15.04.2014 Aufrufe

„Wer würde denn den Hochzeitsturm schleifen ... - Zfd-online.net

„Wer würde denn den Hochzeitsturm schleifen ... - Zfd-online.net

„Wer würde denn den Hochzeitsturm schleifen ... - Zfd-online.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mehr Demokratie fürchten<br />

Impressionen von<br />

der Urwahl der<br />

Darmstädter SPD<br />

für ihren<br />

Kanzlerkandidaten<br />

Der Spruch des Tages kam wieder einmal<br />

aus Bonn: „Es gehört“, so sprach Interimsvorsitzender<br />

Johannes Rau, zum Wesen<br />

von Überraschungen, daß man mit ihnen<br />

nicht rech<strong>net</strong>. Arme alte Tante SPD! Solche<br />

Angst hatte sie, sich zu blamieren, daß<br />

56,5% Wahlbeteiligung in der Partei bejubelt<br />

wur<strong>den</strong> wie eine gewonnene Bundestagswahl.<br />

Plötzlich erfaßte Optimismus die<br />

Bonner Mannschaft: indem man die eigene<br />

Basis neu entdeckte, hatte man das ganze<br />

Wahlvolk fest im Blick. Und können sich die<br />

Darmstädter Genossen (52,42% Wahlbeteiligung),<br />

kommunalwahlgebeutelt, davon<br />

nicht auch eine Scheibe abschnei<strong>den</strong>?<br />

Bonjour tristesse! Da liegt das kleine Häuschen<br />

im morgendlichen Nieselregen,<br />

sonntäglich verwaiste Straßen, weit und<br />

breit ist kein Mensch zu sehen. Kein Plakat<br />

kündet davon, daß es hier geschehen soll:<br />

ein Ortsverein stimmt über <strong>den</strong> Bundesparteivorsitz<br />

ab. Die Stille macht unsicher;<br />

zaghaft betrete ich das Gebäude. Drinnen<br />

ist die Stimmung gut. Aber ich muß mich<br />

wohl doch in der Adresse geirrt haben.<br />

„Seniorenbegegnungsstätte“ steht über der<br />

Tür, und genau das treffe ich an: einen fröhlichen<br />

Rentnerfrühschoppen. Angeregt<br />

wird geplaudert: Die Gefährlichkeit von<br />

Herzflimmern ist in der Diskussion, und<br />

welche Früchte Nachbars Garten trägt („Die<br />

sind früh dieses Jahr, die Erdbeeren!“). Nur<br />

die Wahlurne aus Pappkarton und Klebeband<br />

verrät, daß ich hier richtig bin. Der<br />

„Tag des Ortsvereins”, so hatte der Fraktionsvorsitzende<br />

Horst Knechtel in einem<br />

Brief die Mitglieder belehrt, solle „im Sinne<br />

Willy Brandts mehr Demokratie wagen“,<br />

„ein Beispiel geben für das Engagement<br />

und die Lebendigkeit der Partei“. Diskussionen,<br />

Information und das persönliche<br />

Gespräch zwischen Basis, Bürgern und<br />

Funktionären sollten <strong>den</strong> Tag ausfüllen, gab<br />

die Parteizentrale vor. Nicht nur eine Kandidatenkür<br />

sollte es sein, sondern „ein Aufgalopp<br />

für 20 Wahlen“ (Johannes Rau), ein<br />

Motivationsschub für die frustrierte Basis,<br />

ein gesellschaftlicher Vertrauensbonus für<br />

eine Partei, die zusehends in Agonie verfiel.<br />

Und gab es nicht wirklich überall im Land<br />

Ortsvereine, die für einen neuen Stil auch<br />

neue Ausdrucksformen suchten?<br />

Die Darmstädter Genossen erfuhren das<br />

aus <strong>den</strong> Medien. Ihr Tag des Ortsvereins<br />

war stinknormal und stinklangweilig. Der<br />

neue Fraktionsvorsitzende etwa beschränkte<br />

die innerparteiliche Demokratie wie<br />

üblich auf die Abgabe eines Stimmzettels.<br />

Was meinte er nur, wenn er <strong>den</strong> Mitgliedern<br />

zuvor „einen Rahmen für Begegnungen und<br />

Gespräche“ in Aussicht stellte? Erschöpfte<br />

sich doch alle sichtbare Aktivität der Funktionäre<br />

dann darauf, im 2-Stun<strong>den</strong>-Wechsel<br />

die Wahlurne zu bewachen. Selbst die<br />

treuen Rentner der SPD –auf die Politik angesprochen<br />

– wur<strong>den</strong> plötzlich schwermütig.<br />

Sei doch zu befürchten, daß bei knappem<br />

Wahlausgang „die da oben“ sich mauschelnderweise<br />

doch wieder über die Köpfe<br />

der Basis hinweg einigen wür<strong>den</strong>. Dabei<br />

muß man als Darmstädter Sozi, was das<br />

Mauscheln angeht, nicht erst nach Bonn<br />

fahren. Keine eigene Kandidatenkür, keine<br />

Sachentscheidung der letzten Jahre, die<br />

Parteimitglieder nicht scharenweise in <strong>den</strong><br />

Karteileichenzustand getrieben hätte (oder<br />

gleich ganz aus der Partei). Da mußte sich<br />

als sozialdemokratischer Zombie fühlen,<br />

wem der Wahlzettel mit dem schönen Aufdruck<br />

ins Haus flatterte: „Wir re<strong>den</strong> mit.<br />

SPD.“<br />

Noch am Rande des Parteitages nach der<br />

Kommunalwahl munkelte es vom Wandel.<br />

In der Nach-Metzger-Ära, so etwa Hanno<br />

Benz, Sohn des neuen OB, „tue sich etwas<br />

in der Partei“. Da werde sich, so raunte gar<br />

Eike Ebert kryptisch, vieles ändern in der<br />

SPD. Was dem Juso-Chef noch als Familiensolidarität<br />

ausgelegt wer<strong>den</strong> kann, entpuppt<br />

sich bei anderen Funktionären doch<br />

wieder nur als Politikerfloskel. Oder habe<br />

ich bei Horst Knechtels „Tag des Ortsvereins“<br />

etwas Wichtiges verpaßt?<br />

Am Nachmittag hat es zu regnen aufgehört.<br />

Ein kleines Mädchen führt ihren Hund aus<br />

und zwei Rentnerinnen kommen plauschend<br />

die Straße entlang. Bei der SPD sind<br />

es jetzt weniger gewor<strong>den</strong>, die biertrinkend<br />

zusammensitzen und klönen, aber die sind<br />

– bezeichnend für die Partei – auch bedeutend<br />

jünger: glatte zehn Jahre. Mit dem<br />

Fernsehen hat man es („Wie heißt der Dicke<br />

da, der immer da ist?“), und auf Nachfrage<br />

auch mit Politik. Die Heidi, sinniert lokalpatriotisch<br />

die Dame, die inzwischen die Urne<br />

bewacht, habe doch Chancen: durch <strong>den</strong><br />

Frauenbonus. Und überhaupt sei man<br />

zufrie<strong>den</strong>. So viele hätten mal vorbeigeschaut.<br />

Bonsoir tristesse!<br />

Kleiner Nachtrag: Von 2743 Darmstädter<br />

GenossInnen nahmen 1281 an der Abstimmung<br />

teil. Für Heidi Wieczorek-Zeul stimmten<br />

35,6%, für Gerhard Schröder 16,8%<br />

und für Rudolf Scharping 47,6%. Scharping<br />

ist es nun gewor<strong>den</strong>. Ob das gut oder<br />

schlecht ist für die SPD, wird sich weisen<br />

müssen. Die Darmstädter Sozialdemokratie<br />

Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />

Ortsverein Heimstättensiedlung<br />

Liebe Genossinnen, Liebe Genossen,<br />

sicherlich seid Ihr mit mir der gleichen Meinung,<br />

daß nach dem Ausschei<strong>den</strong> von<br />

Björn Engholm, aus dem Amt des 1. Vorsitzen<strong>den</strong><br />

unserer Partei, es dringend an der<br />

Zeit ist, einen neuen Parteivorsitzen<strong>den</strong> zu<br />

wählen.<br />

Bewerber sind Rudolf Scharping, Gerhard<br />

Schröder und Heidi Wieczorek-Zeul.<br />

Es liegt in unserer Hand, der derzeitigen<br />

Parteiführung klar zu machen, wer unsere<br />

Partei als neuer Vorsitzender in <strong>den</strong> bevorstehen<strong>den</strong><br />

Bundestagswahlkampf führen soll.<br />

Wir brauchen endlich wieder eine<br />

Führungskraft, die sachlich, glaubwürdig<br />

und besonnen überzeugt, und mit klaren<br />

Entscheidungen für unsere Partei und<br />

unser Land arbeitet.<br />

Für mich und viele meiner Freunde wäre<br />

dies Rudolf Scharping, Ministerpräsi<strong>den</strong>t<br />

in RPL.<br />

Entscheidet Ihr auf beiliegendem Stimmzettel,<br />

wer Euer Kandidat/Kandidatin ist.<br />

Wir bitten Euch um Stimmabgabe bis zum<br />

Sonntag, <strong>den</strong> 13.6.93.<br />

je<strong>den</strong>falls hat, von Ausnahmen in Eberstadt<br />

und Kranichstein abgesehen, nach meinem<br />

Eindruck eine gute Chance verstreichen lassen,<br />

um sich Basis und Bürgern als dialogbereit<br />

und meinungsoffen zu präsentieren.<br />

Vielleicht beschäftigte die Aussicht auf <strong>den</strong><br />

Machterhalt – trotz verlorener Kommunalwahl<br />

– die Spitzengenossen so sehr, daß<br />

ein Programm für diesen Tag sie schlicht<br />

überfordert hätte. Vielleicht haben sie auch<br />

immer noch nicht gemerkt, wie nötig ihre<br />

Partei in Darmstadt neue Umgangsformen<br />

braucht, um wieder Glaubwürdigkeit und<br />

politische Gestaltungskraft zu gewinnen.<br />

Mir hat ein Funktionär am Rande der Veranstaltung<br />

erzählt, er wisse schon lange nicht<br />

mehr, wie man die Bürger zur Mitarbeit<br />

motivieren solle. Das hier war so eine Gelegenheit.<br />

Und nicht einmal Günther Metzger kann<br />

mehr die Schuld dafür geben, sie verpaßt zu<br />

haben. Toujours tristesse, SPD?<br />

August Babel<br />

Demokratieverständnis à la SPD<br />

Stadtrat Erb versucht GenossInnen zu beeinflussen<br />

Mit einer Plakatausstellung<br />

gegen Ausländerfeindlichkeit<br />

ist die Arbeitsgruppe „Reaktion“<br />

von der FH Darmstadt auf der<br />

UN-Menschenrechtskonferenz<br />

in Wien vertreten.<br />

a) durch Briefeinwurf beim Ortsvereinsvorsitzen<strong>den</strong>,<br />

Am Pelz 39 oder<br />

b) durch Briefeinwurf beim Genossen H.<br />

Hemmel, Ö<strong>den</strong>burger Str. 50 oder<br />

c) durch Stimmabgabe am Sonntag, <strong>den</strong><br />

13.6.93, während des Sommerfestes der<br />

Siedlergemeinschaft in der Zeit von 11-14<br />

Uhr, im Tennis-Clubheim der SG Eiche,<br />

Heimstättenweg 99b. Eine Wahlurne ist hier<br />

vorhan<strong>den</strong>.<br />

Bitte macht regen Gebrauch von der erstmals<br />

geschaffenen Möglichkeit der Basisbefragung.<br />

Vielen Dank<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

gez. Georg Erb, 1. Vorsitzender, Stadtrat<br />

Wilhelm Roth, Schriftführer<br />

Eine Leserin schickte uns diesen Brief<br />

mit folgendem Anschreiben zu:<br />

Betr.:<br />

Basisvorschlag für SPD-Kanzlerkandidat(-in)<br />

Eingang beider Unterlagen am heutigen<br />

Tage. Am hier gewählten Vorgehen scheint<br />

mir einiges skandalös. Kopien gehen an alle<br />

3 Kandidaten (mit Datum vom 10.6.93)<br />

Es war einmal eine kleine Gemeinde in<br />

Deutschland: Sie trug <strong>den</strong> schönen Namen<br />

Mühltal. Doch hinter <strong>den</strong> Rollä<strong>den</strong> und<br />

Türen der gehobenen Wohnhäuser, da<br />

schlummerten auch in dieser Gemeinde<br />

Rassisten. Freilich, es dauerte, bis sich dies<br />

offenbarte und schließlich nicht mehr verheimlichen<br />

ließ.<br />

Zuerst, da wollten die BürgerInnen weltoffen<br />

sein, sich vorbildlich gegen Frem<strong>den</strong>feindlichkeit<br />

engagieren. Man schrieb <strong>den</strong><br />

Winter 1992. Während überall in der deutschen<br />

Republik Nacht für Nacht Menschen<br />

aus anderen Nationalitäten verprügelt, verbrannt<br />

und getötet wur<strong>den</strong>, da wollte Mühltal<br />

ein Zeichen setzen: Karl-Heinz Goll und<br />

andere rechtschaffene BürgerInnen gründeten<br />

die „Initiative gegen Frem<strong>den</strong>feindlichkeit<br />

und Rechtsradikalismus“, es wur<strong>den</strong><br />

Arbeitskreise gebildet, Diskussionen<br />

veranstaltet. Friedliches Zusammenleben,<br />

Weltoffenheit, Solidarität, Gastfreundschaft<br />

und Toleranz – das hatten sie auf ihre Fahnen<br />

geschrieben.<br />

Anfang März wählten knapp 5 Prozent der<br />

BürgerInnen Parteien, deren Parolen lauteten:<br />

„Deutschland zuerst“ und „Deutschland<br />

<strong>den</strong> Deutschen“. Die „Mühltaler Nachrichten“<br />

schrieben über eine Podiumsdiskussion<br />

der BI „Über Deutschland re<strong>den</strong>“<br />

(26. März), an der unter anderem der Autor<br />

Heleno Saña (s.a. Buchbesprechung S. 12)<br />

teilgenommen hatte: „Alles andere als<br />

sachlich“, „Diskriminierungen Deutschlands<br />

… mit Arroganz vorgetragen.“ Der<br />

wohl selbst rechts orientierte Schreiber,<br />

Klaus Bock, kommentierte: „Fragwürdig ist<br />

weiterhin, ob die zunehmende Ausländerfeindlichkeit<br />

mit dem sehr in Frage gestellten<br />

Wahlrecht für Ausländer verknüpft wer<strong>den</strong><br />

soll. Wir sollten zunächst das Asylproblem<br />

lösen und dann nach neuen Rechten<br />

schreien.“ – Solidarität, Toleranz? Nein,<br />

Nummer 51 · 25.6.1993 · Seite 7<br />

Doch hinter <strong>den</strong> Türen,<br />

da hocken Rassisten<br />

Trautheimer Bürger<br />

wehren sich gegen<br />

<strong>den</strong> Bau eines<br />

Flüchtlingsheims –<br />

kein Platz für<br />

Ausländer<br />

jetzt war die Rede von einem Problem,<br />

davon, <strong>den</strong> AusländerInnen, <strong>den</strong> Nicht-<br />

Deutschen auf keinen Fall die gleichen<br />

Rechte wie allen anderen zu gewähren:<br />

„Deutschland <strong>den</strong> Deutschen!“<br />

Gewiß, einzeln regte sich noch Widerspruch.<br />

So schrieb BI-Sprecher Goll in<br />

einem Leserbrief (ebd.): „Ausländerfeindlichkeit<br />

und vorenthaltene Rechte stehen in<br />

engstem Zusammenhang. Es ist mit Demokratie<br />

nicht vereinbar, Menschen, die in<br />

unserem Land geboren sind, die hier arbeiten,<br />

Steuern zahlen, zur Schule gegangen<br />

sind, wesentliche staatsbürgerliche Rechte<br />

zu verweigern, nur weil sie keine deutschen<br />

Eltern haben. Diese Gesetzespraxis stammt<br />

aus Blut & Bo<strong>den</strong>-Zeiten und muß dringend<br />

verändert wer<strong>den</strong>.“<br />

Doch dann kam der Monat Mai und von der<br />

hessischen Landesregierung der Bescheid,<br />

die Gemeinde müsse Anfang Juli 106 Asylbewerber<br />

aufnehmen. Wohin mit <strong>den</strong>en?<br />

Einen Teil wolle man in ein Containerlager<br />

am Bahnhof stecken, entschied die Gemeindeverwaltung.<br />

Ein Mühltaler Bauherr<br />

witterte sogleich Riesengewinne, die sich in<br />

der ganzen Republik mit der Not der Ankommen<strong>den</strong><br />

verdienen lassen: Auf einem<br />

Baugrundstück am Pfingstwei<strong>den</strong>weg in<br />

Trautheim wollte er ein „Asylantenheim“ für<br />

42 BewohnerInnen errichten. Was Gemeindepolitiker<br />

und Bauherr dabei übersahen:<br />

Die AnwohnerInnen wollten keinesfalls<br />

Flüchtlinge in ihrer Nähe haben – Gastfreundschaft<br />

hin oder her, Unmut wurde<br />

laut und lauter. „… ein solches sensibles<br />

Problem mitten in einem Wohngebiet, wie<br />

Trautheim, (müsse) vorher mit <strong>den</strong> Bürgern<br />

der Nachbarschaft … zu erörtern sein,“<br />

meinte Bock in <strong>den</strong> „Mühltaler Nachrichten“.<br />

Und sogar die BI schrieb: „Wir haben<br />

Verständnis für Unmut.“ Die Aufnahme von<br />

106 Flüchtlingen sei eine „konkrete Gemeinschaftsaufgabe<br />

…, (für die Bürger) die<br />

z.T. einen Eingriff in ihr bisheriges Wohnumfeld<br />

erfahren…“ Auch wenn dies als<br />

Vermittlungsversuch gewertet wer<strong>den</strong><br />

kann: solche Begriffszuweisungen wie<br />

„Flüchtlinge – Problem – Eingriff“ zementieren<br />

Vorurteile gegenüber Menschen anderer<br />

Nationalitäten behend weiter. Der Schoß ist<br />

fruchtbar noch, aus dem es kroch.<br />

60 Trautheimer BürgerInnen gründeten<br />

sodann eine „Bürgerinitiative gegen Asylantenheim<br />

in Trautheim“, weil sie „Lärmbelästigung<br />

und offene Konflikte unter <strong>den</strong> 42<br />

Asylbewerbern in der geplanten Unterkunft<br />

im Pfingstwei<strong>den</strong>weg befürchten … für<br />

Ausschreitungen geradezu prädestiniert“,<br />

schrieben die „Mühltaler Nachrichten“.<br />

„Asylanten – Lärm – Konflikte – Ausschreitungen“<br />

– Wer will so was schon in seiner<br />

Nachbarschaft haben? „Jeder hat Angst in<br />

die Nähe seines Eigentums ein Asylantenwohnheim<br />

zu bekommen“, resümierte das<br />

Blatt und schlug sich erneut auf die Seite<br />

des häßlichen Deutschen.<br />

Und die Protestieren<strong>den</strong> setzten sich durch,<br />

der Bauherr gab seine Pläne auf. Deutschland<br />

1993: Ein Herz für Tiere – Kein Platz für<br />

Flüchtlinge. Wohin also mit <strong>den</strong> AsylbewerberInnen?<br />

Am Bahnhof war nur Platz für 44<br />

Menschen. In Turnhallen, leerstehende<br />

Häuser? Das „Darmstädter Echo“ schrieb:<br />

Bürgermeister Ansgar Rinder „… werde<br />

aber auch gegenüber <strong>den</strong> zuweisen<strong>den</strong><br />

Stellen … deutlich machen, daß sowohl in<br />

der Bevölkerung als auch in <strong>den</strong> Gemeindeorganen<br />

keine Bereitschaft bestehen, noch<br />

weiter – zum überwiegen<strong>den</strong> Teil aussichtslose<br />

– Asylbewerber aufzunehmen.“<br />

Auch die Gemeindepolitiker schlugen sich<br />

auf die Seite der Deutschen, die um ihr<br />

Eigentum und ihre Ruhe fürchteten und<br />

dabei nur an sich selbst dachten.<br />

Es war einmal eine kleine Gemeinde in<br />

Deutschland: sie trug <strong>den</strong> schönen Namen<br />

Mühltal. Doch hinter <strong>den</strong> Rollä<strong>den</strong> und Türen<br />

der gehobenen Wohnhäuser, da hockten<br />

auch in dieser Gemeinde Rassisten.<br />

Eva Bredow<br />

Wer gegen diese Ausländerfeindlichkeit<br />

ein neues Zeichen setzen will, ist eingela<strong>den</strong><br />

zum „Solidaritätsfest“ der BI gegen<br />

Frem<strong>den</strong>feindlichkeit und Rechtsradikalismus,<br />

an dem sich auch Mühltaler<br />

Sportvereine und Parteien beteiligen: am<br />

Samstag (26.) im Bürgerzentrum Nieder-<br />

Ramstadt. Ab 14 Uhr gibt es u.a. griechische<br />

Lieder, spanische Tänze, türkische<br />

Folklore und einen Straßenumzug.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!