Fax 02365/5729051, Kartellverband-<strong>KV</strong>@t-online.de<br />

23.10.2004 Bonn „Reformieren oder <strong>KV</strong>-Akademie, c/o <strong>KV</strong>-Sekretariat, Postfach 101680, 45746 Marl,<br />

wiederherstellen?“<br />

Tel. 02365/5729010, Fax 02365/5729051, Kartellverband-<strong>KV</strong>@t-online.de<br />

Hochschulpolitische Tagung<br />

06.-07.11.2004 Xanten 12. Niederrheinkommers OZ Kanonikus Xanten, Tanko Scholten,<br />

Tel. 02801/70712, t.scholten@gmx.de<br />

12.-13.11.2004 Köln 85. Stiftungsf<strong>est</strong> der Alexander Wittka-Herking, Junkerweg 2, 53809 Ruppichteroth,<br />

KStV Nibelung im <strong>KV</strong> zu Köln Tel. 02295/902364, Fax 01212/643754642, AHVvx@nibelung.de<br />

27.11.2004 Heidelberg Heidelberger Schlosskommers Heidelberger Schlosskommers e.V., Dr. Ansgar Böhm, Seegasse 1,<br />

69207 Sandhausen, Tel. 06224/80422, Fax 06224/80678,<br />

Ansgar.Boehme@t-online.de<br />

03.12.2004 Essen Nikolaus-Kommers Peter Burs,<br />

<strong>KV</strong>-Ortszirkel „Kluse“ Tel. 0201/261777, Fax 0201/269306<br />

WIR WOLLEN BEI DER VERMITTLUNG HELFEN<br />

Junger Assessor iur. (29) sucht Einstieg ins Berufsleben. Ortsungebunden. Mehrjährige Auslandserfahrung;<br />

Studium zum LL.M. Schwerpunkte: Wettbewerbsrecht, Europ. Kartellrecht; britisches Recht; Pharma- und<br />

Medizinrecht. E-mail: philipp-truemper@web.de, Tel. 0211/7952278.<br />

Kölner Kartellbruder mit zwei befriedigenden juristischen Staatsexamen und exzellenten Englisch-Kenntnissen<br />

sucht jetzt berufliche Herausforderung, gerne auch bundesweit.<br />

Kontakt unter: (0221) 9378333 oder dalthaus@gmx.net.<br />

Da sich die Suche nach Praktikumsplätzen derzeit schwieriger g<strong>est</strong>altet als gedacht, wende ich mich<br />

hiermit an die Kartellbrüder. Zurzeit studiere ich an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen Politikwissenschaft<br />

im Diplomstudiengang. Mittlerweile befinde ich mich im 6. Sem<strong>est</strong>er und habe mein Vordiplom<br />

mit 2,0 b<strong>est</strong>anden. Besonders interessiert wäre ich an einem Praktikumsplatz in Brüssel, aber auch<br />

an anderen Praktikumsplätzen im In- und Ausland. Diese können sowohl im Bereich Verein, Stiftungen,<br />

Behörden, Institutionen, internationale Organisationen aber auch in der Wirtschaft sein. Meine Stärken liegen<br />

besonders im Bereich Teamwork, Organisation, Eventmanagement aber auch Recherche. Für Ideen<br />

und Anregungen wäre ich sehr dankbar.<br />

Christian Seitz, x (KStV Rhenania zu Erlangen)<br />

Weissensee 27, 90537 Feucht, Tel: 09131/ 62 80 673. Mobil: 0175 / 21 55 359, Fax: 01212/ 52 70 59 03 2, Email:<br />

c.seitz@lau-net.de

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