PDF-Datei - Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im ...
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H o l g e r D ö r n e m a n n<br />
Den Kirchenraum entdecken<br />
Methoden und Ziele der Kirchenpädagogik für <strong>Kinder</strong>gartenkinder<br />
D r . H o l g e r D ö r n e m a n n , H A S e e l s o r g e<br />
<strong>Kinder</strong>gartenkinder sind neugierig und<br />
machen gerne Entdeckungen <strong>im</strong> Umkreis<br />
der <strong>Kinder</strong>tagesstätte; sie können<br />
entdecken, erzählen, empfinden, sich Gedanken<br />
machen und Symbole emotional<br />
verstehen. Dabei haben die meisten <strong>Kinder</strong><br />
mit Kirchenräumen nur wenig Erfahrung,<br />
sind aber aufgeschlossen, <strong>im</strong> Kirchenraum<br />
kurz nach etwas zu suchen und das, was<br />
sie bewegt zu Gott zu bringen. Trotz ihrer<br />
Mobilität sind sie für Stille ansprechbar<br />
und in der Lage, bei entsprechender Unterstützung<br />
intensiv aufeinander zu achten<br />
sowie die Eigenheit des Kirchenraums und<br />
die Erzählungen darin aufmerksam wahrzunehmen.<br />
So können <strong>Kinder</strong> entdecken<br />
und spüren, dass Kirchen Raum geben für<br />
die Begegnung mit Gott und die eigenen<br />
Sorgen und Freuden hierin ihren Platz<br />
haben und sie darin Schutz finden.<br />
1. Im Rahmen des Studientages <strong>Katholische</strong><br />
Familienzentren war es <strong>im</strong> Blick auf<br />
die Workshop-Teilnehmenden zunächst<br />
ein Anliegen die Verantwortlichen und<br />
Erzieher/innen in den Familienzentren<br />
selbst für die Bedeutung und Anlage von<br />
Kirchenräumen zu sensibilisieren. Indem<br />
Ihnen vor dem Eintritt in die Maternushaus-Kapelle<br />
zur Aufgabe gemacht wurde,<br />
eine Kerze zu den anderen unterhalb<br />
des Altares zu stellen, wurden sie in eine<br />
- nachfolgend auch reflektierte - Stille<br />
geführt. Die Einführung erfolgte sodann<br />
<strong>im</strong> Blick auf einige wichtige Grundüberlegungen,<br />
bevor in einem zweiten Schritt<br />
Methoden der Erschließung von Kirchenräumen<br />
für <strong>Kinder</strong> konkreter ausgeführt<br />
wurden (2).<br />
c Hinweis auf die Bedeutung außerleiblicher<br />
Repräsentanz-Räume (Raum<br />
als Darstellung menschlichen Sein, Denkens<br />
und Glaubens, als ‚dritte Haut‘), zum<br />
sich selbst Verorten, als Darstellung des<br />
Menschen <strong>im</strong> Raum; der Ausdruck und<br />
Eindruck zugleich ist, als Sakralraum, als<br />
heiliger Ort.<br />
c Entlang des Grundrisses der Kirche,<br />
seiner Form und Anlage Hinweis auf die<br />
Formalentsprechungen zum Menschsein:<br />
bei einem Grundriss <strong>im</strong> Sinne eines Hauptund<br />
Querschiffes auf die Entsprechung mit<br />
einer Menschen- und auch der Kreuzesgestalt;<br />
<strong>im</strong> Blick auf die H<strong>im</strong>melsrichtungen<br />
auf das Ausgespanntsein zwischen Osten/<br />
Aufgang der Sonne/Morgen und Westen/<br />
Sonnenuntergang/Abend oder zwischen<br />
Osten (Geburt, Kindheit), Süden (Blüte<br />
des Lebens), Westen (Erwachsenenalter)<br />
und Norden (Tod). Diese Erklärungen<br />
verdeutlichen, dass der Kirchenraum eine<br />
bauliche Aufgipfelung und Darstellung des<br />
menschlichen Lebens und (der Suche, der<br />
Behauptung oder das Offenhalten der Frage<br />
nach) seiner Bedeutung.<br />
c Hinweis auf die mit der ‚Ostung‘ des<br />
Gebäudes (Altar) festliegenden anderen<br />
H<strong>im</strong>melsrichtungen; sie erfuhren darum<br />
schon früh in der Architekturgeschichte<br />
eine theologische Deutung. Der Ostapsis<br />
(Auferstehung, Heil) gegenüber liegt die<br />
Westseite mit dem Turm als (metaphorischer)<br />
Schutz gegen Mächte der Welt<br />
und des Bösen. Der dunklen Nordseite<br />
(Verheißung, alttestamentliche Motive)<br />
entspricht die helle Südseite (Erfüllung,<br />
neutestamentliche Motive). Das Raumund<br />
Bildprogramm vieler Kirchen folgt<br />
dieser Logik.<br />
2. Vor dem Hintergrund dieser mehr<br />
grundsätzlichen und auf Erwachsene<br />
abgest<strong>im</strong>mten Gedanken, ist eine Kirchenerschließung<br />
mit <strong>Kinder</strong>n <strong>im</strong> Sinne<br />
einer Erkundung in mehreren voneinander<br />
abgesetzten Schritten anzulegen. Die<br />
folgenden methodischen Schritte orientieren<br />
sich in erster Linie an ausgewählten<br />
Hinweisen aus dem Handbuch Kirchenpädagogik<br />
von Hartmut Rupp, das eine<br />
Erkundung <strong>im</strong> Sinne einer ‚Grundliturgie‘<br />
vorschlägt:<br />
Das Kirchengebäude von außen wahrnehmen<br />
c Merkwürdiges entdecken.<br />
c Unterschiede zum Wohnhaus, <strong>Kinder</strong>garten<br />
und Schulhaus benennen.<br />
c Entdeckungsspiel „Ich sehe was, das<br />
du nicht siehst“.<br />
c Den Platz um die Kirche betrachten.<br />
c Länge und Breite durch Schritte<br />
best<strong>im</strong>men und eventuell mit Luftballon<br />
und Schnur die Höhe ausmessen.<br />
c Überlegen, wie die Kirche heißen<br />
könnte.<br />
c Etwas suchen, das man in die Kirche<br />
mit hinein nehmen möchte.<br />
Am Portal verweilen<br />
c Über Tore und Türen sprechen.<br />
c Das Hauptportal betasten und beschreiben.<br />
c Durch verschiedene Türen der Kirche<br />
schauen und einander erzählen,<br />
was man gesehen hat.<br />
c Überlegen, ob dieses Gebäude das<br />
„Haus Gottes“ ist.<br />
c Überlegen, was man hinter dem Portal<br />
finden könnte.<br />
c Die Kirche mit einem besonders<br />
großen Schlüssel aufschließen.<br />
In die Kirche einziehen<br />
c In die „Mitte“ der Kirche gehen<br />
(und dabei zeigen, was man unter<br />
Mitte versteht).<br />
c Sich dort hinsetzen, wo es einem am<br />
besten gefällt, und dann von jedem<br />
hören, warum sie/er sich an einen<br />
best<strong>im</strong>mten Platz gesetzt hat.<br />
c Blind durch den Raum geführt wer-<br />
Kompakt spezial 1/2010 23