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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2008

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GVP <strong>2008</strong> Nr. 77 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

Nur darf er eben an den Ermittlungshandlungen nicht mitwirken, wenn er ein persönliches<br />

Interesse an dem zu behandelnden Fall hat.<br />

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Ausstandspflicht auch zu beachten ist,<br />

wenn der Verdacht einer strafbaren Handlungen durch einen Polizeibeamten besteht.<br />

Deshalb ist der Beizug eines anderen Beamten durch den angezeigten Polizisten<br />

zu Recht erfolgt, als es um seine Schläge mit der Hand auf das Dach des<br />

Fahrzeuges der Anzeigerin <strong>und</strong> eine damit zusammenhängende allfällige Sachbeschädigung<br />

ging. Es gilt, dass Polizeibeamte, welche direkt oder indirekt von einer<br />

mutmasslich strafbaren Handlung als Geschädigte bzw. Opfer oder als Täter in Frage<br />

kommen, in den Ausstand zu treten haben. Sie dürfen an den damit zusammenhängenden<br />

Abklärungen in der Funktion als Beamte nicht mitwirken.<br />

77<br />

Art.43ff. <strong>St</strong>P, Art. 44 Abs. 2 Satz 2 <strong>St</strong>P, Art. 36 Abs. 3 letzter Satz a<strong>St</strong>P<br />

(sGS 962.1) <strong>und</strong> Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG (SR 312.5). Praxisänderung. Die gestützt<br />

auf Art. 36 Abs. 3 letzter Satz a<strong>St</strong>P <strong>und</strong> Art. 8 Abs. 1 lit. a OHG entwickelte<br />

Praxis, wonach der Zivilanspruch des Opfers auch ohne Zustimmung<br />

des Angeklagten noch im <strong>Gerichts</strong>verfahren geltend gemacht werden<br />

konnte, gilt unter dem revidierten <strong>St</strong>rafprozessgesetz vom 1. Juli 1999<br />

nicht mehr. Nach Abschluss der Untersuchung kann das Opfer die Zivilklage<br />

nur mit Zustimmung des Angeschuldigten anhängig machen.<br />

Kantonsgericht, <strong>St</strong>rafkammer, 4. Dezember 2007<br />

Aus den Erwägungen:<br />

10. Auf die Zivilforderungen der Kläger 2–6 ist die Vorinstanz (wegen verspäteter<br />

Geltendmachung) zutreffend nicht eingetreten. Das Verfahren wird nicht durch<br />

Art. 8 OHG, sondern durch das kantonale Prozessrecht geregelt; insbesondere bestimmt<br />

sich der Zeitpunkt der Geltendmachung von Zivilforderungen nach kantonalem<br />

Recht (<strong>St</strong>eiger, in: Gomm/Zehnter, Kommentar zum Opferhilfegesetz, N 27, 29<br />

zu Art. 8 OHG). Der kantonale Gesetzgeber hat bei der Revision des <strong>St</strong>rafprozessgesetzes<br />

vom 1. Juli 1999 in den Art.43ff. <strong>St</strong>P für die Zivilklage eine vereinfachte,<br />

einheitliche Regelung geschaffen, die Opferrechte ausdrücklich im kantonalen Prozessrecht<br />

verankert <strong>und</strong> insbesondere gegenüber Art. 44 Abs. 2 Satz 2 <strong>St</strong>P die Bestimmungen<br />

des Opferhilfegesetzes bewusst nicht vorbehalten (vgl. Begleitender<br />

Bericht zum Vorentwurf Totalrevision <strong>St</strong>P vom 25. Oktober 1995 S.25f.; Vernehmlassung<br />

des Kantonsgerichts hierzu vom 8. März 1996 S. 9; Botschaft <strong>St</strong>P vom<br />

30. Juni 1998, ABl 1998 1479). Die Praxis zu Art. 36 Abs. 3 letzter Satz a<strong>St</strong>P, wo-<br />

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